 |
|
Autor |
Nachricht |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 28.09.2020 11:35 Seelenverwandte von DLurie
|
|
|
Willie starrt auf den Bildschirm, eine Selbstgedrehte verglimmt im Aschenbecher, er schüttet den letzten Rest Rotwein aus der Flasche, die er vor einer Stunde entkorkt hat, in sein Glas und überfliegt erneut den Text, mit dem er sich dem weiblichen Publikum im Partnerforum Seelenverwandte vorzustellen gedenkt.
Individualist, Mitte Fünfzig, erste Kratzspuren an der Karosse (geschieden),
aber TÜV neu (Therapie!), Motor überholt und frische Reifen, die vor Lust
auf Abenteuer ohne Navi scharren…
sucht
Gleichgestrickte für zweiten (oder dritten oder vierten) Frühling.
Wahrscheinlich verschreckt der Text immer noch die meisten Bräute, denkt er und kratzt sich nachdenklich den Dreitagebart. Obwohl er die Realität bereits ziemlich aufgehübscht hat. Er kritzelt einige Zeilen auf ein Blatt Papier:
Rostlaube, etwas verbeult, aber noch keineswegs schrottreif,
Spritschlucker (Rotwein), der Unmengen ungefilterte Emissionen produziert (Kettenraucher)
sucht
Weitherzige Mittrinkerin. Lass uns zusammen der Welt den Stinkefinger zeigen! Macht einfach mehr Spaß zu zweit!
Da träfe es ziemlich genau, denkt er, lacht und kippt das Glas in einem Zug runter. Warum nicht mal ehrlich, du hast nichts zu verlieren, denkt er, löscht den ersten Text, überträgt das Gekritzel vom Papier auf den Schirm und meldet sich an bei den Seelenverwandten.
Zwei Monate später sitzt er mit Wilma im Arm in deren kleiner Bude unterm Dach auf der speckigen Ledercouch.
»Hättste wohl nicht gedacht, dass sich auf die Anzeige jemand meldet«, sagt Wilma und streicht ihm zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Nee, eigentlich nicht. Du warst auch die Einzige«, sagt Willie.
Wilma hebt mahnend den Zeigefinger.
»So muss es bleiben, Willie. Ich mag keine Konkurrenz. In der Beziehung bin ich altmodisch.«
»Da mach dir mal keine Sorgen, Wilma.«
Sie nickt zufrieden und streckt ihm ihr Glas entgegen.
»Na denn: Prost Willie. Auf unsere Zukunft!«
12345678Wie es weitergeht »
Weitere Werke von DLurie:
|
|
Nach oben |
|
 |
Care Leseratte
C
Beiträge: 130 Wohnort: Österreich
|
C 28.09.2020 12:40
von Care
|
|
|
Mir ist unklar, wohin du mit diesem Text willst. Ist das der Anfang einer Geschichte?
Ansonsten nicht schlecht geschrieben mit ein paar netten Ideen, allerdings sind mir ein paar Kleinigkeiten aufgefallen. Tipps von meiner Seite wären:
Den ersten Satz aufteilen, den finde ich etwas lang.
Bei der ersten Selbstbeschreibung verwendest du das Wort 'Karosse', unter dem man heute eher ein Luxusfahrzeug (früher Kutsche) versteht. Kann es sein, dass du die 'Karosserie' meinst?
Nach der zweiten Beschreibung gehört meines Erachtens ein 'Das' anstelle des 'Da'.
|
|
Nach oben |
|
 |
hobbes
Tretbootliteratin
 Moderatorin
Beiträge: 4132
|
 28.09.2020 13:19
von hobbes
|
|
|
Care hat Folgendes geschrieben: | Mir ist unklar, wohin du mit diesem Text willst. Ist das der Anfang einer Geschichte? |
Geht mir ähnlich. Ich habe nach dem Lesen direkt noch mal nach oben gescrollt, um zu schauen, welche Kategorien du angegeben hast (und in welchem Bereich ich eigentlich bin), aber hm, so wirklich hilfreich ist das jetzt auch nicht.
Vielleicht wolltest du uns einfach nur mit Willie bekannt machen? Aber unter anderem daduch, dass der Text ausgerechnet auch noch mit einer Zukunft endet, hänge ich so ein bisschen durch und denke so etwas wie: "Moment mal. Und das war es jetzt?"
