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Der Mann Jesus - ein Kurzkrimi.


 
 
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wunderkerze
Eselsohr
W


Beiträge: 381



W
Beitrag05.10.2020 17:49
Der Mann Jesus - ein Kurzkrimi.
von wunderkerze
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1
Es dunkelte schon, als der Pfarrer die Villa erreichte. Durch die Straße fegte kalter Wind, der mit dürrem Laub und Papierfetzen spielte; ein Windstoß fuhr ihm um die Beine und ließ seine Hose flattern. Er zog seinen Wintermantel fester und drückte den Hut tiefer. Eine Weile blieb er vor dem schmiedeeisernen Gatter stehen. Das Haus mit seinen gewundenen Ornamenten, den listigen Rundbögen und den grün behelmten Ecktürmen erschien ihm wie eine etwas steif frisierte Dame im Abendkleid, die eine Überraschung hinter dem Rücken verbirgt.
Für einen Moment ließ der Geistliche die Schultern mutlos hängen. Das war nun schon der dritte Hausbesuch an diesem Tag. Am liebsten wäre er wieder umgekehrt, denn er fühlte sich schlaff und müde. Ich werde mir noch morgen früh einen Termin beim Kardiologen geben lassen, dachte er, irgendwas stimmt mit meinem Herzen nicht. Es kann doch nicht angehen, dass mich die paar Schritte schon total aus der Puste bringen! Und das in meinem Alter!
Er seufzte. Es nützt alles nichts. Hausbesuche. In Zeiten der Pandemie, wo  seine Kirche noch leerer war als sonst schon, ein Gebot der Stunde.  
Entschlossen ging er auf das eiserne Tor zu, das von zwei Lampen erhellt war, und klingelte.
Fräulein von Haas empfing ihn höchstpersönlich. Ihre Silhouette stand schwarz und schmal wie die Hieroglyphe einer antiken Keilschrift in der hellen Türöffnung. Ihre Augen tasteten vorsichtig sein Gesicht ab – schließlich stand ein Mann vor ihr, und es war ja bekannt, dass auch Männer Gottes bei gewissen Dingen vor nichts zurückschrecken. „Bitte, Hochwürden“, sagte sie, „kommen Sie doch herein! Ich habe Sie schon erwartet!“
Sie trug ein schwarzes Kleid, hochgeschlossen bis zum Hals. Das eisengraue Haar war in der Mitte gescheitelt und in Höhe der Ohrläppchen gerade abgeschnitten, was ihrem schmalen Kopf mit der Hakennase etwas Jungenhaftes verlieh. Ihre dunklen Augen verengten sich beim Sprechen manchmal zu schmalen Schlitzen.  
Der Pfarrer legte Hut und Mantel ab
Die alte Dame öffnete die Flügeltür zu dem mit Antiquitäten überladenen Wohnzimmer. Sie wies auf einen riesigen geblümten Altvatersessel mit Rosenmuster und Kordeln und bat, Platz zu nehmen. Dem Pfarrer schien es, indem er sich setzte, als versinke er im Bodenlosen und könne nur mit einem Kran wieder ans Tageslicht befördert werden.
Die Hausherrin fragte: „Möchten Sie etwas trinken? Ich kann Ihnen einen wohltemperierten  Kreuz Jesu halbtrocken vom Weingut Rings in der Pfalz anbieten.“
Der Pfarrer nickte.
Über das Gesicht der alten Dame glitt ein kurzes, zustimmendes Lächeln. Sie drehte die Weingläser um, die bereits auf dem Tisch neben der Kristallschale mit dem erlesenen Gebäck standen, zog den Korken ab, der in einer Zinnhülse mit Figur steckte, goss sich ein wenig ein, kostete und nickte zustimmend.
Der Pfarrer hielt es nunmehr für angebracht, einige einleitende Worte über den Zweck seines Besuchs zu sagen. Deshalb begann er: „Meine liebe Frau von Haas, ich möchte...“
Die Angeredete, die sich gerade mit der Flasche in der Hand wie ein misslungenes Fragezeichen einschenkend über den Tisch beugte, richtete sich wieder auf. „Hochwürden! Fräulein bitte, nicht Frau!“ rief sie, „mein vollständiger Name ist Fräulein Marie-Louise von Haas zu Bockelsberg! Nicht Frau, schon gar nicht gnädige Frau, sondern Fräulein! Einfach nur Fräulein.“
Sie setzte sich mit steifer Würde.
Klopp, überrumpelt von so viel unvermuteter Entschiedenheit, stammelte: „Ich… ich bitte um Entschuldigung, Gnä...“ Er schluckte. „Keineswegs wollte ich Ihnen zu nahe treten.“
Das Fräulein winkte besänftigt ab. „Entschuldigung gewährt! Sie sind leider nicht der Erste, dem ich solches sagen muss! Außerdem sind Sie noch neu.“
Es stimmt was die Leute munkeln, dachte der Pfarrer betrübt, sie ist nicht ganz richtig im Kopf.
Da Fräulein von Haas jetzt schwieg, fasste er wieder Mut. „Verzeihen Sie... Aber ist diese Anrede... Wie soll ich mich ausdrücken... Hm... Verzeihen Sie meine lästerlichen Worte... Ist diese Anrede nicht etwas aus der Zeit gefallen?“
Er erntete ein Lachen. „Natürlich ist sie aus der Zeit gefallen, Hochwürden, wie Sie so treffend sagen, und zwar gründlich! Deshalb bestehe ich ja darauf!“
Sie nahm ihr Glas, in dem der Wein rote Blitze verschoss, und nickte ihm zu. „Sollten wir nicht erst einmal einen Schluck trinken?“
Mit spitzem Mund trank sie einen Spatzenschluck, stellte ihr Glas behutsam ab und sagte: „Fünferjahrgang!“
„Was meinen Sie?“
„Ah, ich höre, Sie sind kein Weinkenner... Seit Neunzehnhundertfünfundsechzig liefern die Jahre mit einer Fünf am Ende aus einem geheimnisvollen Grund die besten Weine.“
Der Pfarrer schwieg bedrückt. Es wird so ausgehen wie immer, dachte er, Trivialitäten, nichts als Trivialitäten!
Da ihr Gast nichts sagte, fuhr das Fräulein fort: „Sie wundern sich natürlich über meine harsche Reaktion vorhin. Das tät´ ich an Ihrer Stelle wahrscheinlich auch. Sie halten mich für eine wunderliche alte Schachtel, für eine verschrobene Jungfer – doch, doch, ich seh´ es Ihnen an der Nasenspitze an, leugnen Sie nicht! Vielleicht bin ich´s ja auch – mit Sicherheit bin ich´s in dem einen oder andern Bereich, aber mit Sicherheit nicht, was diese Anrede betrifft. Da nicht.“ Mit spitzen Fingern nahm sie einen Keks und betrachtete ihn auf drollige Art aufmerksam. Anscheinend fiel die Keksbesichtigung zufriedenstellend aus, denn sie steckte ihn mit einer anmutigen Bewegung in den Mund. Zuvor sagte sie noch: „Bitte, greifen Sie zu!“
„Sie suchen natürlich nach einer Erklärung“, fuhr sie nach einer kleinen Weile fort. „Obwohl Sie wahrscheinlich nie darauf kommen würden, ist die Erklärung aber ganz einfach und prosaisch: Ich habe nach meiner Pensionierung einen Verein zur Rettung aussterbender Wörter gegründet.“
Sie unterbrach ihre Rede kurz, um die Wirkung ihrer Worte zu beobachten. Doch der Pfarrer zeigte sich in keiner Weise beeindruckt. Er sagte: „Warum nicht? Manche Leute retten Katzen und Hunde, warum nicht auch mal Wörter?“
