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Das Gespinst


 
 
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Innerdatasun
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 59
Beiträge: 52
Wohnort: Hamburg


Beitrag30.12.2020 09:36
Das Gespinst
von Innerdatasun
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Auch diese Erzählung gehört zu meinen im Planung befindlichen Erzählungsband "die Surrealistischen Nächte".

Pitch: Das Gespinst beginnt wie ein Heist Thriller im Tarentino Stil und wechselt dann in ein metaphysisch kafkaeskes Kammerspiel, um dann irgendwann zu einer Art von Mini Dystopie zu werden, die einem am Ende ein paar Gehirnzellen kostet.

Aufgrund seiner Länge werde ich es in zwei Teilen hier reinstellen. Was auch extrem gut passt, weil in der Mitte es einen Twist gibt, der sich gewaschen hat. Shocked
Der erste Teil ist noch recht konventionell in seiner Dramaturgie. Im zweiten Teil wird es einen extremen Bruch geben. Mich interessiert dann natürlich, wie gut nachvollziehbar ist das alles und ist das Ende später auch verständlich.
Jetzt aber erst mal der erste Teil.


DAS GESPINST (Teil 1)
Die beiden Männer waren zu allem bereit, hatten nichts mehr zu verlieren. Die Bank beobachteten sie schon eine ganze Weile. Sie lag am Stadtrand einer in etwa 400.000 Einwohner fassenden Großstadt, irgendwo im Westen des europäischen Kontinentes.
Es sollte der definitiv letzte Coup werden. Danach war Urlaub angesagt. Urlaub für immer – von dem ganzen Scheiß. Diese Hatz nach dem Geld, der Kick nach der Gefahr. Damit sollte Schluss sein. Sie brauchten noch zwei Hasardeure, die wie sie nichts mehr zu verlieren hatten.
Frank fand sie in dem Kolumbianer Carlos und dem Deutschen Heinrich. Frank selber war Engländer und sein bester Freund Gustav natürlich Franzose. Wie es sich gehörte für eine bunte internationale Truppe. Darauf legte Frank großen Wert.
Also saßen sie am Vorabend in Franks Lieblingsitaliener bei einer gigantischen Steinofenpizza und drei bis vier Flaschen Chianti zusammen und bequatschten den Coup. An diesem Abend musste klar werden, ob sie zusammenkommen würden oder noch am selben Abend wieder auseinandergingen. Die Chemie sollte stimmen, und die Jungs mussten ihre Grenzen kennen; das war Frank wichtig. Die Anzahl der am Ende noch geschlossenen Flaschen Chianti würden Frank darüber Auskunft geben. Er hatte für solche speziellen Verbindungen einen inneren Kompass. Gegenseitiges Vertrauen war wichtig, aber es musste eine Handbreit unter der Launigkeit eines geselligen Abends bleiben. Ansonsten waren sie sich über die Details schnell im Klaren. Zwei Motorräder, die vor der Bank auf sie warteten. Einer fuhr, der andere sollte die Beute halten. Ein Fluchtwagen, der in etwa 10 Kilometer Entfernung auf einem alten Güterbahnhof unter Planen bereitstand. Danach die etwa 30-minütige Fahrt zu einem kleinen Flugplatz. Die Zweimotorige würde sie außer Landes bringen. Später sollten sich ihre Wege trennen.
Heinrich und Carlos machten auf Frank einen soliden Eindruck. Nicht zu durchgeknallt, aber auch brutal genug, um die Regeln durchzusetzen. Denn die gab es, wenn man eine Bank überfallen wollte. Das war alles nicht so kompliziert, erklärte Frank. Man musste einfach nur die wesentlichsten Punkte wie auf einer Einkaufsliste abhaken.
 Da war auf jeden Fall der Wachmann, der meist am Eingang stand. Diesem gehörte die erste Kugel. Sie würden warten, bis er auch tatsächlich dort stand und nicht mit der hübschen blonden Schalterbeamten flirtete, wie er es gerne tat. Ein gut platzierter Schuss, ein wenig Blut und ein Toter reichten meist schon aus, um Panik in der Bank auszulösen. Wie schon gesagt – sie hatten nichts zu verlieren. Es gab nur drei Möglichkeiten am Ende des Tages erklärte ihnen Frank. Urlaub, Knast oder Tod.
 Zu dieser Zeit würden in etwa 30 Personen inklusive Angestellte in der Bank sich befinden. Panik war gut, konnte aber schnell ineffektiv werden. Am Eingang stand auch ein handlich metallischer Standaschenbecher. Ein Griff, ein Wurf. Die Dinger machten einen Höllenlärm, wenn sie auf dem Marmorboden aufschlugen. Aufmerksamkeit bei allen Anwesenden garantiert. Die Schockstarre sollte für einige Minuten reichen. In der Zeit würde Heinrich den Geschäftsführer an seiner Krawatte in den Tresorraum zerren und sich Klunker und alles, was die Bank von ihren Kunden besaß, aushändigen lassen. Es gab eine Zentralverriegelung für alle Fächer, damit es schnell gehen musste – im Notfall. Und damit auch der Geschäftsführer spurte, hatte Carlos noch früh am Morgen seine hübsche Ehefrau besucht. Der blutige Ringfinger in einer kleinen Schatulle eingepackt, ein Foto von ihr auf dem Handy, vor dem geschockten Gesicht des Mannes; das war der beste Schlüssel, den es in dieser Situation geben konnte.
Vorne an den Schaltern würden Gustav und Carlos in der Zwischenzeit die Peanuts einsammeln. Wie schon gesagt, das war alles keine höhere Mathematik, wie Frank ihnen erklärte, sondern eher Speedshopping mit ein wenig Tollschocken.
Der Tag war ungewöhnlich warm. Kein Wölkchen am Himmel, als die Männer ihr Programm abspulten. Alles klappte wie am Schnürchen. Der obligatorisch ausgelöste Alarm, den sie sowieso nie verhindern konnten. Es war ihnen am Ende auch egal, wo genau der Knopf sich befand und wer eventuell am heutigen Tag dafür verantwortlich war, die Bulle zu alarmieren. Es stachelte die Männer nur noch weiter an.
 Die Eingangstür fest im Blick, stürmten sie nach nur 5 Minuten; einem schwer getroffenem Wachmann, ein scheppernder Aschenbecher und blutigem Ringfinger später gemeinsam darauf zu. Carlos, der sich in diesem Moment gerade vorne befand, hielt plötzlich an. Frank traute seinen Sinnen nicht. Er saß schon gedanklich auf dem Motorrad und ging im Kopf die Strecke durch die sie fahren mussten.
  „Was, was ist los – Mann?“, fragte Frank perplex.
  „Ich hab was vergessen?“, antwortete Carlos und starrte in die Bank zurück.
  „Du hast was vergessen? Willst du mich verarschen Carlos?“, flüsterte Frank ihm zu. Er schaute verstohlen in die Bank, um sicher zu sein, das alle noch in Schockstarre auf ihren Positionen verharrten und nichts mitbekamen.
