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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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30.03.2019 01:18 märz 2019 von Berni
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märz 2019
ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere heute
barfuß durch die stadt
auf der suche
nach dem vergessen
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gold Papiertiger
Beiträge: 4936 Wohnort: unter Wasser
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30.03.2019 09:16 Re: märz 2019 von gold
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Berni hat Folgendes geschrieben: | märz 2019
ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere heute
barfuß durch die stadt
auf der suche
nach dem vergessen |
Lieber Berni,
das "heute" würde ich streichen und das "barfuß flanieren" ersetzen. Letzteres beißt sich für mich irgendwie.
Ansonsten gefällt mir die Beschreibung, und der Schluss passt m. E. auch sehr gut.
Liebe Grüße
viel Spaß beim Flanieren
gold
Edit: Flanieren hört sich eher elegant an, Wenn man barfuß geht, macht man dies nicht unbedingt elegant, weil man aufpassen muss, dass man nicht irgendwo hintritt, wo es eher unbequem für den Fuß sein könnte.
Meine five cents.
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Pnin Gänsefüßchen
Alter: 69 Beiträge: 22 Wohnort: Wien
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30.03.2019 14:47
von Pnin
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Ich möchte zu bedenken geben, dass ein Lyriker wie Berni sehr genau weiß, welche gewichtigen Wörter er auf seine Kirschblütenwaage legt.
Flanieren wie barfuß greifen das in der Strophe davor angesprochene Luftige, Leichte, zum Teil Entblößende der Frauenbekleidung auf. (Das und am Ende der 2. Strophe unterstreicht diese Bezugnahme.) Flanieren als ein zielloses Umherschweifen ähnelt selbst dem Treiben des Winds, verspielt bewegter Luft. War gerade noch die Kleidung der Schönen luftig, so wird es nun das LI selbst. Flanieren wird zur Steigerung des Motivs Ablegen/Lockerung/Auflösung gebraucht, als dessen Radikalisierung Vergessen am Ende des Gedichts anzusehen ist.
Barfuß evoziert nicht nur Vorstellungen von warmer Jahreszeit. Sofort fallen einem auch Bilder von Armut ein, Bettler, Mönche, Flüchtende. Wie aber kommt es zum Flaneur, der sich auf nackten Sohlen bewegt?
In seinem Essay: Die Sohlen der Erinnerung schreibt Cees Nooteboom:
>Flaneure sind Künstler, auch wenn sie nicht schreiben. Sie sind zuständig für die Instandhaltung der Erinnerung, sie sind die Registrierer des Verschwindens, sie sehen als erste das Unheil, ihnen entgeht nicht die kleinste Kleinigkeit, sie gehören zur Stadt, die ohne sie undenkbar ist, sie sind das Auge, das Protokoll, die Erinnerung, das Urteil und das Archiv, im Flaneur wird sich die Stadt ihrer selbst bewusst. Er kennt ihre Geheimnisse, ihre unterirdischen Wasserwege, ihre Launen und Schwächen, ihre nächtliche Stille und ihre euphorischen Momente, in seinen Sohlen, so Walter Benjamin, stecken ihre Erinnerungen, die Dinge, die jeder bereits vergessen hat, weil sie einem nichts nützen.<
Wenn das LI barfuß durch die Stadt flaniert, dann will es ihr die in den Sohlen steckenden Erinnerungen zurückgeben. Dieses Ich geht schutzlos, begibt sich in direktem Kontakt mit dem Untergrund auf die Suche, es will sich verschenken, ziellos schlendernd heimkommen im Vergessen.
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2451 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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30.03.2019 16:58
von menetekel
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Hallo Berni,
trotz des klugen Pnin-Kommentars fallen mir die Füße auch ein wenig aus dem Gedicht.
Ich überlege, ob du sie evtl durch einen stärkeren Kontrast ersetzen könntest?
märz 2019
Zitat: | ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere
im pelz durch die stadt
[Hier könnte theoretisch Schluss sein, muss aber keineswegs]
auf der suche
nach dem vergessen |
Verstehst du, was ich dir sagen möchte? Ich kann es diesmal nicht gut erklären ...
Liebe Grüße
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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30.03.2019 22:25 Re: märz 2019 von firstoffertio
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Berni hat Folgendes geschrieben: | märz 2019
ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere heute
barfuß durch die stadt
auf der suche
nach dem vergessen |
Also, erst einmal lese ich gutes Wetter. Es wird draußen geturtelt, die Schönen kleiden sich wieder luftiger.
