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Durchschnitt, Gleichheit, Gerechtigkeit


 
 
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wfabian
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W
Beitrag08.07.2018 19:53
Durchschnitt, Gleichheit, Gerechtigkeit
von wfabian
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Hallo allerseits,
mein erster Beitrag hier soll eine Einleitung für einen längeren Text sein.

Vor allem würde mich interessieren, was ihr von der Etablierung der Szenerie in Form einer gedanklichen Rückblende der Protagonistin haltet. Der zweite Punkt, an dem ich mir selbst unsicher bin, ist die Frage, ob ich hier nicht "zu viele Informationen in zu wenige Zeilen" gepackt habe.
Aber lasst euch davon nicht abschrecken, viel Spaß beim lesen Very Happy


1. Kapitel

Ihren Blick zwischen Fahrer und Fenster schweifen lassend dachte Nina an ein Spiel, das sie als Kind nach der Schule oft gespielt hatten. Normstufen raten. Die Regeln waren ganz einfach. Sie saßen auf einer Parkbank, vor einem Café, an einer Straßenecke, irgendwo und wählten eine vorbeigehende Person aus. Und versuchten zu erraten, in welcher Normstufe sich diese Person befindet. Manche waren einfach. So musste man kein Genie sein, um zu erkennen, dass der Mann mit dem hinkenden Bein, der mit glasigem Blick in die Leere starrte und mit seinem Besen immer und immer wieder die selbe Ecke des Gehsteiges bearbeitete, in der ersten Normstufe war. Genauso wenig war es schwierig, die beiden an einem Laptop sitzenden Männer, welche über Relationen und Korrelationen diskutierten, als Vierer zu identifizieren. Schwieriger waren da schon die Menschen, die nichts Offensichtliches über ihre Tätigkeit preisgaben. So konnte eine mittelalte Frau im Kostüm, die gestresst an ihnen vorbeieilte, ohne weiteres in der vierten oder fünften Normstufe sein. Oder war sie vielleicht gar eine Siebener, die in einem wichtigen Auftrag überraschend in dieses Café beordert wurde und keine Zeit gehabt hatte, sich eine Eskorte zusammenzustellen? Natürlich einigten sie sich immer auf die spannendste Geschichte, in diesem Fall waren sie davon überzeugt dass die Frau eine Siebener in geheimer Mission war.
Und wenn von der Gruppe von Schülern unzweifelhaft die Normstufe festgestellt war, kam der schwierige Teil des Spiels, das Wieso?
Wieso war diese Frau in der Normstufe Vier und nicht in der fünften oder sechsten?  War sie vielleicht etwas zu alt? Oder knapp nicht intelligent genug gewesen mit einem etwas zu starken afrikanischer Einschlag. Oder sie war vielleicht noch zu jung und war deshalb noch in der Vierer. Aber dann würde sie viel zu alt aussehen für ihr Alter, was dann wieder heißen würde, dass sie eher weg von der Vierer in die Dreier kommen würde...  Und so gingen diese Diskussionen zwischen den Kindern je nach Beobachtungsobjekt dahin, bei manchen wurde die Normstufe schnell festgestellt und die dazugehörigen Gründe rasch abgehakt, bei anderen wurde noch minutenlang, nachdem die Person bereits verschwunden war, darüber diskutiert, ob und wie und wieso und vielleicht und aber wenn auch doch vielleicht wenn man dann aber eben auch genau deshalb.
Nina konnte nicht genau sagen, weshalb sie der Fahrer auf diesen Gedanken brachte. Bei ihm war es relativ offensichtlich, durchschnittlich groß, mittleres Alter und ein nicht übermäßig starker asiatischer Einschlag war zu erkennen. Das ließ auf leicht zu geringe Intelligenz schließen, zu viel für einen Landarbeiter, zu wenig für einen höhere Ausbildung, genau richtig für einen Fahrer. Oder auch nicht.
Bei diesem Gedanken musste sie kurz lächeln. Einmal nicht genau auf die Gedanken aufgepasst und kein Mensch kann sagen, wo sie hinschweifen, dachte sie sich. So sehr es für Kinder spaßig war, über mögliche Normstufen zu diskutieren, so kam doch früher oder später jeder Mensch in ein Alter, in dem sie dann einfach als gegeben hingenommen wurden.
Es war nicht so sehr ihre Ausbildung, welche Nina den Spaß am Rätseln über die Normstufen genommen hatte. Ein großer Teil dieser Ausbildung drehte sich eben um die Normstufen. Allerdings waren die Fragen da noch eher oberflächlich. Was sind Normstufen eigentlich, wodurch sind sie entstanden, wann wurden sie eingeführt, von wem wurden sie erstmals verwendet, usw. Sie konnte sich sogar noch an einen kleinen Reim aus ihrer Primärbildung erinnern, den sie offensichtlich so oft durchgekaut hatten, dass er sich für immer in ihrem Bewusstsein eingebrannt hatte.

Herkunft, Eltern und Geschlecht,
machen keinen Menschen recht.
Auch Alter, Klugheit und Gesicht,
entscheiden nicht, was du mal bist.
Nur was du machst, ganz allein,
führt für dich zum glücklich sein.


Später dann, in der sekundären und tertiären Ausbildung, wurden die Normstufen genauer durchleuchtet. Und in den letzten Jahren der Ausbildung wurde letztendlich auch die Kritik an den Normstufen in den Lehrplan aufgenommen.
Sie selbst hatte sogar eine Arbeit darüber geschrieben, ob die Gleichmäßigkeit des Äußeren wirklich als Einteilungskriterium in die Normstufen dienen sollte. In ihrem jugendlichen Vertrauen auf ihre Fähigkeiten und in einem verwegenen intellektuellen Akt hatte sie die Arbeit mit der Aussage „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ beendet, was ihr mehr Probleme einbrachte, als sie anfangs antizipiert hatte. Kritik an den Normstufen war schön und gut und wichtig, vor allem im universitären Bereich wurde beständig betont, dass kritisches Denken immer erwünscht ist. Aber ein gesamtes System an sich in Frage stellen, das war vielleicht etwas zu viel gewesen. Vor allem, wie ihr vom Professor erklärt wurde, wenn man keine Alternative nennen kann, welche nicht bereits historisch gescheitert ist. Worauf er sofort, wie es seine Art war, abrutschte in historische Erläuterungen, über die Grausamkeiten im Feudalismus im Mittelalter, die Leiden der industriellen Revolution, die Wirren des Kommunismus und Faschismus im Zwanzigsten Jahrhundert und das Scheitern der kapitalistischen Nationalstaaten im Einundzwanzigsten Jahrhundert. „Denn,“ so schloss er seine Ausführung, „die Wurzel all dieser Krisen war immer Ungleichheit. Ob sie nun bewusst propagiert wurde oder als zu überwindendes Phänomen betrachtet wurde, vollkommen egal. Ungleichheit war immer da und wird immer da sein, und darüber waren sich die Menschen viel zu lange uneinig. Das einzige was wir machen können, und was wir auch gemacht haben, ist“, und hier sprach er mit besonderem Nachdruck, als würde er ihr hier nicht etwas erzählen, was sie in verschiedensten Formen schon zigtausend Male gehört hatte, „den Menschen gleiche Chancen zu geben. ALLEN Menschen GLEICHE Chancen. Alle Faktoren, welche die Chancengleichheit verhindern, und dazu gehört nun einmal auch das Aussehen, schließlich sind wir alle neben unserer hoffentlich vorhandenen Professionalität auch noch immer Menschen, müssen soweit es nur möglich ist, zurück gedrängt werden. Und dazu gehört auch Aussehen. Hitler! Sagt Ihnen was? Adolf Hitler. Europa. Frühes Zwanzigstes Jahrhundert. Natürlich, die wirtschaftlichen und politischen Umstände zu dieser Zeit spielten eine große Rolle in all dem, was geschehen ist, keine Frage. Er war ein talentierter Redner, keine Frage. Aber, was gerne vergessen wird, er galt als ungemein gut aussehend. UNGEMEIN GUTAUSSEHEND! Er hätte ohne diese Aussehen in dieser Form nie funktionieren können. Aussehen ist ungerecht! Aussehen bedingt Ungerechtigkeit. Aussehen verhindert Chancengleichheit und damit eine gerechte Welt, wie wir sie heute haben.“
Und dieser Vortrag war im Gedächtnis von Nina hängen geblieben. Nicht so sehr aufgrund der eigentlichen Aussage, aber die Erwähnung von Talent hatte bleibenden Eindruck auf  das letzte Jahr ihrer Ausbildung und letztlich auch auf ihre Berufsentscheidung ausgeübt.