Oder was verloren - ?, antworte Carlos und starrte Frank verwirrt an.
  „Oder was verloren -?“, wiederholte Frank die Worte.   
„Was denn nun. Etwas vergessen, oder was verloren?“
  „Ich weiß nicht?“
  „Du weißt nicht?“ In Frank Kopf spuckten Tausende Gedanken herum. Keiner davon ergab gerade irgendwie einen Sinn. Er schaute hinüber zu Heinrich und Gustav, welche die Szene ebenfalls beobachteten. „Was denn mit euch – auch was vergessen?“ Er schaute sie giftig an. Gustav hatte seinen Kumpel so noch nie gesehen. Er geriet völlig aus der Fassung.
„Na, dann hopp -“, gestikulierte Frank hektisch. „- Fahrt schon mal los. Wir treffen uns am verabredeten Punkt“, zischte er sie an und schob sie zur Tür. Danach drehte sich Frank zu Carlos und stieß ihn in Richtung der Schalter. „Dann such gefälligst -“ Carlos strauchelte und fiel lang hin, so das er direkt bei einem älteren Herrn landete, der inzwischen langsam wieder die Hände vom Kopf nahm.
Als Frank sich wieder zur Tür drehte und sich ins Geheimen schon entschlossen hatte, ohne Carlos loszufahren, standen Heinrich und Gustav immer noch dort. Gustav umklammerte zitternd den Griff der Tür, aber er war anscheinend zu kraftlos, um sie zu öffnen. Draußen hinter dem Glas war das strahlend helle Sonnenlicht des gerade anbrechenden Herbsttages zu sehen und wies ihnen den Weg in die Freiheit.
Hier stimmte etwa nicht. Hier stimmte etwas ganz gewaltig nicht. Aber was es genau war, das wusste Frank in diesem Moment auch nicht so recht. Er war am Zögern hinauszutreten und blickte in die Bank. In seinem Kopf spielte sich schon Plan B ab. Geiselnahme – Fluchtszenario, mit bereitgestellten Wagen, vielleicht auch eine kurze Exekution zur Bekräftigung ihre Entschlossenheit, - das ganze Programm eben. Jetzt vor die Tür zu treten, könnte das Ende sein. Er schaute kurz auf die Uhr. Sie hatten schon wertvolle Minuten verloren. Mit Sicherheit würde draußen vor der Tür schon das halbe Revier und diverse Sondereinsatzkommandos auf sie warten. Seine Hand ließ den Griff los und er trat mit nachdenklichem Blick langsam in die Bank zurück.
 Frank hatte richtig vermutet. Draußen vor der Bank waren inzwischen mehrere Einsatzwagen vorgefahren und hatten das Gebäude weiträumig abgesperrt. Flucht war unmöglich. Drinnen versuchte Frank und seine Leute inzwischen über den Hinterausgang die Flucht. Die Tür dort war nur angelehnt. Außerhalb schien die Luft rein zu sein. Der Einsatzleiter, Inspektor Dumas, ein alter Hase, hatte ihnen dort einen Korridor gebaut. Einen Fluchtweg, der ihnen Sicherheit vorgaukeln sollte. Ein Trick, der in seiner langen Amtszeit schon häufiger funktioniert hatte und so Täter von Opfern schnell trennen sollte. Wichtig war nur, den Tätern eine gewisse Sicherheit vorzugaukeln. Es stand nur ein schmaler Zeitkorridor zur Verfügung, in der dieser Trick funktionieren konnte; bevor sich Leute wie Frank meist zum Verbleib entschließen, und sie somit alle das Geiselnehmerszenario an der Hacke hatten. In der Zwischenzeit würden Dumas Leute durch den Vordereingang die Bank stürmen und die Leute rausholen können.
Noch bekamen Frank und seine Leute von all dem nichts mit, als sie schließlich am Hintereingang nur die Tür aufstoßen mussten, um ins Freie zu gelangen. Hinter der Bank war eine kleine Parkanlage zu sehen. Die Sicht war frei. Einige Vögel zwitscherten frohlockend. Nichts deutete draußen auf Probleme hin. Vielleicht waren die Bullen noch auf dem Weg. Wichtige Sekunden, die über Hop oder Top, Knast oder Urlaub entschieden.
Inzwischen waren am Vordereingang jeweils zwei Gruppen mit drei schwervermummten Polizeibeamten an der gläsernen Tür angekommen. Die Angestellten und Kunden der Bank hatten sich inzwischen von ihren liegenden Positionen erhoben und deuteten den Beamten an hereinzukommen. Mit Handzeichen deuteten sie ihnen an, dass die Männer im hinteren Bereich der Bank sich aufhalten würden.
Vorne an der Tür befand sich Richard, ein ausgebuffter Beamter und schon 20 Jahre im Dienst. Er hatte solche Einsätze schon zu Genüge geführt und kannte die Abläufe im Schlaf. Aber heute war alles irgendwie anders. Seine Hand umschloss den Griff der Tür, aber sein Verstand konnte nicht die nötigen Befehle ausgeben, diesen auch hinunterzudrücken und die Tür aufzustoßen. Es bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn, die ihm unter der Maske durchliefen. Es war lange her, dass er von so etwas belästigt wurde. Er achtete streng darauf, nicht zu transpirieren – für ihn eher ein Zeichen von Schwäche. Der Schweiß schmeckte auch nicht salzig, als sie ihm über die Zunge liefen, sondern eher sauer. Er erschrak daraufhin und lies den Griff los. Mit zwei kurzen Handbewegungen nach hinten wollte er gerade den Einsatz abbrechen, als ihn die Kugel Franks traf. Er und seine Leute hatten die Hintertür erfolglos ins Schloss gleiten lassen und wollten gerade Plan B ausrollen, als sie vorne in der Schalterhalle das Dilemma sahen.
Das Glas der Tür zersplitterte in tausend Teile und ein minutenlanges Gefecht zwischen Franks Leuten und den draußen postierten Polizisten zersiebte die Bank.
 Nach 1o Minuten Dauerfeuer, in denen wie bei Butch and Sundance Kugeln in der Luft ausgetauscht wurden, erstarb allmählich das bleierne Orchester. Es hinterließ ein Wimmern und Stöhnen von Verwundeten und Verängstigten. Carlos war verletzte und Heinrich tot. Gustav hatte sich in die hinterste Ecke der Bank verkrochen. Nur Frank stand in der Eingangstür und war nun zu allem bereit. Es ging jetzt nur noch um Knast oder Tod. Den Urlaub hatte er abgeschrieben. Der Eingang war freigeschossen, nur das Glas der Tür knirschte unter seinen Füßen. Draußen vor ihm, auf der anderen Seite dieser Barriere stand Inspektor Dumas. Beiden hatten sie ihre Waffen aufeinander gerichtet. Und beiden Männer, so unterschiedlich sie auch waren, so gegenteilig ihre Anschauungen und Ziele auch sein mochten, wussten in diesem Moment, dass hier an diesem Ort etwas ganz und gar nicht stimmen konnte.



