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Karl Aulus - Bildhauer


 
 
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Rhineghost
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Beiträge: 20
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Beitrag16.04.2021 21:29
Karl Aulus - Bildhauer
von Rhineghost
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Die Skulpturen und Denkmäler der Stadt Kaltberg mussten seit ihrer Schöpfung schon die ein oder andere merkwürdige Gestalt aufwachsen sehen. Schleicht man sich in dunklen Nächten mit größter Verstohlenhein an sie heran, kann man manchmal ihren flüchtigen Stimmen lauschen, wenn sie von Zeiten berichten, in denen der Glaube an das Übernatürliche noch nicht durch Naturwissenschaft und Philosophie sterilisiert war; und man jene, die sich Disziplinen mit eher unorthodoxeren Methoden verschrieben, spottend aus der Universität jagte.
Mein Name ist Elliot West und ich kann ihnen versichern, dass in dieser Stadt Dinge vor sich gehen, für die keine etablierte Forschung eine Erklärung kennt und dennoch einer so grausamen Logik folgen, dass ich sie im Angesicht aller Beweise, die ich in den letzten Monaten sammelte, niemals widerlegen könnte - egal wie sehr ich mir dies wünsche.

Ich war gerade in meine kulturwissenschaftliche Forschung vertieft als mich eine tragische Nachricht erreichte. Karl Aulus, von allen Fachzeitschriften Europas als einer der besten Bildhauer lobgepriesen, sei letzte Nacht spurlos verschwunden. Anfangs vermutete man eine Entführung aus Geldgier, doch ich hielt dies für unwahrscheinlich, aus mehreren Gründen; Aulus hatte weder mir bekannte Feinde, noch besaß er soviel Reichtum, dass es das enorme Risiko wert wäre, ein Lösegeld zu erpressen. Später erfuhr ich, dass sein Dienstpersonal einstimmig beteurte, dass Aulus sich, wie jeden Abend, in seine Werkstatt eingeschlossen und sie seitdem auch nicht mehr verlassen haben soll. Die Tatsache, dass die Tür von innen verschlossen war, der Künstler aber nach dessen gewaltsamen Aufbruch dennoch nicht vorgefunden werden konnte, machte das Verschwinden zu einem merkwürdigen Vorfall, über den in allen nennenswerten deutschen Städten berichtet wurde, selbst einige französische Zeitungen und Klatschblätter schrieben über den kuriosen Fall.

Die Angaben der Polizei, die unter anderem klarstellten, dass es, außer eines verriegelten Fensters, keine weiteren Eingänge in den Bildhauerraum gab, wurden von wilden Spekulationen überschwemmt. So schrieb ein Frankfurt Kolumnist, Aulus sei in einen Geheimbund eingeschworen worden, ein solcher dessen Mitglieder oft mit Ziegenmasken gesehen werden sollen und der nur einer sehr selektierte Gruppe von handgewählten Künstlern Einlass gewährte.
Was die Berichte der Polizei betrifft, steht in der offiziellen Pressemitteilung von Hauptkommissar Ehrstein, dass der weltbekannte Bildhauer das Haus nie erreicht haben muss, die Dienstangestellten sollen einen Fehler gemacht haben oder gar in die ganze Sache verwickelt sein, wobei er Letzteres mir gegenüber nur persönlich erwähnt hatte, immerhin fand man hierzu keinerlei stichhaltige Beweise, sodass ihm eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit nicht zustehe. Zu der Tatsache, wie die Tür eines menschenleeren Raumes von innen verschlossen wurde, als ob sämtliche Gesetze von Raum und Zeit außer Kraft stünden, konnte Ehrstein keine Angaben machen.

Die Polizei suchte das Zimmer und das gesamte Grundstück sorgfältig ab und nach mehreren Tagen war die einzige Information, die aus der zweiten, äußerst verzweifelt wirkenden Pressemitteilung hervorging, dass alle Spuren "im Sande verlaufen" seien. Der Raum war durchaus nicht gewöhnlich, zeigte jedoch keine unerwarteten Merkmale, zumindest nicht für einen Mann wie ihn. Allerdings fand man eine Reihe von höchst eigenartiger Literaratur, solche, über die man wohl nur in höchst umbarmherzigen und schrecklichen Kreisen rege diskutierte. Es handelte sich um ganze Abhandlungen, voll mit eigenartigen Bildern und Symbolen und in einer Sprache geschrieben, über die selbst die führenden Linguisten der Universität Kaltberg keine klaren Worte finden konnten. Dr. Herbert von Falkbach, Leiter des ansässigen philologischen Instituts, sagte dass, obwohl man kein einziges Wort entziffern könne, die Sprache "äußerst angsteinflößend" aussehe, was wohl ein Armutszeugnis für jede linguistische Analyse sein muss.

Karl Aulus hatte schon immer einen Hang zum okkulten. Er war einer jener Genies, die so viel Vorstellungskraft besaßen, dass die langweilige und trockene Realität den Geist nicht mehr befeuern kann. Für einen Mann mit enormer kreativer Energie muss alles Gewöhnliche schlichtweg öde erscheinen; so verlor sich Aulus schon während seiner Jugend in Legenden, Mythen und allerlei unsäglichen Chroniken von Hexen, Dämonen und Teufeln. Während meiner langjährigen Freundschaft, die aus meiner Anstellung an der Fakultät für Kulturwissenschaften resultierte, erzählte er mir immer wieder von Geschichten, die in unserer aufgeklärten Zeit schon längst unter Bergen aus Fakten und Theorien der Physik begraben liegen.

Ich lauschte diesem, oftmals sehr strukturlosen Geschwafel, eher unaufmerksam und obwohl ich es damals, Gott weiß heute wäre es anders, als Aberglaube abtat, konnte man den wissenschaftlichen Unterbau seiner wilden Hypothesen über die düstere Vergangenheit Kaltbergs oftmals nicht abstreiten. Damals tat ich es als die außerordentliche Psyche eines rastlosen Virtuosen ab, wie sehr ich mir heute wünschte besser zugehört zu haben. Möglicherweise hätte ich ihn retten können.
Das erste Mal bemerkte ich den Wandel meines Freunden am 9. Oktober 1970. Wir diskutierten über die Wahl von Frau Katharina Verlau zur neuen Bürgermeisterin Kaltbergs. Normalerweise hielt sich Aulus sehr wortkarg wenn es um Politik ging, doch zu meinem Erstaunen erklärte er mir seine ungemeine Freude, dass genau jene Anwältin von den Bürgern Kaltbergs gewählt wurde und seine Pläne, eine Statue ihres Antlitzes anzufertigen. Dies war sehr ungewöhnlich, immerhin hatte er sonst immer die Ansicht vertreten, dass Statuen nur dann Kunst sein könnten, wenn man sie nicht direkt aus der Realität ableitete.

