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Kleinzitate im Prosatext

 
 
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BaronHarkonnen
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Beitrag15.11.2018 06:35
Kleinzitate im Prosatext
von BaronHarkonnen
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Moin liebe community,

ich bin über eine Frage des Urheber- und Zitierrechts gestolpert, bei der ich mir nicht sicher bin. Vielleicht hat ja jemand von Euch Ahnung.
In meinem Roman verwende ich gelegentlich wörtliche Zitate aus Filmen. Grund: der Prota ist ein Filmfan und denkt in diesen Kategorien (so wie ich Embarassed)

Beispiel: eine ethische Diskussion zum Thema 'Gefangene foltern'
Zitat:
„Okay – mal angenommen, wir würden uns dafür entscheiden. Ein bisschen ‚sanfte‘ Folter, auch wenn das ein Widerspruch in sich ist. Was machen wir, wenn er darauf nicht anspringt? Pelletier scheint ein harter Knochen zu sein; habt ihr seine Brustwunde gesehen? Was tun wir, wenn ihm Waterboarding nicht viel ausmacht? Reißen wir ihm dann die Fingernägel aus?“
„Nein, naja ...“, Benny zappelte unglücklich herum. „Das Wohl von Vielen, es wiegt schwerer als das Wohl von Wenigen oder eines Einzelnen. Das hat Mr. Spock mal gesagt, als er in Star Trek II ...“
„Oh bitte, Benny! Komm doch jetzt nicht mit diesem Nerd-Scheiß!“
„Der Junge hat nicht Unrecht“, mischte sich O‘Fallon ein. „Im Kern ist das genau die Frage, die wir uns stellen müssen.“


Das, was Benny sagt, ist tatsächlich ein Zitat aus Star Trek II. Jetzt die große Frage: Muss ich das explizit als Zitat ausweisen? Also eine Fußnote mit Quellenangabe? Wenn man nach Zitierrecht googelt, klingt das so, aber das wäre doch irgendwie albern, oder? Irgendwo taucht auch das deja vue-Zitat aus Matrix auf etc. Muss ich das jetzt vermeiden? Steigt mir da später der Verlag aufs Dach?

Danke im Voraus für Eure Unterstützung! Smile


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Bananenfischin
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Beitrag15.11.2018 10:11

von Bananenfischin
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Moin!

Meine Erfahrung: Zitierte Quellen müssen gekennzeichnet (z. B. durch Kursivsetzung) und nachgewiesen werden, allerdings nicht zwingend in Form von Fußnoten, wenn du vorn den Hinweis unterbringst, dass Zitate aus den im Anhang angegebenen Quellen stammen.
Sind die Zitate länger als ungefähr drei Sätze oder werden sie verwendet, ohne in einen Zusammenhang eingebettet zu sein, müssen sie sogar beim Rechteinhaber angefragt werden (das kostet dann auch mal was).

Ein Verlag würde von dir in der Regel eine Auflistung aller Zitate inklusive Quellenangabe verlangen und dann alles selbst noch einmal prüfen und ggf. anfragen.

Gerade bei popkulturellen Verweisen, die quasi schon in kollektive Unbewusste eingegangen sind, kann aber eine kleine Anspielung auch schon genug sein - dann bist du auf der sicheren Seite.

Hier könnte das z. B. auch so funktionieren:

Zitat:
Benny zappelte unglücklich herum. „Aber denk doch mal an Spock in Star Trek II. Das Wohl von Vielen und so."


Aber ich verstehe den Spaß an wörtlichen Zitaten, ich hab's ja selbst in einem Roman so gemacht. Aber dann: siehe oben. smile

Liebe Grüße
Bananenfischin


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BaronHarkonnen
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Beitrag15.11.2018 11:24

von BaronHarkonnen
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Bananenfischerin,

vielen Dank für die schnelle und kompetente Antwort!

