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Justadreamer Leseratte
J Alter: 26 Beiträge: 197 Wohnort: Bayern
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J 26.02.2021 22:51 Die Schildkröte (vertonte Gutenachtgeschichte) von Justadreamer
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Die folgende Gutenachtgeschichte ist Teil meines aktuellen (ersten richtigen) Buchprojekts. Inwiefern die Vertonung passt und wie euch der Text im allgemeinen gefällt, würde mich interessieren.
Die Schildkröte
Du und Ich, wir fliegen durch die Nacht. Hinaus aus dem Fenster und hunderte Kilometer nach Süden. Dort versinkt die Sonne gerade im glitzernden Meer. Wir sitzen am Strand. Die Wellen rauschen ans Ufer – wie eine weiche Decke legt sich das Geräusch auf unsere Ohren. Hier, auf der Dünung, wachsen einige Grasbüschel. Bis auf uns und die Gräser ist der Strand völlig leer.
Doch da ist ein Geräusch, das uns begleitet. Neben dem Wellenrauschen ertönt beständig ein Knirschen und Reiben. Neben unserem eigenen Atem hören wir tiefes, langsames Schnaufen. Als würde der Strand selbst atmen. Wir legen uns in den Sand. Wärmend schmiegen sich die Körner an deinen Körper.
Ganz still liegen wir da. Und jetzt sehen wir es: Dort, nur ein paar Meter neben uns, bewegt sich der Sand. Es reibt und knirscht und schnauft und langsam erkennt man eine Form. Vorne ein Kopf und dann ein riesiger Panzer. Da hat sich aus einer Kuhle eine riesige Schildkröte aus dem Sand erhoben!
„Ohhh!“, ächzt die Schildkröte und streckt sich genüsslich. Sie hebt eine ledrige Augenbraue in Richtung Sonnenuntergang, dann spricht sie:
Bin immerzu allein am Strand,
und schlüpf´ aus meinem Sandgewand
bei Sonnenuntergang.
Unglaublich! Die Schildkröte bemerkt uns nicht. Vielleich sind wir die ersten Menschen, die eine Schildkröte reimen hören! Was für eine Entdeckung! Da räuspert sich die gepanzerte Dichterin:
Werd‘ baden in dem kühlen Blau
und schlafen geh‘n in meinen Bau
bei Sonnenuntergang.
Das ist also ihr Abendritual: Ein Bad im Meer und dann ab ins Bett. Zufrieden schmatzt die Schildkröte und stapft gemächlich zum Wasser. Ausgiebig lässt sie sich von den Wellen besprudeln. Sie schwimmt eine kleine Runde, dann macht sie sich auf den Rückweg. Die Sonne scheint auf ihren Panzer. Der ist von einem dunklen Grün. Unzählige feine Linien erkennen wir auf dem Panzer. Ob das wohl die Gedichte sind, die die Schildkröte zu erzählen hat? Langsam, ganz langsam trabt der feucht glänzende Panzer zu der Kuhle im Sand. Wieder hört man ein Räuspern:
Mein Haus entsteht, wenn ich’s betret‘
Verschwindet, wenn man geht,
bei Sonnenuntergang.
Auch da hat die Schildkröte Recht. Sobald sie ihr Haus verlässt, ist da nur noch der Strand. Und Platz hat dort immer nur sie selbst. Dann reibt es und knirscht es und schnauft es und die Schildkröte ist schon fast unter dem Sand verschwinden. Leise hören wir:
Alleine? Ja. Doch einsam? Nie!
Denn ich mag mich – ja, und wie!
mein ganzes Leben lang.
Mit diesen Worten verschwindet die Schildkröte in ihrem kuschligen Strandhaus. Und immer, wenn du allein bist, weißt du: Wirklich einsam ist man nie – denn du magst dich, ja und wie!
Und wir fliegen – weg vom Strand und hin zu wundersamen Träumen.
Weitere Werke von Justadreamer:
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wohe Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 628 Wohnort: Berlin
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W 27.02.2021 11:22
von wohe
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Hallo Justadreamer,
die Geschichte gefällt mir gut.
Vorschläge:
Doch da ist ein Geräusch -> Doch da ist das Geräusch (das Geräusch wurde oben schon erwähnt).
Wärmend schmiegen sich die Körner an deinen Körper -> Wärmend schmiegen sich die Körner an unsere Körper (für ein Ansprechen des Lesers/Gegenübers gibt es hier keinen Grund).
Man könnte (ist aber wohl geschmacksabhängig) einige Sätze zusammen ziehen:
Wir sitzen am Strand. Die Wellen rauschen ans Ufer – wie eine weiche Decke legt sich das Geräusch auf unsere Ohren
->
Wir sitzen am Strand, die Wellen rauschen ans Ufer und wie eine weiche Decke legt sich das Geräusch auf unsere Ohren.
Deine Geschichte ist auch als eigenständige Kurz-(Gute-Nacht-)geschichte gelungen. Gern gelesen.
