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Brandung


 
 
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rncw
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 28
Beiträge: 92
Wohnort: Südliches Deutschland


Beitrag22.01.2019 15:43
Brandung
von rncw
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,
hier eine kleine Kurzgeschichte. Ich würde mich über Kritik freuen, da man sich echt Hilfreiches wohl kaum selber sagen kann. Bin gespannt, was ihr sagt - und vielen Dank vorab! So nebenbei: Es handelt sich um eine in sich abgeschlossene Geschichte; soll es zumindest. Wink

__________________________________


Die Abenddämmerung tunkte die Bucht in ein seichtes Grau. Schmerz ließ die Brust des Alten zusammenkrampfen. Die wogende Gischt, das Salz auf der Haut und die Lichtsignale, die blinkend übers Wasser tanzten, erinnerten ihn an eine Zeit, längst vergessen. Wo waren all die Erlebnisse geblieben, die ihm ihr noch hätten vergönnt sein sollen, damals? Er kniff die Lippen zusammen. Sein Sohn stand neben ihm, das Haar im Wind, still.
Mit einem Ruck setzte er sich in Bewegung; der Jüngere folgte ihm.
Den Sand, der in die Ritzen seiner Sandalen drang, hatte er viele Male schon zwischen den Zehen gespürt. Der Wind, der ihm so vertraut war wie ein guter Freund, schien zu säuseln: Wo warst du all die Zeit?
Plötzlich ging er nicht mehr heute den Weg entlang, sondern vor zwanzig Jahren, sein Sohn ein Knirps und Rauch überall. Und Wasser. Um den Turm herum, der zwar den Schiffen Rückhalt geboten hatte, aber nicht ihnen. Eine Gischt, brüllend und nass, der sich zuzuwenden er seitdem nicht mehr gewagt hatte.
Ein Fels bohrte sich in seine Füße, er zischte und humpelte weiter. Hinter einer Biegung und Gesträuch war er: Der Turm, der sich vor ihm erstreckte, war neu und doch alt, sein flackerndes Leuchtfeuer wies noch immer Hilfesuchenden den Weg. Menschen saßen an Tischen um den Turm herum, in dem die Flut lange nicht mehr so weit hervorkam, dass sie ihn vollständig umspülte. Wut packte ihn.
 „Du Schimäre!“, schrie er und wedelte mit seinem Stock Richtung Gischt. Sie weinte auch; kalte Tränen mischten sich mit heißen, gruben Furchen durch seine Wangen und ließen sie brennen. Die Wellen tanzten, verschlangen sich gegenseitig ein ums andere Mal unter tosendem Gejaule und schlugen Gegen das neu-alte Gestein. Ohne zu verschlingen.

Als er die Stufen zu den ehemaligen Wohnräumen erklommen hatte, schnaufte er, setzte den Weg aber nach oben fort. Nun stand er dort, nach Luft ringend. Seine Familie hatte er unten gelassen. Bilder des Grauens füllten seinen Geist: Rauch, der aus der Quelle des Unglücks hervorzukommen schien, das Leuchtfeuer getunkt in orangene und gelbe Flammen, die sich durch alle Räume fraßen, bis sie im dunklen Nass versanken.
Ein Geräusch von berstendem Glas umhüllte ihn und die plötzliche Dunkelheit reißende Splitter machten ihm klar wurde, dass er wieder und wieder mit dem Gehstock auf die Glühvorrichtung einschlug. Die Dunkelheit, die ihn nun umgab, übermannte ihn. Er saß da, das Herz in Trümmern. Lauschte einer Stimme, die so sehr klang wie sie.
Am Turm vertäut war tatsächlich das alte Beiboot, in die Jahre gekommen und dem Zweck dienend, dem Wärter eine Überfahrt an Land zu ermöglichen, wenn die Flut den Fußweg verbarg. Es knarrte und schaukelte, als er seine alten Knochen hineinhievte und das Boot losband.
Er atmete tief durch. Hier draußen auf See, all dem näher verbunden, was er verloren hatte. Der Turm endlich dunkel hinter ihm, leuchtete niemandem mehr den Weg. Als das Wasser zwischen die morschen Bretter drang, spürte er es kaum. Kalt war es geworden, in dem kleinen Beiboot, und hier war er seiner Frau so nahe. Er schloss kurz die Augen; die Stimme säuselte im sachten Wind.
Das Dunkel, wo sonst das Feuer leuchtete, erhob sich kaum über das Rauschen der Wellen. Ein Ruf erscholl.
„Vater!“
Seine eiskalte Brust hob und senkte sich. Brauchte ein Sohn seinen Vater?
Er zwang seine kalten Glieder zu rudern in die Richtung, wo er das Land vermutete, dicht umspült von den Wellen, die immer höher leckten, ihre eisigen Küsse seine Lenden hinauf verteilte. Keine Spiegelung des Lichts ließ erkennen, wo der Leuchtturm sonst glühte.

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Rodge
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 846
Wohnort: Hamburg


Beitrag23.01.2019 10:25

von Rodge
Antworten mit Zitat

Ich finde das platitüdenhaft und teilweise unlogisch. Abenddämmerung entsteht nicht durch Tunken in graue Farbe. Im Gegenteil, da die späte Sonne andere Farben erzeugt als die Tagessonne, läßt das Farben häufig intensiver aussehen.