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Calvin Hobbs
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Beitrag07.01.2021 20:50

von Calvin Hobbs
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Hallo smile
Schwierig ...
Zum einen empfinde ich da Setting als okay, aber leider doch nur 08/15, da es solche Banküberfälle zigfach z.B. in Filmen gibt. Man merkt, dass es nur als Aufhänger für etwas anderes dient. Zum anderen erschwert mir das Hin- und Herspringen zwischen allen Figuren in einem so kurzen Text die Konzentration. Dazu kommt, dass die Gangster keinerlei wirkliche Motive haben und ich nichts, außer ihrer Nationalität erfahre und, dass sie keine Alkoholiker sind.
Dadurch verpufft für mich, was auch immer dann mit Carlos passiert. Sicherlich soll es aus dem Nichts kommen, aber da ich nur den Namen des Mannes kenne, lässt mich dieser Moment ratlos und unberührt. Es werden hundert Punkte in dem Text abgearbeitet, aber es entsteht keine Atmosphäre für mich.
Letzter Punkt: Ich halte den Begriff "Hasadeur" für altmodisch und würde ihn eher in die 1950/60 verorten. Und mit dem Namen "Heinrich" kommen eigentlich immer nur englischsprachige Autoren in Geschichten über den Zweiten Weltkrieg.
Wenn wenigstens Frank und z.B. Carlos und Dumas liebevoller ausgearbeitet wären, würde die Geschichte mich als Leser viel stärker einbeziehen. Ganz zu schweigen vom Banküberfall-Vehikel. Immer nur zu behaupten, dass "irgendetwas nicht in Ordnung ist", mag sich in Deinen Gedanken sehr gut anfühlen, hat aber leider Null Aussagekraft.
MfG


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Innerdatasun
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Wohnort: Hamburg


Beitrag08.01.2021 14:24
Das Gespinst Teil 2
von Innerdatasun
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Hallo Calvin, erst mal Danke für die Kritik. Im Grunde weiß ich was du meinst und man kann die Kritik evtl. auch bis zu dieser Stelle der Geschichte so stehen lassen. Vielleicht klärt sich einiges ja mit dem 2. Teil für dich.

