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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Der siebte Kreis


 
 
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Lemminem
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 26
Beiträge: 18
Wohnort: Oldenburg


Beitrag08.07.2019 14:22
Der siebte Kreis
von Lemminem
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Hey Leute,
Ich schreibe neben dem Germanistik Studium an mehreren Buchprojekten. Heute möchte ich euch einen Auszug aus einem Werk zeigen, für das ich von Kommilitonen und Dozenten gutes Feedback bekommen habe. Es ist biblisch / apokalyptisch und spielt zu gleichen Teilen in der Hölle und auf der Erde, den Plot lasse ich allerdings erst einmal offen. Ich stützte mich dabei auf viele bekannte Namen und bereits aufgearbeitete Konzepte. Aber der Weg, den ich damit einschlagen will, ist ein wenig anders. Ich würde mich über ( gerne sehr) kritisches Feedback zu Form und Stil freuen, und außerdem über ein paar generelle Aussagen zur Wirkung des Geschriebenen auf Euch als unvoreingenommene Leser.
Viel Spaß damit!


Vor der Brücke hielt Azra inne. Links und rechts von ihm schraubten sich gewaltige Bögen aus rohem Gestein und geflochtenen Metall aus dem Boden und überragten den Weg, der über den Abgrund führte. Wolkenbänke zogen in ruhigen Linien um das hohe Schloss herum, das wie ein Monarch aus Gold und Platin über der Stadt der Ruhe thronte.

Jetzt erst verstand Azra, woher das Licht rührte, das den ganzen Ort in ein kühles Grau tauchte. Die Wolken leuchteten wie geschliffenes Silber, und ihr Glanz erstreckte sich über das gesamte Plateu des siebten Höllenkreises. Die Regentropfen, die von der Hand des Jungen auf den Boden tropften, sahen in der Lache zu seinen Füßen aus wie frisches Quecksilber. Aber das Wasser war angenehm kühl und reinigte die Luft, sodass Azra sich für einen Moment fühlte, als würde er wieder auf der Erde wandeln. Die Dämpfe hatten sich verzogen, und mit ihnen wich auch der brennende Schmerz, der einige Stunden zuvor jeden seiner Atemzüge begleitet hatte. In den anderen Kreisen der Hölle hatten sich der Rauch, das Plasma und die Hitze durch seine Lunge gefressen wie ein Heer aus Parasiten, das wild entschlossen war, ihn bei lebendigem Leibe zu zersetzen. Inkubus hatte gesagt, er dürfe höchstens drei Tage in der Hölle verbringen, wenn er nicht seinen Körper und seinen Verstand verlieren wollte – aber er hatte den Ausgang des siebten Kreises nicht gefunden. Die Stadt war zu gewaltig und seine Sensorik spielte verrückt, außerdem beeinflusste der siebte Höllenfürst seine Gedanken, störte seine Orientierung und kämpfte mit seiner Willenskraft. Asmodäus war ein Spieler, kein Kämpfer. Niemand, mit dem man umgehen konnte.

Azra hatte sechs Tage gebraucht, um das Schloss und die Tür darin zu lokalisieren, und noch einen Tag mehr, um es zu erreichen. Doch seine Probleme waren nicht gelöst, im Gegenteil – Azra hatte das Gefühl, die größte Herausforderung lag noch vor ihm. In seinem Kopf dröhnte die Stimme des vierten Fürsten, des Drachen Bal Zé Baal:
Der Weg in die inneren Kreise ist nicht geradlinig, er ist ein Treppenhaus und ein Labyrinth. Die letzten Stufen sind die höchsten, und jeder Schritt in Leere bringt dich näher an das Fegefeuer.