Dann erinnert das an eine längst vergessene Zeit. Mal platt gesagt: Wenn die Zeit vergessen ist, wie kann man sich dann daran erinnern?

Einiges ist für meinen Geschmack auch superlativisch drüber, z. B. der Sand, der nicht in die Sandalen sondern in die Ritzen drinkt oder der Wind, der vertraut ist wie ein guter Freund.

Trotz aller Kritik: Die Atmosphäre habe ich gespürt!
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rncw
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 28
Beiträge: 92
Wohnort: Südliches Deutschland


Beitrag23.01.2019 15:16

von rncw
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Rodge,

danke für deinen Kommentar!

Du gibst mir auch in dem Fall neue Sichtweisen, danke dafür.

Zitat:
Dann erinnert das an eine längst vergessene Zeit. Mal platt gesagt: Wenn die Zeit vergessen ist, wie kann man sich dann daran erinnern?

In dem Fall ist er ja an dem Ort des schrecklichen Vorfalls von damals. Letztlich wohl eher eine Zeit, die er gern vergessen würde, aber es auch nie kann; also genau genommen tatsächlich falsch formuliert. smile

Zitat:
Einiges ist für meinen Geschmack auch superlativisch drüber, z. B. der Sand, der nicht in die Sandalen sondern in die Ritzen drinkt oder der Wind, der vertraut ist wie ein guter Freund.

Wäre mir so wohl nie aufgefallen. Danke!

Zitat:
Trotz aller Kritik: Die Atmosphäre habe ich gespürt!

Danke.

Ein Problem habe ich:
Der Wind spielt hier doch keine ganz kleine Rolle, weil er ja auch in der Form von Gesäusel im Ohr des Alten wiederkommt (für ihn seine Frau, nach der er sich sehnt). Ihn aber als 'guten Freund' zu bezeichnen verstehe ich klingt pathetisch. Wie könnte man etwas simpel beschreiben, das zugleich ausdrücken soll, wie viel Bedeutung der Prota dem beimisst? Sogar so viel, dass es fast ein bisschen ins 'mythische' abdriftet, für den Prota. Naja..
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markbannstorm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 21
Wohnort: Bayern


Beitrag26.01.2019 00:10

von markbannstorm
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich bin noch ganz neu hier, ohne schriftstellerische Erfahrung. Ich gebe dir nur das wieder, was ich beim Lesen empfunden habe:
Zunächst einmal Verwirrung. Du reihst einen schön formulierten Satz (für meinen persönlichen Geschmack zu geschwollen) hinter den anderen, es gibt aber immer wieder Lücken oder plötzliche Brüche: Menschen um den Turm, dann Wut (warum?), dann Gischt, dann Wohnräume im Turm, dann beim Leuchtfeuer, dann im Boot. Ich kann dem zwar einigermaßen folgen, aber nur als entfernter Beobachter. Auf emotionaler Ebene berührt mich das Geschehen kaum. Vielleicht wären Gedanken oder Selbstgespräche oder ein Dialog mit dem Sohn oder dem Wind ein Weg das zu ändern.
Teilweise finde ich es auch unlogisch: erst säuselt der Wind, dann brüllt die Gischt und tosen die Wellen (wohl kaum bei säuselndem Wind), dann im Boot säuselt wieder die Stimme im sachten Wind.
Dann  verpasst du auch gute Gelegenheiten: „Er atmete tief durch“. Was riecht er? Welche Gedanken gehen ihm durch den Kopf?

Die Idee finde ich interessant und wenn es dir gelingt den Leser auch emotional mitzunehmen, wird es bestimmt eine gute Geschichte.

Viele Grüße
MB


_________________
Es geht im Leben nicht darum zu warten, dass das Unwetter vorbeizieht.
Es geht darum zu lernen im Regen zu tanzen. (Zig Ziglar)

Wenn ich loslasse, was ich bin, werde ich, was ich sein könnte (Laotse)
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rncw
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 28
Beiträge: 92
Wohnort: Südliches Deutschland


Beitrag01.02.2019 19:35

von rncw
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hallo MB,

vielen Dank für deine Hinweise, hatte selber den Eindruck dass es von den Gefühlen her zu sehr an der Oberfläche bleibt. Deine Anmerkungen bezüglich Unlogik muss ich mir noch durch den Kopf gehen lassen; dass dies unlogisch sein könnte ist mir so ehrlich gesagt noch nie aufgefallen, hmm.

Das mit den Gedanken, Gerüchen etc. da hast du wohl recht - das wären vmtl solche Gelegenheiten, mit denen ich den Leser mehr emotional involvieren könnte. smile

Und zur geschwollenen Redeweise: Maybe overdramatisch lol2 ; das muss ich mir noch überlegen, vor allem da ich auf aussagekräftige Verben achte - vlt kommt das dann einerseits zu starkt rüber, andererseits die Wortwahl evtl nicht immer in die theoretische Redensart des Protas passend.

Ich werde dann mal dran werkeln wink

Beste Grüße

rncw
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