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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Lesezeichenpoesie 05/2018
wie eine Straße hinuntergehen - INMITTEN - ohne Wunsch

 
 
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Aranka
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Beitrag27.05.2018 19:08

von Aranka
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Hallo Heidi,

du hast eine außergewöhnliche Fähigkeit, dich auf Texte einzulassen und hinein zu fühlen in die Bilder und hinter die Worte zu schauen. In einer großen Ausführlichkeit  schreibst ganz wunderbare Kommentare, die jeden Text bereichern und den Autor beschenken. Daher ein dickes Danke für dein intensives Lesen und für den Kommentar, in dem ich sicherlich noch eine Weile herumspazieren werde.

Ich greife jetzt ein paar Dinge heraus:

Zitat:
Der Text ist sehr bildhaft oder noch mehr: er liest sich wie ein Drehbuch. Ich blicke durch die Kamera neutral auf das Geschehen. Und was ich sehe gefällt mir; Bilder die teils surreal wirken, aber eben nur leicht. Sie könnten für meinen Geschmack ruhig "heftiger" ausfallen.
Hände spielen eine große Rolle. Hände tun, sind unser Werkzeug für unser Tun. Hier werden sie gehoben, fallen gelassen, es wird damit gestreichelt und am Ende ist es der Lichtfleck, der aus der Hand fällt. Wie kommt er dorthin? Ich mag es, mir diese Frage zu stellen.


Bildhaft, ein Blick durch eine Kamera, neutral! Was ich lese gefällt mir, auch das, was du zu den Händen sagst.

Bilder, die heftiger ausfallen? Ich deute das mal so (nicht wissend, ob du es so meinst), dass die Bilder in ihrem So-Sein heftiger zuschlagen, heftiger nach dem Leser greifen?  Oder meinst du ganz andere Bilder: Ereignisse, die eine eindeutige Heftigkeit ausstrahlen?

Ich habe die Bilder ausgewählt, sehr bewusst. Wie leicht, wie ruhig, wie heftig die Bilder in ihrem Inneren sind/sein könnten, diese Un-Gewissheit und Möglichkeit sie weiter zu denken, wollte ich den Versen im Zusammenspiel mit dem Leser überlassen.

Du magst es, wenn ein Text dir Fragen zuspielt und du stellst dir im Laufe des Kommentars eine Reihe von Fragen.

Zitat:
Warum streichelt man eine Zeitung? Warum siebt man Wasser?


Du hinterfragst den Titel, ebenso die Stelle in der Textmitte, in der sich das LI zeigt.

Du bist mit deinen Fragen so nah am Text und am LI, du hast die Un-Gewissheiten der Bilder wunderbar in deinen Fragen und Überlegungen ausgeführt, aber du empfindest sie nicht als Un-Gewissheiten. Kann das sein?

Zitat:
*Un-gewissheit. Keine Ahnung. Irgendwie erlebe ich nichts Un-gewisses und ich bin weniger intellektuell lesend, zähle eher zu "Empfindungslesern".


Zitat:
Insgesamt ist das Gedicht für mich schwer zu greifen. Aber es fasziniert mich.


Heidi, mit dieser Schluss-Aussage fühlt sich der Text sehr gut getroffen.

Liebe Grüße Aranka

Nachtrag:

Du machst mich auf meinen unkorrekten Zitat-Gebrauch aufmerksam. Du bist nicht die Einzige und hast ganz recht mit deinem Hinweis. Ich werde da gleich etwas zu sagen.


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"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke)
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Aranka
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Beitrag28.05.2018 16:20

von Aranka
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lebefroh schreibt:

Zitat:
Hhm. Das ist aber nicht der Vers, der eingefügt werden sollte. Also führt er wohl zu nichts.


Du hast Recht und ich bin selbst überrascht über soviel Blödheit, die Vorgaben zu missachten. 0 Punkte ist die richtige Antwort. Sage an anderer Stelle noch etwas dazu.

V.K.B. schreibt:

Zitat:
Hallo Inko,
da du keins der beiden Zitate wortgetreu in das Gedicht eingebaut hast, sehe ich die Vorgaben nicht umgesetzt und muss den Text aus meiner Wertung disqualifizieren.


Ich kann deine Entscheidung verstehen und finde sie korrekt.


