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Der rücksichtsvolle Riese


 
 
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51MONSTER2
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 33
Beiträge: 89
Wohnort: Limburg


Beitrag30.04.2020 16:05
Der rücksichtsvolle Riese
von 51MONSTER2
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Grok war satt. Sein großer, schwerer Bauch hing über den Gürtel und streifte bei jedem seiner schweren Schritte die höchsten Baumwipfel, während er durch den Wald wanderte. Mit der einen Hand rieb er sich zufrieden seine Wampe, mit der anderen strich er behutsam die Bäume zur Seite, um nicht versehentlich auf etwas zu treten, das ihn geschmerzt hätte. Sei es im Fuß oder in der Seele.

Schließlich mochte er die Bewohner seines Waldes. Die herumspringenden Hirsche und Wildschweine, aber vor allem die kleinen, fleißigen Menschen, die jeden Tag ihre Behausungen umwuselten und ihre Lager mit köstlichem Pulver füllten. Es faszinierte ihn, ihnen bei ihrem emsigen Treiben zuzusehen. Und wie bunt sie waren! Manchmal glaubte er, dass sie jeden Tag ihre Haut wechselten, aber das hätte er unmöglich herausfinden können. Denn immer, wenn er sich näherte, verkrochen sie sich in die kleinen, fragilen Höhlen, die sie sich gebaut hatten.
Einmal hatte Grok vor Neugier das Dach einer solchen Höhle abgenommen und eingehend das Innenleben betrachtet. Fast alles darin war eckig gewesen. Die Menschen schienen Kanten zu lieben. Vor allem runde Baumstämme schienen sie sorgfältig auseinander zu schneiden, um sie dann in eckiger Form wieder miteinander zu verbinden. Grok hatte nie herausgefunden, wie sie das taten, doch er vermutete, dass sie dazu Baumharz verwendeten. Und bei dieser Vermutung würde er es belassen. Denn als er unter dem hochgehobenen Dach nach einem winzigen, eckigen Holzklotz gegriffen hatte, war dieser zwischen seinen Fingern zersprungen und ein bunter Stapel Häute war herausgeplatzt. Das hatte wunderschön ausgesehen, allerdings war sich Grok nicht sicher, ob er dabei nicht einen Menschen zerquetscht hatte. Die anderen, die sich in der Höhle befunden hatten, hatten ängstliche Laute von sich gegeben, und er hatte das Dach schnell wieder fallen gelassen. Er bedauerte, dass dabei die hauchdünnen Wände der kleinen Höhle zusammengebrochen waren und alles zu einem einzigen Häufchen Elend zerfallen war.
Deshalb hatte er es seitdem unterlassen, sie eingehender zu studieren. Er hatte einen Vetter, der sich einen Spaß daraus machte, alles zu zerstören, was die Menschen aufbauten. Grok empfand das als äußerst unreif, fragte sich aber selbst manchmal, wozu diese kleinen Lebewesen sonst gut waren.
Soweit er das bisher festgestellt hatte, waren sie eigentlich nur für eine Sache zu gebrauchen: in ihren größten Höhlen lagerten sie das Pulver, das ihm auch jetzt den Magen schwer machte. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass es mit den gelben Wiesen in Verbindung stand, die sich um jedes Dorf befanden. Wenn sich die Bäume zu seinen Füßen gelb-orange färbten, mähten die Menschlein das gelbe Gras bis auf die braune Erde nieder und kurz darauf waren ihre Lagerhöhlen gefüllt.
Im Gegensatz zu seinem Vetter hatte er sich aber vorgenommen, sich immer nur so viel zu nehmen, wie er gerade benötigte, um satt zu werden. Nur so viel, dass er davon ausgehen konnte, dass die kleinen Wesen nicht verhungern würden.
Mittlerweile hatte er Übung darin, ihre Lagerhöhlen aufzubrechen. Wenn er auf den schmalen Pfaden zwischen den kleinen Bauwerken hindurchging, war er froh, dass sich die Menschlein in ihre Behausungen zurückzogen. So kam es nur selten vor, dass er versehentlich eines zertrampelte. Auch das Öffnen der Vorratshöhle hatte er soweit perfektioniert, dass er nur ein handgroßes Loch hinein machte, damit die Menschen es nicht vollständig neu bauen mussten.

Wie üblich hatte auch heute alles problemlos funktioniert. Er war in einer seiner Lieblingssiedlungen gewesen. Sie war direkt an einem kleinen Bach gelegen, an dem er seinen Durst hatte stillen können. Zwar war sie ein wenig weiter von seinem Zuhause entfernt, doch der Weg lohnte sich immer.
In der Ferne konnte er seine bescheidene Lichtung bereits sehen. Damit lebte er ein wenig zurückgezogener als viele seiner Verwandten, die sich in den Bergen regelrecht tummelten. Doch das hatte ihn nie gereizt, da man dort kaum etwas zu beobachten hatte. Er freute sich schon auf den Winter, wenn alle Bäume ihre Blätter verloren und er sehen konnte, was sich darunter abspielte.
Als er seine Lichtung schließlich erreichte und sich hinlegen wollte, um zu schlafen und das Treiben unter den Bäumen zu verfolgen, bemerkte er ein Funkeln vor sich.
Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas sah. Es musste eines von diesen Menschlein sein, die eine schöne, glänzende Haut hatten. Als Grok sich einmal eines gegriffen hatte, um es genauer anzuschauen, hatte es jedoch leise geknackt und das kleine Wesen hatte sich nicht mehr gerührt. Daher hätte er sie am liebsten ignoriert. Doch leider waren die glänzenden Menschen nicht nur schön anzusehen, sondern hatten auch einen Stachel, mit dem sie ihn oft piesackten, wenn sie sich auf seine Lichtung verirrt hatten. Das störte ihn beim Einschlafen, vor allem, weil viele von ihnen beim Stechen wütende Laute von sich gaben.
Wenigstens schien der Mensch, der da vor ihm auf der Lichtung stand, nicht so unruhig wie die bisherigen. Er stand reglos da und rührte sich nicht, und Grok erkannte die einmalige Gelegenheit, sich ein lebendiges, intaktes Menschlein genauer anzusehen.
Langsam, um es nicht zu verschrecken, ging er in die Hocke. Der funkelnde Mensch wich zurück, sodass Grok instinktiv nach ihm greifen wollte, doch er beherrschte sich und setzte sich bedächtig auf die Knie. Da der Glänzende sich nicht weiter regte, beugte Grok sich langsam vor, bis sein Kinn fast auf dem Boden aufsetzte.
Zu seiner großen Überraschung redete das Menschlein, das nun aufgeregt mit seinem Stachel herumfuchtelte. »Erzittere, Ungetüm, und wisse, dass dein Ende bevorsteht!«
Grok war entzückt. Wenn er diesen Menschen verstehen konnte, bedeutete das, dass es andersherum genau so sein musste! Das Höflichste war es wohl, sich vorzustellen, damit es ihn nicht länger mit ›Ungetüm‹ ansprechen musste.
»Hallo«, sagte Grok. Der Atem, den er dabei ausstieß, war genug, um das Menschlein in die Knie zu zwingen. Es steckte seinen Stachel in den Boden und hielt sich mit beiden Händen daran fest. Vermutlich war es besser, wenn Grok künftig auf Silben verzichtete, die mit H begannen. Auch wenn das umständlich war.
»Ich Grok.« Er hatte ›heiße‹ einfach weggelassen und hoffte, dass das Menschlein diese Rücksicht wertzuschätzen wissen würde.
Zumindest erhob es sich und zog seinen Stachel wieder aus dem Boden. »Ich bin Ritter Kunibert von Burg Waldhof, Gebieter über das südliche Flussland mit all seinen Ländereien, Herr über die reichen Bergbauprovinzen des Ostens und Schlächter unzähliger Bestien! Ich komme und bringe deinen Untergang!« Er zeigte mit seinem Stachel auf Grok, der ihn gespannt anschaute.
Was meinte er mit Untergang? Da er sich keinen Reim auf das Geplapper des Menschen machen konnte, aber verstand, dass er ihm etwas mitgebracht hatte, sagte er schließlich: »Gut.« Als sich das glänzende Menschlein nicht rührte, zeigte er auf eine Stelle zwischen ihnen. »Leg ihn da.« Beinah hätte er noch ›hin‹ gesagt.
Unter leisem Klirren regte sich Ritter Kunibert und trat vor. Bei jedem Schritt stach er mit seinem funkelnden Stachel in die Luft. »Ha! Da! Nimm dies! Und das!« Mit seinen winzigen Füßen kam er unendlich langsam näher.
Grok war ein wenig enttäuscht. Offensichtlich hatte er, obwohl er erst jetzt herausgefunden hatte, dass man mit den Menschlein reden konnte, nichts verpasst. Zumindest dieses hier schien ihn nur stechen zu wollen.
»Ritter Kunibert«, sagte er und schaute das kleine Wesen vor sich an. Inzwischen war es so nah, dass er dabei schielte. »Bitte geht. Ich will mich ausruh–« Abrupt brach er den Satz ab, vor Sorge, ihn wegzupusten.
Doch seine Bitte schien den kleinen glänzenden Menschen nur zu ermuntern. Mit neuer Kraft tippelte er klirrend auf Grok zu. »Niemand entrinnt meiner gerechten Strafe, Ungeheuer! Niemand entrinnt dem Schwert der Gerechtigkeit, dem Zorn des Gerechten oder dem Willen des Rechtschaffenden!«
Offenbar verfügten Menschen nur über einen eingeschränkten Wortschatz, und Grok vermutete, dass einige Worte für sie andere Bedeutungen haben mussten. Er wollte ihm weiter zuhören, sich aber auch nicht stechen lassen. Also kippte er nach hinten, um sich bequemer hinzusetzen, und lächelte.
Doch statt seinen sonderbaren Vortrag fortzusetzen, fiel Ritter Kunibert auf den Rücken und quiekte. Grok hatte vergessen, wie vorsichtig er sich bewegen musste, damit ein Menschlein nicht den Halt auf dem Boden verlor.
»Entschuldigung«, sagte Grok, riss einen Baum aus und reichte ihm Ritter Kunibert, damit der sich daran hochziehen konnte. Doch der stach nur mit seinem Stachel darauf ein. Grok runzelte die Stirn. Was wollte er damit erreichen? »Halt dich fest«, sagte er. Er war froh, dass er in dieser Position wieder normal reden konnte. Und wenn Ritter Kunibert sich am Baum festhalten würde, könnte er ihn forttragen.
Doch jedes Mal, wenn Grok den Baum anhob, um zu sehen, ob Ritter Kunibert schon daran hing, wurde er enttäuscht.
Vermutlich überstieg sein Plan den Verstand des kleinen Menschen.
Also beugte er sich vor und vergrub die Finger einer Hand im Erdreich. Anschließend riss er das Stück Boden, auf dem Ritter Kunibert lag, heraus. Sorgfältig achtete er darauf, dass der Klumpen, den er aus seiner Lichtung gerissen hatte, nicht in Schieflage geriet und der Glänzende hinunterfiel.
Doch als er sich aufrichtete, bewegte sich die Erde in seiner Hand durch einen glücklichen Zufall so, dass Ritter Kunibert aufstehen konnte. Grok hob ihn vor sein Gesicht und lächelte.
»Das hast du dir so gedacht, du Waldungeheuer! Mich frisst du nicht!«
Bevor Grok etwas auf diesen wirren Ausruf antworten konnte, stach Ritter Kunibert ihn in die Nase. »Autsch«, entfuhr es dem Gestochenen, der überrascht zurückzuckte. Die Bewegung war so ruckartig, dass der kleine Glänzende von dem grünen Wiesenstück rutschte und vor Groks Füße plumpste. Er rührte sich nicht mehr.
Grok beugte sich zu dem glänzenden Menschen hinab. Er pustete vorsichtig, um zu sehen, ob er sich rührte, doch nichts geschah. Mit größter Behutsamkeit legte er ihn in die kleine Vertiefung, die er gegraben hatte, als er ihn aufgehoben hatte, und schüttete die Erde in seiner Hand hinterher.
»Ärgerlich«, murmelte Grok. Aber dann legte er sich endlich schlafen.



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Calvin Hobbs
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Beitrag01.05.2020 17:37
Re: Der rücksichtsvolle Riese
von Calvin Hobbs
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Hallo smile

Ich verbeuge mich!
Ganz großes Kino!
Du hast eine sehr gute Erzählstimme und ich empfinde der Text als sehr fließend und einnehmend.
Hat mir wirklich Spaß gemacht zu lesen.