Das Gespinst Teil 2

Man nannte es später nur das Gespinst. Irgendwann musste man ein Wort dafür finden für das, was damals an jenem für uns alle schicksalshaften Tag dort passierte. Es veränderte uns alle. Unser Leben auf dem Planeten, unser Verständnis von den Dingen, die bis dahin unser aller Leben bestimmten.
Heute, an jenem Tag, von dem aus wir auf diesen einst verhängnisvollen Moment zurückblicken, der nun schon so lange zurücklag, da dürfen wir wieder Hoffnung schöpfen. Die Menschheit hat nach langer Zeit des Innehaltens, einer langen Zeit der Verzweiflung, aber auch einer ebenso langen Zeit des Forschens an diesem Phänomen; endlich einen Weg gefunden. Ob am Ende des Weges auch vor einer Lösung steht, das werden die nächsten Stunden entscheiden.
Noch nie in der langen Phase der Menschheit, vielleicht nur noch bei der Mondlandung, haben wir gemeinsam auf einen Ort geschaut, hat die Menschheit gemeinsam an einer Sache gefiebert. Dafür wurden allerorts Monitore und Großbildleinwände aufgebaut, so das die Bevölkerungen, die Menschen sämtlicher Nationen, wo auch immer sie gerade waren, diesem Ereignis beiwohnen konnten.
 Aber alles der Reihe nach. Was geschah, nachdem Dumas und Frank sich gegenüberstanden und schließlich ihre Waffen senkten. Das Gespinst hatte den Ort für sich eingenommen und ihn nicht mehr losgelassen. Es gab für niemanden ein hinein und hinaus. Der Ort, der hier eine Bank war, aber auch jeder andere Ort auf dem Planeten hätte sein können, war wie vernagelt. Eine unsichtbare unüberwindbare Wand befand sich zwischen den Menschen dort draußen und den Menschen innerhalb des Gebäudes. Wenn man vom heutigen Tage auf die Vergangenheit blickte, dann muss man fast schon lachen, wozu Menschen in ihre Verzweiflung fähig waren. Der Überfall, der alle an diesen Ort führte, war nach einer gewissen Zeit der Ratlosigkeit zur Nebensache geworden. Es galt diesen Ort wieder begehbar zu machen. Schließlich befanden sich dort Menschen, die Opfer waren und wieder zu ihren Familien wollten. Die Bande war ebenso ratlos wie willenlos. Die Angestellten und Kunden arrangierten sich nach einer gewissen Zeit mit den Tätern. Zu Anfang hielt man noch Abstand, richtete sich so gut es mit den vorhandenen Mitteln eben ging, in den Räumen ein.
Die Rettungskräfte, die schnell am Ort des Geschehens eintrafen und die offene, zerschossene Glastür betrachteten, waren ebenso unfähig die Bank zu betreten wie alle anderen, die nach ihnen kamen. Der Bürgermeister, Politiker, Parlamentarier, Prediger und irgendwann auch Wissenschaftler; sie alle schauten verdutzt. Es war nicht so, das man nicht wusste, was man zu tun hätte; wenn man denn Reden halten unter eine Tat verbuchte. Man stellte schnell fest, auch wenn man nicht hinein kam, dass man doch Dinge hineinwerfen bzw reichen konnte. So gelangten schließlich Matratzen zum Schlafen und die ersten schnell herbeigeschafften Pizzapackungen; für den langsam aufkommenden Hunger in das Gebäude.
Nach einigen Tagen wurden radikalere Methoden gewählt, um dieser unsichtbaren Barriere Herr zu werden. Aber auch durch das mit einer Abrissbirne herausgeschlagene Loch in einer Seitenwand, verschaffte man sich keine Besserung der Situation.
 Nach zwei Wochen wurden durch die offene Tür hindurch, zumindest Frank und seiner Bande der Prozess gemacht. So viel Sorgfalt und Recht musste sein. Frank und seine Kumpels schauten sich das Szenario leicht belustigt von ihren Matratzen aus an. Es konnte ja niemand hinein, um sie dem vor der Tür tätigen Richter vorzuführen. Sie wurden alle zu zweimal lebenslänglich verurteilt. Frank verschlief die Urteilsverkündung allerdings.
Fernsehteams aus aller Welt hatten sich vor dem Gebäude eingerichtet. Es wurde von nichts anderem mehr berichtet. Jeder durfte einmal an die Tür, um zu prüfen, ob es ihm gelang, dort eintreten zu können. Vielleicht kam ja ein kecker Jüngling des Weges daher. Wie einst Artus, der das Schwert Excalibur aus dem Stein zog, würde er vielleicht lässig über die Schwelle hüpfen. Aber außer wirre Metaphysiker, trauernde Klosterschüler und senile Sektierer mit ihren Anhänger verschlug es dort niemanden hin. Als die Pilgerscharen aber kein Ende nehmen wollten, wurde schließlich das Gelände um das Gebäude weiträumig abgeschirmt.
 Irgendwann aber kam es dann zu dem einen verhängnisvollen Gedanken, den man einfach das Gespinst nannte. Man wusst nicht genau, wo und wann und von wem er ausgelöst wurde. Wie ein Virus verbreitete er sich über die Medien und dem Internet. Aufzuhalten war er nicht mehr, auch wenn nach den ersten Reaktionen darauf eine Nachrichtensperre eingerichtet wurde. Aber dieser Gedanke war so simpel und klar, dass man einfach irgendwann darauf kommen musste.
Denn was wäre, wenn dieses Ereignis sich wiederholte? Wenn es hier entstanden war, dann konnte es überall auf der Welt wieder auftreten. In Simbabwe, in einer kleinen Reisighütte am Fuße des Mount Dombo, zum Beispiel. Ebenso konnte es im Weißen Haus, beim mächtigsten Mann der Welt passieren. Was, wenn man nicht mehr aus seinen vier angestammten Wänden herauskommen würde? Dieser Gedanke verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Man tuschelte auf der Straße, zwischen frischen Gebäck und Tageszeitung, beim Konditor um die Ecke, im Bus und auf der Arbeit. Der Jahrestag des Ereignisses näherte sich ebenso wie der Wochen und der Monatstag, aber es geschah nichts dergleichen. An jedem Dienstag, dem Tag des Geschehens um Punkt 11.33 MEZ, wurde weltweit eine Schweigeminute abgehalten. Die Solidarität, welche die Menschheit verband, war das einzig Tröstliche an der Sache. Diese dumpfe Angst, die sich überall breitmachte, lähmte sogar Kriminalität und Kriege; aber ebenso Gemeinsinn und Gleichmut.
