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»Jedes Mädchen träumt von einem Prinzen«


 
 
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag02.08.2018 10:22
Re: »Jedes Mädchen träumt von einem Prinzen«
von Michel
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Jenni hat Folgendes geschrieben:
Eine Frage aber doch: Ist dies ein Text, der nur Frauen anspricht? Wobei sich die Frage vielleicht schon selbst beantwortet hat, wenn man die Rezensentinnen sieht. Anders: Liegt es an der Erzählweise oder an der Thematik (gar am Titel?), wenn dieser Text nur Frauen anspricht?
Tut er nicht. Auch als er noch anonym eingestellt war, bin ich daran hängengeblieben (und habe gedacht: Das klingt wie von Jenni).

"Das klingt wie von Jenni": Der Text hat genau diesen trügerischen Scheinbar-Plauderton, der mich als Binge-Reader verleitet, ihn oberflächlich zu finden, was dann natürlich nicht klappt, weil es eine dichte Textwand ist und ich mich sehr konzentrieren muss, um Finni zu folgen, diesem gespielten Beinahe-Gedankenstrom, der dann radikal vom Erzähler durchbrochen wird. Das war wie eine eiskalte Dusche und hat mich erst mal aus dem Lesefluss geworfen: Wozu der auktorial-reflektierende Einschub? Weil ich von Dir noch keinen Text mit nur einer Ebene gelesen habe. So einfach machen die es mir nicht.

Frauenthema? Hm, vielleicht, ich habe mit Tinder keine Erfahrung, könnte mir aber vorstellen, dass Männer mit deutlich weniger bewussten (!) Selbstzweifeln an die Sache herangehen und Schuldige für eine unklare Lebenslage eher im Außen suchen. Wenn sie suchen. Klischee vermutlich, aber so lese ich den Text tatsächlich weiblich. Für Romanlänge wäre er mir zu dicht, das hielte ich nicht durch, aber als  kleines, feines Stück über die Schwierigkeit, nicht nur älter, sondern erwachsen zu werden, lese ich ihn ausgesprochen gern. Als Mann. Laughing
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d.frank
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D

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D
Beitrag02.08.2018 13:57

von d.frank
Antworten mit Zitat

Wahrscheinlich sind es die Themen.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Frauen viel eher über Emotionen nachdenken und darüber sprechen, als Männer es für gewöhnlich tun. Männer haben die wundervolle Eigenschaft, nur im Moment zu leben. Klar, fühlen sie auch, aber anstatt lange darüber nachzusinnen, geben sie ihren Gefühlen nach, was ihnen dann gerne als Triebhaftigkeit ausgelegt wird, oder Taktlosigkeit, ist ja beides fast das Gleiche Wink Laughing
Wenn du die Kette aus weiblichen Befindlichkeiten durchbrechen willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als auch in einen Mann zu gehen. Was um einiges schwieriger werden könnte, aus oben genannten und nicht ganz ernst gemeinten Gründen. Wink
Schwierig wird es, mE, über das typische Spiel zwischen Mann und Frau, Wunsch und Wirklichkeit hinauszugehen. Im zweiten Teil hast du das schon ganz gut angedeutet, für mich sind die beiden Menschen da nicht so unbedingt Mann und Frau, eher Persönlichkeiten, die nach irgendeiner Art Sinn suchen. Der letzte Absatz ein perfektes Synonym dafür, wie wir wissen, dass das echte Glück uns doch ohne Zutun erreichen müsse, wir aber nicht aufhören können, es zu jagen, es perfekt zu machen. Fast schon ein Paradoxon, ich mag solche paradoxen Gedankenspiele.
Wenn ich selbst dieses Buch schreiben wollen würde, dann würde ich mit dem Gedanken spielen, jemanden, vom Thema eigentlich völlig unbeteiligten hineinzubringen, einen Aussenstehenden, einen Draufgucker. Der ist zwar schon da, aber irgendwie trotzdem in Persona einer Involvierten.
Zum Thema Dichte: Ich mag sie. Ich verstehe nicht, warum hier mehrmals genannt wurde, man wolle keinen ganzen Roman in diesem Stil lesen?
Liegt das daran, dass es einfacher und angenehmer ist, an etwas lose Verknüpftem dranzubleiben? Dass man Atempausen braucht? Eine Art Hängematte aus gewohnten Fäden, in die man sich auch nach längerer Abstinenz ohne Zweifel hineinlegt und sich nur sanft anschaukeln muss, um zurück in das gewohnte Gefühl zu finden? So geht es mir gerade mit Auster, der seitenlang ausholt, sich nur wenige Abstecher erlaubt, mich aber trotzdem nicht verliert, weil seine Welt übersichtlich scheint, alltäglich und leicht zu erschließen, eine sanfte Abfolge aus Begebenheiten, die ich mitgehe, weil sie mich nicht zu sehr vom eigenen Weg abbringen.