„So ein wunderbares Wort“, fuhr das Fräulein ein wenig enttäuscht fort, „so ein wunderbares Wort wie 'Fräulein' darf einfach nicht in Vergessenheit geraten. Und wenn etwas nicht vergessen werden soll, muss man es immer wieder aussprechen, nicht wahr? Da 'Fräulein' als amtliche Anrede leider nicht mehr üblich ist, habe ich diesen Weg gewählt.“
„Nun ja, die Gewohnheiten ändern sich eben“, sagte der Pfarrer. „Man kann den Wind nicht ändern, aber man kann die Segel anders setzen.“
„Ein anderes dieser kostbaren Wörter ist Jüngling“, fuhr das Fräulein fort, ohne auf die Bemerkung des Pfarrers zu achten. „Oder Jungfer – –“
   Während sie versuchte, ihm den Unterschied zwischen Fräulein, Jungfer und Jungfrau zu erklären, dachte der Pfarrer: Herr, erlöse mich von dem Übel. Amen. Die Frau redet und redet, und ich, der ich doch ein Prediger bin, sitze da wie ein Tölpel und schweige.
Er gab sich einen Ruck und sagte: „Unsere Kirche – “
   Doch die Zunge des Fräuleins ließ sich auf solch einfache Art nicht lähmen. „Apropos Kirche“, unterbrach sie Ihn,  „was halten sie von der Theorie, dass Jesus möglicherweise verheiratet war?“
Die Augen des Geistlichen bekamen einen seltsamen Glanz. Jetzt glänzte nicht nur sein gewaltiger Kopf, der wie eine Melone über dem Beffchen schwebte.
„Unsinn! Dergleichen wurde schon oft behauptet aber nie bewiesen.“
Der Pfarrer machte jetzt einen Fehler, an dem schon Andere vor ihm gescheitert waren. Er meinte nämlich, so ein schrulliges Frauchen sei nur zu den einfachsten theologischen Überlegungen fähig. Wie sie so da saß, so klein und zerbrechlich, sah sie auch aus, als könne sie kein Wässerchen der reinen Lehre trüben.  
 Deshalb ließ er sich mit Fräulein von Haas in eine theologische Diskussion ein.
„Sie meinen doch sicherlich das Thomas-Evangelium“, sagte er.
Auf dem Gesicht des Pfarrers spiegelte sich jetzt ein schlimmer Gewissenskonflikt. Das Thomas-Evangelium. Er kannte es, und zwar in- und auswendig! Seine zweite theologische Staatsarbeit hatte sich ja gerade mit diesem Thema befasst. Seit tausend fünfhundert Jahren von der Amtskirche als Fälschung verschrien, tauchten immer wieder Hinweise auf, dass es möglicherweise nicht weniger echt oder unecht war als die anderen Evangelien. Offiziell durfte er über diese Schrift nicht reden, ja, er durfte sie nicht einmal vor dem Kirchenvolk erwähnen. Denn da standen Dinge, die geeignet waren, heillose Verwirrung unter den Gläubigen zu stiften, und ein Hauptmerkmal eines Gläubigen, das hatte er mehr als einmal erfahren, ist das Misstrauen.
„Nein. Ich meine diesen Papyrusfetzen“, sagte das Fräulein, „den man unlängst in einer bisher unentdeckten Höhle von Qumram gefunden hat.“ Ihre Berechnungen erwiesen sich als richtig. Der Pfarrer schwieg. Stattdessen trank er einen Schluck und schnalzte mit der Zunge.
Eine Welle des Unmuts erfasste sie. Für einen Moment schloss sie angewidert die Augen. Dieser Mann kann sich noch nicht einmal benehmen, dachte sie. Ihre Abneigung wuchs.
„Wahrscheinlich eine Fälschung!“, erwiderte Klopp schließlich. Die Miene der Glaubensgewissheit, die wie eine zweite Haut über seinem Gesicht lag, verlor etwas an Kraft. „Jetzt, wo sich alle Welt den Mund über den Zölibat fusselig redet“, sagte er, „taucht plötzlich so ein Dokument auf. Etwas zu viel Zufall, finden Sie nicht auch? Ganz abgesehen davon, auch wenn Jesus verheiratet gewesen wäre und Kinder gehabt hätte, wie manche aus dem Schnipsel herauslesen, an seiner Botschaft würde sich nichts ändern.“
„Aber an seiner Kirche!“
Allmählich dämmerte ihm, dass er das 'Frauchen' total unterschätzt hatte.
Fräulein von Haas lehnte sich entspannt zurück. In ihrem Blick lag gesteigerte Angriffslust. „Herr Pfarrer “, sagte sie,   „Sie erwähnten eben das Thomas-Evangelium. Wird dort nicht ein ganz anderer Jesus geschildert als bei den Synoptikern? Ein viel kämpferischer, zupackender, ja sogar gewaltbereiter Jesus?“
„In dieser apokryphen Schrift “, sagte der Pfarrer schmallippig, „taucht der Name Jesu nicht ein einziges Mal auf! Außerdem ist dieses so genannte Evangelium nicht in Aramäisch verfasst. Die Kirche hält es deshalb nicht für authentisch.“
„Aber der Qumram-Schnipsel ist in doch in Aramäisch!“, säuselte sie. „Und er stammt aus dem sechsten Jahrhundert! Wieso sollte er dann auch eine Fälschung sein?“
Klopp breitete hilflos die Arme aus. Auf seiner Oberlippe bildeten sich die ersten Schweißperlen. Der Kamin tat ein Übriges. Er sah sich zweimal kurz hintereinander in Erklärungsnot und beschloss, das Thema zu wechseln, bevor sie noch weitere heiße Eisen zur Sprache brachte.
Erneut griff er zum Glas und trank.
Marie-Louise von Haas zu Bockelsberg blickte nachdenklich in das lodernde Kaminfeuer. Sie dachte: Dieser Mann ist ein Pharisäer, einer von der Sorte, die meinen Jesus den Römern ausgeliefert hat. Ihre Abneigung wuchs weiter. Der würde glatt den Heiland, würde er hier mit am Tisch sitzen, als Fälschung bezeichnen.
„Was macht eigentlich Ihr... äh... Fräulein Schwester?“, hört sie den Pfarrer sagen.
Sie wollte christliche Nächstenliebe praktizieren und ihn aus seiner peinlichen Situation herausholen. Außerdem tat er ihr sogar ein klein wenig Leid. „Mein Fräulein Schwester ist für ein paar Tage verreist. Wenn Sie wollen, lasse ich sie grüßen.“
Dem Pfarrer knickte mit dem Oberkörper leicht ein. Seine  Hand mit dem dicken Ring zuckte in Richtung Weinglas.
Fräulein von Haas nahm ihr Glas und nickte ihm zu.
„Zum Wohle! Und nun zu Ihnen, Hochwürden! Was verschafft mir die Ehre?“
Doch es half alles nichts. Der Anblick seines runden, fast kahlen, schwitzenden Schädels, dieser anmaßend-arrogante Blick, den er jetzt wieder zeigte, diese stockend hervorgebrachten Erklärungen zu Dingen, die sie anscheinend besser wusste als er: All das ließen ihren Widerwillen ins schier Unerträgliche wachsen. Es half auch nichts, dass sie sich immer wieder einredete, ein Priester sei eben auch nur ein Mensch und kein Heiliger, der über dem Menschlich-Allzu-Menschlichen steht.
Beiden war die  Erleichterung anzumerken, als Hochwürden Klopp endlich seinen Aufbruch ankündigte.
Während er aufstand, kratzte sich der Pfarrer nervös den Hals. Dabei schob er den Hemdkragen zurück, und jetzt sah sie etwas, das ihr einen leichten Schwindel bescherte.
                                                                     ___