Die wirkliche Komplexität der Normstufen und damit die Sinnlosigkeit des Versuches, die Normstufe eines Menschen ohne Informationen zu erkennen, lernte Nina erst in ihrem Berufsleben kennen.
Die Frage ob Wirtschaft oder Staat war im Nachhinein betrachtete nie eine für sie gewesen. Sicher, eine staatliche Laufbahn brachte seine eigenen Vorteile mit sich, nicht zuletzt, weil nicht annähernd mit der gleichen Konkurrenz zu rechnen war. Und die Arbeit an den Normstufen wäre schon reizvoll gewesen, war ja auch eins ihrer Hauptgebiete in der Ausbildung. Die Faktoren zu revidieren, den Durchschnitt und die akzeptablen Abweichungen festzulegen und damit die gerechtest mögliche Welt zu erschaffen, das alles hörte sich in der Theorie eigentlich ganz spannend an.  Aber, wie sie feststellen musste, und wie ihr auch von den Lehrenden in der tertiären und letztendlich quartären Bildungsstufe nahegebracht wurde, das System ist zu festgefahren. Und das nicht in einem negativen Sinne, wie ihr von allen Seiten versichert wurde. Normstufen sind kein absurdes System von Regeln, das ohne Sinn und Plan über die Gesellschaft gestülpt wurde, sondern sie sind, in Ermanglung eines besseren Wortes, fertig.
Die kleinen Anpassungen, die sich beispielsweise nach Migrationswellen oder Jahrgängen mit überdurchschnittlich vielen weiblichen Geburten ergaben, waren Alltagsarbeit, trocken und ohne Herausforderung. Das Grundgerüst war vorhanden, und es stand derartig fest gemauert, dass an ihm zu schütteln keinen Sinn gehabt hätte. Ganz zu schweigen davon dass Nina dies niemals vorgehabt hätte.  Die einzigen wirklichen Diskussionen, die über Normstufen geführt wurden, beschränkten sich auf die Frage, ob Talent als ein Normfaktor aufgenommen werden sollte. Denn  Talente können durchaus Einfluss darauf haben, wie erfolgreich ein Mensch ein kann, könnten damit als Faktoren für Ungerechtigkeit identifiziert werden, und, falls sie messbar gemacht werden könnten, als Normfaktor aufgenommen werden.
Und dies hätte auch fast dazu geführt, dass sich Nina für eine staatliche Laufbahn entschieden hätte. Allerdings wurden diese Diskussionen nun schon seit Jahrzehnten geführt und auf die Frage, wie Talent gemessen werden sollte, welche Talente gemessen werden sollten und ob nun alle Fähigkeiten Talente sind, konnte keine befriedigende Antwort gefunden werden. Ist besonders schön singen können ein Talent? Wo doch jeder Mensch gleichermaßen sein Zwerchfell dahingehend trainieren kann, dass er jeden Ton genau trifft. Oder ist es doch eher der Klang der Stimme? Und sind andere Fähigkeiten, Konzentrationsvermögen oder Selbstkontrolle oder eine positive Grundeinstellung zum Leben Talente? Und hier war noch nicht einmal die Problematik der Operationalisierung erwähnt worden. Wie kann ein kreatives Talent gemessen und mit den anderen Normfaktoren verglichen werden? Diese Reihe von Fragen könnte noch endlos weit fortgeführt werden und das wurde sie auch von Experten und solchen, die es gerne sein wollten, ohne dass jemals etwas dabei herausgekommen wäre. Und, es machte nicht den Eindruck, als ob jemals etwas herauskommen würde.

Diese Sinnlosigkeit war es dann auch, weshalb sich Nina dagegen entschied, diesen Fragen im beruflichen Leben weiter nachzugehen. Als Gedankenspielerei während der quartären Ausbildung hatten die Fragen zwar ihren Reiz, aber als Lebensaufgabe? Auf keinen Fall.
Noch einmal schlimmer verhielt es sich mit der Arbeit an den Grundbedürfnissen. Die Mindestversorgung der Menschen, die Einteilung der lebensnotwendigen Arbeiten, die Abwicklung der Primär und Sekundärbildung, all das funktionierte schon perfekt. Die letzte wirklich große Reform in diesem Bereich, die „Allgemeine Kürzung der Grundversorgung aus Gründen der unverhältnismäßigen Erhöhung der Anzahl an Mitgliedern der Normstufe Eins bei gleichbleibenden verfügbaren Ressourcen zu deren Versorgung“ von '50 lag weit vor der Erinnerung von Nina und nur ein paar der ältesten Lehrenden in ihrem Bildungsweg erzählten ab und an wehmütig Geschichten von diesem heldenmütigen Akt des Staates, wobei sich Nina nie sicher war, ob sie wirklich deswegen wehmütig waren oder einfach nur schweren Herzens an die Zeit zurückdachten, als sie als Fünfer oder Sechser an den Universitäten lehrten, während sie im Alter als Vierer ihre akademische Laufbahn vor einem Haufen Kinder beschließen mussten, von denen die meisten kein Interesse an den vermittelten Lehrinhalten und noch weniger an irgendwelchen persönlichen Geschichten hatten.
Ganz abgesehen davon taten die vielen Gerüchte, die um den Staat umgingen, ihr übriges. So gab es Geschichten von Menschen in der Fünferstufe im Staat, die bereits weit über fünfzig waren. Und bei Übertragungen von Ansprachen hatten man auch ab und an den Eindruck, dass die Siebener im Staat nie ganz so stark dem Durchschnitt entsprachen, wie die Siebener in der Wirtschaft. So kam es sogar vor, dass jemand im Staat über zwei oder drei Jahre in der siebten Normstufe blieb, was in der Wirtschaft einfach undenkbar gewesen wäre.
Dies alles führe Nina letztendlich dahin, wo sie auch in diesem Tag wieder von ihrem Fahrer hingefahren wurde. Wie jeden Tag die letzten fünf Jahre.
Verwaltungstätigkeit der fünften Normstufe im Bereich Medien und Unterhaltung, so wurde ihr Job auf ihrem Gehaltszettel beschrieben und bezahlt. Genauso wie bei Tausenden andere auch. Talente suchen, so hatten sie es anfänglich genannt, in die Welt hinaus gehen und die besten Künstler suchen, die besten Sänger, Schauspieler, Sportler und ihnen die Chance geben, davon zu leben, was sie und nur sie können. So hat es anfänglich geheißen. Und jung und idealistisch wie sie war, hatte sie diese Werbesprüche als wahr angenommen.
Aber relativ schnell war klar geworden, dass es so nicht geht. Und auch einfach nicht gehen kann. Sie konnte auch nach fünf Jahren nicht all die unterschiedlichen Sparten von Unterhaltung aufzählen, die allesamt unter einem metaphorischen Dach vereint waren. Natürlich waren Schauspieler eine eigene Sparte genauso wie Sänger oder Sportler. Aber damit nicht genug, diese Sparten hatten alle  wieder Untersparten. So gab es Schauspieler für Kinofilme, für Kurzfilme, für amüsante und ernste Serien, für Vlogs und Theater, für Musicals und Opern, wo sich die Schauspielabteilung mit der Sängerabteiung überschnitt, was für mehr Komplikationen sorgte, als sie sich jemals vorstellen können hatte.
Und dann gab es neben den Sängern auch noch andere Musiker, es gab Nachrichten in verschiedensten Formen, Formaten und Graden von Seriosität. Und als wäre das noch nicht genug, gab es in beinahe jeder Form der Unterhaltung auch noch eine Anpassung an die Normstufen. So war die Musik, welche für die erste und die zweite Normstufe produziert wird, eine vollkommen andere als die Musik, welche Mitglieder der höheren Normstufen ansprechen sollte. Bei weitem am stärksten ließ sich dieses Phänomen bei Nachrichten erkennen. Ein und das selbe Ereignis konnte hier je nach Normstufe der Zielgruppe vollkommen anders aussehen. So wurde das kürzliche Abtreten einer der Siebener der Grundbedürfnisse in einer Sendung, welche für Mitglieder der niederen Normstufen, also Eins und Zwei, konzipiert war, nur damit kommentiert, dass sie ihre Arbeit zum Wohle aller ausgezeichnet erledigt hatte und sich auf die geringere Verantwortung und die Freizeit freue, welche die Normstufe Sechs mit sich bringt.
Eine Zeitung für die höheren Normstufen, also Fünf und aufwärts, hingegen berichtete über die Leistungen, welche sie in ihren zwei Jahren vollbracht hatte. Wohlwollend wurde über ihre erfolgreichen Versuche, die Trennung der Normstufen in den ersten Schuljahren stärker zu berücksichtigen, geschrieben. Ihr Argument, dass diese Ressourcenverschwendung den zukünftigen Mitgliedern geringerer Normstufen nicht zugute kommen würde, da sie das erworbene Wissen, sofern es überhaupt verstanden wird, niemals anwenden können würden und die Zeit besser mit dem Erlernen von Tätigkeiten verbracht werden sollte, welche eben für das spätere berufliche Leben relevant sind, wurde von Seiten des Staats und der Wirtschaft einhellig gelobt. Was selten genug vorkam. Genauso wurde aber auch ihre Zeit als Mitglied der siebten Normstufe durchaus kritisch betrachtet, so gab es in ihrem ersten Jahr einige kleinere Ausschreitungen, welche durch Einsparungsmaßnahmen im Bereich der Mindestversorgung für die Normstufe Eins angefacht wurden. Die Kosten der Ausschreitungen waren aber bei weitem höher als die Einsparungen der Maßnahme, was im Bericht noch einmal kritisch hervorgehoben wurde.
Dass sie sich auf die „geringere Verantwortung und die Freizeit“ freue, wurde in diesem Artikel mit keinem Wort erwähnt. Wieso auch? Für beinahe jedes Mitglied der höheren Normstufen war das Erreichen der siebten Normstufe das eigentliche Ziel ihres Lebens. Und wenn es auch statistisch mehr als nur unwahrscheinlich war, da es eben nur eine sehr begrenzte Anzahl von Siebenern gab, so machte dies das Ziel nur reizvoller. Niemand konnte sich vorstellen, dass der Abstieg vom Höhepunkt des Lebens für einen Menschen auch nur irgendetwas Positives bedeuten könnte. Abgesehen davon war es kein Abstieg in die sechste Normstufe, es war der Beginn eines beständigen Abstiegs durch alle Normstufen hindurch, von der Spitze der Gesellschaft zu deren Boden.
Aber Nina hatte nichts damit zu tun, mit Nachrichten und Informationen. Ihr Aufgabenreich lag ganz woanders. In der Sparte Serienproduktion, Untersparte Normstufenanpassung saß sie in einem Büro mit wunderbarer Aussicht über die Stadt und stellte sicher, dass eine Serie, welche für die Normstufen 2-5 produziert wurde, auch für die Mitglieder dieser Normstufen geeignet war.