Winzige Stolperstelle ->
51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
Er bedauerte, dass dabei die hauchdünnen Wände der kleinen Höhle zusammengebrochen waren und alles zu einem einzigen Häufchen Elend zerfallen war.


Sehr sehr gut smile


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Kiara
Geschlecht:männlichReißwolf

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Beiträge: 1403
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Beitrag01.05.2020 18:25

von Kiara
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Mir hat es ebenfalls gefallen, es sind viele schöne Vergleiche enthalten. Das Ende ist etwas abrupt für meinen Geschmack - ist Kuni nur bewusstlos? Und warum macht Grok Erde über ihn? Hab ich was übersehen? Den letzten Satz würde ich umformulieren, um das "aber dann" zu vermeiden.

Gerne gelesen.


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Zum Schweigen fehlen mir die Worte.

- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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KleineLady
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Beitrag02.05.2020 08:48

von KleineLady
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Hallo 51Monster2.

Alles in allem war deine Geschichte flüssig zu lesen, aber ich hätte mir tatsächlich ein paar mehr Absätze gewünscht. Fließtexte/Blocktexte empfinde ich persönlich als anstrengend.

Zitat:
Grok war satt. Sein großer, schwerer Bauch hing über den Gürtel und streifte bei jedem seiner schweren Schritte die höchsten Baumwipfel, während er durch den Wald wanderte. Mit der einen Hand rieb er sich zufrieden seine Wampe, mit der anderen strich er behutsam die Bäume zur Seite, um nicht versehentlich auf etwas zu treten, das ihn geschmerzt hätte. Sei es im Fuß oder in der Seele.


Den Anfang finde ich ein wenig holprig. So eine Plautze hängt ja für gewöhnlich vorne herab. Dort könnte sie aber während des des Laufens nicht über die Wipfel streifen, denn die Füße würden die Bäume schon niederdrücken.
Auch das Bäume-beiseite-Streichen funktioniert nicht so wirklich, weil er sie damit ja eher verbiegt. Der Stamm bliebe ja in der Erde. Es sei denn, er bricht die Bäume dabei um, aber dann bleiben ja die abgebrochenen Stämme, an denen er sich verletzen könnte. Verstehst du, was ich meine? Die logisch-bildliche Vorstellung fiel mir hier etwas schwer.
Da er auch nichts zerstören/töten möchte, weil er die Waldbewohner so gerne hat, kommt es mir schon irritierend an, dass er dann trotzdem direkt durch den Wald stapft.

Davon ab gefällt mir sehr, wie du konsequent in der Interpretation des Riesen bleibst. Und er ist ein wirklich sehr höflicher Riese, während der Ritter tatsächlich einer der unfähigsten ist, von denen ich je gelesen habe ^^ Drollig könnte man ihn nennen.

Was ich aber noch anmeckern muss ist der rote Faden. Das Etwas, worauf die Geschichte hinauslaufen soll. Ich bin mir nicht sicher, worum es genau darin geht. Was ist das Thema, die Aussage? Ich habe die ganze Zeit auf etwas gewartet, von dem ich nicht wusste, was es ist, passiert ist es aber trotzdem nicht. Das finde ich persönlich unbefriedigend.

So, dabei belasse ich es erstmal. Wie gesagt, gerne gelesen, aber mit einem Aber.

Federgruß
Nina
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silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 750

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag02.05.2020 19:08

von silke-k-weiler
Antworten mit Zitat

Hallo 51Monster2,

hach, da haste aber mal wieder ein schönes Stück vorgelegt. Mir gefällt diese Erzählstimme, aber obwohl sie mich so ein bisschen einlullt mit dieser Geschichte von dem achtsamen Riesen, werde ich meinem Garten zukünftig nicht mehr so unbeschwert durchqueren können. Und Bienen halten? Das überlege ich mir auch nochmal.

Sehr schön finde ich die Idee mit den bunten Häuten und der Rüstung und dem Stachel. Oder die Beschreibung des Mobiliars, Rundungen vs. Ecken und Kanten.
Auch die "Unterhaltung" ist köstlich, wie der Riese bestimmte Worte vermeidet, damit er den Ritter nicht umpustet, sodass daraus unfertige Sätze entstehen, aus denen man, wenn man wollte, Rückschlüsse auf die Intelligenz des Riesen ziehen könnte. Tatsächlich ist er einfach nur höflich.

Aber, es geht mir tatsächlich wie Kiara und Nina:

1. Das Ende ist etwas abrupt. Ich nehme mal an, der Fall war so tief, dass der Ritter nicht nur bewusstlos ist. Trotzdem frage ich mich auch, warum er ihn mit Erde bedeckt. Weil er "kaputt" ist und dadurch uninteressant?

2. Der rote Faden. Irgendein für mich befriedigendes Fazit. Das fehlt mir auch.

Aber sonst einen dicken Daumen nach oben! Daumen hoch

LG
Silke
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Gast







Beitrag02.05.2020 20:48
Re: Der rücksichtsvolle Riese
von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Simon,

ich finde, das ist im Grunde eine tragische Geschichte, die Du hier eingestellt hast. Insgesamt gut geschrieben, in einem für Fabeln oder Parabeln typischen Erzählton. Ein Mensch bleibt zerbrechlich und wenn er sich noch so eine dicke Haut zulegt. Der Riese bemüht sich redlich, dem Menschen keinen Schaden zuzufügen, doch was ist seine wahre Motivation? Um ihn, wie die anderen Bewohner, weiterhin beobachten zu können und seine Neugierde zu stillen? Der Tod des Ritters am Ende der Geschichte scheint ihn nicht wirklich zu belasten, wenn er sich gleich darauf seinem Mittagsschläfchen widmet.
Er wirkt auf mich nicht wirklich sympathisch, Dein Riese, und mir ist die eigentliche Deutung hinter der Geschichte  unklar.

Ein paar Anmerkungen habe ich in den Text geschrieben:

51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
Grok war satt. Sein großer, schwerer Bauch hing über den Gürtel mE muss hier der Dativ stehen und streifte bei jedem seiner schweren Schritte die höchsten Baumwipfel, während er durch den Wald wanderte. Mit der einen Hand rieb er sich zufrieden seine Wampe, mit der anderen strich er behutsam die Bäume zur Seite, um nicht versehentlich auf etwas zu treten, das ihn geschmerzt hätte. Sei es im Fuß oder in der Seele.

Schließlich mochte er die Bewohner seines Waldes. Die herumspringenden Hirsche und Wildschweine, aber vor allem die kleinen, fleißigen Menschen, die jeden Tag ihre Behausungen umwuselten und ihre Lager mit köstlichem Pulver füllten. Es faszinierte ihn, ihnen bei ihrem emsigen Treiben zuzusehen. Und wie bunt sie waren! Manchmal glaubte er, dass sie jeden Tag ihre Haut wechselten, aber das hätte er unmöglich herausfinden können. Denn immer, wenn er sich näherte, verkrochen sie sich in die kleinen, fragilen Höhlen, die sie sich gebaut hatten. Für meinen Geschmack zu überladen mit Adjektiven, würde ich etwas entschlacken. Ich finde es merkwürdig, dass er ihre Kleidung als Haut bezeichnet, während sein Accessoire wie selbstverständlich als Gürtel bezeichnet wird.


Einmal hatte Grok vor Neugier das Dach einer solchen Höhle eine Höhle ist für mein Verständnis ein unterirdischer Raum, Hütte würde vielleicht besser passen abgenommen und eingehend das Innenleben betrachtet. Fast alles darin war eckig gewesen. Die Menschen schienen Kanten zu lieben. Vor allem runde Baumstämme schienen sie sorgfältig auseinander zu schneiden, um sie dann in eckiger Form wieder miteinander zu verbinden. Grok hatte nie herausgefunden, wie sie das taten, doch er vermutete, dass sie dazu Baumharz verwendeten. Und bei dieser Vermutung würde er es belassen. Denn als er unter dem hochgehobenen Dach nach einem winzigen, eckigen Holzklotz gegriffen hatte, war dieser zwischen seinen Fingern zersprungen und ein bunter Stapel Häute war herausgeplatzt. Das hatte wunderschön ausgesehen, allerdings war sich Grok nicht sicher, ob er dabei nicht einen Menschen zerquetscht hatte. Die anderen, die sich in der Höhle befunden hatten, hatten ängstliche Laute von sich gegeben, und er hatte unschöne Aneinanderreihung Plusquamperfekt! das Dach schnell wieder fallen gelassen. Er bedauerte, dass dabei die hauchdünnen Wände der kleinen Höhle zusammengebrochen waren und alles zu einem einzigen Häufchen Elend zerfallen war.
Deshalb hatte er es seitdem unterlassen, sie eingehender zu studieren. Er hatte einen Vetter, der sich einen Spaß daraus machte Sein Vetter machte sich einen Spaß daraus ..., alles zu zerstören, was die Menschen aufbauten. Grok empfand das als äußerst unreif, fragte sich aber selbst manchmal, wozu diese kleinen Lebewesen sonst gut waren. Widersprüchliches Verhalten, einerseits tut es ihm in der Seele weh, wenn er aus Versehen auf einen Menschen tritt, andererseits kann er das Verhalten seines Vetters nachvollziehen.
Soweit er das bisher festgestellt hatte, waren sie eigentlich nur für eine Sache zu gebrauchen: in In ihren größten Höhlen lagerten sie das Pulver, das ihm auch jetzt den Magen schwer machte. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass es mit den gelben Wiesen in Verbindung stand, die sich um jedes Dorf befanden. Wenn sich die Bäume zu seinen Füßen gelb-orange färbten, mähten die Menschlein das gelbe Gras bis auf die braune Erde nieder und kurz darauf waren ihre Lagerhöhlen gefüllt.
Im Gegensatz zu seinem Vetter hatte er sich aber vorgenommen, sich immer nur so viel zu nehmen, wie er gerade benötigte, um satt zu werden. Nur so viel, dass er davon ausgehen konnte, dass die kleinen Wesen nicht verhungern würden.
Mittlerweile hatte er Übung darin, ihre Lagerhöhlen aufzubrechen. Wenn er auf den schmalen Pfaden zwischen den kleinen Bauwerken hindurchging, war er froh, dass sich die Menschlein in ihre Behausungen zurückzogen. So kam es nur selten vor, dass er versehentlich eines zertrampelte. Auch das Öffnen der Vorratshöhle hatte er soweit perfektioniert, dass er nur ein handgroßes Loch hinein machte, damit die Menschen es nicht vollständig neu bauen mussten.