Es geschah in der Wohnung des Nachhilfelehrers.
Um ihr eine Stelle im Lehrbuch zu zeigen, kam er ihr so nah, dass ihr sein stark süßlich riechendes Parfüm fast den Atem nahm. Plötzlich warf er sich über sie.
Als es vorüber war und die Kleider wieder gerichtet, warf sich der Mann vor sie auf die Knie und fing fürchterlich zu schluchzen an. Er nahm ihre Hand und bedeckte sie mit Küssen. Er bitte um Verzeihung, und so weiter und so fort. Er erreichte, dass ihm Marie-Louise in die Hand versprach, ihn nicht anzuzeigen, und auch den Eltern nichts zu sagen. Geschwängert habe er sie nicht, beteuerte er, das ginge gar nicht, denn er habe sich, da er seiner unseligen Veranlagung nicht Herr werden könne, schon vor Jahren einer Vasektomie unterzogen.
Am Tag darauf steckte im Briefkasten ein Couvert mit Rosenduft. Es enthielt ein Schreiben, in dem der Lehrer den Eltern mitteilte, dass er den Nachhilfeunterricht ab sofort kündige. Auf ein Honorar verzichte er.
 Ansonsten kein Wort.
Mit der Zeit überzog dieses Erlebnis ihre gesamte Seelenoberfläche wie eine harte Kruste. Immer wieder sah sie den Mann, wie er sich über sie wirft und ihr die Jungfernschaft raubt. Allmählich wurde ihr das Dasein als unberührte Frau zu heiligen Ideal. War die heilige Jungfrau Maria, ihre Namenspatronin, nicht auch 'unbefleckt' in den Himmel aufgefahren? Also war der Jungfrauenstand etwas Erstrebenswert Kostbares, Heiliges.
Als sie zu dieser Erkenntnis gelangt war, beschloss sie, nicht zu heiraten und sich in Zukunft nur noch mit Fräulein anreden zu lassen. Auf diese Weise wollte sie sich wenigstens verbal in ihren Zustand vor der Tat zurück versetzen.
Bei einem Museumsbesuch sah sie die strahlende Gestalt des Christus am Kreuz auf einem Tafelbild des italienischen Malers Guido Reni. Der Körper des Gekreuzigten war realistisch dargestellt, kaum verhüllten die Tücher seine Blöße. Sie war sofort verliebt. Der Mann Jesus war von jetzt ab der einzige Mann, den sie in ihrem Herzen duldete. Allmählich liebte sie ihn mit der Inbrunst einer mittelalterlichen Klosterfrau. Ihm fühlte sie sich wesensverwandt, er war genau so abgehärmt, genau so von der Welt enttäuscht, genau so gedemütigt wie sie. Und sie ahnte, dass auch sie, genauso wie er, keines natürlichen Todes sterben werde.
                                                        ___