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kioto
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Beiträge: 442
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Beitrag08.07.2018 22:57

von kioto
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Hallo wfabian,

Noch mal willkommen im Forum. Schön das auch mal jemand aus der SF Fraktion zu uns stößt.
Zu deinem Text. Er ist gut geschrieben und ließt sich flüssig. Auch der Versuch, die Masse an Information an einer Rückblende des  Protas zu spiegeln, um den Text aufzulockern, ist gut, reicht aber nicht.

Leider, und obwohl ich nicht zu der Action über alles Fraktion gehöre, hat der Text viel zu viele Infos. Es ist eher ein Handbuch für den beschriebenen Sachbearbeiter.

Sicher ist die Idee gut und die hast das System auch konstruiert, um es später zu kritisieren. Aber das ist noch keine Handlung. Diese Details interessieren mich als Leser kaum. Das dieses System existiert, sollte der Leser erst nach und nach an Konflikten der Protas mit diesem System merken. Freude über Beförderung, Konflikte und Zurückweisungen, die den Widerspruch des Protas wecken und zu irgendwelchen Handlungen (Demo) anregen, woraus größere Konflikte mit der Obrigkeit entstehen, usw.

Dann wird eine Geschichte daraus.
Ansonsten, weiter so.


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Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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Mogmeier
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Moderator
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Beitrag09.07.2018 00:48

von Mogmeier
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Hallo wfabian,

hm. Der Text lässt mich mit einem gewissen Naserümpfen zurück. Warum eigentlich? Liegt es vielleicht am ständigen Aufgreifen des Wörtchens Normstufe? Der Anteil dieses Wörtchens (Singular und Plural hier mal zu einer gegebenen Menge zusammengefasst) beträgt rund 1,7 %, wenn ich richtig gerechnet habe. 1,7 % sehen hierbei natürlich erstmal nach nicht allzu viel aus, vor allem, wenn es im Text noch andere Wörtchen gibt, die darin einen viel höheren prozentualen Anteil bestreiten. Das Dumme hier: diese höheranteiligen Wörter nimmt man in ihrer Anzahl kaum bis gar nicht wahr, weil es sich dabei um Artikel, Bindewörter etc. handelt, aber so eine Normstufe (als Wort), die hier den Gegenstand des Textes bildet, sticht dabei wiederholungstechnisch negativ hervor, zumal das Ganze abschnittsweise in jedem Satz erwähnt wird. Da liest man dann nur Normstufe, Normstufe, Normstufe, Normstufe, Normstufe hier, Normstufe dort, und überhaupt so Normstufe. – Als Leser fühlt man sich dabei unrechtmäßig zu niedrig genormstuft, speziell auch dann, wenn man so als Leser die Sinnlosigkeit der Grundlage des anfangs aufgegriffenen Spiels – die sich doch der Autor als i-Tüpfelchen aufheben wollte – schon längst durchschaut hat.
Hier solltest du wirklich (wie es auch schon kioto erkannte) deine Leser durch das Handeln der einzelnen Personen an die ganze Materie heranführen sprich, alles baut sich eins nach dem anderen auf.

LG Mog


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Rainer Prem
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R
Beitrag09.07.2018 08:13

von Rainer Prem
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kioto hat Folgendes geschrieben:
Hallo wfabian,

...

Leider, und obwohl ich nicht zu der Action über alles Fraktion gehöre, hat der Text viel zu viele Infos. Es ist eher ein Handbuch für den beschriebenen Sachbearbeiter.

...


Hallo,

es geht nicht um Action um ihrer selbst Willen. Das Ziel einer jeden Geschichte soll (vielleicht sogar "muss") sein, den Leser innerhalb der ersten paar hundert Wörter einzufangen und ihm einen Grund geben weiterzulesen.

Wir leben nun mal in einer Zeit, wo der potentielle Leser die Leseprobe bei Amazon öffnen und anhand derer entscheiden kann, ob er sein mühsam verdientes Geld in das Buch investieren will.

Also sollte des Autors Gedankengang wie folgt sein: Welche Szene am Anfang meiner Geschichte zeigt den/die Protagonisten in einer Situation, die für einen Leser so interessant ist, dass er weiterlesen will.

@wfabian: "Normstufe"? Wer schon weiß, was das ist, mag vielleicht von deiner Einleitung fasziniert sein. Und wenn das deine ausschließliche Zielgruppe ist, dann hast du nichts falsch gemacht. Wir anderen ... Nun ja, ich habe keine Ahnung, was das ist (was wohl daran liegt, dass du es erfunden hast), also ist es erst einmal ein Wort, dessen Bedeutung ich kennenlernen muss. Aber nicht, indem du es x mal wiederholst, sondern in einer für mich *interessanten* Umgebung.

Grüße
Rainer
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Pickman
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Beitrag09.07.2018 17:06

von Pickman
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Hi wfabian,

"Normstufen" - ist das etwas, was Insidern bekannt ist? Das nur neugierdehalber.

Nun zu Deinen Fragen. Nach meinem Dafürhalten sind das zu viele Informationen in zu vielen Zeilen, zumindest dann, wenn sie so präsentiert werden, wie Du es tust. Lass Deine Prota das Spiel doch spielen. Das wird sich mit Sicherheit spannender lesen als eine Erklärung des Spiels und sei sie mit noch so vielen Beispielen illustriert.

Eine Aufteilung der Informationsmenge könnte auch helfen: Du erklärst hier, was Normstufen sind, und später, was sie für eine Bedeutung für die Gesellschaft haben, was ihre Vor- und Nachteile sind oder vice versa.

Ein Nebenbefund am Rande: die Partizipialkonstruktion im ersten Satz empfand ich als recht sperrig.

Aber lass dich von mir nicht stressen. Die Sache hat Potenzial.

Cheers

Pickman


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hobbes
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Beitrag09.07.2018 21:13

von hobbes
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Ich verstehe nicht so ganz, warum (so oft) die Frage nach den Normstufen aufkommt. Wäre es nicht aus dem Text heraus schon klar (dass das etwas ist, das es nur in dieser Text-Welt gibt), dann wäre doch spätestens die Kategorisierung Science Fiction eine Erklärung?

Aber egal. Es geht ja nicht um das, was andere Rezensenten (warum melden sich bisher eigentlich nur Männer zu Wort? Interessant) schreiben, sondern um den Text.

Ich habe ungefähr nach der Hälfte aufgehört zu lesen und das liegt eindeutig an der Antwort auf die "zu viele Informationen in zu wenig Zeilen?"-Frage, die ich ganz klar mit Ja beantworten würde.

Ich mag den Text trotzdem und das trotz der Science Fiction Kategorie (SF ist üblicherweise nicht unbedingt mein Ding). Und ich mochte auch den Normstufen-Spiel-Rückblick, obwohl ich Pickman unter anderem darin Recht gebe, dass es in jedem Fall eine interessante Option wäre, statt einen Rückblick einen "Live"-Bericht zu bekommen. Auch was das schweifen lassend dachte angeht, gebe ich ihm Recht.
Aber davon abgesehen mochte ich die Idee, diese Normstufen-Infos in ein Kinderspiel zu verpacken, für mich kam das in der Form so ganz nebenbei und überhaupt nicht aufdringlich daher.
Nur mit der Zeit wurde es dann eben doch zu viel an Infos.
Vielleicht magst du den Text einfach mal um die Hälfte kürzen? Ich wette, er würde dadurch gewinnen.
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Rainer Prem
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Beitrag10.07.2018 06:40

von Rainer Prem
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe nicht so ganz, warum (so oft) die Frage nach den Normstufen aufkommt. Wäre es nicht aus dem Text heraus schon klar (dass das etwas ist, das es nur in dieser Text-Welt gibt), dann wäre doch spätestens die Kategorisierung Science Fiction eine Erklärung?


Völlig korrekt. Aber was ich (und auch noch unabhängig zwei andere Kommentatoren) vermitteln wollte, ist die Sicht des unbedarften Lesers auf dieses Wort. Trotz all des Infodumping, das dieser Text darstellt, fehlt die wichtigste Information: "Dies ist ein Begriff, den ich erfunden habe".

Das Wort ist halt so typisch Beamtendeutsch, dass ich mich wirklich eine Zeitlang gefragt habe, ob ich es denn kennen müsste. Also ein einziger Satz vorangestellt, der ungefähr besagt "Damals in der Grundschule habe ich gelernt, was Normstufen sind. Angeblich kamen die Menschen in früheren, barbarischen Zeiten ohne sie aus, doch in unserer modernen Zivilisation sind sie unverzichtbar." und schon sind wir in der Materie.

Grüße
Rainer
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Catalina
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Beitrag10.07.2018 13:54

von Catalina
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Ok, hier ist die vermisste Frau.

Ich finde es schwierig, gleich am Anfang zu lesen, dass bei Deinen Normstufen die zu erwartende Intelligenz an der Rasse (bzw. des Einschlages derer) festgemacht wird.

Ich war so einer der unbedarften Leser, die unvoreingenommen und ohne das Genre wahrgenommen zu haben, zu lesen anfing. Kombiniert mit dem Wort "Normstufe", das nicht eindeutig auf SF schließen lässt, hatten diese rassistischen Einwürfe einen ziemlich komischen Geschmack.

Ist das Absicht? Soll Rassismus ein großes Thema sein? Wenn nicht, würde ich den Einschlag von Rassen nicht mit geringer Intelligenz verknüpfen.
Oder habe ich es falsch verstanden und ein Komma fehlt?

Ich habe den Text gerne gelesen. Nur das anfängliche Kinderspiel fand ich so detailliert unglücklich. Ich war durch die vielen Nummern irritiert. Erst, nachdem ich die nachfolgende Information hatte, ergab sich dann für mich der Sinn.