Wie üblich hatte auch heute alles problemlos funktioniert. Er war in einer seiner Lieblingssiedlungen gewesen. Sie war lag direkt an einem kleinen Bach gelegen, an dem er seinen Durst hatte stillen können. Zwar war sie ein wenig weiter von seinem Zuhause entfernt, doch der Weg lohnte sich immer.
In der Ferne konnte er seine bescheidene Lichtung bereits sehen. Damit lebte er ein wenig zurückgezogener als viele seiner Verwandten, die sich in den Bergen regelrecht tummelten. Doch das hatte ihn nie gereizt, da man dort kaum etwas zu beobachten hatte. Er freute sich schon auf den Winter, wenn alle Bäume ihre Blätter verloren und er sehen konnte, was sich darunter abspielte.
Als er seine Lichtung schließlich erreichte und sich hinlegen wollte, um zu schlafen und das Treiben unter den Bäumen zu verfolgen, bemerkte er ein Funkeln vor sich.
Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas sah. Es musste eines von diesen Menschlein sein, die eine schöne, glänzende Haut hatten. Als Grok sich einmal eines gegriffen hatte, um es genauer anzuschauen, hatte es jedoch leise geknackt und das kleine Wesen hatte sich nicht mehr gerührt. Daher hätte er sie am liebsten ignoriert. Doch leider waren die glänzenden Menschen nicht nur schön anzusehen, sondern hatten auch einen Stachel, mit dem sie ihn oft piesackten, wenn sie sich auf seine Lichtung verirrt hatten. Das störte ihn beim Einschlafen, vor allem, weil viele von ihnen beim Stechen wütende Laute von sich gaben.
Wenigstens schien der Mensch, der da vor ihm auf der Lichtung stand, nicht so unruhig wie die bisherigen. Er stand reglos da und rührte sich nicht, und Grok erkannte die einmalige Gelegenheit, sich ein lebendiges, intaktes Menschlein genauer anzusehen.
Langsam, um es nicht zu verschrecken, ging er in die Hocke. Der funkelnde Mensch wich zurück, sodass Grok instinktiv nach ihm greifen wollte, doch er beherrschte sich und setzte sich bedächtig auf die Knie. Da der Glänzende sich nicht weiter regte, beugte Grok sich langsam vor, bis sein Kinn fast auf dem Boden aufsetzte.
Zu seiner großen Überraschung redete das Menschlein, das nun aufgeregt mit seinem Stachel herumfuchtelte. »Erzittere, Ungetüm, und wisse, dass dein Ende bevorsteht!«
Grok war entzückt. Eigentlich recht unwahrscheinlich, dass er nun zum ersten Mal bemerkt, dass Menschen reden. Er beobachtet sie doch so gerne! Wenn er diesen Menschen verstehen konnte, bedeutete das, dass es andersherum genau so sein musste! Das Höflichste war es wohl, sich vorzustellen, damit es ihn nicht länger mit ›Ungetüm‹ ansprechen musste.
»Hallo«, sagte Grok. Der Atem, den er dabei ausstieß, war genug, um das Menschlein in die Knie zu zwingen. Es steckte seinen Stachel in den Boden und hielt sich mit beiden Händen daran fest. Vermutlich war es besser, wenn Grok künftig auf Silben verzichtete, die mit H begannen. Auch wenn das umständlich war.
»Ich Grok.« Er hatte ›heiße‹ einfach weggelassen und hoffte, dass das Menschlein diese Rücksicht wertzuschätzen wissen würde.
Zumindest erhob es sich und zog seinen Stachel wieder aus dem Boden. »Ich bin Ritter Kunibert von Burg Waldhof, Gebieter über das südliche Flussland mit all seinen Ländereien, Herr über die reichen Bergbauprovinzen des Ostens und Schlächter unzähliger Bestien! Ich komme und bringe deinen Untergang!« Er zeigte mit seinem Stachel auf Grok, der ihn gespannt anschaute.
Was meinte er mit Untergang? Da er sich keinen Reim auf das Geplapper des Menschen machen konnte, aber verstand, dass er ihm etwas mitgebracht hatte, sagte er schließlich: »Gut.« Als sich das glänzende Menschlein nicht rührte, zeigte er auf eine Stelle zwischen ihnen. »Leg ihn da.« Beinah hätte er noch ›hin‹ gesagt.
Unter leisem Klirren regte sich Ritter Kunibert und trat vor. Bei jedem Schritt stach er mit seinem funkelnden Stachel in die Luft. »Ha! Da! Nimm dies! Und das!« Mit seinen winzigen Füßen kam er unendlich langsam näher.
Grok war ein wenig enttäuscht. Offensichtlich hatte er, obwohl er erst jetzt herausgefunden hatte, dass man mit den Menschlein reden konnte, nichts verpasst. Zumindest dieses hier schien ihn nur stechen zu wollen.
»Ritter Kunibert«, sagte er und schaute das kleine Wesen vor sich an. Inzwischen war es so nah, dass er dabei schielte. »Bitte geht. Ich will mich ausruh–« Abrupt brach er den Satz ab, vor Sorge, ihn wegzupusten.
Doch seine Bitte schien den kleinen glänzenden Menschen nur zu ermuntern. Mit neuer Kraft tippelte er klirrend auf Grok zu. »Niemand entrinnt meiner gerechten Strafe, Ungeheuer! Niemand entrinnt dem Schwert der Gerechtigkeit, dem Zorn des Gerechten oder dem Willen des Rechtschaffenden!«
Offenbar verfügten Menschen nur über einen eingeschränkten Wortschatz, und Grok vermutete, dass einige Worte für sie andere Bedeutungen haben mussten. Er wollte ihm weiter zuhören, sich aber auch nicht stechen lassen. Also kippte er nach hinten, um sich bequemer hinzusetzen, und lächelte.
Doch statt seinen sonderbaren Vortrag fortzusetzen, fiel Ritter Kunibert auf den Rücken und quiekte. Grok hatte vergessen, wie vorsichtig er sich bewegen musste, damit ein Menschlein nicht den Halt auf dem Boden verlor.
»Entschuldigung«, sagte Grok, riss einen Baum aus und reichte ihm Ritter Kunibert, damit der sich daran hochziehen konnte. Doch der stach nur mit seinem Stachel darauf ein. Grok runzelte die Stirn. Was wollte er damit erreichen? »Halt dich fest«, sagte er. Er war froh, dass er in dieser Position wieder normal reden konnte. Und wenn Ritter Kunibert sich am Baum festhalten würde, könnte er ihn forttragen.
Doch jedes Mal, wenn Grok den Baum anhob, um zu sehen, ob Ritter Kunibert schon daran hing, wurde er enttäuscht.
Vermutlich überstieg sein Plan den Verstand des kleinen Menschen.
Also beugte er sich vor und vergrub die Finger einer Hand im Erdreich. Anschließend riss er das Stück Boden, auf dem Ritter Kunibert lag, heraus. Sorgfältig achtete er darauf, dass der Klumpen, den er aus seiner Lichtung gerissen hatte, nicht in Schieflage geriet und der Glänzende hinunterfiel.
Doch als er sich aufrichtete, bewegte sich die Erde in seiner Hand durch einen glücklichen Zufall so, dass Ritter Kunibert aufstehen konnte. Grok hob ihn vor sein Gesicht und lächelte.
»Das hast du dir so gedacht, du Waldungeheuer! Mich frisst du nicht!«
Bevor Grok etwas auf diesen wirren Ausruf antworten konnte, stach Ritter Kunibert ihn in die Nase. »Autsch«, entfuhr es dem Gestochenen, der überrascht zurückzuckte. Die Bewegung war so ruckartig, dass der kleine Glänzende von dem grünen Wiesenstück rutschte und vor Groks Füße plumpste. Er rührte sich nicht mehr.
Grok beugte sich zu dem glänzenden Menschen hinab. Er pustete vorsichtig, um zu sehen, ob er sich rührte, doch nichts geschah. Mit größter Behutsamkeit legte er ihn in die kleine Vertiefung, die er gegraben hatte, als er ihn aufgehoben hatte, und schüttete die Erde in seiner Hand hinterher.
»Ärgerlich«, murmelte Grok. Aber dann legte er sich endlich schlafen.

Die Einleitung zieht sich in meinen Augen etwas hin, sodass keine rechte Spannung aufgebaut wird, bis endlich die eigentliche und interessantere Handlung mit dem Ritter einsetzt. Die häufige Verwendung des Plusquamperfekts liest sich manchmal unschön, was Du aber leicht durch eine Umformulierung beheben kannst. Am meisten stört mich das unlogische Verhalten des Riesen, der sich anscheinend selbst nicht sicher ist, was er nun eigentlich von den Menschen hält.
Gerne gelesen und ich bin sehr auf Deine Auflösung gespannt!

LG Katinka
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Jirka
Wortedrechsler


Beiträge: 53



Beitrag03.05.2020 10:51

von Jirka
Antworten mit Zitat

Laughing  ich musste ehrlich gesagt an meinen Umgang mit Stechtieren oder auch Fliegen denken. Trotz Rettungsversuche werden sie mir dann doch nachts zu nervig, wenn sie rumsummen oder auch noch piksen, ich versuche die Decke über die Kopf zu ziehen, trotzdem kommt der Angriff, irgendwann verliere ich die Geduld. Gut ich begrabe sie jetzt nicht, aber manchmal verspüre ich schon so dieses kindlich naive Schuldgefühl, wenn ich das leblose Tierchen dann "entsorge".

Oder auch wenn ich bei irgendwelchen Rettungsaktionen doch aus Versehen z.B. einen Käfer töte, ist anpusten durchaus ein Mittel um Lebenszeichen festzustellen. Laughing

Also ich finde die Geschichte auch wieder sehr gelungen und gerade das abrupte Ende passt in dieses "rücksichtsvolle", aber dann doch  tödliche Riesenverhalten finde ich.

Und super fand ich auch die Parallele zu Bienen, deren Wohnung wir öffnen, wenn wir uns den Honig holen und wie er versucht einen friedlichen Weg zu finden. Das wäre für mich aber auch der einzige Punkt, über den ich ein wenig gestolpert bin: Sollte das Pulver (Weizen??), das die Menschen einlagern nicht eher so eine Art Genussmittel für die Riesen sein? Also nichts was seinen Appetit stillt, sondern eher etwas, von dem er weiß, dass er es eigentlich nicht braucht, aber was einfach so gut schmeckt, dass er es nicht lassen kann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass einem Riesen das bisschen Ertrag reicht, das die Menschen erwirtschaften und diese würden auch nicht lange überleben, wenn die Riesenfamilien durchs Land ziehen und die Scheunen leeren. Auf der anderen Seite, wovon ernährt sich eigentlich so ein Riese? Confused
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51MONSTER2
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 33
Beiträge: 89
Wohnort: Limburg


Beitrag04.05.2020 13:42
Re: Der rücksichtsvolle Riese
von 51MONSTER2
pdf-Datei Antworten mit Zitat

So, heute habe ich endlich Zeit & Muße, um mir diese Geschichte nochmal vorzuknöpfen.

Vielen Dank für das schöne, teils sehr konkrete Lob! Auch wenn ich es nicht einzeln erwähne, um diesen Post nicht zu sehr in die Länge zu ziehen, freut es mich bei jedem von euch, dass euch der Text oder bestimmte Dinge darin gefallen hat.


Calvin Hobbs hat Folgendes geschrieben:
Winzige Stolperstelle ->
51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
Er bedauerte, dass dabei die hauchdünnen Wände der kleinen Höhle zusammengebrochen waren und alles zu einem einzigen Häufchen Elend zerfallen war.

Danke für den Hinweis! Ja, den Satz kann man tatsächlich gut vereinfachen. Ich bin bei meiner Überarbeitung noch einen Schritt weitergegangen.


Kiara hat Folgendes geschrieben:
[...], es sind viele schöne Vergleiche enthalten. [...]

KleineLady hat Folgendes geschrieben:
Davon ab gefällt mir sehr, wie du konsequent in der Interpretation des Riesen bleibst.

silke-k-weiler hat Folgendes geschrieben:
Sehr schön finde ich die Idee mit den bunten Häuten und der Rüstung und dem Stachel. Oder die Beschreibung des Mobiliars, Rundungen vs. Ecken und Kanten.

Ja, die Vergleiche haben mir auch viel Spaß gemacht. smile Ich mag es, ungewohnte Perspektiven einzunehmen, und die des Riesen war eine schöne Mischung aus bekannt und fremd.


Kiara hat Folgendes geschrieben:
Das Ende ist etwas abrupt für meinen Geschmack - ist Kuni nur bewusstlos? Und warum macht Grok Erde über ihn? Hab ich was übersehen?

silke-k-weiler hat Folgendes geschrieben:
Aber, es geht mir tatsächlich wie Kiara und Nina:

1. Das Ende ist etwas abrupt. Ich nehme mal an, der Fall war so tief, dass der Ritter nicht nur bewusstlos ist. Trotzdem frage ich mich auch, warum er ihn mit Erde bedeckt. Weil er "kaputt" ist und dadurch uninteressant?

Das stimmt. Für den Leser sollte klar sein, dass Kunibert aus so großer Höhe fällt, dass er dabei stirbt - der Text gibt das aber nicht her. Das überarbeite ich definitiv.
Dass er sich nicht weiter mit ihm befasst, werde ich auch noch erklären. Guter Hinweis! Grundsätzlich wäre er ja auch tot noch interessant.


Jirka hat Folgendes geschrieben:
Sollte das Pulver (Weizen??), das die Menschen einlagern nicht eher so eine Art Genussmittel für die Riesen sein? Also nichts was seinen Appetit stillt, sondern eher etwas, von dem er weiß, dass er es eigentlich nicht braucht, aber was einfach so gut schmeckt, dass er es nicht lassen kann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass einem Riesen das bisschen Ertrag reicht, das die Menschen erwirtschaften und diese würden auch nicht lange überleben, wenn die Riesenfamilien durchs Land ziehen und die Scheunen leeren.

Das ist eine tolle Idee! Es gefällt mir sehr, da es betont, dass der Riese gar nicht abhängig davon ist.


