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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Ali Barber


 
 
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag29.06.2018 12:22

von poetnick
Antworten mit Zitat

Hallo Veith,

Dein Kommentar erweitert den möglichen Intentions - und Erlebnisrahmen.

Zitat:
Ganz unschuldig und nüchtern betrachtet ist die Darstellung im Gedicht ziemlich neutral und da ist nichts Abwertendes. Okay, das LI fühlt sich kurz wie Schlachtvieh, aber wer tut das nicht, wenn einem jemand (ganz egal, welcher Religion oder Abstammung) eine Klinge an den Hals setzt?

Es ist heiß im Ramadan (fad / steht die Luft) (das hatten wir ja gerade), der Barbier fastet tagsüber und isst nachts, er ist blass, [müde], geschwächt und seine Hand zittert leicht. Trotzdem geht er professionell seiner Arbeit nach und bringt sie zufriedenstellend zu Ende, ohne versehentliches oder gar absichtiges Blutvergießen.


Da ist zunächst mal der notwendige Automatismus von Wahrnehmung und Beobachtung.  Tatsächlich ist die Prozedur,  einer Nassrasur mittels Rasiermessers (fast ein ritueller Akt), ein sehr intimer und vertrauensfordernder Vorgang. Hier macht die (gefühlte) Grenze zwischen Horror und Behaglichkeit nur eine Haaresbreite aus.

Umso mehr als die seismischen Wellen einer verunsicherten Öffentlichkeit und öffentlichen Diskussion auch im Innenraum des Lyichs ihren Widerhall finden.
Der Filtersatz für angstverzerrte Attributionen und Stereotypen wird durchlässiger, das Lyich ‚schwimmt‘ in ihm unvertrauten Gewässern und schwindenden Gewissheiten.
Die überstandene Rasur gibt ihm diese Gewissheit zurück, ein Blick in den Spiegel, hey, da ist nur mein Gesicht!
Es hätte sich noch so etwas wie ‚der Barbier, sein Lächeln, etc. anfügen lassen. Doch denke ich, dass Ambivalenzen sich am nachhaltigsten durch eigenes Erkennen auflösen.

Der Text bleibt nun nicht in der neutralen Position von Wahrnehmung und Beobachtung, es findet eine messerhafte Zuspitzung statt. Durchaus eine Provokation, aber wir dürfen annehmen, dass solchen Gedanken und Gefühle dieser Tage in nicht Wenigen zirkulieren.
Man darf sie thematisieren.
Zum Schmähtext auf einen muslimischen Friseur würde er allerdings am allerwenigsten taugen, da dann nicht einmal einen greifbaren (Un)- Sinn ergebend

Danke für Deine Rückmeldung – sie kam für mich zum richtigen Zeitpunkt.
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Lorraine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 648
Wohnort: France
Das goldene Stundenglas Ei 10
Lezepo 2017 Pokapro 2016


Beitrag29.06.2018 21:38

von Lorraine
Antworten mit Zitat

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Ali Barber
  
dein ramadanatem strömt fad
steht die luft
ich liege halal
klinge am hals

schaue dich an
ganz nah
diese blässe so zart und schwach
zittert die hand

um haaresbreite schneidest du
den bart aus dem spiegel
scheint

mein gesicht




Du hast viel geschrieben zu deinem Gedicht, erklärt, erste Hilfe geleistet. Auch hast du betont, der Text bediene sich nicht des Plurals.

Nun, im Gedicht findet sich ein Ich, das du (und genau das wurde erspürt) mit den vielbeschworenen ›Sorgen und Ängsten der Menschen‹ belädst – Menschen, deren Stimmen gehört werden wollen/sollen (nämlich, wenn sie in Form eines richtig angekreuzten Wahlzettels durch eine Urne schweben und schön leise landen).
 
Jetzt darf er, der Plural (fett von mir):

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Der Text bleibt nun nicht in der neutralen Position von Wahrnehmung und Beobachtung, es findet eine messerhafte Zuspitzung statt. Durchaus eine Provokation, aber wir dürfen annehmen, dass solchen Gedanken und Gefühle dieser Tage in nicht Wenigen zirkulieren.
Man darf sie thematisieren.


Für mein Empfinden tut dieses Gedicht nichts weiter, als in eine Kerbe des Misstrauens zu schlagen, das Märchen vom ursächlichen Zusammenhang Religiosität/Terrorbereitschaft als Gänsehautfaktor zu kolportieren, und es kommt hinzu: Du spielst mit Sprache(n), doch das Gedicht selbst erscheint in sich zerbröckelt und soll von etwas leben, das ich gar nicht finde:

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Doch denke ich, dass Ambivalenzen sich am nachhaltigsten durch eigenes Erkennen auflösen.