_________________
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*Arthur Schopenhauer
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Klemens_Fitte
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Beitrag02.08.2018 16:56

von Klemens_Fitte
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Ich lese hier auch – immer wieder mal – mit, seit du den Text eingestellt hast, und ja, ich war mir hundertprozentig sicher, dass du hinter dem Inko steckst. Zu sagen hatte ich anfangs nichts, das Lorraine nicht schon viel besser gesagt hätte, und dieser zweite Text führt das Thema des ersten fort oder zeigt es noch einmal aus einer anderen Perspektive/an einer anderen "Versuchsanordnung", aber weniger offen in der Anlage des Textes selbst – Perspektive, Erzählhaltung usw. – verbaut, und da wird's für mich noch schwieriger mit dem Kommentieren, denn es sind ja weder Charlotte oder Johannes noch ihre Beziehung, die mich als Leser interessieren; davon abgesehen ist das natürlich schon ziemlich gut gemacht, da habe ich keinen Anlass, an der Sprache zu rütteln.

Das ist jetzt natürlich ein ziemlicher Nichtkommentar, das ist mir klar. Aber nichtkommentieren ist manchmal nicht schlechter als nicht kommentieren, und nicht kommentieren mache ich schon oft genug.


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Michel
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Beitrag02.08.2018 18:06

von Michel
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d.frank hat Folgendes geschrieben:
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Frauen viel eher über Emotionen nachdenken und darüber sprechen, als Männer es für gewöhnlich tun. Männer haben die wundervolle Eigenschaft, nur im Moment zu leben. Klar, fühlen sie auch, aber anstatt lange darüber nachzusinnen, geben sie ihren Gefühlen nach, was ihnen dann gerne als Triebhaftigkeit ausgelegt wird, oder Taktlosigkeit, ist ja beides fast das Gleiche
Stark. Womansplaining. lol
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Jenni
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Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag02.08.2018 20:29

von Jenni
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Nachdem ich schon glaubte, der Thread sei ins Sommerloch gefallen, überrollt er mich jetzt plötzlich mit doch immer wieder interessanten Anmerkungen, die mir viel zu denken geben. Zum Teil habe ich jetzt das Gefühl, zuvor schon zuviel dazu erklärt zu haben, zum Teil zu wenig - aber ich wollte ja gerade herausfinden, wieviel der Text erklärt und wieviel er sollte.
Versuche ich mal, eure Einschätzung für mich (ein) zu sortieren.

Rose Kane hat Folgendes geschrieben:

a) mich verwirren diese unterschiedlichen gedankengänge? sind das welche?

und b) mich langweilen märchenprinzen- /-prinzessinnenstories zu tode. weil es die nämlich nicht gibt. und weil ich persönlich sowieso nicht der "standard"typ ala mein-auto-mein-haus-meine-frau-meine-kinder bin. zu mir passt *das* nicht.

Was soll ich da sagen. Das ist keine Märchenprinzen/-prinzessinnenstory, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie du es anzunehmen scheinst. "nicht der "standard"typ ala mein-auto-mein-haus-meine-frau-meine-kinder", tja, um Typen geht es wohl in gewisser Hinsicht, vielleicht (hoffentlich) um nicht ganz so klischeebehaftete. Unterschiedliche Gedankengänge? Ja schon. Haben die dich an eine Märchenprinzessinenstory denken lassen oder einfach nur der Titel?

Anoa hat Folgendes geschrieben:
Guten Morgen!

Der Text muss gut sein, denn ich habe ihn trotz der Hitze gelesen. Diese Finni kam mir nah.

Es ist auch eine angenehme Abwechslung, dass es eine Erzählerin gibt. Vielleicht wäre weniger Kommentar besser. Aber die Geschichte ist gut.

Liebe Grüße,

Anoa, mit Schweißperlen auf der Stirn...


