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Gast
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30.01.2021 05:50 Was tun wenn Grammatik und Lesefluss sich beissen? von Gast
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Beim Schreiben in Vergangenheitsformen, setzt man normal Dinge ins Präsens, wenn sie auch heute noch zutreffen.
z.B. Er geht jeden Morgen zur Arbeit.
Weil er das nicht nur zur Zeit der Geschichte tat, sondern immer noch tut.
Nun kann es aber dadurch passieren, dass sich die Zeiten fast mit jedem Satz ändern, was beim Lesen störend ist.
Was tun?
Ich poste mal den Text und bin auf Vorschläge gespannt.
Oxana erblickte südwestlich der Provinzhauptstadt Krasnojarsk das Licht der Welt. Das kleine sibirische Dorf am Nebenfluss der Mana ist so klein, dass es nur in regionalen Karten überhaupt Erwähnung findet. Für die UDSSR, wie das Land bei ihrer Geburt noch hieß, war dieses Gebiet – und somit auch das Dorf – aber gar nicht so unbedeutend. Die Erde ist in dem Gebiet sehr fruchtbar und fast jeder unbewohnte Fleck ist bewaldet. Dank der Kolchose und dem Sägewerk gab es genug Arbeit für alle Bewohner und keinem Dorfbewohner mangelte es an Lebensnotwendigem. Während die Mütter auf den Feldern und die Väter im Sägewerk oder dem Wald arbeiteten, besuchten die Kinder die Schule oder spielten im Dorf, unter Aufsicht der älteren Bewohner. Nur ein gelegentlicher Schuss von einem Jäger aus dem Wald, der die Wölfe vom Dorf fernhalten sollte, störte das idyllische Dorfleben.
Ein Gebirgszug trennt die Gegend vom ebenfalls kommunistischen China. Eine Grenze, die nur schwer zu kontrollieren ist. Schmuggel und Schwarzmarkt blühten in diesem Gebiet fernab dem Kreml, von dem nur selten Luxusgüter aus dem Westen die Provinz erreichten.
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Beckinsale Reißwolf
B
Beiträge: 1130
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B 30.01.2021 07:55
von Beckinsale
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Problem erkannt. - Ich argumentiere mir selbst gegenüber immer damit, dass in der Geschichte ja nicht wirklich bewiesen ist, dass es heute noch so ist, was da benannt wird. Will meinen: Er geht jeden Tag zur Arbeit. Ja, schön und gut - aber wenn das auf Seite 200 des Romans so ist, ist das auch noch auf Seite 440 der Fall? Das ist auf Seite 200 nicht bewiesen.
Jetzt kann man mit diesem Nichtbeweis argumentieren und sagen, dass der Präsens dann ja richtig ist. Aus Sicht der Seite 200. Man kann aber auch damit argumentieren, dass der Erzähler (Ich-Form mal nicht angenommen) ja die Seite 440 schon kennt und auf Seite 200 so tun könnte, als dass es möglicherweise (!) auf Seite 440 eben nicht mehr so ist.
Ich fürchte, ich habe mich nicht sehr eindeutig ausgedrückt. Das ist um 06.55 Uhr möglicherweise so. Auf Seite 440 nicht mehr. Das ist sicher.
My.
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Gast
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30.01.2021 13:50
von Gast
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Verstehe ich deinen Vorschlag richtig, ich soll den ist-zustand ignorieren und in der Vergangenheit bleiben?
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Gast
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30.01.2021 14:13
von Gast
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Zitat: | Verstehe ich deinen Vorschlag richtig, ich soll den ist-zustand ignorieren und in der Vergangenheit bleiben? |
Verstehe ich auch so und bin da einer Meinung. Ohne klingt es passender.
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BrianG Klammeraffe
Alter: 47 Beiträge: 708
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30.01.2021 15:29 Re: Was tun wenn Grammatik und Lesefluss sich beissen? von BrianG
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Zitat: | Beim Schreiben in Vergangenheitsformen, setzt man normal Dinge ins Präsens, wenn sie auch heute noch zutreffen.