Pickmans Gedanke, vielleicht besser am Anfang Ninas Blick schweifen zu lassen, den hatte ich auch:  Fahrer drei oder vier, dann die Begründung. Frau mit Escorte sieben mit Begründung. Uns so weiter.
Danach dann: Nina konnte nicht genau sagen, weshalb sie ausgerechnet jetzt das alte Spiel angefangen hatte, das sie als Kind...

Die weiteren Informationen sind mir auch zu geballt, auch wenn sie gut verpackt sind. Und sie sind mir zu "hoch", abstrakt. Einen potentiellen Leser mit nicht ganz so hohem Intelllekt wirst Du dadurch verlieren. Das würde sich relativieren, wenn Du die Informationen in eine (spannende) Handlung integrierst.
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hobbes
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Beitrag10.07.2018 15:21

von hobbes
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Rainer Prem hat Folgendes geschrieben:
Trotz all des Infodumping, das dieser Text darstellt, fehlt die wichtigste Information: "Dies ist ein Begriff, den ich erfunden habe".

Also mir (fehlt diese Information) nicht.

Aber wir müssen da jetzt nicht darüber diskutieren, für mich ist es so, für andere ist es anders - wfabian darf muss entscheiden.
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wfabian
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Beiträge: 6



W
Beitrag12.07.2018 20:30

von wfabian
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So, erst einmal vielen Dank für die vielen Antworten, hat mich echt gefreut derart viele Sichtweisen zu lesen, fehlt einem selbst ja mal ganz gerne

Was ich glaube ich als Hauptaussage aus den verschiedenen Kritiken ziehen kann, ist es, das Ganze ein bisschen "langsamer anzugehen", nicht zuviele Infos einfach vor den Leser zu werden und hoffen dass er/sie es verdauen kann, sondern den Text etwas organischer aufzubauen.
- Das würde dann auch das Problem der offensichtlich etwas zu häufigen Verwendung des Wortes "Normstufen" lösen

Wunderbar habe ich übrigens gefunden, dass das Konzept Normstufen dann doch Verwirrung und auch eine kleine Diskussion ausgelöst hat, denn das war zu einem gewissen Grad auch der Sinn dahinter.
Der Beitrag von Rainer Prem hats glaube ich am besten getroffen: "Das Wort ist halt so typisch Beamtendeutsch, dass ich mich wirklich eine Zeitlang gefragt habe, ob ich es denn kennen müsste"

Wobei ich nicht vorhabe, das Konzept von Anfang an klar zu erklären, aber auch dieses Problem löst sich (hoffentlich) durch einen breiteren Aufbau der Geschichte.

Also werde ich mich nun ans Werk machen und euch gerne in Bälde eine komplett überarbeite Version des Textes präsentieren.

In diesem Sinne,
Liebe Grüße, Fabian
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wfabian
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Beiträge: 6



W
Beitrag04.08.2018 12:21
Durchschnitt, Gleichheit, Gerechtigkeit -> Version2
von wfabian
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Guten Tag allerseits. Ich habe vor einigen Wochen einen kleinen Textausschnitt gepostet. Und ich habe mir die viele konstruktive Kritik zu Herzen genommen und den gesamten Stil ein bisschen umgebaut. Also eigentlich vollkommen. Würde mich sehr über einige Meinungen zu diesem neuen Versuch freuen.

Liebe Grüße, Fabian

Es gab Tage, da hasste Leo seinen Job. Selten, nur ab und an, aber dann so richtig. An diesem eigentlich wunderschönen Mittwoch mitten im Sommer war so ein Tag. Auf Außendienst schicken. Ihn. Einen profilierten Experten in den Bereichen Grundbedürfnisse und Mindestbedarf. Der seit Jahren von mehreren Stellen ausgezeichnete Arbeit verrichtete und nicht weniger als vier Papers verfasst hatte, die allesamt auch im Ministerium zum Einsatz kamen. Der für sein Projekt „Die Optimalversorgung. Sicherstellung der gerechten Lebensqualität bei geringstmöglichem Kostenaufwand.“ nicht nur eine persönliche Belobigung von einer der damaligen Vorstände des Staatlichen Bereichs für Grundversorgung bekommen hatte. Das Projekt wurde sogar umgesetzt. In der Praxis angewandt. Und das mit Erfolg. Signifikante Kostenersparnis für den Staat, und das nur durch einige kleine leichte Drehs im Konzept der Mindestbedürfnisse. Von so etwas konnten die meisten seiner Kollegen nicht einmal träumen.
Und ihn schickten sie hier raus in die Mietshäuser. Oder Einserkasernen, wie sie unter Kollegen ein bisschen spöttisch genannt wurden. Mit einem Gesicht, in das klar seine Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation geschrieben war, starrte er aus dem Fenster des Wagens.

Hier, so weit außerhalb des Zentrums, gab es einfach nichts zu sehen. Wo sich in den Innenbezirken Hochhäuser gegenseitig in gewagten Designs übertrafen, riesige Parkanlagen und Grünflächen für ein auch im Sommer angenehm frisches Klima sorgten, reihten sich in den Außenbezirken nur Betonbauten an Betonbauten, durch welche die geraden Straßen und Bahnwege führten, ein Bild, das kilometerlang ohne erkennbare Unterschiede blieb. Die wenigen Bäume hatten weder genug Wasser noch genug Platz. Obwohl es erst August war, hatten sie schon die meisten Blätter verloren.  Und die drückende Hitze zwischen diesen engen Straßenschluchten. Man konnte förmlich sehen, wie du Luft stillstand.

Nicht dass sich Leo in seinem aktuellen Gemütszustand dafür interessiert hätte. Aber was soll man machen. Es war nun einmal seine Beruf, er hat sich selbst gegen das einfache Geldverdienen in der Wirtschaft für eine Karriere in der Union entschieden. Und durch solche Tage musste man nun mal einfach durch.

Noch immer in Gedanken versunken wandte er seinen Blick auf seine Mitfahrerin. Jung und motiviert war wohl das eheste Klischee, mit dem sie bezeichnet werden konnte. Und wie es aussah, hatte sie im Gegensatz zu ihm ein wirkliches Interesse an ihrer Aufgabe. Leo konnte es ihr nicht verübeln. Das erste Mal wirklich raus aus den Büros, in die Welt eintauchen, konnte durchaus etwas Spannendes haben. Zu sehen, wie die Reformen, welche hinter geschlossenen Türen beschlossen wurden, die reale Welt veränderten. Aber er war schon zu lange dabei, um nicht zu wissen, wie solche Aufgaben dann wirklich aussehen. Endlose Diskussionen mit Menschen aus der ersten Normstufe, welche nicht im geringsten daran interessiert waren, ihre Bedürfnisse zumindest ein bisschen den verfügbaren Mitteln anzupassen. Natürlich hatte er seine Statistiken und Grafiken dabei, die ganz eindeutig darlegten, wie viel Geld für einen Menschen aus der ersten Normstufe ausgegeben werden kann und wie viel ein Mensch braucht. Und es war kein Zufall, dass diese beiden Zahlen genau übereinstimmten. Aber das war den Einsern natürlich egal, die hatten absolut kein Verständnis für Verhältnismäßigkeit, keinen Sinn für das größere Bild.
Das Einzige, was sie wollen, ist mehr. Größere Wohnungen, mehr Bezahlung, schönere Gärten, bessere Schulen, und so weiter und so fort. Ohne daran zu denken, dass das alles Geld kostet, Geld, das von irgendwoher kommen muss. Geld, das er in mühseliger Arbeit aus anderen Ressorts herausziehen muss, sollte es ihm nicht gelingen, die besorgten Bürger zu besänftigen, und sie davon zu überzeugen, dass sie ausreichend versorgt waren.
Und genau in so einer Mission waren sie auch an diesem Tag unterwegs. Es hatte eine Vielzahl von Beschwerden aus einem Mietshaus gegeben, anscheinend hatten sich die Bewohner sogar in einer Gruppe organisiert und es irgendwie hingebracht, eine derartige Masse von Beschwerdemails an die zuständigen Büros zu senden, dass ihnen eine außertourliche Qualitätskontrolle zugesichert wurde.

