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Prota-Einführung


 
 
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag01.04.2021 15:06
Prota-Einführung
von Schreibkopf
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Eine meiner Geschichten beginnt mit der Prota-Vorstellung. Neben euren Hinweisen zum Stil etc. würde mich sehr interessieren:

1. Welche Art von Prota könntet ihr euch beim Lesen vorstellen?
2. Lässt sich aus dem Einstieg schon auf die Art der Geschichte schließen? Was würdet ihr in diesem Fall erwarten/vermuten?

=============================== EINSTIEG:

„Die ganze Scheiße fing an, als ich diese Superdroge in die Finger bekam. Alle redeten nur noch von Mystral. Hammerstoff! Aber arschteuer. Ich kannte nicht mal einen, der einen kannte, der das Zeug schon mal eingeworfen hatte. Und dann taucht dieser Typ auf. Den kannte ich vom Sehen. So, wie ich den beschreiben könnte, soll man solche Typen heute nicht mehr beschreiben, glaub ich. Sah jedenfalls nicht wie ’n Schwede aus, der Typ. Ist auch egal.

Der Typ war jedenfalls voll durch den Wind und gab mir dieses winzige Tütchen. Die Kügelchen dadrin waren auch winzig. Sahen aus wie Zuckerstreusel für ’n Kuchen, nur halt nicht bunt. Das sei Mystral im Wert von Fünfzigtausend, sagte der Typ noch und schon war er wieder weg.

Ich saß da. Mit nem Trip im Wert von fünfzigtausend Ocken in den Fingern. Wenn du Auto fährst, willst du halt mal in einem Ferrari zu sitzen. Was hättest du getan, wenn du auf einmal den Ferrari unter den Drogen in die Pfoten kriegst, hä? So ne Chance kommt nie wieder. Schon gar nicht für eine wie mich. Tüte auf und das ganze Zeug in einem Rutsch runter. Wenn schon, denn schon. Woher sollte ich auch wissen, dass ein einziger Krümel gereicht hätte?

Alter Schwede! Ich dachte, mir fliegt die Schädeldecke weg. Ist sie ja auch. Zum Glück nicht ohne mich. Ich bin über die ganze Stadt gedüst. Schneller als ’n getunter Ferrari mit Vollgas. Speed ist dagegen nur Zeitlupe. Ich erkannte jedes Detail, obwohl ich ’n bisschen kurzsichtig bin. Zumindest war ich’s, bevor ich diesen Mist reingezogen habe. Danach konnte ich gucken wie ’n Fernglas. Da war’n Blaulichter und einer lag auf der Straße. Ich erkannte den Typen, von dem ich das Tütchen hatte, bevor ein Sani den Leichensack zumachte. Ich freu mich noch, dass der Trip aufs Haus geht, da ist mit einem Schlag alles weiß. Kein Schnee, sondern Licht. Und was für ’n Licht! Einen Moment lang dachte ich noch, das gehört zum Programm. Aber Pustekuchen!

Ich noch so: Ey Scheiße, wo bin ich’n hier gelandet? Wie Neukölln sah das bestimmt nicht aus. Nicht mal mehr wie Berlin. Das war ’n ganz anderer Postleitzahlbereich. Mindestens zwölfstellig, schätzte ich mal. Jedenfalls kommt dann dieses Kerlchen angewackelt. Der sah schon eher aus wie ’n Schwede. Blonde Mähne. Pferdeschwanz. Wie frisch aus ’m Ei gepellt. Ne richtige Sissi. Aber mit den schwarzen Lederklamotten passte der in die Kulisse, wie ’n Schwein ins Wohnzimmer, wenn du mich fragst.“

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Ralphie
Geschlecht:männlichForenonkel

Alter: 71
Beiträge: 6399
Wohnort: 50189 Elsdorf
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Beitrag01.04.2021 15:27

von Ralphie
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Das liest sich schon ganz anständig.

