Franz Kafkas Unergründlichkeit

[Ekkehart Mittelberg]

Ein ewiges Geheimnis - wir sind blind -  
lockt faszinierend wie auch abgrundtief.
Verloren ist, wen dieses einmal rief,
verwirrt, verirrt in einem Labyrinth,

das niemals ausgeleuchtet werden kann,
von numinoser Rätselhaftigkeit.
Den Wahrheitssuchern ist kein Weg zu weit,
doch kommen sie wohl nie ans Ziel heran.

Die Eingangssätze scheinen leicht zu sein,
der Deuter rechnet nicht mit Widerstand,
doch bohrend kehren erste Zweifel ein:

Verworfen wird, was er für klar befand.
Bei dieser Sinnessuche gilt allein:
Die Chiffren halten jeder Deutung stand.

[Abari]

Hey,

gibt es für Dich einen tieferen Grund, zwar die Sonettstruktur beizubehalten, aber dennoch in Punkten von ihr abzuweichen?:

Reimschema: abba cddc efe fef. Weder Shakespearesonett noch klassisch. Dazu zum Teil unreine Reime.
Endecassilabi: Die Verse haben zwar fünf Hebungen, enden aber allesamt männlich. Hmmm.

In der Summe ergibt das eher ein ridikülisierendes Bild bei mir. Schön finde ich die Fügung anfangs Vers 4. Und den Gestus.

[Ekkehart Mittelberg]

Merci für deine sorgfältige Einlassung, Abari.
Wirken die Abweichungen von der klassischen Sonett-Struktur auf dich unnatürlich oder hässlich? Das sollen sie natürlich nicht.
Die männlichen Versausgänge passen meines Erachtens gut zu Kafkas semantischer Verschlossenheit.
Wenn ich das Wort ridikülisierend richtig verstehe, also lächerlich machend, daran habe ich keine Sekunde gedacht. Aber die Assoziationen sind frei.

[Abari]