Das Blitzen in seinen Augen verriet mir jedoch, dass er hier wohl eine Ausnahme machen würde. Mein restliches Gespräch mit ihm drehte sich nurnoch um ein Thema. Üblicherweise diskutierten wir über Philosophie oder Geschichte, doch an diesem Nachmittag schwärmte er unentwegt und ohne Pause von Frau Verlau. Bisher hatte ich Karl immer für asexuell gehalten, für einen modernen Hermiten, der an keiner wirklichen Bindung interessiert war, doch an diesem Tage konnte ich das Pochen in seiner Brust förmlich spüren. In seiner klassischen Manier trug er beinahe eine kunstwissenschaftliche Abhandlung über die Form ihres Körpers vor, ihr ovales Gesicht, das von rötlich Bäckchen verziert war, die kleine Stupsnase, die er für ästhetisch heraussragend hielt, über ihre eng ansitzenden Ohren, doch als er in tiefere Körperregionen vorstieß, verschlug es mir die Sprache.

Er verriet mir Details über ihren Körper. Details, die er so naiv vortrug, dass die kindliche Art, die er hatte, wenn er von Frau Verlau sprach, mich zu einem verstohlenen Kichern bewog. Daraufhin wurde Aulus sehr rot und beteuerte, dass er diese Merkmale natürlich nur kannte, da es üblich ist, sein Modell nackt zu sehen, bevor man den Spaten zum ersten mal anlegte, nur so seien proportionale Maße einzuhalten. Insgesamt sei es jedoch ihr Geist, die ihn dazu veranlasste, eine Statue von ihr anzufertigen und keine geheimen Gelüste, so gelobte er mir. Zuerst war ich sehr ungläubig, doch als er mir von ihren privaten Unterhaltungen berichtete, wurde ich noch misstrauischer. Mit einem unheimlichen Pathos gab er diese Gespräche wieder und ich merkte, dass dieses Treiben schon länger vor sich geht, als ich zuerst vermutet hatte.

Karl erzählte mir von ihren politischen Ansichten und ihren Hobbies, doch ich konnte seinen Augen entlesen, dass es ihn genauso wenig interessierte wie mich, aber sein Pathos schien ehrlich, nur für etwas anderes bestimmt. Tatsächlich wirkte er irritiert und mehrfach öffneten sich seine Augen weit, als ob er etwas Besonderes sagen wolle, aber irgendetwas schien ihn zurückzuhalten, denn er lenkte die Konversation immer wieder zurück auf diverse, mundane Belange und Gewohnheiten von Frau Verlau. Doch irgendwann brach das Eis und er zwang mich dazu, absolute Vertraulichkeit zu schwören, denn das, was er mir sagen wolle, könne dem Ansehen und der politischen Karriere von Frau Verlau schaden. Obwohl er sich bemühte so vage wie möglich zu bleiben, erklärte er mir, dass Frau Verlau keineswegs eine langweilige Politikerin oder Anwältin sei, sondern in Wirklichkeit bestens vertraut mit dem Okkulten. Sie sei sogar in einer Art Orden und hatte ihm angeboten, falls er denn dazu bereit wäre, Mitglied zu werden. Angeblich hatte diese Frau Zugriff auf Schriften und Dokumente, deren Existenz selbst ein zu Verschwörungstheorien neigender Exzentriker wie Karl bestritt, doch er beteurte ihre umfassende Sammlung mit eigenen Augen gesehen zu haben. Er erklärte, dass man den Eingang mittels eines geheimen Hebels in Form eines Kerzenständers freilegen konnte und dass er sich sogar einige Schriften ausleihen durfte, die für Novizen des Ordens besonders geeignet seien.

Ich runzelte mehrfach meine Stirn und konnte das alles nicht wirklich glauben. Für mich schien es so, als hätte er wesentlich mehr in diese Gespräche hineininterpretiert, als eigentlich wirklich gesagt wurde, denn es war verständlich, dass die Vorstellung einer Seelenverwandtin für Karl sehr schön war und er sich dies alles deswegen, mehr oder weniger, versuchte einzureden. Eventuell trieb die Frau Bürgermeisterin auch einen sehr elaborierten Scherz mit meinem armen Freund und ich fühlte es als meine Pflicht, ihm ein paar warnende Worte zukommen zu lassen, doch er schüttelte nur den Kopf und ermahnte mich nocheinmal zur Verschwiegenheit.

Daraufhin erhob er sich und trappelte aus meiner Wohnung. Nach dieser Unterhaltung war ich verständlicherweise etwas perplex, doch ich dachte es würde vorerst genügen ein Auge auf diese unlautere Beziehung der Beiden zu werfen und kein hastiges Urteil zu fällen.

Fortsetzung folgt (bald)

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Hypatia88
Gänsefüßchen
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Beitrag19.04.2021 15:22

von Hypatia88
Antworten mit Zitat

Hmmm, also ich finde den Text nicht unbedingt schlecht. Allerdings dachte ich schon beim Titel, dass hier ein Lovecraft-fan sein muss (er erinnert etwa an "Herbert West, Reanimator" ... und ein paar andere). Und der Eindruck setzte sich fort. Was ich generell nicht schlimm finde, Lovecraft ist nicht mein Lieblingsautor, aber ich habe einiges von ihm gelesen.