Es hatte eine Zeit gegeben, da wollte sie alles über den Mann Jesus erfahren. Die Angaben im Neuen Testament waren so widersprüchlich, dass vor ihren Augen kein rechtes Bild entstehen konnte. Und die Erklärungen der Religionslehrer halfen auch nicht weiter. Sie ahnte, dass auch die nur die halbe Wahrheit erzählten. Also versuchte sie, sich selber schlau zu machen.
Sie ging in die Stadtbücherei und fragte nach. Ja, da haben wir etwas, sagte die Dame hinter der Theke. Das Leben Jesu, von Ernest Renan. Steht unter Buchstaben R. Stand aber nicht, war gerade ausgeliehen. Haben Sie vielleicht noch etwas anderes? Der Blick der Dame wurde stechend. Nein. Da müssen Sie sich schon woanders umsehen, Frollein!
 In mühevoller Kleinstarbeit gelang es ihr, sich in das verbotene Schrifttum einzuarbeiten. Und da machte sie die erstaunlichsten Entdeckungen.
Sie wählte katholische Religionslehre als Prüfungsfach im Abitur. Damals wusste sie noch nicht viel, aber das, was sie bereits wusste, reichte schon aus, um der Prüfungskommission die Haare zu Berge stehen zu lassen. Der Prüfer, ein salbadernder Vikar, machte kurzen Prozess. Er brach die Prüfung nach zwanzig Minuten, der Mindestprüfzeit, ab und plädierte auf mangelhaft.
Nun, auch das ist lange her. Theologische Diskussionen interessieren sie nicht mehr, die Zeit ist vorbei, wie alles einmal vorbei ist.
 Doch der Schmerz, die Schmach waren geblieben.
Und doch! Manchmal juckte es sie, wenn sich die Gelegenheit bot, einen dieser Inhaber des Rechten Glaubens aufs Glatteis zu führen... Wie diesen Pfarrer, der ihrem Vergewaltiger in einer verräterischen Kleinigkeit ähnelte.
                                                                    2.            
Auch diesmal, auf der Anklagebank im Kleinen Saal des Landgerichts, konnte sich Fräulein von Haas nicht erklären, was sie zu dieser Wahnsinnstat veranlasst hatte. War es das Feuermal, das sie entdeckte, als der Pfarrer sich den Hals kratzte, und das die ganze Tragödie ihres nicht gelebten Lebens wieder aufleben ließ, denn ihr Vergewaltiger hatte ein ähnliches Feuermal besessen, wenn auch nicht am Hals, aber an der Wange? War es das Papiermesser, das aufgrund eines hirnlosen Zufalls auf der Kommode im Flur lag? War es die immer stärkere Abneigung gegen diesen Mann, die ihr zum Schluss das Atmen schwer machte? Doch alles zusammen, konnte das ein Grund sein, sich so zu vergessen?
Es war allein die Tatsache, dass, als sie das Papiermesser erblickte, schlagartig wusste, dass sie diesen Pfarrer erstechen musste. Als Vergeltung dafür, dass solche Leute wie er die geistigen Brandstifter für den Tod ihres geliebten Jesus gewesen waren. Für den Tod des einzigen Mannes, der ihr in ihrem ganzen lieblosen Leben etwas bedeutet hatte.
Dann war alles sehr schnell gegangen. Sie hatte das Papiermesser genommen und herzhaft zugestochen. Der Pfarrer stand noch eine Weile wie nachdenklich da, als überlege er, was die Ursache für diesen Schmerz sein könnte. Dann griff er sich an die Brust und brach mit einem schwachen Wehlaut zusammen. Die Ambulanz konnte wenig später nur noch den Tod feststellen.
Der Gerichtsmediziner sagte aus, die Todesursache sei keineswegs der Stich mit dem Papiermesser gewesen. Die Spitze des Messers sei nur sechs Millimeter in den Rücken des Pfarrers eingedrungen. Todesursache sie ein Herzversagen gewesen. Der Mann habe an einem schweren Herzklappenfehler, an einer Aortenklappenstenose, gelitten. Unter den gegebenen Umständen müsse man davon ausgehen, dass er an einem kardiogenen Schock infolge des Stichs gestorben sei.  
Ihrem Verteidiger gelang es, die Kammer von der eingeschränkten Schuldfähigkeit der Beklagten zu überzeugen. Das war nicht allzu schwer, denn noch vor dem Richtertisch bestand Fräulein von Haas zum Vergnügen des Publikums darauf, mit Fräulein angeredet zu werden. Nach ihren Lebensverhältnissen befragt, gab sie an, achtundsiebzig Jahre alt und Oberstudienrätin a. D. für Deutsch und Geschichte zu sein. Zu weiteren Fragen, auch zum Motiv für den Stich, schwieg die Beklagte.
Das Gericht verurteilte sie wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu dreiundzwanzig Monaten Haft auf Bewährung,
                                                                      3
Nun könnte die Geschichte aus sein. Doch das Schicksal der alten Dame hatte sich noch nicht erfüllt.
Schon am Tag nach der Urteilsverkündung begann Fräulein von Haas eisern zu fasten. Sie aß und trank jetzt nur noch so viel, dass ihre basalen Körperfunktionen nicht kollabierten. Gleichzeitig ließ sie sich von ihrem Hausarzt starke Schlaftabletten verschreiben. Der Doktor ahnte nichts Böses. Waren doch die Lebensverhältnisse der Patientin derart, dass sie auch einer robusteren Natur den Nachtschlaf rauben konnten. Schließlich stand sie für knapp zwei Jahre mit einem Bein im Gefängnis.
Diese Kur hielt sie sechs Wochen durch. Zum Schluss war sie nur noch Haut und Knochen. Man musste schon genau hinsehen, um sie überhaupt noch zu erkennen.
In einer dunklen und nasskalten Novemberwoche war ihre Schwester für zwei Tage aushäusig.  Fräulein von Haas nutzte die Gelegenheit, auf die sie schon so lange und so ungeduldig gewartet hatte. Sie schloss ihre Schafzimmertür ab, spülte mit einem Glas Wasser den ganzen Vorrat an Schaftabletten, den sie in den vergangenen sechs Wochen angesammelt hatte, herunter, legte sich ins Bett und war drei Stunden später entschlafen.
Die doppelte Schande hatte sie nicht mehr ausgehalten.
Oder wollte sie einfach nur endlich bei dem Mann Jesus sein?