Die Silhouette eines Mannes, die vor ihm die Straße überquerte, schob sich in sein Sichtfeld. Azras Hand schoss reflexartig zu dem Lederhalfter über seinem Rücken und schmiegte sich an den Griff von Träne. Die Klinge schien zu beben vor plötzlicher Aufregung
„Aus dem Weg“, rief Azra laut. „Im Namen des Monarchen.“
Für gewöhnlich hatte die Erwähnung des Teufels eine deutliche Wirkung auf Gestorbene und niedere Dämonen, denn sie selbst konnten ihn nicht aussprechen. Die einen lösten sich augenblicklich auf, andere nahmen reißaus und manche wiederum erbrachen sich in Tiraden aus Verzweiflung bei dem Versuch, sich für ihre erbärmliche Existenz zu entschuldigen. Aber die Gestalt in dem grau melierten Umhang zuckte nicht einmal. Sie setzte ihren Weg fort und stellte sich mit einer Endgültigkeit vor die Brücke, die keinen Zweifel an ihrem Motiv zuließ. Jemand war gekommen, um Azra aufzuhalten. Keine wahnsinnige Seele, die ihn zu zerreißen versuchte, weil er nach Leben roch – sondern ein klarer Verstand, der gegen ihn aufbegehrte. Und augenscheinlich handelte es sich nicht um einen Dämonen.
„Ich bin Azra Kranich, Sohn des Teufels und Apostel der Zehn“, sprach Azra die Worte, die Inkubus ihm eingeschärft hatte. Dabei zog er in einer fließenden Bewegung sein Schwert und pumpte dunkle Energie in die Klinge. Es zischte, als der polierte Stahl Feuer fing, und die Regentropfen um die Waffe herum verdunstete in der Luft. Wasserdampf stieg auf und umspielte den Fellkragen seiner schwarzen Jacke. „Ich verlange, dass du dich entfernst.“
Die Ruhe, die auf seine Worte hin folgte, war beinahe rhytmisch. Der prasselnde Regen, das schrille Zischen der Flammen und seine bebenden Atemzüge mischten sich zu einer beklemmenden Melodie der Anspannung, die Azra zunehmend nervöser werden ließ. Die Gestalt hob ihre Arme und zog sich die Kapuze vom Schädel. Zum Vorschein kamen ein ausgemergeltes Gesicht und kalte, graue Augen. Sein Kopf war bedeckt von dichten, schwarzen Locken, und seine Lippen waren dem Regen zum Trotz spröde und aufgerissen. Azra beschloss, die Formen der höllischen Höflichkeit hinter sich zu lassen. Sein Gegenüber hatte sich weder von seinem Rang noch von seiner Waffe beeindrucken lassen. Wahrscheinlich würde er um einen Kampf nicht herumkommen.
„Wer bist du?“, fragte er stattdessen scharf. Dabei senkte er seine Waffe und setzte eine interessierte Miene auf, um dem Mann weniger feindlich zu begegnen. Vielleicht konnte er ihn überzeugen, die Passage kampflos freizugeben. Schon der Strom an Kraft, mit der er Träne zum Leben erweckte, zehrte merklich an seinen Reserven. Seine rechte Hand, die die Klinge umfasste, zitterte leicht.
„Iskariot, der zwölfte“, sagte der Mann leise, seine Stimme war brüchig und stolperte über seine Zunge wie ein Stein, der einen felsigen Abhang hinunterrollte. Dennoch klang ruhig, beinahe entspannt. Unbeeindruckt.
„Wer?“
„Du kennst meinen Vornamen, junger Dämon.“
Azras Verstand begann zu arbeiten. Iskariot…
Der Mann öffnete sein Leinenhemd und griff in eine versteckte Tasche, die auf der Innenseite seines durchnässten Hemdes vernäht war. Er holte seinen Beutel hervor, der bei der plötzlichen Bewegung ein metallisches Klingeln von sich gab, und warf ihn auf den Boden. Er öffnete sich, und begleitet von einem scheppernden Geräusch ergossen sich zahlreiche Silberstücke über die nasse Erde. Eins… Zwei… Dreißig.
Die Mühlen, die Azras gemarterten Verstand unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte mit schwindender Klarheit durchströmten, kamen zum Stillstand.

Judas.

