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Jenny Eselsohr
Alter: 39 Beiträge: 314 Wohnort: Ein Dorf nahe Mariazell, Niederösterreich
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23.08.2019 19:44 Dialog und Anfang 13. Kapitel von Roman von Jenny
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Was sagt ihr zu diesem Dialog? Gekünstelt, echt?
Hintergrund:
Ich-Erzähler und seine beste Freundin Anna kennen sich schon ihr Leben lang, haben sich aber immer mehr entfremdet und thematisieren dies an dem Abend, an dem die Hälfte des Manuskripts spielt erstmalig. Die komplette Geschichte spielt innerhalb von 26 Stunden, ist also zeitlich sehr komprimiert. Vieles wird nur durch Gedanken und Dialoge, durch den Wandel zwischen den Personen, ausgedrückt.
13 Wahrheit
Unbehaglich sehen wir uns an. Es wird zu einem regelrechten Kräftemessen: Wer wird zuerst anfangen zu sprechen? Wer wird den Elefant in unserem Wohnzimmer benennen, den wir so lange totgeschwiegen haben und der unterdessen unsere Einrichtung zertrümmert hat? Als Anna noch einmal seufzt, weiß ich, dass sie beginnen wird.
"Das Ganze." Sie macht eine umfassende Geste. "Ich meinte alles zwischen uns. Ich möchte mit dir befreundet sein, unkompliziert und simpel. Aber ich versaue es ständig wieder. Du hast eine gewisse Anziehungskraft auf mich, Azrael. Sie war schon immer da und ich kann sie schlecht leugnen. Das heißt, meistens kann ich sie sehr gut leugnen. Aber wenn ich zu viel getrunken habe oder anderweitig nicht ganz unter meiner eigenen Kontrolle bin, dann kommt das halt durch. Ich wusste nicht, wie viel Schmerz ich dir damit zufüge. Ansonsten hätte ich mich wohl öfter zusammengerissen. Aber ich weiß nicht, ob ich damit aufhören kann, dich hin und wieder zu küssen oder mit dir zu kuscheln."
Ich denke über ihre Worte nach, dann nicke ich. Wenn wir es beide nicht wissen, wie wir es lassen sollen, vielleicht sollten wir es dann gar nicht lassen, schießt mir durch den Kopf.
Laut sage ich: "Vielleicht lassen wir es mal auf uns zukommen. Wir sind beide gerade in einer Umbruchsphase. Scheint mir jedenfalls so. Und vielleicht klärt sich das ja ganz von allein."
Anna schaut auf, anscheinend hat sie etwas anderes erwartet. Sie wirkt regelrecht erleichtert.
"Ja, vielleicht sollten wir es wirklich erstmal abwarten."
Danach sitzen wir beide schweigend beisammen, jeder hängt den eigenen Gedanken nach. Und auch wenn ich einiges darum gegeben hätte, ihre Gedanken zu erfahren, frage ich nicht mehr nach. Für einen Abend wurde genug gesprochen und gedacht. Ich bin müde und betrunken, Anna geht es nicht anders. Das ist ihr deutlich anzusehen.
_________________ Grenzen machen mich erst richtig kreativ. |
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Rodge Klammeraffe
Beiträge: 845 Wohnort: Hamburg
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24.08.2019 06:33
von Rodge
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Moin Jenny,
ich bin schon am Anfang verwirrt. Wie schaut man sich "unbehaglich" an?
Um das Schweigen zu verstärken, könntest du die Szene verlangsamen, z. B. in dem du schreibst, wie die beiden sich gegenüber sitzen etc.
Der Dialog ist mir ein bisschen zu analytisch. Besser gefiele es mir, wenn die beiden in kurzen Sätzen herausfinden, wie sie zueinander stehen.
Grüße
Rodge
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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2344 Wohnort: Annaburg
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24.08.2019 07:58
von Thomas74
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Man schaut sich "unbehaglich" an, indem man herumdruckst, den direkten Blickkontakt meidet und wartet, dass der andere anfängt. Also ich kann mit dem Wort "unbehaglich" ziemlich viel assoziieren. Und ich finde es treffender, als seitenlang Blickrichtungen zu erklären.
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6403 Wohnort: 50189 Elsdorf
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24.08.2019 08:36
von Ralphie
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Auf jeden Fall ist es sehr schön geschrieben. Was mich ein bisschen stört, ist die Zeitform.
LG
Ralphie
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2832
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R 24.08.2019 08:44
von Rübenach
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Also mit dem unbehaglichen Ansehen hab ich auch meine Schwierigkeiten. Diese Wortwahl ist zumindest ungewöhnlich. https://www.dwds.de/wp?q=unbehaglich&comp-method=diff&comp=&pos=0&minstat=0&minfreq=5&by=logDice&limit=20&view=table
Der Dialog funktioniert, allerdings ist mir die Sprache etwas zu elaboriert, insbesondere in dem Kontext. (emotional aufgeladene Situation, beide Protagonisten zudem alkoholisiert). Beispiele: leugnen, Schmerz zufügen.
Zum Inhalt:
Da ist ein Elefant im Wohnzimmer, der zudem noch die gesamte Einrichtung zertrümmert hat.