Und das Problem bei deinem Text finde ich, dass er über weite Strecken beinah wie eine Neuübersetzung mancher Lovecraft-Geschichten klingt. Das Thema, der Held, die Bemerkungen über moderne Wissenschaft, die geheimnisvollen finsteren Bücher und Geheimkulte. Also, wenn das nicht beabsichtigt als eine Art von Fanfiction ist, würde ich dir raten, dich etwas von deinem Vorbild abzugrenzen. Es ist kein Problem, ein Vorbild zu haben aber man braucht auch seine eigene Stimme. Und ich fand gerade Lovecrafts Originalität immer das Positivste an seinen Geschichten.

Ansonsten gibt es ein paar grammatikalische Fehler, zum Beispiel müsste im zweiten und dritten Absatz teilweise Plusquamperfekt benutzt werden.
Ein paar Dinge, die mir unlogisch schienen: Zum Beispiel als es heißt, der Künstler wollte ein Porträt des "Antlitzes" der Frau machen, also des Gesichts - weshalb muss er sie dann nackt sehen?

Und ein, zwei Fälle, die aus dem Englischen übernommen zu sein scheinen und dabei nicht ganz richtig übersetzt. "Hermite" ist auf Deutsch z.B. nicht ein "Hermit" sondern Eremit. "Mundan" scheint ein existierendes Wort zu sein aber eins, das ich bisher noch nie gelesen habe, und ich lese viel. Generell sind es arg viele Fremdwörter, teilweise klingt das etwas gestelzt.

Dass du eine Frau herein gebracht hast finde ich aber prinzipiell gut, damit setzt du dich ein bisschen ab und ich zumindest finde, das Szenario wird dadurch interessanter.

Also, wie schon oben würde ich abschließend sagen: Wenn die extreme Ähnlichkeit nicht so beabsichtigt ist, würde ich dir sehr raten, an deinem persönlichen Ausdruck zu arbeiten. Ich finde, das Tolle an Literatur ist, dass der Autor, egal worum es geht, den Lesern Einblick in seine Weltsicht geben und damit idealerweise ihren Horizont erweitern kann.

LG
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Fistandantilus
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Beitrag19.04.2021 15:29

von Fistandantilus
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Hallo Rhineghost,

mir gefällt Deine Herangehensweise. Die ersten Abschnitte erinnern mich an den Stil von H.P. Lovecraft, indem Du (scheinbar) distanziert berichtest, um dann die Kreise enger zu ziehen. In mir erzeugt das das beabsichtigte Gefühl, dass da etwas höchst Merkwürdiges passiert ist, ohne mit dem Holzhammer darauf hingewiesen zu werden.

Manche mögen entgegenhalten, dass Du zu lange Sätze verwendest. Ich denke, das ist (hier) eben Dein Stil, und ich komme gut damit klar. An der ein oder anderen Stelle könnte man einen Punkt setzen, aber das ist Geschmackssache. Ein paar Sachen habe ich Dir angemerkt, hauptsächlich fehlende Kommata, oder wo man straffen oder einen Punkt setzen könnte.

Zitat:
Die Skulpturen und Denkmäler der Stadt Kaltberg mussten seit ihrer Schöpfung schon die ein oder andere merkwürdige Gestalt aufwachsen sehen. Schleicht man sich in dunklen Nächten mit größter Verstohlenhein Verstohlenheit an sie heran, kann man manchmal ihren flüchtigen Stimmen lauschen, wenn sie von Zeiten berichten, in denen der Glaube an das Übernatürliche noch nicht durch Naturwissenschaft und Philosophie sterilisiert war; und man jene, die sich Disziplinen mit eher unorthodoxeren Methoden verschrieben, spottend aus der Universität jagte.
Mein Name ist Elliot West und ich kann ihnen versichern, dass in dieser Stadt Dinge vor sich gehen, für die keine etablierte Forschung eine Erklärung kennt Komma und dennoch einer so grausamen Logik folgen, dass ich sie im Angesicht aller Beweise, die ich in den letzten Monaten sammelte, niemals widerlegen könnte - egal wie sehr ich mir dies wünsche.

Ich war gerade in meine kulturwissenschaftliche Forschung vertieft Komma als mich eine tragische Nachricht erreichte. Karl Aulus, von allen Fachzeitschriften Europas als einer der besten Bildhauer lobgepriesen, sei wäre? Bin nicht sicher letzte Nacht spurlos verschwunden. Anfangs vermutete man eine Entführung aus Geldgier, doch ich hielt dies für unwahrscheinlich, aus mehreren Gründen; Aulus hatte weder mir bekannte Feinde, noch besaß er soviel Reichtum, dass es das enorme Risiko wert gewesen wäre, ein Lösegeld zu erpressen. Später erfuhr ich, dass sein Dienstpersonal einstimmig beteurte, dass Aulus sich, wie jeden Abend, in seine Werkstatt eingeschlossen und sie seitdem auch nicht mehr verlassen haben soll. Die Tatsache, dass die Tür von innen verschlossen war, der Künstler aber nach dessen deren gewaltsamen Aufbruch dennoch nicht vorgefunden werden konnte, machte das Verschwinden zu einem merkwürdigen Vorfall, über den in allen nennenswerten deutschen Städten berichtet wurde, möglicher Punkt selbst einige französische Zeitungen und Klatschblätter schrieben über den kuriosen Fall.

Die Angaben der Polizei, die unter anderem klarstellten, dass es, außer eines verriegelten Fensters, keine weiteren Eingänge in den Bildhauerraum gab, wurden von wilden Spekulationen überschwemmt. Die Polizei wurde mit Spekulationen überschwemmt, nicht die Angaben So schrieb ein Frankfurt Frankfurter Kolumnist, Aulus sei in einen Geheimbund eingeschworen worden, ein solcher dessen Mitglieder oft mit Ziegenmasken gesehen werden sollen Komma und der nur einer sehr selektierte selektierten Gruppe von handgewählten doppelt gemoppelt, ich würde handgewählt streichen. Wenn dann handverlesen Künstlern Einlass gewährte.
Was die Berichte der Polizei betrifft, steht in der offiziellen Pressemitteilung von Hauptkommissar Ehrstein, dass der weltbekannte Bildhauer das Haus nie erreicht haben muss, die Dienstangestellten sollen einen Fehler gemacht haben oder gar in die ganze Sache verwickelt sein, wobei er Letzteres mir gegenüber nur persönlich erwähnt hatte, immerhin fand man hierzu keinerlei stichhaltige Beweise, sodass ihm eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit nicht zustehe. Zu der Tatsache, wie die Tür eines menschenleeren Raumes von innen verschlossen wurde, als ob sämtliche Gesetze von Raum und Zeit außer Kraft stünden, konnte Ehrstein keine Angaben machen.

