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Never The Same Again - Prolog und mehr


 
 
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Malea Loughlin
Geschlecht:weiblichSchneckenpost

Alter: 32
Beiträge: 14
Wohnort: Sachsen


Beitrag18.07.2019 20:31
Never The Same Again - Prolog und mehr
von Malea Loughlin
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo ihr Lieben,

zu meinem Einstand möchte ich euch gern meinen Prolog vorstellen. Es handelt sich hierbei noch um den Rohbau. Ich bin etwas aufgeregt, was ihr davon halten werdet.


Prolog:

Mir wurde schwarz vor Augen. Mein Herz setzte aus, weil es in Einzelteile zerbrochen war. Die Übelkeit bahnte sich ihren Weg. Die Welt stand still und das Leben zog an mir vorbei. Ich starrte vor mich hin, weil ich einfach nicht begreifen konnte was gerade passiert war.
Wie konnte er mir das antun? Was hat ihn dazu getrieben, mich zu hintergehen? Wie konnte sie mir solches Leid zufügen? Wir waren doch eine Familie.
Ich konnte mich nicht bewegen, mein Körper hatte sämtliche Funktionen eingestellt. Meine Kehle war wie ausgetrocknet. Das Blut rauschte in meinen Ohren.
Ich spürte seinen Blick auf mir, doch ich konnte…nein…ich wollte seinen Blick nicht erwidern. Diese wunderschönen Augen, die so viel Wärme ausstrahlten und mich immer so angesehen hatten, als wollten sie niemals etwas anderes oder jemand anderen sehen.
Ich musste mich in einem schrecklichen Albtraum befinden. War seine Liebe nur gespielt gewesen?
Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich konnte seinen Anblick nicht mehr ertragen. Ich stand auf und verließ das Esszimmer. Noch immer ruhte sein Blick auf mir. Ich spürte das allzu vertraute Prickeln. Es war, als würde meine Haut Feuer fangen und ich würde beginnen zu brennen.
Gedankenlos durchschritt ich den geräumigen Eingangsbereich des Hauses. Das Haus lag in tiefer Stille, da sich alle Personen im Esszimmer befanden und ausgelassen feierten. Sogar das Personal durfte an den Feierlichkeiten teilnehmen - was nicht oft vorkam.
In meiner Brust breitete sich ein stechender Schmerz aus. Tränen verschleierten meine Sicht. Mein Körper wurde von einer Taubheit überzogen, die ich noch nie verspürt hatte. Meine Füße trugen mich weiter, ohne dass ich es wirklich realisierte. Ich fühlte nichts mehr, außer einer tiefen Leere.
Vorsichtig stieg ich die Treppenstufen hinauf, die in mein Zimmer führten. Ich hielt mich an der Wand fest, weil ich Angst hatte den Halt zu verlieren.
Ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen. Meine Tränen liefen an meinen Wangen hinab, tropften auf meinen Pullover und hinterließen ihre Spuren. Ich schlug die Hände vor mein Gesicht - mein gesamter Körper erbebte unter meinen Schluchzern -, rutschte an der Tür herunter bis ich auf dem Fußboden saß. Es tat furchtbar weh. Noch nie hatte ich solchen Schmerz gespürt, wie in diesem Moment. Mir war nicht bewusst, dass solche Gefühle überhaupt existierten. Natürlich wusste ich von Liebeskummer und ich hatte ihn auch schon bei meinen Freundinnen erlebt, aber nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass es sich dermaßen schlimm anfühlt.
Warum freuten sich alle über die Verlobung, obwohl sie doch wussten, dass wir ein Paar waren? Ich wurde von meiner eigenen Familie und von der Person, die ich am meisten liebte, verraten. Es war demütigend.
Die Schluchzer wurden weniger. Ich beruhigte mich weitestgehend und allmählich wurde aus meiner Trauer Wut. Mein Kopf fing an zu arbeiten.
Ich wollte nicht eine Minute länger in diesem verdammten Haus bei diesen Menschen bleiben. Ich musste weg. Raus aus diesem Haus. Raus aus diesem Albtraum, der real war.
Während ich nachdachte, holte ich einen Koffer und eine Reisetasche aus meinem Schrank. Unterbewusst packte ich ein paar meiner Kleidungsstücke, wichtige Dokumente und Gegenstände, die ich für nützlich hielt, in den Koffer und die Tasche.
Ich war gleichzeitig verwirrt und bei klarem Verstand. Wieso hatte ich von alledem nichts mitbekommen? Sollte alles eine Lüge gewesen sein?
Es war mir unbegreiflich, da ich keine Anzeichen einer solchen Katastrophe hatte erkennen können.
Zu viele Gedanken, auf die ich mich gleichzeitig zu konzentrieren versuchte, erfüllten meinen Kopf. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Leise stieg ich die Stufen wieder hinab. Auf keinen Fall wollte ich auf mich aufmerksam machen, indem ich Geräusche verursachte.
Ich legte meinen Schlüssel und mein Telefon auf den kleinen Tisch, der in der Nähe der Eingangstür stand. Auf ihm war eine große Vase mit weißen Rosen platziert. Eigentlich liebte ich weiße Rosen, aber jetzt wirkten sie auf mich eher angsteinflößend. Sie unterstrichen die Stille, die mich umgab.
Ich riskierte einen letzten Blick auf ein Foto von ihm und mir. Man konnte die Liebe zwischen uns förmlich spüren. Wir lächelten uns verliebt an und unsere Gesichter waren so nah, dass unsere Nasenspitzen sich fast berührten.
Ich strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über das Display meines Telefons und über das Bild. Die Sehnsucht würde mich innerlich zerreißen und ich war mir bewusst, dass ich ihn schrecklich vermissen würde. Also galt es eine Möglichkeit zu finden, den Schmerz zu überwinden und meine Gefühle zu verriegeln - oder in andere Bahnen umzuleiten. Nie wieder sollte mir eine Person diese Art von Schmerz zufügen können. Selbst wenn ich dafür nie mehr die alte sein würde.
Ich nahm meinen Autoschlüssel und verließ, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, das Haus. Keiner von ihnen sollte mir folgen oder mich finden; und schon gar nicht wollte ich aufgehalten werden.
Auf dem Weg zu meinem Wagen drehte ich mich noch einmal um und blickte auf das Gebäude, in dem ich großgeworden war. Es strahlte Macht und Wohlstand und einen Funken Friedlichkeit aus. Ich musste schmunzeln…Wie ironisch.
Ich schloss behutsam den Kofferraum, stieg in mein Auto und fuhr in Richtung meines neuen Lebens. Weit weg von meiner Familie und von ihm. Sie würden mich nicht so bald wiedersehen.
Es war der Tag meines Neuanfangs und der, an dem ich meine Familie und die Liebe meines Lebens zum letzten Mal gesehen hatte.
Das dachte ich zumindest…