Ich hätte Willie jedenfalls auch eher auf das zweite Inserat geantwortet. Das klingt viel ehrlicher. Ist es ja wohl auch
Willie und Wilma, fällt mir gerade erst auf, die Namen. Also, dass sie fast gleich sind.
Ansonsten stimme ich Care auch zu, was den ersten Satz betrifft. Als ich beim Glas angelangt war, war der geschüttete Rotwein schon wieder viel zu weit weg.
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 28.09.2020 13:46
von DLurie
|
|
|
Hallo Care,
danke fürs Lesen und den Kommentar.
Care hat Folgendes geschrieben: | Mir ist unklar, wohin du mit diesem Text willst. Ist das der Anfang einer Geschichte?
Ja - ich habe vor, das weiter zu erzählen. Als Einstieg scheint es ja zu funktionieren. Schau mer mal, was mir als Fortsetzung einfällt..
Den ersten Satz aufteilen, den finde ich etwas lang.
Kein Mensch mag mehr lange Sätze. Dabei finde ich den doch ganz klar strukturiert...
Bei der ersten Selbstbeschreibung verwendest du das Wort 'Karosse', unter dem man heute eher ein Luxusfahrzeug (früher Kutsche) versteht. Kann es sein, dass du die 'Karosserie' meinst?
Ich hatte irgendwo gefunden, dass Karosse auch umgangssprachlich für Karosserie verwendet werden kann. Wenn das aber zu Doppeldeutigkeiten führt, muss ich es ändern.
Nach der zweiten Beschreibung gehört meines Erachtens ein 'Das' anstelle des 'Da'.
Danke - korrigiert.
|
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 28.09.2020 13:57
von DLurie
|
|
|
Hallo hobbes,
danke fürs Lesen und den Kommentar. Ich verweise einfach mal auf meine Antworten auf Cares Kommentar, das sollte auch deine Fragen beantworten.
Zum Genre: Da bin ich inzwischen eher zurückhaltend. Wenn man Kurzgeschichte angibt, kommen direkt Belehrungen, warum es keine ist.
Und jetzt überlege ich mir, wie die Story zwischen Wilma und Willie wohl weitergehen könnte...
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 29.09.2020 17:55
von DLurie
|
|
|
Die Fortsetzung. Der Text entwickelt sich in eine ganz andere Richtung, als ursprünglich geplant, so dass ich zumindest noch mal über den Titel nachdenken muss.
Läuft gut mit Wilma; die versteht dich, wie dich noch keine verstanden hat, denkt Willie. Die will dich nicht umbiegen, wie die meisten Bräute, mit denen du vorher zusammen warst. Die hättest du früher kennen lernen müssen. Dann wär vieles besser gelaufen.
Sie schluckt ordentlich, auch harte Sachen, von denen er die Finger lässt. Er sorgt sich um sie. Frauen vertragen ja weniger als Männer. Ist genetisch. Konstitution eben. Einmal musste er sie sogar ins Bett tragen. Am nächsten Morgen, als sie ihren Rausch ausgeschlafen hatte, sagte er ihr, dass er sich Sorgen um sie mache. Da hat sie ihn nur ausgelacht.
Mach dir mal keinen Kopf um mich. Wenn du mich liebhast, dann kümmere dich um dich, Willie, hat sie gesagt.
Das hat er nicht verstanden, es geht ihm nicht aus dem Kopf. Natürlich sorgt er sich um sie, wie sollte er nicht, er liebt sie doch! Und er selbst hat eigentlich keine Probleme. Er ist einer von den disziplinierten Trinkern. Einer von denen, die immer gerade so viel schlucken, dass sie die Kontrolle über die Situation behalten. Und seine Leberwerte sind immer noch okay, nicht ideal, aber auch nicht alarmierend. Du hast so ne Kampfleber, sei froh, hat sein Kumpel Johann mal zu ihm gesagt.