MfG Wohe
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a.no-nym Klammeraffe
A
Beiträge: 699
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A 27.02.2021 18:32 Re: Die Schildkröte (vertonte Gutenachtgeschichte) von a.no-nym
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Hallo Justadreamer,
ich habe mich mal mit Deiner Geschichte beschäftigt und mir auch die Audioversion angehört. Insgesamt mag ich die Atmosphäre, die der Sprecher schafft, besonders den Part der Schildkröte finde ich gelungen! Der Sprecher hat einerseits ein sehr angenehmes Timbre, andererseits ein paar Besonderheiten in der Lautbildung, über die ich auf die Schnelle nicht "hinweghören" konnte . Der musikalische Rahmen ist m.E. stimmig und von der Länge her gut gewählt! Nicht ganz glücklich war ich mit dem Sprechtempo; das war so, dass ich zwischendurch am liebsten die Abspielgeschwindigkeit erhöht hätte, weil meine Gedanken aufgrund der Langsamkeit immer wieder abschweiften, obwohl ich doch gern weiter zuhören wollte.
Jetzt kommt noch einige Erbsenzählerei zu Deinem Text – das sind aber größtenteils nur meine rein subjektiven Lesewahrnehmungen (bis auf den ersten Punkt!). Falls trotzdem etwas dabei ist, was Dir einleuchtet, nimm's Dir gern – wenn nicht, lass es links liegen
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Hier, auf der Dünung, wachsen einige Grasbüschel. |
Die Dünung ist der durch den Wind hervorgerufene Seegang, also (Meeres)wellen. Was Du meinst, sind sicher die (Sand-)Dünen, oder?
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Wir legen uns in den Sand. Wärmend schmiegen sich die Körner an deinen Körper. |
Ich stimme Wohe zu – es sollte "unsere" statt "deinen" heißen.
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Ganz still liegen wir da. Und jetzt sehen wir es: Dort, nur ein paar Meter neben uns, bewegt sich der Sand. Es reibt und knirscht und schnauft und langsam erkennt man eine Form. Vorne ein Kopf und dann ein riesiger Panzer. Da hat sich aus einer Kuhle eine riesige Schildkröte aus dem Sand erhoben! |
Hier würde ich 1x "riesig" streichen/ersetzen.
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: |
Ausgiebig lässt sie sich von den Wellen besprudeln. |
Hier stört mich das "besprudeln" etwas, weil es mir im Zusammenhang mit Wellen an einem Strand nicht recht einleuchtet; ich hab bei "besprudeln" eher eine Schildkröte im Champagner-Bad oder im Whirlpool vor mir .
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Ob das wohl die Gedichte sind, die die Schildkröte zu erzählen hat? |
Die Kombination aus "Gedichte" und "zu erzählen" ist m.E. nicht ganz stimmig, vielleicht sind es gereimte Geschichten, die die Schildkröte zu erzählen hat, oder es sind die Gedichte, die sie mit sich herumträgt, aber Gedichte werden m.E. eher nicht "erzählt" (sondern rezitiert oder vorgetragen).
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Langsam, ganz langsam trabt der feucht glänzende Panzer zu der Kuhle im Sand. |
Vor meinem geistigen Auge liegt an dieser Stelle ein besitzerloser Schildkrötenpanzer am Strand. Er würde gern traben, kann aber nicht, denn der Panzer hat ja keine Beine – die gehören der Schildkröte, und die ist offenbar gerade abhanden gekommen . Traben ist m.E. keine "ganz langsame" Fortbewegung – "trabend" variiert zwischen gemächlich und flott, in beiden Fällen ist es aber schneller als "ganz langsames" Gehen/Kriechen.
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Mein Haus entsteht, wenn ich’s betret‘
Verschwindet, wenn man geht |
Das finde ich irreführend, auch wenn es dem Reim geschuldet ist – das Haus der Schildkröte ist doch ihr Panzer und nicht der Sand? Und weder Panzer noch Sand verschwinden/materialisieren sich, wenn die Schildkröte sich zurückzieht/sich eingräbt. Noch verwirrender wird es durch den Wechsel von "ich" zu "man", denn das legt nahe, dass für das Betreten/das Entstehen des Hauses die Schildkröte selbst verantwortlich ist, fürs Verlassen reicht es aber, wenn "man" geht – z.B. also die anwesenden Menschen.
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Auch da hat die Schildkröte Recht. Sobald sie ihr Haus verlässt, ist da nur noch der Strand. Und Platz hat dort immer nur sie selbst. Dann reibt es und knirscht es und schnauft es und die Schildkröte ist schon fast unter dem Sand verschwiunden. Leise hören wir: | Gleicher Widerspruch: Der erste Satz legt nahe, dass der Sand das Haus darstellt. Der zweite Satz "Und Platz hat dort immer nur sie selbst." kann sich aber nur auf den Panzer beziehen, denn da passt nur sie selbst rein – am Strand ist naturgemäß reichlich Platz, der kann also nicht gemeint sein.
Justadreamer hat Folgendes geschrieben: | Und immer, wenn du allein bist, weißt du: Wirklich einsam ist man nie – denn du magst dich, ja und wie!