„Ich habe gelesen, dass dieses Wohnhaus eines der ersten Objekte war, in denen ihr Projekt durchgeführt wurde.“ Erstaunt, aus seinen eigenen Gedanken gerissen blickte Leo auf die Quelle der Stimme. Im erschrockenen Gesichtsausdruck seiner Mitfahrerin konnte er erkennen, dass ihm sein eigener Unmut noch immer sehr deutlich in den Zügen geschrieben war. Aber sie konnte nichts dafür. Sie war nicht dafür verantwortlich, dass sie seit einer geschlagenen Stunde durch diese trostlose Betonwüste fuhren. Alles, was sie wollte, war lernen und Erfahrungen sammeln. Und diese Motivation konnte Leo selbst aus seiner schlechtesten Stimmung herausreißen. Mit einem tiefen Durchatmen beruhigte er seine Miene.
„Marlena. Es ist doch Marlena, oder?
„Ja.“ Es war richtig sehen, wie sie sich darüber freute, dass er sich ihren Namen gemerkt hatte.
„Also Marlena. Ja, da haben Sie sehr gut aufgepasst. Das  ist in der Tat eines der ersten Politobjekte unseres – unseres, nicht meines, das Lob für das Projekt und vor allem für die Umsetzung gebührt der ganzen Abteilung, nicht nur mir – Projektes. 'Sicherstellung der mindesten Lebensqualität bei kleinstmöglichem Kostenaufwand'...“
„Der gerechten Lebensqualität bei geringstmöglichem Kostenaufwand.“
Leon kam nicht umhin, diesen Einwurf mit einem Lächeln zu quittieren. Dieses wissbegierige Mädchen hatte sich wirklich perfekt auf diese Aufgabe vorbereitet.
„Ganz genau. Sie müssen mir vergeben. Wen man den selben Satz immer und immer wieder ausspricht, bekommt er manchmal eine ganz eigene Bedeutung. Aber ja, Sie haben recht. Hier haben wir das erste Mal eine wissenschaftlich fundierte Bedürfnisanalyse eines gesamten Wohnhauses durchgeführt. Und die Lehren, welche daraus gezogen wurden, direkt in der Praxis angewandt.  Angefangen von der Entfernung der Fahrstühle und der Reduktion der Anzahl von Stufen pro Stiegenabschnitt über Festlegung der Zeitfenster von Wasser- und Stromverbrauch bis hin zu der Standardisierung der Wohnungseinrichtungen wurden hier erstmals alle Vorschläge des Projekts verwirklicht. Und Sie müssten die Erfolge gesehen haben. Aber, wie ich annehme haben sie das sogar.“ Ein kleiner Seitenblick auf das wissende Lächeln Marlenas zeigte Leo, dass diese Annahme richtig war.
„Die Fettleibigkeit in diesem Miethaus, gesunken um 5%. Kosten für Wasser und Strom konnten durch die einfache Einführung von Zeitfenster für den Verbrauch um über 30% reduziert werden. Als würde irgendjemand um drei Uhr Morgens Strom oder fließendes Wasser brauchen. Die Varianz der Temperaturschwankungen durch einfaches Versperren der Fenster um ganze 40% gesunken. Aber ja, so groß die Erfolge objektiv auch sein mögen, anscheinend reichen sie nicht. Aber es macht auch keinen Sinn, jetzt genauer auf die Beschwerden einzugehen. Ist ja nicht so, als wäre es überhaupt eine Option, dass wir sie erfüllen. Zumindest nicht, wenn wir heute unsere Aufgabe richtig machen. Und wenn nicht, dann können wir uns die nächsten Wochen überlegen, woher wir Geld bekommen. Unmengen von Geld. Denn sobald ein Wohnhaus irgendein Geschenk bekommt, und sei es nur so klein, dann wird es keinen Tag dauern und uns werden von allen anderen Wohnhäusern die selben Beschwerden entgegenfliegen.“
„Und wieso fahren wir dann heute hin?“
Sie ist noch so jung, dachte sich Leo. So jung und hat noch so wenig Ahnung von der Realität. Es ist immer wieder faszinierend, die Menschen zu beobachten, die frisch von der Universität kommen, die glauben, alles zu wissen, nur weil sie Unmengen von Daten auf dem Papier verschlugen haben. Aber die Realität sieht nun einfach etwas anders aus.
„Wir fahren hin, um zuzuhören. Um den Menschen das Gefühl zu geben, dass wir sie ernst nehmen, dass ihre Meinung uns etwas bedeutet. Und um sie zu überzeugen, dass ihre Bedürfnisse, welche sie haben und auch haben sollen und haben dürfen – ich kann nicht genug stressen, wie wichtig das ist – in der Art und Weise, wie es jetzt ist, am Besten erfüllt werden.“
„Und wenn sie sich nicht überzeugen lassen?“
„Dann müssen wir andere Methoden anwenden. Welche das genau sind, werden Sie früh genug erfahren. Falls es soweit kommen sollte.“

Für Leo war das Gespräch damit beendet. So gerne er sein eigenes Wissen an junge Menschen weitergab, so wenig machte es Sinn, mit einer Person, die noch über keine Ahnung in der praktischen Anwendung von Ordnungsmaßnahmen hatte, über diese zu diskutieren.
Außerdem kam ihm die Gegend inzwischen etwas bekannt vor. Nicht dass es irgendwelche großartigen Anhaltspunkte gab, aber er war in den ersten Monaten seines Projekts oft in diesen Bezirken unterwegs gewesen, und ein paar kleine Details waren immer noch in seiner Erinnerung vorhanden. Da eine kleine Bar, dort ein zugesperrtes Kino, auf der anderen Seite ein Freudenhaus in dessen Schatten sich einige Freier drängten.

„Wir sind so gut wie da. Falls sie sich noch irgendwie vorbereiten wollen.“
Leo hatte die Fahrerin bis jetzt wie gewohnt ignoriert, es gab auch keinen wirklichen Grund, mit ihr zu sprechen. Aber mit einem Blick an ihren dunklen Lockenkopf vorbei sah er, dass sie recht hatte. Vor ihnen baute sich ein Betonklotz auf, der zwar nicht großartig anders aussah, als die unzähligen anderen, die sie auf ihrer Fahrt gesehen hatten, aber Leon erkannte ihn sofort wieder. Der halb entlaubte Baum am Parkplatz, die veralteten Autos und daneben einige Wracks, die für ihre Einzelteile ausgeschaltet wurden und daneben der Kinderspielplatz mit der inzwischen noch einmal rostigeren Schaukel.
Vor dem Eingang sah er bereits die erwartete Menge von Menschen versammelt. Und er konnte ganz klar die Unruhe wahrnehmen, die wie eine Wolke über der Gruppe schwebte. Neben ihm schien seine Begleiterin das selbe zu spüren, jedenfalls wenn man nach ihrem verängstigten Gesichtsausdruck ging.
„Machen sie sich keine Sorgen. Wir sind hier als Vertreter der höheren Normstufen dienstlich unterwegs. Und was für Schauergeschichten man auch über die Außenbezirke hört, in unserer Situation sind wir selbst für die schlimmsten Verbrecher tabu. Das Einzige, was uns passieren kann, ist, dass wir im eigenen Schweiß ertrinken.“

Er nickte ihr noch einmal aufmunternd zu, bevor er aus dem Wagen in die glühende Sonne stieg. Befriedigt bemerkte er, dass seine Begleiterin, nachdem sie  noch einmal tief Luft geholt hatte, eine entschlossene Miene aufsetzte und hinter ihm her ging.
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Bananenfischin
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Beitrag04.08.2018 12:47

von Bananenfischin
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Hallo wfabian,

da es sich um eine Überarbeitung handelt, wurden die Threads zusammengeführt und die Überarbeitung als solche kenntlich gemacht.

Liebe Grüße
Bananenfischin


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Kaja_Fantasy
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Beitrag04.08.2018 16:02

von Kaja_Fantasy
Antworten mit Zitat

So, ich hab diesen Abschnitt zuerst gesehen und da einfach mal ein bisschen Textarbeit geleistet, den anderen Abschnitt guck ich mir dann später an.
wfabian hat Folgendes geschrieben:

Es gab Tage, da hasste Leo seinen Job. Selten, nur ab und an, aber dann so richtig. An diesem eigentlich wunderschönen Mittwoch mitten im Sommer war so ein Tag. "Mittwoch mitten" geht gar nicht. Außerdem könnte man auf die Präposition verzichten, aber das ist nur eine Anregung, da musst du schauen, was dir besser gefällt. Ich würde schreiben: Dieser eigentlich wunderschöne Sommermittwoch war so ein Tag. Oder: An diesem eigentlich wunderschönen Sommermittwoch war so ein Tag. Auf Außendienst schicken. Den Satz musste ich dreimal lesen, um ihn zu verstehen. Normalerweise bin ich Fan von solchen Verkürzungen, aber da finde ich es echt zu knapp und würde schreiben: Sie schickten ihn auf Außendienst. Oder: Er wurde auf Außendienst geschickt. Dann müsstest du allerdings die folgenden Sätze nochmal vom Akkusativ in den Nominativ umbauen. Andererseits hättest du da den Vorteil, dass du diese Betonung, die du hattest, die ich sehr schön finde, nochmal verstärken könntest (gut, das geht bei der anderen Version auch, aber hier fände ich es einen Hauch verständlicher, weil der Leser sich den Kasus nicht merken muss), nämlich so: Er wurde auf Außendienst geschickt. Außendienst. Er. Ihn. Einen profilierten Experten in den Bereichen Grundbedürfnisse und Mindestbedarf. Der seit Jahren von mehreren Stellen ausgezeichnete Arbeit verrichtete und nicht weniger als vier Papers verfasst hatte, die allesamt auch im Ministerium zum Einsatz kamen. Der für sein Projekt „Die Optimalversorgung. Sicherstellung der gerechten Lebensqualität bei geringstmöglichem Kostenaufwand.“ nicht nur eine persönliche Belobigung von einer der damaligen Vorstände des Staatlichen Bereichs für Grundversorgung bekommen hatte. Das Projekt wurde sogar umgesetzt. Andere Leute sehen das vlt. anders, aber ich hasse Sätze, die ein "zwar" oder "nicht nur" o.Ä. enthalten, aber die Auflösung nicht mehr mit drin haben. Ich würde hier einen Spiegelstrich verwenden. Spiegelstriche sind natürlich eine Stilfrage und wenn du sonst keine verwendest, solltest du dir das gut überlegen, aber bei einem Spiegelstrich wird, wie ich finde, die Spannung des Satzes gehalten, ohne dass es unübersichtlich wird. So geht man am Satzende runter und das ist irgendwie unvollständig. (Vlt. hab ich auch nur ein Problem damit, weil ich sehr gerne vorlese...) Langer Rede kurzer Sinn -ich würde es so machen: nicht nur eine persönliche Belobigung von einer der damaligen Vorstände des Staatlichen Bereichs für Grundversorgung bekommen hatte -nein, das Projekt wurde sogar umgesetzt. In der Praxis angewandt. Und das mit Erfolg. Signifikante Kostenersparnis für den Staat, und das nur durch einige kleine leichte Zwei Adjektive? Da würde ich mich für eins entscheiden. Drehs Dreher So denke ich an Filmdrehs. im Konzept der Mindestbedürfnisse. Von so etwas konnten die meisten seiner Kollegen nicht einmal träumen.
Und ihn schickten sie hier raus in die Mietshäuser. Oder Einserkasernen, wie sie unter Kollegen ein bisschen spöttisch genannt wurden. Mit einem Gesicht, in das klar seine Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation geschrieben war, Da ist ein Versuch "Show don't tell" anzuwenden, gründlich misslungen. Statt zu erzählen, dass er unzufrieden ist, möchtest du uns sein Gesicht zeigen. Super! Aber dann... Ich denke, du merkst den Fehler selbst. Das Gute ist, dass er sich extrem leicht beheben lässt. Du musst nur überlegen, wie jemand guckt, der unzufrieden ist. Aufeinandergepresste Lippen würden passen, denke ich. Oder du baust den ganzen Körper gleich mit ein, bzw. kombinierst das Ganze, z.B. so: Die Arme verschränkt, die Lippen aufeinander gepresst starrte er aus dem Fenster des Wagens.