Vielleicht meinte Wilma ja auch mehr seine Qualmerei. Die geht bekanntlich auf die Potenz. Bisher haben sie noch nie so richtig Sex gehabt. Dass es zwischen ihnen ziemlich platonisch zugeht, scheint Wilma aber nicht zu stören. Vielleicht reicht ihr das ja. Jedenfalls drängt sie ihn nicht, und im Moment ist er ihr dankbar dafür. Denn so richtig traut er sich nicht, einen Schritt weiter zu gehen. Schon verdammt lange her, das letzte Mal. Wenn er beim Zigarettenkauf eine Schachtel mit der Aufschrift Rauchen bedroht die Potenz erwischt, tauscht er sie neuerdings gegen eine mit was Harmloserem. Rauchen kann ihr ungeborenes Kind töten oder so. Irgendwann muss er das Thema mal ansprechen. Und wenn sich dann herausstellen sollte, dass sie da doch was vermisst, gibt’s immer noch Viagra.
Vielleicht hängt ihre Zurückhaltung auch mit ihrer Familiengeschichte zusammen. Ihre Tochter Klara hat sich vor drei Jahren das Leben genommen, mit achtzehn Jahren. Irgendwie gibt Wilma sich die Schuld, ist der Meinung, Klara vernachlässigt zu haben. Weil sie – Wilma - immer nur ihren Mann im Kopf hatte. Der ständig fremdging. Nach Klaras Tod hat sie sich dann von ihm getrennt und mit der Trinkerei angefangen.
Sie hat das nur einmal erzählt und Willie hat versucht, ihr das mit der Schuld auszureden, aber sie hörte ihm gar nicht recht zu, so sein Eindruck.
Verglichen mit Wilma hat er viel weniger Grund zu saufen. Da gibt es kein Trauma oder so was.
Er ist ein Kneipenkind. Seine Eltern hatten eine Eckkneipe, wo immer dieselben Typen abhingen. Verlierer, aber oft mit großer Schnauze. Und die Eltern soffen fleißig mit, während er mehr oder weniger hinter dem Tresen im Bier- und Zigarettendunst aufwuchs. Eigentlich hätte für sein Leben kuriert sein müssen. Aber dann, nach dem frühen Tod der Eltern, hat er die Kneipe für ein paar Jahre übernommen und die Tradition des Mittrinkens fortgeführt. Sein Publikum erwartete das irgendwie. Vor ein paar Jahren hat er die Kneipe verkauft, sie warf nicht mehr genug ab. Seitdem hat er keinen Fuß mehr in eine Eckkneipe gesetzt und trinkt meist allein.
« Was vorher geschah12345678Wie es weitergeht »
|
|
Nach oben |
|
 |
yoshii
Wortedrechsler

Beiträge: 63
|
 30.09.2020 08:31
von yoshii
|
|
|
Ich bin im ersten Post über den "Spritschlucker" gestolpert. Es ist eine sehr harte, abwertende Bezeichung, gerade wenn man sie für sich selbst verwendet, bezieht sich zudem eher auf Schnaps als auf Rotwein. Ich vermute, Du wolltest damit zusätzlich die Alkohol-Affinität betonen, bringst damit aber ein Maß der Selbsterkenntnis mit ein, welches meinem Empfinden nach nicht zum Rest passt.
Teil 2 ist subtiler geschrieben, allerdings ist auch hier von Selbsterkenntnis keine Spur, sprich das Harte des ersten Teils findet hier keinen Hinterbau.
Mir gefällt Dein Text dennoch insgesamt gut, nur den Holzhammer würd ich etwas seltener herausholen.
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 30.09.2020 10:19
von DLurie
|
|
|
Hallo yoshii,
danke fürs Lesen und den Kommentar.
yoshii hat Folgendes geschrieben: | Ich bin im ersten Post über den "Spritschlucker" gestolpert. Es ist eine sehr harte, abwertende Bezeichung, gerade wenn man sie für sich selbst verwendet, bezieht sich zudem eher auf Schnaps als auf Rotwein. Ich vermute, Du wolltest damit zusätzlich die Alkohol-Affinität betonen, bringst damit aber ein Maß der Selbsterkenntnis mit ein, welches meinem Empfinden nach nicht zum Rest passt.
Der Spritschlucker bliebe halt ganz gut in der Auto-Analogie, die Willie für seine Selbstbeschreibung wählt. Man könnte das etwas abmildern : hoher Spritverbrauch z.B.
Teil 2 ist subtiler geschrieben, allerdings ist auch hier von Selbsterkenntnis keine Spur, sprich das Harte des ersten Teils findet hier keinen Hinterbau.