Sue Ulmer schreibt:

Zitat:
Ich hatte die Vorgaben tatsächlich so verstanden, dass der vorgegebene Vers nicht verändert werden sollte.
Die Einbettung des Verses ist aus meiner Sicht insgesamt nicht so gelungen, er wirkt ein bisschen wie ein Fremdkörper im Rest des Textes.


Ich kann hier nur das Gleiche sagen wie oben: Vollkommen richtig! Habe einfach nicht richtig gelesen. Disqualifizierung wäre konsequent gewesen.
Deine dennoch Bewertung ist nobel.


AchWiesoNicht schreibt:

Zitat:
Nicht ganz neutraler Kommentar, um bewerten zu können.

Die Atmosphäre ist gut gezeichnet, meine persönlichen Highlights sind
Zitat:
auf geteerten Planken Mittagslicht
sowie
Zitat:
er trägt seine Hände zum Tisch
Einen Abzug muss ich der Fairness halber machen, da das vorgegebene Zitat leicht verfremdet wurde.


Deine Bewertung und dein Punktabzug sind vollkommen korrekt. Dass du deine Highlights finden konntest, freut mich.

Euch allen ein Danke fürs Lesen und Bewerten. Liebe Grüße. Aranka


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Aranka
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Beitrag28.05.2018 18:57

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Constantine,

danke fürs Lesen und Bewerten. Freut mich, dass der Text dir etwas sagen konnte. Liebe Grüße Aranka


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Heidi
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Der goldene Durchblick


Beitrag28.05.2018 20:32

von Heidi
Antworten mit Zitat

Hallo Aranka,

Aranka hat Folgendes geschrieben:
Bildhaft, ein Blick durch eine Kamera, neutral! Was ich lese gefällt mir, auch das, was du zu den Händen sagst.

Bilder, die heftiger ausfallen? Ich deute das mal so (nicht wissend, ob du es so meinst), dass die Bilder in ihrem So-Sein heftiger zuschlagen, heftiger nach dem Leser greifen?  Oder meinst du ganz andere Bilder: Ereignisse, die eine eindeutige Heftigkeit ausstrahlen?


ich meinte damit Bilder, die eine verfremdete Realität zeigen. Dein Text vermittelt solche Bilder, da Hände (also nur die Hände gesondert betrachtet) nicht fallen gelassen werden können, auch in der Luft können sie nicht stehen bleiben - sie sind ja an den Armen dran und die sind am Rumpf dran. Mein Gedanke im Kommentar, dass die Bilder für mich gerne heftiger ausfallen könnten, ist insofern "falsch" für deinen Text, weil es ja dein Ausdruck ist, in diesen offenen Bildern zu "malen". Ich habe das wohl mehr oder weniger erwähnt, weil ich gerade die Hand-Bilder, auch in dieser Häufung spannend fand und dann einen kleinen Gedankenausflug unternommen habe, mir bewusst gemacht habe, dass ich eben diesen Hang in mir trage, real-verfremdete Bilder zu mögen.