Hier, so weit außerhalb des Zentrums, gab es einfach nichts zu sehen. Wo sich in den Innenbezirken Hochhäuser gegenseitig in gewagten Designs übertrafen Irgendwie wäre ich für zu übertreffen versuchten Das wäre natürlich ne Personifikation, vlt. gibt das der Stadt mehr Leben? Ich weiß auch nicht, warum mir das besser gefällt, es ist ja sogar länger, na ja, kannst ja schauen, ob du damit was anfangen kannst, ansonsten lässt du deine Formulierung da. , riesige Parkanlagen und Grünflächen Das Komma stört mich. Natürlich kann man bei einer Aufzählung das "und" durch ein Komma ersetzen, bei dieser passt es allerdings nicht, wie ich finde. Es werden nur zwei Sachen aufgezählt und die haben auch noch Nebensätze. Andererseits kann ich verstehen, dass du diese zwei "unds" nicht hintereinander haben möchtest. Kannst du nicht einfach das zweite "und" weglassen? Ist es so wichtig, dass nicht alle Grünflächen Parkanlagen sind? Kannst du nicht einfach nur die Parkanlagen nehmen?  für ein auch im Sommer angenehm frisches Klima sorgten, Zu umständlich. Schreib doch einfach für ein jederzeit angenehm frisches Klima sorgten reihten sich in den Außenbezirken nur Betonbauten an Betonbauten, durch welche die geraden Straßen und Bahnwege führten, ein Bild, das kilometerlang ohne erkennbare Unterschiede blieb. Dieser zweite Nebensatz ist echt zu viel des Guten. Bisher war der Satz trotz seiner Länge gut verständlich, aber das -okay, das versteht man auch, aber es ist nicht schön. Und der letzte Teil, na, die Kilometer kann man ja noch einbauen, aber der Rest kann weg. Da hätte man dann auch einen schönen Kontrast. Der erste Teil über das Zentrum ist ausladend, Leo gerät für seine Verhältnisse richtig ins Schwärmen, der zweite: "Nichts als Beton". Ich mach mal einen Vorschlag, nur so als Beispiel, damit du siehst, was ich ändern würde (und das gleich am ganzen Satz, dann hast du nochmal alles zusammengefasst): Wo sich in den Innenbezirken Hochhäuser gegenseitig in gewagten Designs zu übertreffen versuchten und riesige Grünanlagen (hab das gerade aus Versehen geschrieben, aber das ist doch eigtl. super, vereint beide Wörter) für ein jederzeit (angenehm) frisches Klima sorgten, reihten sich in den Außenbezirken Betonbauten an Betonbauten an Betonbauten. Die geraden Straßen und Bahnlinien sorgten für eine gewisse Ordnung, konnten die kilometerweite Trostlosigkeit jedoch nicht eindämmen. Leo mag Ordnung, oder? Sonst passt das nicht, aber er klingt so, als würde er Ordnung mögen. Die wenigen Bäume hatten weder genug Wasser noch genug Platz. Obwohl es erst August war, hatten sie schon die meisten Blätter verloren.  Und die drückende Hitze zwischen diesen engen Straßenschluchten. Finde das "und" hier nicht so schön, wo man den Satz doch so einfach mit dem vorigen verknüpfen könnte: Kein Wunder bei der drückenden Hitze zwischen/ in diesen engen Straßenschluchten. Man konnte förmlich sehen, wie du Luft stillstand.

Nicht dass sich Leo in seinem aktuellen Gemütszustand dafür interessiert hätte. Aber was soll man machen. Es war nun einmal seine Beruf, er hat sich selbst gegen das einfache Geldverdienen in der Wirtschaft für eine Karriere in der Union entschieden. Und durch solche Tage musste man nun mal einfach durch. Zu viele Füllwörter, falsche Tempi und in der Mitte etwas verwirrend. Ich mach einfach nen Vorschlag, nimm, was du gebrauchen kannst: Aber was sollte er machen. Es war sein Beruf, er hatte sich selbst dafür entschieden. Für eine Karriere in der Union. Gegen einfaches Geldverdienen in der Wirtschaft. Durch solche Tage musste er durch.

Noch immer in Gedanken versunken wandte er seinen Blick auf seine Mitfahrerin. "den Blick auf jemanden wenden" gibt es, glaube ich, nicht. Schreib doch einfach: wandte er den Blick seiner Mitfahrerin zu. Jung und motiviert war wohl das eheste Klischee, mit dem sie bezeichnet werden konnte. "eheste" ist definitiv kein richtiges Wort. Und der ganze Satz ist irgendwie nicht so das Wahre. Ich verstehe, dass du das mit dem Klischee sagen möchtest, um zu beweisen, dass du es bewusst verwendest und nicht unbewusst, aber irgendwie stört mich das eher. Vlt. könntest du einfach andeuten, dass Leo überlegt, in welche Schublade er sie stecken könnte? Etwa so: Jung und motiviert, entschied er. Und wie es aussah, hatte sie im Gegensatz zu ihm ein wirkliches wirklich Interesse an ihrer Aufgabe. Leo konnte es ihr nicht verübeln. Das erste Mal wirklich raus aus den Büros, in die Welt eintauchen, konnte durchaus etwas Spannendes haben. Ist auch irgendwie komisch. (Sorry, die Hälfte meiner Begründungen besteht aus "klingt irgendwie komisch". lol2 Aber ich hab ein sehr gutes Sprachgefühl und kann dann oft gar nicht rational begründen, woran es liegt.) Außerdem finde ich es merkwürdig, dass er sagt, dass es etwas Spannendes hat, wo er doch weiß, dass es eigtl. nicht spannend ist. Wie wäre es so (ja, ich mag Spiegelstriche. Allerdings darf man sie, genau wie drei Punkte keinesfalls zu inflationär einsetzen, na ja, wie dem auch sei): Das erste Mal raus aus den Büros, in die Welt eintauchen -das klang zunächst durchaus spannend. Zu sehen, wie die Reformen, welche hinter geschlossenen Türen beschlossen Deutsch ist manchmal eine doofe Sprache. Denk dir was aus, wo du nicht zweimal "schlossen" hast. Kannst z.B. "vereinbaren" statt "beschließen" nehmen oder "verriegelt" statt "geschlossen" (ist noch nicht ideal, ich würde da einfach bisschen rumprobieren, bisschen bei Thesaurus rumstöbern). wurden, die reale Welt veränderten. Aber er war schon zu lange dabei, um nicht zu wissen, wie solche Aufgaben dann wirklich aussehen. Zu umständlich und einmal falscher Tempus, außerdem kann man Füllwörter streichen. Beispielsweise so: Aber er war schon zu lange dabei, er wusste, wie solche Aufgaben wirklich aussahen/ abliefen./: Endlose Diskussionen mit Menschen aus der ersten Normstufe, welche nicht im geringsten daran interessiert waren, ihre Bedürfnisse zumindest ein bisschen den verfügbaren Mitteln anzupassen. Käme kräftiger, wenn du es kürzen würdest. Etwa so: welche ihre Bedürfnisse partout nicht den verfügbaren Mitteln anpassen wollten. Oder: welche nicht im Geringsten (schreibt man groß, soweit ich weiß) dazu bereit waren, ihre Bedürfnisse den verfügbaren Mitteln anzupassen. Natürlich hatte er seine Statistiken und Grafiken dabei, die ganz eindeutig darlegten, wie viel Geld für einen Menschen aus der ersten Normstufe ausgegeben werden kann konnte und wie viel ein Mensch braucht brauchte. Und es war kein Zufall, dass diese beiden Zahlen genau übereinstimmten. Aber das war den Einsern natürlich egal, die hatten absolut kein Verständnis für Verhältnismäßigkeit, keinen Sinn für das größere Bild.
Das Einzige, was sie wollen, ist mehr. Erstens muss das ins Präteritum. (Ich weiß, man denkt, dass es ja immer noch so ist und daher im Präsens stehen müsste, aber es unterbricht den Lesefluss.) Und zweitens ergibt es inhaltlich nicht so richtig Sinn, denn "mehr" ist ja nicht eine Sache, das sieht man auch an der folgenden Aufzählung. Wie wäre es mit einem schlichten: Sie konnten nie genug kriegen. Und beim nächsten Satz würde ich dann noch ein "Sie wollten" davor setzen, das wäre mit dem alten Satz natürlich nicht gegangen, aber so wirkt es natürlicher. Größere Wohnungen, mehr Bezahlung, schönere Gärten, bessere Schulen, und so weiter und so fort. Ohne daran zu denken, dass das alles Geld kostet, kostete. Geld, das von irgendwoher kommen muss. musste Geld, das er in mühseliger Arbeit aus anderen Ressorts herausziehen muss musste, sollte es ihm nicht gelingen, die besorgten Sie klingen für mich nicht besorgt, eher aufgebracht. Oder ist diese Verharmlosung Absicht? Bürger zu besänftigen, und sie davon zu überzeugen, dass sie ausreichend versorgt waren.
Und genau in so einer Mission waren sie Ach, seine Mitfahrerin gehört so richtig zu ihm? Sie sind ein Team, arbeiten zusammen? Das war mir bisher nicht klar, ich dachte, sie hat nur einen ähnlichen Job und eine ähnliche Aufgabe, muss aber woanders hin, also fährt weiter als er oder etwas in der Art. Da hätte ich "Mitfahrerin" durch "Assistentin" oder "Partnerin" ersetzt. Oder "heutige Partnerin", denn sie kennen sich ja noch nicht, oder? auch an diesem Tag unterwegs. Es hatte eine Vielzahl von Beschwerden aus einem Mietshaus gegeben, anscheinend hatten sich die Bewohner sogar in einer Gruppe organisiert und es irgendwie hingebracht fertiggebracht, eine derartige Masse von Beschwerdemails an die zuständigen Büros zu senden, dass ihnen eine außertourliche Qualitätskontrolle zugesichert wurde.

