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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 04/2020
Das Vieh

 
 
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Autor Nachricht
Ribanna
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag03.04.2020 19:00
Das Vieh
von Ribanna
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Die Gitterstäbe wirkten außerordentlich massiv, trotzdem hatte ich den Eindruck, sie würden nachgeben, als er sich dagegen warf. Reflexhaft wich ich einen Schritt zurück. Ohne lange zu warten startete er einen neuen Angriff, aber diesmal blieb ich standhaft. Ich schaute an seinem rechten Ohr vorbei, während er sich laut tönend erneut gegen das Metallgeflecht warf und sagte freundlich: »Hallo.«
Keine Reaktion. Er zog sich etwas zurück - oder nahm er Anlauf? Seine Augen waren starr auf mich gerichtet, seine dunklen, fast schwarzen Haare standen im Sinne des Wortes zu Berge. Er war recht groß, hatte eine gute Figur, durchtrainiert.
Er beeindruckte mich durch seine Schönheit, und trotz seiner wiederholten Angriffe auf das Gitter wirkte er nicht aggressiv, eher verzweifelt. Ich ging einen Schritt näher. Er schien jede meine Bewegungen zu beobachten, aber er blieb stehen, vielleicht zwei Meter entfernt. Ich setzte mich auf den Boden und begann, beruhigend auf ihn einzureden. »Ein Schöner bist du, nicht? Du musst keine Angst haben, es passiert nichts. Ich sitze hier, wenn du willst, die ganze Zeit. Niemand tut dir was...« Er hob den Kopf ein bisschen höher und drehte ihn zur Seite, begann zu hecheln, blinzelte und legte sich dann nieder. »Fein!«, lobte ich.  Ich rief ihn beim Namen, er wendete mir seinen großen Kopf zu, und ich warf ein Stückchen Wurst durch die Stäbe, direkt vor seine Schnauze. Der erste Schritt war getan, Nero hatte im Augenblick keine Angst mehr in meiner Gegenwart.
Um ihn nicht zu verschrecken, stand ich langsam auf und zog mich rückwärts gehend von ihm zurück. Erst auf dem großen Platz vor dem Tierheimgebäude blieb ich stehen. »Nero wird ein wundervoller Begleiter sein, eines Tages«, erklärte ich der jungen Frau, »aber er braucht Zeit, um Vertrauen zu fassen. Ich komme morgen wieder.«


»Nehmen Sie die Töle und sperren Sie sie weg«, brüllte der Feuerwehrmann die Tierheimmitarbeiterin an. »Wenn Sie dazu überhaupt in der Lage sind«, setzte er grob nach und glotzte sie mit abschätzigem Gesichtsausdruck an. »Na los!« Er drückte ihr die Leine mit dem tobenden Hund in die Hand. »Das Ding machen Sie am besten gar nicht ab, das Vieh hat den Teufel in sich!«
»Komm, ganz ruhig, mein Guter, alles gut«, die junge Frau ignorierte den Grobian und redete beruhigend auf den Hund ein, der immer noch randalierte. »Is ja gut, schau, alles in Ordnung.« Sie bugsierte ihn äußerst vorsichtig, um ihm nicht weh zu tun, in den großen Zwinger. »Schau, hier hast du deine Ruhe, ein warmes Körbchen und -«
»Mit dem brauchen Sie sich keine Mühe zu geben, habe ich Ihnen gesagt. Die Spritze ist das Einzige, was dem hilft. «
Sie antwortete ihm immer noch nicht, sondern schloss die Zwingertür leise von außen, ohne den Hund aus den Augen zu lassen.
»Wir schläfern keine gesunden Tiere ein, und dieser hier wirkt sehr gesund, oder?«
»Was weiß denn ich. Bin ich Tierarzt? Wir haben ihn nur abgeholt, weil er ein ganzes Stadtviertel terrorisiert hat. War an einen Baum gebunden, hat niemanden an sich 'ran gelassen. Die ganze Nacht hat er geheult und gebellt!«
»Und der Maulkorb? Haben Sie -«
»Nee, den hatte er schon.«
»Wo war das?«
»Auf der Verkehrsinsel in der Hauptmannstraße«.
Die junge Frau zuckte zusammen. »Die ist sechsspurig, oder?«
Der Feuerwehrmann nickte. »War gar nicht leicht, bei dem Verkehr an ihn zu kommen. Als ich bei ihm ankam, wurde er irgendwie noch wütender. Ich hab' ihm eins auf den Kopf gegeben, damit er Ruhe gibt.
Er drehte sich um und ging, grußlos.
Die junge Frau deckte den Hund mit einer Decke zu. Sie weinte.

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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag12.04.2020 07:01

von Lapidar
Antworten mit Zitat

Der erste Teil gefällt mir sehr gut.
Der zweite Teil, der ja mehr oder weniger erklärt, warum der Hund sich benimmt wie er ist, schwächelt aus meiner Sicht ein wenig. Der letzte Satz mit der weinenden Frau und der Decke, der ist überflüssig aus meiner Sicht.
Aber das ist, wie alles, wohl Geschmackssache.


_________________
"Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym.
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a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag12.04.2020 21:44

von a.no-nym
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,

dies ist ein neutraler Kommentar, um später ggf. eine Bewertung vornehmen zu können.