 Daumen hoch
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Levo
Klammeraffe
L


Beiträge: 870



L
Beitrag01.04.2021 15:47

von Levo
Antworten mit Zitat

Zitat:
Eine meiner Geschichten beginnt mit der Prota-Vorstellung. Neben euren Hinweisen zum Stil etc. würde mich sehr interessieren:

1. Welche Art von Prota könntet ihr euch beim Lesen vorstellen?
2. Lässt sich aus dem Einstieg schon auf die Art der Geschichte schließen? Was würdet ihr in diesem Fall erwarten/vermuten?


Deine Prota hat eine schnell als eigen erkennbare Erzählstimme, interessanterweise auf mich wie "no nonsense" und trotzdem witzig-gewitzt wirkend. Kann sein, dass der Stil auf Dauer ermüdet, aber für den Anfang reißt die Figur mich mit.
Sie muss eine Person mit Drogenerfahrung der überlebenden Art sein, die offenbar noch nicht zum Bodensatz der Gesellschaft gehört, jedenfalls nicht in der eigenen Wahrnehmung.
Ich hätte den Verdacht, dass die Figur in eine Kriminal-/Thriller- und/oder Cyberpunk-Story hineinschlittert.
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag01.04.2021 16:17

von Schreibkopf
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Levo hat Folgendes geschrieben:
Sie muss eine Person mit Drogenerfahrung der überlebenden Art sein...

Perfekt! Das beschreibt den Charakter sehr treffend, der mir vorschwebt.

Levo hat Folgendes geschrieben:
Kann sein, dass der Stil auf Dauer ermüdet ...

... tut er, da bin ich mir sicher. Ich feile gerade daran, welche Erzählweise ich stimmig um den Charakter gießen kann, damit es alles passend rüberkommt, ohne zu strapazieren.

Lieben Dank,
VG
Schreibkopf
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Romy
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
R

Alter: 25
Beiträge: 22
Wohnort: Niederbayern


R
Beitrag11.04.2021 19:54

von Romy
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Hallo Schreibkopf Smile

mich hat dein Einstieg sehr unterhalten und ich würde auch gerne weiterlesen.

Der Erzähler wirkt auf mich jugendlich, rebellisch und vom Leben erschöpft. Ich bekomme das Gefühl, dass er schlechte Kindheitserfahrungen gemacht hatte, jetzt in einer schwierigen Situation lebt und sich in nächster Zukunft alles noch verschlimmern wird. Es schwingt dabei immer eine leicht depressive Stimmung meiner Empfindung nach mit.

So wie er erzählt und alles kommentiert, kann ich schnell mitfühlen und entwickle Sympathie sowie Interesse an seiner Geschichte. Allerdings müsstest du meiner Meinung nach gar nicht so übertrieben formulieren. Mit der Zeit wird es etwas anstrengend zu lesen. In geschriebener Form wirkt Slang einfach härter.

Inhaltlich bin ich etwas verwirrt darüber, dass ihm ein Fremder die Droge kostenlos gibt und dann einfach weggeht. Will er kein Geld verdienen? Ist er denn so reich? Will er nicht mit dem Erzähler drauf sein? Irgendwie hat er ja Interesse an ihm, wenn er schon auf ihn zugeht? Warum geraten die beiden denn eigentlich in Interaktion?

Der Vergleich mit schwedisch aussehenden Personen wirft für mich ebenfalls Fragen auf. Wenn wir in Schweden sind, kann ich es verstehen. Allerdings schreibst du ja, dass es in Neukölln stattfindet. Wieso vergleicht der Erzähler dann nicht den Fremden mit deutschen Äußerlichkeiten?

LG Romy
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag12.04.2021 07:21

von Schreibkopf
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Hallo Romy,

ganz herzlichen Dank für die Mühe, die du dir gemacht hast.

Romy hat Folgendes geschrieben:
mich hat dein Einstieg sehr unterhalten und ich würde auch gerne weiterlesen.