„Ich habe gelesen, dass dieses Wohnhaus eines der ersten Objekte war, in denen ihr Weil sie ihn siezt, oder? Dann muss das groß. Projekt durchgeführt wurde.Erstaunt, aus seinen eigenen Gedanken gerissen blickte Leo auf die Quelle der Stimme. Klingt zu ruhig und ist zu erzählt. Ich würde etwas wie Leos Kopf ruckte zur Seite. schreiben. Dann merkt man, dass er aus seinen Gedanken gerissen wurde. Dass er zu ihr guckt, kann man sich denken. Im erschrockenen Gesichtsausdruck seiner Mitfahrerin konnte er erkennen, dass ihm sein eigener Unmut noch immer sehr deutlich in den Zügen geschrieben war. Nee, immer noch kein schönes Show don't tell. Wie wäre es so: Seine Mitfahrerin hatte die Augen weit aufgerissen und presste sich eng an ihren Sitz. Wahrscheinlich hatte seine grimmige Miene sie erschreckt. Aber sie konnte nichts dafür. Sie war nicht dafür verantwortlich, dass sie seit einer geschlagenen Stunde durch diese trostlose Betonwüste fuhren. Alles, was sie wollte, war lernen und Erfahrungen sammeln. Und diese Motivation konnte Leo selbst aus seiner schlechtesten Stimmung herausreißen. Mit einem tiefen Durchatmen beruhigte er seine Miene. Ich weiß auch nicht, aber irgendwie habe ich da im Kopf, wie er beruhigend auf sein eigenes Gesicht einredet... Wie wäre es so: Mit einem tiefen Durchatmen wischte er sämtliche Emotionen aus seinem Gesicht. Dann setzte er ein leichtes Lächeln auf. Ich weiß, den zweiten Satz hast du nicht geschrieben, aber es würde sehr gut passen, finde ich.
„Marlena. Es ist doch Marlena, oder?Warum ist die wörtliche Rede kursiv? Die gehört nicht kursiv. Wenn schon, sind Gedanken kursiv.
„Ja.“ Es war richtig sehen, wie sie sich darüber freute, dass er sich ihren Namen gemerkt hatte. Das ist grammatikalisch falsch und etwas umständlich. Ich würde es so schreiben: Sie freute sich sichtlich, dass er sich ihren Namen gemerkt hatte. Allerdings ist die Frage, ob man das nicht auch mit Show lösen könnte. Wie wäre es so:
"Marlena. Es ist doch Marlena, oder?"
Bei der Erwähnung des Namens leuchteten ihre Augen auf und sie setzte sich gerader hin. "Ja."

„Also Marlena. Ja, da haben Sie sehr gut aufgepasst. Das  ist in der Tat eines der ersten Politobjekte unseres – unseres, nicht meines, das Lob für das Projekt und vor allem für die Umsetzung gebührt der ganzen Abteilung, nicht nur mir – Projektes. So spricht kein Mensch. Aber dass es ein Politobjekt ist, hat sie ja schon gesagt, dass muss er ja nicht nochmal wiederholen, er kann einfach sagen: "Also Marlena. Ja, das ist richtig, da haben Sie sehr gut aufgepasst. Allerdings möchte ich betonen, dass es unser Projekt ist, nicht allein meins, das Lob gebührt der ganzen Abteilung. Vor allem in Bezug auf die Umsetzung." 'Sicherstellung der mindesten Lebensqualität bei kleinstmöglichem Kostenaufwand'...“
„Der gerechten Lebensqualität bei geringstmöglichem Kostenaufwand.“
Leon kam nicht umhin, diesen Einwurf mit einem Lächeln zu quittieren. Dieses wissbegierige Mädchen hatte sich wirklich perfekt auf diese Aufgabe vorbereitet.
„Ganz genau. Sie müssen mir vergeben. Wen man den selben Satz immer und immer wieder ausspricht, bekommt er manchmal eine ganz eigene Bedeutung. Aber ja, Sie haben recht. Ich finde die Idee hinter diesem Absatz sehr schön, aber für mich ergibt es wirklich absolut keinen Sinn, dass er den Namen des Projektes nennt. Und auch, dass er sich bei diesen Details vertut, wirkt sehr gestellt. Den Absatz würde ich also tatsächlich rausnehmen. Vlt. gibt es ja noch eine andere Gelegenheit, bei der sie ihn verbessern kann? Hier haben wir das erste Mal eine wissenschaftlich fundierte Bedürfnisanalyse eines gesamten Wohnhauses durchgeführt . Und und Wörtliche Rede ist immer so bisschen ohne Punkt und Komma, was man bei einem Text natürlich nur andeutet, aber hier würde ich es zum Anlass nehmen, den Satz zusammen zu lassen die Lehren, welche daraus gezogen wurden, direkt in der Praxis angewandt.  Angefangen von der Entfernung der Fahrstühle und der Reduktion der Anzahl von Stufen pro Stiegenabschnitt über Festlegung der Zeitfenster von Wasser- und Stromverbrauch bis hin zu der Standardisierung der Wohnungseinrichtungen wurden hier erstmals alle Vorschläge des Projekts verwirklicht. Und Sie müssten die Erfolge gesehen haben. Aber, wie ich annehme haben sie das sogar." Das verstehe ich nicht so ganz. Sie hat sich also über die Erfolge informiert, ja? Aber wenn man sie ohnehin gesehen haben muss...? Kannst du den ersten Satz nicht einfach weglassen und schreiben: "Ich nehme an, Sie haben die Erfolge gesehen?“ Ein kleiner Seitenblick auf das wissende Lächeln Marlenas zeigte Leo, dass diese Annahme richtig war.
„Die Fettleibigkeit in diesem Miethaus, gesunken um 5%. Die Fettleibigkeit in diesem Mietshaus -gesunken um 5%. Kosten für Wasser und Strom konnten durch die einfache Einführung von Zeitfenstern für den Verbrauch um über 30% reduziert werden. Als würde irgendjemand um drei Uhr Morgens Strom oder fließendes Wasser brauchen. benötigen. Du hattest eben schon Verbrauch. Die Varianz der Temperaturschwankungen -durch einfaches Versperren der Fenster um ganze 40% gesunken. Aber ja, so groß die Erfolge objektiv auch sein mögen, anscheinend reichen sie nicht. Aber es macht auch keinen Sinn, jetzt genauer auf die Beschwerden einzugehen. Ist ja nicht so, als wäre es überhaupt eine Option, dass wir sie erfüllen. Zweimal "aber" und irgendwie nicht so flüssig. Wie wäre es so: "Doch so groß die Erfolge objektiv auch sein mögen, anscheinend reichen sie den Bewohnern nicht." Hier würde ich eine kleine Pause einbauen, indem Leo irgendwas macht, irgendeine Geste, die den Dialog ein wenig auflockert (also für den Leser, nicht für Leo und Marlena). "Natürlich ist es trotzdem keine Option, auf ihre Beschwerden einzugehen. Zumindest nicht, wenn wir heute unsere Aufgabe richtig machen korrekt ausführen. Ich finde Leos Umgangssprache irgendwie nicht so passend. Was genau hast du dir denn dabei gedacht? Vlt. könnte man das ja irgendwie anders umsetzen oder die Umgangssprache etwas abmildern o.Ä. Und wenn nicht, dann können wir uns die nächsten Wochen überlegen, woher wir Geld bekommen. Unmengen von Geld. Denn sobald ein Wohnhaus irgendein Geschenk bekommt, und sei es nur noch so klein, dann wird es keinen Tag dauern und uns werden von allen anderen Wohnhäusern die selben Beschwerden entgegenfliegen.“
„Und wieso fahren wir dann heute hin?“ Das klingt so, als hätte sie ihn nicht richtig verstanden. Ich würde sie fragen lassen: "Und worin besteht dann unsere heutige Aufgabe?"
Sie ist noch so jung, dachte sich Leo. So jung und hat noch so wenig Ahnung von der Realität. Es ist immer wieder faszinierend, die Menschen zu beobachten, die frisch von der Universität kommen, die glauben, alles zu wissen, nur weil sie Unmengen von Daten auf dem Papier verschlugen haben. Aber die Realität sieht nun einfach etwas anders aus. Das würde ich jetzt kursiv machen. Das sind Gedanken. Bei  der ganzen wörtlichen Rede muss das Kursive weg.
„Wir fahren hin, um zuzuhören. Um den Menschen das Gefühl zu geben, dass wir sie ernst nehmen, dass ihre Meinung uns etwas bedeutet. Und um sie zu überzeugen, dass ihre Bedürfnisse, welche sie haben und auch haben sollen und haben dürfen – ich kann nicht genug stressen, wie wichtig das ist – in der Art und Weise, wie es jetzt ist, am Besten erfüllt werden.“ Schon wieder so ein Einschub und das Wort "stressen" passt irgendwie gar nicht. Würde einfach den Einschub weglassen. Dass er das betont, ist schon klar.
„Und wenn sie sich nicht überzeugen lassen?“
„Dann müssen wir andere Methoden anwenden. Welche das genau sind, werden Sie früh genug erfahren. Falls es soweit kommen sollte.“