Das Nahekommen freut mich schon mal, auch wenn ich deinem Kommentar nicht entnehmen kann, wieviel Reflexion darin enthalten ist oder daraus resultierte, was mich darüberhinaus interessieren würde.
Weniger Kommentar der Erzählerin, meinst du? Ich befürchte, das brauche ich an dieser Stelle so, weil diese Erzählerin hier noch ihre Stimme und Distanz ausloten muss, genau wie ich selbst. Hast du die zweite Geschichte ("Fortsetzung") gelesen? Hier kommt die Erzählerin (bis auf das Ende vielleicht) überhaupt nicht persönlich zu Wort. Irgendwo dazwischen wird es sich weiterbewegen.
Danke für deinen Leseeindruck.

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Ich mag das!

Kennst du "Tiere für Fortgeschrittene" von Eva Menasse?
Das mochte ich auch und das hier erinnert mich dran. smile

Das kenne ich nicht, jedoch hört es sich an, als könnte mir das auch gefallen. Danke für den Tipp, ist für die Urlaubslektüreliste notiert.

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Jenni hat Folgendes geschrieben:
(...) oder über die so augenscheinliche Moral dieser Geschichte, die darin einfach perfekt zu ihrem Problem passt.

Öhm. Ich sehe sie nicht. Die so augenscheinliche Moral. Sollte ich? Und das Problem? Hat sie eins? In den Kommentaren hast du geschrieben, dass es dir (auch?) um Urteile geht, Urteile über andere, über sich selbst.
Ich finde in diesem Text keine (Urteile). Ist das Absicht? Und stimmt das überhaupt, ich meine du reitest ja ganz offensichtlich auf Charlottes Perfektionismus herum, aber ist das für sie ein Problem? Eher nicht, so scheint es mir.
Für Johannes aber schon und ok, doch ein Urteil im Text. Aber was er von ihr hält - nun ja, das scheint ihr jetzt auch nicht so wichtig zu sein?
Oder ist Charlottes "Urteil" das "sich fertigmachen", wenn es mit der Perfektion eben nicht so recht hinhaut? Nur das finde ich eigentlich auch nicht unbedingt im Text, denn es scheint doch so, als hätte sie selbst dafür immer eine Lösung?
(...)
Der perfekte Moment. Muss ich mich an dem aufhängen? Die Frage, ob es ihn überhaupt geben kann? Sicher nicht, wenn man vergangenes wiederaufleben lassen will.

Laughing Also, ich habe das Gefühl, entgegen deiner Aussage verstehst du alles recht gut.
Die Urteile, ja, ich habe zuviel erklärt in meinen Kommentaren. Die suchst du jetzt vergeblich, ich denke im Gesamtzusammenhang würden/werden die sich schon erklären. Nuria, vergessen? Sie ist immer noch die Erzählerin, auch wenn sie hier mehr in der Figur aufgeht (oder auch nicht, wie du zur Perspektive ja auch bemerkt hast). Sie ist diejenige, die ein Problem in Charlottes Perfektionismus sieht und glaubt, dafür eine gute Lösung zu haben und eine einfache Moral bzw. Botschaft: die "perfekten Momente" zeichnen sich gerade durch ihre Unplanbarkeit und Spontanität aus und seien überhaupt das Gegenteil von perfekt. Dass es erinnerte und darin verklärte Momente sind, das ist wohl eine ebenso halbsubtile Manipulation ihrer selbst und des Lesers wie das Entweder-Oder im Finni-Text, oder? Charlotte hat natürlich kein Problem, das ist schon genau der Punkt. Doch, das hast du schon alles richtig verstanden. Nur ich weiß immer noch nicht, ob ich früher mehr Information zur Erzählsituation unterbringen muss (denn später wird da jedenfalls noch mehr kommen).

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Erst dachte ich, es geht weiter. Aber nun haben wir andere Personen. Eine neue Frau, die einen Märchenprinz sucht? Geht das so weiter, immer wieder neue Beispiele dafür?

Charlotte sucht keinen Märchenprinzen, wenn überhaupt in diese Richtung denken, dann würde ich sagen, sie hat ihn schon gefunden. Immer wieder neue Beispiele für Frauen, die ihren eigenen Lebensweg in Frage stellen, vielleicht. Oder deren Lebensweg von anderen in Frage gestellt wird. Aber eigentlich will ich noch woanders hin. Hin zu "echten Problemem", mal sehen.

