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Diskriminierung in Wettbewerben

 
 
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Rübenach
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Beiträge: 2836



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Beitrag10.03.2021 11:43

von Rübenach
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DerAndreas hat Folgendes geschrieben:

Un bei Migranten mit unsicherem Asylstatus ist eben genau das der Fall. Die Können jederzeit ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren und damit auch das Recht, am Wettbewerb teilzunehmen. Ob sie nun trotzdem noch eine postalische Adresse in Deutschland haben, ändert daran nichts.


Mit Verlaub, aber das ist Bullshit. Bei welchem Literaturwettbewerb ist eine gültige Aufenthaltserlaubnis Teilnahmevoraussetzung? Wenn es so wäre, dann dürfte strenggenommen kein Schweizer an einem deutschen Literaturwettbewerb teilnehen. Wieso sollte der nach Afghanistan abgeschobene Geflüchtete, der auf Deutsch schreibt, in Österrech (oder in der Schweiz oder in Deutschland) nicht an einem Literaturwettbewerb teilnehmen?


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Willebroer
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Beiträge: 5437
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Beitrag10.03.2021 12:29

von Willebroer
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Rübenach hat Folgendes geschrieben:
Wieso sollte der nach Afghanistan abgeschobene Geflüchtete, der auf Deutsch schreibt, in Österrech (oder in der Schweiz oder in Deutschland) nicht an einem Literaturwettbewerb teilnehmen?


Zum Beispiel weil er nicht zu einer Lesung reisen darf (es sei denn, er wäre russischer Dissident).
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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5994
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Beitrag10.03.2021 15:38

von nebenfluss
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Nina C hat Folgendes geschrieben:

@nebenfluss
Ne, meiner Meinung nach ist der Zusammenhang konstruiert! Einen Wettbewerb auszuschreiben, anzugeben Literatur zu fördern und den besten Beitrag (!) küren zu wollen, setzt eben keine Präsentation voraus. Sonst hieße es Vorlesewettbewerb oder meinethalben auch „wer nimmt am schönsten den Strauß entgegen“-Wettbewerb. Das wäre ehrlich.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle mal outen, dass ich in der Jugendkulturarbeit tätig bin, und mich von daher leicht in die "andere Seite" hineinversetze.
Wenn man Ehrlichkeit so eng auslegt, okay. Dann müsste man in vielen Fällen nicht von Förderung der Literatur sprechen, sondern von der Förderung des Literaturbetriebs. Da geht es nicht nur (aber auch und ganz wesentlich) um gute Texte, sondern - neben mitunter materiellen Interessen - auch um das Bedürfnis, sich für diese Förderung und die Arbeit, die ein solcher Wettbewerb macht, öffentlich loben und bedanken zu lassen. Insbesondere bei ehrenamtlicher Tätigkeit sehr verständlich.
Wenn ich einen Literaturwettbewerb anrege, ist die öffentliche Inszenierung mitgedacht. Wenn es in dem Zusammenhang um Diversität und Abbau von Benachteiligungen geht (und darum geht es ständig), dann bekomme ich Schlagworte wie "Partizipation" und "Sichtbarkeit" um die Ohren. Ich habe also ein Interesse, dass, ganz konkret gesagt, eine diskriminierte Person, die es in die finale Runde geschafft hat, mit in die Presse kommt. Nicht, weil das an sich Literatur fördert, sondern weil es ausdrückt: Seht her, wir grenzen niemanden aus.
Ein:e clevere Autor:in könnte daraus szs. Kapital schlagen, indem er:sie z. B.  eine Übernahme der Fahrtkosten fordert oder die Möglichkeit, per Videostream teilzunehmen.
Was ich, um ehrlich zu sein, nicht clever finde: Gleich szs. die "halbe Menschheit" ins Boot holen zu wollen, denn damit begibst du dich ja eben in diese Grauzone zwischen "nicht wollen" und "nicht können". Mit Verlaub: Alleinerziehende mit Kleinkind und Vollzeitjob, die keine Betreuung organisieren können, finden eher selten die Muse, literarische Texte zu schreiben und an Wettbewerbe zu verschicken.
7,9 Milionen Schwerbehinderte in Deutschland, sagst du? Das reicht doch schon als Argument. Sucht euch Gleichgesinnte, setzt eine Petition oder einen Brief auf, verschickt das an die Veranstalter, die eine Präsenz voraussetzen. Da werdet ihr bestimmt Antworten bekommen.


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Dr. Fusselpulli
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D

Alter: 38
Beiträge: 110
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D
Beitrag10.03.2021 19:36

von Dr. Fusselpulli
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Dazu sei aber auch gesagt, dass es immer einfach ist, auf den Veranstalter zu zeigen und zu sagen: "Es ist eben Sache des Veranstalters dafür zu sorgen, dass niemand ausgeschlossen wird."
Das ist in der Praxis kaum möglich. Es kann immer irgendwelche Spezialfälle geben, die Aufgrund verschiedener Einschränkungen nicht am Wettbewerb teilnehmen können. Es ist nicht möglich, dass Veranstalter jede Eventualität einplanen.
Grade Wettbewerbe sind Veranstaltungen mit Öffentlichkeitscharakter, die Aufmerksamkeit schaffen sollen, um auf die Bücher und den Verlag aufmerksam zu machen, und diesen Relevant zu halten.

Den Öffentlichkeitcharakter von Wettbewerben als Diskriminierung zu betrachten ist absurd.

Wenn die Kosten für solche Veranstaltungen größer werden, weil die Anforderungen wachsen, und deren Nutzen gleichzeitig sinkt, weil sie weniger öffentlichkeitswirksam sind, dann steht am Ende der Kalkulation kein barrierefreier Wettbewerb, sondern schlicht kein Wettbewerb.

Analphabeten z.B. dürfte es deutlich schwieriger Fallen an einem Schreibwettbewerb teilzunehmen, obwohl die meisten Analphabeten da sicherlich nichts für können, in diese Situation geraten zu sein. Was muss ein Verlag, der einen Wettbewerb veranstalten will jetzt unternehmen, um Teilnehmern die möglicherweise Analphabeten sind die Teilnahme am Wettbewerb und gerechte Siegbedingungen zu ermöglichen?

Zudem ist die Natur eines Wettbewerbs an sich jene, in einen unmittelbaren Konkurrenzkampf mit anderen Wettbewerbsteilnehmern zu treten, um damit jenen Teilnehmer zu finden, der unter den gesetzten Bedienungen öffentlichkeitswirksam das beste Ergebnis erzielt.
Da Menschen verschieden sind, sind auch die Ausgangssituationen von Menschen unterschiedlichen.
Ein Wettbewerb unterstreicht die verschiedenen Fähigkeiten der Teilnehmer, woher diese Fähigkeiten auch immer stammen und vergleicht sie unter den Bedingungen des Wettbewerbs.
Es geht also entschieden nicht um Gleichheit und Gerechtigkeit im Ergebnis.

Rein logisch:
Wenn wir eine vollkommene Gleichheit durch Chancengleichheit haben, dann muss jedes Ergebnis eines Wettbewerbes auch gleich gut sein, denn ein schlechteres Ergebnis als das beste Ergebnis ist das Produkt von Ungleichheit die zu dem schlechteren Ergebnis geführt hat.

Ein gerechter Wettbewerb, der die Teilnehmer nicht durch irgendwelche Bedingungen benachteiligt ist kein Wettbewerb mehr, sondern eine zufällige Lotterie.
Was ist denn mit Menschen, die aufgrund mangelnder sozialer Kontakte nichts von dem Wettbewerb erfahren haben, sollten die nicht trotzdem gewinnen können, auch wenn sie aufgrund von Unwissen gar nicht mitgemacht haben?

Zum Glück geht es dem deutschen Buchmarkt aber so gut, dass man sich über Kosten und Nutzen von Veranstaltungen keinerlei Sorgen machen muss. Wettbewerbe haben den Zweck, das ganze Geld irgendwo zu Verpulvern, das durch die astronomischen Gewinne im Buchmarkt eingenommen wird. Der Tresor ist voll, und dass unter der Matratze auch kein Platz mehr ist, merkt man, wenn man morgens mit dem Kopf an die 6,50m hohe Zimmerdecke seines Palastes stößt.
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Maunzilla
Exposéadler


Beiträge: 2822



Beitrag11.03.2021 01:54

von Maunzilla
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Wettbewerbe sind Veranstaltungen mit Publikum und müssen dementsprechend auch vor Publikum stattfinden.
Man bekommt den Oscar oder den Nobelpreis oder die Olympia-Medaille auch nicht per Post zugeschickt.
Manche Leute können dann eben nicht teilnehmen. Wer häßlich ist, bekommt auch keinen Job als Mannequin, und wer verdruckst ist und nicht reden kann, keinen als TV-Moderator.
Häßliche Menschen verdienen weniger Geld, häßliche Kinder bekommen schlechtere Schulnoten.
Das Leben ist nicht fair. Es gibt keine Gerechtigkeit auf der Welt.


