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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 05/2021
Götter, Tiere

 
 
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag26.05.2021 11:07

von Constantine
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anderswolf hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht helfen meine bisherigen Kommentare bei der Aufklärung.

Absolut. Daumen hoch
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Gast







Beitrag26.05.2021 11:33

von Gast
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anderswolf hat Folgendes geschrieben:
die Geschehnisse auf dem Schiff (Moussa wird sich (umsonst) anpreisen, und Zaher hätte ihm schon im Vorfeld sagen können, wie unnütz das ist); Zahers Stellung im Lager, um die er sich ja auch erst mal bewerben und durchsetzen musste (womit er ausnahmsweise mal ein Zeitfenster genutzt hat); Zahers aktives Übersetzen (das Einblicke in die Leben anderer bietet), aber auch, als er Fatins undurchsichtiges Geschäft mit den Decken ... äh ... deckt (womit er an einem geöffneten Fenster vorbeigeht: er hätte sich durch das Auf- ... äh ... -decken der Unterschlagung größeres Vertrauen, vielleicht auch eine sicherere Stellung verdienen können).



Hallo anderswolf,

ist irgendeine dieser Wendungen explizit in der Geschichte eingebaut? Dann hätte ich in der Tat die mögliche Wendung, die ich selber als "Rettung der Vorgaben" angedeutet habe, übersehen. Oder sind das Alles nur mögliche implizite mögliche subplots? Falls ja, lohnt es nicht, darüber zu spekulieren (jedenfalls nicht was die Vorgabentreue angeht). Denn wenn es erlaubt sein sollte, nie erzählte mögliche Untergeschichten in die Vorgaben mit einzruechnen, wäre ja per Definition jeder Text vorgabentreu, und damit wäre die Vorgabensetzung sinnlos. Die Geschichte muß schon aus sich heraus mit den Vorgaben konform sein.

DASS sie jede Menge Möglichkeiten bietet, den Vorgaben gerecht zu werden, hatte ich ja schon in meiner ursprünglichen Rezension geschrieben:

Zitat:


...und hätte durch sehr geringfügige Änderungen vorgabentreu umgeschrieben werden können.



anderswolf hat Folgendes geschrieben:


Und natürlich Zahers Tiefspunkt: das mehr oder weniger aktive Verstreichenlassen der Möglichkeit, Moussa zu trösten. Und dann kommt das Feuer, und es ist eh alles egal. Da hatte ich dann nur noch einen Anflug von Rilkes Panther, was aber keinen Sinn ergibt.

Aber ja, das ist alles sehr subtil und es muss gesehen werden wollen.



ich würde eher sagen, es muss gesehen werden KÖNNEN. Und zwar nicht "können" im Sinne von "dazu in der Lage sein" oder "über die Fähigkeiten dafür zu verfügen," sondern der Text muss es hergeben.

Aber um nun mal etwas über deinen Text zu schreiben, dass nicht um die Frage zentriert, ob er nun vorgabengetreu ist oder nicht: Er hat mich schon sehr berührt, und mit deinen Erklärungen um so mehr. Denn die Flüchtligssituation an sich muss schon fürchterlich sein, aber sie zusätzlich noch als Mitglied einer an allen Ecken verfolgten Minderheit erleben zu müssen, liest sich noch ein Stück alptraumhafter.

Nach deinen Erklärungen mußte ich schon zum zweiten Mal in diesem Wettbewerb an "Lonely Planet" denken, vergleichbar eindringlich
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anderswolf
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Beitrag26.05.2021 13:22

von anderswolf
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Zitat:
(...) der Text muss es hergeben.

Wahrscheinlich.
Wenn ich so rückblicke auf andere Wettbewerbstexte aus meiner Feder (gerade beim 10k), dann verlange ich offensichtlich häufig vom Publikum, die implizierte Thementreue selbst zu erkennen. Wahrscheinlich ist das eine Fehlinterpretation von E meinerseits.
Hoffentlich erinnere ich mich beim nächsten Wettbewerb dran, dass ich den Lesys wenigstens eine Chance geben sollte. Danke für den Hinweis.

Zitat:
Aber um nun mal etwas über deinen Text zu schreiben, dass nicht um die Frage zentriert, ob er nun vorgabengetreu ist oder nicht: Er hat mich schon sehr berührt, und mit deinen Erklärungen um so mehr. Denn die Flüchtligssituation an sich muss schon fürchterlich sein, aber sie zusätzlich noch als Mitglied einer an allen Ecken verfolgten Minderheit erleben zu müssen, liest sich noch ein Stück alptraumhafter.