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Calvin Hobbs
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Beitrag08.07.2019 20:01

von Calvin Hobbs
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Wow, hat mir auf Anhieb gut gefallen. Im Kopf hatte ich sofort Bilder aus den Spielen "God of War" und "Dantes Inferno".
Einzig bei "Sensorik" bin ich gestolpert, das empfinde ich als Fremdwort in diesem Text.
Wenn es sich um ein Buch handelt, würde ich es als hilfreich ansehen, ein Personenverzeichnis an dessen Anfang zu stellen, da vllt. nicht jeder (mich eingeschlossen) in den Namen und deren Herkunft firm ist.
Ich würde weiterlesen wollen Wink


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Lemminem
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 26
Beiträge: 18
Wohnort: Oldenburg


Beitrag12.07.2019 21:07

von Lemminem
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Danke sehr! Und du hast Recht - diese Formulierung passt nicht so gut. Liebe Grüße,
Lemminem


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Nathan Pascal
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
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Alter: 30
Beiträge: 39



N
Beitrag13.07.2019 01:49
Re: Der siebte Kreis
von Nathan Pascal
Antworten mit Zitat

Lemminem hat Folgendes geschrieben:


Vor der Brücke hielt Azra inne. Links und rechts[1] von ihm schraubten sich gewaltige Bögen aus rohem Gestein und geflochtenen Metall aus dem Boden und überragten den Weg, der über den Abgrund führte. Wolkenbänke zogen in ruhigen Linien um das hohe Schloss herum, das wie ein Monarch aus Gold und Platin über der Stadt der Ruhe thronte.

Jetzt erst verstand Azra, woher das Licht rührte, das den ganzen Ort in ein kühles Grau tauchte. Die Wolken leuchteten wie geschliffenes Silber, und ihr Glanz erstreckte sich über das gesamte Plateu des siebten Höllenkreises. Die Regentropfen, die von der Hand des Jungen auf den Boden tropften, sahen in der Lache zu seinen Füßen aus wie frisches Quecksilber. Aber das Wasser war angenehm kühl und reinigte die Luft, sodass Azra sich für einen Moment fühlte, als würde er wieder auf der Erde wandeln. Die Dämpfe hatten sich verzogen, und mit ihnen wich auch der brennende Schmerz, der einige Stunden zuvor jeden seiner Atemzüge begleitet hatte. In den anderen Kreisen der Hölle hatten sich der Rauch, das Plasma[2] und die Hitze durch seine Lunge gefressen wie ein Heer aus Parasiten, das wild entschlossen war, ihn bei lebendigem Leibe zu zersetzen. Inkubus[3] hatte gesagt, er dürfe höchstens drei Tage in der Hölle verbringen, wenn er nicht seinen Körper und seinen Verstand verlieren wollte – aber er hatte den Ausgang des siebten Kreises nicht gefunden. Die Stadt war zu gewaltig und seine Sensorik[4] spielte verrückt, außerdem beeinflusste der siebte Höllenfürst seine Gedanken, störte seine Orientierung und kämpfte mit seiner Willenskraft.[5] Asmodäus war ein Spieler, kein Kämpfer. Niemand, mit dem man umgehen konnte.

Azra hatte sechs Tage gebraucht, um das Schloss und die Tür darin zu lokalisieren, und noch einen Tag mehr, um es zu erreichen. Doch seine Probleme waren nicht gelöst, im Gegenteil – Azra hatte das Gefühl, die größte Herausforderung lag noch vor ihm. In seinem Kopf dröhnte die Stimme des vierten Fürsten, des Drachen Bal Zé Baal:
Der Weg in die inneren Kreise ist nicht geradlinig[6], er ist ein Treppenhaus und ein Labyrinth. Die letzten Stufen sind die höchsten, und jeder Schritt in Leere bringt dich näher an das Fegefeuer.