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Im zweiten Teil klingt fast Satire an. Der Perfektionismus der Frau erscheint dumm. Soll ich das als Kompensation auslegen? Die Abtreibung, so nebenbei erwähnt, erscheint mir auch wie ein Klischee. Braucht es die?

Das will ich wirklich auf keinen Fall, dass es satirisch klingt oder Charlotte als dumm dargestellt wird. Übertrieben ja, weil eben von außen "problematisiert". Da muss ich noch mal schauen, das etwas zu bereinigen. Oder mir das später noch zunutze machen (thematisieren), ich überlege noch.
Die Abtreibung, hm. Ich wollte andeuten, dass der "perfekte Moment" im Zuge eines nicht schönen Erlebnisses entstand. Ich glaube, du hast Recht. Als ich deinen Kommentar las, wurde mir bewusst, dass mich dieser Umstand selbst gestört hat.
Danke für deine hilfreichen Anmerkungen, Firstoffertio!

Michel hat Folgendes geschrieben:
"Das klingt wie von Jenni": Der Text hat genau diesen trügerischen Scheinbar-Plauderton, der mich als Binge-Reader verleitet, ihn oberflächlich zu finden, was dann natürlich nicht klappt, weil es eine dichte Textwand ist und ich mich sehr konzentrieren muss, um Finni zu folgen, diesem gespielten Beinahe-Gedankenstrom, der dann radikal vom Erzähler durchbrochen wird. Das war wie eine eiskalte Dusche und hat mich erst mal aus dem Lesefluss geworfen: Wozu der auktorial-reflektierende Einschub? Weil ich von Dir noch keinen Text mit nur einer Ebene gelesen habe. So einfach machen die es mir nicht.

Hehe. Aber die entscheidende Frage ist nun: Bietet dir diese Ebene inhaltlich einen Mehrwert oder erscheint sie dir als Spielerei?

Michel hat Folgendes geschrieben:
Frauenthema? Hm, vielleicht, ich habe mit Tinder keine Erfahrung, könnte mir aber vorstellen, dass Männer mit deutlich weniger bewussten (!) Selbstzweifeln an die Sache herangehen und Schuldige für eine unklare Lebenslage eher im Außen suchen. Wenn sie suchen. Klischee vermutlich, aber so lese ich den Text tatsächlich weiblich. Für Romanlänge wäre er mir zu dicht, das hielte ich nicht durch, aber als  kleines, feines Stück über die Schwierigkeit, nicht nur älter, sondern erwachsen zu werden, lese ich ihn ausgesprochen gern. Als Mann. Laughing

Ich glaube ja schon auch, dass es um Themen geht, die eher Frauen (direkt) betreffen. Anfangs hatte ich gar nicht vor, dass Nuria nur die "Probleme" von Frauen "löst", nur ab einem Punkt wurde mir klar, dass es eben genau darauf hinausläuft. Die Frage, die mich beschäftigt: Warum sollte es nicht möglich sein, über "weibliche" Themen so zu schreiben, dass es auch für Männer interessant ist zu lesen. Mir ist nämlich bei meiner Recherche zu diesem Projekt bewusst geworden, dass überaus viele "große Romane" von ziemlichen "Männerproblemen" erzählen, und die werden ja auch von Frauen gelesen.
Und dann auch ...

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Wenn du die Kette aus weiblichen Befindlichkeiten durchbrechen willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als auch in einen Mann zu gehen. Was um einiges schwieriger werden könnte, aus oben genannten und nicht ganz ernst gemeinten Gründen. Wink

Warum eigentlich. Es gibt doch Themen (und zwar die meisten Themen von Bedeutung), die jeden Menschen potenziell betreffen, unabhängig vom Geschlecht. Wenn ich über weibliche Befindlichkeiten (sofern es sich hier überhaupt um solche handelt, wo ich durchaus widersprechen würde) hinwegkommen möchte, dann muss ich versuchen, wie ein Mann zu denken? Das meinst du doch nicht wirklich! Nein, mein Plan ist eher, dass die Probleme ernster und für die Allgemeinheit relevanter werden, wenn Nuria sich ihrer Herablassung bewusster wird.

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Schwierig wird es, mE, über das typische Spiel zwischen Mann und Frau, Wunsch und Wirklichkeit hinauszugehen. Im zweiten Teil hast du das schon ganz gut angedeutet, für mich sind die beiden Menschen da nicht so unbedingt Mann und Frau, eher Persönlichkeiten, die nach irgendeiner Art Sinn suchen.