Vielerorts wähnten sich die Menschen schon in ihren eigenen vier Wänden eingeschlossen, bis Nachbarn und Angehörige ihnen dann doch raus halfen; so weit hatte sich das Gespinst schon verbreitet. Konnte man den Menschen Vorwürfe machen, wenn sie dieser Illusion verfielen? Solange nicht klar war, um was es sich bei dem Gespinst handelte, solange konnte es überall passieren. Das Phänomen wurde als die personifizierte Willkür angesehen - Gottes Nemesis. Fast sehnte man sich schon an die glorreichen Zeiten der Pandemien zurück, welche die Menschheit von Zeit zu Zeit dahinrafften. Diese waren zumindest messbar. Man hatte einen klar lokalisierbaren Gegner. Aber das hier?
Kongresse berieten, Parlamente beschlossen, Arbeitsgruppen wurden gegründet. Als aber der Wahn der Menschen immer mehr drohte die Wirklichkeit schließlich
zu übernehmen, beschloss man überall auf der Welt unter die Himmelszelte zu treten. Häuser, Villen, Wohnungen und Hütten wurden verlassen; Gefängnisse öffneten ihre Tore, Fabriken wurden geräumt. Nur die Mutigsten und Verrücktesten blieben noch in ihren vier Wänden. Man erzählte sich von einigen, aber wenigen, die in den Städten blieben und sich dort verbarrikadierten. Sie sollten dort nicht lange glücklich bleiben. Niemand sollte irgendwo bleiben, wo er nicht mehr hingehörte. Niemand sollte durch sein Verhalten irgendjemand anderen in Gefahr bringen. Diese Aufrührer wurden an den darauffolgenden Tagen von Armee und Spezialeinsatzkommandos herausgeholt. Man musste sich beeilen. Es näherte sich der 3. Jahrestag des Ereignisses. Es war ein Himmelfahrtskommando. Nur die Tapfersten, die ohne Familie und ohne weitere Angehörigen meldeten sich, um dort noch einmal reinzugehen.
  Der Mensch wurde von einen auf den anderen Tag, von einem Wesen, das dabei war, das Weltall zu erobern, zu einem kleinen zauderenden Bündel, das auf der grünen Wiese saß und dem Himmel huldigte. Denn das war schließlich alles, was ihm nach 5000 Jahren jüngerer Menschheitsgeschichte geblieben war. Aber wo sollten über 7 Milliarden Menschen eine neue Heimstätte finden? Bis die Städte gerodet waren; so war zumindest der waghalsige Plan der Kongresse, mussten die Menschen auf künstlich aufgeschütteten Inseln vor ihren Küsten ausharren. Das größte Evakuierungsprogramm der Menschheitsgeschichte wurde gestartet. Riesige ferngesteuerte Bulldozer und Planierraupen verhinderten, dass Menschen in Führerhäusern sich hineinzwängen mußten und wohlmöglich nie wieder herauskämen.
Die planierten Asphaltinseln, die in den Jahren vor den Küsten entstanden und die man auch vom Weltall aus sehen konnte – sie waren wahrlich schmucklos. Aber das mussten sie auch sein, denn es durften keine Grenzen, keine Zäune und auch keine Wände die Menschen von einem „Draußen“ mehr trennen. So wurden es eher schmucklose, parkplatzähnliche Betonflächen, die sich kilometerweit erstreckten. Das Leben dort auf den Inseln vor den Küsten und stets unter offenem Himmel war hart und trostlos. Aber immer noch besser als dem Gespinst zu verfallen; so wie Frank und seinen Leuten.
  Was war eigentlich aus ihnen geworden? Die Gruppe hielten dort immer noch aus, wo sie waren. Und das nicht schlecht. Das Innere des ehemaligen Bankgebäudes war in der Zwischenzeit zum vielleicht sogar wohnlichste Ort der Welt geworden. Man kam sich unter-einander schließlich näher. Was hatte man auch zu verlieren. So wanderte allmählich einer zum anderen. Es wurde viel Saft dabei vergossen und die Fruchtbarkeit in den Leibern angeregt.
Die Regierung hatte den Ort allerdings von außen wie unter ein gigantisches Mikroskop gepackt. Eine Art Vivarium oder Zoo, unter dem man eine spezielle Spezies betrachtete. Man musste durch ein mehrteiliges Schleusen und Zonensystem, um auch nur ansatzweise in die Nähe des Gebäudes zu kommen. Es gab ein primäres Kontaktteam, das einmal die Woche und je nach Bedarf die Bewohner untersuchte. Dafür reichte es völlig für jeden aus, an die Tür zu kommen und seinen Arm dem Team entgegenzustrecken.
 Die schlausten Köpfe aller Herren Länder hatten sich dort zu einem gigantischen Forscherteam vereinigt. Selbst Parapsychologen waren unter ihnen. Es wurde extra eine gigantische Halle gebaut, die so konstruiert war, dass das Gespinst keine Chance gehabt hätte, dort irgendwie zu wirken.
Professor Rensingbrook, der revolutionärste Denker unter ihnen, gab immer wieder an die Mitglieder des Primärteams aus, nie darin nachzulassen, den Willen zu bekräftigen, um an der Eingangstür doch einmal den Versuch zu unternehmen; über die, wie er es nannte, „berühmteste Schwelle des Planeten“ zu treten.    