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Nina C
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 36
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Beitrag11.03.2021 04:02

von Nina C
Antworten mit Zitat

@DerAndreas
1. Überschätzt du (leider!) die Größe meines Sparschweins.
2. Bin ich nicht betroffen, kann also auch keine entsprechende Klage einreichen, mich aber sehr wohl mit Betroffenen solidarisieren.
3. Denke ich nicht, dass der erste Lösungsweg für ein Problem das Anzetteln eines Rechtsstreits sein sollte, weswegen ich Sensibilisierung für das Thema bevorzuge und
4. ist das aktuell kein „juristischer Streitfall“. Ein Schriftstellerforum als Plattform zur Diskussion eines Problems der Literaturwelt zu nutzen, halte ich nicht für völlig verkehrt. Aber da mag man anderer Meinung sein. Smile
Dass es nicht immer möglich ist, eine Betreuung für Kleinkinder über einen längeren Zeitpunkt zu organisieren, finde ich persönlich nicht sehr fadenscheinig. Was die arschigen Kollegen angeht – dafür kenne ich ausreichend Beispiele. Just vor zwei Tagen wurde ein Freund von mir, der wegen Corona in Quarantäne ist, von seinem Arbeitgeber gefragt, ob er seinen gelben Schein denn auch einreichen möchte, oder nicht doch lieber weiterarbeiten. Und manchmal sind es schlicht Engpässe (Gesundheitswesen!).
Anti-Diskriminierung soll nicht nur vor Repressalien schützen, sondern auch die Teilhabe von Menschen sichern, was eben genau der Punkt ist.

Bezüglich der Migranten: Ich habe noch nie einen Wettbewerb gesehen, der mehr als eine ladungsfähige Adresse in seinen Teilnahmebedingungen geführt hatte, die ist bei Migranten üblicherweise vorhanden.

@nebenfluss
Das ist natürlich Auslegungssache – persönlich denke ich schon, dass eine Veranstaltung halbwegs den Hauptzweck definieren sollte, ergo „Literaturpreis“ dann auch so gemeint ist. Dass da Grauzonen existieren, ist mir natürlich klar.
Es spricht auch nichts gegen Inszenierung, einfach, weil das der Teilhabeidee nicht wiederspricht (dazu unten mehr, damit ich nicht doppelt schreibe).
Alleinerziehende in Elternzeit schreiben aber vielleicht schon mal ein Stündchen ... zumal die meisten Wettbewerbe Kurzgeschichten oder Lyrik bepreisen, sodass der Aufwand überschaubar ist (und Monate vorher ausgeschrieben wird). Wenn ich aber nun alleinerziehend wäre und z. B. eine Abendveranstaltung in Berlin besuchen wollen würde, müsste ich dafür (von Tür bis wieder Tür) mindestens 24, eher 30 Stunden Betreuung einplanen. Das ist schon eine andere Hausnummer als abends mal ein Stündchen schreiben.
Ein Brief ist sicher keine schlechte Idee, ich werde es einmal vorschlagen – lohnt sich vielleicht in erster Linie für einen größeren Wettbewerb mit mehr Aufmerksamkeit. Smile

@Dr. Fusselpulli
Selbstverständlich mache ich den Veranstalter dafür verantwortlich. Auch den Kinobetreiber für seine Behindertentoiletten und den Arbeitgeber für eine Rollstuhlrampe. Wen bitte sonst? Smile Die Betroffenen selbst? Hat zwar Tradition, aber [...]
Etwas, das sich Schreib-/Literaturwettbewerb nennt, erfordert schreiben zu können. Können Analphabeten nicht, ist also ein anderes Thema. Nicht alle Eventualitäten abdecken zu können, ist eine Ausrede. Dann erklärt der o. g. Kinobetreiber also, er müsse keine Behindertentoiletten installieren, weil jemand im Pflegebett die ja doch nicht benutzen kann? Von vorneherein auf den Versuch von Inklusion zu verzichten, weil man nie alle Sonderfälle abdecken kann, ist ja wohl etwas billig. Seit wann ist bei einem Literaturwettbewerb ein unmittelbarer Konkurrenzkampf der Teilnehmer angedacht? Nicht eher ihrer Beiträge? Sonst bist du eben doch wieder beim open mic und das ist nicht dasselbe. Ebenso der ganze Gleichheits-Absatz. Literatur zu vergleichen, heißt nicht Menschen zu vergleichen. Sonst klopp in erster Linie mal Kafka & Süßkind in die Tonne – denn beide hätten sich mit Sicherheit auf keiner Bühne präsentiert (produzierten deiner Ansicht nach also auch keine hochwertige Literatur?).
Was die unglaublichen Anforderungen und gigantischen Kosten angeht – wovon reden wir denn da? Einmal kurz durchgespielt:
Stiftung XY schreibt unter die Bedingungen „Eine Anwesenheit mit persönlicher Lesung wird begrüßt, ist aber nicht notwendig. Sollte Ihnen die persönliche Teilnahme nicht möglich sein, stehen andere Optionen zur Verfügung“ oder etwas Ähnliches. Was bedeutet das für den Veranstalter?
- Er bekommt mehr, potenziell hochwertige Texte.
- Es kommen nur Autoren, die Lust auf Lesung und Co haben, was der Qualität sicher besser tut, als wenn sich der genannte Agoraphobiker mit einer doppelten Dosis Tavor hinquält. Selbst wenn wir annehmen, dass 10-20 Prozent der Bevölkerungen unter eine der Gruppen fallen, ist sehr unwahrscheinlich, dass kein Autor kommen kann.
- Der Veranstalter richtet einen Beamer samt Leinwand und Videostream ein, falls aus der Ferne gelesen werden soll. Ersteres gehört in vielen Veranstaltungsräumen sowieso zur Ausstattung, letzteres werden nach diesem Jahr wohl die meisten Menschen schaffen.
- Falls ein Anderer lesen soll, kann das ein Jurymitglied übernehmen (so gesehen bei dem Wettbewerb für psychisch erkrankte Personen, an dem die Freundin teilnahm) oder ein Schauspielstudent engagiert werden (das ist nicht kostspieliger, als z. B. die Anreise Köln-Berlin zu finanzieren!).
- Veranstalter kann ein bisschen mit seinem Integrationswillen prahlen.
Wo genau ist hier die Zumutung, das finanzielle Desaster, der Weltuntergang? Ich sehe da für niemanden überhaupt einen Nachteil.

@Maunzilla
(Literatur-)Wettbewerbe definieren sich nicht als Veranstaltung mit Publikum, ich wüsste nicht weshalb. Es gibt auch jetzt Ausnahmen (aber eben leider nur Ausnahmen), die das hinreichend belegen (Beispiel: Lions Club Hamburg Literaturwettbewerb). Und zur Möglichkeit der öffentlichen Präsentation mit Inklusion – siehe eins drüber. Smile

Zitat:
Es gibt keine Gerechtigkeit auf der Welt.

Grund genug, daran zu arbeiten. Smile

Liebe Grüße

Nina


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nebenfluss
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Beitrag11.03.2021 18:20

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Nina C hat Folgendes geschrieben:

Ein Brief ist sicher keine schlechte Idee, ich werde es einmal vorschlagen – lohnt sich vielleicht in erster Linie für einen größeren Wettbewerb mit mehr Aufmerksamkeit. Smile

Wieso das?
Ich finde, wenn man von anderen mehr Flexibilität (und entsprechende Übernahme von Kosten und Mehraufwand) fordert, sollte man selbst einfach mal machen, anstatt sich zu fragen, ob es sich überhaupt lohnt Wink
Wenn ihr wirklich was ändert wollt, sammelt ihr die E-Mail-Adressen solcher Veranstalter und schickt ihnen allen den gleichen Brief (mehr oder weniger). So viel Arbeit sollte einem die Gerechtigkeit schon wert sein.


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Dr. Fusselpulli
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Beitrag14.03.2021 17:47

von Dr. Fusselpulli
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Nina C hat Folgendes geschrieben:
[color=indigo]Literatur zu vergleichen, heißt nicht Menschen zu vergleichen.


In einem Wettbewerb treten Teilnehmer gegeneinander an. Es geht für den Verlag nicht darum festzustellen, welches literarische Werk das Beste ist, sondern darum Öffentlichkeitswirksam durch Personen auf die Literatur aufmerksam zu machen um diese zu Vermarkten.

Wenn es nur darum ginge, das beste literarische Werk zu finden, könnte ein Verlag einen Wettbewerb ausrufen, vielleicht mit einem dotierten Geldpreis und der Maßgabe dass das beste Werk später unter Vertrag genommen wird, und dann nie wieder etwas bezüglich des Wettbewerbes bekannt geben.
Persönlichkeiten wecken Interesse!

Bei einem Wettbewerb den Menschen hinter dem Werk wegzulassen, weil dieser die Öffentlichkeit scheut ist wie der Versuch, bei einem Roman die Charaktere wegzulassen, und es dann damit zu begründen, dass es schließlich um eine Geschichte geht und nicht um Personen.