Und aus dieser Warte betrachtet klingt das doch schon wie ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. smile

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich selbst dieses Buch schreiben wollen würde, dann würde ich mit dem Gedanken spielen, jemanden, vom Thema eigentlich völlig unbeteiligten hineinzubringen, einen Aussenstehenden, einen Draufgucker. Der ist zwar schon da, aber irgendwie trotzdem in Persona einer Involvierten.

Ich weiß nicht, inwieweit du die Kommentare gelesen hast, aber diese Person gibt es. Und diese Draufguckerin ist mehr involviert als sich bisher zeigt und wird auch noch selbst in ihren Geschichten vorkommen.


d.frank hat Folgendes geschrieben:
Zum Thema Dichte: Ich mag sie. Ich verstehe nicht, warum hier mehrmals genannt wurde, man wolle keinen ganzen Roman in diesem Stil lesen?
Liegt das daran, dass es einfacher und angenehmer ist, an etwas lose Verknüpftem dranzubleiben? Dass man Atempausen braucht? Eine Art Hängematte aus gewohnten Fäden, in die man sich auch nach längerer Abstinenz ohne Zweifel hineinlegt und sich nur sanft anschaukeln muss, um zurück in das gewohnte Gefühl zu finden? So geht es mir gerade mit Auster, der seitenlang ausholt, sich nur wenige Abstecher erlaubt, mich aber trotzdem nicht verliert, weil seine Welt übersichtlich scheint, alltäglich und leicht zu erschließen, eine sanfte Abfolge aus Begebenheiten, die ich mitgehe, weil sie mich nicht zu sehr vom eigenen Weg abbringen.

Ich mag Dichte auch. Ich mag auch Auster und habe einiges von ihm gelesen. Es ist halt so, die Dichte muss funktionieren und tragen. Wer weiß, ob ich das kann. Aber wo bliebe der Sinn ohne möglichst hohe Ziele. wink

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Ich lese hier auch – immer wieder mal – mit, seit du den Text eingestellt hast, und ja, ich war mir hundertprozentig sicher, dass du hinter dem Inko steckst. Zu sagen hatte ich anfangs nichts, das Lorraine nicht schon viel besser gesagt hätte, und dieser zweite Text führt das Thema des ersten fort oder zeigt es noch einmal aus einer anderen Perspektive/an einer anderen "Versuchsanordnung", aber weniger offen in der Anlage des Textes selbst – Perspektive, Erzählhaltung usw. – verbaut, und da wird's für mich noch schwieriger mit dem Kommentieren, denn es sind ja weder Charlotte oder Johannes noch ihre Beziehung, die mich als Leser interessieren; davon abgesehen ist das natürlich schon ziemlich gut gemacht, da habe ich keinen Anlass, an der Sprache zu rütteln.

Das ist jetzt natürlich ein ziemlicher Nichtkommentar, das ist mir klar. Aber nichtkommentieren ist manchmal nicht schlechter als nicht kommentieren, und nicht kommentieren mache ich schon oft genug.

Lieber Jan, ich freue mich sehr über deinen Nichtkommentar. Ich verstehe dich schon. Es geht mir ja auch einfach nicht um Charlotte oder Johannes oder ihre Beziehung, und um was es mir wirklich geht, das herauszufinden, darum geht es vielleicht. Vielleicht tatsächlich darum, etwas zu Ende zu denken. Dass du hinter der Oberfläche des Erzählten etwas für dich entdeckst, auch ohne es in Worte zu fassen, das bedeutet für mich viel.


Danke euch allen für die Eindrücke und Denkanstöße, da kann ich viel mit anfangen!
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hobbes
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Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
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Beitrag02.08.2018 21:46

von hobbes
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Jenni hat Folgendes geschrieben:
Nuria, vergessen?

Nö, überhaupt nicht vergessen, aber die habe ich hier auch nicht gefunden. Was ja nicht weiter schlimm ist, auch das hier
Jenni hat Folgendes geschrieben:
ob ich früher mehr Information zur Erzählsituation unterbringen muss

würde ich spontan mit Nein beantworten. Obwohl ich es natürlich überhaupt nicht beantworten kann, ist ja dein Text smile. Für mich als Leserin braucht es das eher nicht. Wobei, da frage ich mich genauso, ob ich das überhaupt beurteilen kann, aber es ist zumindest nicht so, dass ich jetzt sofort "aber ja, natürlich, genau das" rufe.

