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ohlear
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Beitrag18.02.2021 01:47
FRÜHLINGSOPFER
von ohlear
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Es ist zwei Monate her, dass ich den Teufel an die Wand gemalt habe.

Ich habe diese unsäglich teuren Acrylfarben benutzt und mich wie Stravinsky gefühlt.

Obwohl ich nicht Notenpapier, sondern Pinsel in der Hand hielt, noch dazu trostlos und seltsam ungelenkig.

Obwohl ich, jedem Ehrgeiz zum Trotz, nie den Hauch einer ehrlichen Musikalität verspürt habe.

‘Obwohl’ ist als einziges Bruchstück von diesem Tag übrig geblieben. Vor Kurzem hat mein allerliebster Freund mich darum gebeten, ich möge dieses Wort entwurzeln.

Und ich habe es getan, ich mache immer wieder, was man mir sagt. Was dämlich ist, weil es erst durch diesen Umstand, durch den Frust an diesem Umstand, dazu kam, dass ich den Teufel an die Wand malte.

Mein Kunstwerk hat ihn nicht sonderlich interessiert, wenn er mich nicht lieben würde, hätte er es wieder übermalt. Damit unsere verbindliche Stille, die lautlosen Seufzer, die wir uns ausgedacht haben, den perfekten Schliff bekommen.

Und dann? Will ich ihn manchmal fragen. Du wirst auf Reisen gehen und ich werde kratzen. So wie dieses Mal? Würde er ernst fragen und ich würde nicken. Dann würde er erleichtert sein und sich zurücklehnen.

Denn nach dieser kurzen Werbeunterbrechung meinerseits – ich habe versucht, mit erhabenen, wild gestikulierenden Händen, dem Teufel Namen und Geburtstag zu geben, sie zu zelebrieren, als sei ihre Summe die aufgehende Sonne. Ihr hättet mich sehen müssen, ihr hättet sicher geglaubt, ich würde euch davon fliegen – sind wir wie immer auf das alte Versprechen zurückgekommen.

Man könnte meinen, wir hätten uns geeinigt. Aber eigentlich ist er nur ein guter Rhetoriker und ich unschlagbar darin zuzuhören. Im Übrigen das einzige, dass ich besser kann, als er.

Ich habe beispielsweise öfter gesagt, er könne sich ruhig mehr Zeit bei seinen Reisen lassen, wenn er sich denn schon aufmacht, dass ich gut allein zu Recht käme und ihn mit offenen, erfolgreichen Armen begrüßen würde.

Aber alles, was ich ihm abgerungen habe, war ein zärtliches Schmunzeln, ein Lächeln, das einen wahnsinnig machte.

Es war das Lächeln, das man den fantastischen Kindergemälden schenkt, die man aufgehört hat zu verstehen, als man sich eines Tages dazu entschieden hat, es sei an der Zeit erwachsen zu werden:

Zu Rauchen, zu Trinken

oder

den Teufel an die Wand zu malen.

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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1741



Beitrag18.02.2021 10:32
Re: FRÜHLINGSOPFER
von Stefanie
Antworten mit Zitat

Hat was, vom Stil und vom Sprachrhythmus her, aber als Logikjunkie lässt mich der Text etwas ratlos zurück.

ohlear hat Folgendes geschrieben:
Es ist zwei Monate her, dass ich den Teufel an die Wand gemalt habe.

Ich habe diese unsäglich teuren Acrylfarben benutzt und mich wie Stravinsky gefühlt. Warum kein Malervergleich?
Obwohl ich nicht Notenpapier, sondern Pinsel in der Hand hielt, noch dazu trostlos und seltsam ungelenkig. Auch da keine Andeutung, was das mit Musik zu tun hat.

Obwohl ich, jedem Ehrgeiz zum Trotz, nie den Hauch einer ehrlichen Musikalität verspürt habe. s.o.

‘Obwohl’ ist als einziges Bruchstück von diesem Tag übrig geblieben. Vor Kurzem hat mein allerliebster Freund mich darum gebeten, ich möge dieses Wort entwurzeln.

Und ich habe es getan, ich mache immer wieder, was man mir sagt. Was dämlich ist, weil es erst durch diesen Umstand, durch den Frust an diesem Umstand, dazu kam, dass ich den Teufel an die Wand malte.

Mein Kunstwerk hat ihn nicht sonderlich interessiert, wenn er mich nicht lieben würde, hätte er es wieder übermalt. Damit unsere verbindliche Stille, die lautlosen Seufzer, die wir uns ausgedacht haben, den perfekten Schliff bekommen.