Mehr kann ich mir nicht wünschen, als jemanden mit meinen Texten zu berühren, insofern danke.
Und ja, Flucht an sich muss schlimm sein, Diskriminierung ist es auf jeden Fall; beides kombiniert, vor allem in einer Situation, aus der es dann kein Entkommen mehr gibt, ist unerträglich.

Zitat:
Nach deinen Erklärungen mußte ich schon zum zweiten Mal in diesem Wettbewerb an "Lonely Planet" denken, vergleichbar eindringlich

Ich kannte das Stück bisher nicht. Danke!
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d.frank
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Beitrag26.05.2021 14:14

von d.frank
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Zitat:
Zugegeben, da habe ich mich darauf verlassen, dass das Publikum die mit der Fluchtkatastrophe assoziierbaren Bilder wiedererkennt und als solches die Situation einordnet, vielleicht auch mit einer entsprechenden Emotionalität bewertet.


Ich denke, das ist genau das Problem, dass das, was der Leser/Zuschauer mit diesen Bildern assoziiert irgendwann nichts mehr mit Emotionalität zu tun hat, weil es medial zu ausgeschlachtet ist.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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anderswolf
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Beitrag27.05.2021 08:47

von anderswolf
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d.frank hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Zugegeben, da habe ich mich darauf verlassen, dass das Publikum die mit der Fluchtkatastrophe assoziierbaren Bilder wiedererkennt und als solches die Situation einordnet, vielleicht auch mit einer entsprechenden Emotionalität bewertet.


Ich denke, das ist genau das Problem, dass das, was der Leser/Zuschauer mit diesen Bildern assoziiert irgendwann nichts mehr mit Emotionalität zu tun hat, weil es medial zu ausgeschlachtet ist.


Ich bin mir auch gerade nicht mehr sicher, ob ich den letzten Halbsatz ("vielleicht auch mit einer entsprechenden Emotionalität bewertet.") tatsächlich erwartet habe. Aber ich verstehe auch, dass es ohnehin Menschen zum Gegenteil animieren könnte: den Text eben wegen der Wiedererkennbarkeit von Bildern, vor allem von solchen, die eventuell als nur effekthascherisch eingesetzt aussehen könnten, abwerten.

Un-Fun Fact: Obwohl auch in Lipa, auf Samos und in Bangladesch (das letzte im März diesen Jahres) Flüchtlingslager gebrannt haben, wird doch eigentlich nur Moria assoziiert.

Insgesamt nehme ich zumindest mit, dass das Feuer vielleicht nicht die schlaueste Idee war (wie angedeutet weiß ich eh nicht, wo das herkam, wahrscheinlich wegen der medialen Ausschlachtung, deren Folgen auch ich erlegen bin).
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anderswolf
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Beitrag27.05.2021 08:56

von anderswolf
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Kojote hat Folgendes geschrieben:
Guten Morgen!

Hmm, was soll ich sagen …

Eine sozialkritische Geschichte über afrikanische nahöstliche Flüchtlinge, vermischt mit religiösen Elementen und dem Brandereignis auf Moria, wenn ich das Ganze richtig verstehe.

Leider fehlt mir in dieser Geschichte das "gewisse Tröpfchen Etwas". Der "Große König" mit seinen "vier Weltgegenden" wirkt archaisch und passt irgendwie nicht so ganz ins Setting. Und was die Streiterei über die "Götter" betrifft, so vermute ich mal, dass nur eine deutliche Minderheit der Flüchtlinge wirklich polytheistisch ausgerichtet ist.

Außerdem sehe ich die Fenster-Vorgabe leider nicht erfüllt.

Danke für den Text,
der Kojote


Vielleicht klärt mein Werkstattbericht zumindest ein paar Ungereimtheiten (zum Beispiel das mit den Fenstern), auch wenn es den Text für dich vielleicht nicht zugänglicher macht.

Wie Constantine hast auch du den Männern eine afrikanische Herkunft abgelesen, dabei war ich mir recht sicher, mit der Namenswahl sehr deutlich den Nahen Osten angedeutet zu haben. Wie kommt das?

Vielen Dank trotzdem für deinen Kommentar, auch wenn dich die Geschichte selbst nicht wirklich erreicht hat.
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anderswolf
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Beitrag27.05.2021 09:07

von anderswolf
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Zitat:
Liebe/r Autor/in,

das ist eine berührende Geschichte mit einer sehr ernsten Thematik. Sie beschäftigt mich auch über das Lesen hinaus, und ich denke oft darüber nach, weshalb manche Dinge so sind, wie sie sind und offensichtlich nichts vermag, eine Änderung herbeizuführen. Das ist wieder einer dieser Texte, die sich in ihrer Klarheit begnügen, die sich nicht in aufgeblasenen Metaphern ergießen, weil sie es nicht nötig haben, weil sie für sich sprechen. Ich mag das, diesen nüchternen, greifbaren Stil.