 Eines Tages versuchte es eine junge Forscherin, die gerade erst zwei Wochen im Team war. Sie wurde als hoffnungsvolles Talent aus Zehntausenden von Probanden, die wochenlang getestet wurden, ausgewählt. Sie war jung und unbekümmert als sie hinging; ein Wrack, als man sie wieder zurückbrachte. Es dauerte Wochen bis sie wieder ansprechbar war. Sie berichtete schließlich, wie sie sich vorgenommen hatte, den Gedanken des Professors, wie ein Kleinod an diesen Ort zu tragen, um ihn dort zur Entfaltung zu bringen. Für einen Moment schien es ihr auch so, als könnte sie den Fuß über die Schwelle heben. Sie erinnerte sich an ihre Gedanken, die Empfindungen und Vorstellungen, die sie in diesem Moment damit verknüpfte. Welche Verantwortung würde sie danach tragen, wenn es ihr gelänge? Welch Ruhm und Ehre würde sie nach Hause tragen? Man würde sie befördern, heiligsprechen, vielleicht sogar vergöttern. Geschichtsbücher würden mit ihren Namen gefüllt und Universitäten nach ihr benannt. Aber die Gedanken übermannten die junge Frau und sie war dermaßen entrückt, dass sie letztendlich das Bewusstsein verlor.
Der Moment, als auch der Professor schließlich das Handtuch warf, war nicht der Tag, an dem das Militär dort einrückten. Es war der Moment, als die junge Frau in ihre Umnachtung ihm diese eine Frage stellte. Die Frage, die ihn an allem Zweifeln lies.
  „Herr Professor - warum waren sie noch nie dort?“, fragte sie ihn schließlich mit glasigen Augen und wirrem Haar.
  „Noch nie dort?“ Er schaute sie verdutzt an. Er überlegte, was sie meinen könnte und als es ihm einfiel, war nichts mehr so, wie es einmal vorher war. Tatsächlich war er nie dort. Er hatte nie das Bedürfnis verspürt. Warum eigentlich nicht? Die Hälfte seines Lebens forschte er am Gespinst und um das Gespinst herum. Er schrieb Bücher und hielt Vorträge, aber sich ihm hinzugeben, auf diesen Gedanken kam er scheinbar nie.
 Es war der Tag, als das Militär einrückte und das Heft des Handelns in die eigenen Hände nahm. Sie hatten schon lange ihre eigenen Pläne, die sie nun aus der Schublade holten.
 Es gab am Ende nur eine Möglichkeit, um das alles ungeschehen zu machen. Sie mussten an den Tag des Geschehens zurückzukehren. Aber wie das? Mit einer Zeitmaschine, einem Wurmloch, einem vertrackten Quantenapparat etwa?
Nein, natürlich nicht. Es musst etwas sein, das in seiner Essenz so abwegig war wie das Phänomen selbst. Die Pläne dazu wurden jahrelang unter Verschluss gehalten. Selbst Präsidenten, Kongresse und Königshäuser durften davon nichts mitbekommen.
 An diesem Tag waren wir nun alle angekommen, als die Kameras mit ihren gläsernen Linsen für die Nachwelt die Szene einfangen sollten. Wenn es heute nicht gelingen würde, dann war schon beschlossen, wie man der Situation endgültig Herr werden würde. Schluss mit dem endlosen Gezaudere. Dann würden Hunderte von Nuklearraketen aus ihren Silos starten und endlich das Szenario über die Menschheit bringen, von dem sie schon so lange insgeheim geträumt hat. Dann würde jahrzehntelanges Wettrüsten endlich einen Sinn machen. Hier ging es also nur noch um Tod oder Urlaub; den Knast wollten sie endlich hinter sich lassen.
  Als der Wagen schließlich vor dem ehemaligen Bankgebäude vorfuhr, war schon alles vorbereitet. Es war natürlich ein Dienstag und es war auch der 3. Tag eines Oktobermonats. Genau wie damals. Die Zeiger standen auf 11.30, und die vier Männer, die aus dem Wagen stiegen, hatten somit noch drei Minuten, um zu versuchen, das Gebäude zu betreten.
Frank, Gustav und Carlos hatte man inzwischen in einer Nacht und Nebelaktion von den anderen isoliert. Einige Tage vorher hatte man unbemerkt Gasmasken an die ehe-maligen Angestellten und Kunden ausgegeben. Angeblich war es eine Überraschungsaktion der Angehörigen, die zum 25. Jahrestag des Phänomens ihnen ein Geschenk zu kommen lassen wollten. Die Masken und die Instruktionen dazu, wie sie zu handeln hatten, lagen in den Kartons.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis das Gas in die Bank gelangte, sich ausbreitete und seine tödlichen Schwaden walten lies. Diese Maßnahmen waren wenige Stunden vorher durchgeführt worden, sodass noch genügend Zeit blieb, um die Leichen von Frank, Gustav und Carlos aus der Bank zu schaffen und sich in Position zu stellen. Selbst die ehemalige Glastür wurde zu guter Letzt noch neu konstruiert und wieder in das Scharnier gehängt.
 Es war 11.32 Uhr, als die vier Männer allmählich auf das Gebäude zugingen. Niemand von ihnen wussten, um was es hier wirklich ging. Sie wollten nur diese Bank ausrauben, so wie sie es am Vorabend bei einer gigantischen Steinofenpizza und drei Flaschen Chianti besprochen hatten.
Ihr Namen waren Frank, Gustav, Carlos und Heinrich. Sie waren nicht von den Toten auferstanden und sie waren auch nicht irgendwelche Laborklone. Es waren ganz normale, vier gesunde junge Männer, genau im Alter ihre Namensgeber. Sie waren gezüchtet und geboren aus dem Samen der Toten. Der Plan dazu lag schon lange in der Schublade. Die Fäden früh geknüpft. Die Verbündungen und Trautsamkeiten untereinander in der Bank, in der ganze Zeit also kein Zufall? Sie wurden großgezogen an einem geheimen Ort. Isoliert von allem was ihren Erinnerungen und ihren zukünftigen Entscheidungen schädlich sein konnte. Jeder Tag ihres Lebens wurde bis in den letzten Winkel so minutiös zurückinszeniert wie die Tage ihrer Namensgeber. Tausende von Statisten und Tonnen von Kulissen waren dazu an einem geheimen Ort am Ende nötig gewesen.
Nichts war also dem Zufall überlassen worden, als der der Mann, den sie Frank nannten, schließlich seine Hand um den Türgriff legte.