Öffentlichkeit ist ein maßgeblicher Bestandteil eines Wettbewerbes dessen Ziel es ist öffentlichkeitswirksame Werbung zu betreiben.
Die Zumutung ist, dass der Wettbewerb an sich weniger Aufmerksamkeit und Interesse erweckt, wenn der Wettbewerb nicht durch die Persönlichkeiten seiner Teilnehmer getragen wird.
Für die Autoren mag ihr Werk im Mittelpunkt stehen, für den Verlag ist das nicht der Fall.
Warum glaubst du, dass ein Verlag einen Wettbewerb ausruft. Weil sie mehr Manuskripte brauchen? Glaubst du wirklich, Verlagen gehen die Geschichten aus, weil ihnen niemand mehr etwas zuschickt und jetzt rufen sie einen Wettbewerb aus, damit sie zumindest irgendwas haben, was sie drucken können?
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Gerling
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Beitrag14.03.2021 18:50

von Gerling
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Dr. Fusselpulli hat Folgendes geschrieben:

Warum glaubst du, dass ein Verlag einen Wettbewerb ausruft. Weil sie mehr Manuskripte brauchen? Glaubst du wirklich, Verlagen gehen die Geschichten aus, weil ihnen niemand mehr etwas zuschickt und jetzt rufen sie einen Wettbewerb aus, damit sie zumindest irgendwas haben, was sie drucken können?


Große und mittelgroße Publikumsverlage schreiben regelmäßig Wettbewerbe aus. Piper zum Beispiel. Zuletzt Rowohlt. Wer gewinnt, erhält einen Buchvertrag. Ist nichts ungewöhnliches. Das ist eben auch eine Methode, an neue Autoren zu kommen.


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Tag X - Bookspot Verlag (2020)
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Kopfgeld - Rowohlt Verlag (April 2022)
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Die Schuldigen - Rowohlt Verlag (Mrz 2023)
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Raven1303
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Beiträge: 540
Wohnort: NRW


Beitrag14.03.2021 23:00

von Raven1303
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Hi Zusammen,

ich habe jetzt nicht alle Antworten verfolgt, aber: "Warum sollte das Diskriminierung sein?" Es gibt sooo viele Wettbewerbe und Ausschreibungen im Web!
Ich nehme bewusst nicht an denen teil, wo ich hinterher zu einer Livevorlesung müsste. Teilweise aus Scham, teilweise weil die Örtlichkeit viel zu weit von mir entfernt ist. Das ist aber total okay für mich, da es ja noch genug andere Ausschreibung etc. gibt, wo ich nicht Öffentlich auftreten muss.
Viele veröffentlichen die Gewinner auch einfach auf der Homepage.

Bei einigen Ausschreibung darf ich hingegen nicht teilnehmen, weil sie nur für Autoren aus einer bestimmten Region sind. Das finde ich manchmal schade, wenn das Thema mich reizt. Aber selbst das würde ich nicht als Diskriminierung bezeichnen.

LG


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Taranisa
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Beitrag15.03.2021 13:17

von Taranisa
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Ich gebe Raven1303 Recht. Im Internet finden sich reichlich Kurzgeschichten-Wettbewerbe unterschiedlichster Art, ob für "nur die beste Geschichte wird wo-auch-immer vorgelesen" oder einen Platz in einer Anthologie, die letztlich viel mehr Menschen erreicht. Ich schaue, ob mich das Thema anspricht, wenn ja, lese ich mir die Voraussetzungen durch. Bin ich unter den Voraussetzungen bereit oder erfülle diese (Alter, Wohnort), schubse ich meine Muse an. Wenn nicht, durchstöbere ich entspannt das Internet nach weiteren Wettbewerben, ich muss schließlich nicht an allen teilnehmen.

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Henkersweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/18
Die Ehre des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 12/20
Spielweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/21
Das Gegengift des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 11/22
Der Stab der Seherin, Burgenwelt Verlag, Herbst 2024
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Nina C
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

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Beitrag16.03.2021 04:25

von Nina C
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@Allgemein
Ich beziehe mich hierbei wirklich auf Literatur- / Schreibwettbewerbe, normalerweise nicht von Verlagen, sondern von Medieninstituten, Unternehmen oder Stiftungen ausgelobt werden (z. B. mdr-Literaturwettbewerb, Schreibwettbewerb Prenzlauer Berg etc.) und explizit nicht auf (Anthologie-)Ausschreibungen von Verlagen (Burgenwelt, Eridanus, Torsten Low, p.Machinery etc.). Und ja, ich weiß, dass es Schnittmengen gibt. Smile

@nebenfluss
*lacht* da hast du nicht unrecht. Ich glaube mich scheute einfach das „alle“, weil ich aus naheliegenden Gründen nicht federführend bei der Angelegenheit wäre und ungern anderen viel Arbeit vorschlagen wollte. Wobei, passende Adressen/Wettbewerbe sammeln kann ich natürlich durchaus, beim Newsletter der Autorenwelt bin ich ohnehin noch angemeldet.

@Dr. Fusselpulli
Äh, nein? In einem Literaturwettbewerb treten deren Beiträge an und nicht die Teilnehmer an, oder zumindest ist das nicht inhärent. Ich zitiere eine vergangene Ausschreibung des Mdr-Literaturwettbewerbs, die sich gleichlautend auch reichlich anderswo findet:
Ausschlaggebend ist allein die Qualität des eingesandten Beitrags.
Was genau an der Anwesenheit einer Person macht diesen Beitrag nun mehr oder weniger qualitativ?
Den Vergleich

Zitat:
Bei einem Wettbewerb den Menschen hinter dem Werk wegzulassen, weil dieser die Öffentlichkeit scheut ist wie der Versuch, bei einem Roman die Charaktere wegzulassen, und es dann damit zu begründen, dass es schließlich um eine Geschichte geht und nicht um Personen.

halte ich für absurd. Charaktere sind ein essenzieller Bestandteil eines belletristischen Werks (mag Ausnahmen geben). Wenn eine Jury hingegen zehn Beiträge bekommt, kann sie ohne irgendeinen Menschen zu kennen, den besten heraussuchen. Und ein Publikum kann das bei einem fremdgelesenen Beitrag ebenso. (Also mal abgesehen davon, dass ich mich eben nicht auf Verlage bezog.) Was sollte sie daran hindern?
Marketing ist das Hauptaugenmerk? In Ordnung, ich lasse mich auf den Gedanken mal ein. Dann aber bitte Nägel mit Köpfen: Auf einer Autoshow geht es um Autos, trotzdem präsentiert niemand den Bugatti mit einer 50jährigen Matrone drauf. Und mal ehrlich, es will auch niemand alte und – Gott bewahre! – vielleicht sogar übergewichtige Männer sehen, wenn nicht gerade Rainer Calmund für Diätjoghurt wirbt. Also warum ausgerechnet an ohnehin marginalisierten Gruppen abarbeiten? Ein Literaturwettbewerb (und zwar jeder!) müsste dann etwa so aussehen:
Um unser Haus angemessen zu repräsentieren, richtet sich unsere Ausschreibung ausschließlich an weibliche Autoren zwischen 18 und 35 (Geburtsgeschlecht ist ausschlaggebend). Erwartet wird eine Körbchengröße von nicht weniger als B und ein BMI von unter 22. Dies bedeutet keinen zusätzlichen Aufwand für Sie, da die Werte veranstalterseitig vor Ort überprüft werden. Der Dresscode inkludiert Rock oder Hose oberhalb des Knies endend („Minirock“, „Hot Pants“) und ein hinreichend dekolletiertes Oberteil (hier bitte nicht sparsam sein). Mehrere den Richtlinien entsprechende Outfit-Vorschläge werden bitte spätestens 14 Tage vor Veranstaltungsbeginn via Mail eingereicht; sie werden von unserem Team ausgewählt und mit notwendigen Änderungen versehen. Um uns Aufwand zu ersparen, bitten wir Sie bei sichtbaren Entstellungen von einer Teilnahme abzusehen.
Passt so? Marketingtechnisch sehen so nun einmal relevante Werbeträger aus, hilft eben nicht. Und hey, das würde möglicherweise ganz neue, reichweitenstarke Medien auf das Thema Literatur aufmerksam machen (die Bild zum Beispiel, oder RTL II).
Wer dürfte dann noch teilnehmen? Oder wäre das dann doch diskriminierend?

@Raven1303 & Taranisa
Bei Alter und Wohnort bin ich sofort dabei, kein Thema. Aber eben genau wegen der Vielfalt und weil ich da keinen roten Faden erkenne, der bestimmte Gruppen explizit benachteiligt. Würden sich aber nun 8 von 10 Wettbewerbe ausschließlich an Husumer richten oder 7 von 10 nur an Männer zwischen 60 und 65, sähe ich das aber auch hier anders. Bei Literaturausschreibungen sehe ich da eben einen extrem Überhang in Richtung „nur wer herkommen kann, darf mitmachen“ und das wird imho einer gleichberechtigten und tatsächlich auf Literatur bezogenen Veranstaltung nicht gerecht (zumal es wie geschildert ausreichend Möglichkeiten gibt, das anders und trotzdem interessant zu gestalten).