Deine Bilder sind einerseits offen, auch stark, aber nicht aufdringlich; in Farben ausgedrückt erlebe ich Pastelltöne, gedämpfte Farben. Ich habe keine Ahnung vom Drehen, aber ich meine, dass es für Kameras auch Farbfilter gibt. Mit Blick durch so einen, könnte dein Text sich abspielen.
Um noch mal auf die Hände zurückzukommen: Dein Text spricht von einer Hand, die gehoben wird und ich sehe durch den neutralen Blick der Kamera jemanden eine Hand heben, aber das Fallenlassen gleitet in meinem Lesen in ein leicht surreales Bild, da eine fallengelassene Hand bisher in meinem Sprachgebrauch noch nicht vorgekommen ist. Automatisch formt sich in mir dann eine Hand, also nur die Hand, die dann auf der Erde landet, was ja unlogisch ist, nicht möglich ist, aber dennoch was ausdrückt. Das Bild einer losen, auf der Erde liegende Hand wirkt auf mich "existenzieller" als eine, die - wenn ich das Bild realer verfolge - noch an der Frau dran ist. Diese wirkt dann völlig anders nach, weil das Fallenlassen nicht so weit in die Tiefe geht, und es wäre dann eine Anbindung zum Körper vorhanden.
Es ist sehr schwer, in Worte zu fassen, was deine Bilder in mir auslösen, ohne das es seltsam klingt, aber ich kann das so denken - eine fallengelassene Hand, also nur die Hand, auch nur die Hand, die in der Luft stehen bleibt und das LI beobachtet das alles aus neutraler Perspektive - ohne, dass diese Hand verstümmelt wirkt oder sonstwie unangenehm; sie fällt nur, weil sie ja auch als Bild für etwas steht. Gerade die Hand, die in der Luft stehen bleibt, finde ich faszinierend. Sie ist es, glaube ich, die die Bilder so wirken lässt, als würden sie sich in Zeitlupe abspulen. Vielleicht ist es auch das, was die Hände in verzerrte Bilder gleiten lässt. Eben leicht surreal, weil Zeitlupe gibt es in der Beobachtung ja auch nicht, dein Text vermittelt sie mir aber.
Der aus der Hand fallende Lichtfleck, geht auch in diese eher surreale Richtung, die ich meine. Er könnte auch eine zeitliche Bedeutung haben. Das LI steht dort schon eine Weile und durch die Veränderung des Sonnenstandes, erscheint dann im Verlauf der Handlung irgendwann dieser Lichtfleck und fällt dann aus der Hand, weil die Sonne sich weiterbewegt; aber ich kann das auch anders denken: nur den Lichtfleck; irgendein Lichtfleck, der einfach das Bild des Lichtes (urbildhaft betrachtet) repräsentiert und dieser Lichtfleck fällt dann aus der Hand, was - wie vorhin die fallengelassene Hand - ein sehr viel existenzielleres Bild abgeben würde. Dass der Text sich aus einer neutralen Perspektive zeigt, fordert den Leser natürlich sehr viel eindringlicher heraus, als wenn LI Emotionen zeigen würde.

Was ich jetzt, nach dem Lesen deiner bisherigen Kommetare gut nachvollziehen kann, ist das Un-Gewisse. Natürlich, das LI steht in der Mitte und wenn es keinen Wunsch hat, dann kann es auch neutral auf das Geschehen blicken und dadurch fügt sich das Un-Gewisse wieder ein. Die Neutralität machts. Es ist wie ein Kind, könnte auch ein Außerirdischer sein (jetzt mal übertrieben bildhaft ausgedrückt, weil nicht möglich, ein Außerirdischer könnte vermutlich die Umgebung nicht in unsere Worte kleiden), blickt  völlig unbefangen auf das, was es umgibt und was als nächstes kommt ist ungewiss.

Aranka hat Folgendes geschrieben:
Du bist mit deinen Fragen so nah am Text und am LI, du hast die Un-Gewissheiten der Bilder wunderbar in deinen Fragen und Überlegungen ausgeführt, aber du empfindest sie nicht als Un-Gewissheiten. Kann das sein?


Ich habe nun noch mal darüber nachgedacht und ich glaube, das liegt an der neutralen Perspektive. Beim Lesen versuche ich komplett ins LI reinzusteigen, sozusagen mit ihm mitzuempfinden, um den Text-Ausdruck in mir selbst zu erleben - so ticke ich in meinem Lesen. Wenn der Text über das LI Schmerz vermittelt, dann erlebe ich diesen Schmerz sozusagen mit, versuche aber zeitgleich Objektivität zu bewahren, zu reflektieren. Der neutrale Erzähler wirft mich aber auf mich selbst zurück, die Emotionen kommen nicht so direkt. Das ist vielleicht der Grund, warum ich die Un-Gewissheit nicht greifen konnte.
Das LI ist zwar als LI im Text vorhanden, dann aber doch wieder nicht, weil es es sich nur einmal zu erkennen gibt. Das ist gewagt (ich meine das positiv), weil innerlich ein Perspektivwechsel vollzogen wird, der bei mir erst mal sehr unbewusst stattgefunden hat. Der Titel hat mich dann darauf hingewiesen.
Als Ausdrucksmittel finde ich das enorm und ich werde sicherlich noch ein wenig darüber nachdenken, den Text wieder lesen.
Und ich bekomme auch Lust darauf, es mal damit zu versuchen, neutral zu erzählen.

Abschließend wollte ich dir noch für die schönen Worte danken, die du eingangs zu meiner Fähigkeit mich in Texte hineinzufühlen, hinterlassen hast. Ich finde, dass es für eine Autorin/einen Autor wichtig ist, auch zu erfahren, welche Bilder im Kopf des Lesers entstehen, welche Empfindungen ausgelöst werden, die bei jeden nur individuell ausfallen können. Das Forum bietet genau diese Möglichkeit; für mich immer wieder eine Bereicherung.
Mich selbst schult es ebenfalls, wenn ich versuche, in Worte zu fassen, welche Empfindungen ich durchlebe, welche Bilder mir der Text zeigt - das ist der positive Nebeneffekt. Es hilft mir, meine eigenen Texte besser zu greifen.