KleineLady hat Folgendes geschrieben:
Was ich aber noch anmeckern muss ist der rote Faden. Das Etwas, worauf die Geschichte hinauslaufen soll. Ich bin mir nicht sicher, worum es genau darin geht. Was ist das Thema, die Aussage? Ich habe die ganze Zeit auf etwas gewartet, von dem ich nicht wusste, was es ist, passiert ist es aber trotzdem nicht. Das finde ich persönlich unbefriedigend.

silke-k-weiler hat Folgendes geschrieben:
2. Der rote Faden. Irgendein für mich befriedigendes Fazit. Das fehlt mir auch.

Zitat:
Der Tod des Ritters am Ende der Geschichte scheint ihn nicht wirklich zu belasten, wenn er sich gleich darauf seinem Mittagsschläfchen widmet.
Er wirkt auf mich nicht wirklich sympathisch, Dein Riese, und mir ist die eigentliche Deutung hinter der Geschichte unklar. [...]
Die Einleitung zieht sich in meinen Augen etwas hin, sodass keine rechte Spannung aufgebaut wird [...]. Am meisten stört mich das unlogische Verhalten des Riesen, der sich anscheinend selbst nicht sicher ist, was er nun eigentlich von den Menschen hält.

Jirka hat Folgendes geschrieben:
gerade das abrupte Ende passt in dieses "rücksichtsvolle", aber dann doch tödliche Riesenverhalten finde ich.

Damit sind wir dann beim eigentlichen Thema der Geschichte. Ich habe sie als eine Art Anti-"David gegen Goliath" entworfen, da es viel alltäglicher ist, dass Goliath den schmächtigen David völlig beiläufig hinwegfegt. Seien das nun Bienen & Imker, Angestellte & Konzernleiter, Demonstranten & Lobbyisten, Kinder & autoritäre Eltern, Verschwörungstheoretiker & Regierungen, oder andere, ähnlich ungleiche Machtkonstellationen, bei denen die Böswilligkeit des Mächtigeren auch durchaus bloße Unterstellung sein kann.
Ich finde es interessant, dass die Interpretation so bei Insekten haften geblieben ist. Klar, da sind die Parallelen am deutlichsten. Aber das wirft bei mir doch die Frage auf, ob das Thema überhaupt deutlich genug durch den Text dringt. Das soll nicht heißen, dass ich damit unzufrieden bin oder irgendeine Interpretation als falsch abtun würde - ich finde, als Leser hat man immer das Recht auf seine eigene Interpretation.
Bevor ich aber jetzt zu weit abdrifte: der Geschichte fehlt ganz bewusst der rote Faden. Der Tod von Kunibert, der die große Heldentat vollbringen will, um sein geknechtetes Volk zu retten, ist eine nahezu unbedeutende, alltägliche Belanglosigkeit im Leben des Riesen. Es interessiert ihn nur, solange er etwas aus der Beschäftigung mit Kunibert mitnehmen kann. Als das nicht mehr gegeben ist, endet sein Interesse genau so abrupt wie die Geschichte.
Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mit diesen Hintergedanken noch einmal überlegt, was ich an der Geschichte verbessern kann. Beispielsweise habe ich lange mit dem Titel gerungen - "Lästig", "Eine alltägliche Begebenheit" o.Ä. sind alles Titel, die ich verworfen habe. Mit dem aktuellen, sehr inhaltlichen Titel bin ich aber auch nicht zufrieden.
Aber auch über den Titel hinaus habt ihr ja vielleicht Ideen, wie ich meine Aussage schöner/deutlicher verpacken kann.



Und zum Abschluss noch ein besonderer Dank an KleineLady für die hilfreichen Hinweise zur Einleitung und Katinka2.0 für ihre sehr gründliche Textanalyse und die vielen konkreten Verbesserungsvorschläge! Daraus kann ich viel mitnehmen und werde in Kürze eine überarbeitete Fassung vorlegen.


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51MONSTER2
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Beitrag04.05.2020 14:31

von 51MONSTER2
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Grok blickte zufrieden über die Baumwipfel, die ihn ein wenig an den Beinen kitzelten, während er durch den Wald wanderte. Mit der einen Hand rieb er sich genüsslich den Bauch, mit der anderen schob er behutsam die knarrenden und knackenden Bäume zur Seite. Schließlich wollte er nicht versehentlich auf etwas treten, das ihn geschmerzt hätte. Sei es im Fuß oder in der Seele.

Schließlich mochte er die Bewohner seines Waldes. Die Hirsche und Wildschweine, aber vor allem die fleißigen Menschen, die jeden Tag ihre Behausungen umwuselten und ihre Lager mit köstlichem Pulver füllten. Es faszinierte ihn, ihr Treiben aus der Ferne zu beobachten. Und wie bunt sie waren! Manchmal glaubte er, dass sie jeden Tag ihre Haut wechselten, aber das hätte er unmöglich herausfinden können. Denn zu seinem Leidwesen verkrochen sie sich immer, wenn er sich näherte, in die kleinen, fragilen Höhlen, die sie sich gebaut hatten.
Einmal hatte Grok vor Neugier das Dach einer solchen Höhle abgenommen und eingehend das Innenleben betrachtet. Fast alles darin war eckig gewesen. Die Menschen schienen Kanten zu lieben. Vor allem runde Baumstämme schienen sie sorgfältig auseinander zu schneiden, um sie dann in eckiger Form wieder miteinander zu verbinden. Grok hatte nie herausgefunden, wie sie das taten, doch er vermutete, dass sie dazu Baumharz verwendeten. Und bei dieser Vermutung würde er es belassen.
Denn als er unter dem hochgehobenen Dach nach einem winzigen, eckigen Holzklotz gegriffen hatte, war dieser zwischen seinen Fingern zersprungen und ein bunter Stapel Häute war herausgeplatzt. Das hatte wunderschön ausgesehen, allerdings war sich Grok nicht sicher, ob unter all den Häuten nicht ein Mensch gewesen war. Die anderen in der Höhle hatten ängstliche Laute von sich gegeben, worauf ihm vor Schreck das Dach entglitten war. Ein wenig bedauerte er, dass beim Aufprall die kleine Höhle zu einem Häufchen Elend zerfallen war.
Deshalb hatte er es seitdem unterlassen, sie eingehender zu studieren. Sein Vetter machte sich einen Spaß daraus, alles zu zerstören, was die Menschen aufbauten. Grok empfand das als äußerst unreif, fragte sich aber selbst manchmal, wozu diese kleinen Lebewesen sonst gut waren.
Soweit er das bisher festgestellt hatte, waren sie eigentlich nur für eine Sache zu gebrauchen: In ihren größten Höhlen lagerten sie das Pulver, das er auch heute wieder genossen hatte. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass es mit den blass-gelben Wiesen in Verbindung stand, die sich um jedes Dorf befanden. Wenn sich die Bäume zu seinen Füßen gelb-orange färbten, mähten die Menschlein das gelbe Gras bis auf die braune Erde nieder und kurz darauf waren ihre Lagerhöhlen gefüllt.
Im Gegensatz zu seinem Vetter hatte er sich aber vorgenommen, sich immer nur so viel zu nehmen, dass er davon ausgehen konnte, dass die kleinen Wesen nicht verhungern würden.
Mittlerweile hatte er Übung darin, ihre Lagerhöhlen aufzubrechen. Wenn er auf den schmalen Pfaden zwischen den kleinen Bauwerken hindurchging, war er froh, dass sich die Menschlein in ihre Behausungen zurückzogen. So kam es nur selten vor, dass er versehentlich eines zertrampelte. Auch das Öffnen der Vorratshöhle hatte er soweit perfektioniert, dass er nur ein handgroßes Loch hinein machte, damit die Menschen es nicht vollständig neu bauen mussten.

Wie üblich hatte auch heute alles problemlos funktioniert. Er war in einer seiner Lieblingssiedlungen gewesen. Sie lag direkt an einem kleinen Bach, an dem er seinen Durst hatte stillen können. Zwar war sie ein wenig weiter von seinem Zuhause entfernt, doch der Weg lohnte sich immer.
In der Ferne konnte er seine bescheidene Lichtung bereits sehen. Damit lebte er ein wenig zurückgezogener als viele seiner Verwandten, die sich in den Bergen regelrecht tummelten. Doch das hatte ihn nie gereizt, da man dort kaum etwas zu beobachten hatte. Er freute sich schon auf den Winter, wenn alle Bäume ihre Blätter verloren und er sehen konnte, was sich darunter abspielte.
Als er seine Lichtung schließlich erreichte und er sich hinlegen wollte, um zu schlafen und das Treiben unter den Bäumen zu verfolgen, bemerkte er ein Funkeln vor sich.
Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas sah. Es musste eines von diesen Menschlein sein, die eine schöne, glänzende Haut hatten. Als Grok sich einmal eines gegriffen hatte, um es genauer anzuschauen, hatte es jedoch leise geknackt und das kleine Wesen hatte sich nicht mehr gerührt. Daher hätte er sie am liebsten ignoriert. Doch leider waren die glänzenden Menschen nicht nur schön anzusehen, sondern hatten auch einen Stachel, mit dem sie ihn oft piesackten, wenn sie sich auf seine Lichtung verirrt hatten. Das störte ihn beim Einschlafen, vor allem, weil viele von ihnen beim Stechen wütende Laute von sich gaben.
Wenigstens schien der Mensch, der da vor ihm auf der Lichtung stand, nicht so unruhig wie die bisherigen. Er stand reglos da und rührte sich nicht, und Grok erkannte die einmalige Gelegenheit, sich ein lebendiges, intaktes Menschlein genauer anzusehen.
Langsam, um es nicht zu verschrecken, ging er in die Hocke. Der funkelnde Mensch wich zurück, sodass Grok instinktiv nach ihm greifen wollte, doch er beherrschte sich und setzte sich bedächtig auf die Knie. Da der Glänzende sich nicht weiter regte, beugte Grok sich langsam vor, bis sein Kinn fast auf dem Boden aufsetzte.
Zu seiner großen Überraschung redete das Menschlein, das nun aufgeregt mit seinem Stachel herumfuchtelte. »Erzittere, Ungetüm, und wisse, dass dein Ende bevorsteht!«
Grok war entzückt. Wenn er diesen Menschen verstehen konnte, bedeutete das, dass es andersherum genau so sein musste! Das Höflichste war es wohl, sich vorzustellen, damit es ihn nicht länger mit ›Ungetüm‹ ansprechen musste.
»Hallo«, sagte Grok. Der Atem, den er dabei ausstieß, war genug, um das Menschlein in die Knie zu zwingen. Es steckte seinen Stachel in den Boden und hielt sich mit beiden Händen daran fest. Vermutlich war es besser, wenn Grok künftig auf Silben verzichtete, die mit H begannen. Auch wenn das umständlich war.
»Ich Grok.« Er hatte ›heiße‹ einfach weggelassen und hoffte, dass das Menschlein diese Rücksicht wertzuschätzen wissen würde.
Zumindest erhob es sich und zog seinen Stachel wieder aus dem Boden. »Ich bin Ritter Kunibert von Burg Waldhof, Gebieter über das südliche Flussland mit all seinen Ländereien, Herr über die reichen Bergbauprovinzen des Ostens und Schlächter unzähliger Bestien! Ich komme und bringe deinen Untergang!« Er zeigte mit seinem Stachel auf Grok, der ihn gespannt anschaute.
Was meinte er mit Untergang? Da er sich keinen Reim auf das Geplapper des Menschen machen konnte, aber verstand, dass er ihm etwas mitgebracht hatte, sagte er schließlich: »Gut.« Als sich das glänzende Menschlein nicht rührte, zeigte er auf eine Stelle zwischen ihnen. »Leg ihn da.« Beinah hätte er noch ›hin‹ gesagt.
Unter leisem Klirren regte sich Ritter Kunibert und trat vor. Bei jedem Schritt stach er mit seinem funkelnden Stachel in die Luft. »Ha! Da! Nimm dies! Und das!« Mit seinen winzigen Füßen kam er unendlich langsam näher.
Grok war ein wenig enttäuscht. Offensichtlich hatte er, obwohl er erst jetzt herausgefunden hatte, dass man mit den Menschlein reden konnte, nichts verpasst. Zumindest dieses hier schien ihn nur stechen zu wollen.
»Ritter Kunibert«, sagte er und schaute das kleine Wesen vor sich an. Inzwischen war es so nah, dass er dabei schielte. »Bitte geht. Ich will mich ausruh–« Abrupt brach er den Satz ab, vor Sorge, ihn wegzupusten.
Doch seine Bitte schien den kleinen glänzenden Menschen nur zu ermuntern. Mit neuer Kraft tippelte er klirrend auf Grok zu. »Niemand entrinnt meiner gerechten Strafe, Ungeheuer! Niemand entrinnt dem Schwert der Gerechtigkeit, dem Zorn des Gerechten oder dem Willen des Rechtschaffenden!«
Offenbar verfügten Menschen nur über einen eingeschränkten Wortschatz, und Grok vermutete, dass einige Worte für sie andere Bedeutungen haben mussten. Er wollte ihm weiter zuhören, sich aber auch nicht stechen lassen. Also kippte er nach hinten, um sich bequemer hinzusetzen, und lächelte.
Doch statt seinen sonderbaren Vortrag fortzusetzen, fiel Ritter Kunibert auf den Rücken und quiekte. Grok hatte vergessen, wie vorsichtig er sich bewegen musste, damit ein Menschlein nicht den Halt auf dem Boden verlor.
»Entschuldigung«, sagte Grok, riss einen Baum aus und reichte ihm Ritter Kunibert, damit der sich daran hochziehen konnte. Doch der stach nur mit seinem Stachel darauf ein. Grok runzelte die Stirn. Was wollte er damit erreichen? »Halt dich fest«, sagte er. Er war froh, dass er in dieser Position wieder normal reden konnte. Und wenn Ritter Kunibert sich am Baum festhalten würde, könnte er ihn forttragen.
Doch jedes Mal, wenn Grok den Baum anhob, um zu sehen, ob Ritter Kunibert schon daran hing, wurde er enttäuscht.
Vermutlich überstieg sein Plan den Verstand des kleinen Menschen.
Also beugte er sich vor und vergrub die Finger einer Hand im Erdreich. Anschließend riss er das Stück Boden, auf dem Ritter Kunibert lag, heraus. Sorgfältig achtete er darauf, dass der Klumpen, den er aus seiner Lichtung gerissen hatte, nicht in Schieflage geriet und der Glänzende hinunterfiel.
Doch als er sich aufrichtete, bewegte sich die Erde in seiner Hand durch einen glücklichen Zufall so, dass Ritter Kunibert aufstehen konnte. Grok hob ihn vor sein Gesicht und lächelte.
»Das hast du dir so gedacht, du Waldungeheuer! Mich frisst du nicht!«
Bevor Grok etwas auf diesen wirren Ausruf antworten konnte, stach Ritter Kunibert ihn in die Nase. »Autsch«, entfuhr es dem Gestochenen, der überrascht zurückzuckte. Die Bewegung war so ruckartig, dass der kleine Glänzende von dem grünen Wiesenstück rutschte, das Grok in der Hand hielt, und tief hinab in die Kuhle stürzte.
Grok beugte sich zu dem glänzenden Menschen hinab. Er pustete vorsichtig, um zu sehen, ob er sich rührte, doch nichts geschah. Nur der rote Saft, der verriet, dass ein Mensch tot war, trat aus. Tote Menschen hatte Grok aber schon oft genug gesehen. Enttäuscht schüttete er die Erde in seiner Hand auf den Glänzenden, um die Kuhle wieder aufzufüllen.
»Ärgerlich«, murmelte er. Dann legte er sich hin, da er nun ungestört schlafen konnte.