Die Silhouette eines Mannes, die vor ihm die Straße[7] überquerte, schob sich in sein Sichtfeld. Azras Hand schoss reflexartig zu dem Lederhalfter über seinem Rücken und schmiegte sich an den Griff von Träne. Die Klinge schien zu beben vor plötzlicher Aufregung
„Aus dem Weg“, rief Azra laut. „Im Namen des Monarchen.“
Für gewöhnlich hatte die Erwähnung des Teufels eine deutliche Wirkung auf Gestorbene und niedere Dämonen, denn sie selbst konnten ihn nicht aussprechen. Die einen lösten sich augenblicklich auf, andere nahmen reißaus und manche wiederum erbrachen sich[8] in Tiraden aus Verzweiflung bei dem Versuch, sich für ihre erbärmliche Existenz zu entschuldigen[9]. Aber die Gestalt in dem grau melierten Umhang zuckte nicht einmal. Sie setzte ihren Weg fort und stellte sich mit einer Endgültigkeit vor die Brücke, die keinen Zweifel an ihrem Motiv zuließ. Jemand war gekommen, um Azra aufzuhalten. Keine wahnsinnige Seele, die ihn zu zerreißen versuchte, weil er nach Leben roch – sondern ein klarer Verstand, der gegen ihn aufbegehrte. Und augenscheinlich handelte es sich nicht um einen Dämonen.
„Ich bin Azra Kranich, Sohn des Teufels und Apostel der Zehn“, sprach Azra die Worte, die Inkubus ihm eingeschärft hatte. Dabei zog er in einer fließenden Bewegung sein Schwert und pumpte[10] dunkle Energie in die Klinge. Es zischte, als der polierte Stahl Feuer fing, und die Regentropfen um die Waffe herum verdunstete in der Luft[11]. Wasserdampf stieg auf und umspielte den Fellkragen seiner schwarzen Jacke. „Ich verlange, dass du dich entfernst.“
Die Ruhe, die auf seine Worte hin folgte, war beinahe rhytmisch. Der prasselnde Regen, das schrille Zischen der Flammen und seine bebenden Atemzüge mischten sich zu einer beklemmenden Melodie der Anspannung, die Azra zunehmend nervöser werden ließ. Die Gestalt hob ihre Arme und zog sich die Kapuze vom Schädel. Zum Vorschein kamen ein ausgemergeltes Gesicht und kalte, graue Augen. Sein Kopf war bedeckt von dichten, schwarzen Locken, und seine Lippen waren dem Regen zum Trotz[12] spröde und aufgerissen. Azra beschloss, die Formen der höllischen Höflichkeit hinter sich zu lassen. Sein Gegenüber hatte sich weder von seinem Rang noch von seiner Waffe beeindrucken lassen. Wahrscheinlich würde er um einen Kampf nicht herumkommen.
„Wer bist du?“, fragte er stattdessen scharf. Dabei senkte er seine Waffe und setzte eine interessierte Miene auf, um dem Mann weniger feindlich zu begegnen.[13] Vielleicht konnte er ihn überzeugen, die Passage kampflos freizugeben. Schon der Strom an Kraft, mit der er Träne zum Leben erweckte, zehrte merklich an seinen Reserven. Seine rechte Hand, die die Klinge umfasste, zitterte leicht.
„Iskariot, der zwölfte“, sagte der Mann leise, seine Stimme war brüchig und stolperte über seine Zunge wie ein Stein, der einen felsigen Abhang hinunterrollte. Dennoch klang ruhig, beinahe entspannt.[14] Unbeeindruckt.
„Wer?“
„Du kennst meinen Vornamen, junger Dämon.“
Azras Verstand begann zu arbeiten. Iskariot…
Der Mann öffnete sein Leinenhemd und griff in eine versteckte Tasche, die auf der Innenseite seines durchnässten Hemdes vernäht war. Er holte seinen Beutel hervor, der bei der plötzlichen Bewegung ein metallisches Klingeln von sich gab, und warf ihn auf den Boden. Er öffnete sich, und begleitet von einem scheppernden Geräusch ergossen sich zahlreiche Silberstücke über die nasse Erde. Eins… Zwei… Dreißig.[15]
Die Mühlen, die Azras gemarterten Verstand unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte mit schwindender Klarheit durchströmten, kamen zum Stillstand.

Judas.