Alles Liebe

Nina


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Raven1303
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Alter: 41
Beiträge: 540
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Beitrag16.03.2021 08:13

von Raven1303
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Zitat:

@Raven1303 & Taranisa
Bei Alter und Wohnort bin ich sofort dabei, kein Thema. Aber eben genau wegen der Vielfalt und weil ich da keinen roten Faden erkenne, der bestimmte Gruppen explizit benachteiligt. Würden sich aber nun 8 von 10 Wettbewerbe ausschließlich an Husumer richten oder 7 von 10 nur an Männer zwischen 60 und 65, sähe ich das aber auch hier anders. Bei Literaturausschreibungen sehe ich da eben einen extrem Überhang in Richtung „nur wer herkommen kann, darf mitmachen“ und das wird imho einer gleichberechtigten und tatsächlich auf Literatur bezogenen Veranstaltung nicht gerecht (zumal es wie geschildert ausreichend Möglichkeiten gibt, das anders und trotzdem interessant zu gestalten).


Tatsächlich? Ich schaue eigentlich auch recht oft nach Ausschreibungen und hätte gefühlsmäßig jetzt gesagt, dass es mehr OHNE Anwesenheit gibt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mich alles ohne eine angestrebte Printanthologie sowieso nicht interessiert.


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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4294

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
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Beitrag16.03.2021 10:15

von hobbes
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Ich wollte jetzt mal spontan eine Erhebung machen, wie das bei den letzten 10 Wettbewerben war, an denen ich teilgenommen habe. Na ja, ich bin gescheitert, das ist zum Teil nämlich gar nicht mehr nachvollziehbar, weil die längst beendet sind und der Ausschreibungstext mit den Bedingungen nicht mehr zu finden ist (3 von 10). Bei 2 von 10 muss man nicht persönlich erscheinen. Bei den anderen (5 von 10) wird man in jedem Fall zur Preisverleihung eingeladen. Und dann wird es ein bisschen schwammig.
Bei 2 von diesen 5 würde ich spontan rauslesen, dass man Pech gehabt hat und tatsächlich keinen Preis bekommt, wenn man nicht persönlich kommt. Vielleicht würde ich mir aber auch denken: Joah, das ist ein bisschen schwammig formuliert, ich lasse es einfach darauf ankommen und wenn sie mich tatsächlich auswählen, haben sie hoffentlich Verständnis für meine Gründe, nicht zu kommen.
Bei den anderen 3en habe ich spontan nicht herausgelesen, dass es irgendwelche Konsequenzen hätte, wenn ich nicht persönlich bei der Preisverleihung auftauchen würde. Da würde ich dann einfach davon ausgehen, das man das irgendwie geregelt bekommt.
Aber eventuell hat deine Freundin mit so etwas ja schon mal schlechte Erfahrungen gemacht und es wurde keine Lösung gefunden.
Die andere Seite ist, dass die Veranstalter zum Teil mit so Sachen werben wie "Literatur erleben/erfahrbar machen/in die Welt hinaustragen" und die Preisverleihung eben Teil davon ist, ein Erlebnis sein soll. Die Lesung der Siegertexte als Teil des Veranstaltungskonzepts. Klar, dann könnte man auch noch eine Lösung finden, jemanden, der anstelle der Autorin liest, beispielsweise, aber das bedeutet dann auch wieder mehr Aufwand, zumindest, wenn die Veranstalter denjenigen organisieren müssten. Auch schlecht: meist muss man auf eigene Kosten anreisen, das ist dann auch wieder fragwürdig. Wobei ich auch da die "andere Seite" verstehe, was, wenn du schreibst, du erstattest die Reisekosten und plötzlich gewinnt einer, der aus Brasilien anreisen müsste. Gut, wird jetzt nicht so oft vorkommen. Und eventuell auch hier: Wenn man es sich wirklich nicht leisten kann, findet sich vielleicht auch ein anderer Weg.
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DerAndreas
Leseratte
D


Beiträge: 189



D
Beitrag16.03.2021 12:15

von DerAndreas
Antworten mit Zitat

Zitat:
@DerAndreas
1. Überschätzt du (leider!) die Größe meines Sparschweins.

Ich überschätze gar nichts. Das wäre nicht der Erste Prinzipienprozess, der auf Basis von Spenden geführt worden wäre. Die Frage ist einzig und alleine, für wie relevant du das Thema hällst, und ob du glaubst, dass es genug Leute umtreibt, die dein Anliegen auch unterstützen.
Wenn die Anzahl der Menschen, die sich deskriminiert fühlen, weil sie aufgrund ihres eigenen Unwillens eine Kinderbetreuung zu organisieren, nicht an einem Schreibwettbewerb teilnehmen können, in relevanten Größenordnungen liegen, sollte es kein Problem sein, das Geld für einen Prozess zusammen zu bekommen.
So funktioniert ein Rechtsstaat nunmal.

Zitat:
2. Bin ich nicht betroffen, kann also auch keine entsprechende Klage einreichen, mich aber sehr wohl mit Betroffenen solidarisieren.

Da es mir wenig sinnvoll erscheint, sich mit einer nur hypothetisch existierenden Gruppe von Menschen solidarisieren zu wollen, gehe ich davon aus, das du zumindest einen Menschen (oder eine Menschin) kennst, die von dem Problem betroffen ist. Die könnte es.

Zitat:
3. Denke ich nicht, dass der erste Lösungsweg für ein Problem das Anzetteln eines Rechtsstreits sein sollte, weswegen ich Sensibilisierung für das Thema bevorzuge und

Nichts für ungut, aber dieser Modebegriff "Sensibilisierung" klingt für mich immer nach "Irgendjemand sollte mal was dagegen tun, aber ich bin es nicht".

Zitat:
4. ist das aktuell kein „juristischer Streitfall“. Ein Schriftstellerforum als Plattform zur Diskussion eines Problems der Literaturwelt zu nutzen, halte ich nicht für völlig verkehrt. Aber da mag man anderer Meinung sein. Smile

Absolut. Aber ich lehne mich mal so weit aus dem Fenster, und sage, dass "Diskutieren in einem Onlineforum" noch nie irgendwas an einem real existierenden Problem in der Welt verändert hat. Foren dienen dem Meinungs-. und Informationsaustausch. Kämpfe werden immer noch in der Realen Welt geschlagen.
Wenn du also ein soziales Problem witterst und die Maßnahme deiner Wahl darin besteht, alleine und ohne Rückdeckung in einem Online-Forum deine Meinung kund zu tun, dann musst du dir natürlich auch die Frage gefallen lassen, wie ernst du selber das ganze nimmst.
Nimmt dir ein Beispiel an der lütten Thurnberg. Die hat ihren Protest damit begonnen, dass sie den Schulbesuch verweigert hat um Aufmerksamkeit zu kriegen. Das bringt immer auch ein gewisses Risiko und Konsequenzen mit sich, das ist klar. Aber nur so bekommt man Aufmerksamkeit. Hätte sie auf irgend einem Webforum gegen Shell und Esso gestänkert, hätte da nie jemand Notiz von genommen.

Zitat:
Dass es nicht immer möglich ist, eine Betreuung für Kleinkinder über einen längeren Zeitpunkt zu organisieren, finde ich persönlich nicht sehr fadenscheinig.

Ich bin früher regelmäßig zwischen Niedersachsen und Baden-Würtemberg gependelt. Die Reisezeit mit dem ICE beträgt je nach Route zwischen 3 und 4 Stunden pro Weg. Die Fahrtzeit von Niedersachsen nach Berlin beträgt etwa 1,5 Stunden. In beiden Fällen ist Morgens um 8:00 Uhr los, Abends um 8:00 Uhr zurück eine realistische Zeitspanne. Die Kids für diese Zeit bei Muttern oder irgend einem Nachbarn unterzubringen, sollte absolut möglich sein. Vor allem, wenn der Termin vorab bekannt ist.
Wo genau willst du an einem Schreibwettbewerb teilnehmen? Auf dem Titan?

Zitat:
Was die arschigen Kollegen angeht – dafür kenne ich ausreichend Beispiele. Just vor zwei Tagen wurde ein Freund von mir, der wegen Corona in Quarantäne ist, von seinem Arbeitgeber gefragt, ob er seinen gelben Schein denn auch einreichen möchte, oder nicht doch lieber weiterarbeiten. Und manchmal sind es schlicht Engpässe (Gesundheitswesen!).

Ich verstehe dass Problem nicht. Es gibt in Deutschland die Pflicht dazu, den gelben schein innerhalb von 72 Stunden beim Arbeitgeber einzureichen. Das der AG nach 2 Tagen ohne Schein mal nachfragt, wo der den Bleibt, ist absolut verständlich. Der Schein nicht Fristgerecht einzureichen, kann sogar ein Kündigungsgrund sein. Quarantäne, oder nicht. Notfalls macht man ein Foto von dem Schein und schickt es per WhatsApp oder EMail.
Aber einfach zu behaupten, man stünde unter Quarantäne, und dann zwei Wochen zuhause bleiben kann schließlich jeder.