Freundliche Grüße
a.
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6155
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag13.04.2020 00:34

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,
vorweg, die Geschichte gefällt mir. Zwei verschiedene Sichweisen auf das gleiche Tier, komplett unterschiedlich. Und beide nachvollziehbar. Der Feuerwehrmann sieht nur den Ärger, den er mit "dem Vieh" hatte, der andere sieht einen Hund, der ein treuer Begleiter werden könnte. Allerdings frage ich mich schon, wofür jemand einen Hund will, den er Nero nennt. Ich denke da jedenfalls nicht an Kuscheln auf dem Sofa und friedliche Parkspaziergänge …

Problematisch finde ich die Vorgabenumsetzung. Okay, könnte die 3 sein, der Hund dann als "physisches Objekt"? Erscheint mir aber paradox, denn das würde ihn zu noch weniger als "das Vieh" reduzieren, und das wäre kontraproduktiv zum Anliegen der Geschichte, wie ich es verstehe. Oder übersehe ich was anderes? Gleicher Ort in anderem Zustand und verschiedene Perspektive auf gleiche Szene passen jedenfalls nicht. Auch ist die Bedeutungsvielfalt von BeGegnerIn nicht voll ausgeschöpft worden, aber das Wort ist ja schon eine Kurzprosa für sich allein.

beste Grüße,
Veith


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Hang the cosmic muse!

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Amarenakirsche
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 30
Beiträge: 394
Wohnort: tief im Westen


Beitrag13.04.2020 10:44

von Amarenakirsche
Antworten mit Zitat

Dieser Text gefällt mir gut. Die Charakterisierungen der Personen (auch über die Sprache) finde ich gelungen. Zuerst bin ich davon ausgegangen, dass sich ein Mensch gegen das Gitter wirft, bis ich gemerkt habe, dass es um einen Hund ging. Das hat mir gefallen. Sprachlich habe ich nichts auszusetzen.
Die Reihenfolge der beiden Abschnitte hat mich ein wenig irritiert.

Insgesamt 5 Punkte von mir.
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Gast







Beitrag13.04.2020 14:09
Re: Das Vieh
von Gast
Antworten mit Zitat

Postkartenprosa hat Folgendes geschrieben:
...


Zwei Texte über Personen (möglicherweise in beiden Fällen die gleiche Person), die im Tierheim arbeiten und mit Problemhunden und deren Schicksalen konfrontiert sind.

Vorgabentreue: Es kann sein, dass es sich in beiden Texten um denselben Hund handelt, das ist aber nicht offenkundig oder explizit (im ersten Text hat der Hund einen Namen, im zweiten ist er anonym). Unter der Annahme, dass das so gemeint ist, würde die erste Szene vor der Vermittlung des Hundes spielen und die zweite später, nachdem sich herausgestellt hat, dass der/die neue Besitzer/in mit Nero nicht klar gekommen ist und ihn deswegen ausgesetzt hat. Das wäre die einzige Möglichkeit, eine Vorgabentreue zu interpretieren, da damit die erste Vorgabe (selber Ort: Das Tierheim, obwohl ein anderer Zustand etwas weit hergeholt wäre) als erfüllt angesehen werden könnte. Allerdings gibt es wie gesagt keine direkten Hinweise darauf. Begegnung und Gegnerschaft wären ableitbar.

Für mich liest sich das Textpaar wie zwei unabhängige Momentaufnahmen aus dem Berufsleben einer/s TierheimaktivistIn.

Ausgestaltung: Für mich zu stereotypisch und moralinsauer. Es spielt Beides recht undifferenziert auf der "böse Menschen, arme Tiere" Klaviatur. Gerade im Verhältnis HAUStier<->Mensch gibt es eine wesentlich größere Dynamik und Bandbreite, als es in dieser und vergleichbaren Ansätzen gerne grob vereinfacht dargestellt wird.

Im ersten Text wird durch die Metaphorik zunächst offengelassen, um welches Wesen in Gefangenschaft es sich handelt; die Wortwahl liesse auch auf einen menschlichen Gefangenen schliessen. Das ist aber recht durchschaubar angelegt und legt schon früh die Moral offen, die den Text bestimmt.
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Susanne2
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 503
NaNoWriMo: 53854



Beitrag13.04.2020 14:44

von Susanne2
Antworten mit Zitat

Liebe(r) AutorIn,

Deine Idee, das Schicksal von Nero darzustellen, finde ich wirklich gut.
Leider haben sich einige Ungereimtheiten inhaltlicher Art eingeschlichen, die ich nicht übersehen kann.
Die erste Geschichte ist perfekt.
Bei der zweiten Geschichte habe ich so meine Probleme. Der herzlose Feuerwehrmann hat seinen Beruf verfehlt, wenn er ein Tier rettet, aber es am liebsten tot sehen möchte.
Dann die Aussage, Nero habe ein ganzes Stadtviertel terrorisiert – wie denn, wenn er angebunden auf einer Verkehrsinsel hockt? Das juckt doch da höchstens Tierschützer, die dann handeln und sich nicht über das Tier beschweren?
Die Verkehrsinsel ist nicht sechsspurig, sondern die Straße – und dort würde Nero auch nachts niemanden stören.
Dennoch habe ich die Geschichten gern gelesen – und mich über die bessere Zukunft Neros, die aus der ersten Geschichte erkennbar ist, gefreut.

Wegen sehr vieler guter Einsendungen, kann ich erst am Ende entscheiden, ob und wenn ja, wie viele Federn ich vergebe.

Freundliche Grüße
Sanne


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Xeomer
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 36
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Wohnort: Xeothon


Beitrag13.04.2020 21:14

von Xeomer
Antworten mit Zitat

Ich interpretiere die Geschichte auf zwei Arten.