Zur Selbsterkenntnis: Keine Spur würde ich nicht sagen. Denn dass er abhängig ist, weiß und sagt mein Prota ja ganz explizit. Er spielt halt die Konsequenzen seiner Sucht runter. Ziemlich typisch für Alkoholiker, denen es noch vergleichsweise gut geht.
|
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
yoshii
Wortedrechsler

Beiträge: 63
|
 30.09.2020 11:05
von yoshii
|
|
|
Ok, das liegt vielleicht an dem Bild des Alkoholikers, welches man selbst im Kopf hat. Für mich ist das hier
Zitat: | Er ist einer von den disziplinierten Trinkern. Einer von denen, die immer gerade so viel schlucken, dass sie die Kontrolle über die Situation behalten. Und seine Leberwerte sind immer noch okay, nicht ideal, aber auch nicht alarmierend. |
kein kein Anzeichen von echter Einsicht.
Aber spätestens beim Herunterspielen sind wir uns dann eh einig, das wird also deutlich.
|
|
Nach oben |
|
 |
wohe
Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 615 Wohnort: Berlin
|
W 30.09.2020 21:02
von wohe
|
|
|
Hallo DLurie,
also, der erste Teil gefiel mir besser.
Warum?
Er ist als eigenständige Kurzgeschichte wirksam, hat skurrile und somit lebendige Elemente (Announcenformulierungen) und fungiert für mich +-halbernst als "jeder Topf findet nen Deckel" oder "Ehrlich währt am Längsten" oder einfach bloß als eine unerwartete und nette Pointe.
Wenn er hingegen der Beginn einer weiter führenden Handlung ist, lässt er zwar alle Optionen offen, die von Dir im zweiten Teil realisierte tendiert allerdings für meinen(!) Geschmack zu sehr ins übliche Alkohol-Problem-Bearbeiten und diesbezügliche Rezensionen findet man in den Öffentlich-Rechtlichen n Mal pro Tag. Das wäre echt Perlen vor die Säue werfen (Deine Schreibe gefällt mir ansonsten nämlich gut).
Bitte schreib also weiter und verlier Dich nicht in einem zu banalen Thema.
MfG Wohe
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 30.09.2020 21:47
von DLurie
|
|
|
Hallo wohe
danke fürs Lesen und den Kommentar.
wohe hat Folgendes geschrieben: |
also, der erste Teil gefiel mir besser.
Warum?
Er ist als eigenständige Kurzgeschichte wirksam, hat skurrile und somit lebendige Elemente (Announcenformulierungen) und fungiert für mich +-halbernst als "jeder Topf findet nen Deckel" oder "Ehrlich währt am Längsten" oder einfach bloß als eine unerwartete und nette Pointe.
Da sieht man mal wieder wie unterschiedlich die Geschmäcker sind. yoshii fand Teil 2 subtiler und zwei der Vorposter - Care und hobbes - erwarteten nach dem ersten Teil eine Fortsetzung.
Wenn er hingegen der Beginn einer weiter führenden Handlung ist, lässt er zwar alle Optionen offen, die von Dir im zweiten Teil realisierte tendiert allerdings für meinen(!) Geschmack zu sehr ins übliche Alkohol-Problem-Bearbeiten und diesbezügliche Rezensionen findet man in den Öffentlich-Rechtlichen n Mal pro Tag. Das wäre echt Perlen vor die Säue werfen (Deine Schreibe gefällt mir ansonsten nämlich gut).
Bitte schreib also weiter und verlier Dich nicht in einem zu banalen Thema.
Ich lass Willie und Wilma einfach mal weiterlaufen, auch auf die Gefahr hin, dass es so ein 0815-Alkoholikerdrama wird.
|
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
hobbes
Tretbootliteratin
 Moderatorin
Beiträge: 4132
|
 01.10.2020 11:37
von hobbes
|
|
|
Hallo nochmal,
ich lese das (die Fortsetzung) noch nicht als "richtige" Geschichte mehr als eine Suche nach ihr, eine Art des sich hineinschreibens. Würfe ja auch zu dem passen, was du darüber schreibst, also, dass du selbst noch nicht so recht weißt, wo es hingeht mit den beiden.
Als "echte" Geschichte wäre mir der zweite Teil zu sehr "ich erkläre der Leserin die Welt", zu "rückblendig" und infolastig.