Zitat:
Anti-Diskriminierung soll nicht nur vor Repressalien schützen, sondern auch die Teilhabe von Menschen sichern, was eben genau der Punkt ist.

Nein. Sie soll die Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben sicherstellen. Aber mit Gewinnabsicht an einem Wettbewerb teilzunehmen gehört da sicherlich nicht zu. Sonst berufe ich mich demnächst auch auf das Anrecht zur Teilhabe und fordere, dass der Staat mir ein Jahreslos zum Lotto-Spielen stellt. Immerhin fühle ich mich diskriminiert, wenn ich kein Lotto spielen kann, nur weil ich keine Lust habe, mir selber ein Los zu kaufen.
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nebenfluss
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Beitrag16.03.2021 14:20

von nebenfluss
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Ich wollte jetzt mal spontan eine Erhebung machen, wie das bei den letzten 10 Wettbewerben war, an denen ich teilgenommen habe. Na ja, ich bin gescheitert, das ist zum Teil nämlich gar nicht mehr nachvollziehbar, weil die längst beendet sind und der Ausschreibungstext mit den Bedingungen nicht mehr zu finden ist (3 von 10). Bei 2 von 10 muss man nicht persönlich erscheinen. Bei den anderen (5 von 10) wird man in jedem Fall zur Preisverleihung eingeladen. Und dann wird es ein bisschen schwammig.
Bei 2 von diesen 5 würde ich spontan rauslesen, dass man Pech gehabt hat und tatsächlich keinen Preis bekommt, wenn man nicht persönlich kommt.


Da stellt sich mir die Frage, ob die Anwesenheit denn unter den Teilnahmebedingungen aufgeführt wird, oder nur sonstwo in der Wettbewerbsbeschreibung steht. Natürlich kann man eine Formulierung wie "wird vorausgesetzt" als zusätzliche Bedingung interpretieren, aber es kann m. E. kein nachträglicher Disqualifizierungsgrund für einen prämierten Text sein. Und zwar allein schon deshalb, weil jeder krank werden kann. Oder, mal ganz pietätlos gefragt: Bekommt jemand einen Preis aberkannt, weil er zwischen Einreichung des Textes und Preisverleihung verstorben ist?

Wenn solche Fälle (Disqualifizierung wegen begründeter Nichtanwesenheit) nachweislich vorkommen, womöglich sogar strukturell, fände ich den Vorwurf der Diskriminierung berechtigt, und würde mich auch nicht scheuen, mal Bob Dylan ins Spiel zu bringen.
Aber dafür müssten eben entsprechende Fakten auf den Tisch.

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Bei 2 von diesen 5 würde ich spontan rauslesen, dass man Pech gehabt hat und tatsächlich keinen Preis bekommt, wenn man nicht persönlich kommt. Vielleicht würde ich mir aber auch denken: Joah, das ist ein bisschen schwammig formuliert, ich lasse es einfach darauf ankommen und wenn sie mich tatsächlich auswählen, haben sie hoffentlich Verständnis für meine Gründe, nicht zu kommen.
Bei den anderen 3en habe ich spontan nicht herausgelesen, dass es irgendwelche Konsequenzen hätte, wenn ich nicht persönlich bei der Preisverleihung auftauchen würde. Da würde ich dann einfach davon ausgehen, das man das irgendwie geregelt bekommt.

Das wäre auch meine Lesart/Vorgehensweise.
Man kann zwar auch im Vorfeld anfragen, dann kriegt man wahrscheinlich zu hören: Schicken Sie doch einfach mal ihren Text; wenn der tatsächlich in die letzte Runde kommt, sehen wir weiter.
Oder man geht gleich davon aus, schickt einfach Verstecken einen verdammt guten Beitrag hin, und rückt gegebenenfalls nach der Glückwunschnachricht damit raus, dass man nicht anreisen kann und sie einem bitte die Teilnahme per Video ermöglichen sollen. Solange man grundsätzlich bereit und in der Lage ist, bei der Sache mitzumachen (sich ins Gespräch zu begeben, seinen Text vorzulesen), ist der Fall damit erledigt. Kann natürlich unter psychisch kranken oder anderweitig stark eingeschränkten Autoren welche geben, die auch das nicht garantieren können, aber das muss dann eh individuell geklärt werden. Sachpreise kann man jedenfalls auch per Post verschicken.

Wie gesagt: Wenn die tatsächliche oder vermeintliche Bedingung der physischen Präsenz Leute vom Teilnehmen abhält, kann man die Veranstaltenden darauf hinweisen, doch bitte eine Video-Teilnahme zu ermöglichen.
Ich könnte aber e. g. auch verstehen, wenn Veranstalter das nicht im Vorhinein anbieten wollen, weil sie befürchten, dass dann die Hälfte der Eingeladenen lieber mit dem Notebook auf dem Sofa hocken bleibt.
Also, falls das so ist, fände ich es einen Verlust, mir gehen diese ganzen coronabedingten Videokonferenzen gerade sowieso schon sehr auf die Nerven, und  eine Reise zu einer Literaturpreisverleihung wäre gerade ein echtes Highlight im Leben (ganz egal, ob ich oder jemand anders geehrt wird).


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hobbes
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Beitrag16.03.2021 14:57

von hobbes
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Na ja, du gehst jetzt davon aus, dass die Preise schon vorher vergeben wurden, also vor der Preisverleihung. Manchmal ist es aber so, dass z.B. x Shortlistleute eingeladen werden, vor Ort lesen und dann erst werden die Preise verteilt. Gerade wenn z.B. auch ein Publikumspreis verliehen wird, geht das ja eigentlich auch gar nicht anders (abgesehen davon, dass natürlich jemand anderes den Text vorlesen könnte).

Bei der Gruppe 48 hört sich das dann z.B. so an (fett von mir):
Zitat:
2. Beim unserem Literaturwettbewerb 2021 lesen die acht ausgewählten Autoren auf einer am Sonntag, den 12.09.2021 von 10.30 - ca. 17.00 Uhr stattfindenden öffentlichen Wettbewerbsveranstaltung in Rösrath, Schloss Eulenbroich, persönlich ihren Text. Für jede Lesung stehen max. 20 Minuten zur Verfügung. Lesung und anschließende Textdiskussion einschl. Publikum dürfen je Autor 30 Minuten nicht überschreiten. Bei Nichtanwesenheit des Autors oder verspäteter Ankunft verfällt das Jury-Votum. Ersatzkandidaten werden nicht benannt.

Bzw. gleich so:
Zitat:
6. Die Höhe des Preisgeldes beträgt insgesamt 12.000 €. Voraussetzung für die Preis- bzw. Preisgeldvergabe ist die Anwesenheit der/die Kandidatin/en am 12.09.2021 bei der Wettbewerbsveranstaltung.

Letzteres habe ich vorhin überlesen, von daher ist meine "Statistik" direkt wieder falsch, bei mindestens 1 vom 10 muss man persönlich da sein, sonst: Pech.

Aber na ja, das ist eh ein sehr spezieller Wettbewerb, finde ich. Also, was die Regeln betrifft. Senden Sie den Text bitte in 18facher Ausführung mit goldenen Büroklammern 13mm vom linken, oberen Rand geheftet auf rosafarbenen Büttenpapier (RAL 3033) in einem blassgrünen (RAL 6021) A4-Umschlag an folgende Adresse ... Ach ja, eine Teilnahmegebühr muss man natürlich auch entrichten.

Aber mei, immerhin gibt es dann auch ordentlich was zu gewinnen.

Eine Preisverleihung, so richtig mit vor Ort und Menschen treffen, hach. Ich wär dabei. *seufz*
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Beitrag16.03.2021 16:31

von nebenfluss
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Na ja, du gehst jetzt davon aus, dass die Preise schon vorher vergeben wurden, also vor der Preisverleihung. Manchmal ist es aber so, dass z.B. x Shortlistleute eingeladen werden, vor Ort lesen und dann erst werden die Preise verteilt. Gerade wenn z.B. auch ein Publikumspreis verliehen wird, geht das ja eigentlich auch gar nicht anders (abgesehen davon, dass natürlich jemand anderes den Text vorlesen könnte).

Nein, das war mir schon klar. Ob nun ein bereits vergebener Preis aberkannt wird oder man faktisch von der Shortlist gestrichen wird - die Wirkung einer Disqualifizierung hätte beides.

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Bei der Gruppe 48 hört sich das dann z.B. so an (fett von mir):
Zitat:
2. Beim unserem Literaturwettbewerb 2021 lesen die acht ausgewählten Autoren auf einer am Sonntag, den 12.09.2021 von 10.30 - ca. 17.00 Uhr stattfindenden öffentlichen Wettbewerbsveranstaltung in Rösrath, Schloss Eulenbroich, persönlich ihren Text. Für jede Lesung stehen max. 20 Minuten zur Verfügung. Lesung und anschließende Textdiskussion einschl. Publikum dürfen je Autor 30 Minuten nicht überschreiten. Bei Nichtanwesenheit des Autors oder verspäteter Ankunft verfällt das Jury-Votum. Ersatzkandidaten werden nicht benannt.