Entweder der erste Abschnitt handelt von der Zukunft, jemand nimmt sich die Zeit zu dem, vermutlich, misshandelten Hund vertrauen aufzubauen. Und im zweiten Abschnitt erfahren wir mehr über ihn und seine Vergangenheit. [Halte ich für die Intention des Autors]

Oder

Der Protagonist aus dem ersten Abschnitt hat es doch nicht geschafft und leint Nero irgendwann verzweifelt irgendwo an und er endet wieder im Tierheim. Dann würde für mich das Weinen der Frau verständlicher werden.

Mich würde interessieren, welche davon nun die Intention des Autors war.

Der Name Nero in Verbindung mit dem Feuerwehrmann finde ich übrigens gelungen!

Grüße,
Xeomer


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Gast







Beitrag14.04.2020 18:28

von Gast
Antworten mit Zitat

Liebe/r Autor/in,

Deine Texte beschreiben eindringlich die Auswirkungen massiver Quälerei auf die Psyche eines Hundes. Für dieses unmenschliche Verhalten hege ich keinerlei Toleranz sowie ich mir auch die Bilder von den armen Geschöpfen nicht anschauen kann, die in irgendwelchen Laboren für die Pharmaindustrie ihr Leben lassen. Obwohl Tierquälerei eine eigene ICD-Nummer hat und die Menschen demnach nichts für ihr asoziales Verhalten können, frage ich mich manchmal, wer eigentlich das Tier ist.

Fazit: Solider Schreibstil, Kopfkino funktioniert; ich will den Feuermann am liebsten schütteln und dem Ich-Erzähler aus Text Nr. 1 eine Kusshand zuwerfen.

Du hast Aufgabenstellung Nr. 2 – dasselbe Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven zeigen – umgesetzt und das vorgegebene Thema in beiden Texten verarbeitet.

Punkte verteile ich erst, wenn ich alle Texte gelesen haben.

LG Katinka
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1125
Wohnort: berlin


D
Beitrag15.04.2020 13:55

von d.frank
Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht. Vielleicht ist es nur die falsche Zeit für diese Betrachtung, vielleicht ist das nicht mein Thema, jedenfalls kann ich dem Text kaum was abgewinnen. Da sind halt auch so Satzgefüge, die ich ebenfalls in Texten nicht mag:

Zitat:
Reflexhaft wich ich einen Schritt zurück. Ohne lange zu warten startete er einen neuen Angriff


Zitat:
während er sich laut tönend


das sind so Dinge, die einen Text für mich sofort zerstören.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Gast







Beitrag16.04.2020 22:01

von Gast
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Hallo Inko,

im Vergleich mit anderen Texten im Wettbewerb kommt dein Beitrag in meiner subjektiven Sicht nicht unter die Top-Ten, für die ich Punkte vergeben und auf die ich detaillierter eingehen möchte.

LG
DLurie
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Jenni
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Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag17.04.2020 11:04

von Jenni
Antworten mit Zitat

Ein Hund im Tierheim. Der Feuerwehrmann, der ihn brachte, sieht in ihm ein Monster, das nicht mehr als den Tod verdient hat, eine unbekannte Ich-Erzählerin sieht in dem Hund ein verletztes Wesen, dessen Vertrauen man sich verdienen muss, um in ihm einen zuverlässigen Gefährten zu finden. Das sind die beiden Perspektiven. Schwierigkeiten habe ich damit, dass durch die gewählten Perspektiven und die Überspitzung beider Haltungen diese Ich-Erzählerin zunächst mal sehr selbstgerecht wirkt, und das Gesamtkonstrukt dadurch recht durchschaubar manipulativ. Ist das gewollt? Interessant für mich an der Geschichte dann jedoch die Übertragbarkeit im Sinne einer Parabel auf zwischenmenschliche Vorurteile und Aburteilungen. Auch hier bin ich nicht sicher, ob das gewollt ist, jedoch in diese Richtung gelesen, enthält der Text ethisch-moralische Gedanken, die mich interessieren. 2 Punkte
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2396
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag17.04.2020 15:31

von holg
Antworten mit Zitat

Gefährlich wirkender Hund wird (im zweiten Teil) in ein Tierheim eingeliefert und (im ersten Teil) von eins Tiertrainer*in begutachtet.

Das ist insgesamt bedrückend. Weil einerseits gut beobachtet, andererseits immer ein bisschen zu unkonkret, vor allem in der Frage der Personen/Tiere.

Hat nicht in meine Top Ten geschafft.


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Why so testerical?
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Phenolphthalein
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 838

DSFo-Sponsor


Beitrag17.04.2020 15:50

von Phenolphthalein
Antworten mit Zitat

Hallo Ingognito,

Wie einige Texte zuvor, so ist auch dieser für eine Kurzgeschichte solide geschrieben. Manche Stelle liest sich noch ein wenig wie die Rohversion [Wörter, die beim erneuten lesen sicherlich anders gewählt worden wären].
Angesichts der Tatsache, das du dein Wortlimit beinahe ausgereizt hast, blieben dir wohl kaum Möglichkeiten Hintergründe, Gefühle und Beschreibungen weiter zu verfeinern [die sind teilweise mau].
Trotzdem ein Text, ohne große Besonderheiten.
Ob’s für Punkte reicht, hängt hier ausschließlich von den anderen Texten ab.