So aber finde ich die beiden immer noch sehr spannend, Willie irgendwie rührend mit seiner Sorge, seinem Bemühen. Wilma, nun ja, zu Wilma kann ich noch nicht viel sagen, da ich nur über Willie von ihr erfahre. Aber ich gehe mal darin konform, dass er guten Grund hat, sich um sie zu sorgen
Ich werde die beiden definitv weiter im Auge behalten.
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 01.10.2020 16:09
von DLurie
|
|
|
Hallo hobbes,
freut mich, dass du dran bleiben möchtest. Habe auch schon das nächste Kapitel gepostet.
hobbes hat Folgendes geschrieben: |
ich lese das (die Fortsetzung) noch nicht als "richtige" Geschichte mehr als eine Suche nach ihr, eine Art des sich hineinschreibens.
Genau. Ich versuche es zur Abwechslung mal mit 'trust the process'. Kein Plot, nur die beiden Charaktere.
Als "echte" Geschichte wäre mir der zweite Teil zu sehr "ich erkläre der Leserin die Welt", zu "rückblendig" und infolastig.
Ich weiß immer noch nicht recht, was eine echte Geschichte eigentlich ausmacht. Es gibt so viele Variationen
|
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 01.10.2020 16:10
von DLurie
|
|
|
Sie sind zusammen mit seinem Uralt-Golf nach Holland gefahren und zelten seit zwei Tagen auf einem Campingplatz in einem Wald hinter den Dünen. Wilma hat den Vorschlag gemacht: Tapetenwechsel. Sie kennt den Platz wohl von früher, die gesamte Ausrüstung stammt von ihr.
Es ist Nachsaison, der Platz ist halb leer, sonnige Herbsttage, nachts wird es schon recht kalt. Heute sind sie den ganzen Tag am Strand entlang geschlendert, Hand in Hand, fast ohne Worte. Oft wirkt Wilma völlig abwesend und gedankenverloren, er würde gerne wissen, was in ihrem Kopf vorgeht, scheut sich aber, sie zu fragen.
In der Abenddämmerung sitzen sie in Trainingsanzügen und Pullovern auf Campingstühlen vor ihrem Zelt. Wilma rührt in einem Topf mit Ravioli, der auf einem kleinen Gaskocher steht, summt dabei die Melodie von Donna Donna, während er eine Flasche Rotwein entkorkt.
»Was bedeute ich dir eigentlich?«, fragt Willie.
Sie sieht auf, offensichtlich überrascht von seiner Frage.
»Wie kommst du jetzt darauf?«
»Du bist oft so weit weg, Wilma. Oder besser: Du scheinst mit jemandem anderem hier zu sein. Mit deiner Tochter. Stimmt’s?«
Sie wendet den Blick ab und starrt in den Blechtopf.
»Klara ist immer dabei. Uns gibt’s nur im Doppelpack.«
»Ihr wart schon mal zusammen hier?«
»Ja, einige Male. Da war sie zwölf oder dreizehn. Ein verschlossenes Kind. Aber hier war sie immer glücklich. Glaub ich.«
Willie nimmt einen tiefen Schluck aus der Flasche.
»Und du? Warst du denn damals glücklich?«
»Ich? Na ja – ich hab halt wie immer auf meinen Freddy aufgepasst. Der gab auch hier den Charmeur und ich Depp war krankhaft eifersüchtig. Gib mir mal die Flasche.«
Willie reicht ihr den Rotwein.
»Dann bin ich also so ne Art Ersatz-Freddy? Wie krank ist das denn!«
»Quatsch, Willie! Du bist kein Ersatz. Du bist ganz anders als mein Ex. Der war einfach ein Arschloch. Ich hab das nur zu spät bemerkt. Leider. Aber lass uns das Thema wechseln. Die Ravioli sind fertig.«
Zwei Flaschen Rotwein später, es ist schon dunkel, beschließen sie, früh schlafen zu gehen. Sie krabbelt auf allen Vieren voran ins Zelt.
»Wird kalt heute Nacht, Willie. Willst du zu mir? Ist so’n Doppelschlafsack.«
Er antwortet nicht sofort, leuchtet ihr stattdessen mit der Taschenlampe ins Gesicht. Sie sieht ganz nüchtern aus.