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Ich finde, dass es keine Rolle spielt, ob es heute oder morgen auch noch zutrifft. Relevant ist, dass es zum Zeitpunkt der Geschichte stimmt.
Zitat: |
(...)
Das kleine sibirische Dorf am Nebenfluss der Mana ist so klein, dass es nur in regionalen Karten überhaupt Erwähnung findet.
(...)
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Es mag heute auch noch sein. Ist aber für die Geschichte irrelevant. Damals war's offensichtlich so, daher lieber in die Vergangenheitsform setzen.
Zusammenfassung: Andere Argumentation von meiner Seite, aber gleiches Ergebnis.
_________________ Aus dem Chaos sprach die Stimme: "Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen."
Und ich lächelte und war froh.
Und es kam schlimmer. |
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Gast
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30.01.2021 15:59 Re: Was tun wenn Grammatik und Lesefluss sich beissen? von Gast
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Zitat: |
Es mag heute auch noch sein. Ist aber für die Geschichte irrelevant. Damals war's offensichtlich so, daher lieber in die Vergangenheitsform setzen.
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Die gleiche Überlegung hatte ich auch schon.
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6393 Wohnort: 50189 Elsdorf
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30.01.2021 19:16
von Ralphie
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... und ist die beste Lösung.
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Beckinsale Reißwolf
B
Beiträge: 1130
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B 31.01.2021 08:11
von Beckinsale
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Zitat: | Verstehe ich deinen Vorschlag richtig, ich soll den ist-zustand ignorieren und in der Vergangenheit bleiben? |
Ja, genau so ist das gemeint.
Es macht ja auch für den Leser wie auch die Geschichte keinen wirklichen Unterschied; eher noch im Gegenteil. Für eine beliebige Handlung, die in der Vergangenheit spielt und heute (z.B.) erzählt wird, spielt es keine Rolle, ob (z.B.) der Protagonist heute noch arbeitet oder nicht. Damals, als die Handlung sich ereignete, hat er gearbeitet, jeden Tag. Und damals war das wichtig oder bemerkenswert.
My.
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Jarandrel Wortedrechsler
Beiträge: 55 Wohnort: Hamburg
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31.01.2021 08:56
von Jarandrel
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Das Beispiel klingt nach einem Sachbuch, einem Geschichtsbuch etwa. Da würde ich erwarten, dass mir als Leser korrekt aufgezeigt wird, was heute auch n och so ist.
In Prosa erwarte ich, dass alles in der Vergangenheit ist, ausgenommen kurze Passagen in der Vorvergangenheit oder Gegenwart, für die der Autor seine Gründe hatte. Gegenwart, um den Leser näher an das Geschehen heranzuholen, weil die Figur etwas auf eine besondere Weise erlebt, ein traumatisierendes Ereignis etwa und Rückblenden eben weil Spannung nicht anders zu erzeugen war.
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Rodge Klammeraffe
Beiträge: 845 Wohnort: Hamburg
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31.01.2021 09:23
von Rodge
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Ich finde die Trennung zwischen Fiktion und Sachbuch entscheidend. Wenn es Fiktion ist, kann es (noch) heute so sein, oder auch nicht, hängt ganz von dem Willen des Schreibers ab. Auch will ich ja keine Spannung rausnehmen, schriebe ich dann einzelne Passagen im Präsens, würde das ja bedeuten, dass der Person bis Ende des Buchs nichts Wesentliches zustößt. Ich würde daher alles in Vergangenheitsform schreiben.
Bei nicht-fiktionalen Texten spielt die Wirklichkeit eine stärkere Rolle, da würde ich vermutlich auch mit den Zeiten wechseln.
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5339 Wohnort: NRW
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31.01.2021 12:08
von Bananenfischin
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In literarischen Texten zeigt das Präteritum nicht Vergangenes an, sondern kennzeichnet, kurz gesagt, Fiktionalität. Daher kannst du es durchgehend verwenden.
Siehe beispielsweise etwas ausführlicher auch hier.
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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