Edit: Einen Punkt gab es dafür.
Viele Grüße,

Pheno


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Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.

-Arthur Schopenhauer
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Eliane
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 824



Beitrag18.04.2020 00:58

von Eliane
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Vorgaben:

Begegnung: ja.
Gegner: zweimal ja. Oder sogar dreimal?
In: Hmmm. Naja. Nicht so.

Ort/Ereignis/Objekt: Selber Ort, verschiedene Zustände - könnte man annehmen. Aber ich habe irgendwie den Verdacht, dass der Hund das Objekt ist, das auf unterschiedliche Weise "verwendet" wird. Und das würde mir widerstreben, weil ein Tier kein Objekt ist.

Dennoch ein starker Text, den ich mag, so weh auch der zweite Teil tut. Nur der letzte Satz stört mich: Wie kann sie denn den Hund zudecken, wenn der niemanden an sich ranlässt? Das hört sich an, als wäre der Hund doch schon tot, was auch ihr Weinen besser erklären würde als die Wut auf den Feuerwehrmann.

Punkte gibt's auf jeden Fall im oberen Bereich.
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag18.04.2020 14:37

von Malaga
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Das Thema legt es nahe, einen Sachverhalt aus zwei Blickwinkeln zu betrachten, so hier den aggressiven oder vermeintlich aggressiven Hund.
Formal umgesetzt durch den Ich-Erzähler zuerst und die personale Perspektive der Tierheimmitarbeiterin im Gespräch mit dem Feuerwehrmann anschließend.
Punkteverteilung zum Schluss im Gesamtkontext.
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4294

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
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Beitrag18.04.2020 19:02

von hobbes
Antworten mit Zitat

Zitat:
Die junge Frau deckte den Hund mit einer Decke zu. Sie weinte.

Das sind so Sätze, die vermiesen mir Texte. Also hauptsächlich der letzte. Unnötig!, will ich rufen. Vertrau doch deinen Leserinnen ein klein wenig mehr. Lass ihnen doch ein bisschen mehr Freiraum.

Und der erste (zitierte) Satz: einem randalierenden Hund eine Decke überwerfen? Verstehe den Sinn nicht.

Generell ist mir der Text zu sehr schwarz/weiß, zu sehr "hier die guten/da die bösen." Das mag ich nicht sonderlich.
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag19.04.2020 00:33
aw:
von lilli.vostry
Antworten mit Zitat

Hallo,

fesselnd, bewegend, gut beobachtet und geschrieben. Um was für ein "Vieh" es sich handelt, bleibt zunächst offen, mit dem Ich-Erzähler nähert man sich
der vermeintlich wilden Bestie, die weggesperrt wurde.

Wie das Tier so wurde, lässt sich nur erahnen, es hat keine guten Erfahrungen
mit Menschen gemacht...

Unklar bleibt, wer der Ich-Erzähler ist. Ein Tierarzt, ein Interessent oder jemand vom Tierschutz, der das Tier sich ansieht und der jungen Frau im Tierheim Mut macht, es nicht aufzugeben. Der offene Schluss berührt ebenfalls.

Ich kann Deinem Text leider keine Federn geben, da ich es zeitlich nicht schaffe, alle Texte zu lesen und kommentieren.

Für mich gehört er zu den besten Texten, die ich gelesen habe in der Postkartenprosa 2020.

Frohe Schreibgrüße,
Lilli


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Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver
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Missing Tales
Gänsefüßchen


Beiträge: 49
Wohnort: Zwischen den Zeilen, Deutschland


Beitrag19.04.2020 12:29

von Missing Tales
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Lieber unbekannter Schreiber,

Dies ist ein überwiegend neutraler Kommentar, damit ich bewerten kann. Vielleicht schaffe ich später noch etwas ausführlichere Kritik.

Trotzdem einmal ein paar knappe Worte:
Am Ende deines Textes musste ich ebenfalls ein paar Tränchen verdrücken, gemischt mit einem dumpfen Gefühl von Wut. Emotional/inhaltlich trifft dein Text auf jeden Fall meinen Nerv ^^ (leider Crying or Very sad )
Ich fands schön, dass du zu Beginn offen gelassen hast, was (oder wer) genau in diesem Käfig ist, irgendwie wirkte "er" mir dadurch näher und menschlicher, als wenn man direkt mit dem "großen schwarzen Hund" oder so angefangen hätte.
Nicht so gut gefällt mir, dass die Perspektive von Ich zu dritter Person wechselt. Oder beobachtet der Ich-Erzähler die junge Frau hier? Ich bin mir nicht sicher, der zweite Text scheint deutlich distanzierter zu sein.
BeGegnerIn... wird mir hier nicht ganz deutlich. Ist der Hund ein Gegner? Ist ihre Begegnung mit dem Hund gemeint? Ist der Feuerwehrmann ein "Gegner"? Ich weiß nicht so recht.
Im zweiten und dritten Lesen bleibt die Emotionalität allerdings etwas auf der Strecke, es wirkt eher wie ein nüchternes Nacherzählen der Geschichte (die an sich sehr tragisch ist). Der zweite Text ist sehr dialoglastig, und die Stimme und den Ton des Feuerwehrmannes kann ich mir sehr gut vorstellen. Sie (die Frau) bleibt etwas blasser (wohl der begrenzten Worte geschuldet) und der Hund scheint abwechselnd zu randalieren und sich dann wieder mit einer Decke zudecken zu lassen (würden meine nicht mal in Ruhe lange tolerieren). Ich denke da ist ein kleines Logiklöchlein. Der erste Text spielt ja zeitlich nach dem Zweiten, richtig?