Hallo. Student der Germanistik? Bin ich auch.
Roman mit apokalyptischer Thematik? Habe ich auch geschrieben.
Darum muss ich einfach hierzu meine, hoffentlich hilfreichen, Kommentare anbieten.

Diesmal versuche ich es mit Zahlen, weil Kommentare im Text schwer zu entziffern und einzubinden sind, wie ich denke. Mal sehen, ob es so wirklich übersichtlicher wird. Also, grüne Formulierungen finde ich einfach nur so gut, dass ich sie hervorheben wollte, um nicht nur negative Kritik anzubringen, brauchen aber keine weiteren Kommentare. Rot halte ich für überarbeitungswürdig, Gelb hatte mich irritiert, ohne direkt ein Fehler sein zu müssen. Natürlich alles nur meine bescheidene, spontane Meinung. Also:

1: "links und rechts" scheint mir etwas unelegant für das Szenario, zu gewöhnlich und technisch. "zu beiden Seiten" oder "um die Brücke herum" oder dergleichen hätte mir besser gefallen.
2: Plasma? Ich weiß, da war irgendwas in der Physik mit einem sehr heißen Aggregatzustand..., aber allgemein klingt das sehr nach ScienceFiction oder Blut-Plasma.
3:Inkubus als Eigenname, statt als Gattungsbezeichnung? Mag im Kontext Sinn ergeben, aber in diesem Ausschnitt fehlt der Kontext leider.
4: Naja, der Vollständigkeit halber. Wurde ja schon vorher angesprochen.
5: Ist vielleicht etwas zu sehr "tell", oder mit fehlt nur der Kontext in diesem Ausschnitt, aber diese allgemeine Aussage zu einem geistigen Belagerungszustand beißt sich etwas mit der entspannten Beschreibung, die dein Protagonist zuvor im Abschnitt erlebt hatte ("wieder auf der Erde wandeln")
6:"geradlinig" sticht ein wenig aus dem, sonst sehr schön mythischen Satz heraus, finde ich. Klingt nach Geometrie.
7: Straße? Eben war dort noch "eine Brücke über den Abgrund" vor der der Protagonist stand. Wo genau liegt diese Straße, beziehungsweise, wo steht der Protagonist genau? Die Straße ist schwer räumlich einzuordnen.
8: "erbrachen sich... in Tiraden" unglückliche Reihenfolge beziehungsweise Formulierung. Es entsteht zuerst das Bild, sie würden sich (vor Angst und Schrecken) übergeben, wenn sie den Namen hören. Wobei...
9: ... eine Tirade der Verzweiflung, um sich für seine Existenz zu entschuldigen, insgesamt etwas überladen scheint, sprachlich. Zuerst kann Tirade auch als etwas aggressives gedeudet werden (Strafpredigt), passt also weniger zu Verzweiflung (auch wenn Google mir sagt, eigentlich ist es nur ein "Wortschwall ohne Tiefgang", womit die Verwendung von dir korrekt wäre. Es löst bei mir nur eben ein falsches Bild der beschriebenen Situation aus). Insgesamt irritiert mich der ganze Satz. Wofür genau entschuldigt eine verdammte Seele oder ein niederer Dämon sich? Für die Taten, die ihn verdammt haben? Das klingt sehr aufdringlich, wobei die Nennung des Namens des Teufels doch eher abschreckend wirkt, wenn ich es richtig verstehe. Oder nutzen verdammte Seelen nur jede Chance, um durch genug Reue doch noch Erlösung zu erlangen? Je mehr ich darüber nachdenke, desto verwirrter werde ich. Vielleicht ergibt es im Gesamtkontext mehr Sinn.
10: "pumpen" klingt nach einer mechanischen Tätigkeit, für eine mentale Beschwörung magischer Mächte ist das vielleicht etwas plump... Mm, sagen wir grob.
11: Okay, deine Kommasetzung nach "und" ist manchmal falsch, soweit ich das sehe, wobei ich selbst immer mit den Kommas hadere. Habe es schon zuvor an anderen Orten makiert. Dröseln wir es an diesem Satz auf, mehrere Varianten. Achja, bei "verdunstete" fehlt ein "n", Regentropfen sind Mehrzahl, ich füge es mal dazu.