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KleineLady
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Beitrag07.05.2020 07:00

von KleineLady
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Hallo 51Monster2,

schön, dass du die Überarbeitung nochmal eingestellt hast. Ich persönlich hab jetzt absichtlich ein wenig gewartet, um neutraler rangehen zu können.

Insgesamt liest es sich flüssiger, ich kam weniger ins Stolpern als beim ersten Mal. Die Logikfehler in der Einleitung hast du gut korrigiert.

Zitat:
Schließlich mochte er die Bewohner seines Waldes. Die Hirsche und Wildschweine, aber vor allem die fleißigen Menschen, die jeden Tag ihre Behausungen umwuselten und ihre Lager mit köstlichem Pulver füllten. Es faszinierte ihn, ihr Treiben aus der Ferne zu beobachten. Und wie bunt sie waren! Manchmal glaubte er, dass sie jeden Tag ihre Haut wechselten, aber das hätte er unmöglich herausfinden können. Denn zu seinem Leidwesen verkrochen sie sich immer, wenn er sich näherte, in die kleinen, fragilen Höhlen, die sie sich gebaut hatten.


Das Fettmarkierte würde ich ans Ende vom Absatz packen und in Bezug zu dem letzten Satz setzen. Also, dass er sie nur deshalb aus der Ferne betrachtet, weil sie eben immer flüchten. Durch seine Größe ist es ja eh schon ein "aus der Ferne-Betrachten", selbst, wenn er mitten im Dorf steht ^^

Zitat:
Einmal hatte Grok vor Neugier das Dach einer solchen Höhle abgenommen und eingehend das Innenleben betrachtet. Fast alles darin war eckig gewesen. Die Menschen schienen Kanten zu lieben. Vor allem runde Baumstämme schienen sie sorgfältig auseinander zu schneiden, um sie dann in eckiger Form wieder miteinander zu verbinden. Grok hatte nie herausgefunden, wie sie das taten, doch er vermutete, dass sie dazu Baumharz verwendeten. Und bei dieser Vermutung würde er es belassen.
Denn als er unter dem hochgehobenen Dach nach einem winzigen, eckigen Holzklotz gegriffen hatte, war dieser zwischen seinen Fingern zersprungen und ein bunter Stapel Häute war herausgeplatzt. Das hatte wunderschön ausgesehen, allerdings war sich Grok nicht sicher, ob unter all den Häuten nicht ein Mensch gewesen war. Die anderen in der Höhle hatten ängstliche Laute von sich gegeben, worauf ihm vor Schreck das Dach entglitten war. Ein wenig bedauerte er, dass beim Aufprall die kleine Höhle zu einem Häufchen Elend zerfallen war.
Deshalb hatte er es seitdem unterlassen, sie eingehender zu studieren. Sein Vetter machte sich einen Spaß daraus, alles zu zerstören, was die Menschen aufbauten. Grok empfand das als äußerst unreif, fragte sich aber selbst manchmal, wozu diese kleinen Lebewesen sonst gut waren.
Soweit er das bisher festgestellt hatte, waren sie eigentlich nur für eine Sache zu gebrauchen: In ihren größten Höhlen lagerten sie das Pulver, das er auch heute wieder genossen hatte. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass es mit den blass-gelben Wiesen in Verbindung stand, die sich um jedes Dorf befanden. Wenn sich die Bäume zu seinen Füßen gelb-orange färbten, mähten die Menschlein das gelbe Gras bis auf die braune Erde nieder und kurz darauf waren ihre Lagerhöhlen gefüllt.
Im Gegensatz zu seinem Vetter hatte er sich aber vorgenommen, sich immer nur so viel zu nehmen, dass er davon ausgehen konnte, dass die kleinen Wesen nicht verhungern würden.
Mittlerweile hatte er Übung darin, ihre Lagerhöhlen aufzubrechen. Wenn er auf den schmalen Pfaden zwischen den kleinen Bauwerken hindurchging, war er froh, dass sich die Menschlein in ihre Behausungen zurückzogen. So kam es nur selten vor, dass er versehentlich eines zertrampelte. Auch das Öffnen der Vorratshöhle hatte er soweit perfektioniert, dass er nur ein handgroßes Loch hinein machte, damit die Menschen es nicht vollständig neu bauen mussten.

Wie üblich hatte auch heute alles problemlos funktioniert. Er war in einer seiner Lieblingssiedlungen gewesen. Sie lag direkt an einem kleinen Bach, an dem er seinen Durst hatte stillen können. Zwar war sie ein wenig weiter von seinem Zuhause entfernt, doch der Weg lohnte sich immer.
In der Ferne konnte er seine bescheidene Lichtung bereits sehen. Damit lebte er ein wenig zurückgezogener als viele seiner Verwandten, die sich in den Bergen regelrecht tummelten. Doch das hatte ihn nie gereizt, da man dort kaum etwas zu beobachten hatte. Er freute sich schon auf den Winter, wenn alle Bäume ihre Blätter verloren und er sehen konnte, was sich darunter abspielte.


Beim heutigen Lesen fiel mir auf, dass dieser Teil zwar interessant zu lesen war, aber ich merkte, wie meine Konzentration dabei war, sich zu verdünnisieren. Das mag daran liegen, dass das Koffein noch nicht da angekommen ist, wo es hingehört. Ist also eine höchst subjektive Anmerkung.
Das Problem könnte aber auch daran liegen, dass in dem zitierten Abschnitt nichts passiert (als der trottelige Ritter aufgetaucht ist, war ich wieder ganz bei der Sache Wink ). Es ist eine Rückblende. Vielleicht lässt sich die ein wenig umorganisieren.

Du hast ja zunächst die Einleitung mit Aktion: Grok wandert durch den Wald. Dann kommt eine Erklärung, nämlich, dass er die Tiere des Waldes, ganz besonders aber die Menschen mag und warum.

Jetzt würde ich wieder ein wenig Aktion setzen, bevor die nächste Erklärung/Rückblende kommt, damit ein wenig mehr Dynamik entsteht.
Wie wäre es denn, wenn du nach der Erklärung (mit den Waldtieren und den Menschen) eine Szene setzt, in der Grok aktiv das Lager seiner Lieblingssiedlung räubert. Die Erklärungen kannst du dann als seine Gedanken mit einflechten. Vielleicht erinnert ihn das Öffnen des Lagers daran, wie er mal in die Hütten der Leute schauen wollte. Wie er die Hütte versehentlich zerstört hatte und deshalb jetzt bei den Lagern vorsichtiger ist. Er will ja auch nicht, dass sie ihre Zeit mit Bauen verschwenden, sie sollen ja für ausreichend Pulver sorgen.

Dann schlägt er sich den Bauch voll und stiefelt zurück zu seiner Lichtung (da müsste man den Anfang dann nochmal bissel anpassen, weil er dann noch hungrig und voller Vorfreude auf das leckere Pulver ist), von wo aus er das Treiben, das immer nach seiner Mahlzeit dort entsteht, beobachten und dabei einschlafen kann. Und dann kommt Ritter Kunibert.

Nur so eine Überlegung. Etwas mehr Dynamik, mehr Handlung fände ich eine gute Sache.

Zitat:
Das hatte wunderschön ausgesehen, allerdings war sich Grok nicht sicher, ob unter all den Häuten nicht ein Mensch gewesen war. Die anderen in der Höhle hatten ängstliche Laute von sich gegeben, worauf ihm vor Schreck das Dach entglitten war. Ein wenig bedauerte er, dass beim Aufprall die kleine Höhle zu einem Häufchen Elend zerfallen war.


Hier ist noch ein kleiner Fehler drin. Die Leute werden schon ängstliche Laute von sich gegeben haben, sobald Grok das Dach abgenommen hat. Nicht erst nach Zerbrechen des Kleiderschranks. Vielleicht kommt sein Schreck durch den Gedanken, versehentlich einen Menschen zerdrückt zu haben?

Zitat:
Grok beugte sich zu dem glänzenden Menschen hinab. Er pustete vorsichtig, um zu sehen, ob er sich rührte, doch nichts geschah. Nur der rote Saft, der verriet, dass ein Mensch tot war, trat aus. Tote Menschen hatte Grok aber schon oft genug gesehen. Enttäuscht schüttete er die Erde in seiner Hand auf den Glänzenden, um die Kuhle wieder aufzufüllen.
»Ärgerlich«, murmelte er. Dann legte er sich hin, da er nun ungestört schlafen konnte.


Vielleicht würde ich nicht so deutlich sagen, dass Kunibert tot ist, sondern diese Schlussfolgerung dem Leser überlassen. Ich weiß, dass das vorher in den Kommentaren angemarkert wurde, und vielleicht ist es nicht ganz einfach, da den richtigen Grat zu finden. Der fette Satz soll die Nebensächlichkeit darstellen, beißt sich dann aber mit seinem Verhalten bei dem zerbrochenen Kleiderschrank, und der Sorge, dort jemanden versehentlich zerdrückt zu haben. Jedenfalls für mein Empfinden.
Vielleicht muss es auch nicht unbedingt roter Saft sein. Vielleicht reicht auch schon eine seltsam verdrehte Körperhaltung, die ihm zeigt, dass er schon wieder einen Menschen kaputt gemacht hat. Verärgert, wie fragil diese Geschöpfe doch sind. Den letzten satz würde ich wohl auch ein wenig schleifen, um nochmal hervorzustreichen, dass Kunibert lediglich ein Ärgernis war, das ihn von seinem wohlverdienten Verdauungsschlaf abgehalten hat.