Zitat:
Ein Verlag würde von dir in der Regel eine Auflistung aller Zitate inklusive Quellenangabe verlangen und dann alles selbst noch einmal prüfen und ggf. anfragen.
Genau so etwas befürchte ich auch. Es sind alles One-Liner, sollten also nicht genehmigungspflichtig sein, aber trotzdem fühlt es sich irgendwie blöd an...
Zitat:
Hier könnte das z. B. auch so funktionieren:

Zitat:
Benny zappelte unglücklich herum. „Aber denk doch mal an Spock in Star Trek II. Das Wohl von Vielen und so."
Das ist natürlich eine Alternative. Kann man mal machen, aber ich muß mal ausprobieren, ob das in allen Fällen gut klingt..

Vielleicht lass ichs auch auf mich zukommen - wenn/falls ich es schaffem einen Verlag zu finden, wird das mein geringstes Problem sein Wink

Schönen Tag!


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Abari
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Beitrag15.11.2018 12:28

von Abari
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Hey,

Auf Direktzitate muss eingegangen werden, wie Bananenfischin schon so trefflich sagt.

In Wissenschaftsprosa wird andauernd zitiert - irgendwoher muss ich mein Wissen ja haben - aber es sieht unschön aus, wenn ich es zu oft tue. Das klingt dann oft so, als wäre ich zu faul, nachzudenken und eigene Worte für das Gelesene zu finden. Dann bin ich gezwungen, umzuformulieren; eigne Gedanken zu entwickeln und mich dennoch auf den Stand der Forschung zu stützen. Das kann richtig Arbeit machen, aber durchaus eine spaßbringende Angelegenheit sein.

Ich weiß nicht genau, inwiefern indirekte Zitate in Belletristik ausgewiesen sein müssen (in der Wissenschaft müssen sie ja), da man sich auf Intertextualität berufen kann. Grundsätzlich würde ich es nicht damit übertreiben: Denn bei aller Liebe zu anderen Medien und deren ProduzentInnen ist es ja immer noch an mir, eine Geschichte zu erfinden, egal, worauf sie sich stützt. Ich kann ja auch einen alten Stoff neu erzählen; Goethes Faust dürfte das berühmteste Beispiel solchen Wiederauffrischens sein. Aber sparsam dosiert können sie sicher eine Geschichte aufpeppen, wenngleich ich damit ein kleines Problem habe: Was der Text nicht als Bild einführt, könnte in 30 Jahren keine Sau mehr verstehen (außer einiger Literaten vielleicht, die alte Filme gucken wink) Der Text wird also mit den Zitaten obsolet. Das finde ich schade.


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Willebroer
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Beitrag15.11.2018 14:10

von Willebroer
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Es gibt natürlich Zitate (oder Fragmente davon), die in ihrer Allgemeinheit nicht individuell genug sind, um geschützt zu werden. Die aber von Kennern durchaus als Zitate - oder Anspielungen - erkannt werden. Genau das ist oft der Sinn.

Sprüche wie "Du kommst hier nicht vorbei" oder "Die Luft ist hier besser, das ist der richtige Weg" oder "Du hättest nicht kommen sollen" werden von Insidern sofort erkannt. Bei Ahnungslosen ist es sowieso egal.

Das eigentliche Zitat besteht dann aus dem, was nicht gesagt wird. Und das kann man nicht schützen. Damit hätte man sich zumindest schon mal ein Teil der Sorgen vom Hals geschafft.

Ansonsten aber: Wenn man schon die Erlaubnis einholt, dann soll es sich auch lohnen, dann lieber klotzen statt kleckern. Smile
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NikCe
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Beitrag15.11.2018 14:38

von NikCe
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Wobei man aber in dem bestimmten Fall sagen muss, dass die Szene (besser) funktioniert, weil es ein Star Trek-Zitat ist, da es hilft, die "Nerdness" auszudrücken. Ich denke, es ist generell problematisch, eine Figur zu entwerfen, die davon lebt, aus anderen Werken zu zitieren. Da kann schnell der Einwand kommen: Und wo genau ist die Leistung des Autors?
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Abari
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Beitrag15.11.2018 15:05

von Abari
Antworten mit Zitat

NikCe hat Folgendes geschrieben:
Wobei man aber in dem bestimmten Fall sagen muss, dass die Szene (besser) funktioniert, weil es ein Star Trek-Zitat ist, da es hilft, die "Nerdness" auszudrücken. Ich denke, es ist generell problematisch, eine Figur zu entwerfen, die davon lebt, aus anderen Werken zu zitieren.