12Wie es weitergeht »




_________________
Liebe Grüße

Malea
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Calvin Hobbs
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 55
Beiträge: 563
Wohnort: Deutschland


Beitrag19.07.2019 19:35

von Calvin Hobbs
Antworten mit Zitat

Hallo smile
Für mich ist in diesem Text zu viel Pathos. Schnerzen, Tränen, Verzweiflung und und und, aber im letzten Drittel plötzlich ein kompletter Umschwung in eine überlegte Flucht. Das wirkt auf mich unglaubwürdig, denn einerseits ist die Enttäuschung für Deine Prota sehr gegenwärtig, gleichzeitig bricht sie sofort (mit wichtigen Papieren und nützlichen Dingen) aus.
Der Weg zu diesem Ausbruch erscheint mir zu kurz, denn diese Erfahrung beinhaltet auch einen Reifeprozess.
Letztendlich ist mir Deine Figur, trotz ähnlicher Erfahrungen fern geblieben.
MfG


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Herdis
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 134
Wohnort: Nordhessen


Beitrag19.07.2019 21:32

von Herdis
Antworten mit Zitat

Hallo Malea,

vielen Dank für Deinen Einstand hier. Deine Aufregung kann ich Dir gut nachvollziehen.

Ich kann mich CHs Anmerkungen mit anschließen.
Das Bild ist so (noch) nicht stimmig. Durchgehend überstürzte, blinde Flucht wäre passender. Und weniger dick auftragen ist mehr.
Und ich stolpere zwischendurch auch über ein paar kleine, andere Ungereimtheiten.

Ich gebe Dir hier ein paar Beispiele/Ideen/Anregungen (alles logisch nur aus meiner Sicht, kannst Du nehmen oder nicht, wie Du es magst oder fragen, wenn etwas nicht klar ist): Wink

Alle, inklusive dem Personal, feiern lautstark im Esszimmer.
a) Gibt es Musik? Ggf. hört man die Feier auch noch ein Stück weiter ins Haus hinein (und das könnte Deine Prota auf ihrem Weg verfolgen)
b) Würde man über den eigenen vorhandenen Lärm ihre Flucht doch vermutlich nicht hören, oder? Warum also besonders leise sein und schleichen?
c) Sie kann, wenn viel Lärm herrscht, auch den Kofferraum zuwerfen (und in den zugezogenen Fenstern ggf. ihre Schatten tanzen sehen)

Das Haus lag in tiefer Stille, da sich alle Personen im Esszimmer befanden und ausgelassen feierten. Sogar das Personal durfte an den Feierlichkeiten teilnehmen - was nicht oft vorkam. Holpert, besonders durch den -  Anhang.
Der Rest des Hauses lag wie ausgestorben. Dank des besonderen Anlasses war auch das Personal eingeladen.   

Warum machen weiße Rosen Angst? Wie können sie Stille unterstreichen?

In der Halle sieht sie auf ein Foto von Deiner Prota mit ihrem Liebsten.
a) Und ihre eigene Familie feiert dessen Verlobung mit einer anderen? Okay, Du wirst das sicher auflösen, wie es dazu kommen konnte,aber ...
b) Deine Prota sieht das Bild und im nächsten Augenblick streicht sie über ein Handydisplay? Öhm... wo ist das Bild denn? In der Halle ander Wand oder auf dem Tisch (da hab ich es nämlich im ersten Moment vor Augen gesehen) oder auf dem Handy? Aber wo kommt das Handy plötzlich her und in ihre Hand?

"Unterbewusst packte ich ein paar meiner Kleidungsstücke..." - Wenn, unbewusst... wobei es da sicher auch passendere Ausdrücke gibt.
Du könntest z.B. auch "Blind" wählen. Oder "hastig". Oder "wahllos". Du könntest den Satz auch reduzieren bzw. mehrere Sätze zusammenfassen, z.B. "Blind vor Tränen riss ich einen Koffer und eine Reisetasche aus meinem Schrank und warf wahllos Kleidungsstücke hinein. Ich nahm, was mir in die Hände kam. Einmal im Leben war mir völlig egal, was ich morgen tragen würde. Oder übermorgen. Nächste Woche. Ich wollte einfach nur fort von hier. Mit einem Schluchzer warf ich den Koffer zu. Dann hielt ich inne. In einem kurzen, klaren Moment wirbelte ich zur Kommode herum und kämpfte einen Augenblick mit der störrischen Schublade. Ein tiefes Schluchzen riss in meiner Kehle und ein neuer Schwall warmer Tränen rann über meine Wangen. Endlich gab das Möbel mit einem Ruck nach, doch schon nach wenigen Zentimetern blieb die Lade erneut stecken. Mit zitternden Händen zwängte ich den Umschlag/Hefter mit meinen persönlichen Unterlagen durch den Schlitz und stopfte sie in die Reisetasche.... " usw. Deine Prota ist blind vor Schmerz und Wut und in Eile. Sie will einfach nur weg.