Was einen Titel angeht, das finde ich immer schwer bei Texten, die nicht von mir selber stammen Embarassed  vielleicht "Kleine Ärgernisse"?

Das soll es erstmal gewesen sein. Vielleicht kannst du davon noch etwas mitnehmen. Wie immer alles sehr subjektiv. Und wie beim ersten Mal: Sehr gerne gelesen Daumen hoch

Federgruß
Nina
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Stoleti
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Beitrag08.05.2020 16:33

von Stoleti
Antworten mit Zitat

Tolle Geschichte! Ich mag deinen Riesen, auch wenn er etwas naiv zu sein scheint. Aber das ist Ritter Kunibert wohl auch. Insgesamt hast du schön anschaulich geschrieben und Vergleiche gefunden, dass es mir wieder viel Freude bereitet hat, von dir zu lesen.

51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
Ein wenig bedauerte er, dass beim Aufprall die kleine Höhle zu einem Häufchen Elend zerfallen war.

Bei dem Ausdruck 'Häufchen Elend' denke ich sofort an einen Menschen, nicht an einen Gegenstand.
51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:

Inzwischen hatte er herausgefunden, dass es mit den blass-gelben Wiesen in Verbindung stand, die sich um jedes Dorf befanden. Wenn sich die Bäume zu seinen Füßen gelb-orange färbten, mähten die Menschlein das gelbe Gras bis auf die braune Erde nieder und kurz darauf waren ihre Lagerhöhlen gefüllt.

Dreimal 'gelb' in zwei Sätzen finde ich zuviel. Wie wäre es mit einem 'honigfarben' oder 'bernsteinfarben' oder wenigstens einem 'sonnengelb'? Wink  Und das 'braun' würde ich ganz weglassen.

51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
»Niemand entrinnt meiner gerechten Strafe, Ungeheuer! Niemand entrinnt dem Schwert der Gerechtigkeit, dem Zorn des Gerechten oder dem Willen des Rechtschaffenden!«

Ich würde entweder 'Gerechtigkeit' oder 'Gerechten' ersetzen, und dem Rechtschaffenen ein 'd' entziehen.

51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
»Entschuldigung«, sagte Grok, riss einen Baum aus und reichte ihm Ritter Kunibert, damit der sich daran hochziehen konnte.

ihn
51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:
Und wenn Ritter Kunibert sich am Baum festhalten würde, könnte er ihn forttragen.

'Forttragen' klingt so nach weit weg. Außerdem würde ich 'er' oder 'ihn' ersetzen.


Schreib auf jeden Fall weiter so! smile
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Bea H2O
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Beiträge: 180



Beitrag09.05.2020 22:34

von Bea H2O
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Ich habe nur die neue Version gelesen und nichts gefunden, was ich ändern würde wink Mir gefällts!
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Gast







Beitrag11.05.2020 17:39

von Gast
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Hallo Simon,

ich finde, mit der Überarbeitung hast Du vieles verbessert, und Dir ist sprachlich ein schöner Text gelungen. Grundsätzlich würde ich noch das ein oder andere Adjektiv streichen, was mir im Text manchmal zu überladen scheint, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack.

Ich habe eine paar Anmerkungen zum Inhalt. Manches kommt mir immer noch unlogisch vor:
Zitat:
Schließlich wollte er nicht versehentlich auf etwas treten, das ihn geschmerzt hätte. Sei es im Fuß oder in der Seele.

Es wirkt im Laufe der Geschichte nicht so, als ob es ihn in der Seele schmerzen würde, trete er auf einen Menschen:
Zitat:
Sein Vetter machte sich einen Spaß daraus, alles zu zerstören, was die Menschen aufbauten. Grok empfand das als äußerst unreif, fragte sich aber selbst manchmal, wozu diese kleinen Lebewesen sonst gut waren.

Zitat:
Soweit er das bisher festgestellt hatte, waren sie eigentlich nur für eine Sache zu gebrauchen: In ihren größten Höhlen lagerten sie das Pulver, das er auch heute wieder genossen hatte.

Zitat:
Tote Menschen hatte Grok aber schon oft genug gesehen. Enttäuscht schüttete er die Erde in seiner Hand auf den Glänzenden, um die Kuhle wieder aufzufüllen.
»Ärgerlich«, murmelte er. Dann legte er sich hin, da er nun ungestört schlafen konnte.

Was denn nun?

Ich finden den Begriff "Höhle" immer noch unpassend als Vergleich. Hast Du schon mal eine besucht?
Zitat:
Denn zu seinem Leidwesen verkrochen sie sich immer, wenn er sich näherte, in die kleinen, fragilen Höhlen, die sie sich gebaut hatten.


Ich frage mich auch, welche Lehre der Leser aus der Geschichte, die Du ja als Parabel ausgewiesen hast, ziehen soll? Ich komme trotz deiner Erklärungen nicht dahinter. Wir haben auf der Bildebene den Riesen Grok, der die Menschen gerne beobachtet, ihre Vorräte stiehlt und nicht selten wird infolge seiner Neugierde irgendetwas zerstört. Manchmal kommt es vor, dass er dabei – unbeabsichtigt – einen Menschen tötet. Wenn er Bedauern zeigt, dann nur flüchtig und mit einer gewissen Gleichgültigkeit, denn außer als Nahrungslieferant und Mittel gegen Langeweile haben diese Menschen keinen besonderen Nutzen.
Der Mensch hat – berechtigterweise – Angst vor dem Riesen, zerstört er doch regelmäßig ihr Eigentum und bereichert sich an ihren Vorräten. Bisweilen passiert es, dass einer von ihnen bei einem Vorfall, der mit dem Riesen zu tun hat, sein Leben lässt.
Ich denke doch, dass es für die Menschen keine Rolle spielt, ob sie aus reiner Boshaftigkeit heraus oder aus Versehen vom Riesen getötet werden. Das Ergebnis ist das gleiche und ziemlich endgültig.  
Was ist die Lehre? Kannst Du etwas Licht ins Dunkel bringen?

LG Katinka
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Bea H2O
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Beitrag11.05.2020 18:44

von Bea H2O
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Hmm, wenn man eine Lehre draus ziehen möchte, dann vllt, dass es dem Ritter mehr gebracht hätte, hätte er versucht, mit dem Riesen zu reden, statt ihn anzugreifen? Sie hätten ja schließlich ne friedliche Lösung finden können. Der Riese war bereit zuzuhören
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Kiara
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Beitrag11.05.2020 19:10

von Kiara
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Raus aus dem Gewohnten, über den Tellerrand hinausblicken, Neues wagen

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51MONSTER2
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Beitrag12.05.2020 11:03

von 51MONSTER2
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Hallo zusammen,

@Stoleti: Vielen Dank für deine detaillierten Textanmerkungen! Da hast du ja einige durchaus problematische Stellen gefunden, die ich beheben werde. Danke auch für deine konkreten Lösungsvorschläge.

@Katinka:
Zitat:
Ich finden den Begriff "Höhle" immer noch unpassend als Vergleich. Hast Du schon mal eine besucht?

 Laughing Ja, natürlich war ich schon mal in einer Höhle. Was ich mit diesem Vergleich ausdrücken will, ist, dass dem Riesen das Konzept "Haus" so fremd ist, dass er gar kein Wort dafür hat. Und in der Natur kommt eine Höhle einem Haus nun mal am nächsten. Wenn du mit dieser Hintergrundinformation auf eine bessere Lösung kommst, würde ich sie gern hören, zumal ich finde, dass sich das Höhlen-Bild mit dem Dach abnehmen beißt.


Bzgl. Sinn/Lehre/Moral:
Ich möchte mit keiner meiner Geschichten Moralapostel spielen und eine konkrete Lehre vermitteln. Im besten Fall erreicht dieser Text (sowie "Das Monster im Schacht" und "Der Handel"), dass der Leser innehält und sich denkt: Moment, das stimmt doch gar nicht. Einfach, weil ich es spannend finde, wie gefangen man oft in seiner eigenen Perspektive ist und wie man mit absurden Rechtfertigungen und Widersprüchen lebt, die man bei anderen viel schneller erkennt.
Wie selbsternannte Vegetarier, die aber Fisch essen, weil die eh nicht süß aussehen/es davon so viele gibt/[...]. Oder eigentlich liebevolle Eltern, die ihre Kinder schlagen, weil "man das halt so macht"/sie es sonst nie lernen/[...]. Oder auch, wie von Jirka angesprochen, dass man ja durchaus Tiere mögen und schützenswert finden kann, die nervige Mücke dann aber doch irgendwann tötet.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand (mich eingeschlossen) über diese inneren Widersprüche erhaben ist, und hoffe, dass meine Texte jeden auf andere, persönliche innere Widersprüche aufmerksam machen. Oder zumindest den Blick dafür schärfen. Auch wenn es in der Regel deutlich kleinere, weniger krasse Widersprüche sein dürften als meine Beispiele.
Aber auch daraus kann jeder ableiten, was er will - ob "Menschen sind sonderbar", "ich sollte ehrlicher zu mir sein", "ich sollte Selbstdarstellungen anderer mehr anzweifeln" oder etwas ganz anderes. Mir ist das gleich smile


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Beitrag12.05.2020 23:50

von Jirka
Antworten mit Zitat

51MONSTER2 hat Folgendes geschrieben:

Ich glaube nicht, dass irgendjemand (mich eingeschlossen) über diese inneren Widersprüche erhaben ist, und hoffe, dass meine Texte jeden auf andere, persönliche innere Widersprüche aufmerksam machen.
Das kommt bei mir immer total an. Finde ich an deinen Texten bemerkenswert gut! Daumen hoch²
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VFast
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Wohnort: Schwelm


Beitrag03.06.2020 06:56

von VFast
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Vorab: Ich habe die Geschichte genossen. Dein Einfallsreichtum ist herrlich.

Ich habe jetzt Der Handel und diese Geschichte gelesen. Zum Thema "Moral":
So wie ich davon überzeugt bin, dass Geschichten erst beim lesen im Kopf des Lesers entstehen und nicht beim aufschreiben, so glaube ich, dass die Moral dem Leser überlassen ist. Und dafür spreche ich dir meinen Lob aus, 51MONSTER2.
Deine Geschichten haben "gute" Lücken, die ich beim Lesen mit meinen eigenen Erfahrungen füllen konnte. So auch beim Riesen. Wie du selbst sagtest, musste ich dabei an uns Menschen denken, wie wir gleichgültig die nervigen Insekten zerquetschen und uns nichts dabei denken.

Mit Vorfreude widme ich mich demnächst deinen weiteren Texten smile
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Soki
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
S


Beiträge: 18



S
Beitrag13.06.2020 11:56

von Soki
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Ich versuche mich heute an meiner ersten Textkritik. Über die Story will ich nichts schreiben, denn so etwas empfinde ich als unfair. Die Geschmäcker der Leser sind so verschieden, deshalb würde ich niemals meinen eigenen Geschmack als maßgeblich annehmen.

Ich beschränke mir hier nur auf Worte und Sätze. Auch hier ist dies nur meine subjektive Meinung. Wer bin ich, dass meine Meinung wichtig sein könnte? Vielleich kannst du etwas aus meiner Überarbeitung für dich mitnehmen. Denn darum geht es ja hier.

Jetzt kommt der Text:

Grok blickte zufrieden über die Baumwipfel, die ihn ein wenig an den Beinen kitzelten, während er durch den Wald wanderte. (Das ist ein sperriger Satz. Mir würde folgendes besser gefallen: Während Grok durch den Wald wanderte, kitzelten ihn die Baumwipfel an den Beinen.) Mit der einen Hand rieb er sich genüsslich den Bauch, mit der anderen schob er behutsam die knarrenden und knackenden Bäume zur Seite. (Ich habe ein Problem mit zu vielen Adjektiven. Meiner Ansicht nach sollte man nur immer eines benutzen, und zwar das bessere/stärkere. Also entweder knackend oder knarrend. Das gibt einen besseren Lesefluss.) Schließlich wollte er nicht versehentlich auf etwas treten, das ihn geschmerzt hätte. Sei es im Fuß oder in der Seele.