Was immer auch LI an Erkenntnis mitnimmt, mit der meines Lesens hat sie nichts zu tun. Was mir entgegen ›scheint‹, ist nichts, was über Anekdotenhaftes hinausgeht, und schon gar nicht die Möglichkeit, es könnten ›nachhaltig‹ ambivalente Gefühle aufgelöst werden.

Was ›man‹ thematisieren darf oder nicht – hier geht es darum, was du thematisierst, und wie du es tust. Mir fehlt die Not(wendigkeit) in diesem Erdichteten. Ich glaube auch das zart(fühlende) LI nicht, das mir der Text ans klopfende Herz legen will.

Übrigens liegt der Text nicht in der Werkstatt, also bin ich, was ›Textarbeit‹ anginge, aus dem Schneider.

Lorraine
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag29.06.2018 21:46

von poetnick
Antworten mit Zitat

Hallo Bananenfischin,

Zitat:
ja, ein "sensibles Plätzchen" ist es allemal, das du hier aufgesucht hast. Mein persönliches erstes Lesen ging aber tatsächlich in Richtung deiner Intention: Ich sah jemanden im Friseurstuhl sitzen, der von irrationalen Ängsten und Assoziationen ergriffen wird und am Ende sich selbst erkennt.


Es freut mich, dass Dir der Text entlang seiner Absicht begegnen konnte. Wie sich zeigt, liegt hier 'spaltbares Material', das ganz unterschiedliche Reaktionen auslöst.

Zitat:
Aber ich muss zugeben, mich störte schon auch der Titel und die Halal-Passage.


Der ursprüngliche Titel war 'Haaresbreiten'. Ali Barber schien mir einen näheren Bezug zur Lebenswelt zu vermitteln -da (Ali) kein seltener Name,  eben in den von Dir erwähnten Communities. Der andere Punkt ist auch hier die Zwiespältigkeit, der Bezug zum 'Ali Baba', als Chiffre für 'wieweit kann man den Brüdern noch trauen'? -ausdrückliche Anmerkung: in der Welt des Lyich, nur bevor das hier 1:1 gedeutet wird.
In Zeiten, wo von 'Kameltreibern und Kümmelhändlern' gesprochen wird, wo Zweifel an der Loyalität von Fussballern gegrölt und gepfiffen werden, keine so unwahrscheinliche Gedankenkonstruktion.
Vielleicht überfrachtet diese Absicht den Text, vielleicht wirkt das zu reißerisch. Es scheint so.

Ich danke Dir für Dein Feedback - Gruß Inko
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firstoffertio
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Wohnort: Irland
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Beitrag29.06.2018 22:54

von firstoffertio
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Zitat:
Umso mehr als die seismischen Wellen einer verunsicherten Öffentlichkeit und öffentlichen Diskussion auch im Innenraum des Lyichs ihren Widerhall finden.
Der Filtersatz für angstverzerrte Attributionen und Stereotypen wird durchlässiger, das Lyich ‚schwimmt‘ in ihm unvertrauten Gewässern und schwindenden Gewissheiten.
Die überstandene Rasur gibt ihm diese Gewissheit zurück, ein Blick in den Spiegel, hey, da ist nur mein Gesicht!


Diese Erklärung klingt mir billig. Und wie Stimmgabel anmerkte, warum ginge so ein LI zu einem muslimischen Frisör, mit seiner solchen Angst? Die fiele ihm doch nicht gerade mal so auf dem Stuhl da ein?


Ich hatte zwischenzeitlich überlegt: Könnte LI selbst Muslim sein, und aufgrund eigener Erfahrungen mitfühlen mit dem ramadangeschaedigten Frisör? Nein. So ist der Text nicht gemacht.


Eine Stelle, die irgendwie verräterisch ist:

Zitat:
diese blässe so zart und schwach


Stünde da deine für diese ...
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6155
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag29.06.2018 23:58

von V.K.B.
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Zitat:
Diese Erklärung klingt mir billig. Und wie Stimmgabel anmerkte, warum ginge so ein LI zu einem muslimischen Frisör, mit seiner solchen Angst? Die fiele ihm doch nicht gerade mal so auf dem Stuhl da ein?
Das möchte ich auch noch einmal unterschreiben. Auf diese Deutung wollte ich nicht hin und habe deshalb versucht, es anders zu lesen. Da du, Inko, nun bestätigst, dass es doch so intendiert war, muss ich leider sagen: nee, macht doch keinen Sinn, sorry!

Verrätst du uns mal, wer du bist?
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Stimmgabel
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Beiträge: 4370
Wohnort: vor allem da
Bronzener Sturmschaden Der goldene Spiegel - Lyrik (2)



Beitrag30.06.2018 01:59

von Stimmgabel
Antworten mit Zitat

-

boah, was für Gedanken frei von der pdf-Leber geplaudert ___________________ :

noch Inko hat Folgendes geschrieben:

Der ursprüngliche Titel war 'Haaresbreiten'. Ali Barber schien mir einen näheren Bezug zur Lebenswelt zu vermitteln -da (Ali) kein seltener Name,  eben in den von Dir erwähnten Communities. Der andere Punkt ist auch hier die Zwiespältigkeit, der Bezug zum 'Ali Baba', als Chiffre für 'wieweit kann man den Brüdern noch trauen'? -ausdrückliche Anmerkung: in der Welt des Lyich, nur bevor das hier 1:1 gedeutet wird.