Danke dir sehr.

Zitat:
Was ich in deinem Beitrag verzweifelt suche, ist das Thema "an offenen Fenstern vorübergehen"? Es muss ja da sein, sonst wäre dein Text ja nicht hier. Bitte verrate mir, wo du es untergebracht hast, leider sehe ich auch keine metaphorische Umsetzung. Sicher sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Oder?

Liebe Grüße,
Katinka


10 Punkte, obwohl dir unklar war, wo das Thema versteckt war! Da muss dich die Geschichte sehr berührt haben.
Zu den offenen Fenstern habe ich ja schon was geschrieben in meiner Selbsterklärung, vielleicht gibt das die fehlenden Hinweise auf das Vorübergehen an Schicksalen. Gleichzeitig hat RAc die Diskussion auch sehr deutlich gezeigt, dass ich es mir offensichtlich sehr leicht damit mache, die Entdeckung der offenen Fenster dem Publikum zu überlassen.
Nächstes Mal öffne ich das Fenster deutlicher wink

Danke dir sehr für deinen sehr schönen Kommentar und natürlich für die Punkte!
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Beitrag27.05.2021 09:18

von anderswolf
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holg hat Folgendes geschrieben:
Zaher, Ilkin und Moussa sind Geflohene. Der Text begleitet sie, pickt Momente heraus, auf dem Flüchtlingsboot, dem Rettungsschiff, den Lagern, in denen sie ausharren müssen.

Es ließe sich (weiß jetzt nicht, wie rückblickend) sagen, der Text geht an den Leben der Männer vorbei und blickt wie durch offene Fenster immer mal wieder hinein und entdeckt immer wieder neue Momente.
Zitat:
Das sind starke Momente, stark geschildert und sie erzählen eine Geschichte über Menschen, über Nischen, die gefunden oder nicht gefunden werden. So sagt Moussa auch: „Ich gehe zurück.“
Am Ende ist er gegangen.

Das hier: "starke Momente, stark geschildert"; das freut mich am meisten. Danke.

Zitat:
Moussas Geschichten sind, was er geben kann, wenn seine Kraft nicht mehr gefragt ist. Die Geschichten sind Fenster in eine andere Welt, die von Menschen und Tieren erzählen, von Menschen, die wie Tiere sind und Tieren, die wie Menschen sind. Das ist nur lose an die Geschichte der drei Protagonisten angehängt, leider.

Rückblickend würde ich mir vielleicht auch eher wünschen, ich hätte das Gilgamesch-Epos deutlicher in den Figuren gespiegelt statt es nur als Hintergrund für Moussa zu verwenden.

Zitat:
Zaher „hat die Worte der Menschen durch sich hindurchwehen lassen wie Wind, der durch ein leeres Zimmer geht“. Dazu müssen natürlich Fenster und Türen offen stehen. Aber Zaher kann nicht mehr hinsehen. Er wird vom Macher zum Werkzeug.

Ein bisschen finde ich es schade, dass das Thema nicht offener, direkter im Text zu finden ist, denn dann wären da noch zusätzliche Punkte drin und der Text würde auf breitere Akzeptanz stoßen. Ich fürchte, er wird ein bisschen untergehen. aber ich kann mich da auch gut irren.

Da hattest du sehr recht mit der Befürchtung. Letztlich bin ich aber zufrieden damit, wo ich gelandet bin, auch wenn vor lauter Diskussion darüber, wo die Fenster denn jetzt abgeblieben sind, das eigentliche Thema, nämlich wie Menschen mit Menschen umgehen, nun eben nicht mehr so deutlich gesehen wird.

Danke dir für deinen Kommentar und die Punkte!
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Beitrag27.05.2021 16:52

von anderswolf
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silke-k-weiler hat Folgendes geschrieben:
Lieber Text,

ich habe immer ein bisschen Bauchweh, wenn ich einem Text, der aktuelle, wichtige Themen zum Gegenstand hat, wie hier das brennende Flüchtlingslager, eine Abfuhr erteilen muss. Hier ist es leider so. Obwohl die Schilderungen aus Zahers Perspektive berührend und eindringlich sind. Dennoch fehlt mir ein wenig der Vorgabenbezug. Sind die Eindrücke aus dem Lager Fenster? Die Nachrichten darüber, die ich mitbekomme, und das hier ist ein genauerer Blick? So sieht es hinter dem Fenster tatsächlich aus?

Da es mir schwerfällt, diesen Themenbezug klar zu erkennen, kommst Du leider nicht in meine nächste Runde.