Bin weiterhin fasziniert von deinem Text.

Liebe Grüße
Heidi
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Aranka
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Beitrag28.05.2018 22:14

von Aranka
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Poetnik schreibt:

Zitat:
Hallo Unbekannt,

ein Text der sich, mit wiederholtem Lesen - unaufdringlich, zu meinem Favoriten entwickelt hat.
Diese flirrenden, etwas traumartigen Szenerie hat mich doch gepackt. Für mich
das poetischste Gedicht im ganzen Feld.


Poetnik, dass "unaufdringlich" freut mich ganz besonders. Das ist sicherlich häufig der Ton meiner Gedichte. Das "poetischste Gedicht" im Feld, nehme ich als ein ganz dickes Kompliment. Nicht immer gelingt es, das ein Text einen Leser erreichen kann. Danke für dein Lesen, deine Rückmeldung und dein Bewerten.

Liebe Grüße. Aranka


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Aranka
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Beitrag29.05.2018 10:38

von Aranka
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gold schreibt:

Zitat:
Am Besten gefallen mir die beiden ersten Sätze.


Schön, dass du bei mir reingeschaut hast und dass du zwei Zeilen für dich mitnehmen konntest.

Liebe Grüße Aranka


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Beitrag29.05.2018 10:54

von Aranka
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Rübenach schreibt:

Zitat:
Auch hier wurde die Zitatvorgabe nicht erfüllt, aus verdarb den vers, aus dem nichts folgen sollte wurde  verdarb/ den Vers, der zu nichts führen sollte. Was also tun beim Bewerten? In Anbetracht der tatsache, dass von den Texten, die dieses Gedicht eventuell von seinem Platz verdrängen könnten, auch keine ein den Anfordrungen entsprechendes Zitat enthält, bleibt es beim zweiten Platz.


Rübenach, zuerst einmal freue ich mich, dass du diesen Text für dich auf dem zweiten Platz siehst. Auch ohne nähere Rückmeldung weiß ich deine Wertung zu schätzen.

Das leidige Zitat und mein frevelhafter Umgang damit: ich bekenne mich schuldig!
Sei es nun Übermut, Anarchismus oder einfach Schusseligkeit gewesen -
ich hätte eine Disqualifizierung ohne Wenn und Aber akzeptiert und finde auch alle Punktabzüge der Leser vollkommen in Ordnung.

Deine Entscheidung, meinen Text für dich zuzulassen, in Abwägung mit den anderen Texten finde ich eine großzügige Geste.

Danke fürs Reinschauen und Bewerten. Liebe Grüße Aranka



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Beitrag29.05.2018 14:16

von Aranka
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Hallo Zinna,

deine Rückmeldung zum Text und deine Einschätzung freut mich.

Zum Titel schreibst du: "Wie ein Armschwung, der den Blick auf alles lenkt."

Das ist für mich eine äußerst zutreffende Bemerkung.

Beim Schreiben habe ich immer mal wieder gedacht, dass der Titel zu viel will und ich ihn ein wenig überfrachtet habe.
Das LI und sein Unterwegs-Sein, seinen Blick auf die Dinge, dass alles wollte ich hineinlegen, damit der Leser mit dem Li mitgehen kann.

Andererseits könnte man das „ohne Wunsch“ ja auch aus dem Text herauslesen. Und bin nicht ich diejenige, die sich vehement gegen alles wert, was der Autor mir unnötiger Weise aufs Auge drückt?
So bin ich immer noch nicht sicher, ob ich den Titel da nicht entschlacken könnte.

Du schreibst:
 
Zitat:
Der Holunder zieht mich in eine Szenerie hinein.


Schön, dass mein Einstiegsvers nach dir gegriffen hat und dich anscheinend in eine Hafenstadt geführt hat.

Du schreibst weiter:

Zitat:
... seine Verse sind wie Skizzenstriche, das Gedicht eine mit Tusche versehene Skizze, aus Bildern, Bewegungen, Stimmung.


Bilder, Bewegung, Stimmung, skizziert: das alles kann ich gut nachvollziehen und war zum Teil auch meine Absicht.