In Zeiten, wo von 'Kameltreibern und Kümmelhändlern' gesprochen wird, wo Zweifel an der Loyalität von Fussballern gegrölt und gepfiffen werden, keine so unwahrscheinliche Gedankenkonstruktion.
 
Vielleicht überfrachtet diese Absicht den Text, vielleicht wirkt das zu reißerisch. Es scheint so.


… bin auch schon auf die Inko-Enttarnung gespannt …

Gruß Stimmgabel …

-
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Beiträge: 834
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Beitrag30.06.2018 08:53

von poetnick
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Hallo Gold,


Zitat:
du scheinst mir ja eine ganz schöne Naivität zu unterstellen und den spöttischen Unterton kannst du dir sparen. Daran ändert der Vorschlag, per Pn zu kommunizieren, auch nichts.


Ich halte Dich nicht für naiv, kenne Dich auch kaum. Mir kam nur der Vorschlag seltsam vor, irgendwie zu bekennen, dass ich mich nicht mit Lyich identifiziere. Was sollte das auch bringen, bekennen kann ich schliesslich vieles und für mich ist es selbstverständlich, dass nicht ich es quasi bin, der auf der im Friseurstuhl sitzt.

Ein Gedanke noch von Dir, den ich hier nochmal aufgreife und in dem ich auch einiges wiedererkenne.


Zitat:
@Veith,
Ich denke, der Text ist zur falschen Zeit eingestellt worden. Die Nerven von manchen Usern, und da nehme ich mich nicht aus, liegen ganz einfach blank ob der ständigen Hetze, die einen bereits zum Frühstück serviert wird und am Schlimmsten finde ich sie, wenn sie auch noch unter dem Deckmantel der Intellektualität daherkommt.

Wäre der Text zu einer anderen Zeit eingestellt, hätte ich die Szenerie interessant gefunden, weil der Autor mit wenigen Worten eine Situation zeichnet, wie sie durchaus vorkommen kann.


Was nicht bedeuten soll, dass ich meiner Verantwortung entledigt bin. Und eigentlich ist es die 'richtige' Zeit, für mich.
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poetnick
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Beitrag30.06.2018 09:11

von poetnick
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Hallo Stimmgabel,

Du hast nun schon einiges zum Text da gelassen, ebenso zur Metaebene der Diskussion. Danke für Deine Einstände, auch wenn Dir das Gedicht von vorn bis hinten außer 'Plattheiten' nichts vermittelt.

Die investigative Gretchenfrage, warum um alles in der Welt geht es dann zu einem muslimischen Friseur (freie Wortwiedergabe), halte ich dagegen für weltfremd, mindestens für fantasielos.
Er kann einem solchen Friseur an vielen Orten aus manchen Gründen begegnen. Vielleicht ist dieser angestellt in einem Salon nichtmuslimischer Inhaber, vielleicht bei Karstadt, oder es folgte einem günstigen Angebot in der Fußgängerzone, sein Langhaarschneider ist ausgestiegen und er ging mal schnell zum Frisör 'um die Ecke'...(dies eine eher fiktive Spielart).

Möglicherweise ist er aber auch bei eben jenem Frisör einige Male gewesen und es war ihm schon etwas unwohl.

 Jedenfalls ist es in diese Stuhl gelandet und bringt all das bisher Latente zum Erleben.
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Beitrag30.06.2018 09:26

von poetnick
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Hallo Veith,

Zitat:
Verrätst du uns mal, wer du bist?


Klar doch, runter mit der Haube, es wird warm...

Danke auch für Deine Beiträge.

Ich denke hier schliesst sich der Kreis ohnehin, was die Diskussion anbelangt. Zu Intention des Autors und zum Erleben des Lyich liesse sich noch viel hin und her wechseln. Am Ende bleibt es auch eine Frage von 'Glaube ich dem Lyich, sein Erleben, oder nicht'.
Und ich höre hier natürlich deutlich die kritischen, oder 'ungläubigen' Stimmen.
Dies klang noch aus dem kritischen Kommentar von @Lorraine heraus, der ich an dieser Stelle auch für ihre Rückmeldung danke.

Ich habe den Text, Lyichs Erleben und meine Intention mehrere Male kommentiert - für einige von Euch der Worte zuviel, doch gab es auch sehr kritische An-Fragen, zum Teil auch nur unterschwellig, im Subtext enthalten.

Ich bleibe noch am Faden, wenn auch nun im Wochenendmodus.


Grüsse an alle - Poetnick
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