Herzlichst
Silke

Kein Grund für Bauchweh. Ich meine, ich hätte mich natürlich darüber gefreut, Punkte zu bekommen, aber: wichtiger ist mir, wie die Figuren, die ich versucht habe zu zeigen, angenommen werden. Der Text, das zeigen mir die Reaktionen, berührt, und ja, die Fenster hätte ich deutlicher machen können, dann wäre der Inhalt vielleicht mehr im Vordergrund gestanden und nicht nur die Sache mit den Fenstern.
Und auch, wenn ich eine ziemlich lange (länger als der eigentliche Text) Erklärung darüber geschrieben habe, was ich mit der Geschichte verbinde, fände ich es auch irgendwie schräg, wenn ich allein deswegen, dass ich mit der Flucht-und-Moria-Assoziation eventuell auf Tränendrüsen drücke, absahne. Denn darum geht es ja weder bei diesem Wettbewerb an sich, noch bei meinem Text. Ich wollte ja nicht alle zum Weinen bringen, sondern eher meine Gedanken teilen. Und das Ziel scheine ich erreicht zu haben.
Irgendwie.
Irgendwie natürlich nicht, weil ich mich immer noch für die Unoffensichtlichkeit der Fenster rechtfertige statt über den Text zu reden.

Ich freue mich also über deinen Kommentar, auch wenn er mir keine Punkte eingebracht hat, aber immerhin die Bestätigung, dass ich auch berührende Texte schreiben kann smile
Vielen Dank für deine Gedanken.
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Beitrag28.05.2021 09:19

von anderswolf
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Jenni hat Folgendes geschrieben:
Drei Männer, die sich auf der Heimatflucht begegnen, gemeinsam stranden und in ein Auffanglager gebracht werden, das später brennt, Moria. Da hängt natürlich viel Kontext dran, aber davon erzählst du nicht, oder nur in zweiter Linie, dir gelingt es, von Menschen zu erzählen, und das authentisch und ohne zu urteilen, ich bin beeindruckt. Ich mag auch, wie das Erzählen seinen Raum in deiner Erzählung einnimmt, wie du darüber die Figuren charakterisierst. Ihr Gestreite, das sie so menschlich macht, mehr als der große Konflikt, der über ihnen schwebt. Das ist alles sehr gekonnt, das weiß zu interessieren.

Danke dir! Natürlich weiß ich nicht, wie authentisch das von mir Erzählte tatsächlich ist, aber dass es zumindest so wirkt und dass es vor allem (vor)urteilsfrei klingt; das erreicht zu haben, freut mich.

Zitat:
Was das Thema (des Wettbewerbs) anbelangt, da bin ich unschlüssig. Vielleicht sind die offenen Fenster die Leben der Menschen, deren Schicksal niemanden kümmert als Zaher. Aber das ist ist jetzt schon sehr spekulativ. Vielleicht übersehe ich was.
Punkte gibt es trotzdem. 8 Punkte.

Du hast eine der Möglichkeiten, wie ich das Thema interpretiert (wenngleich vielleicht nicht eindeutig umgesetzt) habe, erkannt. Aber, ja, das ist in der Tat etwas, das sich offensichtlich nicht so sehr von selbst erschließt, wie ich das erwartet habe. Du hast also nicht wirklich etwas übersehen, ich habe es zu gut versteckt.
Ich danke dir für deinen Kommentar und die Punkte smile extra
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Beitrag28.05.2021 09:20

von anderswolf
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Zitat:
Aus Zeitgründen muss ich mich auf das Kommentieren meiner zehn Favoriten beschränken, und unter der Vielzahl der Texte hat es dieser nicht in meine (höchst subjektiven) Top Ten geschafft.
Dennoch vielen Dank fürs Lesendürfen!
LG
DLurie

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Beitrag28.05.2021 09:25

von anderswolf
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Kiara hat Folgendes geschrieben:
Hallo,
eine Geschichte, die mehr ist also nur das. Viel Leid spricht aus ihr, reales Leid. Und ich mag, dass es nicht geöffnete Fenster sind, an denen jemand vorbei geht, sondern das es als Metapher verwendet wird. Ich gebe dir 5 Punkte.

Ich glaube, du bist die einzige, die das wörtliche Fehlen der Fenster nicht als Manko des Textes gewertet hat. Und dass dir die Geschichte trotz allen Leids darin auch zusahen konnte, freut mich natürlich auch. Danke für deinen Kommentar und natürlich die Punkte!
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Beitrag28.05.2021 09:46

von anderswolf
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MoL hat Folgendes geschrieben:
Lieber Inko!

Du lässt mich ratlos zurück. Ich lese Deinen Text immer wieder, aber mir will sich einfach nicht erschließen, inwiefern er damit zu tun hat, an einem offenen Fenster vorbei zu gehen.
Sicher, metaphorisch könnte ich mir da irgendwas zusammenbasteln. Das erscheint mir aber derart weit hergeholt, da würde ja dann jeder Text irgendwie zu der Vorgabe passen.
Nein, keine Umsetzung in meinen Augen, tut mir leid.

