Zum Thema Genremix

[Johnson710]

Hallo,

nach Lektüre einiger Schreibratgeber habe ich mal eine Frage zum Thema Genre.

Seit Jahresbeginn arbeite ich an meinem zweiten Roman, der im Gegensatz zum ersten auch veröffentlicht werden soll. Momentan habe ich ca. 60.000 Wörter, was etwas mehr als die Hälfte sein dürfte. Der Handlungsplot ist weitgehend fertig, allerdings entscheide ich meist spontan beim Schreiben was und wie ausführlich ich werde.

Kurz gefasst geht es in der Geschichte um einen politischen Quereinsteiger, der sich über einen anonymen Chat in eine Studentin verliebt. Über diverse Manöver schafft er es, sie als an Angestellte für seinen Stab zu gewinnen und eine Affäre zu beginnen. Just zu diesem Zeitpunkt steigt der Protagonist zum Präsidenten der USA auf. Als solcher hat er natürlich jede Menge Herausforderungen, auf die ich im Buch auch eingehe. An Stellen, wo es ausführlicher wird verknüpfe ich die Geschehnisse mit der Beziehung zu seiner Angebeteten. Allerdings bin ich manchmal unschlüssig, ob es zu weit geht bzw. zu ausführlich ist (bspw. anhand einer Szene; ich schreibe gerne in Szenen). Als einfacher Büroangestellter jedoch wäre die Karriere des Protagonisten nur Rande von Bedeutung, solange die Angebetete nicht gerade eine Kollegin ist. Ein direktes Beispiel aus dem Buch schreibe ich jetzt mal noch nicht, sonst würde dieser Post zu lang.

Ich habe in diversen Ratgebern schon oft gelesen, man solle sich auf ein Genre beschränken, bzw. bei eher unerfahrenen Autoren sei Genremix ein Fehler. Nun, ich würde meinen Roman nicht als Genremix bezeichnen, dennoch bin ich mir manchmal unschlüssig, ob ich ihn noch als klassischen „Liebesroman“ deklarieren kann? Ich würde zumindest sagen, dass sich der Roman nicht für Leser/innen empfiehlt, die mit Politik überhaupt nichts anfangen können (dürfte aber schon aus dem Klappentext hervor gehen). Der Hauptkonflikt versucht natürlich deutlich zu machen, dass zwischen Karriere und Liebe ein Spannungsverhältnis besteht, wozu vor allem auch private und politische Antagonisten beitragen.

Lassen sich eure Werke immer ganz klar einem Genre zuordnen? Oder würdet ihr ein Buch wie oben beschrieben interessant finden?

Viele Grüße aus Stuttgart

[Markus Staib]

Interessant klingt das Ganze schon, ja.

Ich würde dir jetzt soweit nur empfehlen ein Haupt-Genre für deinen Roman festzulegen und dabei zu bleiben und andere Genre einfach leicht einfließen zu lassen ohne gleich einen Mix draus zu machen.

Also mach aus deinem Roman einen Liebesroman und lass das politische langsam mit einfließen. Oder anders herum, je nachdem was dir lieber ist. Am Ende musst du aber selbst entscheiden ob wie du das Ganze angehen willst und was gedruckt wird (außer dein Agent/Verlag stellt sich quer ).

[Kiara]

Wenn dein Roman bspw. ein Low-Fantasy-Roman ist, in dem sich zwei Liebende immer wieder treffen, bleibt es Low-Fantasy und wird kein Liebesroman. Genauso wird ein Abenteuerroman, der fast hundert Prozent seiner Zeit Backpacker begleitet nicht zu einem Krimi, nur weil eine Person stirbt und nicht gleich klar ist, wie es dazu kam.

Entscheide selbst: Behalten Liebe und zwischenmenschliche Dinge in deinem Buch die Oberhand? Oder doch eher politische Entscheidungen und damit verbundene Dramen usw.?

[Rodge]

Hi,

ich persönlich halte es für schwierig, eine reine Romance-Geschichte über den Präsidenten zu schreiben, weil die Politik da doch sehr reinspielt. Dennoch könnte das lohnend sein (mir ist nicht bewußt, dass das jemand schon versucht hat).

Bei der Veröffentlichung solltest du dich fragen, was deine Motive dafür sind. Daraus können sich Änderungen ergeben. Wenn du so schreibst, wie die Geschichte dir gefällt und die sie gerne lesen möchtest, ist die Selbszufriedenheit am Größten, es ist aber nicht sicher, ob du den Massengeschmack triffts. Willst du den treffen, musst du vermutlich Kompromisse bei der Geschichte machen (i.S.v. dass z. B. Feel-Good Romance (fast) immer ein gutes Ende hat).

Grüße
Rodge

[Johnson710]

Danke schon mal für die ersten Einschätzungen.

Die Oberhand bzw. der rote Faden ist definitiv die Liebe zu der deutlich jüngeren Frau. Auch ihr Leben spielt eine nicht unwesentliche Rolle im Roman und wird beleuchtet, wobei sie sich lange nicht entscheiden kann. Einerseits die Faszination für einen mächtigen und reichen Mann mit Status, anderseits die Bedenken wegen des Altersunterschieds und all der Öffentlichkeit. Ihre Bodenständigkeit und Tiefgründigkeit ist wiederum genau das, was den Protagonisten anzieht. Um die Beziehung mit der Politik zu verknüpfen, ist beispielsweise der Ex- (und zwischendurch) Freund der Studentin ein Journalist, der vor allem auf die Affären des Präsidenten abgesehen hat, denen er es sich nach der ersten Trennung hingibt und die auch die ohnehin schon belastete Ehe weiter belastet.

Das Ende habe ich eindeutig als Happy End geplant, wobei ich noch zwei Varianten schwanke, ob der Protagonist sein Amt behält. Wohl werde ich erstmal zwei Enden schreiben und sehen, welches besser klingt.

[Ruby Smith]