Soweit meine ersten Gedanken, vielleicht schaffe ich später noch mehr, danke für deinen Beitrag!

lg Missing Tales


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Und zwischen den Zeilen eine Unendlichkeit
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Ribanna
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag20.04.2020 16:47

von Ribanna
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Euch allen, die ihr Euch mit meinem Text beschäftigt habt, vielen Dank.
Meine Absicht war, in meinen Texten zwei Begegnungen mit dem "Vieh" aufzuzeigen. Dabei sollte Gegnerschaft einmal durch das wilde, ungezügelte Verhalten des Tieres, das andere Mal durch das (ähnlich?) ungezügelte Verhalten des Feuerwehrmanns gekennzeichnet sein.

Lapidar hat Folgendes geschrieben:
Der zweite Teil, ..., schwächelt aus meiner Sicht ein wenig.
Das stimmt definitiv. Leider habe ich hier wichtige Worte weggekürzt, die dem Text jetzt fehlen.

V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Okay, könnte die 3 sein, der Hund dann als "physisches Objekt"? ... Oder übersehe ich was anderes? Gleicher Ort in anderem Zustand ... jedenfalls nicht.
So genau, gebe ich zu, habe ich den Begriff "Objekt" nicht genommen.

Zitat:
Ausgestaltung: Für mich zu stereotypisch und moralinsauer. Es spielt Beides recht undifferenziert auf der "böse Menschen, arme Tiere" Klaviatur. Gerade im Verhältnis HAUStier<->Mensch gibt es eine wesentlich größere Dynamik und Bandbreite, als es in dieser und vergleichbaren Ansätzen gerne grob vereinfacht dargestellt wird.
Sicher gibt es eine größere Bandbreite, das heißt aber nicht, dass es nicht manchmal genau so einfach ist, wie dargestellt. Warum Geduld und Hinwendung zu einem aggressiven Tier "moralinsauer" ist, erschließt sich mir nicht. Hätte ich 6000 Zeichen gehabt, wäre vielleicht mehr differenziert worden, bei 60.000 noch mehr, aber bei 600 bleibt manchmal das ein oder andere auf der Strecke.

Susanne2 hat Folgendes geschrieben:
Der herzlose Feuerwehrmann hat seinen Beruf verfehlt, wenn er ein Tier rettet, aber es am liebsten tot sehen möchte.
Dann die Aussage, Nero habe ein ganzes Stadtviertel terrorisiert – wie denn, wenn er angebunden auf einer Verkehrsinsel hockt? Das juckt doch da höchstens Tierschützer, die dann handeln und sich nicht über das Tier beschweren?
Die Verkehrsinsel ist nicht sechsspurig, sondern die Straße – und dort würde Nero auch nachts niemanden stören.
In meiner Stadt müssen Feuerwehrleute das tun, ob tierlieb oder nicht. Das mit dem Terror stimmt, da fehlen einfach ein paar Worte. Am Anfang hatte ich dort "terrorisiert mit seinem Gekläffe" stehen. Aber der zweite Teil ist mir insgesamt nicht so gelungen, das stimmt. Crying or Very sad

Xeomer hat Folgendes geschrieben:
Entweder der erste Abschnitt handelt von der Zukunft, jemand nimmt sich die Zeit zu dem, vermutlich, misshandelten Hund vertrauen aufzubauen. Und im zweiten Abschnitt erfahren wir mehr über ihn und seine Vergangenheit. [Halte ich für die Intention des Autors]
Genau so war es gedacht.

Lieber d.frank, deinen Kommentar verstehe ich nicht. Ok, du magst bestimmte Formulierungen nicht, aber warum genau "zerstören" sie den Text?

Jenni hat Folgendes geschrieben:
Schwierigkeiten habe ich damit, dass durch die gewählten Perspektiven und die Überspitzung beider Haltungen diese Ich-Erzählerin zunächst mal sehr selbstgerecht wirkt, und das Gesamtkonstrukt dadurch recht durchschaubar manipulativ. Ist das gewollt? Interessant für mich an der Geschichte dann jedoch die Übertragbarkeit im Sinne einer Parabel auf zwischenmenschliche Vorurteile und Aburteilungen.
Ich wollte aufzeigen, dass Gegnerschaft eine Frage der Perspektive ist und der Art, wie man dem (vermeintlichen) Gegner gegenüber steht.

Pheno... hat Folgendes geschrieben:
Angesichts der Tatsache, das du dein Wortlimit beinahe ausgereizt hast, blieben dir wohl kaum Möglichkeiten Hintergründe, Gefühle und Beschreibungen weiter zu verfeinern [die sind teilweise mau]
Das ist einfach nur wahr!


Eliane hat Folgendes geschrieben:
Wie kann sie denn den Hund zudecken, wenn der niemanden an sich ranlässt?
Du hast völlig Recht, genau wie Hobbes und Missing tales.

lilli.vostry hat Folgendes geschrieben:
Für mich gehört er zu den besten Texten, die ich gelesen habe in der Postkartenprosa 2020.
Danke, das macht mich stolz und glücklich!