Bzw. gleich so:
Zitat:
6. Die Höhe des Preisgeldes beträgt insgesamt 12.000 €. Voraussetzung für die Preis- bzw. Preisgeldvergabe ist die Anwesenheit der/die Kandidatin/en am 12.09.2021 bei der Wettbewerbsveranstaltung.

Letzteres habe ich vorhin überlesen, von daher ist meine "Statistik" direkt wieder falsch, bei mindestens 1 vom 10 muss man persönlich da sein, sonst: Pech.

Oha. Nein, das lädt wirklich nicht dazu ein, von Kulanz auszugehen, wenn es mit der Anwesenheit nicht klappt. So eindeutig ist mir das bisher nicht untergekommen.

Oder ich habe es überlesen, weil ich so eine Rampensau bin ...


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Nina C
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Beitrag18.03.2021 07:03

von Nina C
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@Raven1303
Ja, bei Ausschreibungen (Verlagsanthologie) kenne ich das auch nur ohne Anwesenheit (nehme ich selbst gerne dran teil Smile ), bei Literaturwettbewerben selten.

@hobbes
Das mit der Erhebung fand ich ebenfalls schwierig, gerade weil 2020 sowieso alles anders war (das kann ich nur gerade nicht unbedingt als Inklusion interpretieren). Beim Mdr und dem Prenzlauer Berg hatte ich die Texte zufällig noch da, letzteren hatte ich btw. auch vor zwei oder drei Jahren gefragt, ob sich das im Fall einer chronischen Krankheit nicht anders regeln ließe. Die Antwort war ein deutliches Nein.
(Der hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Literaturpreis_Prenzlauer_Berg)
Grundsätzlich gebe ich dir recht – es lassen sich andere Wege finden. Und ich denke, dass sich auch mit einem Schauspielstudenten oder per Videostream (jeweils ergänzend, für wenn es eben nötig ist, nicht ersetzend!) interessante Abende erreichen lassen. Ich habe nur nicht den Eindruck, dass das gewollt ist. Oder anders ausgedrückt, habe ich noch keinen Wettbewerb erlebt (und hier ist meine Erfahrung zugegebenermaßen begrenzt!), bei dem Teilnehmer abwesend waren und auf genannte Weise „ersetzt“ wurden – eben weil ihnen die Anwesenheit aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht möglich war. Das lässt für mich nur drei Möglichkeiten zu.
1. Oben genannte Gruppen schreiben nicht (halte ich für eher unrealistisch).
2. Es wird seitens dieser angefragt, aber nicht ermöglicht (wie bei dem, bei dem ich fragte).
3. Es erweckt für Betroffene den Anschein nicht willkommen zu sein, also wird sich gar nicht erst beworben.
Die letzten beiden finde ich deprimierend.

@DerAndreas

Zitat:
auf Basis von Spenden geführt

Genau. Grundgesicherte, Alleinerziehende, chronisch Kranke [...] sind genau die Gruppen, die am Monatsende Geld für Spenden haben und nicht in erheblichen Teilen froh sind, wenn das Budget für warme Mahlzeit UND Shampoo reicht.
Zitat:
ihres eigenen Unwillens eine Kinderbetreuung zu organisieren

Wer kennt sie nicht, die unwilligen Alleinerziehenden, die einfach keine Betreuung organisieren – lass ich mal so stehen. Rolling Eyes
Zitat:
dieser Modebegriff "Sensibilisierung" klingt für mich

Das ist mir jetzt spontan relativ wumpe, wie das denn so klingen mag, das gibt es definiert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sensibilisierung_%28Psychologie%29
Zitat:
alleine und ohne Rückdeckung in einem Online-Forum deine Meinung kund zu tun, dann musst du dir natürlich auch die Frage gefallen lassen, wie ernst du selber das ganze nimmst

Mir war vorher nicht bekannt, dass ich Rückendeckung benötige. Was das Ernstnehmen betrifft: Es gibt nicht alles oder nichts. Ich kann gegen Walfang sein, obwohl ich kein Wal bin und auch nicht die Fähigkeiten habe auf einem umgerüsteten Kutter japanische Schiffe mit Farben zu bewerfen, sondern vielleicht doch nur eine Petition unterschreibe.
Zitat:
Nimmt dir ein Beispiel an der lütten Thurnberg

Die FFF-Bewegung funktioniert exakt, weil Frau Thunberg hinreichend Menschen für das Thema Klimaschutz sensibilisiert hat, und das schockierenderweise überwiegend im Internet und nicht im „realen Leben“. Und die haben übrigens auch nicht als „Erstschlag“ mit einer Klage reagiert, sondern zunächst andere Wege gesucht.
Zitat:
Ich bin früher regelmäßig zwischen Niedersachsen und Baden-Würtemberg gependelt.

Und dabei hast du ganz allein ein Kind großgezogen? Chapeau! Ab davon erachte ich das Argument als sinnlos, so wie ich jede Argumentation auf alleiniger Basis von „Ich habe das gekonnt, also kann das auch jeder andere“ als sinnlos erachte.
Zum konkreten Beispiel: Ich wohne in Köln und damit ohnehin relativ zentral. Von Tür zu Tür (Haustür – Wettbewerb), inklusive kurz ausruhen, umziehen und etwas früher da sein bräuchte ich sieben Stunden zum berliner Beispielwettbewerb (ich drösel dir das auf Wunsch gerne in genaue Zahlen auf ...). Nehmen wir den Wettbewerb als Samstagabend-Veranstaltung von 20-23 Uhr, fahre ich also um spätestens 13 Uhr los. Der erste ICE, den ich nach Ende erreichen kann, fährt um 00:20 und braucht 6:37 Stunden. Bis zur Haustür brauche ich noch etwas, ich wäre gegen acht Uhr zuhause. Das sind 18 Stunden über Nacht, ohne wirklich Schlaf (es ist kein Schlafabteil) und das auch nur, wenn alles perfekt läuft. Klar, kein Problem für die hypothetischen Nachbarn.

Zitat:
beim Arbeitgeber einzureichen

Das hast du missverstanden. Er hat ihn nicht aufgefordert, ihn einzureichen, sondern ihn verschwinden zu lassen und / oder in Homeoffice weiterzuarbeiten. (Ja, so etwas passiert, nein, es gibt keine Zeugen – der Chef ist nicht bescheuert, nein, es gibt keinen Betriebsrat – das Unternehmen ist zu klein und nein, er kann nicht mal eben während Corona den Job schmeißen.)
Zitat:
Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben sicherstellen.

Kultur gehört zum gesellschaftlichen Leben, so auch Literaturwettbewerbe. Ich sehe da noch keinen fundierten Grund, wie sich das von der Behindertentoilette im Kino unterscheidet.
Zitat:
fühle ich mich diskriminiert, wenn ich kein Lotto spielen kann, nur weil ich keine Lust habe

Du darfst Lotto spielen (und gewinnen), wenn du mit MS im Bett liegst und bekommst den Gewinn auch nicht aberkannt, wenn du ihn nicht persönlich abholen kannst. Für die genannten Literaturwettbewerbe gilt das nicht. Unterschied nachvollziehbar?

@nebenfluss
Also ich kann nur für die genannten Wettbewerbe sprechen und ja, da würde der Preis aberkannt oder erst vor Ort vergeben. Aber ja, natürlich müsste man das im Grunde jeweils einzeln erfragen – also wie genau das gemeint ist. Das finde ich aber auch nicht ganz unproblematisch: (Fast) niemand schreibt mehr eine Stellenanzeige à la „wir suchen einen Mann für unsere IT-Abteilung“, in der Annahme, dass Frauen schon irgendwie darauf kommen, dass sie sich auch bewerben können oder das zur Not eben einfordern. Klar könnten sie das, aber ob es passiert? Allein schon aufgrund der vermuteten Unternehmenskultur? An der Stelle würde ich mir einfach wünschen, dass von vorneherein klar ist, dass alle gemeint sind und im Zweifelsfall eben eine kreative Lösung gefunden wird. Smile

Liebe Grüße

Nina


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hobbes
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Beitrag18.03.2021 10:37

von hobbes
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Nina C hat Folgendes geschrieben:
Oder anders ausgedrückt, habe ich noch keinen Wettbewerb erlebt (und hier ist meine Erfahrung zugegebenermaßen begrenzt!), bei dem Teilnehmer abwesend waren und auf genannte Weise „ersetzt“ wurden – eben weil ihnen die Anwesenheit aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht möglich war.