Die Polizei suchte das Zimmer und das gesamte Grundstück sorgfältig ab Komma und nach mehreren Tagen war die einzige Information, die aus der zweiten, äußerst verzweifelt wirkenden Pressemitteilung hervorging, dass alle Spuren "im Sande verlaufen" seien. Der Raum war durchaus nicht gewöhnlich, zeigte jedoch keine unerwarteten Merkmale, zumindest nicht für einen Mann wie ihn Aulus. Allerdings fand man eine Reihe von höchst eigenartiger Literaratur, solche, über die man wohl nur in höchst umbarmherzigen und schrecklichen die beiden Adjektive gefallen mir nicht. vielleicht verschwiegenen? Kreisen rege diskutierte. Es handelte sich um ganze Abhandlungen, voll mit eigenartigen Bildern und Symbolen Komma und in einer Sprache geschrieben, über die selbst die führenden Linguisten der Universität Kaltberg keine klaren Worte finden konnten. Dr. Herbert von Falkbach, Leiter des ansässigen philologischen Instituts, sagte dass, obwohl man kein einziges Wort entziffern könne, die Sprache "äußerst angsteinflößend" aussehe, Punkt was wohl ein Armutszeugnis für jede linguistische Analyse sein muss.

Karl Aulus hatte schon immer einen Hang zum okkulten Okkulten. Er war einer jener Genies, die so viel Vorstellungskraft besaßen, dass die langweilige und trockene Realität den Geist nicht mehr befeuern kann. Für einen Mann mit enormer kreativer Energie muss alles Gewöhnliche schlichtweg öde erscheinen; so verlor sich Aulus schon während seiner Jugend in Legenden, Mythen und allerlei unsäglichen Chroniken von Hexen, Dämonen und Teufeln. Während meiner langjährigen Freundschaft, die aus meiner Anstellung an der Fakultät für Kulturwissenschaften resultierte, erzählte er mir immer wieder von Geschichten, die in unserer aufgeklärten Zeit schon längst unter Bergen aus Fakten und Theorien der Physik begraben liegen.

Ich lauschte diesem, kein Komma oftmals sehr strukturlosen strukturlosem Geschwafel, kein Komma eher unaufmerksam und obwohl ich es damals - Gott weiß heute wäre es anders - als Aberglaube abtat, konnte man den wissenschaftlichen Unterbau seiner wilden Hypothesen über die düstere Vergangenheit Kaltbergs oftmals nicht abstreiten bestreiten klingt hier für mich runder. Damals tat ich es als die außerordentliche Psyche eines rastlosen Virtuosen ab, Punkt. Heute wünsche ich mir, ihm besser zugehört zu haben wie sehr ich mir heute wünschte besser zugehört zu haben. Denn Möglicherweise hätte ich ihn retten können.
Das erste Mal bemerkte ich den Wandel meines Freunden am 9. Oktober 1970. Wir diskutierten über die Wahl von Frau Katharina Verlau zur neuen Bürgermeisterin Kaltbergs. Normalerweise hielt sich Aulus sehr wortkarg Komma wenn es um Politik ging, doch zu meinem Erstaunen erklärte er mir seine ungemeine Freude, dass genau jene Anwältin von den Bürgern Kaltbergs gewählt wurde und sowie seine Pläne, eine Statue ihres Antlitzes anzufertigen. Dies war sehr ungewöhnlich, immerhin hatte er sonst immer die Ansicht vertreten, dass Statuen nur dann Kunst sein könnten, wenn man sie nicht direkt aus der Realität ableitete.

Das Blitzen in seinen Augen verriet mir jedoch, dass er hier wohl eine Ausnahme machen würde. Mein restliches Das restliche Gespräch mit ihm drehte sich nur Leerzeichen noch um ein Thema. Üblicherweise diskutierten wir über Philosophie oder Geschichte, doch an diesem Nachmittag schwärmte er unentwegt und ohne Pause von Frau Verlau. Bisher hatte ich Karl immer für asexuell gehalten, für einen modernen Hermiten, der an keiner wirklichen Bindung interessiert war, Punkt doch an diesem Tage konnte ich das Pochen in seiner Brust förmlich spüren. In seiner klassischen Manier trug er beinahe eine kunstwissenschaftliche Abhandlung über die Form ihres Körpers vor, ihr ovales Gesicht, das von rötlich Bäckchen verziert war, die kleine Stupsnase, die er für ästhetisch heraussragend hielt, über ihre eng ansitzenden Ohren, Punkt doch als er in tiefere Körperregionen vorstieß, verschlug es mir die Sprache.

Er verriet mir alle Details über ihren Körper. Details, die er so naiv vortrug, dass die kindliche Art, die er hatte, wenn er von Frau Verlau sprach, mich zu einem verstohlenen Kichern bewog. Daraufhin wurde Aulus sehr rot und beteuerte, dass er diese Merkmale natürlich nur deshalb kannte, da es üblich ist wäre, sein Modell nackt zu sehen, bevor man den Spaten zum ersten mal anlegte, Punkt nur so seien proportionale Maße einzuhalten. Insgesamt sei es jedoch ihr Geist, die ihn dazu veranlasste, eine Statue von ihr anzufertigen Komma und keine geheimen Gelüste, so gelobte er mir wie er mir gelobte. Zuerst war ich sehr ungläubig, doch als er mir von ihren privaten Unterhaltungen berichtete, wurde ich noch misstrauischer misstrauisch. Mit einem unheimlichen Pathos gab er diese Gespräche wieder und ich merkte, dass dieses Treiben schon länger vor sich geht ging, als ich zuerst zunächst vermutet hatte.