Muss dir nicht leid tun, ich habe ja die Themenvorgabe nur zu sehr veroffenunsichtlicht.

Zitat:
Was kann ich noch zu Deinem Text sagen? Ich hatte anfangs ziemliche Schwierigkeiten, herauszufinden, welches Geschlecht die drei Männer auf dem Boot haben. "Moussa" kenne ich, aber die anderen Namen sind mir fremd. Das könnte man vielleicht nächstes Mal deutlicher machen.

Krass, das ist mir so gar nicht bewusst gewesen, aber natürlich hast du recht. Ich habe die drei so deutlich als Männer gedacht, dass ich gar nicht auf den Gedanken gekommen bin, ihr Geschlecht könnte in Frage gestellt sein. Natürlich frage ich mich jetzt: Ist das Geschlecht wichtig? Wahrscheinlich schon, wenn das Publikum nicht später überrascht werden soll und dann eine Lese-Dissonanz erleben soll, aber ob es wohl im Text relevant ist? Für Moussa auf jeden Fall, bei İlkin wohl auch, nur bei Zaher ... Vielleicht wäre die Dynamik zwischen İlkin und Zaher eine ganz andere geworden, wenn Zaher kein Mann gewesen wäre. Ich habe so eine Ahnung, dass İlkin anders auf Zaher reagiert hätte. Aber wer weiß es rückblickend.

Zitat:
Würde ich die Geschichte außerhalb des Wettbewerbs lesen, würde sie mir gut gefallen. Auch wenn ich noch immer das Gefühl habe, sie nicht ganz verstanden, nicht alles erfasst zu haben. Auch auf die Gefahr hin, mich jetzt ganz doll zu blamieren: Ist Moussa eventuell schwul?
Und Ilkin vielleicht auch? Hat er Moussa vergewaltigt und/oder umgebracht?
...

Absolut klasse finde ich die Art und Weise, wie das Gilgamesch-Epos da eingeflochten wird, chapeau! Smile

Moussa ist nicht nur eventuell schwul, sondern sehr konkret. İlkin ist definitiv nicht schwul, was ihn aber im Zweifelsfall nicht davon abhielte, Moussa zu vergewaltigen, wenn er es könnte. Die Stelle, an der von İlkins neuen Freunden die Rede ist, impliziert zumindest genau das. Ob er ihn umgebracht hat, weiß nur İlkin.

Das Gilgamesch-Epos haben nur zwei Menschen erkannt (oder zumindest im Kommentar angesprochen). Ich frage mich, ob die anderen es nicht ge- oder nicht erkannt haben.
Inwieweit das Epos überhaupt eine Rolle für den Text hat, habe ich ja oben schon geschrieben. Freut mich, dass dir der Epos-Einbau gefallen hat.

Vielen Dank für deinen Kommentar, der mich sogar noch zum Nachdenken über meinen Text gebracht hat!
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Beitrag28.05.2021 09:47

von anderswolf
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Ribanna hat Folgendes geschrieben:
Kommentar um zu punkten. Hab nicht viel Zeit. Laughing

Das ist ok. Ich nehme auch einfach nur die Punkte wink Danke dir!
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Beitrag28.05.2021 10:10

von anderswolf
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Globo85 hat Folgendes geschrieben:
Die Fenster sind offen, einfach mit der Maus vorübergehen.

Allem voran: Die Idee für deine Kommentare ist großartig und wäre wahrscheinlich auch ein krasses Schreib- und Leseexperiment für einen Wettbewerbsbeitrag gewesen.

Zitat:
Stark. Aber sollte da nicht ein Fenster sein?

Juhu! Und: ja, ist ja auch irgendwo. Es ist nur unsichtbar.

Zitat:
Anhand dreier Einzelschicksale wird prägnant erzählt, was Menschen bereit sind auf sich zu nehmen, was sie verlieren, was sie nicht gewinnen. Bei jedem Lesen entdecke ich ein zusätzliche Facette: Die Geschichte vom König und Harun, Zahers Wandlung...

In ruhigen Worten erzählt und doch eindringlich nah.

Ungefügigkeit nicht, aber Schichten gibt es viele.

Für mich: E-Literatur.