Zitat:
Inko, du bist am mutigsten von allen Teilnehmern. Du hast den Vers nicht nur eingesetzt sondern mit/an ihm gearbeitet, ihn ins Aktiv gesetzt


Mutig? Das ist aber eine sehr freundliche Auslegung.
Nein, ich glaube nicht, dass es ein bewusster Akt des Regelverstoßes war.  Vielleicht war ich schlicht und einfach zu blöd oder zu nachlässig, genau zu lesen, die Vorgaben sorgsam abzuklopfen und beim Arbeiten fest im Auge zu behalten und vor allem sie zum Schluss noch mal zu kontrollieren.

Denn soweit sollte ich mich kennen: beim Arbeiten bin ich tief im Text, schmeiße dauernd was um, verändere und vergesse mein Drum-Herum und als erstes so Dinge, die sich von Außen in den Text drängen wollen oder ihm ein Korsett anlegen. Dem Text lasse ich nach ein paar Kopfentscheidung schon immer viel Freiraum und gehe seine Eigenbewegungen gerne mit. So findet sich Inhalt und Form meist miteinander im Prozess.
Nur so kann ich mir die Veränderung des Zitates erklären, die ich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr als Abweichung empfunden habe, nicht mal als ich die anderen Beiträge kommentiert habe ist mir mein anderer Wortlaut aufgefallen. Erst in Rübenachs Kommentar wurde es mir bewusst, da er so nett war, beide Zeilen nebeneinander zu stellen: das Original und meine „Findung“.

Bis dahin dachte ich, die Regelabweichung bezöge sich auf meinen freien Umgang mit Zeilenumbruch und Großschreibung.

Rübenachs Kommentar traf mich wie ein Hammer.


Für mich stellt sich jetzt außerhalb des Wettbewerb die Frage:

Gibt es generell Vorschriften, oder Gepflogenheit für die „Einarbeitung“ einer fremden Gedichtzeile in ein eigenes Gedicht, außer der Kennzeichnung.

Ist es klar, was ich verändern darf und was nicht?

Ich bin da jedenfalls recht unbedarft rangegangen.

Die Zitatzeile, auch wenn sie sich bei mir etwas verändert hat, und die Auseinandersetzung mit ihr, war für meine Arbeit wichtig, war Auslöser für etliche Schreibentscheidungen und für alles, was dann im Text passiert ist.

Zinna, danke für dein Reinschauen und Bewerten, trotz deines Urlaubs.

Liebe Grüße. Aranka


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Beitrag31.05.2018 09:27

von Aranka
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Hallo Menetekel,

danke für dein Vorbeischauen bei mir und für deine Rückmeldung:

Zitat:
*Der ganze Rest gefällt mir super, weil ich diese minimalistische Art mag.
Eine sehr schöne Momentaufnahme in Zeitlupe.


Minimalistisch / Momentaufnahme / Zeitlupe, das alles trifft die Machart gut. Dass dir der größte Teil des Textes gefällt, freut mich.


Zitat:
*aus meiner Sicht weicht

Holunder greift übers Scheunendach, kein Himmel verdarb
den Vers, der zu nichts führen sollte: .................. auf geteerten Planken Mittagslicht

a) doch ziemlich von unserer Vorgabe ab

b) ... und ich kann mir zudem keinen rechten Vers darauf machen, welche Bedeutung deinem Vers in den Versen überhaupt zukommt.


Zu a): Ja, das Zitat weicht „ziemlich“ von der Vorgabe ab und jeden Punktabzug aus diesem Grund fand ich in Ordnung. Habe in meiner Antwort an Zinna etwas mehr dazu gesagt.

Zu b): Deine Frage, welche Bedeutung meine (gefundene) Zitat-Zeile in meinem Text zukommt? Ich habe eine leise Ahnung und schaue nun täglich neu, was mir aus dem Text entgegenkommt.
Auf jeden Fall war das Zitat Auslöser einer intensiven Auseinandersetzung mit dem So-Sein eines Verses und führte zu einer Schreibidee und Schreibhaltung.

Was ich so in meinem „krausen Hirn“ vorab hin und her geschoben habe, das kann ich versuchen kann ich versuchen in Prosa zu formulieren, es trifft jedoch immer nur einen Teil. Dennoch ein Versuch.