I Es zischte, als der polierte Stahl Feuer fing, und die Regentropfen um die Waffe herum verdunsteten in der Luft.
Die Deutung hier ist: Der Stahl fängt Feuer und darum zischt es. Unabhängig von diesem Zischen verdunsten die Regentropfen.
II Es zischte, als der polierte Stahl Feuer fing und die Regentropfen um die Waffe herum in der Luft verdunsteten.
Die Deutung hier ist: Als der Stahl Feuer fängt und das Wasser verdunsten lässt, da zischt es. Anders gesagt, das Wasser zischt, nicht der Stahl oder das Feuer. Natürlich kann auch Feuer zischen. Darum ist es ja wichtig zu wissen, ob das Komma wirklich da sein sollte.
Anderes Beispiel dieser sehr speziellen Kommasetzung nach "und":
'Die Wolken leuchteten wie geschliffenes Silber, und ihr Glanz erstreckte sich über das gesamte Plateu des siebten Höllenkreises.'
Das Und verbindet zwei Satzteile, ein Komma gehört da nur hin, wenn dazwischen ein Nebensatz stand, wie es zum Beispiel bei deinem Satz hier:
'Azra hatte sechs Tage gebraucht, um das Schloss und die Tür darin zu lokalisieren, und noch einen Tag mehr, um es zu erreichen.'
Hier ist "um... zu lokalisieren" ein Nebensatz, das Komma vor dem Und, als Ende des Nebensatzes, ist korrekt. Und hier ist es wieder falsch:
'Die Dämpfe hatten sich verzogen, und mit ihnen wich auch der brennende Schmerz.'
Hier an anderer Stelle hast du es korrekterweise nicht getan:
'Aber das Wasser war angenehm kühl und reinigte die Luft'
Ich hoffe, der Unterschied ist verständlich? Und ich hoffe, ich rede mich hier nicht um Kopf-Und-Kragen, aber ich bin zuversichtlich, dass ich (mittlerweile) die Kommaregeln richtig verstanden habe. Hoffentlich...
12: Dem Regen zum Trotz spröde? Spröde Lippen können eher etwas längerfristiges sein (und verschiedene Ursachen haben) und werden nicht von einem kleinen Regenschauer sofort weggespült. Selbst falls es an diesem Ort immer regnet, würde ich da keine Relation sehen, da es eher um die Fettbarriere der Haut und Hydration geht, als um Wasser von außen, soweit ich es verstehe.
13: Entweder fragt er scharf, oder er setzt eine interessierte Miene auf und nimmt eine beruhigende Haltung ein. Beides zugleich ist widersprüchlich. Außer du wolltest sagen, dass er sich nach kurzem Überlegen eines besseren besonnen hat, um von "scharf" (feindselig) auf "Waffe senken" (beruhigend) zu wechseln, aber das kurze Überlegen würde in diesem Fall fehlen.
14: Okay, nochmal wie eben bei 13. Entweder es klingt wie ein stolpernder Stein, oder es klingt ruhig und entspannt. Beide Bilder wollen einfach nicht zusammen in meinen Kopf passen. Die Bildsprache ("stolpernder Stein") gefällt mir eigentlich, aber wenn du sie dann mit einer nüchternen Aussage ("ruhig und entspannt") konterst, zerbricht der Satz nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch. Vielleicht wolltest du hier bewusst eine Widerspruch erzeugen? Wenn ja, dann wirkt es leider nicht für mich.
15: Eins... Zwei... Siebenhunderachtundzwanzig. Entschuldigung. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der Sprung von Zwei auf Dreißig etwas komödiantisch wirkt, was vermutlich nicht die dahinterliegende Absicht ist.

Ja, das war es so spontan. Ich fürchte, es klingt immer etwas hart und... was ist das Wort? Flapsig. So klingen meine Kommentare immer ein wenig. Aber ich meine es nett, wirklich. Sonst würde ich mir die Mühe nicht machen. Ich bin an der Geschichte dahinter interessiert und bis auf die paar Details (es sind wirklich nur Kleinigkeiten, die ich hier kleinlich herausgepickt habe) würde ich Stil und Handwerk als gelungen bezeichnen.

