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Spaziergang


 
 
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malu_vs
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Alter: 43
Beiträge: 72
Wohnort: Hessen


M
Beitrag15.05.2019 17:06
Spaziergang
von malu_vs
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Eine kleine Schreibübung. Bewusst spazieren gehen und zuhause zehn Minuten lang schreiben an was man sich noch erinnert. (Ich gebe zu ich hab dann doch etwas länger geschrieben, aber was raus muss, muss raus.)


Ich verlasse das Haus. Es riecht nach verbanntem Holz. Die Luft ist frisch aber angenehm. Es geht kaum ein Lüftchen. Ich laufe dem Kirschweg entlang in Richtung Feld. Die Straßenlaternen erhellen die Straße mit ihrem Licht. Dennoch bleiben die meisten Farben von der Dunkelheit verschluckt. Einige Nachbarn haben ihre Rollläden offen. Dahinter sieht man die Fernsehgeräte flimmern. Die Straße ist menschenleer. Ich biege ab, verlasse den Kirschweg, nehme das kurze Stück der Gerengasse und erreiche den Feldweg, der an Grundschule und dem Sportplatz vorbei führt. Rechterhand stehen Glas- und ein Altkleidercontainer. Linkerhand steht eine Straßenabsperrung. Der Schotter knirscht unter meinen Schuhen. Der Weg vor mir liegt in Dunkelheit. Weiter vorne höre ich das Zischen eines Wassersprengers. Von weit rechts dringt das Rauschen der Autobahn zu mir. Hoch oben dröhnt leise ein Flugzeugmotor durch das Motorenrauschen der Autos. Die Scheinwerfer ziehen gleichmäßig dahin. Dahinter glimmen die Lichter einer Stadt am Fuße des Odenwalds. Ich hab  sie schon so oft gesehen und weiß immer noch nicht zu welcher Stadt sie gehören. Auch das McDonalds Schild leuchtet gut sichtbar hinter der entfernt liegenden Autobahnbrücke. Ich richte meinen Blick wieder nach vorne. Hin und wieder ziehen Autos auf der Umgehungstrasse vorbei. Eine Reihe Apfelbäume zieht sich den Weg entlang. Das Schulgelände endet, der Sportplatz beginnt. Ein paar Fußballtore aus Metall stehen hinter dem Mannhohen Zaun der das Gelände umspannt. An einem Tor im Zaun hängt ein Schild. Feuerwehrzufahrt.
Der Boden wird matschig. Ich rutsche ein wenig und versinke leicht im Schlamm. Er klebt zäh an meiner Sohle. Ich kann nun den Wassersprenger sehen. Er steht auf dem Feld gleich hinter dem Sportgelände. Sicher hat er den Boden unter meinen Füßen aufgeweicht. Einen Moment mache ich mir Sorgen eine späte Dusche zu erhalten und versuche den Strahl, der sich langsam im Kreis bewegt abzuschätzen. Ich überlege umzukehren. Treten ein wenig im Schlamm herum und beschließe noch bis zur Umgehungstrasse weiter zu laufen. Vor mir am Horizont zieht sich ein Streifen helleren Graus mit einer Andeutung von Blau. Es ist Norden. Das Licht stammt vermutlich von Darmstadt. Ich bemühe mich den Grasstreifen in der Mitte des Weges zu treffen, um weniger im Schlamm zu laufen. In der Dunkelheit ist das nicht so einfach.  Ein befestigter Feldweg kreuzt meinen Pfad, dahinter liegt die Andeutung eines Grabens, ehe die Umgehungsstraße beginnt. Ein Auto rast vorbei, blendet mich. Ich drehe um, sehe Richtung Westen, nach Gernsheim. Auch dort leuchtet ein Streifen Graublau am Horizont. Womöglich noch ein Rest der längst untergegangen Sonne, vielleicht auch nur das Licht der Stadt. Eine Rauchfahne zieht sich über einem sich dunkel hervorhebenden Schornstein in den Himmel, erleuchtet von den Lichtern der Fabrik. Ich laufe zurück, begleitet von dem Klackern des Wassersprengers. Erst jetzt entdecke ich auf der Mauer eines Stromhäuschens den aufgesprühten Text: „Manchmal ist böse sein eine Art zu zeigen wie traurig man ist.“ Es ist nicht leicht die Schrift im Dunklen zu entziffern. Ich gehe weiter. Die Luft ist angenehm. Die Kronen der Apfelbäume sind schwarze Gespinste, durchzogen von Spinnennetzen, so sieht es aus. Ein Hauch von Halloweenstimmung überkommt mich.
Als ich die Straße erreichte ist sie immer noch menschenleer. Ich kehre in den Kirschweg zurück.