Das barfuß durch die Stadt flanieren lese ich dann als ein Bild, und als ein wenig sarkastisch. LI fehlt etwas. Und vertreibt sich die Zeit mit der Suche nach Vergessen. Vergessen, was es einmal hatte? Also barfuß fast = solo?
Ginge auch: im café?
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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31.03.2019 00:07 Re: märz 2019 von Berni
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gold hat Folgendes geschrieben: | Berni hat Folgendes geschrieben: | märz 2019
ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere heute
barfuß durch die stadt
auf der suche
nach dem vergessen |
Lieber Berni,
das "heute" würde ich streichen und das "barfuß flanieren" ersetzen. Letzteres beißt sich für mich irgendwie.
Ansonsten gefällt mir die Beschreibung, und der Schluss passt m. E. auch sehr gut.
Liebe Grüße
viel Spaß beim Flanieren
gold
Edit: Flanieren hört sich eher elegant an, Wenn man barfuß geht, macht man dies nicht unbedingt elegant, weil man aufpassen muss, dass man nicht irgendwo hintritt, wo es eher unbequem für den Fuß sein könnte.
Meine five cents. |
Hallo gold,
danke dir für deinen Kommentar, die Anmerkungen und Vorschläge.
Dass sich "barfuß flanieren" irgendwie beißt, das ist mir klar. Ich habe den Ausdruck allerdings sehr bewusst gewählt. Immerhin habe ich damit schon erreicht, dass du darüber stolperst und deine Aufmerksamkeit erregt wird. Ich möchte nicht zu viel erklären, denn das macht in meinen Augen einen Text kaputt, aber eines noch dazu: barfuß sehe ich durchaus in Verbindung mit dem jungen Paar, dass den Widerpart zum LyrIch darstellt.
LG und einen schönen Sonntag,
Berni
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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31.03.2019 00:10
von Berni
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Pnin hat Folgendes geschrieben: | Ich möchte zu bedenken geben, dass ein Lyriker wie Berni sehr genau weiß, welche gewichtigen Wörter er auf seine Kirschblütenwaage legt.
Flanieren wie barfuß greifen das in der Strophe davor angesprochene Luftige, Leichte, zum Teil Entblößende der Frauenbekleidung auf. (Das und am Ende der 2. Strophe unterstreicht diese Bezugnahme.) Flanieren als ein zielloses Umherschweifen ähnelt selbst dem Treiben des Winds, verspielt bewegter Luft. War gerade noch die Kleidung der Schönen luftig, so wird es nun das LI selbst. Flanieren wird zur Steigerung des Motivs Ablegen/Lockerung/Auflösung gebraucht, als dessen Radikalisierung Vergessen am Ende des Gedichts anzusehen ist.
Barfuß evoziert nicht nur Vorstellungen von warmer Jahreszeit. Sofort fallen einem auch Bilder von Armut ein, Bettler, Mönche, Flüchtende. Wie aber kommt es zum Flaneur, der sich auf nackten Sohlen bewegt?
In seinem Essay: Die Sohlen der Erinnerung schreibt Cees Nooteboom:
>Flaneure sind Künstler, auch wenn sie nicht schreiben. Sie sind zuständig für die Instandhaltung der Erinnerung, sie sind die Registrierer des Verschwindens, sie sehen als erste das Unheil, ihnen entgeht nicht die kleinste Kleinigkeit, sie gehören zur Stadt, die ohne sie undenkbar ist, sie sind das Auge, das Protokoll, die Erinnerung, das Urteil und das Archiv, im Flaneur wird sich die Stadt ihrer selbst bewusst. Er kennt ihre Geheimnisse, ihre unterirdischen Wasserwege, ihre Launen und Schwächen, ihre nächtliche Stille und ihre euphorischen Momente, in seinen Sohlen, so Walter Benjamin, stecken ihre Erinnerungen, die Dinge, die jeder bereits vergessen hat, weil sie einem nichts nützen.<
Wenn das LI barfuß durch die Stadt flaniert, dann will es ihr die in den Sohlen steckenden Erinnerungen zurückgeben. Dieses Ich geht schutzlos, begibt sich in direktem Kontakt mit dem Untergrund auf die Suche, es will sich verschenken, ziellos schlendernd heimkommen im Vergessen. |
Boah pnin,
was du alles aus dem kurzen Text herausliest! Was wird wohl der Autor dazu sagen?