Ita est. Es sei denn, die zitierten Werke bestehen nur in der Welt des Buches, was ja auch "Nerdness" ausdrücken kann... Aber eben nicht mit den Mitteln der realen Welt, sondern denen des Buches. Natürlich kann ich als AutorIn Dinge krass und inspirierend finden, aber es wurde und wird, so glaube ich, verlangt, dass man etwas ganz eigenes daraus kreiert. Selbstverständlich ist es schwerer, eine Geschichte hinter der Geschichte zu erfinden; aber so ist es nun einmal. Dafür ist dieses Konzept der Entkopplung viel erfolgversprechender und das Buch wird "dauerhafter", weil es sich eben konsequent auf sich selbst bezieht.


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BaronHarkonnen
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Beitrag15.11.2018 15:06

von BaronHarkonnen
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Zitat:
Wobei man aber in dem bestimmten Fall sagen muss, dass die Szene (besser) funktioniert, weil es ein Star Trek-Zitat ist, da es hilft, die "Nerdness" auszudrücken. Ich denke, es ist generell problematisch, eine Figur zu entwerfen, die davon lebt, aus anderen Werken zu zitieren. Da kann schnell der Einwand kommen: Und wo genau ist die Leistung des Autors?
Genau das ist der Punkt! Klar könnte man die Zitate verbrämen oder nur Fragmente verwenden; vielleicht mach ich das ja auch. Aber der Reiz dises Protas ist halt auch, dass er ein wandelndes Popkultur-Lexikon ist.

Wobei: "Und wo genau ist die Leistung des Autors?" Ich hab nochmal nachgedacht. Es sind 3 echte Zitate, der Rest sind ein paar Anspielungen. Auf 600 Seiten Roman. Die leistung des Autors ist also schon noch erkennbar Wink


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BaronHarkonnen
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Beitrag15.11.2018 15:17

von BaronHarkonnen
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@Abari:

Zitat:
Es sei denn, die zitierten Werke bestehen nur in der Welt des Buches, was ja auch "Nerdness" ausdrücken kann...
Verstehe, und da hast Du natürlich nicht Unrecht. Das hätte seinen eigenen Reiz. Mein Ziel war es, möglichst lebensnahe Charaktere aus 'unserer' Welt zu entwickeln, und die kennen dann natürlich auch unsere Popkultur. Die ist Bestandteil unserer heutige Realität, genauso wie, sagen wir mal, das Brandenburger Tor.
Konsequent zuende gedacht, würde das heißen, dass das Brandenburger Tor in der Geschichte auch nicht vorkommen dürfte, sondern ein fiktives Äquivalent. Und dürfte dann Berlin vorkommen? Deutschland? Oder nur deren konstruierte Gegenstücke? Wink
Jedenfalls eine interessante Variante, über die ich mal nachdenken muss...


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Abari
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Beitrag15.11.2018 15:41

von Abari
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BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:
Verstehe, und da hast Du natürlich nicht Unrecht. Das hätte seinen eigenen Reiz. Mein Ziel war es, möglichst lebensnahe Charaktere aus 'unserer' Welt zu entwickeln, und die kennen dann natürlich auch unsere Popkultur. Die ist Bestandteil unserer heutige Realität, genauso wie, sagen wir mal, das Brandenburger Tor.
Konsequent zuende gedacht, würde das heißen, dass das Brandenburger Tor in der Geschichte auch nicht vorkommen dürfte, sondern ein fiktives Äquivalent. Und dürfte dann Berlin vorkommen? Deutschland? Oder nur deren konstruierte Gegenstücke? Wink
Jedenfalls eine interessante Variante, über die ich mal nachdenken muss...