Schließlich (Zwei Sätze höher hast du schon das Wort Schließlich verwendet. So kurz danach noch einmal „schließlich“ liest sich unschön. „Er mochte die Bewohner seines Waldes“ reicht aus.) mochte er die Bewohner seines Waldes. Die Hirsche und Wildschweine, aber vor allem die fleißigen Menschen, die jeden Tag ihre Behausungen umwuselten und ihre Lager mit köstlichem Pulver füllten. Es faszinierte ihn, ihr Treiben aus der Ferne zu beobachten. Und wie bunt sie waren! Manchmal glaubte er, dass sie jeden Tag ihre Haut wechselten, aber das hätte er unmöglich herausfinden können. Denn zu seinem Leidwesen verkrochen sie sich immer, wenn er sich näherte, in die kleinen, fragilen Höhlen, die sie sich gebaut hatten. (Seltsamer Satzbau. Könntest du diesen Satz umstellen, damit es sich flüssiger liest? Immer wenn er sich näherte, verkrochen sie sich in ihre selbst gebauten fragilen Höhlen. Sehr zu seinem Leidwesen.)

Einmal hatte Grok vor Neugier das Dach einer solchen Höhle abgenommen und eingehend das Innenleben betrachtet. (Wieder seltsamer Satzbau. Das gefällt mir besser: Einmal hatte Grok neugierig das Dach einer solchen Höhle abgenommen und das Innenleben eingehend betrachtet.) Fast alles darin war eckig gewesen. (Gewesen? Dieses Wort könnte man ersatzlos streichen. Fast alles darin war eckig.) Die Menschen schienen Kanten zu lieben. Vor allem runde Baumstämme schienen sie (Schienen sie? Sie machten es doch, oder?) sorgfältig auseinander zu schneiden, um sie dann in eckiger Form wieder miteinander zu verbinden. Grok hatte nie herausgefunden, wie sie das taten, doch er vermutete, dass sie dazu Baumharz verwendeten. Und bei dieser Vermutung würde er es belassen.

Denn (Denn kann man ersatzlos streichen.) als er unter dem hochgehobenen Dach nach einem winzigen, eckigen (Wieder zwei Adjektive. Dass alles winzig ist, weiß der Leser schon, das muss man ihm nicht jedes Mal aufs Neue erklären.) Holzklotz gegriffen hatte, war dieser zwischen seinen Fingern zersprungen (zersprang dieser zwischen seinen Fingern) und ein bunter Stapel Häute war herausgeplatzt (und ein bunter Stapel Häute platzte heraus). Das hatte wunderschön ausgesehen, allerdings war sich Grok nicht sicher, ob unter all den Häuten nicht ein Mensch gewesen war. Die anderen in der Höhle hatten ängstliche Laute von sich gegeben, worauf ihm vor Schreck das Dach entglitten war. Ein wenig bedauerte er, dass beim Aufprall die kleine Höhle zu einem Häufchen Elend zerfallen war (dass die kleine Höhle beim Aufprall zu einem Häufchen Elend zerfallen war).
Deshalb hatte er es seitdem unterlassen (Seitdem hatte er es unterlassen), sie eingehender zu studieren. Sein Vetter machte sich einen Spaß daraus, alles zu zerstören, was die Menschen aufbauten. Grok empfand das als äußerst (Äußerst? Liest sich für mich seltsam. Ich würde das Wort streichen.) unreif, fragte sich aber selbst manchmal (selbst manchmal kann man streichen), wozu diese kleinen Lebewesen sonst gut waren. (Das Wort sonst würde ich streichen, man kann es aber auch lassen.)

Soweit er das bisher („Soweit er das bisher“ klingt sehr sperrig.) festgestellt hatte, waren sie eigentlich (Eigentlich kann man streichen, es ist nur ein Füllwort) nur für eine Sache zu gebrauchen: In ihren größten Höhlen lagerten sie das Pulver, das er auch heute wieder genossen hatte. (Wie hat er das Pulver genossen? Geschnupft? Gegessen?) Inzwischen hatte er herausgefunden, dass es mit den blass-gelben Wiesen in Verbindung stand, die sich um jedes Dorf befanden. Wenn sich die Bäume zu seinen Füßen gelb-orange färbten, mähten die Menschlein das gelbe Gras bis auf die braune Erde nieder und (Und streichen und einen neuen Satz anfangen.) kurz darauf waren ihre Lagerhöhlen gefüllt.
Im Gegensatz zu seinem Vetter hatte er sich aber (aber kann man streichen) vorgenommen, sich immer nur so viel zu nehmen, dass er davon ausgehen konnte (dass er davon ausgehen konnte würde ich ersatzlos streichen, es klingt nicht gut), dass die kleinen Wesen nicht verhungern würden.
Mittlerweile hatte er Übung darin, ihre Lagerhöhlen aufzubrechen. Wenn er auf den schmalen Pfaden zwischen den kleinen Bauwerken hindurchging, war er froh, dass sich die Menschlein in ihre Behausungen zurückzogen. So kam es nur selten vor, dass er versehentlich eines zertrampelte. Auch das Öffnen der Vorratshöhle hatte er soweit (soweit ist ein Füllwort, bitte streichen) perfektioniert, (Hier einen Punkt setzen und einen neuen Satz anfangen.) dass er nur ein handgroßes Loch hinein machte, damit die Menschen es nicht vollständig neu bauen mussten. (Er machte nur ein handgroßes Loch ins Dach, damit die Menschen nicht neu bauen mussten.)
Wie üblich hatte auch heute alles problemlos funktioniert. Er war in einer seiner Lieblingssiedlungen gewesen. Sie lag direkt an einem kleinen Bach, an dem er seinen Durst hatte stillen können (seinen Durst stillen konnte). Zwar war sie ein wenig weiter von seinem Zuhause entfernt, doch der Weg lohnte sich immer. (In diesem kurzen Text gibt es für meinen Geschmack zu viel können, konnte und hatte. Insbesondere die ständige Wiederholung von können und konnte lässt Langeweile aufkommen.)

In der Ferne konnte er seine bescheidene Lichtung bereits sehen (Statt konnte sehen „sah“ schreiben). Damit (Damit? Was genau willst du sagen? Somit passt meines Erachtens besser) lebte er ein wenig zurückgezogener als viele seiner Verwandten, die sich in den Bergen regelrecht tummelten. Doch (Doch kann man streichen, ist in diesem Fall ein Füllwort) das hatte ihn nie gereizt, da man dort kaum etwas zu beobachten hatte. Er freute sich schon auf den Winter, wenn alle Bäume ihre Blätter verloren und er sehen konnte, was sich darunter abspielte.
Als er seine Lichtung schließlich (Schließlich kann man auch streichen) erreichte und er sich hinlegen wollte, um zu schlafen und das Treiben unter den Bäumen zu verfolgen, bemerkte er ein Funkeln vor sich.

Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas sah. Es musste eines von diesen Menschlein sein, die eine schöne, glänzende (wieder zwei Adjektive) Haut hatten. (Wenn du ausdrücken willst, dass Grok Rüstungen gefallen, würde ich das in einem eigenen Satz schreiben.) Als Grok sich einmal eines gegriffen hatte, um es genauer anzuschauen, hatte es jedoch (jedoch ist ein Füllwort, sollte man streichen.) leise geknackt und (und streichen und einen neuen Satz anfangen) das kleine Wesen hatte sich nicht mehr gerührt. Daher hätte er sie am liebsten ignoriert. Doch (doch ist ein Füllwort, sollte man streichen) leider waren die glänzenden Menschen nicht nur schön anzusehen, sondern hatten auch einen Stachel, mit dem sie ihn oft piesackten, wenn sie sich auf seine Lichtung verirrt hatten (wenn sie sich auf seine Lichtung verirrten). Das störte ihn beim Einschlafen, vor allem, weil viele von ihnen beim Stechen wütende Laute von sich gaben.

Wenigstens schien der Mensch, der da vor ihm auf der Lichtung stand, nicht so unruhig wie die bisherigen (Der Mensch, der vor ihm auf der Lichtung stand, schien nicht so unruhig wie die bisherigen). Er stand reglos da und rührte sich nicht, und (und streichen und einen neuen Satz geginnen) Grok erkannte die einmalige Gelegenheit, sich ein lebendiges, intaktes Menschlein genauer anzusehen.
Langsam, um es nicht zu verschrecken, ging er in die Hocke. Der funkelnde Mensch wich zurück, so dass Grok instinktiv nach ihm greifen wollte, doch er beherrschte sich und setzte sich bedächtig auf die Knie. (Ein zu langer Satz, zwei Sätze sind hier besser: Der funkelnde Mensch wich zurück. Grok wollte nach ihm greifen, doch er beherrschte sich und setzte sich bedächtig auf die Knie.) Da der Glänzende sich nicht weiter regte, beugte Grok sich langsam vor, bis sein Kinn fast auf dem Boden aufsetzte.

Zu seiner großen Überraschung redete das Menschlein, das nun aufgeregt mit seinem Stachel herumfuchtelte (und fuchtelte aufgeregt mit seinem Stachel herum). »Erzittere, Ungetüm, und wisse, dass dein Ende bevorsteht!«

Grok war entzückt. Wenn er diesen Menschen verstehen konnte, bedeutete das, dass es andersherum genau so sein musste! Das Höflichste war es wohl, sich vorzustellen, damit es ihn nicht länger mit ›Ungetüm‹ ansprechen musste.

»Hallo«, sagte Grok. Der Atem, den er dabei ausstieß, war (stark?) genug, um das Menschlein in die Knie zu zwingen. Es steckte (rammte fände ich besser) seinen Stachel in den Boden und hielt sich mit beiden Händen daran fest. Vermutlich war es besser, wenn Grok künftig auf Silben verzichtete, die mit H begannen. Auch wenn das umständlich war.
»Ich Grok.« Er hatte ›heiße‹ einfach weggelassen und hoffte, dass das Menschlein diese Rücksicht wertzuschätzen wissen würde.

Zumindest (Das Wort Zumindest würde ich streichen, es liest sich für mich merkwürdig) erhob es sich und zog seinen Stachel wieder aus dem Boden. »Ich bin Ritter Kunibert von Burg Waldhof, Gebieter über das südliche Flussland mit all seinen Ländereien, Herr über die reichen Bergbauprovinzen des Ostens und Schlächter unzähliger Bestien! Ich komme und bringe deinen Untergang!« Er zeigte mit seinem Stachel auf Grok, der ihn gespannt anschaute.

Was meinte er mit Untergang? Da er sich keinen Reim auf das Geplapper des Menschen machen konnte, aber verstand, dass er ihm etwas mitgebracht hatte, sagte er schließlich: »Gut.« (Er konnte sich keinen Reim auf das Geplapper des Menschen machen. Trotzdem verstand er, dass dieser ihm etwas mitgebracht hatte. »Gut«, sagte er schließlich.)  Als sich das glänzende Menschlein nicht rührte, zeigte er auf eine Stelle zwischen ihnen. »Leg ihn da.« Beinah hätte er noch ›hin‹ gesagt.
Unter leisem Klirren regte sich Ritter Kunibert und trat vor. Bei jedem Schritt stach er mit seinem funkelnden Stachel in die Luft. »Ha! Da! Nimm dies! Und das!« Mit seinen winzigen Füßen kam er unendlich (Unendlich wohl kaum Smile ) langsam näher.

Grok war ein wenig (Wenig würde ich streichen, es minimiert die Enttäuschung) enttäuscht. Offensichtlich hatte er, obwohl er erst jetzt herausgefunden hatte, dass man mit den Menschlein reden konnte, nichts verpasst. (Er hatte erst jetzt herausgefunden, dass man mit den Menschlein reden konnte. Scheinbar auch nichts verpasst, denn dieses hier schien ihn nur stechen zu wollen.)
»Ritter Kunibert«, sagte er und schaute das kleine (Wir wissen schon, dass er klein ist, das hast du schon oft beschrieben) Wesen vor sich an. Inzwischen war es so nah, dass er dabei schielte. »Bitte geht. Ich will mich ausruh–« Abrupt brach er den Satz ab, vor Sorge, ihn wegzupusten.