… ein Vers, der (in seinem SO-Sein) zu nichts führen sollte????/ Was ist das für ein Gebilde? Gibt es den überhaupt? Und was genau besagt hier der Konjunktiv?

a) der Konjunktiv „sollte“: eine Erwartung/ein Wünsch (von Außen) an den Vers? Eine Fremdbestimmung? Eine, die nicht gelingen kann?
b) zu etwas führen“: der Vers aktiv

Ein Vers, der ins Offene unterwegs ist: offen für einen Dialog mit dem Leser, dem keine Absicht, kein Ziel, kein Sollen von Außen eingeschrieben werden kann. Im Gepäck nur Aufgesammeltes: Benanntes und Unbenanntes, Möglichkeiten. Diese Möglichkeiten: seine einzigen Gewissheiten.

Aus diesen Fragen und Überlegungs-Bruchstücken entstand mein LI und meine Schreibidee:
eine Straße hinuntergehen – INMITTEN – ohne Wunsch.

Aber da gab es noch dieses „Verdarb“.
Wer oder was könnte so einen souveränen Vers überhaupt verderben?

Da musste mindestens ein Himmel herhalten. [Sonst lass ich diesen meist hoch oben über den Scheunendächern.] Hier jedoch nannte ich ihn „beim Namen“, wollte ihn nicht nur blau oder grau „ins Bild“ holen, sondern als Wort in den Text, mit all seinem möglichen „Himmelsgepäck“:  Wünsche und Sehnsüchte, Wissen und Weltentwürfe und all die Götter der Hoffnung und Theorie.
Sie sollten außen vor bleiben.  So war der erste Vers geboren.

Nun konnte ich mich den Versen widmen, die nichts „sollten“, außer unterwegs sein INMITTEN. Und das war mir ein reines Vergnügen.

Ob diese Zitat-Zeile im Text stehen müsste oder ob der Text das auch ohne die Zeile transportiert und das „Zitat“ besser nur oben drüber stehen würde, die Frage stelle ich mir jetzt nach dem Wettbewerb auch unter Einbeziehung der Kommentare, jetzt - ganz in Ruhe und Gelassenheit, frei von jeder Vorgabe.

Menetekel, das sind ein paar meiner Gedanken, die vor dem Schreibbeginn standen, wohin die Verse mit diesen Gedanken gegangen sind … ich hoffe, sie wissen mehr als der Autor und öffnen einen weiten Raum. Was die Verse zu dir transportieren und wo du mit ihnen hingehst. Es ist jetzt deine Straße.
Und das ist gut so.

Habe mich gerne mit deiner kritischen Anmerkung und Frage beschäftigt.

Liebe Grüße. Aranka


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Beitrag31.05.2018 12:16

von Aranka
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Hallo Lorraine,

vorab ein Danke, dass du dich mit meinem Text auseinander gesetzt hast und mir deine vielen Gedanken dagelassen hast. Ich weiß das sehr zu schätzen. Über deine Bewertung freue ich mich.

Du benennst ein paar Dinge, die mir als Rückmeldung eine gute Auskunft geben:

a) das Hervorblitzen „schöner“ Stellen, als seien sie vom Lichtfleck gestreift.

Schön zu sehen, dass solche feinen Details einen Leser finden.

b)eine „schlechte“ Einpassung des „nicht-mehr-Zitates“, so dass es ein Fremdkörper im Gesamttext bleibt.

Das mit der Zitat-Veränderung habe ich in anderen Kommentaren beantwortet. Neben eines nicht korrekten Umgangs mit dem Zitat, steht das Empfinden einer nicht gelungenen Einarbeitung im Raum.
Das steht ganz oben auf meiner Liste der Fälle: XY ungelöst

c) hier zitiere ich deine komplette Kommentarstelle, da ich jedes Wort unterschreiben möchte:

Zitat:
*Etwa in der Mitte des Gedichts taucht dieses beobachtende Ich mit

Zitat:ich rieche den Regen

auf, einer bloßen Feststellung, die wie eine Justierung funktioniert, eine Feineinstellung. Es ordnet sich in das Beschriebene ein, ist inmitten all dessen, was passiert (vorbei geht, aber gleichzeitig als Zeitpunkte in Beobachtungen festgehalten wird.
Ob der Regen bereits gefallen ist, oder in der Luft liegt, noch kommen wird – es bleibt mir überlassen, wie ich das lesen will. Und das ist ein Merkmal dieses Gedichts: Es deutet an, es skizziert, es will nicht überzeugen. Vieles bleibt (wie die Hand, die in der Luft stehen bleibt), verharrt für den kurzen Moment einer Stimmung – wird die Hand zum Gruß gehoben, ist es eine warnende Geste? Schon kommt die nächste Beobachtung, und wieder ist da (auch) der Eindruck, dass die Verschriftlichung mit Antwortversuchen zu tun hat, mit der implizit im Titel angedeuteten Frage »Wie (sieht das aus/könnte das sein:) eine Straße hinunter gehen […]