Da gibt es einen gravierenden Unterschied, glaube ich. Das Brandenburger Tor zB. oder die Frauenkirchen in Dresden oder München, die sixtinische Madonna, überhaupt alle bildenden und auch musischen Kunstwerke (zB die Matthäuspassion) sind literarisch gemeinfrei, weil sie erstens nur als Bild für ein Gebäude oder Kunstwerk im im Kopf des Lesers bestehen. Denn es gab nicht umsonst einen Rechtsstreit um die Bildrechte des Frauenkirchendeckengemäldes, weil der Maler es nicht einsah, "seine" Kunst verhökert zu sehen - ohne einen Cent dafür zu erhalten. Das Gericht entschied dann auf Gemeinfreiheit, weil die künstlerische Leistung nicht beim Maler, sondern beim Urheber läge (das originale Gemälde war aus verschiedenen Gründen hervorragend dokumentiert). Also was zweitens gemeinfrei ist, soll schon gemeinfrei bleiben. Die Texte eines Films sind es in der Regel nicht, weil deren Autoren für gewöhnlich nicht seit 70 Jahren tot sind - was ja immer den Knackpunkt darstellt. Genauso ist es mit Songtexten usw. Du kannst nie ahnen, wer an der zitierten Quelle alles partizipiert und Amerika ist in der Durchsetzung von derlei Rechtsfragen nicht sonderlich zimperlich.

Ich würde auf zu viele Zitate verzichten oder eine zweite Filmgeschichte erfinden. Sie braucht ja nicht komplett zu sein: Ein Dutzend Titel, die Du dann passend zu Deinem Text mit Zitaten füllst, die nicht aus "echten" Filmen stammen. Das wäre mein Lösungsansatz, da Du ja anderswo schriebst, die Geschichte abgeschlossen zu haben. Glaube ich.


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Willebroer
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Beitrag15.11.2018 16:31

von Willebroer
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NikCe hat Folgendes geschrieben:
Und wo genau ist die Leistung des Autors?

Jeder Autor schöpft nicht nur aus seinem eigenen freischwebenden Genie, sondern aus der Fülle der Kultur, die vor ihm geschaffen und aufgebaut wurde.

Das nannte mal jemand (sinngemäß wiedergegeben): "Wir sind Zwerge und stehen auf den Schultern von Riesen. Bis wir selber Riesen sind und andere auf unseren Schultern stehen können."

Durch die Aufnahme in das eigene kreative Werk wird so ein Stückchen Kultur also nicht geklaut, sondern am Leben gehalten. Man erweist ihm durch wörtliches Zitieren u. U. mehr Respekt als durch schamvolles Umschreiben. Dadurch wird die obige Frage wieder zur echten Frage, die in jedem Einzelfall diskutiert werden müßte.

Leider sieht die juristische Seite etwas anders aus, da man oft nicht dem Urheber, sondern einem Rechteverwerter gegenübersteht und nicht gerne das Risiko eines teuren Prozesses eingeht, auch wenn man wahrscheinlich im Recht ist. Da ist sogar das Patentrecht liberaler.
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NikCe
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Beitrag15.11.2018 16:53

von NikCe
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Zitat:
Jeder Autor schöpft nicht nur aus seinem eigenen freischwebenden Genie, sondern aus der Fülle der Kultur, die vor ihm geschaffen und aufgebaut wurde.


Ich glaube, das ist klar. Es kommt eben auf das Maß an, indem (direkte und indirekte) Zitate eingesetzt werden. Wenn bspw. die eine Figur nur dadurch auffällt, dass sie einen breitgefächerten Filmgeschmack hat und alle zwei Zitaten eine Situation in den Kontext einer Filmszene stellt, fällt das negativ auf. Denn irgendwann wirkte das nur noch wie ein "Schaut, ich kenne das und das und das und das!"