Mir fallen spontan zwei Wettbewerbe ein, bei denen nicht die Autor:innen lesen. Das ist einmal der Putlitzer Preis, bei dem wird das örtliche Gymnasium miteingebunden, deren Schüler:innen die Texte vorlesen.
Und den Münchner Menüpreis (habe nur eine alte Ausschreibung gefunden: *klick*), da lesen Schauspieler:innen.
Ich weiß allerdings bei beiden nicht, was passiert, wenn die Autor:innnen nicht selbst dabei sein können/wollen.
Eventuell haben Veranstalter:innen das auch einfach nicht auf dem Schirm, also die Option, dass die Autor:innen einfach gar nicht kommen wollen? Es ist ja nicht nur die Preisverleihung selbst oder das Lesen des Textes, ich ginge da zum Beispiel auch hauptsächlich deshalb hin, um andere Schreibende zu treffen und mit denen übers Schreiben zu reden.

Nina C hat Folgendes geschrieben:
Das lässt für mich nur drei Möglichkeiten zu.
1. Oben genannte Gruppen schreiben nicht (halte ich für eher unrealistisch).
2. Es wird seitens dieser angefragt, aber nicht ermöglicht (wie bei dem, bei dem ich fragte).
3. Es erweckt für Betroffene den Anschein nicht willkommen zu sein, also wird sich gar nicht erst beworben.
Die letzten beiden finde ich deprimierend.

Das ist wirklich deprimierend. Vor allem, ist es ja für uns, für die das kein Problem darstellt, viel leichter gesagt, dass man es darauf ankommen lassen und nachfragen kann. Ich würde aber vermuten, dass das mit z.B. einer chronischen Krankheit viel schwerer ist, weil man einfach müde und mürbe des ständigen Nachfragens und/oder der Reaktionen darauf ist.
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DerAndreas
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Beitrag18.03.2021 11:31

von DerAndreas
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Zitat:
Genau. Grundgesicherte, Alleinerziehende, chronisch Kranke [...] sind genau die Gruppen, die am Monatsende Geld für Spenden haben und nicht in erheblichen Teilen froh sind, wenn das Budget für warme Mahlzeit UND Shampoo reicht.

Ich glaube langsam, du WILLST mich unbedingt falsch verstehen, kann das sein? Es geht nicht darum, Spenden von irgendwelchen Rentnern abzugreifen. Spenden kommen oft nicht von betroffenen, sondern von Leuten wie dir, die einen Missstand sehen, und sich damit solidarisieren. Aber solche Leute müssen deine Meinung nicht nur teilen sondern dir auch das Vertrauen schenken, dass du durchziehst, was du anfängst. Und ein aus dem Affekt heraus erstellter "Stänkerfaden" in einem Online-Forum wirkt nicht wirklich seriös, you know?

Zitat:
Wer kennt sie nicht, die unwilligen Alleinerziehenden, die einfach keine Betreuung organisieren – lass ich mal so stehen. Rolling Eyes

Ernsthaft Nina, ich kann dir nicht mehr folgen. Wir reden hier über Literaturwettbewerbe mit echter, öffentlicher Preisverleihung und/oder einer Lesung vor Branchenvertretern. Das ist für einen Schriftsteller ein Meilenstein wie der Achtzehnten Geburtstag, oder die erste Hochzeit. Sowas kann (nicht muss) einer Karriere ein gutes Momentum geben, wenn es klug genutzt wird. Sowas bringt Leute, Kritiker und Journalisten dazu, deinen Namen zu Googlen und auf Amazon nach Veröffentlichungen von dir zu suchen. Stell dir vor, von dir geistert irgendwo ein Bild durchs Netz, wo dich ein Journalist dabei fotografiert hat, wie dem Verlagschef XY die Hand schüttelst. Sowas kannst du später in deine Vita schreiben!
Das ist nicht irgend ein blödes Grillfest bei Freunden, zu dem man geht, oder auch nicht. Und du willst mir wirklich erzählen, dass es Leute gibt, die darauf verzichten, nur weil sie angeblich niemanden kennen, der ihre Kinder für ein paar Stunden übernimmt, damit sie an einer derart prestigeträchtigen Veranstaltung teilnehmen können?
Irgendwie weiß ich grade echt nicht, ob ich über diese Aussage Lachen oder weinen soll. "Tut mir leid Schatz. Ich würde dich echt gerne Heiraten, aber ich kann nicht, weil ich niemanden finde, der auf die Kinder aufpasst." Ja ne, is' klar.
Wenn wirklich ein bescheinig bare psychische Erkrankung vorliegt, die eine Anwesenheit ausschließt, DANN kannst du im Einzelfall immer noch anfragen, ob man nicht per Telepräsenz dazugeschaltet werden kann. Hat deine Freundin das schonmal versucht?
Stattdessen gleich das ganze Konzept in Frage zu stellen, nur weil jemand schüchtern ist, oder weil es eine Herausforderung darstellt, eine Kinderbetreuung zu organisieren ist doch ziemlich gewagt.

Zitat:
Das ist mir jetzt spontan relativ wumpe, wie das denn so klingen mag, das gibt es definiert:

Das es das gibt, habe ich nicht in Frage gestellt. Aber wenn dieses Wort im politischen Kontext verwendet wird, steht es eben üblicherweise für das vorspielen von politischem Aktionismus, weil man zumindest vorgibt was tun und reden nichts kostet.

Zitat:
Mir war vorher nicht bekannt, dass ich Rückendeckung benötige. Was das Ernstnehmen betrifft: Es gibt nicht alles oder nichts. Ich kann gegen Walfang sein, obwohl ich kein Wal bin und auch nicht die Fähigkeiten habe auf einem umgerüsteten Kutter japanische Schiffe mit Farben zu bewerfen, sondern vielleicht doch nur eine Petition unterschreibe.

Irgendwo dagegen sein, kannst du so viel, wie du willst. Durch reden alleine führt man aber keine Änderung herbei. Eine Änderung resultiert nur dann aus einem Gespräch, wenn sich auf beiden Seiten eine Konsequenz daraus ergibt. Und das ist in einer anonymen Online-Umgebung eben nicht zu erwarten. Vor allem, da deine "Gegenseite", nämlich die Verlagshäuser, hier wohl tendenziell eher nicht anzutreffen sind.
Ich habe wirklich großen Respekt vor Leuten, die aus Zivilcourage aufstehen, und gegen ein Problem antreten, dass sie sehen. Auch dann, wenn ich diese Ansicht selber nicht teile. Aber eben nicht vor Leuten, die versuchen, so lange über ein Problem zu reden, bis es sich von alleine Löst. Und ich hatte deinen Eröffnungspost so verstanden, als wolltest du etwas ändern, oder das zumindest versuchen. Mea Culpa, wenn ich dich da missverstanden habe, und du dir nur den Frust von der Seele reden willst. Dafür ist das Internet natürlich genau der richtige Ort. wink
Zum Thema ernst nehmen. Ich finde es witzig, dass du hier und jetzt, wo ich dir Paroli biete, mit der Idee des Unterschreibens einer Petition um die Ecke kommst. Gegenbemerkung: Warum bist du denn dann nicht "Die eine", die die Petition beginnt? Verfass eine ordentliche These mit den Dingen, die du erreichen willst und hol dir die ersten 100 oder 200 Unterschriften bei Literaturclubs, Freunden oder Bekannten, die du schon im Reallife überzeugt hast? Dann kannst du im Internet weitere Unterstützer suchen. Dann würde man zumindest sehen, dass du engagiert bist und dir Gedanken gemacht hast. Dann hättest du auch meine Unterschrift bekommen und vielleicht sogar einen Obolus für den Zug vor Gericht. Aber einfach "Ei-Ei" machen, weil du etwas gefunden hast, worüber du schimpfen möchtest führt doch zu nix, oder?
Das ist es, wovon ich die ganze Zeit rede. Reallife => Internet.

Zitat:
Die FFF-Bewegung funktioniert exakt, weil Frau Thunberg hinreichend Menschen für das Thema Klimaschutz sensibilisiert hat, und das schockierenderweise überwiegend im Internet und nicht im „realen Leben“. Und die haben übrigens auch nicht als „Erstschlag“ mit einer Klage reagiert, sondern zunächst andere Wege gesucht

Diese Bewegung hat aber nicht im Internet angefangen, sondern damit, dass sich Frau Thurnberg ganz gezielt einer Straftat schuldig gemacht hat, indem sie wiederholt den Schulbesuch verweigert hat, und damit zuerst die lokale, später die nationale und noch später die Internationale Presse auf sich aufmerksam gemacht hat. Klar, organisiert sich die FFF Bewegung überwiegend durch das Internet. Aber sie hat dort nicht angefangen. Angefangen hat sie durch ein Mädchen, das im RL den Rechtsstaat herausgefordert hat um Aufmerksamkeit für ihre Idee zu bekommen. Das daraus kein Gerichtsverfahren geworden ist, war pures Glück. Denn den Schulbesuch zu verweigern IST eine Straftat und hätte Thurnbergs Eltern ganz schön übel treffen können.
Ein Kampf inkludiert immer das Risiko, schmerzhaft zu scheitern, und wenn dieses Scheitern nur im Risiko besteht, das Geld zu verlieren, das für einen Prozess nötig ist. Wer einen Kampf führen will, ohne selber ein Risiko einzugehen, der verändert nichts. Der redet nur.