Also noch einmal an alle, die sich Gedanken gemacht haben: das ist so wichtig für mich!
Zwischen dem ersten und dem zweiten Teil habe ich gesundheitliche Probleme bekommen, daher ist der zweite Teil nicht wirklich gut. Ich wollte gern trotzdem teilnehmen. Ihr habt zu Recht die Logikfehler und die sprachlichen Mängel entdeckt, und ich weiß, dass ich hier nicht mein Bestes gegeben habe. Aber es hat mir Spaß gemacht und mich abgelenkt, und auch hieraus kann ich lernen: nur mit voller Konzentration gelingt mir etwas Gutes! Laughing


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a.no-nym
Klammeraffe
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Beiträge: 699



A
Beitrag23.04.2020 01:20
Re: Das Vieh
von a.no-nym
Antworten mit Zitat

Hallo Ribanna,

ich habe an anderer Stelle gelesen, dass Du gern an diesem Text arbeiten würdest – deshalb möchte ich (verspätet) versuchen, Dir meine Leseeindrücke wiederzugeben und ein paar Anmerkungen zu machen, auch wenn diese wie immer nichts weiter sind als meine laienhaften Ansichten (und auch wenn ich in einigen Punkten nur bekräftige, was andere Foristen bereits in ihren Kommentaren erwähnt haben).

Insgesamt halte ich beide Texte für routiniert geschrieben, ich fand sie gut zu lesen. Nur inhaltlich hat es mich nicht so gepackt. Das ist aber – das sieht man ja eigentlich in den Kommentaren unter allen Wettbewerbstexten – wohl hauptsächlich eine Frage der persönlichen Interessen/des Geschmacks. Da gibt es m.E. kein autorenseitiges "Richtig" oder "Falsch". Wenn den Leser das Thema nicht so interessiert (oder z.B auch, wenn er den Text stilistisch nicht mag), wird er sich davon beim Lesen und Bewerten nur schwer freimachen können bzw. wollen. Meine Beobachtung ist, dass es immer auch Glückssache ist, ob das eigene Herzensthema denn nun gerade auf geneigte Leser trifft oder eben nicht.

Zurück zum Text:
Aus dem Titel "Das Vieh" ließ sich zwar nach dem Lesen schlussfolgern, dass es sich in beiden Texten wohl um den gleichen Hund handelt. So ganz sicher war ich mir trotzdem nicht (zumal die Frage, ob das "Vieh" in solchen Fällen nicht ohnehin am anderen Ende der Leine zu suchen ist, ja deutlich mitschwingt). Noch mehr hat mich die Reihenfolge der Texte verunsichert – ich habe mich gefragt, warum der Mensch aus dem ersten Teil den Hund, dessen Vertrauen er gewonnen hat, später auf einer Verkehrsinsel aussetzt. Zwar habe ich dann im Text nach Anhaltspunkten gesucht, ob Text 2 evtl. zeitlich vor Text 1 gehört, aber ich habe keine gefunden – und konnte auch keine dramaturgischen Gründe erkennen, aus denen der Autor das hätte umdrehen sollen. So blieb das Ganze eher ein Rätselraten oder ein vages Ahnen, wie es vielleicht gedacht sein könnte – in diesem Fall bedeutete das: Leserfrust.
[Gedanklicher Exkurs: Bei mir ist es normalerweise so, dass ich (nach mehrmaligem Lesen) innerlich aufgebe, wenn ich keine Möglichkeit finde, solche Rätselhaftigkeiten zu entschlüsseln. Es gibt aber hin und wieder Texte (eher außerhalb des Forums), durch die ich mich trotz einiger Verständnisschwierigkeiten aufs Schönste beschenkt fühle und die mich sehr beschäftigen: Das sind die seltenen Fälle, in denen die Sprache des Autors einen so eigenen Zauber entfaltet, dass der Inhalt dahinter zurücktritt.]
 