Nein, im Ernst, ich danke dir sehr. Dein fundierter, durchaus lehrreicher und interessanter Kommentar freut mich sehr.
Danke dir und einen schönen, hoffentlich sonnigne Sonntag.
Berni
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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31.03.2019 00:17
von Berni
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menetekel hat Folgendes geschrieben: | Hallo Berni,
trotz des klugen Pnin-Kommentars fallen mir die Füße auch ein wenig aus dem Gedicht.
Ich überlege, ob du sie evtl durch einen stärkeren Kontrast ersetzen könntest?
märz 2019
Zitat: | ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere
im pelz durch die stadt
[Hier könnte theoretisch Schluss sein, muss aber keineswegs]
auf der suche
nach dem vergessen |
Verstehst du, was ich dir sagen möchte? Ich kann es diesmal nicht gut erklären ...
Liebe Grüße
m. |
Hallo menetekel,
danke auch dir, dass du wieder mal einen meiner Texte kommentierst.
Glaube mir, ich habe an diesem Text lange getüfftelt. Und am Ende kam dieses "barfuß flanieren" heraus. Ich finde durchaus, dass der Kontrast hier gegeben ist. Der Pelz ginge hier in eine vollkommen andere Richtung. So empfinde ich das jedenfalls.
Aber ich behalte deine Anregung im Hinterkopf. Ein Text ist ja nie fertig.
LG und einen schönen Sonntag (in Hessen scheint eh die Sonne!),
Berni
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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31.03.2019 00:24 Re: märz 2019 von Berni
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firstoffertio hat Folgendes geschrieben: | Berni hat Folgendes geschrieben: | märz 2019
ein junges paar
turtelt schon draußen
in dem café an der straße
die kleidung
der schönen wird
wieder luftiger und
ich flaniere heute
barfuß durch die stadt
auf der suche
nach dem vergessen |
Also, erst einmal lese ich gutes Wetter. Es wird draußen geturtelt, die Schönen kleiden sich wieder luftiger.
Das barfuß durch die Stadt flanieren lese ich dann als ein Bild, und als ein wenig sarkastisch. LI fehlt etwas. Und vertreibt sich die Zeit mit der Suche nach Vergessen. Vergessen, was es einmal hatte? Also barfuß fast = solo?
Ginge auch: im café? |
Hallo FO,
danke dir für deinen Kommentar. Beim Verstehen und Auslegen eines Textes durch den Leser gibt es kein Richtig oder Falsch. Jemand hat mal gesagt, mit der Veröffentlichung eines Textes ist er nicht mehr der eigene Text. Zumindest im Feedback-Bereich sehe ich das genau so.
Zitat: | Ginge auch: im café? |
Wie meinst du das?
LG und ein Sonntagsgruß auf die grüne Insel,
Berni
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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31.03.2019 00:26
von firstoffertio
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anstatt in dem cafe
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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31.03.2019 00:56
von Berni
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firstoffertio hat Folgendes geschrieben: | anstatt in dem cafe |
Ach so, ja klar. Das ginge auch. Hört sich vermutlich sogar besser an. Aber es wäre nicht dasselbe, denn "in dem Café" deutet auf ein bestimmtes Café hin. Die Betonung und auch die Bedeutung wäre eine andere. So sehe zumindest ich das.
Aber du hast Recht, es wäre auf jeden Fall flüssiger. Und vermutlich ist es nur eine Nuance, eine Kleinigkeit, an der sich der Autor nun klammert.
LG
Berni
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2451 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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31.03.2019 09:06
von menetekel
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Lieber Berni,
ich fürchte, dass ich dein Gedicht erst heute Morgen richtig verstanden habe.
Die Barfüße machen schon Sinn, beziehe ich die Suche nach dem Vergessen mit ein.
Also: Zurück auf Anfang. Die Schlossstraße gehört dir! Das "in dem" gefällt mir sowieso, weil der Vers dadurch einen lautlichen Akzent erhält.
Reuige Grüße
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2517 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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01.04.2019 10:39
von Berni
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Liebe, mentekel,
für deine nochmalige Rückmeldung.
LG
Berni
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