Karl erzählte mir von ihren politischen Ansichten und ihren Hobbies, doch ich konnte seinen Augen entlesen, dass es ihn genauso wenig interessierte wie mich, Punkt aber sein Pathos schien ehrlich, nur für etwas anderes bestimmt. Tatsächlich wirkte er irritiert und mehrfach öffneten sich seine Augen weit, als ob er etwas Besonderes sagen wolle, Punkt aber irgendetwas schien ihn zurückzuhalten, denn er lenkte die Konversation immer wieder zurück auf diverse, mundane Belange und Gewohnheiten von Frau Verlau. Doch irgendwann brach das Eis und er zwang mich dazu, absolute Vertraulichkeit zu schwören, denn das, was er mir sagen wolle, könne dem Ansehen und der politischen Karriere von Frau Verlau schaden. Obwohl er sich bemühte Komma so vage wie möglich zu bleiben, erklärte er mir, dass Frau Verlau keineswegs eine langweilige Politikerin oder Anwältin sei, sondern in Wirklichkeit bestens vertraut mit dem Okkulten. Sie sei sogar in einer Art Orden und hatte ihm angeboten, falls er denn dazu bereit wäre, Mitglied zu werden. Angeblich hatte diese Frau sie Zugriff auf Schriften und Dokumente, deren Existenz selbst ein zu Verschwörungstheorien neigender Exzentriker wie Karl bestritt, Punkt doch er beteurte Komma ihre umfassende Sammlung mit eigenen Augen gesehen zu haben. Er erklärte, dass man den Eingang mittels eines geheimen Hebels in Form eines Kerzenständers freilegen konnte Komma und dass er sich sogar einige Schriften ausleihen durfte, die für Novizen des Ordens besonders geeignet seien oder schienen?.

Ich runzelte mehrfach meine Stirn und konnte das alles nicht wirklich glauben. Für mich schien wenn vorher schienen, dann hier wirkte es so, als hätte er wesentlich mehr in diese Gespräche hineininterpretiert, als eigentlich wirklich gesagt wurde, Punkt denn es war verständlich, dass die Vorstellung einer Seelenverwandtin für Karl sehr schön war sein musste und er sich dies alles deswegen, mehr oder weniger, versuchte einzureden. Eventuell trieb die Frau Bürgermeisterin auch einen sehr elaborierten Scherz mit meinem armen Freund Punkt und ich fühlte es als meine Pflicht, ihm ein paar warnende Worte zukommen zu lassen, doch er schüttelte nur den Kopf und ermahnte mich nocheinmal zur Verschwiegenheit.

Daraufhin erhob er sich und trappelte aus meiner Wohnung. Nach dieser Unterhaltung war ich verständlicherweise etwas perplex, doch ich dachte Komma es würde vorerst genügen Komma ein Auge auf diese unlautere Beziehung der Beiden zu werfen und kein hastiges Urteil zu fällen.


Ich hoffe, Dir damit geholfen zu haben.

Michi
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Fistandantilus
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Beitrag19.04.2021 15:33

von Fistandantilus
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Da steht der Text drei Tage lang ohne Antwort da, und dann kommen zwei innerhalb von fünf Minuten. So kann's gehen Smile
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Rhineghost
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Beitrag01.05.2021 05:13

von Rhineghost
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Huch, habe die beiden Antworten erst jetzt gesehen!
Erstmal vielen Dank für euer Feedback, ich weiß sowas wirklich zu schätzen, da die Geschichte nichtmal abgeschlossen ist.

@Hypatia

Poe, Lovecraft und Ligotti sind meine Lieblingsautoren. Ich versuche mich nicht abzugrenzen, sondern schreibe einfach daraufhin und plotte währenddessen die ganze Geschichte. Fast immer kommt aber dann genau dieser Schreibstil raus, denn es macht mir wirklich Spaß lange und verquerte Sätze zu schreiben. Der Einfluss von Lovecraft ist in meinem Schreibstil natürlich riesig. Ich denke allerdings, dass die meisten Hobbyautoren vieles ihrer Lieblingsautoren übernehmen.
Ich muss aber auch sagen, dass ich soetwas wie "bewusst abgrenzen" immer als sehr schwierig empfinde. Das klingt (vergib mir) nach etwas, das ein Verlag raten würde. Ich schreibe in erster Linie für mich und wenn es sich am Ende wie Fanfiction liest, dann ist es eben Fanfiction. Wenn ich in den nächsten zehn Jahren viele weitere Texte lese und dann noch schreibe, dann wäre mein Stil sicherlich ein anderer. Das wäre zwar eine Weiterentwicklung, aber eine unterbewusste. Ich halte ehrlich gesagt nichts davon, seinen Schreibstil "extra" zu verändern.

Ich schreibe nicht um besonders oder einzigartig zu sein, sondern wirklich nur für mich und empfinde es nicht, wie du es formulierst, als Problem, wenn der Text sich wie eine Lovecraft Neuübersetzung liest.
Insgesamt haben wir da einfach verschiedene Ansichten.

Das mit den Fremdworten ist wirklich Geschmackssache! Ich mag aber Texte, die sich etwas antiquitiert anfühlen. Bei so ganz moderner Sprache bin ich immer sehr schnell raus.

Was beispielweise den Hermiten oder die Sache mit dem Antlitz angeht, hast du natürlich völlig Recht. Ich kann aber leider den originalen Beitrag nicht mehr editieren. Vielleicht poste ich die ganze Geschichte, wenn alle Teile fertig sind, nochmal am Ende als ganze und korrigierte Version.

Auch die Grammatik ist voller Fehler, weswegen ich jetzt auch erstmal @Fistandantilus danken möchte, da du dir wirklich große Mühe gemacht hast.

Tatsächlich soll das auch eine Art Detektivgeschichte sein, bei der ich versuche viele Dinge einzubauen, die erstmal unscheinbar wirken, aber später wichtig werden. Das ganze macht aber erst am Ende alles Sinn (hoffentlich).

Deine gesamte Korrektur ist wirklich toll. Bei den Grammatik- und Rechtschreibfehlern gibt es natürlich garkeine Debatte, aber auch die Formulierungen, die du gefunden hast, finde ich passender als meine. Jetzt, mehrere Wochen nach dem Verfassen, finde ich viele Dinge auch merkwürdig. Da ist es wirklich hilfreich, wenn man durch die Zeit erstmal Abstand zum eigenen Text gewinnt oder sogar ein Dritter da einmal komplett drübergeht.