Nachbemerkung

Eine Frau weit jenseits der 70, die sich mit Fräulein anreden lässt?
Solch ein Fräulein habe ich noch persönlich gekannt. Es bewohnte mit einer 'Gesellschafterin', auch ein Fräulein und schon weit über der sechzig, eine alte Backsteinvilla, in der ich eine kleine Wohnung im Obergeschoss gemietet hatte. Ich erinnere mich noch gut an das mit Antiquitäten vollgestopfte Wohnzimmer – der 'Salon' – und höre wieder, wie sich die beiden, die schon seit Urzeiten in diesem Haus wohnten, gegenseitig mit Fräulein anredeten. Mir fiel sofort die geradezu mittelalterlich anmutende Kirchenaffinität der alten Dame auf. Wenn mich nicht alles täuscht, lief sie mehrmals die Woche in die Frühmesse. Regelmäßig war ein Geistlicher bei ihr zu Besuch. Einmal beobachtete ich, wie dieser Herr eilig und mit hochrotem Kopf aus dem Haus stürmte. Ich vermute, es war das Kaminfeuer und der Rotwein, was ihn so erhitzt hatte.
Möglicherweise aber auch nicht, denn das fromme Fräulein konnte ziemlich unangenehm werden. Wenn sie schlecht drauf war, redete sie stundenlang in erhöhter Stimmlage auf ihre Gesellschafterin ein, die ihr wohl als menschlicher Blitzableiter diente.
Ich zog wieder aus und verlor sie aus den Augen. Ein paarmal noch fuhr ich an der Villa vorbei. Nichts rührte sich. Das Gebäude lag buchstäblich wie im Dornröschen-Schlaf, denn an einer Seite blühte ein gewaltiger Rosenstrauch. Dann, eines Tages, stand ein Möbelwagen vor der Tür. Das Fräulein habe sich nach dem Tode ihres 'Blitzableiters' mit Schlaftabletten das Leben genommen, hieß es.
Das Fräulein hat es gegeben, und auch einen Pfarrer. Alles Übrige ist erfunden.

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wunderkerze
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CIPO86
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C

Alter: 37
Beiträge: 183



C
Beitrag05.10.2020 19:19

von CIPO86
Antworten mit Zitat

Für so viel Text habe ich gerade keine Zeit.

Daher erst einmal nur zu den ersten Absätzen.
Du hast einen wirklich schönen Stil, mit vielen, guten Beschreibungen.

Ein paar Verbesserungsvorschläge hätte ich.

Zitat:
Durch die Straße fegte kalter Wind, der mit dürrem Laub und Papierfetzen spielte; ein Windstoß fuhr ihm um die Beine und ließ seine Hose flattern.

Es wird dem Leser zwar klar, dass es sich hier um die Beine des Pfarrers handeln muss, trotzdem stockt man erst einmal, weil sich der Satz nach dem Semikolon eigentlich auf den Wind bezieht.