Dass die kulturelle und rechtliche Handhabe von Zitaten zwei Paar Schuhe sind, ist, glaube ich, auch klar bzw. muss von schreibenden Personen verinnerlicht werden.

Jetzt fällt mir Murakamis 19Q4 ein (allein der Titel ist schon eine Anspielung auf Orwells 1984). Das (erste) Buch wimmelt nur so vor kulturellen Anspielungen, dass es einem Namedropping gleichkommt. Ich weiß nicht, inwiefern es da eine rechtliche Absicherung gab, aber ich meine mich zu erinnern, dass es mehr indirekte Zitate waren (a la "Erinnert ihr euch noch, als Spock dem damals einen Arschtritt verpasst hat?") als dass es wirklich Wort-für-Wort-Verortungen waren.
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Abari
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Beitrag15.11.2018 17:31

von Abari
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Willebroer hat Folgendes geschrieben:
Jeder Autor schöpft nicht nur aus seinem eigenen freischwebenden Genie, sondern aus der Fülle der Kultur, die vor ihm geschaffen und aufgebaut wurde. [...]

Durch die Aufnahme in das eigene kreative Werk wird so ein Stückchen Kultur also nicht geklaut, sondern am Leben gehalten. Man erweist ihm durch wörtliches Zitieren u. U. mehr Respekt als durch schamvolles Umschreiben. [...]


Das stimmt in meinen Augen und auch wieder nicht. Denn naturgemäß sind wir als Schriftsteller Stimme und Abbildner unserer Zeit, unseres Allgemeinwissens, unserer Kultur. Das sind menschliche Allgemeinplätze. Aber das wahrhaft schöpferische ist und bleibt dennoch in meinen Augen das Verwandeln der aufgenommenen Informationen und Eindrücke. Wir sind eben nicht bloß Echo und Spiegel. Das besorgt die Wissenschaft schon zur Genüge. Wir sind Schöpfergöttinnen und -götter, die etwas noch nie dagewesenes "produzieren"sollen. Kunst eben.

Ich halte eine wahrhaft glückliche Reflektion der Zeit durch einen Kopf, ja selbst ein kleines Team (wie die AGs hier sind), für unmöglich. Adalbert Stifter hat das versucht und seine Leser sind daran gescheitert, weil man immer wieder als Bewerter und Verwandler auf den Plan tritt, treten muss und damit eine "historical correctness" nicht möglich ist. Man hat nur ein Paar Augen und einen Geist - und der wirbelt eben durcheinander und erschafft aus den Impressionen neu. Alles andere bleibt ja doch nur Stückelei, wie es all unser Tun bleiben muss.

Darüber hinaus haben wir nicht die Funktion, für Historiker Quellen aufzutreiben, die schon bestens erforscht sind; sondern immer noch Kunst zu machen. Ich könnte jetzt zitieren, was so alles über Kunst geschrieben wurde; besonders, was Kunst überhaupt sei. Das sprengte aber meinen Post. Ein Zitat sei mir dennoch gewährt:
Paul Klee hat Folgendes geschrieben:
Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sie macht sichtbar.


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Willebroer
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Beitrag16.11.2018 01:53

von Willebroer
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Diese grundsätzliche Diskussion, was Kunst eigentlich ist, darf oder soll oder kann, wollte ich eigentlich vermeiden. Es ging bei der ursprünglichen Frage auch nicht darum, ob man als Künstler etwas Eigenes erschaffen darf, sondern im Gegenteil: ob man etwas nutzen oder darauf aufbauen darf, was von anderen bereits geschaffen wurde. Und ja: Natürlich darf man, es kommt drauf an, was man daraus macht. Theoretisch könnte man einen ganzen Roman nur aus Zitaten zusammensetzen - ist das dann noch Kunst? Wenn nein, ist eine Collage dann noch Kunst? Kann man die Grenze zwischen Kunst und Plagiat wirklich an einer Prozentzahl festmachen?