Für Leo war das Gespräch damit beendet. So gerne er sein eigenes Wissen an junge Menschen weitergab, so wenig machte es Sinn, mit einer Person, die noch über keine Ahnung in der praktischen Anwendung von Ordnungsmaßnahmen hatte, über diese zu diskutieren. Grammatikalisch ganz komisch und ich würde mal wieder einen Spiegelstrich verwenden: So gerne er sein Wissen an junge Menschen weitergab -es machte keinen Sinn, mit jemandem über Ordnungsmaßnahmen zu diskutieren, der davon noch nichts verstand.
Außerdem kam ihm die Gegend inzwischen etwas bekannt vor. Nicht, dass es irgendwelche großartigen Anhaltspunkte gab, aber er war in den ersten Monaten seines Projekts oft in  diesen Bezirken unterwegs gewesen und ein paar kleine Details waren immer noch in seiner Erinnerung vorhanden. "kleine Details" ist doppelt gemoppelt, außerdem ist die Formulierung sehr ungewöhnlich. ein paar Details waren ihm im Kopf geblieben/ in Erinnerung geblieben. Da eine kleine Bar, dort ein zugesperrtes Kino, auf der anderen Seite ein Freudenhaus in dessen Schatten sich einige Freier drängten.

„Wir sind so gut wie da. Falls sie sich noch irgendwie vorbereiten wollen.“
Leo hatte die Fahrerin bis jetzt wie gewohnt ignoriert, es gab auch keinen wirklichen Grund, mit ihr zu sprechen. Aber mit einem Blick an ihren dunklen Lockenkopf vorbei sah er, dass sie recht hatte. Vor ihnen baute sich ein Betonklotz auf, der zwar nicht großartig anders aussah, als die unzähligen anderen, die sie auf ihrer Fahrt gesehen hatten, aber Leon erkannte ihn sofort wieder. den Leo aber sofort wiedererkannte. Klingt irgendwie besser. Der halb entlaubte Baum am Parkplatz, die veralteten Autos und daneben einige Wracks, die für ihre Einzelteile ausgeschaltet wurden und daneben der Kinderspielplatz mit der inzwischen noch einmal rostigeren Schaukel. Der laublose (was soll denn halb entlaubt sein, entfernen sie das Laub etwa absichtlich? Warum nicht gleich ganz ohne Laub?) Baum am Parkplatz, die veralteten Autos, daneben einige Wracks, die für ihre Einzelteile ausgeschlachtet wurden und der Kinderspielplatz, dessen Schaukel inzwischen noch mehr Rost angesetzt hatte.
Vor dem Eingang sah er bereits die erwartete Menge von Menschen versammelt. Und er konnte ganz klar die Unruhe wahrnehmen, die wie eine Wolke über der Gruppe schwebte. Neben ihm schien seine Begleiterin das selbe zu spüren, jedenfalls wenn man nach ihrem verängstigten Gesichtsausdruck ging. Zu umständlich. Und zu wenig show. Die Unruhe schwebte wie eine Wolke über der Gruppe. Seine Begleiterin neben ihm biss sich auf die Lippe. (Oder etwas anderes, das ihre Angst zeigt.)
„Machen sie Sie sich keine Sorgen. Wir sind hier als Vertreter der höheren Normstufen dienstlich unterwegs. Und was für Schauergeschichten man auch über die Außenbezirke hört, in unserer Situation sind wir selbst für die schlimmsten Verbrecher tabu. Das Einzige, was uns passieren kann, ist, dass wir im eigenen Schweiß ertrinken.“

Er nickte ihr noch einmal aufmunternd zu, bevor er aus dem Wagen in die glühende Sonne stieg. Befriedigt bemerkte er, dass seine Begleiterin, nachdem sie  noch einmal tief Luft geholt hatte, eine entschlossene Miene aufsetzte und hinter ihm her ging. Zu schwach, macht den Effekt kaputt. und ihm mit festen Schritten folgte.


So, bei meinen vielen Anmerkungen könnte man meinen, ich fände es furchtbar, aber tatsächlich gefällt mir der Abschnitt ziemlich gut. Die Übergänge sind gelungen, die Mischung aus Beschreibung, Dialog und Gedanken ebenso und ganz besonders gefällt mir Leos Perspektive. Denn obwohl er keinerlei Zweifel an seinem Job hat, stemmt man sich als Leser sofort gegen sein Projekt. Das aber ohne dass man ihn direkt hasst.
Die Welt klingt bisher ziemlich standard-dystopisch, aber da kann man ja trotzdem was Spannendes draus machen, ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht, dieser Anfang hat mich jedenfalls gepackt.
Wollen wir mal sehen, wie das bei dem anderen Abschnitt aussieht, das hier scheint ja gar nicht der richtige Anfang zu sein. Würde aber auch als Anfang funktionieren, es war alles sehr gut verständlich.


_________________
"Ist das eine Truhe mit Beinen???"
(Aus: "Rincewind der Zauberer", Sammelband, von: Terry Pratchett)

Arthur lolled.
(Aus: "The hitchhiker´s guide to the galaxy", von: Douglas Adams)

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Kaja_Fantasy
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Beitrag04.08.2018 16:37

von Kaja_Fantasy
Antworten mit Zitat

So, habe jetzt auch den Abschnitt mit Nina gelesen, werde da aber nicht so genaue Textarbeit machen, da dieser Abschnitt nochmal im größeren Stil umgeschrieben werden müsste.
An sich wurde vieles schon gesagt. Ich finde auch, dass der Text zu viele Infos enthält, die man erst später einfließen lassen sollte, damit es spannend und interessant bleibt.
Die Idee, dass Nina das Spiel am Anfang selbst spielt und dann überlegt, warum sie dieses alte Kinderspiel jetzt angefangen hat, finde ich sehr gut.

Nun zur Normstufe: Mir war sofort klar, dass du den Begriff erfunden hast und dass er zu dieser Welt gehört.
Was mir allerdings tatsächlich nicht klar wurde, ist, was die Normstufe tatsächlich ist. Denn anscheinend kann man sie ja wechseln und laut diesem Reim (den ich übrigens sehr schön finde, nur an einer Stelle stimmt das Versmaß nicht ganz) spielt die Herkunft keine Rolle. (Was ich extrem cool fände, denn in den meisten SF-Romanen geht es ja darum, dass man seine Klasse eben nicht wechseln kann.)
Aber laut diesem Kinderspiel tut sie es ja doch.
Das hat mich sehr verwirrt.
Oder ist das Absicht und als Kind versteht man noch gar nicht, wie die Normstufen eigtl. gedacht sind?
Dann hätte ich das genauer herausgestellt.
Sie könnte ja das Spiel spielen, sich dann fragen, warum sie das jetzt anfängt, inzwischen wüsste sie schließlich zur Genüge, dass Normstufen so nicht funktionieren und so auch nicht gedacht sind.
Und an der Stelle würde ich die Szene tatsächlich beenden, der Bus könnte anhalten, Nina könnte ankommen, wo sie hinwollte. Den Rest der Info würde ich mir aufheben, so würde der Leser neugierig zurückgelassen. Und die nächste Szene, die bei ihrer Arbeit spielt, denke ich mal, würde sich anbieten, weitere Info zu geben.
Oder habe ich es noch nicht verstanden und alles ist ganz anders?


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wfabian
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W


Beiträge: 6



W
Beitrag04.08.2018 19:19

von wfabian
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Kaja,

danke für deine Rückmeldung.
und freut mich, dass es dir (einigermaßen) gefallen hat.

Vielleicht um die zwei Posts noch ein bisschen klar zu machen, der zweite Post ist jetzt ein Ersatz für den ersten, das heißt, ich würde die Geschichte eben so anfangen. Vom ersten Versuch bleibt das Grundthema und ich werde sicher einige Parts übernehmen - beispielsweise ein Grundschulreim -, aber die aktuelle Version ist die zweite.

Vor allem beim überarbeiteten Post ist es mir eben um die Sachen gegangen, die du angesprochen hast. Also ganz grob gesagt dass der "Stil" stimmt. Und weil das anscheinend der Fall ist, macht es gleich noch mehr Lust, weiterzumachen.

Also noch einmal vielen Dank für die Rückmeldung.

ps: wie ich nun genau die Normstufen erkläre - von denen schon ein genaues Konzept existiert, keine Sorge - das muss ich mir selbst noch überlegen
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Kaja_Fantasy
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 23
Beiträge: 182
Wohnort: Mein literarisches Wohnflugzeug


Beitrag04.08.2018 22:49

von Kaja_Fantasy
Antworten mit Zitat

Ach so, du fängst also mit Leo an, statt mit Nina?
Ja, gute Entscheidung, der Part war auf jeden Fall viel besser. (Wobei man aus dem Nina-Teil auch was hätte machen können.)
Dann bin ich mal gespannt, wie´s weitergeht. smile


_________________
"Ist das eine Truhe mit Beinen???"
(Aus: "Rincewind der Zauberer", Sammelband, von: Terry Pratchett)

Arthur lolled.
(Aus: "The hitchhiker´s guide to the galaxy", von: Douglas Adams)

Plan E? Was zum Teufel war Plan E?
(Aus: "Lockwood & Co, Die seufzende Wendeltreppe")
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wfabian
Schneckenpost
W


Beiträge: 6



W
Beitrag05.08.2018 08:56

von wfabian
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ja, vom Part mit Nina bleiben nur ein paar fragmente übrig.

Danke nochmal für das Feedback, ich bin auch selbst schon gespannt wie es weitergeht Smile
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