Zitat:
Er zog seinen Wintermantel fester und drückte den Hut tiefer. Eine Weile blieb er vor dem schmiedeeisernen Gatter stehen.

Hier müsste es dann wieder "Der Mann" oder "der Pfarrer" heißen.

Zitat:
Das Haus mit seinen gewundenen Ornamenten, den listigen Rundbögen und den grün behelmten Ecktürmen erschien ihm wie eine etwas steif frisierte Dame im Abendkleid, die eine Überraschung hinter dem Rücken verbirgt.

Prinzipiell schöne Beschreibung, nur ist mir das "listig" im Zusammenhang mit Rundbögen noch nicht ganz klar. Was meinst du damit?

Er seufzte. Es nützt alles nichts. Hausbesuche.
Zitat:
In Zeiten der Pandemie, wo  seine Kirche noch leerer war als sonst schon, ein Gebot der Stunde.
  
Nicht "wo", sondern "in Zeiten der Pandemie, in denen".


Zitat:
Fräulein von Haas empfing ihn höchstpersönlich. Ihre Silhouette stand schwarz und schmal wie die Hieroglyphe einer antiken Keilschrift in der hellen Türöffnung

Das gefiel mir ausgesprochen gut, und ist en ungewöhnliches Bild.

Zitat:
– schließlich stand ein Mann vor ihr, und es war ja bekannt, dass auch Männer Gottes bei gewissen Dingen vor nichts zurückschrecken.

Hier wechselst du die Perspektive. Vorher hast du aus der Perspektive des Pfarrers erzählt. Hast du das bewusst gewählt?

 „Bitte, Hochwürden“, sagte sie, „kommen Sie doch herein! Ich habe Sie schon erwartet!“
Zitat:
Sie trug ein schwarzes Kleid, hochgeschlossen bis zum Hals. Das eisengraue Haar war in der Mitte gescheitelt und in Höhe der Ohrläppchen gerade abgeschnitten, was ihrem schmalen Kopf mit der Hakennase etwas Jungenhaftes verlieh
.
Gefällt mir auch sehr gut, ich würde aber "Gesicht" statt "Kopf" vorschlagen.

Zitat:
Dem Pfarrer schien es, indem er sich setzte, als versinke er im Bodenlosen und könne nur mit einem Kran wieder ans Tageslicht befördert werden.

"indem er sich setzte" klingt ungelenk.
Vll "Als er sich in den Sessel fallen ließ, war es ihm, als ..."

Zitat:
Über das Gesicht der alten Dame glitt ein kurzes, zustimmendes Lächeln. Sie drehte die Weingläser um, die bereits auf dem Tisch neben der Kristallschale mit dem erlesenen Gebäck standen, zog den Korken ab, der in einer Zinnhülse mit Figur steckte, goss sich ein wenig ein, kostete und nickte zustimmend.

"nickt zustimmend" - Wiederholung.

Zitat:
Die Angeredete, die sich gerade mit der Flasche in der Hand wie ein misslungenes Fragezeichen einschenkend über den Tisch beugte

Bei dem Bild "wie ein misslungenen Fragezeichen" kann ich dir nicht folgen. Und auch der Satzbau passt imho nicht ganz.

Soweit erst einmal.
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wunderkerze
Eselsohr
W


Beiträge: 381



W
Beitrag06.10.2020 15:37

von wunderkerze
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo CIPO86,
vielen Dank für deine Verbesserungsvorschläge.

Die listigen Rundbögen waren so ein spontaner Einfall, im Sinne von nicht ganz durchschaubar, verschnitzt, verschmitzt...

Zum "wo". Finde ich besser als die Konstruktion mit 2x in. Stehe da auch nicht alleine:
Wikipedia:
...hingegen sind Staaten oder Regionen, wo autorisierte Nachschlagewerke für...
Diss. Uni Leipzig:
Es gibt aber auch in der Schrift Beispiele, wo ältere Belege...

Zum Perspektivwechsel: Ich habe bewusste die Stellung des "allwissenden Erzählers" gewählt, weil ich denke dann besser in die Psyche der Personen eindringen zu können, als ich es als unbeteiligter Berichterstatter könnte.

Die Wiederholung war mir bewusst, denn sie nickt 2x aus unterschiedlichen Gründen: erstens weil ihr die Antwort des Pfarrers gefällt, zweitens weil sie mit der Verkostung zufrieden ist. Vielleicht fehlt ein erklärendes "wiederholt" oder "abermals".

Das Fragezeichen habe ich gewählt, weil ich damit ihre Figur charakterisieren wollte: schwarz, großer Kopf, dünner Körper. Misslungen, weil ein Fragezeichen senkrecht steht und nicht schräg oder gekrümmt.
Was bitte heißt imho und warum passt dir der satzbau nicht?


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wunderkerze
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CIPO86
Geschlecht:weiblichLeseratte
C

Alter: 37
Beiträge: 183



C
Beitrag06.10.2020 16:24

von CIPO86
Antworten mit Zitat

Naja, Wikpedia-Deutsch ist jetzt nicht gerade der Standard fürs literarische Schreiben Wink
Und was man in Diss. liest, ist auch nicht unbedingt gutes Deutsch.
Zudem passt
Zitat:
hingegen sind Staaten oder Regionen, wo autorisierte Nachschlagewerke für.

auch eindeutig besser als das "wo" in deiner Konstruktion, weil Staaten oder Regionen nun einmal einen Ort darstellen.
"In Zeiten, wo ..." - das ist keine Orts-, sondern eine Zeitangabe.