Von daher
Nathan Pascal
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Gast







Beitrag13.07.2019 11:19

von Gast
Antworten mit Zitat

Schließe mich Hobbs an. Hat mir gut gefallen. Für meinen Geschmack ein bisschen zu viel Beschreibung und zu viele Namen. Aber das ist immer leicht gesagt, wenn man dem Leser eine ganz eigene Welt zugänglich machen will. Die Informationen hier geschickt zu verpacken und nach und nach einzustreuen, das ist eine Kunst für sich.

Gerne gelesen. Wäre sehr an einer Fortsetzung interessiert!

Ach ja: das Wort Sensorik hat mich persönlich nicht gestört. Auch das Plasma nicht.

Liebe Grüße
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Innerdatasun
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 59
Beiträge: 52
Wohnort: Hamburg


Beitrag01.08.2019 07:42

von Innerdatasun
Antworten mit Zitat

Zitat:
Du kennst meinen Vornamen, junger Dämon.“
Azras Verstand begann zu arbeiten. Iskariot…
Der Mann öffnete sein Leinenhemd und griff in eine versteckte Tasche, die auf der Innenseite seines durchnässten Hemdes vernäht war. Er holte seinen Beutel hervor, der bei der plötzlichen Bewegung ein metallisches Klingeln von sich gab, und warf ihn auf den Boden. Er öffnete sich, und begleitet von einem scheppernden Geräusch ergossen sich zahlreiche Silberstücke über die nasse Erde. Eins… Zwei… Dreißig.
Die Mühlen, die Azras gemarterten Verstand unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte mit schwindender Klarheit durchströmten, kamen zum Stillstand.

Judas.


Erinnert tatsächlich ein wenig an Dantes Göttliche Komödie. Einundreizigster bis vierundreizigster Gesang. Wenn Dante und Virgil auf Satan treffen, der die drei Verräter Judas, Brutus und Cassius verschlingt.
Der Plot würde mich auch interessieren. Sehr anschaulich formuliert. Weiter so


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Heute kann es eigentlich nur noch heißen: "Glasauge um Glasauge - Stiftzahn um Stiftzahn:"
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Lemminem
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 26
Beiträge: 18
Wohnort: Oldenburg


Beitrag26.08.2019 15:23

von Lemminem
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,
Vielen lieben Dank für das ausführliche Feedback und die Impressionen, insbesondere an Nathan Pascal! Es bedeutet mir viel, dass du dir für meinen Text so viel zeit genommen hast, und ich konnte viel daraus mitnehmen.
Liebe Grüße!


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Thaddeus
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T

Alter: 48
Beiträge: 4
Wohnort: Darmstadt


T
Beitrag07.09.2019 18:00

von Thaddeus
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Hi,
zwar nicht mein Genre aber wirklich sehr interessant geschrieben....ich würde weiter lesen wollen Daumen hoch²
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malu_vs
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
M

Alter: 43
Beiträge: 72
Wohnort: Hessen


M
Beitrag18.10.2019 09:18

von malu_vs
Antworten mit Zitat

Der Text hat mit auch sehr gutgefallen.
Sensorik klingt vielleicht wirklich etwas zu Wissenschaftlich, das Plasma jedoch stört mich gar nicht, im Gegenteil. Liegt aber vielleicht auch an meinem chemischen Beruf smile

Ich habe nur eine Sache die mir sehr Wiedersprüchlich aufgefallen ist.

Zitat:
Wahrscheinlich würde er um einen Kampf nicht herumkommen.

Vielleicht konnte er ihn überzeugen, die Passage kampflos freizugeben.