Ich musste schmunzeln…Wie ironisch. Ich lächelte bitter. Welch Ironie.


Schau mal, wo ein Satz etwas zu der Geschichte beiträgt und wo nicht. Wenn er nur füllt oder wiederholt, streichen. Die Flucht geht schnell von statten, Deine Prota ist in Eile, ihre Gedanken rasen. Das kannst Du auch durch den Text selbst beschleunigen, den Herzschlag des Lesers hochtreiben.
Prüfe, ob und wo Du Füllwörter und Gemeinplätze streichen kannst. Du könnest auch kurze Gedankenfetzen einbauen.


LG,
Herdis


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Herdis
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Beitrag19.07.2019 21:54

von Herdis
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Ach so, ich könnte mir schon vorstellen, dass Deine Prota für einen flüchtigen  Moment doch hofft, jemand würde sie finden und aufhalten. Finde ich nicht abwegig. Besonders in Verbindung mit dem Foto.
Alles würde sich klären. Ein mieser Scherz.  Gut, auch oft gehört aber vollkommen menschlich. Mitten in der Nacht ins Nichts ziehen. Aus dem Leben gerissen. Ein Schwall Gelächter könnte die auftreiben. Ok, auch bekannt. Laughing

LG,
Herdis


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Herdis
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Beitrag19.07.2019 23:23

von Herdis
Antworten mit Zitat

Okay, der Gedanke muss noch raus, bevor die Nacht ihn verschlingt. Da der letzte Satz (hier Achtung, der ist so eine Stil-Sache) ja einen Rückblick impliziert, könntest Du den ganzen Pathos von Deiner Prota auch als übertriebene Spitze an sie selbst schreiben. Im Rückblick gesehen völlig  übertrieben. So eine Herangehensweise könnte Spritz hineinbringen und den Ton Deiner Prota erkennen lassen. Gut, die kennst nur Du und weisst um ihre Stimme. Aber es wäre auch ein interessanter Einstieg bzw Variante. Selbstironie.

So, raus aus dem Hirn,  jetzt wirklich gut's Nächtle,
Herdis


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Malea Loughlin
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Alter: 32
Beiträge: 14
Wohnort: Sachsen


Beitrag20.07.2019 18:47
Never The Same Again - Kapitel 1
von Malea Loughlin
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Hallöchen,

zum Wochenende möchte ich euch gern Kapitel 1 meines Romans da lassen. Ich weise wieder daraufhin, dass es sich hierbei um den Rohbau handelt. Über konstruktive, hilfreiche Kritik freue ich mich. (Sorry für eventuell vorhandene Rechtschreibfehler und Fehler bei der Kommasetzung. Die werden bei der nächsten Überarbeitung mit ausgebessert.)

Kapitel 1:

District Attorney und Rechtsanwältin ist ein anspruchsvoller Beruf, vor allem in New York. Wenn man nicht bereit ist für diesen Beruf Opfer aufzubringen, dann braucht man es überhaupt nicht erst zu versuchen. Jeder einzelne sollte sich auch im Klaren sein, was für ein hohes Risiko dieser Beruf bürgt, da um so ziemlich jeder Ecke Gefahren lauern können. Die Kriminalitätsrate war in den letzten Jahren zwar gesunken, jedoch war es in vereinzelten Gegenden in Queens, Brooklyn und in der Bronx nach wie vor äußerst gefährlich. Am auffälligsten war die Bandenkriminalität. Trotz des strikten Waffenrechtes wurden die meisten Morde durch Schusswaffen verübt.
Ebenfalls erschreckend ist das Alter der heutigen Mitglieder in den rivalisierenden Gangs - sie sind kaum älter als 20. Die meisten Straftäter, die ich bisher ins Gefängnis gebracht hatte, stammten aus diesen Gegenden. Ob es sich nun um kleinkriminelle Verbrechen oder schwere Verstöße handelte war nicht relevant, für mich gab es dabei keine Unterschiede.
Mit meinen 33 Jahren hatte ich als District Attorney eine hohe Erfolgsrate. Sechs Jahre studierte ich an der Havard University Rechtswissenschaften und absolvierte meinen Bachelor. Danach beendete ich mein Studium an der New York University School of Law, was nochmal vier Jahre gedauert hatte. Ich war zielstrebig und wusste was ich erreichen wollte. Somit war es mir möglich als eine der Besten in meinem Jahrgang ausgezeichnet zu werden.
Während meines Studiums konnte ich bereits viele Kontakte für meine spätere Karriere knüpfen und so kam es, dass verhältnismäßig viele Kanzleien mich gern in ihrem Team haben wollten. Am Ende konnte ich nur eine auswählen und die Entscheidung viel mir keineswegs leicht.
Viele von ihnen lockten mich mit einem hohen Gehalt, weil sie wussten, dass ich meinen hohen Studentenkredit noch abbezahlen musste. Doch Geld spielte für mich keine wichtige Rolle. Für mich stand im Vordergrund die Gerechtigkeit. Das mag vielleicht altmodisch klingen, aber für mich war es das Wichtigste. Ich zeichnete mich dadurch aus, hart aber gerecht zu sein, das konnten alle Straftäter bezeugen. Ich gab ihnen immer die Chance mir zu beweisen, dass sie unschuldig waren - dies gelang nur den Wenigsten.
Der Arbeitsmarkt im Rechtswesen war hart umkämpft. Nicht viele bestanden das Studium und diejenigen die es schafften, wollten sich von der Konkurrenz abheben. Wer das erreichte, dem standen einige Türen offen und man konnte es unter die erfolgreichsten Anwälte schaffen, was nicht zwingend bedeutete, dass man ein unbeschwertes Leben führen würde. Wenn man erfolgreich war hatte man nicht nur Freunde, sondern auch Feinde. So kannte ich die Gruppe meiner Kollegen, welche mich bewunderten und mit mir zusammenarbeiten wollten, aber auch die, die mich beneideten oder es hassten gegen mich in einem Rechtsstreit zu verlieren.
Mich interessierten weder die einen, noch die anderen. Ich ging meiner Berufung nach und ich sorgte für Gerechtigkeit. Der Rest war es nicht wert, dass ich mir darüber den Kopf zerbrach.
So auch in meinem aktuellen Fall. Ich kam gerade von einer Anhörung mit dem Hauptverdächtigen; er war gerade einmal 14 Jahre alt. Seine Familie war in einen Bandenkrieg unter zwei konkurrierenden Gangs hineingeraten. Der Junge hatte sich auf Drogengeschäfte bei beiden Gruppen eingelassen, um eine größere Summe Geld zu verdienen, weil er das Gefühl hatte, seine alleinerziehende Mutter finanziell unterstützen zu müssen. Wir alle können uns ungefähr vorstellen wie die Anführer der Gangs reagiert haben, als sie diesem Schwindel auf die Schliche gekommen waren - die Drohungen waren noch das Harmloseste gewesen. Der arme Kerl war beim Dealen erwischt und verhaftet worden, woraufhin seine Mutter sich an mich gewandt hatte. Anfangs war er nicht davon begeistert gewesen mit einer Anwältin zu sprechen, da auch er eine Strafe bezüglich der Drogendelikte zu erwarten hatte. Aber nachdem ich für ihn einen Deal aushandeln und Strafminderung versprechen konnte, zeigte er sich kooperationsbereit.
Mir war es ein Rätsel, wie verzweifelt ein Mensch sein musste, dass er sich auf so eine riskante Sache einließ - immerhin war ich noch nie in so eine Situation hineingeraten. Ich hatte wirklich großes Mitgefühl für den Jungen übrig. Dennoch durfte ich mich nicht von meinen Gefühlen leiten lassen. Das Wichtigste für einen Staats- bzw. Rechtsanwalt war seine Objektivität.
Mein nächster Schritt war nun, den 14-jährigen als Kronzeugen zu bestellen. Diesen Schritt würde ich damit verbinden, ihn im Zeugenschutzprogramm unterzubringen, damit er, seine Mutter und seine kleine Schwester in Sicherheit waren und unter einer anderen Identität ein einigermaßen normales Leben führen konnten, da davon auszugehen war, dass die Mitglieder beider Banden auf Rache sannen. Während sich der Antrag beim zuständigen Richter in Bearbeitung befand und solange der Prozess andauerte, würden der Junge und seine Familie in einer geheimen Wohnung oder einem Hotel untergebracht werden. Nach dem Gerichtsverfahren war es unumgänglich, dass er mit seiner Familie in eine andere Stadt umzog und nochmal von vorn anfing. Aufgrund des Identitätswechsels war es zwingend notwendig, dass er sein bisheriges Leben hinter sich ließ. Um der Familie den Neustart so einfach wie möglich zu machen, bekamen sie finanzielle Unterstützung und es wurde auch dafür gesorgt, dass die Kinder eine reibungslose Schuldbildung erhalten würden. Diese Familie brauchte Hilfe und dafür würde ich mich einsetzen und kämpfen.
Ich fuhr direkt vom Polizeirevier zu den Geschäftsräumen der Kanzlei, um meinen Posteingang und den Verlauf meiner aktuellen Fälle zu überprüfen. Ich arbeitete für die Rechtsanwaltskanzlei Brookshield, Steinkamp & Johnson sowie als Staatsanwältin für den Bundesstaat New York. Es ist wirklich so anstrengend, wie es sich anhört. Ich teilte meine Arbeitszeit in der Kanzlei und bei der Staatsanwaltschaft ungefähr gleichermaßen auf. Es kam immer darauf an, wie groß die Bedeutung des Falls war. Zum Bespiel hatte ein Fall, bei dem die Sicherheit größerer Menschengruppen gefährdet war, immer höhere Priorität, als eine Erbschaftsangelegenheit.
Durch mich war die Beliebtheit der Kanzlei drastisch angestiegen - und das sage ich ohne allzu sehr überzeugt von mir selbst zu sein. Wir lösten Fälle von Kleinkriminalität, über Wirtschaftsspionage bis hin zu schwerwiegenden Straftaten wie zum Beispiel Tötungsdelikte. Bei uns wurden Ehen gelöst und wir halfen beim Erbrecht. Zu unseren Mandanten zählten Firmeninhaber, Ehefrauen, die ihren Ex-Männern das Leben zur Hölle machen wollten, Kongressabgeordnete, die normale arbeitende Bevölkerung, verzweifelte Familien und noch sehr viele mehr. Wir arbeiteten eng mit dem NYPD, dem FBI und sämtlichen Landesbehörden in den Vereinigten Staaten zusammen. Unser breites Spektrum machte unsere Kanzlei zu etwas Besonderem und ich war ein wichtiger Teil des Großen und Ganzen.
Wie immer ging es hinter den Türen der Kanzlei stressig zu. Ein Außenstehender bekam den Eindruck vermittelt, dass alles ein großes Durcheinander war.