Und dann? Will ich ihn manchmal fragen. Du wirst auf Reisen gehen und ich werde kratzen. Was kratzen? So wie dieses Mal? Würde er ernst fragen und ich würde nicken. Dann würde er erleichtert sein und sich zurücklehnen.

Denn nach dieser kurzen Werbeunterbrechung meinerseits – ich habe versucht, mit erhabenen, wild gestikulierenden Händen, dem Teufel Namen und Geburtstag zu geben, sie zu zelebrieren, als sei ihre Summe die aufgehende Sonne. Ihr hättet mich sehen müssen, ihr hättet sicher geglaubt, ich würde euch davon fliegen – sind wir wie immer auf das alte Versprechen zurückgekommen. Welches Versprechen?
Man könnte meinen, wir hätten uns geeinigt. Aber eigentlich ist er nur ein guter Rhetoriker und ich unschlagbar darin zuzuhören. Im Übrigen das einzige, dass ich besser kann, als er.

Ich habe beispielsweise öfter gesagt, er könne sich ruhig mehr Zeit bei seinen Reisen lassen, wenn er sich denn schon aufmacht, dass ich gut allein zu Recht käme und ihn mit offenen, erfolgreichen Armen begrüßen würde.

Aber alles, was ich ihm abgerungen habe, war ein zärtliches Schmunzeln, ein Lächeln, das einen wahnsinnig machte.

Es war das Lächeln, das man den fantastischen Kindergemälden schenkt, die man aufgehört hat zu verstehen, als man sich eines Tages dazu entschieden hat, es sei an der Zeit erwachsen zu werden:

Zu Rauchen, zu Trinken

oder

den Teufel an die Wand zu malen.


Wenn ich das richtig verstehe, ist sie in einer unglücklichen Beziehung, in der sie kaum beachtet wird, das "den Teufel an die Wand malen" war eine Drohung, ihn zu verlassen, wenn sich nichts ändert, aber er glaubt ihr nicht und letztlich bleibt sie doch, wie immer.
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ohlear
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
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Beiträge: 20



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Beitrag22.02.2021 00:49
Re: FRÜHLINGSOPFER
von ohlear
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke, für dein Feedback, das hat mir wirklich geholfen! Außerdem ist das mit dem Stil und Sprachrhythmus wirklich nett!
Ich gebe dir recht, der Künstler - Maler vergleich wirkt irgendwie unüberlegt.
Stravinskys Grundidee zu "le sacre du printemps" , also "das Frühlingsopfer" kam (der Legende nach) ja durch diesen Traum den er hatte. Ein junges Bauernmädchen das wie im Wahn tanzte und aussah als müsse sie größte Schmerzen leiden.
Daran habe ich gedacht, als ich geschrieben habe. Dass die Pinzelschwünge des Mädchens hier nicht unbedingt wie die von Jackosn Pollock oder sonst wem waren, sondern genauso wie dieser Tanz.
Trotzdem wäre es sinnvoller gewesen, das Mädchen mit dem Bauernmädchen und nicht mit Srravinsky zu vergleichen.

Was kratzen?
War wahrscheinlich zu sehr nebenher. Aber es ist gemeint, sie würde an dem vorher verübten "perfekten Schliff" kratzen.

 Welches Versprechen?
Das sollte offen bleiben, ich wollte, man könne sich aus dem Text irgendein Versprechen ausdenken, dass es sozusagen noch unangenehmer wird, falls das verständlich ist.
Ich persönlich dachte daran, sie würden immer wieder auf null kommen. Sodass sie sich nicht weiter entwickeln, sprich in der Blase bleiben, in der diese Beziehung funktioniert.

"Wenn ich das richtig verstehe, ist sie in einer unglücklichen Beziehung, in der sie kaum beachtet wird, das "den Teufel an die Wand malen" war eine Drohung, ihn zu verlassen, wenn sich nichts ändert, aber er glaubt ihr nicht und letztlich bleibt sie doch, wie immer.[/quote]

Ich finde diese Interpretation irgendwie genial. Es ist eine unglückliche Beziehung, aber das hat vielleicht nicht viel mit Romantik, eher einer anderen Art von Liebe/ Abhängigkeit zu tun. Sie weiß, sie wird ihn nicht verlassen, aber es gibt Momente, in denen er nicht da ist, auf Reisen geht.
Sie malt den Teufel an die Wand, sie verändert sich, dreht in gewisser weise durch und glaubt vielleicht " das ist es jetzt."
Aber er kommt wieder und dann verpufft die Ekstase wieder. Und er weiß das.
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