Das "was sie verlieren, was sie nicht gewinnen" ist tatsächlich ein Gedanke, den ich so explizit noch nicht angesprochen, den ich aber auch im Kopf hatte: Keiner der drei hat eigentlich eine richtige Chance in dieser Geschichte.
Freut mich, dass du das so aus dem Text herauslesen kannst und ihm einen Facettenreichtum attestierst, der vielleicht auch als Fensterreichtum übersetzt hätte werden können wink
Na gut, nur bei extrem großen Wohlwollen, auf das ich hier im Wettbewerb ein bisschen zu sehr gesetzt habe. Wink

Zitat:
Umsetzung des Themas
Da kann man viel interpretieren. Vielleicht die Geschichte vom König, von der Harun meint, es sei ihre Geschichte? Moussa hätte also durch das Fenster (die Geschichte) voraussehen können, was passiert. Aber er ist Vorübergegangen?

Für mich: Irgendwie Thema umgesetzt.

So, wie ich das verstanden oder angelegt habe, ist selbst das Erzählen der Geschichte ja schon ein Vorübergehen an einem Fenster. Sieht aber offensichtlich nicht jeder so bzw. ist vielleicht ein bisschen zu allgemeingültig. Darum hatte ich das ja auch ... äh ... unzureichend versucht, mehrfach in verschiedenen Interpretationen einzubauen, aber dass mir das so nicht allzu gut gelungen ist, habe ich ja schon eingesehen.
Und ja, Moussa hätte die Warnung, die die Geschichte für ihn bereithielt, vielleicht erkennen können, aber so ist es mit den Menschen: selbst wenn sie vorgewarnt sind, tendieren sie dazu, exakt die Fehler zu machen, vor denen sie gewarnt wurden.

Zitat:
Was mir gefällt
Der Fokus auf Einzelschicksale, auf die Menschen. Die Flüchtlingsproblematik bildet den Hintergrund, ist aber nicht das Thema, drängt sich nicht auf. Dennoch ist es präsent und eindringlich. Einfach die Ausgewogenheit der Erzählung.

 love

Zitat:
Was mir nicht gefällt
Nichts.

 love

Zitat:
Lieblingsstelle/Lieblingssatz
„Zaher sitzt noch lange in der Finsternis und lauscht den Stimmen von Wind, Wasser und Stein.“

Ja, der gefällt mir auch. Vor allem, weil ich die vorigen Versionen von dem Satz kenne, und da waren ein paar Klopper dabei, die aber für immer in meinen Notizen vergraben bleiben sollen.

Zitat:
Fazit und Punkte
Ein Text mit viel Freiheiten für den Leser. Eine große Geschichte, auch wenn sie im Kleinen erzählt ist. Es fällt mir schwer den Finger drauf zu legen, was mich an dem Text so begeistert. E-Literatur ist es definitiv, die Umsetzung der Themenvorgabe kann man auf jeden Fall reininterpretieren, aber ich möchte den Text auch nicht sezieren, dafür wirkt er einfach zu rund, zu natürlich, zu organisch. Mein dritter Platz.
Acht Punkte.

 love
Das will ich gar nicht mehr groß auseinandernehmen, daher nur so viel: Vielen Dank für deinen Kommentar und natürlich die Punkte smile extra
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Beitrag28.05.2021 11:26

von anderswolf
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nicolailevin hat Folgendes geschrieben:
Wow! Was für ein erster Satz. Ganz großer Einstieg schon mal.

Drei Mann in einem Boot. Aber keine heitere Partie auf der Themse diesmal, sondern ein absaufendes Schlauchboot im Mittelmeer. Und dann ein Flüchtlingslager, das abbrennt, also vermutlich das von Moria. Schicksale. Schicksale und Mythen.

Mit der mythischen Erzählung kann ich wenig anfangen, natürlich lässt sich allerhand reininterpretieren, aber so richtig erhellend finde ich sie nicht. Ist aber okay, es wäre zu billig und banal, wenn das Märchen jetzt punktgenau Moral und Abziehbild für die realen Probleme geboten hätte.

Insgesamt ist der Text handwerklich einwandfrei gemacht, verbirgt genug, um als Fiktion Spannung zu halten und den Leser zu fesseln. Ausgedachte (nehm ich mal an) Schicksale, ein fiktionales Feature über das Leid und Elend der Migrant_innnen. Dazu gedacht, Anteilnahme und politisches Interesse der Leser_innenschaft zu wecken.


Danke dir für diesen Teil des Kommentars. Es freut mich sehr, dass dir der erste Satz so gefällt (auf den ich auch ein bisschen stolz bin, weil er für mich auch über den eigentlichen Text hinausweist). Ob du nach meinem "Werkstattbericht" mehr mit dem eingewirkten Epos anfangen kannst, weiß ich natürlich nicht, ich hoffe es mal. Andererseits kann der Text vielleicht auch ohne auskommen (nur ob ich das könnte?). Und dass im Grunde das Handwerk gut ist, das freut mich ja ohnehin. Jetzt muss ich nur noch lernen, das auch noch überzeugend anzuwenden.