... das freut mich schon mal sehr!

Romy hat Folgendes geschrieben:
Der Erzähler wirkt auf mich jugendlich, rebellisch und vom Leben erschöpft...

Interessant: du gehst offensichtlich von einem männlichen Prota aus. Ich habe im Text nur einen Hinweis auf das Geschlecht eingebaut und wollte mal sehen, ob das wahrgenommen wird. Anscheinend muss ich da noch etwas deutlicher werden.

Romy hat Folgendes geschrieben:
Allerdings müsstest du meiner Meinung nach gar nicht so übertrieben formulieren. Mit der Zeit wird es etwas anstrengend zu lesen. In geschriebener Form wirkt Slang einfach härter.

Das ist meine größte Baustelle. Ich bin leider nicht LIZA CODY. Die kann einen Roman in dem Stlil von vorne bis hinten durchschreiben und bleibt einfach nur genial. Ich muss hier wechseln, zwischen "Ich"-Einschüben und dem auktorialen Erzähler.

Romy hat Folgendes geschrieben:
Inhaltlich bin ich etwas verwirrt darüber, dass ihm ein Fremder die Droge kostenlos gibt und dann einfach weggeht ... Warum geraten die beiden denn eigentlich in Interaktion?

Genau diese Fragen versuche ich in der Nebenhandlung zu beantworten ... aber nur der Vollständigkeit halber. Ich brauchte den "goldenen Schuss" als Einstieg und als Hinweis auf den sozialen Background der Prota.

Romy hat Folgendes geschrieben:
Der Vergleich mit schwedisch aussehenden Personen wirft für mich ebenfalls Fragen auf ...

Das bezieht sich auf einen Running Gag in der Story, weil "Alter Schwede!" zum Sprachtypus der Protagonistin gehört. Auch wenn sie sich tough gibt, träumt sie ihrer prekären Situation wegen von "Bullerbü".

Lieben Dank
Schreibkopf
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Gast







Beitrag12.04.2021 12:08

von Gast
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Ich assoziiere mal frei zu Deinem Text:


Eine Prota, die auf mich nicht interessanter wirkt, weil sie Drogen nimmt, sondern weil geschildert wird, dass sie bereits die Aussicht auf eine "Superdroge" anfixt. Spätestens hier frage ich mich: Wie ist die denn drauf? Und will mehr wissen.
Diese Prota scheint ein ziemlich eintöniges und sinnentleertes Leben zu haben, wenn sie solche "Kicks" braucht und sucht.
Für mich nebensächlich, ob sie weiblich, schwul oder queer ist, könnte bis jetzt alles passen. Jedenfalls steht sie auf Drogen, scheint ziemlich gutgläubig und naiv, also jung zu sein (da schluckt man alles, was flüchtige Bekannte  als "Superstoff" umsonst feilbieten) Warum sie auf Schweden steht: Keine Ahnung.
So ein bisschen was zwischen "Alice im Wunderland" und "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"?
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Taras
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 77
Beiträge: 60
Wohnort: Am Niederrhein


Beitrag12.04.2021 12:33

von Taras
Antworten mit Zitat

Für mich ist der Prota eindeutig ein Er, so wie er spricht. Sein Leben ist verkorkst und ihm ist alles egal (Goldener Schuss). Da entwickelt sich wohl eine durchgedrehte Cyberpunk-Story. Der Gag mit "Alter Schwede" kommt für mich nicht wirklich rüber, er stört eher.
Aber unterm Strich gefällt mir die Story und ich würde gern noch mehr lesen.

LG Taras


_________________
„Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch.“ Erich Kästner
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag13.04.2021 09:04

von Schreibkopf
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Danke, für dein Feedback, Isbahan ...

Zitat:
So ein bisschen was zwischen "Alice im Wunderland" und "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"?

Das wird ein Balance-Akt wink Deine Anmerkungen helfen mir sicher dabei, mit der Story nicht abzustürzen.

