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Calvin Hobbs
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 55
Beiträge: 563
Wohnort: Deutschland


Beitrag26.04.2020 07:17
Einblicke
von Calvin Hobbs
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo smile
Kurzer Snack von 700 Wörtern für zwischendurch smile
Vielen Dank für eure Zeit smile

Deine Sonnenbrille war bestimmt teuer, denke ich und versuche, das winzige Logo auf dem Bügel zu entziffern.
Du sitzt zwar am Nebentisch, aber trotzdem zu weit weg. Wenn sich Dein Kopf dreht, sehe ich lange schwarze Wimpern hinter den Gläsern. Dabei wippt Dein blonder Bob. So wie der Fuß in der flachen Sandale.
Das Straßencafé ist gut besucht, denn heute ist der erste richtig warme Tag des Jahres. Freunde hatte mich eingeladen, wir haben uns eine Menge zu erzählen.
Trotzdem geht mein Blick immer wieder zu Dir hinüber.
Du trägst die Sonnenbrille, obwohl Du in der schattigsten Ecke des Lokals sitzt. Die Sonnenstrahlen, die der Schirm über uns nicht abfängt, wärmen meinen Rücken.
Oft gehe ich nicht hierher, denn die Fahrstuhlmusik im Hintergrund mag ich nicht.
Meine Freunde sprechen von kommenden Konzerten und diskutieren aufgeregt ihre Musikgeschmäcker. Da ich eher der ruhige Typ bin, fällt es nicht weiter auf, dass ich mich kaum beteilige.
Deine linke Hand berührt die Untertasse, mit den schlanken Fingern der Rechten ergreifst Du den Henkel und nippst vorsichtig am Cappuccino. Der noch eingepackte Biskuit rutscht auf den Tisch, aber Du beachtest ihn nicht.
Als Du die Tasse wieder absetzt, klingeln die dünnen Silberreifen um Dein Handgelenk. Viele Köpfe wenden sich, als draußen die Sirene eines Rettungswagens unsichtbar vorüberzieht.
Das gibt mir die Zeit, Dein dunkelblaues Oberteil zu betrachten. Aus den kurzen Ärmeln schauen durchtrainierten Arme hervor, um den Hals trägst Du eine feine Kette. Tief im Ausschnitt glitzert ein ovaler Anhänger. Ich muss mich wieder abwenden, damit Du nicht glaubst, dass ich Dich anstarre und konzentriere mich wieder auf das Gespräch am Tisch. Es dreht sich um eine kommende Paddeltour. Vielleicht im nächsten Monat.
Der Stoff Deiner Jeans ist stellenweise löchrig, keine Mode für mich. Aber Du kannst es tragen.
Der weiße Nagellack auf den winzigen Zehennägeln passt gut zu dem verwaschenen Blau der Hose.
Ich ertappe mich dabei, wie ich nachdenklich mein Kinn massiere, spüre die Stoppeln. Der Dreitagebart, versicherte man einhellig, steht mir. Ich zögere weiterhin, Dich anzusprechen, als der Kellner uns unterbricht und eine neue Bestellung aufnimmt. Du schaust nur kurz herüber, hebst auch die Hand. Die Bedienung notiert sich Deinen zweiten Cappuccino, dabei rutschen zwei symmetrischen Augenbrauen kurz über den Brillenrand.
Überhaupt Dein Gesicht: Es ist rund, die tiefdunklen Gläser verdecken den wichtigsten Teil davon. Die Nase, nicht besonders groß, ihr gerader Rücken hat einiges zu tragen. Die Lippen, leicht gerötet, bewegen sich manchmal, als ob Du gleich etwas sagen wolltest. Wenn sich die Mundwinkel heben, tauchen daneben zwei Grübchen auf. Das Make-up auf den Wangenknochen ist dezent, es unterstreicht nur.
Als Du das Haar hinter Dein Ohr streichst, fällt mir der Perlohrring  auf. Und, dass Du sonst keine Ringe trägst. Gut.
Unsere Bestellungen kommen, Du bezahlst schon. Also muss ich mich beeilen.
Inzwischen dreht sich die Konversation um Beziehungen im Freundeskreis. Dazu kann ich als Sinlge wenig beitragen, höre aber heraus, dass es schnell in Lästereien abgleitet. Über den Altersunterschied zwischen Partnern kommen wir schließlich auf unsere Eltern. Da ich Einzelkind bin und meine Eltern mehrere Autostunden entfernt wohnen, lehne ich in puncto Familienleben ungern aus dem Fenster. Leben und leben lassen.
Also ziehe ich mich abrupt aus dem Gespräch und wende mich direkt an Dich.
„Entschuldigung, ich hoffe nicht, dass es zu creepy ist, aber ich musste die ganze Zeit zu Dir rüberschauen.“
Irritiert drehte sie mir den Kopf zu.
„Hab ich gar nicht bemerkt“, antwortete sie kurz. Mit fahrigen Fingern leerte sie ihre Tasse.
„Ich würde Dich gern an unseren Tisch einladen, aber ich weiß nicht, ob Dich unsere Themen interessieren. Falls ...“
In diesem Moment unterbrichst Du mich mit einer schnellen Handbewegung. Stehst auf, streckst die linke Hand aus, bis diese meine Stuhllehne berührt. Dann neigst Du Dich ganz dicht heran. Ich spiegle mich in der Brille und Dein Atem kitzelt mein Ohr.
Mit zitterender Stimme flüsterst Du: „Es ist jetzt schon zehn Jahre her, dass ich meine Mutter nicht gesehen habe.
Und sie erinnert mich jeden Tag daran, dass, wenn ich mich nicht benehme, sie mir auch noch mein Gehör nimmt.“
Du richtest Dich sich auf, greifst zielsicher in die Ecke hinter Deinem Stuhl. Der weiße Ball am unteren Ende des dünnen Stockes führt Dich sicher zwischen den Tischen ins Freie.