Zitat:
Ich kann faktisch eigentlich nichts einwenden, mir widerstrebt das Ganze dennoch sehr! Mein Problem, ich weiß. Aber es erscheint mir einfach - in aller guten Absicht - obszön und pornografisch, so nah an reales gegenwärtiges Leid zu gehen, diese armen Teufel auch noch als Lieferanten für Wettbewerbsprosa auszubeuten, gewissermaßen. Ich respektiere das Können derjenigen, die das gemacht hat, aber Punkte gibt es keine dafür.


Danke dir insbesondere für diesen Teil des Kommentars. Ich gebe dir nämlich sehr recht, das habe ich ja auch in meinem Kurzkommentar zwischendurch und in meinem Werkstattbericht geschrieben: so richtig ok finde ich es auch nicht, welches Sujet ich mir für meinen Text gesucht habe. Ich weiß nicht, ob ich die gleichen Worte benutzt hätte, also "obszön und pornografisch", denn das interpretiere ich ja eher so, als würde ich mich im Leid dieser Menschen suhlen, nur um eine Betroffenheitsgeschichte zu erzählen. Denn den Vorwurf, "diese armen Teufel auch noch als Lieferanten für Wettbewerbsprosa auszubeuten", dem kann ich insbesondere bei dem Wort "ausbeuten" nur begrenzt folgen. Ja, ich habe gehofft, mit meinem Text und der Geschichte, die der Text erzählt, Punkte, einen Blumentopf oder zumindest Aufmerksamkeit zu gewinnen, aber das ist ja jetzt wiederum keine Geschichte, die nur Stereotype von Geflüchteten aufgreift oder in allen Details das Leid in den Lagern seziert und sagt: Schaut her, so schlimm geht es den Leuten, wenn meine Geschichte gewinnt, wird die Welt ein Stück besser. Und es bleibt ja, zumindest sehe ich das so, immer noch eine Geschichte über Menschen und deren Interaktionen. Hätte ich auch eine Geschichte über Menschen ohne Fluchtrealität schreiben können. Wahrscheinlich schon. Wäre dann vielleicht tatsächlich die Geschichte geworden über den Übersetzer in der Auffangstation, der vor lauter Fremdleid irgendwann seine Empathie verliert. Das wäre wahrscheinlich noch schlimmer geworden, weil ich dann am Ende hätte abwägen müssen (für mich), ob ich tatsächlich Fluchtpornographie schreibe mit noch mehr Klischees oder eine rührselige Geschichte über einen von echtem Leid verschonten Westmenschen, dessen Schicksal mich (und das Publikum) mehr interessieren soll als das der Menschen, die tatsächlich hunderte und tausende Kilometer von wo auch immer nach Deutschland migriert sind, weil sie so sehr auf eine Freiheit in Europa gehofft hatten.
Und dann hätte ich wahrscheinlich gar keine Fluchtassoziation im Text gehabt, sondern hätte halt auch einen Text eingereicht, in dem irgendwer semiintrospektiv an einem offenen Fenster vorbeigeht, reinschaut und sich denkt: Ah, das hätte mein Leben sein können, wenn ich nicht aktiv an der Chance vorbeigegangen wäre, diesen Job anzunehmen, diesen Menschen zu küssen, diese Worte zu sagen. (Ohne dass ich damit jetzt einen spezifischen Text im Wettbewerb charakterisieren wollte.)

Wie ich in meinem Werkstattbericht schrieb: ich werde es immer besser finden, in einer Welt zu leben, in der Tom Hanks einen AIDS-Kranken in Philadelphia spielt oder Patrick Stewart den Partner eines AIDS-Kranken in Jeffrey, als in einer Welt, die Geschichten von Marginalisierten komplett ignoriert und damit auch die Marginalisierten.
Ist meine Geschichte ein perfektes Beispiel dafür, wie Migrationsgeschichten oder die Geschichten von Menschen mit Migrationshintergrund oder überhaupt von Menschen erzählt werden kann? Nein, sicher nicht. Und ich würde es auch nicht nochmal so umsetzen wollen, nicht in diesem Wettbewerb und sicherlich auch nicht losgelöst davon.

Es ist ein schmaler Grat, und wie ich schon schrieb: ich bin auch nicht nur glücklich damit, wie ich auf diesem Grat entlangbalanciert bin. Es war zumindest nicht meine Absicht, das Leid von Menschen pornografisch auszustellen, sondern mehr der Gedanke, ein Licht auf etwas zu werfen, das sonst eher (und gerade in Corona-Zeiten) in der Berichterstattung untergeht. Und natürlich wollte ich von Menschen erzählen und nicht nur von ihrem Leid.