VG
Schreibkopf
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag13.04.2021 09:09

von Schreibkopf
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Vielen Dank für deine Anmerkungen, Taras ...

Taras hat Folgendes geschrieben:
Da entwickelt sich wohl eine durchgedrehte Cyberpunk-Story. Der Gag mit "Alter Schwede" kommt für mich nicht wirklich rüber, er stört eher.
Aber unterm Strich gefällt mir die Story und ich würde gern noch mehr lesen.

Für Cyberpunk wird es voraussichtlich nicht "noir" genug, aber die grobe Richtung kommt hin. Über den "Schweden" denk ich noch mal nach.

VG
Schreibkopf
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag13.04.2021 15:09

von Selanna
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Hallo Schreibkopf,
gut, dass Dein Faden wieder nach oben geholt wurde, den Ausschnitt habe ich sehr gern gelesen, hat mir richtig gut gefallen.
Zitat:
1. Welche Art von Prota könntet ihr euch beim Lesen vorstellen?

Seltsamerweise dachte ich bis zum Auftauchen des Wortes „eine“, dass es sich um einen männlichen Protagonisten handelt. Übrigens etwas, das ich sehr mag, ich lasse mich gerne anfangs etwas in die Irre führen (oder führe mich selbst in die Irre, da es ja wahrscheinlich nicht von Dir intendiert war). Also: Ich stelle mir (inzwischen) eine Frau vor, wohl mitten in den Zwanzigern, höchstens Dreißigern (aufgrund der Sprache, der angedeuteten political correctness, dem Drogenkonsum [wär sie älter, hätte der Drogenkonsum wsl schon andere/mehr Spuren hinterlassen]). Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass die Geschichte schon ein paar Jahre in der Vergangenheit spielt, denn „Alter Schwede“, „Ocken“, „Pfoten“, „Pustekuchen“ und ein paar andere Ausdrücke klingen nicht mehr ganz nach aktueller Jugendsprache (behaupte ich jetzt einfach mal ganz unbedarft). Der Soziolekt lässt außerdem eher nicht auf Oberschicht oder bürgerlich/allzu behütet schließen, aber da würde ich mich auch gerne noch überraschen lassen, man kann ja auch mit der gediegensten Erziehung seinen Wortschatz ordentlich erweitern. Oberschicht schließe ich mal trotzdem aus, denn dann wäre sie nicht so angetan, eine finanziell unerreichbare Droge in die Finger zu bekommen („Schon gar nicht für eine wie mich“). Biographie: Sie hat schon Drogen konsumiert und hält sich auch in einem Umfeld auf, in dem Drogenkonsum regen Gesprächsstoff bietet („Alle redeten nur noch von Mystral“); Drogendealer kennt sie zumindest vom Sehen. Sie hat Humor („Sieht nicht aus wie’n Schwede“; „Zum Glück nicht ohne mich“), aber eher sarkastisch. Sie ist risikofreudig (Gelegenheit beim Schopf gepackt und alles eingeworfen), aber das könnte sich auch erst als Junkie entwickelt haben und keine ureigene Eigenschaft von ihr sein. Empathie tritt bei ihr in den Hintergrund (der Tod des Dealers freut sie, weil sie somit einen gratis Trip hat), aber das kann auch eine Nebenerscheinung eines Lebens als Junkie sein. Sie hat außerdem etwas (für mich als Bayern, der sich mal aufs Glatteis des Klischees wagt) typisch Berlinerisches: Aussagen wie „passte … wie’n Schwein ins Wohnzimmer“, „ne richtige Sissi“, „gucken wie’n Fernglas“ hört sich für mich tendenziell nach Berliner Schnauze an. Embarassed

Zitat:
2. Lässt sich aus dem Einstieg schon auf die Art der Geschichte schließen? Was würdet ihr in diesem Fall erwarten/vermuten?