Wenn man also auf Traditionen aufbaut (nicht bloß, wie fälschlich zitiert, sondern auch), dann kann man doch dazu stehen und nicht so tun, als hätte man das alles selbst erfunden. Das hat nichts mit wissenschaftlicher oder historischer Exaktheit zu tun, sondern mit Redlichkeit.
  
Zitat:
Paul Klee hat Folgendes geschrieben:
Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sie macht sichtbar.


Diesen Satz könnte auch fast jeder Wissenschaftler für sich reklamieren. Oder ein Hersteller von Nachtsichtgeräten.
Aus der Sicht des Künstlers kann er auch heißen: Sichtbar machen, wo man seine eigenen Quellen gefunden hat. Und wenn man nicht ganz so plakativ arbeiten will, könnte es heißen: erkennbar machen. Man unterschlägt nichts, aber man mutet dem Rezipienten etwas mehr Denkarbeit zu.

Hier fällt mir noch das Beispiel Filme ein: Es gibt Spielfilme, die reichlich mit Filmzitaten ausgestattet sind. Nur sind das keine plumpen Kopien, sondern Szenen wurden nachgestellt, Bewegungsrichtungen, Beleuchtungs- oder Klangeffekte. Die visuelle Umsetzung bietet hier jede Menge Möglichkeiten.

Auch Namen sind eine beliebte Quelle für Anspielungen und subtile Botschaften. Die Namen der Zwerge im "Hobbit" sind zum Beispiel aus der Edda entnommen. Nicht aus Faulheit, sondern um Zusatzinformationen über ihren Charakter und ihre Rolle innerhalb der Gruppe zu vermitteln - die man nicht braucht, um die Geschichte zu verstehen, aber vielleicht die Entdeckerfreude anregt.

In ähnlicher Weise könnte man auch in Songs oder anderen Zitaten, die im Hintergrund laufen, kleine Anspielungen unterbringen.

In der Verfilmung vom "Hauptmann von Köpenik" gibt es eine Szene im Gefängnis, wo die Gefangenen im Gottesdienst ein Lied singen: "Bis hierhin hat uns Gott gebracht in seiner großen Güte."
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Abari
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Beitrag16.11.2018 02:44

von Abari
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Lieber Willebroer,

ich glaube, wir kommen nicht überein, weil wir völlig verschiedene Standpunkte vertreten. Ich halte das direkte Zitieren neuerer Werke für überflüssig und nicht legitim. Du scheinst mir dagegen darauf zu bestehen, dass es ok und eine interessante künstlerische Leistung sei. Es wirkt auf mich, als bestelltest Du Dir aus verschiedenen anderen Medien einen Zeugen, was ich bereits als nicht statthaft widerlegt habe. Es sind diese Zitate in meinen Augen langweilige Plagiate, die das Original erstens nicht erreichen und kognitiv ja letztlich mit dem Original verknüpft sind. Dazu sprach ich von Gemeinfreiheit; Goethes Faust, die Ilias, die Bibel gehören zB. dazu. Und die Edda, mit Verlaub, erst recht. Ein Achtziger-Jahre-Film nicht. Und ich finde es gut, dass die Urheberrechte so streng sind. Dann sie schützen auch mich.

Goethe ließ zB seinen Werther nicht ein Wort aus dem Homer zitieren, obwohl letztrer ihn ständig bei sich trug, oft darin las und Homer offenbar sehr verehrte. Wozu auch dann noch Zitate? Wer wissen wollte, was daran so interressant ist, konnte ihn doch selbst lesen?!? Plenzdorf hingegen zitiert aus dem Werther... aber eben 200 Jahre später. So gibt es immer wieder solche Collagen, wie Du heranzogst, die alte Klassiker zB zum Wiedererklingen brachten oder neu sehen lassen. Das scheint mir bei einem Film schwierig... Oder einem neuen Gedichtband, zumal ich nicht der Dichter sein will, in dessen Werk jemand herumschnippelt. In 120 Jahren ist mir das egal. Da bin ich (höchstwahrscheinlich) tot.