Das mit den Dienstangstellten finde ich aber doch erwähnenswert. Wenn ich die Geschichte lesen würde, dann wäre mein erster Gedanke immer: Aha! Die Dienstangestellten sind wahrscheinlich verwickelt und wenn ich schon über die polizeiliche Arbeit schreibe, dann finde ich es nötig die Hauptverdächtigen (das ist bei der Polizei schließlich immer der nähere persönliche Kreis) kurz anzureißen.
Außerdem sollte die absolute Ratlosigkeit der Polizei verdeutlicht werden. Der Hauptkommissar vertraut dem Hauptcharakter also nur insgeheim an die Angestellten zu verdächtigen. Da wirklich jegliche Anhaltspunkte fehlen, greift er aus Verzweiflung zur statistisch gesehen wahrscheinlichsten Erklärung, was er in der Pressemitteilung (ein Satz davor) nicht erwähnen konnte, da die Polizei solche Aussagen immer meidet, wenn es garkeine oder nur Indizienbeweise gibt. Wahrscheinlich würde die Polizei nichtmal öffentlich ein Verbrechen eingestehen, sondern von einem Vermissten sprechen.

Bei den anderen gestrichenen Sachen habe ich aber keine Bedenken. Da ist mein Hang zum unnötigen Erklären einfach wieder mit mir durchgegangen.

Wirklich vielen, vielen Dank dafür. Die ganzen roten Sachen werden allesamt korrigiert und wenn die Geschichte fertig ist, dann werde ich als letzten Post nochmal die ganze Geschichte in der finalen Form in einen großen Post packen!

Der nächste Teil ist auch fast fertig. Ich bin ein Triebschreiber und gerade wieder voll und ganz bei der Sache, nachdem ich die letzte Woche kaum weitergeschrieben habe.
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Rhineghost
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Beitrag30.05.2021 19:27

von Rhineghost
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Doch jetzt ist er vermisst und ich sehe die Dinge in einem ganz neuen Licht. Ich begann über Dinge wie Freimaurertum und Studentenverbindungen nachzudenken. Es schien möglich, dass es in solchen geheimen Bünden ungewöhnliche Bräuche gäbe, die Karl nur völlig falsch interpretiert hatte. Schließlich war er selbst in intellektuell anregenden Debatten immer mehr mit seinem eigenen Geist als dem eigentlich Gesagten beschäftigt. Aulus sah die Welt, wie wir alle, durch den Filter der eigenen Vorstellungskraft. Dennoch war es wert jeder Fährte nachzugehen und so fanden meine Ermittlungen ihren Anfang. Ich rief Ehrstein an und bat ihn um ein ausführliches Inventar von all dem, was die Polizei aus seinem Arbeitszimmer gesichert hatte und er stimmte zu, es mir schnellstmöglich postal zukommen zu lassen. Auf eigene Faust begann ich dann das Personal aufzusuchen. Viele lebten in unmittelbarer Nähe zu dem Anwesen, in dem sie Aulus ihre Dienste erwiesen, da sie auch in Notfällen schnell zur Stelle sein mussten. Die meisten dieser Gespräche sind von keinem größeren Belang und berichteten entweder nur von den Allüren ihres Herren oder von der tiefen Betroffenheit, die das ganze Dienstpersonal empfand. Es gab jedoch auch eine Person, die eine engere Bindung zu Aulus hatte als der ganze Rest.

"The Butler" war der Titel, den sich Gregory Stevens in langjähriger Tätigkeit unter viele illustren Charakteren erarbeitet hatte. Ein Mann von größter Integrität und Tüchtigkeit, dessen Leumund sogar von England hier aufs Festland hinübergetragen wurde, was unter Dienstpersonal als Ritterschlag gilt. In einem Anbau des Westflügels befand sich ein kleines, englisches Teestübchen. Dort empfing mich Stevens herzlich und wir beide tauschten uns vorerst über unsere Lebensgeschichten aus. Besonders eingängig berichtete er mir dabei wie seine erste Verbindung zu Aulus entstand und weshalb er sich schließlich entschied, für ihn die geliebte Insel zu verlassen und in einem fremden Land seine Tätigkeit fortzusetzen. In höchst diplomatischer Manier erklärte er mir verschiedene Differenzen, die er und sein vorheriger Hausherr in Anbetracht der Rolle, die ein oberster Butler erfüllen müsse, hatten. Mr. Stevens besaß schon seit einigen Jahren die Ansicht, dass ein guter Diener auch eine emotionale Pflicht gegenüber seinem Herren ausüben müsse und sich die Arbeit eines perfekten Butlers keineswegs auf reine haushälterische oder logistische Tätigkeiten beschränke. Es ginge zusätzlich auch darum, die Psyche des Herren zu ernähren, also eventuelle seelische Defizite rechtzeitig zu erkennen und angemessene Schritte einzuleiten.

Diese Aussage machte mich stutzig, doch Stevens vermied es auf weitere Details einzugehen und fügte lediglich hinzu, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, dass oberster Butler und Hausherr sozusagen eine Art Seelenverwandschaft besitzen, die es dem Butler ermöglichte das Bewusstsein seines Herren zu verstehen, um folglich auch in dieser inneren Welt "sauber machen zu können", wie er es formulierte. Eine extreme Sichtweise, die durchaus eine gewisse Exzentrik offenbarte und somit sehr zu Aulus passte, was tatäschlich für eine gewisse Seelenverwandschaft zwischen den beiden sprach. Was den Verbleib meines Freundes betraf, schien er genauso ahnungslos wie alle anderen. Ich erhob mich und schüttelte ihm die Hand, dabei fiel mein Auge auf etwas in seinem Innenarm, oberhalb des Handgelenks. Hastig zog er seine weißen Handschuhe weiter nach oben und verbeugte sich in sehr routinierter Weise. Nach meinem Treffen mit "The Butler" verspürte ich etwas, das ich nur als Vorahnung beschreiben kann. Ein schauriges Gefühl, das ich nicht wirklich auszudrücken vermag.

