Die Dinosaurier werd‘n immer trauriger

[wohe]

Hallo Freunde,

dies sollte eine kleine, amüsante Geschichte werden.
Hat das geklappt?
Was wäre zu verbessern? Mehr "Kabbeleien"? Anderer Rahmen? Taugt die Fabuliererei der beiden?
Vielen Dank.

Die Dinosaurier werd‘n immer trauriger

Wohe lag auf der Terrasse und dachte.
Nun gut, viele Leute denken, mal mehr, mal weniger, aber Wohe war Intensivdenker. Er dachte so sehr, dass sein Gehirn nahezu den gesamten Energievorrat seines Körpers benötigte, wodurch dieser, da mangelversorgt, so träge wurde, dass er schließlich erschöpft einschlief.
Das Hirn zeigte sich solidarisch.
„Wolltest du nicht arbeiten?“, fragte Charlotte.
Wie? Was?
„Hallo, Mister. Aufwachen!“
„Ich bin wach.“ Wohe hob ein Augenlid. „Ich bin sogar hellwach.“
„Ah ja.“ Sie nahm ihm die Zigarette aus dem Mundwinkel und zündete sie sich an. Junge, Junge, da war ja mehr Afghane drin als Tabak. Kein Wunder, dass die ausgegangen war und der Kerl geschnarcht hatte, als wolle er Macbeth vor dem Wald von Birnam retten. „Ich dachte immer, ein Texter sitzt am Schreibtisch und textet. Dich sehe ich immer nur bekifft auf der Liege schnorcheln. Mann, ackere, schaff Knete ran, massenhaft Knete.“
„Mach ich ja.“ Wohe tastete im Aschenbecher herum. Erfolglos. Da  musste er wohl mal das zweite Auge öffnen. „Im Übrigen bin ich nicht bekifft, sondern nur euphorisiert und das dient dem Geist, der Enge seiner Behausung zu entfliehen.“
„Meinst du mit Behausung deine Schädelinnenseite oder unser Haus und inwieweit hilft dir dein extensives Schnarchen dabei? Ist das der Fahrtwind, den dein der Körperlichkeit entfliehender Geist erzeugt oder ist dieser Geist eventuell nichts anderes als Wind. Ein Hauch von Intellekt und mehr nicht.“
Wohe wechselte besser das Thema. „Ich arbeitete über das grausame Ende der armen Dinosaurier.“
„Was gibt es darüber noch zu arbeiten? Vulkane, Meteor, globale Verdunklung, Hunger und Aussterben. Basta. Genau das Schicksal, das uns auch erwartet, wenn du nicht langsam mal in die Pötte kommst.“
„Nee, im Ernst. Stell dir eine Geschichte über die Saurier vor, die auf dem Lied von Lonzo basiert. Während sie sich die schlimmsten Vorwürfe machen, dass sie nie Schwimmen gelernt haben, schaukelt die Arche ohne sie in Richtung Rettung. Das ist Dramatik pur. Verpasste Chancen, Verzweiflung, Tod.“ Wohe litt mit.
„Du weißt aber schon, dass Dinosaurier von eher unausgeprägter Intellektualität waren. Die Viecher waren einfach nur doof. Die konnten weder denken noch sprechen oder sonst was. Wie willst du eine Geschichte schreiben über Fleischklöße, die den ganzen Tag nichts anderes machen als Fressen? Die Story ist genau so tot wie ihre Protas.“
Wohe musste zugeben, dass da was dran war. Tiefschürfende Erkenntnisse konnte man den Saurierdialogen wahrscheinlich nicht abgewinnen.
Charlotte saugte an der Zigarette, bis auch das letzte bisschen THC in ihrer Lunge angekommen war. Prompt fiel ihr etwas ein. „Aber“, sagte sie, „für diese Fälle hast du glücklicherweise mich.“
„Genau.“
„Vorgehen: kurze Beschreibung des Saurierdaseins, der Geschmack von Farnkräutern, Angriff eines Tyrannosaurus, dann Exitus. Rückblick zum vorhergehenden Moment der Ablehnung des Arche-Transports wg. Größe, untermalt vom Text des Liedes, ... Wie war der eigentlich genau?“
„Die Dinosaurier werd‘n immer trauriger,
die Dinosaurier dürfen nicht an Bord ...“
„Danke, das reicht. Die Langversion spar dir für die Geschichte auf. Jedenfalls: Noah ist schließlich kein Unmensch und überdies denkfähig, also nimmt er statt der Saurier ihre Eier mit. Für die Saurier ontogenetisch natürlich eine Katastrophe, aber phylogenetisch ausreichend.“
„Sehr gut. Aber auch wenn ausreichend: tatsächlich gibt es heute keine Saurier mehr.“
„Doch. Vögel stammen von denen ab.“
„Die gelten nicht. Viel zu klein und niedlich. Nee, der Saurier an sich hat groß oder schrecklich zu sein.“
Charlotte dachte nach. Einem Plot, bei dem aus Riesen Kolibris wurden, fehlte trotz der Aussterberei irgendwie die Dramatik. „Die Arche war doch ganz schön lange unterwegs. War das nicht so was wie ein Jahr?“
„Ich bin nicht in der Kirche. Woher soll ich das wissen?“
„Rechnen wir mit einem Jahr“, sagte Charlotte. „Noah und seine Leute müssen also ein Jahr lang ununterbrochen das mitgenommene Grünzeugs futtern. Das geht nicht gut und bevor sie sich an den mitreisenden Braten wie Hühnern, Schweinen und so weiter vergreifen, machen sie sich lieber ein ordentliches Omelett. Eins? Was sage ich: aus so einem Saurierei kann man jede Menge Omelettes machen. Und wenn einer fragt, war der Seegang schuld. Runter gefallen und tschüss.“
„Perfekt“, sagte Wohe. „Schließlich ist es Eischicksal, kaputt zu gehen oder verspeist zu werden.“
„Nicht immer“, sagte Charlotte. „In einem Fall hat es überlebt.“
Wohe verstand nichts.
„Ich bin schwanger“, erklärte Charlotte.

[Ralphie]

Köstlich - obwohl mich der Name Wohe zuerst abgeschreckt hat! Vielleicht könntest du noch in einem der ersten Sätze verraten, wann und wo Wohe gelebt hat ...

[wohe]

@Ralphie,

Danke für Deine Meinung. Fein, dass es Dir gefallen hat. Die Mischung scheint also brauchbar.
Wohe ist nur ein Akronym aus meinen Initialen - zugegebenermaßen nicht sonderlich einfallsreich.

[Rodge]

Hallo wohe,

ich finde es intelligent und witzig, so ein bisschen eine Karikatur auf das Künsterleben. Mir hat es gefallen, ich finde die Pointe gelungen erzählt und gut hergeleitet, wenn es etwas zu bemäkeln gäbe, wäre es für mich der Anfang. Den finde ich etwas "schwerfällig" (ohne dass mir spontan etwas anderes einfiele").

Grüße
Rodge

[silke-k-weiler]

Hallo wohe,

[wohe]

Hallo Silke, Rodge,

vielen Dank für Eure Meinung.
Ich hatte den Anfang als guten Einstieg betrachtet (Marke "unernstes Wortspiel"), aber das kommt bei Euch anscheinend nicht so gut an.
Stimmt schon, der ist ja auch irgendwie überflüssig und passt nicht so recht zum Rest.
Also lasse ich so was besser weg.

MfG Wohe