Uuuh, fällt mir schwer. Da sie mitsamt ihrer Schädeldecke zu fliegen beginnt, in Vogelperspektive auf Berlin herabsieht und dann „ins Licht geht“, könnte ich mir vorstellen, dass sie an der Überdosis gestorben ist. Ganz anderer Postleitzahlbereich: Jenseits? Langhaariger Typ: religiöse Figur, zB Jesus? Allerdings in coolerem Gewand (Sissi, Leder, anti-bourgeois?). Falls ich da richtig liegen sollte, dann kehrt die Protagonistin mit einem Auftrag oder einer zweiten Chance auf die Erde zurück.
Oder Du hältst es offener und ab jetzt fängt ein surrealer Teil an, die Hauptfigur ist auf einer anderen Ebene, der Mann gibt ihr auf jeden Fall irgendeinen Auslöser/Motivation für die weitere Geschichtsentwicklung. Entweder muss sie sich auf dieser neuen „Ebene“ zurechtfinden oder auch hier kehrt sie mit einem Auftrag/einer Veränderung in ihr altes Umfeld zurück?
Puh. Wahrscheinlich liege ich komplett daneben Laughing
Was mir noch auffiel: In diesem kurzen Absatz fällt dreimal das Wort "Schwede", gleich zweimal in einem Vergleich. Kann man als Stilmittel verbuchen, einmal negativ und einmal positiv, was manchem Leser sicher auch gut gefällt, ich fand’s nicht ganz so gelungen. Und: Die Droge Mystral assoziiere ich wegen des ähnlichen Klangs sofort mit Chrystal, die Billigdroge, somit das Gegenteil. Das hat mich allerdings gar nicht gestört.
So, die Analyse hat mir Spaß gemacht, ich hoffe aber in erster Linie, es war auch was Hilfreiches für Dich dabei.

Liebe Grüße
Selanna


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Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag13.04.2021 16:29

von Selanna
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Zusatz: Ich habe jetzt mal neugierig die anderen Rezensionen gelesen. Da habe ich ja einiges wiederholt, was ja auch hilfreich sein kann. Nur: Der Slang hat mich nicht gestört. Manche Bücher sind in dieser Art von Sprache geschrieben, das kann man mögen oder auch nicht, so wie man poetische Sprache mögen kann oder auch nicht. Wenn Du ohnehin zwischen auktorialen Standarderzähler und slanglastiger Ich-Erzählerin wechselst, würde ich mir da noch weniger Gedanken machen. Was natürlich wieder nur meine Meinung ist, aber da es eine Gegenmeinung ist, wollte ich Dir das noch hier lassen.
Was den Schweden angeht: Da war meine Assoziation nicht "Bullerbü-Idylle" (und ich halte das auch für nicht eingeweite Leser weit hergeholt), sondern skandinavischer Schubladen-Phänotyp: groß, blond, blauäugig (irgendwas zwischen Alexander Skarsgard und Johan Hegg). Die Folge war, dass ich mir den Drogendealer eher klein, dunkelhaarig und irgendetwas zwischen italienischen bis afrikanischen Phänotypen vorgestellt habe (von Al Pacino bis Mahershala Ali). Den Leder-Typen stellte ich mir dann wieder groß, blond, blauäugig vor. Mit dem neuen Hintergrundwissen denke ich, Du wolltest den Drogendealer eher als "nicht-idyllischen", also ziemlich schrägen Typen darstellen, egal ob groß/klein, blond/brünett etc. Und den Leder-Typ stelle ich mir jetzt einfach freundlich, zugänglich, sympathisch, "normal" vor. Soweit zu meinen fröhlichen Kopfklischees. Embarassed Was ich damit sagen will: Deine Klischees stimmen nicht mit meinen überein, Du solltest Dir überlegen, wie allgemeingültig das Klischee zum "schwedischen Aussehen" in der deutschsprachigen Leserschaft ist.
Ganz unabhängig davon finde ich es auch als neutral gewerteten Running Gag zu inflationär, wenn es auf einem halbseitigen Text gleich dreimal erwähnt wird. Du hast ja ein ganzes Buch lang Zeit, diesen Gag zu wiederholen. Wink