Auf wen sich
Zitat:
Wenn man also auf Traditionen aufbaut (nicht bloß, wie fälschlich zitiert, sondern auch), dann kann man doch dazu stehen und nicht so tun, als hätte man das alles selbst erfunden.
bezieht, weiß ich nicht. Da muss sich die/der Betreffende melden. Es würde mich allerdings der Urheber dieser Äußerung interessieren.

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Beitrag16.11.2018 11:12

von Bananenfischin
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NikCe hat Folgendes geschrieben:


Ich glaube, das ist klar. Es kommt eben auf das Maß an, indem (direkte und indirekte) Zitate eingesetzt werden. Wenn bspw. die eine Figur nur dadurch auffällt, dass sie einen breitgefächerten Filmgeschmack hat und alle zwei Zitaten eine Situation in den Kontext einer Filmszene stellt, fällt das negativ auf. Denn irgendwann wirkte das nur noch wie ein "Schaut, ich kenne das und das und das und das!"


Das sehe ich etwas anders. Warum lasse ich denn eine Figur häufig in Zitaten sprechen? Weil es sie charakterisieren soll (ist ein Serien-Nerd / wagt es nicht, seine eigene Meinung direkt zu sagen / ...). Ich werde also in der Regel einen guten Grund dafür haben.
Dass in einem Buch eher nicht jeder zweite Satz aus einem Fremdwerk bestehen sollte, versteht sich eigentlich von selbst. Wobei man auch das zum Programm machen kann, wie etwa in der Lyrik beim Cento.

Der angesprochene Werther ist ein sehr intertextuelles Werk, es enthält zahlreiche Anspielungen, aber ja, keine Direktzitate (ich erinnere mich gerade jedenfalls nicht daran). Tatsächliches Zitieren wurde dann im New Journalism und in der Popliteratur ein beliebtes Stilmittel. Meiner Meinung nach vermindert das die Schöpfungsleistung nicht - immer davon ausgehend, dass Zitate so verwendet werden, wie es der Threadersteller ursprünglich meinte.


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Merlinor
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Beitrag16.11.2018 14:20
Re: Kleinzitate im Prosatext
von Merlinor
Antworten mit Zitat

BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:

In meinem Roman verwende ich gelegentlich wörtliche Zitate aus Filmen. Grund: der Prota ist ein Filmfan und denkt in diesen Kategorien ...
Beispiel:
Zitat:
Benny zappelte unglücklich herum. „Das Wohl von Vielen, es wiegt schwerer als das Wohl von Wenigen oder eines Einzelnen. Das hat Mr. Spock mal gesagt, als er in Star Trek II ...“


Das, was Benny sagt, ist tatsächlich ein Zitat aus Star Trek II. Jetzt die große Frage: Muss ich das explizit als Zitat ausweisen?


Hallo BaronHarkonnen

Ich denke, dass der Satz in der von Dir gewählten Art und Weise bereits ausreichend als Zitat gekennzeichnet ist.
So, wie ich das Zitierrecht verstanden zu haben glaube, sollten Zitate, wie das von Dir angeführte, im Rahmen der künstlerischen Freiheit liegen und es reicht, sie durch eine einfache Kennzeichnung mittels Anführungszeichen und die Erwähnung der Quelle im Text kenntlich zu machen. Als Nichtjurist bin ich mir diesbezüglich aber leider auch nicht sicher.
Vielleicht hilft Dir ja der folgende Link weiter: *Mein Urheberrecht - Infoportal für Kreative: § 51 UrhG - Zitate*

LG Merlinor


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„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

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Corey123
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Beitrag17.11.2018 16:27

von Corey123
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Im Zweifelsfall würde ich alle Zitate kennzeichnen und/oder mit der entsprechenden Stelle auflisten und es später mit dem Verlag besprechen, wie es letztendlich aussehen soll. Dieser kennt sich entweder aus oder hat für solche Fragen sicher einen Ansprechpartner.
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