Als ich durch eine Nebentür ins Freie trat umgab mich nurnoch fahles Licht von Straßenlaternen. Kaltberg hatte nach Sonnenuntergang immer eine düstere Aura, denn der namensgebende Riese verdeckte zu dieser Uhrzeit den Mond gänzlich. Nur wenige Strahlen passierten seine überragende Präsenz und ließen den schneebedeckten Gipfel wie eine eigene Entität aussehen, die über der Stadt schwebte, denn der Rest des Berges war von der Dunkelheit verschlungen. Nachdenklich bewegte ich mich durch die krummen Straßen, die wie onyxfarbene Flüsse nahtlos ineinander mündeten und durch die dicht gebauten Gemäuer links und rechts ein schwarzes Labyrinth erschufen, in dem mir nur jener weiße Gipfel als Orientierung dienen konnte. Meine innere Welt war dem sehr ähnlich, denn es fühlte sich an, als würde jeder gedankliche Schritt tiefer in ein chaotisches Geflecht der Verwirrung führen, das nur weitere Fragen entstehen ließ. Wie kann ein Mensch spurlos aus geschlossenem Raum verschwinden? Konnte Karl diese unsägliche Sprache lesen? Warum trinkt Mr. Stevens gemütlich Tee, wenn der sogenannte Seelenverwandte wie vom Erdboden verschluckt ist?

Da ich keine dieser Fragen beantworten konnte, ließ ich sie vorest offen und sah mich gezwungen, die nächste aufzuwerfen. Ich kürte Bürgermeisterin Verlaus privates Anwesen als mein nächstes Ziel. Stand sie mit alldem in Verbidung? Eine gewagte These, aber im Angesicht der Fruchtlosigkeit aller vorangegangen Ermittlungen, musste ich wohl erst mehr Informationen beziehen. Selbst wenn sie nicht in diese Sache verstrickt war, hatte sie doch vielleicht Informationen, denen sie keine größere Bedeutung zumaß, die aber für jemanden der Karl schon lange kannte, Ungereimtheiten darstellen könnten. Es war fast elf Uhr, als ich den Marmorplatz erreichte. Dieser zentrale Punkt Kaltbergs war das Zuhause vieler eindrucksvoller Figuren von denen manche sogar von Aulus, andere von vorangegangenen Genies gemeißelt und einige, wenige sogar ungeklärter Herkunft waren. Die Stadt schlief und so waren diese Statuen die einizgen Zeugen meines nächtlichen Schnüfflerdaseins. Der Mond hatte inzwischen den Kaltberg erklommen und das matte Licht ließ zu Füßen der Figuren unheimliche Silhouetten wachsen, die nurnoch wie verfluchte Zerrbilder ihrer eigentlichen Abstammung aussahen und den Anschein erweckten, ihnen wohne ein dunkles Geheimniss inne. Ich fühlte mich wie ein Fremder in geschlossener Gesellschaft und bahnte meinen Weg hastigen Schrittes entlang meinen stummen Beobachtern.

Der Marmorplatz war so konzipiert, dass sich die Blicke jeder Statue im Mittelpunkt trafen und mit jeder Figur, an der ich vorbeihuschte, spürte ich weitere, vermeintlich leblose Blicke in meinen Rücken stechen. Furcht und Ehrfurcht durchzogen meine Venen wie ein Blitz und verliehen mir das unverkennbare Gefühl beobachtet zu werden. Es mag peinlich wirken, aber ich fing an zu rennen. Der Eindruck, ich befände mich auf einem Friedhof der Auferstandenen verstärkte sich mit jedem Antlitz, das ich hinter mir ließ und beizeiten glaubte ich höhnisches Lachen zu hören. Mit jedem Schritt wurde ich mehr zum Feigling, für den man nur unbarmherzigeren Spott übrig hatte. War ich nur ein Narr in düsterer Manege? Je weiter ich lief, desto herzhafter und unaushaltbarer wurde dieses Lachen und ich fühlte mich meinem Freund Karl ferner werden. Als ich die letzten Figuren passierte war ich den Tränen nahe. Ihre Gesichter, die mir nun zugewandt waren, schienen meine innere Bedrängnis zu enttarnen und für alle, insbesondere mir selbst, offenzulegen. Das Gelächter wurde hysterisch, als ich in den dunklen Gassen Kaltbergs entschwand. Nie hatte ich mich mehr wie ein gehetztes Tier gefühlt. Niedergeschlagen und verängstigt rannte ich weiter und weiter, bis ich das Haus der Bürgermeisterin sah. Da stockte mein Atem erneut. Vor ihrer Haustür sah ich weitere dieser imposanten Marmorgestalten und ich traute mich erst nicht näher heran. Wie unüberwindbare Torwächer flößten sie mir ein Gefühl der hoffnungslosen Unterlegenheit ein.

Sollte ich umkehren? Einen großen Bogen um den Marmorplatz machen, die Nacht ausharren und meinen Freund vergessen? Ich war kurz davor aufzugeben.

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Alf Alfa
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Beiträge: 7



Beitrag04.07.2021 13:20

von Alf Alfa
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Hallo! Kurz gesagt, ich würde weniger Infos präsentieren, und mehr Stimmung erzeugen durch szenische Handlung, oder wenn es sein muss, durch typische Übertreibungen, mit denen Lovecraft seine Geschichten einleitet. Lovecraft wollte ja altertümlich klingen und auf das Extreme und Andersartige hinweisen. Das ist sehr schwer zu kopieren. Jeder Satz wurde auf diesen Aspekt getrimmt. Lovecraft war dabei nicht bei jeder Geschichte perfekt und hat Einleitungen geschrieben, die ich langweilig fand. Der Text ganz oben ist ein wenig nüchtern, wie ein Bericht. Wink

Zum zweiten Teil:
Es ist gut geschrieben. Die Begegnung mit dem Butler erscheint mir auch sehr nüchtern. Es scheint keinen richtigen Einfluss auf die Geschichte zu haben. Bei dem Butler müsste irgendwas Krasses dem Protagonisten/Erzähler auffallen, oder der Butler müsste irgendwas Krasses oder Verstörendes erzählen.