So ging es auch mir, als ich mein Vorstellungsgespräch und zum ersten mal die Kanzlei betreten hatte. Die Angestellten liefen wild umher - alle in unterschiedliche Richtungen. Ich wurde zunehmend nervöser, aber ich riskierte trotzdem einen genaueren Blick auf die umherlaufende Menge. Sie alle wussten in welche Richtungen sie laufen mussten und sie gingen sich geschickt aus dem Weg. Der ganze Ablauf besaß Routine. Als ich das Szenario durchschaute wurde mir klar, dass mein Vorstellungsgespräch bereits ab da begonnen hatte, als ich in die Kanzlei hereingekommen war.
Das Gespräch führten damals Mr. Brookshield, Mrs. Steinkamp und Mr. Johnson persönlich. Sie waren überwältigend und konnten Menschen mit ihrer Ausstrahlung beeinflussen. Mr. Brookshield beäugte mich mit seinen dunklen Augen von Kopf bis Fuß. Sein athletischer Körper, der in seinem maßgeschneiderten schwarzen Anzug steckte, strotzte förmlich vor Selbstbewusstsein. Er sah sehr gut aus, obwohl er sichtlich schon Anfang fünfzig war. Mr. Johnson hingegen war um einiges jünger. Ich schätzte ihn auf Anfang vierzig. Sein hellgrauer Anzug passte perfekt zu seinem dunklen Hauttyp. Die zierliche Mrs. Steinkamp strahlte eine ungeheure Präsenz aus. Mit ihren stahlgrauen Augen konnte sie einem bis in die Tiefen der Seele schauen. Sie war äußerst aufmerksam und beobachtete alles und jeden - wie ein Profiler. Ihr konnte man keine Lügengeschichten auftischen, dafür konnte sie Personen zu gut einschätzen und ich vermutete, dass Mrs. Steinkamp Lügen schon aus weiter Entfernung gegen den Wind riechen konnte. Sie war eine schöne Frau, der man durch ihre Fraulichkeit ihr Alter von Anfang 50 nicht ansah. Auf die Zusammenarbeit mit ihr freute ich mich am meisten. Ich würde von diesen drei großartigen Anwälten eine ganze Menge lernen können, da war ich mir mehr als sicher.
In der Gegenwart dieser drei Größen fühlte ich mich klein und unwichtig. Sie brauchten mich nicht und konnten jeden anderen Bewerber annehmen. Ich wollte herausstechen und ihnen zeigen, dass ich nicht irgendeine Bewerberin war, die nach ihrem Abschluss einen Arbeitsplatz suchte. Also nahm ich das Vorstellungsgespräch in meine Hand.
Ich begann folgendermaßen: „Ich finde es interessant, wie Sie ein Vorstellungsgespräch beginnen.“, ich zog eine Augenbraue nach oben und lächelte die drei Anwälte vor mir gewieft an, „Sie wollen die Bewerber irritieren und verunsichern, was nicht ihre Absicht ist, denn eigentlich werden sie einem Test unterzogen. Auf den ersten Blick sehen Ihre Angestellten, da draußen, aus wie ein umherschwirrender Haufen, der einfach nur seine Arbeit erledigen möchte, um pünktlich nach Hause zu kommen. Aber in Wirklichkeit sind die Arbeitsabläufe ohne Abschweifungen routiniert. Jeder von ihnen weiß an welchen Platz er gehen muss, um die Antwort auf seine Fragen zu erhalten oder um seine Arbeit ordnungsgemäß ausführen zu können. Alles ist reibungslos koordiniert. Bei einem Mandantengespräch zeigen Sie ihren Mandanten dann, dass ihr erster Eindruck sie getäuscht hat. Ich bin von ihrer Vorgehensweise beeindruckt. Jetzt sind Sie dran.“
Ich lehnte mich auf dem mir angebotenen Stuhl zurück und legte meine Beine elegant übereinander. Mr. Brookshield sah mich unverwandt an, ihn konnte ich am wenigsten einschätzen. Auf Mrs. Steinkamp’s Gesicht zeichnete sich ein zufriedenes Lächeln ab, welches mir bestätigte, dass ich den Test bestanden hatte und Mr. Johnson zeigte mir mit seiner Körpersprache, dass er mich im Team haben wollte. Ich hatte gewonnen und ich nahm an, dass Mr. Brookshield mir dies nun mitteilen würde. Ich sollte Recht behalten, er ergriff als erster das Wort: „Es wundert mich ehrlich gesagt nicht, dass Sie über ein ausgezeichnetes Auffassungsvermögen verfügen und dies auch offen zur Schau stellen. Bereits als Sie den ersten Schritt durch die Tür gesetzt haben wusste ich, dass Sie in unsere Kanzlei passen. Zu Ihren Bewerbungsunterlagen gibt es nicht viel zu sagen. Perfekte Abschlussergebnisse und hervorragende Beurteilungen aus Harvard, die nur das unterstreichen, wovon Sie uns soeben überzeugt haben. Ihre bisherigen Ergebnisse von der NYU sind ebenfalls überragend, sodass ich keine Zweifel habe, dass Sie ausgezeichnet abschließen werden. Es liegt nun an Ihnen. Sollten Sie sich für unsere Kanzlei entscheiden, dann heiße ich Sie herzlich willkommen bei Brookshield, Steinkamp & Johnson, Miss Colson. Sie werden unser Team bereichern.“
„Vielen Dank, Mr. Brookshield. Ich gebe zu, dass diese Kanzlei eine meiner Favoriten ist. Keines der vorherigen Vorstellungsgespräche hat mich so angesprochen, wie das Heutige. Aus diesem Grund kann ich Ihnen jetzt schon mit Sicherheit sagen, dass ich sehr gern Anwältin in Ihrer Kanzlei sein möchte“, antwortete ich voller Stolz.
„Ihre Auffassungsgabe ist beeindruckend, Miss Colson. Ich bin mir sicher, dass wir es nicht bereuen werden Sie auserwählt zu haben. Sie zählen zu den Wenigen, die diesen Test bestanden haben. Dass Sie dieses Gespräch selbst in die Hand genommen haben zeigt uns, dass Sie genau wissen wie Sie zu handeln haben und dass Sie auch in der Lage sind Ihre erlernten Fähigkeiten im richtigen Moment einzusetzen“, aufrichtige Worte von Mrs. Steinkamp, die aus dem Mund einer starken Frau kamen. Irgendwie erinnerte mich Mrs. Steinkamp an meine Mutter. Sie machte auf Außenstehende ebenfalls den Eindruck, dass sie sehr einflussreich war und über allem stand. Diesen Gedanken schüttelte ich sofort ab und wandte mich Mr. Johnson zu.
„Nun, Miss Colson, meine geschätzten Kollegen haben bereits alles Nennenswerte erwähnt, also bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich hocherfreut bin, dass Sie sich für unsere Kanzlei entschieden haben. Anwälte, wie Sie, werden in dieser Stadt dringend benötigt. Begleiten Sie mich doch bitte nach diesem Gespräch in mein Büro. Dort werden wir dann die letzten Formalitäten bezüglich Ihres Arbeitsvertrages vornehmen und über Ihre Gehaltsvorstellungen sprechen. Ich wünsche Ihnen jetzt schon alles Gute und ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit“, mit diesen Worten beendete Mr. Johnson das Vorstellungsgespräch.
Ich verabschiedete mich von Mr. Brookshield und Mrs. Steinkamp. Anschließend ging ich mit Mr. Johnson in sein Büro und wir besprachen die letzten offenen Fragen. Bezüglich der Einzelheiten des Vertrages konnten wir uns schnell einigen. Er fertigte den Arbeitsvertrag an und ich leistete meine Unterschrift. Mr. Johnson erklärte mir noch, dass ich mein Exemplar zugeschickt bekommen würde, wenn alle drei Anwälte unterschrieben hatten.
Ich war dermaßen froh, dass meine Auswahl auf diese Kanzlei gefallen war. Sie war von Anfang an eine meiner Favoriten gewesen. Vor meiner Bewerbungsphase hatte ich mich ausreichend im Internet auf mehreren Seiten von Kanzleien über diese informiert. Die Internetseite von Brookshield, Steinkamp & Johnson war am anspruchsvollsten gewesen. Sie sprachen ihre Ansichtsweisen und Ziele direkt an, ohne irgendwelche unnötigen Zusätze und geschwollene Ausformulierungen. Mir war sofort klar, dass ich eine von ihnen sein wollte.
Ich verließ die Kanzlei und war so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Überrascht hielt ich in meiner Bewegung inne. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich noch so etwas wie Freude empfinden konnte. Eigentlich war ich mir sicher gewesen, dass ich meine Gefühle unter Verschluss halten konnte, aber wie ich erstaunt feststellte, war dem nicht so.
Ich erlaubte mir einen Rückblick in meine Vergangenheit, die keinesfalls von Glück und Freude geprägt war, und mit einem Mal waren alle Gefühle wieder unter Verschluss. Manchmal reichte ein Zeitsprung, um alle Freude aus mir zu vertreiben.
Ich blieb kurz mitten auf dem Fußweg stehen, um wieder in der Realität anzukommen. Menschen um mich herum sahen mich an, als ob ich verrückt wäre. Alle drängten sich an mir vorbei und ich blieb wie eine Salzsäule stehen. Das Problem war nur…in New York blieb man nicht einfach stehen, damit machte man sich keine Freunde - die Menschen waren immer in Eile und bewegten sich ständig. Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, setzte ich meinen Weg fort.
Ich hatte es tatsächlich geschafft; es war nur schwer zu glauben. Nach meiner Abschlussprüfung an der New York University School of Law war ich stolzes Mitglied des Teams bei Brookshield, Steinkamp & Johnson. Endlich konnte mein neues Leben richtig beginnen.
Nach zwei Jahren entschied ich mich dafür, mein Referendariat zur Staatsanwältin zu beginnen. Ich wurde dabei tatkräftig von Mr. Brookshield, Mrs. Steinkamp und Mr. Johnson unterstützt. Meine Bemühungen und die harte Arbeit wurden nach drei Jahren belohnt. Ich bewarb mich bei der zuständigen Bundesbehörde als Staatsanwältin und nach einem halben Jahr wurde ich als Staatsanwältin auf Probe eingestellt. Damit ich meine Arbeit in der Kanzlei nicht vollständig aufgeben musste, verständigte ich mich mit Mr. Brookshield darauf, dass ich nur noch kleinere Fälle in der Kanzlei bearbeiten würde - je nachdem, wie es mein Hauptberuf als Staatsanwältin zulassen würde.