»Was ist jetzt? Kommst du?«, hakt sie nach.
Er kriecht an ihre Seite. Du wirst nicht schlau aus dieser Wilma, denkt er bevor er einschläft.
« Was vorher geschah12345678Wie es weitergeht »
|
|
Nach oben |
|
 |
Care Leseratte
C
Beiträge: 130 Wohnort: Österreich
|
C 01.10.2020 17:05
von Care
|
|
|
Deine Fortsetzungen gefallen mir gut, die Geschichte entwickelt sich und die Charaktere bekommen mittlerweile Farbe.
An ein paar Kleinigkeiten hab ich mich beim Lesen gestoßen. Im zweiten Teil finden wir uns am Anfang in seinen Gedanken, dann wechselt die Sichtweise und plötzlich haben wir anstelle des dich und du ein er. In dem Satz
'Sie schluckt ordentlich, auch harte Sachen, von denen er die Finger lässt.' würde ich statt 'er' Willie schreiben, dann kommt dieser Bruch nicht so abrupt. Kann aber sein, dass andere das nicht als störend empfinden.
Im dritten Teil ist es zum einen das Wort 'Depp', das sich Wilma an den eigenen Kopf wirft. Hab ich von Frauen eigentlich noch nie gehört, so betiteln sich meines Erachtens nur Männer. Vielleicht wäre 'Dumme' oder 'Dumpfbacke' besser, wenn sie sich schon beschimpfen muss. Ich würde das Wort aber streichen.
Als Letztes glaub ich nicht, dass er den Satz 'Wie krank ist das denn?' zu ihr sagen würde. Das ist schon ziemlich respektlos und ich denke, das sagt er nicht zu ihr, wenn er sich grad in sie verliebt hat.
Ein 'Na besten Dank' oder so ähnlich würde mMn besser passen.
Ansonsten wieder gut geschrieben und ich freu mich auf eine Fortsetzung.
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 01.10.2020 19:37
von DLurie
|
|
|
Hallo Care,
freut mich, dass es dir gefällt.
Ich habe praktisch alle deine Verbesserungsvorschläge übernommen. Sehr hilfreich - danke!
Mit der Fortsetzung wird es wohl etwas dauern. Zum einen, weil ich noch keinen Schimmer habe, wie es genau weitergehen könnte, und zum anderen, weil ich jetzt erst mal für zwei Tage unterwegs bin.
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
Care Leseratte
C
Beiträge: 130 Wohnort: Österreich
|
C 01.10.2020 21:05
von Care
|
|
|
Ich freue mich, wenn ich helfen konnte. Dafür ist dieses Forum ja da. Und Schreibdruck ist nicht nötig, warte einfach, bis die richtigen Ideen fließen. Bei mir helfen da Waldspaziergänge *zwinker*.
|
|
Nach oben |
|
 |
hobbes
Tretbootliteratin
 Moderatorin
Beiträge: 4132
|
 01.10.2020 21:16
von hobbes
|
|
|
Care hat Folgendes geschrieben: | Bei mir helfen da Waldspaziergänge *zwinker*. |
Ein Seelenverwandter!
(und ja, zum Text sag ich dann auch noch mal was)
(demnächst)
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 03.10.2020 17:48
von DLurie
|
|
|
Die Fortsetzung, nach einem Waldspaziergang.
Willie sitzt in seiner Wohnung, in der er sich, seit er mit Wilma zusammen ist, kaum noch aufgehalten hat.
Vorgestern Abend, zurück von dem Holland-Trip, hat er sie an ihrer Wohnung abgesetzt und sich von ihr mit den Worten Ich melde mich verabschiedet. Sie hat ihn nur ernst angesehen, in ihrem Blick die Frage: Gibst du etwa schon auf? Dann hat sie sich auf dem Absatz umgedreht und ist wortlos verschwunden.
Er braucht jetzt erst mal eine Auszeit. Wilma überfordert ihn, ihr Schweigen, ihre hartnäckige Art, sich in ihr Leid zu vergraben. Er würde ihr gern helfen, aber er weiß einfach nicht wie. Körperlich ist er ihr näher gekommen in ihrem Doppelschlafsack, doch es scheint ihm, als hätte Sex keine Bedeutung für sie, als lasse sie es geschehen, weil es nun mal dazugehört. Sie hat eine Mauer zwischen ihnen errichtet, ihre Unnahbarkeit stimmt ihn traurig und verletzt auch ein wenig seinen Stolz.