Ich schreibe noch ein paar Anmerkungen in den Text bzw. streiche gelegentlich auch mal Wörter, von denen ich mir vorstellen kann, dass der Text ohne sie evtl. gewinnen könnte – auch hier ist sicher vieles eher Geschmackssache. Vielleicht ist ja trotzdem etwas dabei, was brauchbar für Dich ist.
,
Ribanna hat Folgendes geschrieben:
Die Gitterstäbe wirkten außerordentlich massiv, trotzdem hatte ich den Eindruck, sie würden nachgeben, als er sich dagegen warf. Reflexhaft wich ich einen Schritt zurück. Ohne lange zu warten startete er einen neuen Angriff, aber diesmal blieb ich standhaft [standhaft passt m.E. hier nicht so gut]. Ich schaute an seinem rechten Ohr vorbei, während er sich laut tönend[ließe sich das evtl. prägnanter ausdrücken?] erneut gegen das Metallgeflecht [Eben war es noch ein massives Gitter. Jetzt scheint es ein Maschendraht zu sein?] warf und sagte freundlich: »Hallo.«
Keine Reaktion. [Das liest sich für mich, als hätte er eine verbale Antwort erwartet.]Er zog sich etwas zurück [also doch eine Reaktion] - oder nahm er Anlauf? Seine Augen waren starr auf mich gerichtet, seine dunklen, fast schwarzen Haare standen im Sinne des Wortes zu Berge. Er war recht groß, hatte eine gute Figur, durchtrainiert. [Hier habe ich gedacht, dass ein Mann beschrieben wird – für einen Hund erscheint mir die Wortwahl eher merkwürdig ... Insgesamt legst Du im Text m.E. mehrere Köder aus, um die Gedanken des Lesers in Richtung eines menschlichen Gefangenen zu lenken – in diesem Fall wirkt das aber auf mich eher wie ein Taschenspieler-Trick, was dazu führt, dass ich mich als Leser durch die gezielt unpassende Wortwahl nicht etwa elegant aufs Glatteis geschoben, sondern eher ein bisschen plump an der Nase herumgeführt fühle]
Er beeindruckte mich durch seine Schönheit, und trotz seiner wiederholten Angriffe auf das Gitter wirkte er nicht aggressiv, eher verzweifelt [woraus lässt sich das schließen?]. Ich ging einen Schritt näher. Er schien jede meine Bewegungen zu beobachten, aber er blieb stehen, vielleicht zwei Meter entfernt. Ich setzte mich auf den Boden und begann, beruhigend auf ihn einzureden. »Ein Schöner bist du, nicht? Du musst keine Angst haben, es passiert nichts. Ich sitze hier, wenn du willst, die ganze Zeit. Niemand tut dir was...« Er hob den Kopf ein bisschen höher und drehte ihn zur Seite, begann zu hecheln, blinzelte und legte sich dann nieder. »Fein!«, lobte ich ["Fein" und "lobte ich" ist ein Doppelmoppel] Ich rief ihn beim Namen [Hier hättest Du durch Einflechten des Namens in die wörtliche Rede einen ganzen Teilsatz einsparen können Wink ], er wendete [hier würde ich das gebräuchlichere "wandte" bevorzugen, auch wenn der Duden "wendete" erlaubt. Bei "wendete" bin ich gedanklich eher bei einer Kehrtwendung.] mir seinen großen Kopf zu, und ich warf ein Stückchen Wurst [würde so ein Hundeversteher einem Hund ausgerechnet Wurst geben?]durch die Stäbe, direkt vor seine Schnauze. Der erste Schritt war getan, Nero [wo kommt jetzt plötzlich der Name her?]hatte im Augenblick keine Angst mehr in meiner Gegenwart.
Um ihn nicht zu verschrecken, stand ich langsam auf und zog mich rückwärts gehend von ihm zurück. Erst auf dem großen Platz vor dem Tierheimgebäude blieb ich stehen. »Nero wird ein wundervoller Begleiter sein, eines Tages«, erklärte ich der jungen Frau, »aber er braucht Zeit, um Vertrauen zu fassen. Ich komme morgen wieder.« [Hm. Also ein mehr oder weniger aufgeregter Vierbeiner, ein von sich überzeugter Besucher und ganz am Schluss eine junge Frau. Eine Verbindung habe ich zu keinem herstellen können. Das ist bei so kurzen Texten natürlich auch schwer zu schaffen. In diesem Fall hätte mir vielleicht schon ein bisschen mehr Einblick weitergeholfen. Ist der Mann beruflich da oder aus anderen Gründen? Vor allem aber: Was geht in ihm vor, als er den Hund da so sieht? Ist das Beeindruckt-Sein von der Schönheit des Hundes alles? Gehen ihm nicht vielleicht noch ganz andere Dinge durch den Kopf, wenn er vor so einer verängstigten Kreatur steht? Ich denke, Ich bräuchte da als Leser gar nicht viel; aber das wenige, was der Text hergibt, erscheint mir zu oberflächlich. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, die Beschreibung von Äußerlichkeiten einzudampfen, um mehr Raum für andere Ebenen zu schaffen?]


»Nehmen Sie die Töle und sperren Sie sie weg«, brüllte der Feuerwehrmann die Tierheimmitarbeiterin an. »Wenn Sie dazu überhaupt in der Lage sind«, setzte er grob nach und glotzte sie mit abschätzigem Gesichtsausdruck an. »Na los!« Er drückte ihr die Leine mit dem tobenden Hund[m.E. unglücklich formuliert] in die Hand. »Das Ding Die machen Sie am besten gar nicht ab, das Vieh hat den Teufel in sich!«
»Komm, ganz ruhig, mein Guter, alles gut[Punkt]«, dDie junge Frau ignorierte den Grobian und redete beruhigend auf den Hund ein, der immer noch randalierte [m.E. unglückliche Wortwahl]. »Is ja gut, schau, alles in Ordnung.« Sie bugsierte ihn äußerst vorsichtig, um ihm nicht weh zu tun, in den großen Zwinger. »Schau, hier hast du deine Ruhe, ein warmes Körbchen und -«
»Mit dem brauchen Sie sich keine Mühe zu geben, habe ich Ihnen gesagt. Die Spritze ist das Einzige, was dem hilft. «
Sie antwortete ihm immer noch nicht, sondern schloss die Zwingertür leise von außen, ohne den Hund aus den Augen zu lassen.
[Absatz weg]»Wir schläfern keine gesunden Tiere ein, und dieser hier wirkt sehr gesund, oder?«
»Was weiß denn ich. Bin ich Tierarzt? Wir haben ihn nur abgeholt, weil er ein ganzes Stadtviertel terrorisiert hat. War an einen Baum gebunden, hat niemanden an sich 'ran gelassen. Die ganze Nacht hat er geheult und gebellt!« [Das mit dem "terrorisieren" habe ich auch nicht verstanden, aber das hatte, glaube ich, schon jemand angemerkt]
»Und der Maulkorb? Haben Sie -«
»Nee, den hatte er schon.«
»Wo war das?«
»Auf der Verkehrsinsel in der Hauptmannstraße«.
Die junge Frau zuckte zusammen [Das erscheint mir übertrieben]. »Die ist sechsspurig, oder?«
Der Feuerwehrmann nickte. »War gar nicht leicht, bei dem Verkehr an ihn zu kommen [Dass dieser ruppige Typ plötzlich so läutselig wird – und ausgerechnet für das Überqueren einer Straße, wie befahren auch immer, derart viele Worte findet – hm. Mir erscheint das beim Lesen nicht naheliegend ...]. Als ich bei ihm ankam, wurde er irgendwie noch wütender. Ich hab' ihm eins auf den Kopf gegeben, damit er Ruhe gibt."
[Absatz weg]Er drehte sich um und ging, grußlos.
Die junge Frau deckte den Hund mit einer Decke zu.[Auch ich bin hier über das Zudecken gestolpert.] Sie weinte.[Und an dieser Stelle hat es mich ganz aus den Lesersocken gehauen, weil ich das weder mit der bisher doch sehr professionell wirkenden Tierpflegerin zusammenbringe noch eine Erklärung dafür finde, warum der Autor diese zwei Worte an diese Stelle gesetzt hat. Das führt das dazu, dass mein Leserherz sich beleidigt verschließt, weil es bei mir so ankommt, als wollte der Autor mir vorgeben, wie ich mich nun, am Ende des Ganzen, zu fühlen habe. So ist es bestimmt nicht gemeint, aber da dieses Weinen sich für mich nicht aus dem vorherigen Kontext ergibt/sich entwickelt, fällt es am Schluss wie ein Holzhammer auf meine Leserfüße, die Klappe fällt und ich denke "Autsch" und wende mich innerlich ab.]