Randbemerkung: Das Sprachbild lässt mich an eine enge Partnerschaft denken, mit gemeinsamer Wohnung und allem. (oder es ist ne WG)
Also: Großes Problem!
Sie: Ich wusste nicht, wie viel Schmerz ich dir durch mein Verhalten zufüge ...
Er: Vielleicht am besten, wir machen vorerst mal so weiter ...
Leser: ?????
just my 0,05 €
_________________ "Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams |
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Christof Lais Sperl Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 942 Wohnort: Hangover
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24.08.2019 13:24 Küssen... von Christof Lais Sperl
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...und Kuscheln. Das ist mir ein wenig zu dick aufgetragen. Sol Stein schreibt über Dialoge: Sie sind kein Abbild der wörtlichen Rede. Sie sind eine eigene Welt.
_________________ Lais |
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Selanna Reißwolf
Beiträge: 1146 Wohnort: Süddeutschland
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24.08.2019 23:42
von Selanna
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Hallo Jenny,
ich habe Deinen Text gerne gelesen, das mal vorab
Ein paar Eindrücke oder Einfälle:
Ich würde „Elefanten“ schreiben.
Was Anna sagt, ist sehr durchdacht, sehr ruhig, so als hätten sie wirklich sehr duldsam und ohne Konflikte die Entfremdung toleriert. Hatten sie denn nicht oft Streit deswegen, sind heftig aneinandergeraten? Oder sind sie darüber schon hinweg und inzwischen völlig resigniert, dass sie nicht mehr wirklich miteinander zurechtkommen? Das ist immer das Ding mit einem Romanausschnitt, man kennt ja die Figuren nicht Wenn sie also schon recht resigniert sind oder nach langen Streitereien jetzt die ruhige Aussprache suchen: sehr gut gelungen. Wenn sie sich nie über die Entfremdung gestritten haben oder wegen anderer Kleinigkeiten (die aus der Entfremdung resultierten): sehr gut gelungen. Wenn sie aber noch in der Hochphase der Auseinandersetzungen sind, finde ich es zu kultiviert
Das „kuscheln“ hat mich auch gestört. Aber erst, als ich Christofs Kommentar las, habe ich verstanden, was mich daran störte. Wie alt sind die Figuren? Denn wenn sie jenseits der 20 sind, dann heißt es doch eher: hin und wieder mit Dir zu schlafen. Oder aber ich würde es nur beim Küssen belassen, also eine Freundschaft, die nie eine Grenze überschritten hat. Aber das Kuscheln ist so ein Mittelding, das weder zu einer Fast-Beziehung noch zu einer Beziehung passt – aber natürlich nur meine Meinung. Moment. Oder meinst Du, dass er sie als Kumpel hin und wieder mal in den Arm nimmt, zB in Trostsituationen? Dann würde ich auch Umarmen schreiben, denn Kuscheln hat zwischen zwei Erwachsenen für mich einen sexuellen Touch.
Zitat: | Ich denke über ihre Worte nach, dann nicke ich. Wenn wir es beide nicht wissen, wie wir es lassen sollen, vielleicht sollten wir es dann gar nicht lassen, schießt mir durch den Kopf. |
Wieder ist es schwer, ohne Vorwissen dazu etwas zu sagen. Ich dachte mir nur, dass Azrael gar kein so großes Problem mit der Situation zu haben scheint. Er wirkt hier sehr locker auf mich, oder zumindest fatalistisch: Wenn man es nicht lassen kann, warum sollte man es lassen? Oder fehlt mir der Kontext und es ist mit Kontext ganz anders? Übrigens wirkt auch seine wörtliche Rede auf mich, als hätte er gar kein so großes Problem mit der Situation, ganz anders als Anna.
Es kommt mir übrigens so vor, als würde auch Anna am Schluss begreifen, dass die Situation nach Azraels Meinung gar nicht so schlimm ist und ist darüber erleichtert. Sehe ich das richtig?
Auf jeden Fall eine interessante Szene! Mich würde auch die ein oder andere weiterführende Info interessieren. Zum Beispiel: Hat Anna etwas aufgebauscht? Oder warum reagiert Azrael so viel gelassener? Du siehst, geködert hast Du mich
Liebe Grüße
Selanna
_________________ Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham |
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Leseprobe Wortedrechsler
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Beiträge: 52 Wohnort: Ba-Wü
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L 28.10.2019 17:53
von Leseprobe
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im ersten Absatz würde ich die einfache Vergangenheit verwenden - hört sich besser an.
Die erste direkte Rede finde ich schon ok, den letzten Satz aber würde ich umschreiben; da geht es um Leidenschaft.
Dann die inneren Gedanken ..., lasse die doch ganz weg und antworte direkt "Vielleicht lassen wir es mal ... "
Dann komt wieder eine Verdopplung bei Anna (anderes erwartet - erleichtert ...).
Un dim letzten Absatz, vielleicht gelingt es dir da noch, wieder mehr Gefühl, mehr Erleichterung oder vielleicht nochmal Leidenschaft rein zu bringen - da habe ich eher abgeschaltet.
Nicht für ungut.
_________________ ... diese gläserne Gegenwart ... |
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