Der erste Satz klingt als ob er sich auf Kampf einstellt. Okay, gut, es gibt keinen Anderen weg! Und im nächsten Moment versucht er es auf die Nette Art. Da macht der Chara für mich einen zu krassen Sprung. Ich denke man kann diese Kampfansage streichen ohne das der Text etwas dadurch verliert. Für mich würde es ihn eher klarer machen smile

Ansonsten hat Nathan Pascal ja schon ganz viele weitere Punkte angesprochen, die mir beim Lesen erstmal gar nicht aufgefallen sind, dennen ich aber nach seiner Erleuterung fast gänzlich zustimmen würde.


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Malu Volksky
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julaiw
Geschlecht:weiblichErklärbär
J


Beiträge: 2



J
Beitrag18.10.2019 14:30

von julaiw
Antworten mit Zitat

malu_vs hat Folgendes geschrieben:
Der Text hat mit auch sehr gutgefallen.
Sensorik klingt vielleicht wirklich etwas zu Wissenschaftlich, das Plasma jedoch stört mich gar nicht, im Gegenteil. Liegt aber vielleicht auch an meinem chemischen Beruf smile

Ich habe nur eine Sache die mir sehr Wiedersprüchlich aufgefallen ist.

Zitat:
Wahrscheinlich würde er um einen Kampf nicht herumkommen.

Vielleicht konnte er ihn überzeugen, die Passage kampflos freizugeben.


Der erste Satz klingt als ob er sich auf Kampf einstellt. Okay, gut, es gibt keinen Anderen weg! Und im nächsten Moment versucht er es auf die Nette Art. Da macht der Chara für mich einen zu krassen Sprung. Ich denke man kann diese Kampfansage streichen ohne das der Text etwas dadurch verliert. Für mich würde es ihn eher klarer machen smile

Ansonsten hat Nathan Pascal ja schon ganz viele weitere Punkte angesprochen, die mir beim Lesen erstmal gar nicht aufgefallen sind, dennen ich aber nach seiner Erleuterung fast gänzlich zustimmen würde.


Ich stimme dir bei der Wahl des Wortes "Sensorik" vollkommen zu! Es ruft für mich zu sehr den Zusammenhang zur Technik hervor - was, in Anbetracht der Erwähnung einer "Klinge" als Waffe für mich die Atmosphäre etwas stört. @Nathan Pascal s Kritikpunkten stimme ich fast ausnahmslos zu.

Anteile von Figurenrede und Erzählbericht passen nach meinem Empfinden, sind so verteilt, dass der Leser sich nicht zu schnell langweilt.
Deine Sprache ist leicht verständlich. Scheint sich bei dem Erzähler ja um einen personalen Er-/Sie-Erzähler mit Fokus auf Azra zu handeln, deswegen fehlen mir im Erzählstil leider noch Besonderheiten, die seinen Charakter deutlicher darstellen. Dann wäre der Text für den Leser evtl. auch um einiges mitreißender.

Liebe Grüße und viel Erfolg bei der Umsetzung deiner Buchprojekte! (-:


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Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
Der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
Ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
In der betäubt ein grosser Wille steht.
(Von Rainer Maria Rilke)
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Elodin
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Beiträge: 12
Wohnort: Österreich


E
Beitrag06.11.2019 18:34
Re: Der siebte Kreis
von Elodin
Antworten mit Zitat

Hier etwas zu bemängeln, ist Kritik auf mehr als hohen Niveau. Bei jedem Roman, den ich lese, finde ich sehr oft Fehler, die mich den Kopf schütteln lassen. Wohlgemerkt, berühmte Autoren! Womöglich den Übersetzern geschuldet, aber trotzdem. Bei Dingen wie Plasma und Sensorik, kann ich keinen Fehler entdecken. Warum? SF und Fantasie wird heute in vielen Geschichten vermischt. Hier müsste man mehr wissen. Man sieht, ein Studium hilft, der Text zeigt es. Ich muss es ohne, in meinen Geschichten, auf die harte Tour lernen. Rolling Eyes
Was die Beistriche betrifft, sie stören mich nicht. Ich plädiere dafür, jede Regel abzuschaffen und sie nach Gefühl setzen zu dürfen Very Happy Es würde mir das Leben erleichtern Laughing


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Liebe Grüße

Mathias
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