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Beitrag10.01.2021 09:32

von Rodge
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Moin Innerdatasun,

ich bin nicht sehr weit gekommen. Für mich liest sich das wie die Beschreibung einer Geschichte, so wie wenn jemand eine Serie, die er gesehen hat, zusammenfasst. Mir fehlt das Lebendige, das, was mich mit den Figuren mitfiebern lässt, also das Motiv, das hinter ihren Handlungen steckt. Es sind die Figuren, die eine Geschichte für mich lebhaft machen. Mit denen will ich mitfiebern können! Du könntest z. B. die Vorgeschichte weg lassen und direkt mit dem Dialog beim Italiener beginnen. Dort trifft dein Personal das erste mal aufeinander, wie reden sie, was denkt dein Protagonist dabei?

Grüße
Rodge
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Innerdatasun
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Beitrag10.01.2021 11:16

von Innerdatasun
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Rodge hat Folgendes geschrieben:
Moin Innerdatasun,

ich bin nicht sehr weit gekommen. Für mich liest sich das wie die Beschreibung einer Geschichte, so wie wenn jemand eine Serie, die er gesehen hat, zusammenfasst. Mir fehlt das Lebendige, das, was mich mit den Figuren mitfiebern lässt, also das Motiv, das hinter ihren Handlungen steckt. Es sind die Figuren, die eine Geschichte für mich lebhaft machen. Mit denen will ich mitfiebern können! Du könntest z. B. die Vorgeschichte weg lassen und direkt mit dem Dialog beim Italiener beginnen. Dort trifft dein Personal das erste mal aufeinander, wie reden sie, was denkt dein Protagonist dabei?

Grüße
Rodge


Moin Rodge

Dann geh ich davon aus, dass du nur den ersten Teil gelesen hast. Im zweiten gibt es einen erzählerischen Bruch und die Geschichte macht sich weit auf, um am Ende zu den Figuren zurückzukehren.
Aber unabhängig davon sind die Figuren tatsächlich nur Mittel zum Zweck um im Grund eine andere Geschichte zu erzählen, die allerdings ohne die Figuren und der Vorgeschichte in der Bank im ersten Teil nicht möglich wären. Mitfiebern muss ich mit Figuren, wenn ich im Grunde etwas über sie erzählen will, aber diese Figuren stehen nur stellvertretend für das große Ganze.
Der Grund, warum ich für diese Geschichte einen Bankraub gewählt habe ist auch nicht ganz unwichtig.
Bei einem Ereignis solcher Art ist der Existenzialismus auf einen ganz kurzen Moment, einen bestimmten Ort und auf einige wenige Personen konzentriert, in dem es kaum alternative Handlungsmuster gibt. Diese Personen bestimmen diesen Existenzialismus in diesem Moment. Sie machen sich zu etwas ähnlichen wie Gott, wie Nemesis und bestimmen über das Schicksal von Ort, Zeit und Menschen.
Dann tritt aber ein anderes Ereignis (das Gespinst) in den Vordergrund, das plötzlich die Situation schlagartig ändert. Ein Phänomen das im Gegensatz zur Mechanik eines Raubes nicht erklärbar ist. Dieses Phänomen hätte ich auch an diesem Ort belassen können, aber ich wollte es auf die komplette menschliche Zivilisation ausweiten, eben fast wie in einer Pandemie - nur mit anderen Mechanismen und einer anderen Phänomenologie. Etwas das in seiner Essenz auch unerklärbar bleiben sollte, aber der das Denken u. Handeln aller Menschen auf diesen einen Punkt konzentriert.