Und wir fliegen – weg vom Strand und hin zu wundersamen Träumen. | Hier wechselst Du vom "Du" zu "man" und wieder zum "Du" – warum nicht durchgehend beim "Du" bleiben?
Zum Schluss würde mich noch interessieren, für welche Leser/Hörer die Geschichte bzw. das ganze Werk denn eigentlich gedacht ist.
Freundliche Grüße und die besten Wünsche
a.
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Justadreamer Leseratte
J Alter: 26 Beiträge: 197 Wohnort: Bayern
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J 28.02.2021 14:26
von Justadreamer
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Hallo wohe,
danke für deinen Kommentar!
Zitat: | Doch da ist ein Geräusch -> Doch da ist das Geräusch (das Geräusch wurde oben schon erwähnt). |
Es sind 2 Geräusche --> das zeigt mir allerdings, dass das klarer werden muss. Vllt so etwas wie ">>Da ist noch ein anderes Geräusch"
Ja, da muss ich mir noch überlegen, ob ich durchgehend wir oder durchgehend du machen soll.... Bin mir nicht ganz sicher, was kinderfreundlicher ist.
Zitat: | Man könnte (ist aber wohl geschmacksabhängig) einige Sätze zusammen ziehen:
Wir sitzen am Strand. Die Wellen rauschen ans Ufer – wie eine weiche Decke legt sich das Geräusch auf unsere Ohren |
Da geb ich dir recht, das werde ich noch tun.
Hallo anonym,
dir auch vielen Dank!
Zum Sprecher: Erstmal schön, dass du es gut fandest. Das Sprechtempo ist strittig, denn: Wenn man im Bett liegt und entspannt, dann braucht man es seeeeeehr lannnnggsssssam
Sprachliche Eigenheiten würden mich interessieren, v.A. wenn es um standarddeutsche Aussprache geht - da muss man natürlich aufpassen. Wenn du mir kurz die Sachen bei der LAutbildung nennen könntest, wäre ich dir sehr verbunden - vielleicht ist da ja noch was zu machen!
Dünung: Ups!
s.o.
Das mache ich gern eine gigantische Schildkröte?
Ja, das soll wie Whirlpool klingen - es ist eben ein sehr idyllischer Abend
Da hast du Recht. Vllt: "Sind dort die Gedichte der Schildkröte aufgeschrieben?"
Phu.... da fällt mir nix ein außer langweilige Sachen (bewegen, gehen)
Zitat: | Mein Haus entsteht, wenn ich’s betret‘
Verschwindet, wenn man geht
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Ja, da hast du mich erwischt, das werde ich wohl oder übel so lassen müssen
Es ist gemeint: Die Grube, in die sich unsere Kassiopeia gräbt, ist ihr Haus - und das verschwindet eben, wenn man geht, denn es fällt in sich zusammen.
Ja, das werde ich einfach noch ein du einsetzten, da hast du recht!
-- Noch viel zu tun, aber ihr habt beide meine größte Dankbarkeit, denn die Tipps waren wirklich sehr hilfreich!
Zitat: | Zum Schluss würde mich noch interessieren, für welche Leser/Hörer die Geschichte bzw. das ganze Werk denn eigentlich gedacht ist. |
Gedacht ist das ganze als Gutenachtgeschichten zum Vorlesen. Ich denke, dass solche Geschichten für Kinder von 6-8 am passendsten sind, aber das muss ich mal noch an gewissen Verwandten austesten und ein paar Freunde/Erzieher/Grundschullehrer fragen. Schlussendlich ist mir erstmal wichtig, dass alle Geschichten vom Anspruch her homogen sind, dann kann man die Altersgruppe immernoch bestimmen. Anbei noch der vorläufige "Klappentext" bzw. die Rahmung, an dem/der ich mich orientiere:
Du und Ich, wir fliegen durch die Nacht. Schnurstracks aus dem Fenster, die Straße entlang und auf und davon. Über die Lichter der Stadt, das grüne Wald-Meer und hinauf zu den Wolken. Wir sehen die Geschöpfe der Nacht, deren Tag jetzt erst erwacht. Auch die Tiere des Tages, die sich in weichen Betten aus Moos und Gras vor bösen Träumen schützen, können wir beobachten. Komm mit mir und lern die Magie des Verborgenen kennen…
In (ca. 20, denke ich) Gute-Nacht-Geschichten erleben Du und Ich eine Reise durch die verstecktesten Winkel der Erde. In den Tiefen des Ozeans finden sich Freunde fürs Leben, auf der höchsten Spitze eines Baumes lernt ein Blatt das Fliegen und in einem warmen Bau erfahren Tiere die Kunst des Träumens. Und es wartet noch viel mehr…
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a.no-nym Klammeraffe
A
Beiträge: 699
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Justadreamer Leseratte
J Alter: 26 Beiträge: 197 Wohnort: Bayern
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Shelly Wortedrechsler
S Alter: 57 Beiträge: 64 Wohnort: Speckgürtel Berlin
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Justadreamer Leseratte
J Alter: 26 Beiträge: 197 Wohnort: Bayern
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