Doch (Doch streichen) seine Bitte schien den kleinen glänzenden Menschen nur zu ermuntern. Mit neuer Kraft (Wieso? Hatte er seine Kraft verloren?) tippelte er klirrend auf Grok zu. »Niemand entrinnt meiner gerechten Strafe, Ungeheuer! Niemand entrinnt dem Schwert der Gerechtigkeit, dem Zorn des Gerechten oder dem Willen des Rechtschaffenden!«

Offenbar verfügten Menschen nur über einen eingeschränkten Wortschatz, und (und streichen und einen Punt setzen. Danach einen neuen Satz anfangen) Grok vermutete, dass einige Worte für sie andere Bedeutungen haben mussten. Er wollte ihm weiter zuhören, sich aber auch (auch ist ein Füllwort) nicht stechen lassen. Also kippte er nach hinten, um sich bequemer hinzusetzen, und lächelte.

Doch (Doch streichen) statt seinen sonderbaren Vortrag fortzusetzen, fiel Ritter Kunibert auf den Rücken und quiekte. Grok hatte vergessen, wie vorsichtig er sich bewegen musste, damit ein Menschlein nicht den Halt auf dem Boden verlor.

»Entschuldigung«, sagte Grok, riss einen Baum (vielleicht wäre ein Ast besser) aus und reichte ihm Ritter Kunibert, damit der sich daran hochziehen konnte. Doch der stach nur mit seinem Stachel darauf ein. Grok runzelte die Stirn. Was wollte er damit erreichen? »Halt dich fest«, sagte er. Er war froh, dass er in dieser Position wieder normal reden konnte. Und wenn Ritter Kunibert sich am Baum festhalten würde, könnte er ihn forttragen.
 
Doch jedes Mal, wenn Grok den Baum anhob, um zu sehen, ob Ritter Kunibert schon daran hing, wurde er enttäuscht.
Vermutlich überstieg sein Plan den Verstand des kleinen Menschen.
Also beugte er sich vor und vergrub die Finger einer Hand im Erdreich. Anschließend riss er das Stück Boden, auf dem Ritter Kunibert lag, heraus. Sorgfältig achtete er darauf, dass der Klumpen, den er aus seiner Lichtung gerissen hatte, nicht in Schieflage geriet und der Glänzende hinunterfiel.
Doch (Doch streichen) als er sich aufrichtete, bewegte sich die Erde in seiner Hand durch einen glücklichen Zufall so, dass Ritter Kunibert aufstehen konnte. Grok hob ihn vor sein Gesicht und lächelte.
»Das hast du dir so gedacht, du Waldungeheuer! Mich frisst du nicht!«
Bevor Grok etwas auf diesen wirren Ausruf antworten konnte, stach Ritter Kunibert ihn in die Nase. »Autsch«, entfuhr es dem Gestochenen, der überrascht zurückzuckte. Die Bewegung war so ruckartig, dass der kleine Glänzende von dem grünen Wiesenstück rutschte, das Grok in der Hand hielt, und tief hinab in die Kuhle stürzte. (Sehr seltsamer Satz. Eigentlich wissen wir ja schon, dass die Bewegung ruckartig war, da Grok überrascht zurückzuckte. Mein Vorschlag: Der Ruck riss Kunibert von den Füssen. Er rutschte das kleine Wiesenstück hinunter und stürzte hinab, genau in die Kuhle, die der Riese aufgerissen hatte.)
Grok beugte sich zu dem glänzenden Menschen hinab. Er pustete vorsichtig, um zu sehen, ob er sich rührte, doch nichts geschah. Nur der rote Saft, der verriet, dass ein Mensch tot war, trat aus. Tote Menschen hatte Grok aber (aber streichen) schon oft genug gesehen. Enttäuscht schüttete er die Erde in seiner Hand auf den Glänzenden, um die Kuhle wieder aufzufüllen.
»Ärgerlich«, murmelte er. Dann legte er sich hin, da er nun ungestört schlafen konnte.

Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen. Mein Vorschlag: Ändere deinen Text und lese dir nacheinander die unterschiedlichen Versionen durch oder sogar laut vor. Dann kannst du entscheiden, was dir besser gefällt.
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Heribert
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Beitrag15.06.2020 22:55

von Heribert
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich bin hin- und hergerissen. Einerseits ist die Geschichte so rührend und sehr, sehr ausbaufähig, andererseits so verkitscht.

Die Welt aus der Sicht eines Riesen gesehen - das ist wirklich eine Herausvorderung. Als ich es las, sind mir Möglichkeiten durch den Kopf gegangen. Das ist wirklich gut gedacht, aber nicht besonders gut umgesetzt. Sehr gut gemacht, in dem Sinne, wie er zum Beispiel ein Häuserdach abdeckt, um in die Wohnung zu schauen...

Handwerklich gesehen, sind zu viele Füllwörter drinnen. Einige Beschreibungen sind untertrieben oder komisch angewandt: seine Verwandten tummeln sich... Aber Riesen tummeln sich doch nicht. Sie halten besetzt oder hinterlassen ihre riesenhaften Haufen im Unterholz...

Und dann diese Nettigkeit - gut, es steht im Titel: Grok ist sanft - aber trotzdem, er geht doch nicht so vorsichtig mit einem Idioten um?

Ritter Kunibert? Du hast doch nichts von einer Kleinkindergeschichte gesagt. Da steht anfangs zur Beschreibung: Fantasy, Märchen/Mythen, Kurzgeschichte, Parabel, Philosophisches aber nichts von Kindergeschichte. Das Philosophische im Text habe ich gesucht.

Mir hat der Text gut gefallen, aber irgendwie auch eben nicht; weil eben so viel ungenutztes Potenzial drin ist. Ritter Kunibert - das ist doch...
Man kann doch einen Ritter nicht so nennen...

Herrgott, so eine gute Idee und doch so viel Quark darin.

Tolle Idee, habs gerne gelesen.
Viel Erfolg beim überarbeiten!
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Heribert
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Beitrag15.06.2020 23:17

von Heribert
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich bin hin- und hergerissen. Einerseits ist die Geschichte so rührend und sehr, sehr ausbaufähig, andererseits so verkitscht.

Die Welt aus der Sicht eines Riesen gesehen - das ist wirklich eine Herausvorderung. Als ich es las, sind mir Möglichkeiten durch den Kopf gegangen. Das ist wirklich gut gedacht, aber nicht besonders gut umgesetzt. Sehr gut gemacht, in dem Sinne, wie er zum Beispiel ein Häuserdach abdeckt, um in die Wohnung zu schauen...

Handwerklich gesehen, sind zu viele Füllwörter drinnen. Einige Beschreibungen sind untertrieben oder komisch angewandt: seine Verwandten tummeln sich... Aber Riesen tummeln sich doch nicht. Sie halten besetzt oder hinterlassen ihre riesenhaften Haufen im Unterholz...

Und dann diese Nettigkeit - gut, es steht im Titel: Grok ist sanft - aber trotzdem, er geht doch nicht so vorsichtig mit einem Idioten um?

Ritter Kunibert? Du hast doch nichts von einer Kleinkindergeschichte gesagt. Da steht anfangs zur Beschreibung: Fantasy, Märchen/Mythen, Kurzgeschichte, Parabel, Philosophisches aber nichts von Kindergeschichte. Das Philosophische im Text habe ich gesucht.

Mir hat der Text gut gefallen, aber irgendwie auch eben nicht; weil eben so viel ungenutztes Potenzial drin ist. Ritter Kunibert - das ist doch...
Man kann doch einen Ritter nicht so nennen...

Herrgott, so eine gute Idee und doch so viel Quark darin.

Tolle Idee, habs gerne gelesen.
Viel Erfolg beim überarbeiten!
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51MONSTER2
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Beitrag16.06.2020 10:21

von 51MONSTER2
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Hallo ihr beiden Nachzügler Wink,

eigentlich habe ich mit der Geschichte schon vor gut einem Monat abgeschlossen. Klar, man kann immer noch was ändern und verbessern, aber genau aus dem Grund schließe ich mit Texten irgendwann auch vollständig ab - sonst würde ich bis an den Rest meines Lebens am ersten Text rumwerkeln, und das wär mir dann doch zu langweilig.

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf möchte ich aber dennoch auf euer Feedback eingehen, da ihr euch immerhin die Zeit genommen habt, es zu verfassen:


Soki hat Folgendes geschrieben:
Über die Story will ich nichts schreiben, denn so etwas empfinde ich als unfair. Die Geschmäcker der Leser sind so verschieden, deshalb würde ich niemals meinen eigenen Geschmack als maßgeblich annehmen.

Das ist schade, denn das ist einer der wichtigsten Feedbackpunkte, die du hierbei weglässt. Denn wenn du ein bisschen verraten hättest, was dir daran (nicht) gefällt, hätte mir das geholfen, einzuschätzen, aus welcher Perspektive dein konkretes Feedback geschrieben ist. Beispielsweise kritisierst du nahezu alle Kausalitätsbegriffe, die ich verwende (du nennst sie Füllwörter) und grundsätzlich jede Abfolge von zwei Adjektiven.
Jetzt wäre es für mich natürlich interessant zu wissen, was du von dieser Geschichte erwartet hast. Denn wenn du ganz klassische Fantasy erwartet hast, könnte ich diese Punkte gut nachvollziehen - und abtun als "Das ist nicht, was dieser Text leisten soll." Wenn du aber eine märchenhafte Parabel erwartet hast und dich diese Dinge trotzdem noch stören, wäre es interessant zu wissen, ob du Märchenerzählungen generell nicht leiden kannst oder eigentlich schon, und von diesem enttäuscht warst. In letzterem Fall wäre das etwas, das dafür gesorgt hätte, dass ich mich nochmal intensiver mit dem Stil von Märchenerzählungen auseinandersetze - denn die verstärkte Verkettung der Sätze durch Kausalitätsbegriffe und die überdurchschnittliche Verwendung von Adjektiven gehört für mich dazu. Damit kann ich natürlich falsch liegen, aber das würde ich eher nachprüfen, wenn ich wüsste, was die Erwartung des Feedback-Gebenden war.

Bei Heribert beispielsweise wird das sehr deutlich: Offenbar hat er vor allem klassische Fantasy erwartet, in der der Riese das böse Ungetüm ist, das alles zerstört und rücksichtslos ist. Diese Erwartungshaltung hat auch der Titel nicht brechen können.

Das geht aus den folgenden Zitaten hervor:
Zitat:
Handwerklich gesehen, sind zu viele Füllwörter drinnen.

Zitat:
Einige Beschreibungen sind untertrieben oder komisch angewandt: seine Verwandten tummeln sich... Aber Riesen tummeln sich doch nicht. Sie halten besetzt oder hinterlassen ihre riesenhaften Haufen im Unterholz...

Zitat:
Und dann diese Nettigkeit - gut, es steht im Titel: Grok ist sanft - aber trotzdem, er geht doch nicht so vorsichtig mit einem Idioten um?

Zitat:
Ritter Kunibert? Du hast doch nichts von einer Kleinkindergeschichte gesagt.

Zitat:
Ritter Kunibert - das ist doch...
Man kann doch einen Ritter nicht so nennen...


Die Erwartungshaltung von klassischer Fantasy erfüllt der Text natürlich nicht. Und wenn man klassiche Fantasy erwartet und stattdessen ein Märchen bekommt, ist das so ähnlich wie Sprudel erwarten und Sprite trinken. Eigentlich wär beides in Ordnung, aber die Erwartungshaltung macht es einfach kaputt.
Dadurch entstehen dann auch solche Entgleisungen wie:
Zitat:
Das ist wirklich gut gedacht, aber nicht besonders gut umgesetzt.

Zitat:
Herrgott, so eine gute Idee und doch so viel Quark darin.

Die kann ich aber leicht verschmerzen, wenn ich weiß, dass der Rezensent lediglich aus seiner Perspektive kritisiert. Wenn er denkt: "Mensch, wenn ich dieses Thema verarbeitet hätte, hätte ich das aber ganz anders gemacht - warum hast du das nicht so gemacht wie ich mir das denke?", dann ist das eben so. Und eigentlich auch ein schönes Feedback, jemanden zum Nachdenken angeregt zu haben. Denn vielleicht schreibt er ja mal eine Geschichte über einen rücksichtsvollen Riesen, und die wird dann sicher ganz anders - aber deshalb nicht unbedingt besser oder schlechter. Ich glaube, das macht auch den Reiz der Forenwettbewerbe aus, dass jeder Autor die Themen anders verarbeitet.

Herrje, jetzt bin ich aber abgeschweift Laughing Was ich einfach sagen wollte: Es ist wichtig, beim Feedback deine Meinung dazu zu schreiben, damit der Autor deine konkreten Hinweise besser einordnen kann.


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