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Calvin Hobbs
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Beitrag10.01.2021 13:39

von Calvin Hobbs
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Hallo smile
Innerdatasun hat Folgendes geschrieben:
Rodge hat Folgendes geschrieben:
Moin Innerdatasun,

ich bin nicht sehr weit gekommen. Für mich liest sich das wie die Beschreibung einer Geschichte, so wie wenn jemand eine Serie, die er gesehen hat, zusammenfasst. Mir fehlt das Lebendige, das, was mich mit den Figuren mitfiebern lässt, also das Motiv, das hinter ihren Handlungen steckt. Es sind die Figuren, die eine Geschichte für mich lebhaft machen. Mit denen will ich mitfiebern können! Du könntest z. B. die Vorgeschichte weg lassen und direkt mit dem Dialog beim Italiener beginnen. Dort trifft dein Personal das erste mal aufeinander, wie reden sie, was denkt dein Protagonist dabei?

Grüße
Rodge


Moin Rodge

Dann geh ich davon aus, dass du nur den ersten Teil gelesen hast. Im zweiten gibt es einen erzählerischen Bruch und die Geschichte macht sich weit auf, um am Ende zu den Figuren zurückzukehren.
Aber unabhängig davon sind die Figuren tatsächlich nur Mittel zum Zweck um im Grund eine andere Geschichte zu erzählen, die allerdings ohne die Figuren und der Vorgeschichte in der Bank im ersten Teil nicht möglich wären. Mitfiebern muss ich mit Figuren, wenn ich im Grunde etwas über sie erzählen will, aber diese Figuren stehen nur stellvertretend für das große Ganze.
Der Grund, warum ich für diese Geschichte einen Bankraub gewählt habe ist auch nicht ganz unwichtig.
Bei einem Ereignis solcher Art ist der Existenzialismus auf einen ganz kurzen Moment, einen bestimmten Ort und auf einige wenige Personen konzentriert, in dem es kaum alternative Handlungsmuster gibt. Diese Personen bestimmen diesen Existenzialismus in diesem Moment. Sie machen sich zu etwas ähnlichen wie Gott, wie Nemesis und bestimmen über das Schicksal von Ort, Zeit und Menschen.
Dann tritt aber ein anderes Ereignis (das Gespinst) in den Vordergrund, das plötzlich die Situation schlagartig ändert. Ein Phänomen das im Gegensatz zur Mechanik eines Raubes nicht erklärbar ist. Dieses Phänomen hätte ich auch an diesem Ort belassen können, aber ich wollte es auf die komplette menschliche Zivilisation ausweiten, eben fast wie in einer Pandemie - nur mit anderen Mechanismen und einer anderen Phänomenologie. Etwas das in seiner Essenz auch unerklärbar bleiben sollte, aber der das Denken u. Handeln aller Menschen auf diesen einen Punkt konzentriert.


Dann empfehle ich Dir Geschichten von H.G.Wells und Frank Herbert zu lesen, um Dir dort vllt. ein paar Tipps zu holen, wie man "solche" Geschichten erarbeitet. Auch gibt es schon seit dem frühen 20.Jahrhundert Autoren, wie z.B. Evers oder Myler, die sich mit "Mystik" u.ä. auf unterhaltsame Weise beschäftigt haben. Vllt. kannst Du Dir dort Anregungen holen.
Ich muss zugeben, dass Du mich schon nach dem ersten Teil verloren hattest, denn für mich gab es nichts, was mich animiert hätte, weiter zu lesen.
Dem Beitrag von Rodge kann ich nichts mehr hinzufügen.
Deine nachfolgenden Erklärungen zeigen mMn, dass das Thema wesentlich komplexer als eine Kurzgeschichte ist.
MfG


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Innerdatasun
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Beiträge: 52
Wohnort: Hamburg


Beitrag10.01.2021 16:33

von Innerdatasun
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Ich will nicht ausschließen, dass die Komplexität der Idee, eine Longstory erforderlich macht. Wells und Herbert hab ich gelesen - sehe ich aber keinen direkten Zusammenhang, weil ich hier keine Zivilisations oder Gesellschaftskritik formulieren wollte. Mir ging es um den Einbruch eines Phänomens in unserer Realitätsgefüge. Wenn es um Vorbilder gibt, dann Bunuels "Würgeengel", oder "The Leftovers" - also eher Film, als unbedingt Literatur.
Ich sehe mich eher in der Tradition von Borges und dem magischen Realismus. Natürlich nicht stilistisch/technisch aber zumindest thematisch.
Auch Borges Figuren sind eher Randerscheinungen in seinen Geschichten, werden immer nur schematisch angedeutet. Ich bin der Meinung, das diese Herangehensweise ein mögliches Stilmittel in einer Erzählung sein kann.
Ich wollte mich erst mal bei dieser Idee auf eine Kurzgeschichte konzentrieren, weil ich mich eben auch gegen eine zu große Fokussierung auf Figuren entschieden hatte.

Aber nichts, was man nicht noch weiter ausbauen könnte.
Danke für eure Anregung und Kritik.


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Heute kann es eigentlich nur noch heißen: "Glasauge um Glasauge - Stiftzahn um Stiftzahn:"
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