Zitat:
Und dabei hast du ganz allein ein Kind großgezogen? Chapeau! Ab davon erachte ich das Argument als sinnlos, so wie ich jede Argumentation auf alleiniger Basis von „Ich habe das gekonnt, also kann das auch jeder andere“ als sinnlos erachte.
Zum konkreten Beispiel: Ich wohne in Köln und damit ohnehin relativ zentral. Von Tür zu Tür (Haustür – Wettbewerb), inklusive kurz ausruhen, umziehen und etwas früher da sein bräuchte ich sieben Stunden zum berliner Beispielwettbewerb (ich drösel dir das auf Wunsch gerne in genaue Zahlen auf ...). Nehmen wir den Wettbewerb als Samstagabend-Veranstaltung von 20-23 Uhr, fahre ich also um spätestens 13 Uhr los. Der erste ICE, den ich nach Ende erreichen kann, fährt um 00:20 und braucht 6:37 Stunden. Bis zur Haustür brauche ich noch etwas, ich wäre gegen acht Uhr zuhause. Das sind 18 Stunden über Nacht, ohne wirklich Schlaf (es ist kein Schlafabteil) und das auch nur, wenn alles perfekt läuft. Klar, kein Problem für die hypothetischen Nachbarn.

Ich sage es gerne noch mal. Wir reden hier nicht von einem Job, für den du jeden Tag von Köln nach Berlin fährst, sondern von der CHANCE auf EIN Erlebnis, die sich dir wahrscheinlich nur ein einziges Mal im Leben bietet, und den meisten Menschen niemals. Und du willst mir ernsthaft erzählen, dass es Leute gibt, die unbedingt teilnehmen wollen und nicht können, weil die Mama grade zufällig an dem Tag zum Friseur muss, die beste Freundin sich den dicken Zeh gestoßen hat und die Nachbarin grade mit der Katze Gassi geht?
Ehrlich. Die Welt ist scheiße, mies und unfair. Aber wenn jemand von seinen Mitmenschen so dermaßen hängen gelassen wird, wie du es hier unterstellst, dann sollte er sich doch wohl mal Fragen, ob das Problem wirklich seine Kinder sind, oder nicht vielleicht er selbst.

Zitat:
Das hast du missverstanden. Er hat ihn nicht aufgefordert, ihn einzureichen, sondern ihn verschwinden zu lassen und / oder in Homeoffice weiterzuarbeiten. (Ja, so etwas passiert, nein, es gibt keine Zeugen – der Chef ist nicht bescheuert, nein, es gibt keinen Betriebsrat – das Unternehmen ist zu klein und nein, er kann nicht mal eben während Corona den Job schmeißen.)

Auch hier ist der Kontext wichtig. Ist der Kollege wirklich krankgeschrieben, oder steht er nur unter präventiver Verdachtsquarantäne weil es sein könnte, das er Corona hat? In letzteren Fall halte ich das Anliegen des Chefs durchaus für gerechtfertigt, denn wenn mich mein Arzt unter Quarantäne stellt, weil die App sagt, ich sei einem hohen Risiko ausgesetzt gewesen, kann ich natürlich trotz der Quarantäne arbeiten, wenn mein Job Homeoffice erlaubt.
Wenn dein Kollege wirklich KRANKGESCHRIEBEN ist und trotzdem arbeiten soll, ist das Verhalten des Chefs natürlich ethisch fragwürdig. Aber auch hier finde ich die Herleitung "Der Literaturwettbewerb diskriminiert mich, weil mein Chef dumm ist" unangebracht. Denn hier ist es der Chef, der sich daneben benimmt. Nicht der Verlag.

Zitat:
Kultur gehört zum gesellschaftlichen Leben, so auch Literaturwettbewerbe. Ich sehe da noch keinen fundierten Grund, wie sich das von der Behindertentoilette im Kino unterscheidet.

Sicher. Aber in keinem Wort von dir steht etwas davon, dass den Leuten das den Leuten das Lesen verboten werden soll. Teilhabe soll sicherstellen, dass die Gesellschaft auch den Leuten, die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse ermöglicht, die nicht dem Mainstream angehören. Der Gewinn eines Wettbewerbs dienst aber dem Gewinn von Prestige und der persönlichen Bereicherung. Das ist wohl kaum mit einem Grundbedürfnis wie menschlichem Kontakt und dem Besuchen der Toilette zu vergleichen.

Zitat:
Du darfst Lotto spielen (und gewinnen), wenn du mit MS im Bett liegst und bekommst den Gewinn auch nicht aberkannt, wenn du ihn nicht persönlich abholen kannst. Für die genannten Literaturwettbewerbe gilt das nicht. Unterschied nachvollziehbar?

Da besteht überhaupt kein Unterschied. Als MS Kranker im Bett würdest du immer noch die Hilfe von jemandem brauchen, der dir den Schein besorgt, und ihn anschließend an der Annahmestelle vorlegt um dich als Gewinnberechtigt auszuweisen. Warum akzeptierst du es also als gegeben, das der MS-Kranke Lottospieler jemanden hat, der für ihn die "Lottogeschäfte" übernimmt, während du gleichzeitig unterstellst, das der alleinerziehende niemanden hat, der mal einen Tag auf die Kinder aufpasst?
Was ist mit "Wer wird Millionär"? Ist es diskriminierend, das ich ins Studio kommen muss, um daran teilzunehmen? Das stellt Alleinerziehende, Schüchterne und Migranten ohne Reiseerlaubnis auch vor Probleme. Dann währe jede blöde Quizshow bei jedem TV-Sender auf der ganzen Welt diskriminierend. Findest du nicht, dass das ein bisschen weit geht?

Das Problem ist, dass du hier Diskriminierung als Argument vorschiebst, um dich in die Frage einzumischen, WARUM jemand einen Wettbewerb veranstaltet. Bei Lotto steht der finanzielle Gewinn im Vordergrund. Ich muss die Teilnahme bezahlen. Das ist das Einkommen des Unternehmens. Deswegen interessiert die Preisverleihung niemanden.
Die Teilnahme an einem Schreibwettbewerb ist üblicherweise kostenlos. Diese werden veranstaltet, um die Literatur zu fördern oder um dem veranstaltenden Unternehmen Prestige zu bringen. Und da ist eine öffentliche Preisverleihung nun mal werbewirksamer, als zwei Absätze auf Seite 3 im örtlichen Käseblättchen, über eine Virtuelle Preisverleihung, von der niemand Notiz nimmt, und die auch niemanden interessiert (Es ist auch für die Autoren, die daran teilnehmen, werbewirksamer).
Du willst nun quasi allen Unternehmen, die letzteren Weg wählen, das veranstalten von Wettbewerben untersagen, weil du die Nutzung einer Preisverleihung als Prestigeobjekt als Diskriminierend darstellst. Was glaubst du, wird passieren? Nun, genau diese Wettbewerbe, gibt es dann künftig einfach nicht mehr. Fertig. Literaturförderung nur noch im Hinterzimmer? Warum dann überhaupt? Verfehlt ein Förderprojekt, dass die Öffentlichkeit meidet, nicht grob seinen Zweck? Ist dir, oder irgendwem anders, damit geholfen?
Glaubst du, es würde solche Veranstaltungen wie den Bambi oder den Oscar geben, wenn man diese nicht im TV übertragen könnte, sondern einfach jeder seinen Preis per Post zugeschickt bekäme? Warum sollte man die Verleihung dann überhaupt vornehmen? Andere Nutzer hier haben doch bereits aufgezeigt, dass es auch Wettbewerbe ohne Anwesenheitszwang bei der Preisverleihung gibt. Dann sollen die Leute halt daran teilnehmen, und denen, die gerne in Kamera grinsen, die anderen lassen. Wo ist das Problem?
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nebenfluss
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Beitrag18.03.2021 12:11

von nebenfluss
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Zu dieser Polemik, die sich gerade in die Diskussion über die Alleinerziehenden einschleicht:
Das ist der Grund, warum ich mich bei einer Aktion (einem Brief, einer Petition, wasimmer) auf die faktisch (schicksalhaft) nicht mobilen Menschen konzentrieren würde.
Natürlich dürfte es Einzelfälle von z. B. alleinerziehenden Frauen mit Säuglingen geben, die gerne an solchen Wettbewerben teilnehmen würden, aber nicht sehen, wie sie das Baby in dieser Zeit versorgt kriegen könnten. Ich finde es aber schräg, oder zumindest unklug, sie mit der Situation psychisch oder physisch chronisch stark eingeschränkter Menschen in einen Topf zu rühren. Elternschaft fällt nicht vom Himmel. Dass man damit auch gewisse Unfreiheiten in Kauf nimmt, liegt in der Natur der Sache und weiß man vorher. Man kann darauf hinwirken wollen, diese Unfreiheiten nach Möglichkeit abzubauen, der Begriff der Diskriminierung ist dafür aber ungeeignet.
Ein weiterer Unterschied: Die Einschränkung besteht nur vorübergehend. Ein Schulkind könnte man zu einer solchen Veranstaltung mitnehmen.


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