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Malu Volksky
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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5987
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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Beitrag15.05.2019 20:11
Re: Spaziergang
von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Hallo malu_vs,

macht Sinn, als Autorin mit offenen Sinnen durch die Welt zu gehen und sie sich so be-schreib-bar zu machen.
Du hast, im Sinne der Übung, wohl alles richtig gemacht. Gesehenes, Gerochenes, Gehörtes, Gefühltes, Gedachtes - kommt alles vor und wird begreiflich.
Literarisch lässt ein solcher Zehn-(oder Zwanzig-)Minunten-Text natürlich nicht viel erwarten. Stilistisch ist der Text unspektakulär wie der Spaziergang selbst - liegt vielleich auch ein bisschen daran, dass du keine Menschen getroffen hast.
Wäre darin nun ein Ansatzpunkt für eine Geschichte zu suchen, wäre es m. E. der Satz auf der Mauer des Stromhäuschens. Da habe ich mich gewundert, dass du/die Prota zu dem keine Meinung hatte/st.
Ein paar Anmerkungen:
malu_vs hat Folgendes geschrieben:
Es riecht nach verbanntem Holz.

Hm, warum belegt jemand Holz mit einem Bann? Und wie riecht es dann Laughing
Zitat:
Hoch oben dröhnt leise ein Flugzeugmotor durch das Motorenrauschen der Autos.

Leises Dröhnen ist an sich widersprüchlich, den -motor hätte ich weggelassen, um die Dopplung zu vermeiden. Streng genommen ist der Satz auch deshalb ungeschickt, weil das Flugzeug zwar hoch oben dröhnt, aber "durch" passiert nicht da oben, weil die Autos auf der Erde fahren.
Zitat:
Vor mir am Horizont zieht sich ein Streifen helleren Graus mit einer Andeutung von Blau. Es ist Norden. Das Licht stammt vermutlich von Darmstadt.

Dass du der Information "Norden" einen eigenen Satz widmest, wirkt so, als sei das besonders wichtig ...?


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"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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malu_vs
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Alter: 43
Beiträge: 72
Wohnort: Hessen


M
Beitrag15.05.2019 20:27

von malu_vs
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Hallo nebenfluss,

danke für das Feedback. Das es unspektakulär ist war ist mir bewusst. Es ging mir ja hauptsächlich mehr um das beschreiben an sich. Mir hat die Übung sehr viel spaß gemacht und auch geholfen mal wieder mehr mit allen Sinnen zu schreiben smile

Zitat:
malu_vs hat Folgendes geschrieben:
Es riecht nach verbanntem Holz.

Hm, warum belegt jemand Holz mit einem Bann? Und wie riecht es dann Laughing


Was wäre die Welt nur ohne diese miesen kleinen Tippfehler Laughing

Zitat:
Leises Dröhnen ist an sich widersprüchlich, den -motor hätte ich weggelassen, um die Dopplung zu vermeiden. Streng genommen ist der Satz auch deshalb ungeschickt, weil das Flugzeug zwar hoch oben dröhnt, aber "durch" passiert nicht da oben, weil die Autos auf der Erde fahren.