_________________
Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Gast







Beitrag13.04.2021 18:15
Re: Prota-Einführung
von Gast
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Schreibkopf hat Folgendes geschrieben:
...
„Die ganze Scheiße fing an, als ich diese Superdroge in die Finger bekam. Alle redeten nur noch von Mystral. Hammerstoff! Aber arschteuer. Ich kannte nicht mal einen, der einen kannte, der das Zeug schon mal eingeworfen hatte. Und dann taucht dieser Typ auf. Den kannte ich vom Sehen. So, wie ich den beschreiben könnte, soll man solche Typen heute nicht mehr beschreiben, glaub ich. Sah jedenfalls nicht wie ’n Schwede aus, der ...


Offenes Wort gefällig?
Nein?
Okay, dann erlaube ich es mir selber: Die Sprache ist derart asozial, dass ich mich ehrlich frage   - und ich bin bekennender Bukowski-Leser - , wer das denn freiwillig lesen will. Und wer wollte dafür bezahlen, so etwas zu lesen?
Wenn es darum ginge, einen asozialen, drogenabhängigen Schwachkopf in eine Geschichte einzuführen, hätten wenige Worte und vielleicht ein wenig Handlung genügt :
Fritti kratzte sich zwischen den Beinen: „Die ganze Scheiße fing an, als ich diese Superdroge in die Finger bekam. Alle redeten nur noch von Mystral. Hammerstoff! Aber arschteuer. " Fritti spuckte auf den frischgeputzten Küchenboden und machte diese obszöne Geste mit dem Mittelfinger "Fuck, ey!" Und so ging es eine ganze Weile weiter, bis der Stoff alle war ...
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag13.04.2021 18:23

von Schreibkopf
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Hallo Selenna,

Selanna hat Folgendes geschrieben:
... gut, dass Dein Faden wieder nach oben geholt wurde, den Ausschnitt habe ich sehr gern gelesen ...

Darüber bin ich jetzt auch sehr froh. Ich hätte ungern auf deine ausführlichen Anmerkungen dazu verzichtet. Ganz herzlichen Dank dafür, dass du dich so intensiv damit auseinandergesetzt hast. Das ist viel mehr als ich erwarten durfte - vom Umfang her und inhaltlich.

Meine Prota stammt ursprünglich aus einer anderen Geschichte, in der sie nur eine funktionelle Nebenrolle innehatte. Daraus hat sich eine Präsenz entwickelt, die mich dazu veranlasste, die alte Geschichte zu knicken und eine neue auf dieser Figur aufzubauen. Insofern war es mir wichtig herauszufinden, ob sich diese zentrale Rolle auch auf Leser:innen einen Reiz ausübt. Es scheint zu funktionieren.

Jetzt habe ich eine tragende Säule, es fehlt aber noch an einigen Ecksteinen und darauf das hast du in deinem Feedback sehr gut hingewiesen. Deine angemerkten Schwachstellen und Ungereimtheiten betreffen genau diese Statik, die eine tragfähige Story benötigt.

Selanna hat Folgendes geschrieben:
Puh. Wahrscheinlich liege ich komplett daneben Laughing

Nein, tust du nicht. Meine Frage nach dem Genre war ja nicht als Quiz gedacht wink
Ich selbst sehe hier eine klassische Entwicklungsgeschichte - wenn auch mit absurden oder surrealen Zügen. Deine Einschätzung ist jedenfalls sehr hilfreich. Ich hatte Sorge, dass ich die Leser:innen nach dem Einstieg in eine Steilkurve führe, aus der mir dann manche davonfliegen.