Ich betrat also die Kanzlei und öffnete zuerst meinen Haarknoten. Meine langen dunkelbraunen Haare flossen über meine Schultern und meinen Rücken. Ich fand es erstaunlich, dass die Kanzlei mein neues zu Hause geworden war. Obwohl es mich nach dem Erlebten eigentlich nicht groß verwunderte. Meine Eltern waren zwar für mich da gewesen, aber sie vermittelten mir nie das Gefühl in einer Familie gewesen zu sein. Noch dazu bestand ihre Welt aus Geheimnissen, Lügen und Intrigen, wovon ich einen riesengroßen Abstand halten wollte.
Ich arbeitete gerne für Mr. Brookshield, Mrs. Steinkamp und Mr. Johnson, was ich ihnen immer zeigte, wenn ich in der Kanzlei präsent war.
Trotz dass mich meine beiden Job’s ordentlich beanspruchten, konnte ich mir nicht vorstellen eine andere Tätigkeit auszuüben. Ich half denen, die dringend Hilfe benötigten und ihr Recht einklagen mussten. Im Gegensatz dazu brachte ich diejenigen ins Gefängnis, die sich nicht an das geltende Gesetz hielten. Eine schönere Beschäftigung, als den Kampf für Gerechtigkeit, gab es für mich nicht.
Mehr Schwärmereien konnte ich mir für den Moment nicht erlauben; es wartete eine Menge Arbeit auf mich.