Falls Du mit meinem Senf nichts anfangen kannst – weg damit Wink  – schließlich ist das Dein Text und das soll auch so bleiben. Manchmal sind Anmerkungen anderer vor allem dazu geeignet, einem zu zeigen, was man nicht will smile.

Freundliche Grüße
a.
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Bea H2O
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 180



Beitrag25.04.2020 09:33

von Bea H2O
Antworten mit Zitat

Hallo Ribanna,

Auf deinen Wunsch hin möchte auch ich dir noch etwas Feedback geben, vllt hilft es dir ja auch, einige Kommentare der Vorredner besser zu verstehen.

Mir haben deine Texte beider leider nicht so gut gefallen und als Einheit noch weniger.
Im ersten hat es mich gestört, dass erst so spät aufgelöst wurde, dass es sich bei dem Eingesperrten um einen Hund handelt. Ich mag es nicht, wenn ein Autor versucht, mich offenbar bewusst im Ungewissen über etwas hält und bei der Auflösung dann doch nicht klar wird, warum dies gemacht wurde. Soll man denken, es könnte auch ein Mensch sein, der da eingesperrt ist? Warum? Damit man mehr Mitleid hat? Ist an dieser Stelle mMn nicht nötig. Und dann denke ich, der Autor will nur zeigen, dass er "Es kann", also mich im Ungewissen lassen. Wie schön gesagt macht das mir den Text eher unsympathisch und ich konnte mich schlechter darauf einlassen, weil ich die ganze Zeit andere Dinge im Kopf hab als den Hund, um den es doch gehen soll. Und wenn ich jetzt noch einmal aus der Perspektive lese, dass ich weiß, dass es ein Hund sind, finde ich die optischen Beschreibungen eher überflüssig. Wozu brauche ich die, um mich in die Situation hineinzuversetzen? Ich mag es lieber, wenn Texte versuchen eine Stimmung zu vermitteln und da wäre weniger hier glaube ich mehr gewesen.
Zum zweiten Text: Also ehrlich gesagt hätte ich den nach dem ersten Text überhaupt nicht mehr gebraucht. Ich verstehe nicht welchen Mehwer er bringen soll. Im Gegensatz zu anonym habe ich es direkt so verstanden, dass der zweite Text zeitlich vor den ersten gehört, sozusagen als Erklärung warum der Hund so geworden ist. Hmm. Iwie erscheint es mir logisch, dass der Hund nicht ohne Grund aggressiv ist, wo es ja auch möglich ist, sein vertrauen langsam wieder zu gewinnen. Da ist es mir fast egal, ob der von seinem Vorbesitzer ausgesetzt oder misshandelt wurde. Eine kleine Andeutung im ersten Text hätte den zweiten Text effektiver ersetzen können.
Und nun komme ich zu dem, was ein Vorredner schon gesagt hat: Der letzte Satz. Vor diesem dachte ich noch: Ok, den Text hätte ich nicht gebraucht, aber liest sich in Ordnung. "Sie weinte" löste bei mir hingegen eine regelrechte Abneigung gegen den Text aus.
Da wird mir vorher schon lang und breit erklärt, wie schlecht es dem Tier ging und dass sich die Frau für Tiere einsetzt. Natürlich weiß ich da als Leser schon längst, dass sie das alles trifft. Dieser letzte Satz wirkt dann so, als müsstest du noch einmal nachschieben, dass die Situation wirklich traurig ist. Warum? Weil du Angst hast, dass ich es als Leser bis dahin immer noch nicht verstanden habe? Als Leser würde ich da am liebsten Antworten: So dumm bin ich nicht.

So, ich hoffe, das hat etwas verständlicher gemacht, warum ich dem Text keine Punkte gegeben habe.

Natürlich ist das alles nur meine subjektive Einschätzung dieses Textes, ich hoffe, nicht zu böse formuliert, ich wollte einfach nur deutlich klar machen, was mich hier gestört hat.

Alles Gute!
Bea
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