Und da gibt es auch noch das rote Lämpchen, das blinkt und ihn warnt: Lass die Finger von dieser Braut, der kannst du nicht helfen. Das ist eine Nummer zu groß für dich.
Was soll er nur machen? Er suchte eine unkomplizierte Frau zum Trinken, Lachen, Spaß haben. Weil er nicht mehr allein aufwachen wollte. Und verguckt sich ausgerechnet in eine Frau mit einer solchen Vergangenheit. Er hängt an ihr, ohne dass er genau weiß, warum. Seit zwei Tagen geht sie ihm nicht aus dem Kopf. Er schaut auf sein Handy. 21:30 Uhr. Was sie wohl gerade treibt? Sie wird nicht anrufen, denkt er, zögert, wählt schließlich ihre Nummer. Er lässt es lange klingeln, will schon wieder auflegen, da meldet sie sich endlich.
»Hallo Willie. Sehnsucht nach dem Doppelschlafsack?«
Ihre Stimme klingt ganz verwaschen, dann lacht sie schallend auf.
»Du hast schon ordentlich getankt, Wilma.«
»Wie sagst du immer, Willie: Die Leber ist ein geduldiges Organ.«
Er hört sie leise kichern und fragt, ob er vorbeikommen soll.
»Lass mal stecken, Willie. Nicht mehr viel los mit mir heute. Klingel doch morgen noch mal durch.«
Sie legt auf.
Er dreht sich eine Zigarette, zündet sie an und inhaliert tief. Seine Hände zittern. Irgendwie hat er ein ungutes Gefühl. Dann zieht er seinen Parka über und macht sich in aller Eile auf den Weg zu ihr.
« Was vorher geschah12345678Wie es weitergeht »
|
|
Nach oben |
|
 |
Care Leseratte
C
Beiträge: 130 Wohnort: Österreich
|
C 03.10.2020 18:21
von Care
|
|
|
Die Fortsetzung liest sich, als hätte der Waldspaziergang geholfen *lach*. Hab so gut wie nichts zum Nörgeln, im Gegenteil, jetzt kommt Spannung auf und man identifiziert sich mehr und mehr mit dem guten Willie.
Gestolpert bin ich nur über den Spruch 'Lass mal stecken' von Wilma, der ist in Österreich überhaupt nicht geläufig. Wobei ich jetzt nicht annehme, dass die gute Dame eine sexuell untergriffige Anspielung macht, wobei die Meldung mit dem Doppelschlafsack dazupassen würde.
|
|
Nach oben |
|
 |
DLurie
Klammeraffe

Beiträge: 880 Wohnort: Zwischen den Stühlen
|
 03.10.2020 20:26
von DLurie
|
|
|
Hi Care,
danke für die treue Begleitung.
Care hat Folgendes geschrieben: |
Gestolpert bin ich nur über den Spruch 'Lass mal stecken' von Wilma, der ist in Österreich überhaupt nicht geläufig. Wobei ich jetzt nicht annehme, dass die gute Dame eine sexuell untergriffige Anspielung macht, wobei die Meldung mit dem Doppelschlafsack dazupassen würde. |
Nein - es war nicht als sexuell untergriffige Anspielung (das muss ich mir merken!) gemeint. Bedeutet hier soviel wie: Das lass mal lieber sein. Ich habe leider nichts zur Etymologie der Redensart gefunden.
LG
DLurie
|
|
Nach oben |
|
 |
Care Leseratte
C
Beiträge: 130 Wohnort: Österreich
|
C 03.10.2020 21:36
von Care
|
|
|
Hallo DLurie, macht ja Spaß, deinen Text zu lesen. Was die Redensart anlangt, vielleicht ist sie ja in Deutschland gebräuchlich und andere hier im Forum stoßen sich nicht daran.
Ansonsten wäre vielleicht deine Erklärung des Spruchs eine Alternative.
"Lass mal lieber sein, Willie" würde mir besser gefallen.
|
|
Nach oben |
|
 |
|
 |
Seite 1 von 3 |
Gehe zu Seite 1, 2, 3 |
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Empfehlung | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|