Zitat:
Die listigen Rundbögen waren so ein spontaner Einfall, im Sinne von nicht ganz durchschaubar, verschnitzt, verschmitzt...

Ich dachte mir so etwas, aber ich finde nicht, dass das passt. Ich würde mir eher bei Erkern diese Beschreibung vorstellen können.

Zitat:
Die Wiederholung war mir bewusst, denn sie nickt 2x aus unterschiedlichen Gründen: erstens weil ihr die Antwort des Pfarrers gefällt, zweitens weil sie mit der Verkostung zufrieden ist.

Habe ich schon verstanden. Aber ich würde nicht zweimal so kurz hintereinander das Wort "zufrieden" gebrauchen.

Zitat:
Das Fragezeichen habe ich gewählt, weil ich damit ihre Figur charakterisieren wollte: schwarz, großer Kopf, dünner Körper. Misslungen, weil ein Fragezeichen senkrecht steht und nicht schräg oder gekrümmt.
Was bitte heißt imho und warum passt dir der satzbau nicht?

IMHO: englische Abkürzung: in my hunble opinion. Meiner bescheidenen Meinung nach.

Mir ist klar, dass du mit dem Fragezeichen ihre Figur beschreiben wolltest. Aber das Bild passt halt imho nicht. Bei "misslungen" denke ich auch nicht als erstes an schräg oder gekrümmt.

Zitat:
ie Angeredete, die sich gerade mit der Flasche in der Hand wie ein misslungenes Fragezeichen einschenkend über den Tisch beugte

Lies es dir doch mal laut vor. Das ist eine Aneinanderreihung von Substantive, dazwischen ein Partizip I. Das einschenkend bezieht man hier beim ersten Lesen auch schwerlich auf die Angeredete.
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Ralphie
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Beitrag06.10.2020 16:56

von Ralphie
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Mir gefällt der Text, und ich finde, dass du schön ins Detail gegangen bist.
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Westmonster
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Beiträge: 94



Beitrag07.10.2020 16:28

von Westmonster
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Gerade den ersten Teil deiner Geschichte habe ich sehr gerne gelesen, weil du so schön bildhaft schreibst und ich mir alles genau vorstellen konnte. Genau das wird mir allerdings ab und zu denn auch zu viel. Ich finde, man sollte dem Leser nicht jedes Häkeldeckchen im Raum einzeln namentlich vorstellen, sondern ihm ein bisschen Luft geben, seine eigenen Bilder im Kopf entstehen zu lassen.

Nichtsdestotrotz ist der erste Teil der Geschichte ganz wunderbar atmosphärisch und ich war gespannt, was passieren würde.

Als du dann zur Perspektive des Fräuleins wechselst, war ich überrascht und habe zwischendurch auch immer mal kurz zurücklesen müssen, um herauszufinden, wer jetzt gerade denkt.

Ab der Beschreibung der persönlichen Historie des Fräuleins ging mir dann alles zu schnell und zu geradlienig. Ab da wirkt der Text auf mich wie ein Überblick über den Plot eines opulenten Familiendramas, aber nicht mehr wie eine Geschichte. Dafür wird mir viel zu viel einfach so präsentiert, ohne die Feinsinnigkeit aus dem ersten Teil.

Ich wünsche mir, dass du aus all dem einen Roman machst. Den kaufe ich!


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Elbenkönigin1980
Reißwolf
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E
Beitrag07.10.2020 16:50

von Elbenkönigin1980
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Eine wirklich sehr gute Geschichte mit einem tollen Überraschungseffekt..ich hätte nie damit gerechnet, dass die Alte Dame den Pfarrer ermordet Twisted Evil
Gut geschrieben, ich konnte mir alles bildlich deutlich vorstellen.
Da hatte der arme Pfarrer in deiner Geschichte ja echt Pech, dass er zufällig das gleiche Feuermal hatte wie ihr Vergewaltiger.
Und es war eindeutig ein Tod im Affekt, für den sie sich am Ende ja so schämte, dass sie sich zu Tode hungerte .

Chapeau...super geschrieben und herrlich bitterböse und am Ende auch sehr traurig, als die Frau an ihren Schuldgefühlen zerbricht. Gut gemacht! Hat mir echt Spaß gemacht das zu lesen
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wunderkerze
Eselsohr
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Beitrag08.10.2020 16:11

von wunderkerze
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Hallo CIPO86
wozu diese Erbsenzählerei? Ich habe die offensichtlichen Fehler berichtigt und meine Sicht erläutert, also was noch?

Hallo Elbenkönigin1980,
vielen Dank für dein wohlwollendes Feedback. Das Feuermal war allerdings nicht der Grund für den Stich, sondern nur der Auslöser. Ursächlich war die Überzeugung, dass Leute wie dieser Pfarrer für den Tod ihres Jesus verantwortlich waren.

Hallo Westmonster, vielen Dank für dein Feedbäck.

Zitat:
 Ab der Beschreibung der persönlichen Historie des Fräuleins ging mir dann alles zu schnell und zu geradlienig. Ab da wirkt der Text auf mich wie ein Überblick über den Plot eines opulenten Familiendramas, aber nicht mehr wie eine Geschichte. Dafür wird mir viel zu viel einfach so präsentiert, ohne die Feinsinnigkeit aus dem ersten Teil.
 