Ich danke dir von Herzen für deinen Kommentar, vor allem dafür, dass du den Finger in eine sehr offene Wunde legst und mich gewissermaßen dadurch zu einer größeren (oder anderen) Rechtfertigung zwingst, als wenn die Problematik des Textes nur von mir angesprochen worden wäre.
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anderswolf
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Beitrag28.05.2021 11:29

von anderswolf
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Und das war es zumindest mit den offenstehenden Kommentaren. Dieser Wettbewerb war sehr toll, und auch wenn ich nicht allen Texten und Themen gerecht werden konnte, weil ich vielleicht auch manchmal zu schnell an ihnen vorübergegangen bin, danke ich doch allen sehr, die sich hier (also im Wettbewerb und auch in der Diskussion nach dem Wettbewerb) beteiligt haben. Ich habe mal wieder viel gelernt und erfahren, und jetzt bin ich ziemlich erschöpft, vor allem beim Gedanken daran, was ich alles habe liegenlassen in den letzten vier Wochen, und was sich langsam nicht mehr ignorieren lässt.

Vielen Dank an Orga und Teilnehmys.
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nicolailevin
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Wohnort: Süddeutschland


Beitrag28.05.2021 12:43

von nicolailevin
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anderswolf hat Folgendes geschrieben:
Ob du nach meinem "Werkstattbericht" mehr mit dem eingewirkten Epos anfangen kannst, weiß ich natürlich nicht, ich hoffe es mal. Andererseits kann der Text vielleicht auch ohne auskommen (nur ob ich das könnte?).


Ich bekenne eine Bildungslücke: Gilgamesch-Epos kenn ich nur dem Namen nach. Ist aber auch nicht elementar, finde ich. Du hast dich schließlich an das Levinsche Gesetz gehalten Laughing - Zitate und Anspielungen auf Filme / Bücher / Kunst dürfen nie Grundvoraussetzung für das Verständnis einer Geschichte sein, sondern bestenfalls Sahnehäubchen für die Eingeweihten.

Zitat:
Ich weiß nicht, ob ich die gleichen Worte benutzt hätte, also "obszön und pornografisch", denn das interpretiere ich ja eher so, als würde ich mich im Leid dieser Menschen suhlen, nur um eine Betroffenheitsgeschichte zu erzählen. Denn den Vorwurf, "diese armen Teufel auch noch als Lieferanten für Wettbewerbsprosa auszubeuten", dem kann ich insbesondere bei dem Wort "ausbeuten" nur begrenzt folgen.


Das war der Versuch, meine unscharfen Störgefühle in Worte zu fassen. Je länger ich über das Thema nachdenke, desto unschärfer wird es, desto schwerer kann ich das abgrenzen.

Welches Leid darf man literarisch verbraten? Jedes Leid ist schlimm für den, dem es widerfährt, und Romeo und Julia spotten irgendwo auch derer, die sich tatsächlich aus Liebeskummer umgebracht haben. Ist es die fehlende zeitliche Distanz? Ein Leid, das viele Menschen im Kollektiv betrifft? Ich weiß es einfach nicht. Mit Christen und Sklaven bei Ben Hur & Co hab ich kein Problem. Bei den '40 Tagen des Musa Dag' geht es auch, aber da steht ja die wahre und individuelle Widerstandsstory im Mittelpunkt, nicht der Genozid. Wenn jemand heute die Story eines KZ-Häftlings schreiben würde, dann meldet sich bei mir Widerspruch - das geht nicht, das gehört sich nicht - und frag mich jetzt bitte nicht nach Anna Seghers! Ich krieg es einfach nicht widerspruchsfrei auf die Reihe.

Zitat:

Wie ich in meinem Werkstattbericht schrieb: ich werde es immer besser finden, in einer Welt zu leben, in der Tom Hanks einen AIDS-Kranken in Philadelphia spielt oder Patrick Stewart den Partner eines AIDS-Kranken in Jeffrey, als in einer Welt, die Geschichten von Marginalisierten komplett ignoriert und damit auch die Marginalisierten.


Absolut. Ich finde es auch ok, über Krebs und Krankheiten zu erzählen. Bei Behinderungen gehts aber schon los. Dustin Hoffman als Autist in Rain Man? Schwierig ... Diese supererfolgreichen Rosie-Stories mit dem Asperger-Icherzähler. Auch die Honeydipperstory in diesem Wettbewerb hat meinen Bauch grummeln lassen.

Es muss was mit einer Aneignungsscheu zu tun haben. Genauer kann ich es aber auch nicht fassen, und ich will das auch gar nicht offensiv auswalzen oder propagieren. Meine eigenen Vorbehalte - so schlecht ich sie begründen kann - lass ich mir deshalb nicht nehmen. Deine hehren Absichten anerkenne ich voll und ganz, und das Ergebnis hast du ja sehr sportlich hingenommen.

VG
Nico.
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