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Liebe Grüße

Malea
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Nina
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Beiträge: 4996
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Beitrag20.07.2019 20:15
Re: Never The Same Again - Kapitel 1
von Nina
Antworten mit Zitat

Malea Loughlin hat Folgendes geschrieben:
Hallöchen,


Ja, Hallo erstmal,
ich weiß gar nicht, ob Du es wußtest, aber so einen langen Text am Rechner zu lesen, ist schon recht beschwerlich. Kleinere Häppchen sind da besser, das motiviert dann auch eher die Leute, sich dazu zu äußern. Das bedeutet natürlich nicht, dass nur das gesamte Kapitel in zwei-Satz-Postings zeigen sollst, aber manchmal ist ein bisschen weniger ein bisschen mehr, wenn Du weißt, was ich meine. Dennoch - ich fang mal an, so weit, wie ich komme und mich die Motivation nicht verlässt.

Let's go:

Malea Loughlin hat Folgendes geschrieben:

Kapitel 1:

District Attorney und Rechtsanwältin ist ein anspruchsvoller Beruf,


Bäääm! Was ist denn District Attorney? Bitte übersetzen. Ich habe das noch nie gehört, obwohl ich schon in New York war, viel lese, allerdings, zugegeben, wenige Krimis gesehen habe. Vielleicht ist das ein Insider-Begriff, aber wenn Du auch andere Leute ins Boot holen möchtest, dann würde ich Dir empfehlen, das zu übersetzen. Was ist ein District Attorney? Wenn es so stehen bleibt, für mich jedenfalls, ein Buchwegleger. (Ich mache jetzt mal eine Ausnahme hier, nur einen halben Satz zu rezensieren ist auch irgendwie nix. Also weiter.

Malea Loughlin hat Folgendes geschrieben:
vor allem in New York. Wenn man nicht bereit ist für diesen Beruf Opfer aufzubringen, dann braucht man es überhaupt nicht erst zu versuchen.


Die gängige Formulierung lautet: Opfer zu bringen.
Geschmäcklerisch noch dies: Ich würde schreiben: ... braucht man es gar nicht erst zu versuchen. (dann würde ich streichen).

Malea Loughlin hat Folgendes geschrieben:
Jeder einzelne sollte sich auch im Klaren sein, was für ein hohes Risiko dieser Beruf bürgt, da um so ziemlich jeder Ecke Gefahren lauern können.


Komisch, ich bin erst bei Satz drei, aber dieser Vortrag beginnt mich zu nerven. Muss das so sein? Also ich meine, diese Art den Leser indirekt anzusprechen? Finde ich persönlich unangenehm und ein weiterer Buchwegleger, wenn es auf diese Weise geschieht.
Verbesserungsvorschlag? Hm. Vielleicht wäre es einen Versuch wert, den Erzähler hier in der Ich-Version formulieren zu lassen? Also so: Ich war mir nicht im Klaren, welch hohes Risiko dieser Beruf birgt (BIRGT nicht BÜRGT - bürgt ist was anderes und hat mit Geldgeschäften und Banken zu tun).

Wo ich grad dabei bin, also die Formulierung ist auch hier noch nicht so ganz stimmig. In meiner Version habe ich bereits umformuliert, guck es Dir noch mal an, ob Du was damit anfangen kannst.

Deine Version:
Zitat:
Jeder einzelne sollte sich auch im Klaren sein, was für ein hohes Risiko dieser Beruf bürgt, da um so ziemlich jeder Ecke Gefahren lauern können.


Meine Version (ohne die Ich-Variante) im direkten Vergleich:

Zitat:
Jeder sollte sich im Klaren sein, welch hohes Risiko dieser Beruf birgt, da quasi an jeder Ecke Gefahren lauern.


Ich würde das nicht relativieren mit "um so ziemlich jeder Ecke" zumal diese Formulierung ebenfalls unschön ist.

Malea Loughlin hat Folgendes geschrieben:
Die Kriminalitätsrate war in den letzten Jahren zwar gesunken, jedoch war es in vereinzelten Gegenden in Queens, Brooklyn und in der Bronx nach wie vor äußerst gefährlich. Am auffälligsten war die Bandenkriminalität. Trotz des strikten Waffenrechtes wurden die meisten Morde durch Schusswaffen verübt.


Hm. Ich würde den Satz umstellen:
Zwar war die Kriminalitätsrate in den letzten Jahren gesunken, doch es war in Queens, Brooklyn und der Bronx nach wie vor äußerst gefährlich. (die "vereinzelten Gegenden" braucht es nicht, das kannst Du streichen. Du erwähnst ja, in welchen Gegenden es besonders gefährlich ist, das reicht).

Hm. Am Auffälligsten ... ich verstehe, was Du meinst, doch ich glaube, dafür gibt es eine bessere Formulierung. Wenn sie mir jetzt nur einfallen würde, lach.
Am prägnantesten? Ja, ich glaube, das ist es. "Am prägnantesten war die Bandenkriminalität.

Das strikte Waffenrecht liest sich wie ein Büroformulardeutsch. Das strikte Waffenrecht sagt inhaltlich überhaupt nichts aus, es ist nur eine Büroformulierung für etwas, das der Leser nicht weiß, solange Du ihm nicht sagst, was denn dieses Recht besagt bzw. bedeutet. Also ich weiß es nicht, kann natürlich sein, dass Krimigucker sofort wissen: Ach so, ja, das strikte Waffenrecht in Brooklyn und in der Bronx ist soundso. Ich weiß das nicht.

Malea Loughlin hat Folgendes geschrieben:
Ebenfalls erschreckend ist das Alter der heutigen Mitglieder in den rivalisierenden Gangs - sie sind kaum älter als 20. Die meisten Straftäter, die ich bisher ins Gefängnis gebracht hatte, stammten aus diesen Gegenden. Ob es sich nun um kleinkriminelle Verbrechen oder schwere Verstöße handelte war nicht relevant, für mich gab es dabei keine Unterschiede,


So und spätestens hier steige ich jetzt aus. Dieser Vortrag von dem Erzähler reicht mir jetzt. Ich habe keine Lust mehr, ihm oder ihr von irgendwelchen Statistiken erzählend zuzuhören. Ich möchte eine Geschichte lesen und zwar die Geschichte von irgendwem, wer hier in der Story eben relevant ist. Das weiß ich nämlich noch nicht. Es gibt diesen Erzähler und ich lese jetzt hier zum ersten Mal ein "ICH" (.... die ich bisher ins Gefängnis gebracht hatte). So. Von diesem ICH möchte ich mehr wissen, lesen, hören. Das andere interessiert mich wirklich nur in kleinen Mengen. Für mich ist an dieser Stelle diese Menge überschritten, ich würde nicht weiter lesen.