Der Text wechselt nicht nur mehrfach die Perspektive, sondern auch den Erzählstil. Diesen Teil habe ich bewusst als Bericht verfasst, weil ich alles
Anklagende, Psychologisierende vermeiden wollte, denn ich denke, solche Sachen sind schon 100x beschrieben worden. Natürlich hat es mich in der Feder gejuckt, hier in die Vollen zu greifen. Aber ich hatte es mir zum Ziel gesetzt, diese Erzählung auf 12 Manuskriptseiten zu begrenzen, denn ich lese hier häufig Klagen über die Fülle von Texten.

Zitat:
Ich wünsche mir, dass du aus all dem einen Roman machst. Den kaufe ich!

Ich arbeite gerade an einer längeren Erzählung, Arbeitstitel: Schmerzgeschichte. Vielleicht kann ich die Episode da ja unterbringen.

Hallo Ralphie,
auch dir vielen Dank.

LG an alle.

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wunderkerze
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CIPO86
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Alter: 37
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Beitrag08.10.2020 16:38

von CIPO86
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Zitat:
Hallo CIPO86
wozu diese Erbsenzählerei? Ich habe die offensichtlichen Fehler berichtigt und meine Sicht erläutert, also was noch?

Ich habe nur auf deine Fragen geantwortet und meine Sichtweise begründet. Das ist alles.
Offensichtlich hattest du eine andere Erwartung an Reaktionen als ich. Ich dachte, auch wenn der Text hier im Feedbackbereich steht, dass man durchaus auf (aus der eigenen Sicht) Verbesserungspotenzial hinweisen kann.
Ich habe deinen Stil ja ansonsten gelobt.

Aber offensichtlich bist du nicht an ehrlicher Kritik interessiert. Okay, weiß ich jetzt, werde dementsprechend danach handeln.
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Gast







Beitrag19.04.2021 11:26
Hut ab. Nach der Dame, die sich selbst beerbt, der zweite Text den ich von Dir lesen darf
von Gast
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Zitat:
Er seufzte. Es nützt alles nichts. Hausbesuche. In Zeiten der Pandemie, wo  seine Kirche noch leerer war als sonst schon, ein Gebot der Stunde.

Ein Leerzeichen zu viel zwischen „wo“ und „seine“. Ein toller Satz. Aufgedröselt in vier Teile. Bin begeistert. Es ist alles verständlich und man sollte einfach weiterlesen. Ich muss es aber mal rausstellen, sorry. Das könnte fast ein Zitat von und zu Hemingway sein. Warum nicht?
Und: "wo" statt "in": Entscheide es selber. Ich finde, der Pfarrer darf "wo" denken. Das Fräulein als Deutschlehrein natürlich nicht.
Zitat:
Fräulein von Haas empfing ihn höchstpersönlich. Ihre Silhouette stand schwarz und schmal wie die Hieroglyphe … Ihre dunklen Augen verengten sich beim Sprechen manchmal zu schmalen Schlitzen.  

Eine gelungene Charakterisierung in sieben Zeilen. Würde ich drei Stunden dran sitzen.
Zitat:
Altvatersessel mit Rosenmuster und Kordeln

Wundervoll.
Zitat:
Verein zur Rettung aussterbender Wörter …

Köstlich!
Zitat:
Beffchen…

…musste ich nachblättern, dabei bin ich selber evangelisch und bestimmt ein bis zweimal pro Jahr – aber lassen wir das. Ich selber hätte das Bedürfnis, nach Beffchen ein Komma zu setzen und ultrakurz zu umschreiben, was das ist, das Kragenschleifchen des evangelischen Pfarrers auf der schwarzen Amtstracht, die beim Gottesdienst oder Beerdingungen wie ein Talar getragen wird (ist ja auch ein Talar).
Zitat:
Die Miene der Glaubensgewissheit, die wie eine zweite Haut über seinem Gesicht lag…

Ganz ehrlich: Ich zweifle ernsthaft daran, meine Geschichten weiter aufzuschreiben oder gar ein ganzes Buch zu verfassen. Du schreibst einfach in einer höhere Liga. (Andererseits lese ich auch gern Andreas Eschbach, ein Level tiefer, der an sich ganz erfolgreich ist … - aber auch kein wirklicher Maßstab ...)
Zitat:
Stich mit dem Papiermesser…

Oha, unter einem Papiermesser stellte ich mir bislang eine Art Schuhlöffel vor, mit dem man maximal Tapeten zuschneidet. Typischer Baumarktartikel, Plastikgriff, 6,99€ bei Toom … Aber keine Waffe. Dann lieber ein Fleischermesser – das hört sich schon gemeiner an.
Zitat:
Aushäusig

Passt. Der Stil ist gut, angemessen und ohne Rupturen.

Anmerkung:
Im Ernst: Ich finde, Deine An-/Nachbemerkung gehört zu der Geschichte, lasse sie dran. Sie ist der eigentliche Schluss und ein Schlüssel.
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wunderkerze
Eselsohr
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Beitrag21.10.2021 16:37

von wunderkerze
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Hallo Kazuyoshi,

sorry, ich lese jetzt erst dein Feedback, spät zwar, aber hoffentlich nicht zu spät, und danke dir dafür.
Beffchen, eines meiner Lieblingswörter. Ein Kobold der dt. Sprache . . .

Zum Papiermesser: Mir schwebte ein antikes Stück vor (etwa für Eur. 147,80 bei e-Dingsbums), denn ich kann mir nicht vorstellen, dass das Fräulein ein Fleischermesser auf der Kommode liegen hat. Diese Dinger können ganz schön scharf und spitz sein, genauso wie ihre Zunge . . .


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wunderkerze
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