Hast du absolut recht. Guter Hinweis


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Malu Volksky
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Diamond
Geschlecht:weiblichEselsohr
D


Beiträge: 280



D
Beitrag15.05.2019 22:15

von Diamond
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Hallo malu,

für eine Schreibübung und den Anfang ist der Text okay, es kommt eben leider keine Spannung auf.
Was mir an Deinem Text aber sofort auffiel, ist, dass gerade der erste Teil nur aus einfachen Hauptsätzen besteht. Schachtelsätze mag ich zwar auch nicht, aber so ganz ohne Komma... es liest sich ungewohnt und mir persönlich ist es zu abgehackt. Ich möchte das aber auch nicht überbewerten, weil es eben eine Schreibübung ist.
Vielleicht ist mein Kommentar aber ein Anreiz für Dich, Deinen Stil dahingehend etwas zu verändern, womit ich jetzt nicht sagen möchte, dass in jeden Satz ein Komma gehört. Hier und da ein Komma und ein Nebensatz mehr, sind aber Balsam für den Lesefluss.

LG Diamond
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malu_vs
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
M

Alter: 43
Beiträge: 72
Wohnort: Hessen


M
Beitrag15.05.2019 22:28

von malu_vs
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Diamond,

du hast vollkommen recht. Ist wirklich recht auffällig und eigentlich leicht zu beheben. Auch wenn es nur eine Schreibübung ist sollte es sich ja dennoch angenehm lesen smile


_________________
Malu Volksky
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Jirka
Wortedrechsler


Beiträge: 53



Beitrag22.04.2021 22:14

von Jirka
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Zunächst ist mir auch aufgefallen, dass es viele kurze Sätze sind. Man könnte jetzt sagen, es ist der Klarheit der Situation geschuldet. Ich fühle mich auch selten so klar wie auf Spaziergängen. Ich muss dazu zwar meistens irgendwo im Wald abtauchen, kann das Gefühl aber sehr nachvollziehen.


Dann musste ich schmunzeln, weil die Luft dir anscheinend sehr gut getan hat. So ziemlich zu Anfang und zu Ende beschriebst du die Luft als angenehm. Und ich weiß genau, wie das ist. Der erste Moment, in dem man rauskommt und denkt. Jaaaa, LUFT. Und dann zurückkommen und man ist so froh, dass man draußen war. Laughing


"Der Boden wird matschig. Ich rutsche ein wenig und versinke leicht im Schlamm. Er klebt zäh an meiner Sohle." -> Ich frage mich gerade, da es ja eine Schreibübung ist, wie man dieses Matschgeräusch und -gefühl beschreiben kann. Aber ich denke wahrscheinlich auch gerade an nassen Waldboden. Kennt ihr das, wenn es den Schuh schon fast ansaugt? Laughing

Danke für den Text, ich kann mir jetzt auf jeden Fall die Umgebung von Gernsheim besser vorstellen. Bin übrigens auch Hessin, aber aus dem hohen Norden, dem waldigen Teil halt. wink
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malu_vs
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Alter: 43
Beiträge: 72
Wohnort: Hessen


M
Beitrag02.05.2021 09:19

von malu_vs
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Hallo Jirka,

danke für dein Kommentar.
Der Text ist ja schon wieder so alt. Shocked

Würde mitlerweile schon wieder einiges anders schreiben. Gut zu sehen, dass man sich entwickelt.

Spazierengehen hilft dem Hirn wirklich auf die Sprünge. Leider gibts hier nicht so wirklich Wald in der Nähe, da würde es noch mal mehr Spaß machen.

Zu matsch geräusch beschreiben fällt mir eigentlich nur schmatzen ein.
Vielleicht.
Der Schlamm schmatze und zog an meinen Schuhen/Sohlen.
oder in deinem beschriebenen Fall:
Der Schlamm schmatze und zog mit fast die Schuhe aus. Laughing

Und ja das kenne ich smile Bin mal querfeldein durch ein Moor Gebiet. Wenn dir der Matsch bis zu den Knien steht sind die Schuhe die kleinste Sorge Laughing


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Malu Volksky
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