Zitat:
Was den Verbleib meines Freundes betraf, schien er genauso ahnungslos wie alle anderen. Ich erhob mich und schüttelte ihm die Hand, dabei fiel mein Auge auf etwas in seinem Innenarm, oberhalb des Handgelenks. Hastig zog er seine weißen Handschuhe weiter nach oben und verbeugte sich in sehr routinierter Weise. Nach meinem Treffen mit "The Butler" verspürte ich etwas, das ich nur als Vorahnung beschreiben kann. Ein schauriges Gefühl, das ich nicht wirklich auszudrücken vermag.


Der Butler ist ahnungslos, und das ist schonmal schlecht. Er könnte wenigstens eine krude Theorie aufstellen. Sonst ist ein Gespräch mit dem Butler sinnlos, und braucht nicht berichtet zu werden. Es fällt irgendwas am Handschuh auf, aber alles ist sehr vage. Da würde ich mir etwas wünschen, das beim Lesen hängen bleibt.

Eigentlich wäre es logisch, wenn der Butler eine krude These über den Bürgermeister aufstellt. Das würde die Geschichte dann zur nächsten Szene natürlich überleiten.

Das Besondere an den Marmorfiguren muss noch "herausgearbeitet" werden. Wink  Sind es mehr römische, naturalistische Plastiken, oder gotische Gargoyle, oder balinesische "Götzenbilder"?
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KikiKroll
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K


Beiträge: 8
Wohnort: Köln


K
Beitrag13.07.2021 19:31

von KikiKroll
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Hallo!
Ich habe eben beide Teile deiner Geschichte gelesen und als allererstes finde ich es super, wie szenisch alles geschrieben ist. Sich bildlich vorstellen zu können, was in der Erzählung vor sich geht ist ja ein absoluter Hauptaspekt von Literatur (wenn es nach mir geht zumindest).
Die Hauptfigur erscheint mir jedoch ein wenig fad. Wer ist er? Welchen Antrieb hat er, diesen mysteriösen Fall zu untersuchen? Pure Neugier, die Suche nach einem vermissten Freund (wie eng standen er und der Verschwundene sich überhaupt?), oder schlummert in ihm sowieso ein kleiner Detektiv? Er kommt mir auch ein wenig vor wie ein Vehikel, das eigentlich nur genutzt wird um die Geschichte zu erzählen, ohne selbst wirklich relevant zu sein. Da fehlt einfach der Sinn hinter der Figur - aber vielleicht kommt das ja im nächsten Abschnitt? Er war ja auch im ersten Teil noch passiver als im zweiten.
Der erste Teil fühlte sich streckenweise sehr trocken an, ein bisschen passiv und wie ein Zeitungsartikel. Sehr viele Infos ohne Einordnung des Protagonisten.

Davon ist bestimmt sehr viel mein subjektives Empfinden, doch ich lasse es trotzdem mal hier. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung. smile
Liebe Grüße!


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Rhineghost
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Beitrag16.07.2021 16:53

von Rhineghost
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Erstmal vielen Dank für euer Feedback.
@Alf Alfa
Die ganze Geschichte soll wie eine dramatische Rekapitulation des Prota wirken. Wenn das ganze also trocken oder wie ein Bericht ist, dann war das sicherlich nicht Teil des Planes, den ich mit dieser Geschichte verfolge.
Den Butler habe ich schon genau in die Geschichte eingeordnet. Desweiteren scheint er nur ahnungslos. Dass er das auch ist, habe ich nie geschrieben. Mit Gregory Stevens habe ich noch was vor. Vielleicht hätte ich ihn aber anders in den Text einarbeiten müssen!
Was mein Verständnis betrifft, sollte dir an einem guten Butler eigentlich nichts "Krasses" auffallen, außer vielleicht eine biedere Umgangsart mit Fremden. Natürlich kann ich mich hier auch komplett irren, da ich keine wirklich Ahnung von dem Beruf an sich habe. Wenn aber ein Butler eine krude Theorie über eine enge Freundin seines Hausherren, die obendrein auch noch die Bürgermeisterin ist, aufstellen würde, dann fände ich das komplett unrealistisch.

Bei den Statuen hast du allerdings vollkommen recht! Jetzt wo ich deinen Kommentar gelesen habe und dann nochmal den Text, fehlen dort wirklich stilistische Bemerkung. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Architektur oder bildender Kunst und kenne mich überhaupt nicht aus. Wahrscheinlich hätte ich einfach einige gängige Stilrichtungen gegoogelt und sie dann einfach blind übernommen, aber wahrscheinlich wäre es dann immernoch stimmiger. Da werde ich aufjedenfall nochmal nachbessern. Vorallem wenn der Prota Kulturwissenschaftler ist, muss man von solchen Menschen auch solche künstlerischen Bermekungen erwarten (wenn ihr mir dieses Vorurteil erlaubt Smile)

@KikiKroll
Warum machen Menschen Dinge? Vielleicht sucht er nach seinem vermissten Freund. Vielleicht ist er als Kulturwissenschaftler auch von den Theorien des Karl Aulus fasziniert und unterliegt selbst einer wilden Spekulation, der er unbedingt nachgehen muss. Oder er ist selbst ein "Rastloser" ohne wirklichen Lebenssinn und sieht sich jetzt erstmals als Teil von einer wichtigen Sache. Immerhin glaubt er, dass die Bürgermeisterin involviert sein könnte. Elliot West weiß das glaube ich selbst nicht mal genau. Er ist dort völlig unverblümt in etwas reingeraten, dass seine Fähigkeiten übersteigt. Zumindest denke ich mir das so.
Dennoch freut es mich, dass du die szenischen Beschreibungen magst.
Auch du schreibst allerdings, dass der erste Teil zu trocken ist. Ich glaube ich muss dann dort wirklich nochmal ran! Viele Adjektive hauchen einem Text immerhin noch lange kein Leben ein und vielleicht ist das auch genau das Problem des ersten Teils oder des Textes an sich. Wenn Adjektive nicht gut eingearbeitet werden führt das nur zu einem Beschreibungschaos, der nach jedem Satz langweiliger wird.

Erstmal werde ich die Geschichte aber fertig schreiben! Den letzten Monat habe ich zwar garnicht geschrieben, aber jetzt habe ich wieder etwas mehr Freizeit und auch Lust mich wieder an einigen Texten zu versuchen smile

LG Rhineghost
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