Selanna hat Folgendes geschrieben:
Wenn Du ohnehin zwischen auktorialen Standarderzähler und slanglastiger Ich-Erzählerin wechselst, würde ich mir da noch weniger Gedanken machen.

Den Slang komplett durchzuziehen, würde arg strapaziös werden. Bin mal gespannt, ob ich beide Perspektiven auf eine ähnliche Wellenlänge bekomme.

Ganz liebe Grüße
Schreibkopf
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Schreibkopf
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 230



Beitrag13.04.2021 18:30
Re: Prota-Einführung
von Schreibkopf
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Zitat:
... "Fuck, ey!" Und so ging es eine ganze Weile weiter, bis der Stoff alle war ...

hmm, weiß nicht ... wäre nicht ganz meine Richtung wink
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag13.04.2021 21:48

von Selanna
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Hallo Schreibkopf,
Zitat:
Ganz herzlichen Dank dafür, dass du dich so intensiv damit auseinandergesetzt hast.

Wie gesagt, hat Spaß gemacht. Ich mag genau solche Charaktere und auch das Unklare am Anfang.
Zitat:
Daraus hat sich eine Präsenz entwickelt, die mich dazu veranlasste, die alte Geschichte zu knicken und eine neue auf dieser Figur aufzubauen.

Das hört sich super an. Derartige Figuren können Geschichten von ganz alleine erzählen, ich wünsch Dir viel Erfolg!

Zitat:
darauf das hast du in deinem Feedback sehr gut hingewiesen. Deine angemerkten Schwachstellen und Ungereimtheiten betreffen genau diese Statik

Ach ja? Schau an, das les ich aus meiner Analyse gar nicht raus Laughing
Zitat:
Den Slang komplett durchzuziehen, würde arg strapaziös werden.

Das stimmt. Ich denke da etwa an Döblins „Berlin Alexanderplatz“. Das fand ich unglaublich strapaziös zu lesen, allerdings kommt dort zum (veralteten und damit fremderen) „Slang“ und Dialekt noch ein extremer Stream of Consciousness dazu. Bei Deinem Text finde ich die Denkstruktur weitaus weniger fragmentarisch, sondern logisch leicht nachvollziehbar, und der „Slang“ allein, der ja weniger Slang als vielmehr ordinär eingefärbte Sprache mit wenigen Verschleifungen und einigen sehr dünn gesäten "Slang"-Ausdrücken ist, ist (für mich) nicht anstrengend zu lesen. Wenn ich denke, dass Du zusätzlich noch mit normalem Standardtext (auktorialer Erzähler) abwechselst – wie gesagt nur meine Meinung - , dann ist das für mich gar kein Problem. Die Frage ist doch, wie sonst sollte eine drogenabhängige junge Frau aus einem rüden Umfeld ihre Gedanken ausdrücken, ohne dass es gekünstelt wirkt?
Zitat:
ob ich beide Perspektiven auf eine ähnliche Wellenlänge bekomme.

Wenn Du von rein quantitativer Ausgeglichenheit sprichst, muss das mE nicht sein. Oder meinst Du, der auktoriale Teil sollte genauso interessant/fesselnd sein? Das muss auch nicht sein, weil er ja wahrscheinlich eine andere Funktion erfüllt.

Wie auch immer, auf jeden Fall wünsch ich Dir viel Freude mein Stoffentwickeln (lassen).
Liebe Grüße
Selanna


_________________
Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Leselust
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Beiträge: 384
Wohnort: Hessen


Beitrag14.04.2021 10:35

von Leselust
Antworten mit Zitat

Guten Morgen!
Ein sehr mitreißender Text! Erinnert mich im Stil an Hard boiled stories von früher, die aus der Sicht der Detektive geschrieben waren, bei denen es nicht so lief wie es sollte, wisst ihr, was ich meine? Ich kann mir schon vorstellen, den ganzen Text so zu lesen, aber es darf dann tatsächlich kein sehr umfangreicher Roman werden :wink:
Weiterhin viel Erfolg!
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