Mein wildes Heruminterpretieren bzw. -fragen liegt ja hauptsächlich darin begründet, dass ich gern was schreiben wollte, aber nicht so recht wusste, was. Ein ziemlicher Nichtkommentar, um es in den Fitteschen Worten zu sagen.
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d.frank
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D

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Beiträge: 1125
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D
Beitrag03.08.2018 10:33

von d.frank
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Zitat:
Warum eigentlich. Es gibt doch Themen (und zwar die meisten Themen von Bedeutung), die jeden Menschen potenziell betreffen, unabhängig vom Geschlecht. Wenn ich über weibliche Befindlichkeiten (sofern es sich hier überhaupt um solche handelt, wo ich durchaus widersprechen würde) hinwegkommen möchte, dann muss ich versuchen, wie ein Mann zu denken? Das meinst du doch nicht wirklich! Nein, mein Plan ist eher, dass die Probleme ernster und für die Allgemeinheit relevanter werden, wenn Nuria sich ihrer Herablassung bewusster wird.


Da stand ein auch in dem Satz. Wink
Ich habe die Kommentare und ich habe den Text gelesen und ja geschrieben, dass diese Draufguckerin schon existiert. Ob sie es allerdings schafft, das Ganze wirklich objektiv, aus einem überraschenden Blickwinkel zu betrachten, das wird an diesem Punkt der Handlung noch nicht klar. Ich sehe sie als jemandem, der das alles schon durch hat, jemanden, der es sich leisten kann, darüber zu urteilen, weil es ihn nicht mehr betrifft, der aber trotzdem irgendwie involviert wirkt, nur eben herausgelöst. Die Thematik, um die sich die beiden Kurztexte drehen, verstärkt diesen Eindruck und da du ja irgendwo geschrieben hattest, du wärest dir selbst nicht so sicher, ob die Texte dieses Typische aufbrechen können, war das von mir ein Gedankenanstoß, über die Person der Nuria nachzudenken, wie das Ganze zum Beispiel wirkte, erzählte hier ein alter Mann, ein Kind, vielleicht gar ein Baum? (überzogen gesprochen), jedenfalls irgendjemand, der eine völlig gegensätzliche Haltung einnimmt, die sich nicht unbedingt nur aus dem Aburteilen speist. Andererseits ist natürlich auch interessant, dass man als Leser dann von ganz oben draufguckt und nicht so recht weiß, wo man ankern soll, die Geschichte in der Geschichte also und dann wieder funktioniert das auch.

Zitat:
Ich mag Dichte auch. Ich mag auch Auster und habe einiges von ihm gelesen. Es ist halt so, die Dichte muss funktionieren und tragen. Wer weiß, ob ich das kann. Aber wo bliebe der Sinn ohne möglichst hohe Ziele.


Ja, wo bliebe der? Ich denke, du kriegst das hin.


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*Arthur Schopenhauer
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Kaja_Fantasy
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Wohnort: Mein literarisches Wohnflugzeug


Beitrag04.08.2018 00:29

von Kaja_Fantasy
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Zitat:
Objekt meines Interesses (und verbindendes Element der wie oben erwähnt mehreren - inhaltlich und thematisch lose zusammenhängenden - Geschichten) ist die Figur der Nuria, in meinem Rahmenkonstrukt die Erzählerin, die ihre Mitmenschen analysiert und als Figuren weiterentwickelt/manipuliert/erzählt -


Nur mal ganz kurz hierzu: Also mir ist überhaupt nicht klar geworden, dass Nuria die Erzählerin sein soll...
Es ergibt zwar Sinn und erklärt auch Stellen, die mir aufgefallen sind, aber verstanden habe ich das so nicht.
Es könnte sein, dass das am ersten Satz liegt, in dem Nuria vorkommt, dieses "pff, würde Nuria dazu sagen". Diese Konjunktiv-Konstruktion hat mich sehr weit von Nuria weggerückt, es wirkt nicht so, als würde sie bewerten oder analysieren, sondern als würde der auktoriale Erzähler oder sogar Finni selber überlegen, was Nuria dazu sagen könnte.
Somit war meine Reaktion nur "Hä, warum kommt da plötzlich etwas über eine Nuria, es geht doch um Finni, was interessiert mich denn, was diese Nuria dazu sagt?"
Vlt. könnte man das durch eine direktere Formulierung lösen? "pff, kann Nuria dazu nur sagen" oder etwas Ähnliches.
Möglicherweise hätte ich es dann verstanden.
Aber wenn die anderen das schon kapiert haben (hab jetzt nicht alle Antworten genau gelesen) liegt es vlt. auch an mir oder an der Uhrzeit.