_________________
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Justadreamer
Geschlecht:männlichLeseratte
J

Alter: 26
Beiträge: 196
Wohnort: Bayern


J
Beitrag28.04.2020 18:03

von Justadreamer
Antworten mit Zitat

Hallo Calvin Hobbs

Ich sag nur:

Zitat:
Und sie erinnert mich jeden Tag daran, dass, wenn ich mich nicht benehme, sie mir auch noch mein Gehör nimmt.“


Damit schlägst du einem so richtig den digitalen Schreibblock um die Ohren Laughing (Im positiven Sinne)


Ich finde, du kannst die Personalpronomen (dein mein du..) klein schreiben. Das ist, soweit ich weiß, eher in E-Mails üblich.

Da du mich hier eiskalt erwischst hast, weiß ich nicht so recht, was ich noch auszusetzen habe. Inhaltlich finde ich es sehr originell - aber eher lustig als tragisch (nur für den Fall, dass du etwas anderes beabsichtigt hast).

Vielleicht kannst du dir überlegen, den Satz, den ich bereits erwähnt habe , umzuformulieren. Denn durch die Sprechpause, die durch den Einschub "wenn ich mich nicht benehme" kommt der Paukenschlag etwas verzögert an. Beispielsweise: "Aber sie sagt, dass sie mir auch noch mein Gehör nimmt, wenn ich mich nicht benehme." Das ist zwar der gleiche Inhalt, aber es ist flüssiger und kommt etwas mehr als "gesprochene Sprache" daher.

Dass ich sonst nichts bemängele, liegt daran, dass ich es gut finde Laughing


Liebe Grüße


 [/quote]
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Calvin Hobbs
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 55
Beiträge: 563
Wohnort: Deutschland


Beitrag29.04.2020 18:08

von Calvin Hobbs
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank smile Es freut mich, jemanden überraschen zu können.
Bzgl. des Zitats werde ich mir noch mal Gedanken machen.
MfG


_________________
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51MONSTER2
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 33
Beiträge: 89
Wohnort: Limburg


Beitrag01.05.2020 11:33

von 51MONSTER2
Antworten mit Zitat

Hallo Calvin Hobbs,

ich finde, dir ist eine schöne Geschichte über eine (nur scheinbar) alltägliche Begebenheit gelungen. Den aufklärenden Satz musste ich allerdings mehrmals lesen - anfangs habe ich sogar gedacht, der sollte aussagen, die Mutter hätte ihr die Augen ausgestochen Shocked Oder es geht um die Mutter des Protagonisten, da er kurz davor seine eigenen Eltern erwähnt hat. Erst durch weiterlesen wurde mir klar, dass hier lediglich gesagt werden soll, dass sie blind ist.
Ich denke, weniger ist an der Stelle einfach mehr. Dann erreicht einen der "Paukenschlag", von dem mein Vorredner sprach, auch deutlicher.

Hier und da sind mir ein paar kleine Fehler aufgefallen (hauptsächlich Buchstaben-/Wortauslassungen, die durch nochmaliges Lesen sicher findest). Sowas hier z.B.:
Zitat:
Freunde hatte mich eingeladen, wir haben uns eine Menge zu erzählen.


An der folgenden Stelle brichst du aber einige Sätze lang mit dem sonst durchgängig eingehaltenen Präsens:
Zitat:
Irritiert drehte sie mir den Kopf zu.
„Hab ich gar nicht bemerkt“, antwortete sie kurz. Mit fahrigen Fingern leerte sie ihre Tasse.


Und der Einschätzung, dass die großgeschriebene Anrede hier unangebracht ist, möchte ich mich anschließen.


_________________
simonsterz.com
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Calvin Hobbs
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 55
Beiträge: 563
Wohnort: Deutschland


Beitrag02.05.2020 14:04

von Calvin Hobbs
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke für den Input smile
Das mit den Pronomen werde ich auf jeden Fall zukünftig ändern smile


_________________
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