Weil es dieses ICH gibt, lass dieses ICH erzählen, mach es erkennbar, wer hier erzählt. Wenn Du das nicht sofort verraten willst, dann mache es nach dem ersten Abschnitt oder nach dem zweiten. (Wenn Du mich fragst).

Zitat:
Die meisten Straftäter, die ich bisher ins Gefängnis gebracht hatte, stammten aus diesen Gegenden.


Muss es hier nicht eher heißen: Die meisten Straftäter, die ich bisher ins Gefängnis gebracht HABE, STAMMEN aus diesen Gegenden.
Denn die hat er oder sie ja immer noch ins Gefängnis gebracht, oder? Und wohnen immer noch da (eigentlich) in diesen Gegenden bzw. kommen da her.)

Zitat:
Ob es sich nun um kleinkriminelle Verbrechen oder schwere Verstöße handelte war nicht relevant, für mich gab es dabei keine Unterschiede


Ob es sich um Verbrechen Kleinkrimineller oder schwere Verstöße? Verstöße, das klingt so nach Parken ohne Parkschein. Passt m.E. hier nicht in Kombination mit den "schweren". Abgesehen davon verstehe ich den Satz nicht. Was heißt es war nicht relevant für den Protagonisten? Was heißt es gab keine Unterschiede? In what way? Kapier ich nicht, aber ich lese auch nicht weiter jetzt.

Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen Anmerkungen weiter helfen.

LG
Nina
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Bananenfischin
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Beitrag20.07.2019 21:48

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Hallo Malea,

ich habe die Threads zusammengeführt, da wir pro Werk nur einen Thread vorsehen. Die einzelnen Kapitel/Teile können jeweils als Fortsetzung markiert werden (das habe ich bei Kapitel eins jetzt schon mal für dich gemacht).

Liebe Grüße
Bananenfischin


_________________
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Calvin Hobbs
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Beitrag21.07.2019 05:48

von Calvin Hobbs
Antworten mit Zitat

Ich habe den Text nur quergelesen und muss Nina unbedingt zustimmen.
Liebe Malea, das ist das 1.(!) Kapitel!
Der Leser MUSS von der ersten Zeile an in das Geschehen mit und um den Prota hineingezogen werden.
Hier hingegen liest es sich zunächst wie Infoblatt vom Arbeitsamt. Danach kommt eine kurze Sozialanalyse der Stadt, in der die Geschichte spielen soll. Dann kommt ein Stück Lebenslauf, dann eine Arbeitsmarktanalyse. Schließlich wird klar gemacht, wie taff und toll die Figur ist.
Dann geht es zum Arbeitsalltag über und wieder der Verweis, wie engagiert die Heldin ist.
Leider ein Höhepunkt:Durch mich war die Beliebtheit der Kanzlei drastisch angestiegen - und das sage ich ohne allzu sehr überzeugt von mir selbst zu sein. Das ist so ein Moment wie: Das hat die jetzt nicht wirklich gesagt!
Dann wird über die Kanzlei schwadroniert.
Der folgende Teil ist völlig fehl am Platze, denn die Prota arbeitet bereits in der Kanzlei, warum sollte mich als Leser das Vorstellungsgespräch dazu interessieren? Sie ist dort angestellt - Fakt!
Dabei wird die Figur erneut in gleißendes Licht gestellt, es folgt ein Hinweis auf den Internetauftritt. Wozu?
Danach kommt noch ein Rückblick aus dem Rückblick?
Und erst jetzt, mit dem Betreten der Kanzlei, kommt eine mögliche Handlung in Gang, bis dahin aber braucht es fast 2500 Worte?
Nächstes Problem für mich: Ist die Prota aus dem Prolog die Gleiche wie im ersten Kapitel? Leider ist es so, dass der Leser die erstgenannte Figur in einem "Roman" für den/die Heldin hält. Wenn ja, was hat der Prolog, einer gängigen emotionalen Enttäuschung mit der als Superheldin dargestellten Anwältin zu tun? Das fühlt sich für mich wie zwei nicht passende Puzzlestücke an. Dazu kommt, dass für mich der Prolog völlig aussagefrei ist und damit entfallen könnte. Persönlich hätte ich den bisherigen Text auf max. ein Drittel der Worter zusammengestrichen.
Dem zweiten Kapitel würde ich eine kleine Chance geben, allerdings kenne ich Serie wie AllyMcBeal, The Closer, Boston Legal etc. zur Genüge, also müsste da schon ein echter Knaller kommen.
MfG


_________________
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Rodge
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Wohnort: Hamburg


Beitrag21.07.2019 07:45

von Rodge
Antworten mit Zitat

Puhhhh, soviel Infodump. Du musst alles über New York und die Juristerei in USA wissen. Alles. Erzählen tust du davon nix!

Du fängst mit einer spannenden oder reißerischen Szene an, bringst deinen Staatsanwalt in eine Situation, die für ihn als Anfänger fast unmöglich zu lösen ist, oder erst ganz banal aussieht und ihm dann über den Kopf wächst, oder, oder, oder. Keinesfalls darfst du damit beginnen, einem Leser zu berichten, was du alles über die Juristerei gelernt hast. Das will niemand lesen (ich vermute, du auch nicht). Sieh dir mal die Anfänge deiner Lieblingsromane an. Womit beginnen die?

Grüße
Rodge
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