_________________
"Ist das eine Truhe mit Beinen???"
(Aus: "Rincewind der Zauberer", Sammelband, von: Terry Pratchett)

Arthur lolled.
(Aus: "The hitchhiker´s guide to the galaxy", von: Douglas Adams)

Plan E? Was zum Teufel war Plan E?
(Aus: "Lockwood & Co, Die seufzende Wendeltreppe")
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Jenni
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Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag08.08.2018 20:31

von Jenni
Antworten mit Zitat

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Ich habe die Kommentare und ich habe den Text gelesen und ja geschrieben, dass diese Draufguckerin schon existiert. Ob sie es allerdings schafft, das Ganze wirklich objektiv, aus einem überraschenden Blickwinkel zu betrachten, das wird an diesem Punkt der Handlung noch nicht klar. Ich sehe sie als jemandem, der das alles schon durch hat, jemanden, der es sich leisten kann, darüber zu urteilen, weil es ihn nicht mehr betrifft, der aber trotzdem irgendwie involviert wirkt, nur eben herausgelöst. Die Thematik, um die sich die beiden Kurztexte drehen, verstärkt diesen Eindruck und da du ja irgendwo geschrieben hattest, du wärest dir selbst nicht so sicher, ob die Texte dieses Typische aufbrechen können, war das von mir ein Gedankenanstoß, über die Person der Nuria nachzudenken, wie das Ganze zum Beispiel wirkte, erzählte hier ein alter Mann, ein Kind, vielleicht gar ein Baum? (überzogen gesprochen), jedenfalls irgendjemand, der eine völlig gegensätzliche Haltung einnimmt, die sich nicht unbedingt nur aus dem Aburteilen speist. Andererseits ist natürlich auch interessant, dass man als Leser dann von ganz oben draufguckt und nicht so recht weiß, wo man ankern soll, die Geschichte in der Geschichte also und dann wieder funktioniert das auch.

Ja, Nuria denkt, dass sie ganz genau Bescheid weiß, aber sie wird eben immer wieder auf sich selbst und ihre Ansichten stoßen, wenn sie meint die "Probleme" ihrer Mitmenschen einfach durchanalysieren zu können. So mein Plan. Ich bin schon ganz sicher, dass sie sie sein muss, eine Person, die ihren Figuren im Grunde ähnlich ist, im Sinne von eine von ihnen. Weil es mir am Ende doch irgendwie um Solidarität geht.
Danke für deine Gedanken. Denn natürlich lohnt es sich immer, aus verschiedenen Richtungen über etwas nachzudenken.

Kaja_Fantasy hat Folgendes geschrieben:
Es könnte sein, dass das am ersten Satz liegt, in dem Nuria vorkommt, dieses "pff, würde Nuria dazu sagen". Diese Konjunktiv-Konstruktion hat mich sehr weit von Nuria weggerückt, es wirkt nicht so, als würde sie bewerten oder analysieren, sondern als würde der auktoriale Erzähler oder sogar Finni selber überlegen, was Nuria dazu sagen könnte.
Somit war meine Reaktion nur "Hä, warum kommt da plötzlich etwas über eine Nuria, es geht doch um Finni, was interessiert mich denn, was diese Nuria dazu sagt?"
Vlt. könnte man das durch eine direktere Formulierung lösen? "pff, kann Nuria dazu nur sagen" oder etwas Ähnliches.
Möglicherweise hätte ich es dann verstanden.

Hallo Kaja,
dein Vorschlag gefällt mir, "kann Nuria dazu nur sagen", weil man es sowohl so lesen könnte als wäre es Nurias Perspektive, als auch so, Finni würde das denken. Eigentlich genau was ich gesucht und nicht gefunden habe an der Stelle. Das klingt zwar noch nicht ideal so, aber ist definitiv ein Denkanstoß in die richtige Richtung, danke dir sehr dafür!
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