Du wirfst einen Blick auf den Titel, der seinen Fokus auf das „WIE“ eine Straße hinunter gehen legt. Die Verschriftlichung ein Antwortversuch?
Ein Näherungsversuch mit Sicherheit. Die notwendige Balance zwischen Nähe und Distanz zu den Dingen/Menschen hat sich schreibend herausgeschält.
Ich formuliere mal ins Unreine: soviel (innere) Nähe, dass man sich noch umarmt fühlt,  soviel (äußere) Distanz, dass gewohnte Wahrnehmungs- und Zuordnungsmuster nicht mehr greifen.
Wahrnehmungen zum Teil in Zeitlupe und aus den Mustern der logischen Zusammenhänge herausgenommen, heben die Wirklichkeit aus ihren festgeglaubten Angeln und machen Ungewissheiten möglich.
Auf diese Ungewissheiten möchte ich in meinen Texten zuschreiben.

In deinem Lesen finde ich an vielen Stellen genau dieses Wollen gespiegelt und das erfreut mich dann. Wenn du dann diesen Versen zum Teil eine poetische Kraft bescheinigst ist das mehr als ich erwartet habe.

d) Du benennst, dass diesem Text eine rhythmische Gestaltung fehlt.
Ich kann nur vermuten, was du damit konkret meinst und für einzelne Verse kann ich das für mich sogar festmachen.
Generell ist die rhythmische Gestaltung in meinen Texten immer mal wieder eine „Schwachstelle“. Ich werde mir die Verse noch einmal auf ihre Gangart und innere Spannung hin anschauen. Der zweite Punkt auf meiner XY-Liste.

Für deine Rückmeldung und deine kritischen Hinweise vielen Dank.

Liebe Grüße. Aranka


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Beitrag01.06.2018 18:02

von Aranka
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Hallo d. Frank,

ich beginne mal mit deinem 2. Beitrag: kurz und bündig, nach ein paar Tagen Abstand zum ersten Lesen.

Zitat:
* 12 Punkte von mir.
Ich mag, was sich für mich dahinter versteckt, die Gedanken, die es anregt, und das Spiel mit Sprache.


Irgendwie hat der Text etwas in dir bewegt, sich vielleicht ein wenig selbstständig gemacht in deinem Kopf und er hat am Ende zu einer hohen Einschätzung deinerseits geführt. Darüber freue ich mich und zwinkere mal meinem Text und dem Leser zu: Gut gemacht!

Nun zu deinem intensiven Spaziergang durch meinen Text, mit vielen Gedanken und Deutungen von dir und ebenso vielen Verwerfungen, die für mich interessant waren und die mir wichtig sind.

Titel und erster Vers sind für dich widersprüchlich und treiben dich um. Ich bewundere deine Ausdauer mit dem Text.

Nun habe ich mich in deine Leseeindrücke hinein gespürt und mir begegnete ein Leser, den ich fast als einen Gegenentwurf zu meinem LI empfand.

Du gehst (als Leser) durch diese „gewortete“ Straße mit dem ganzen Sensorium deiner Seh- und Deutungsgewohnheiten, suchst nach Gewissheiten, nach Antworten und Lösungen, nach einem Ziel, wohin dich die Verse führen sollen. Du greifst nach den dir vertrauten Zusammenhänge, willst Ordnungen schaffen, Sicherheiten herstellen, indem du das, was du aufliest, wertest und es dir vertraut machst.

Dieses wertende Einordnen geschieht fast unbewusst, das Denken und Wissen, unsere Erfahrungen, das ganze über die Zeit erworbene Sensorium mit dem wir kommunizierend durch die Welt gehen, unser inneres Navi: es ist permanent online. Und Gott sei dank ist das so.

Schaltet man es bewusst ab, wie hier das LI, entsteht zuerst einmal eine Art Orientierungslosigkeit, die Welt zeigt sich anders/ungewohnt, vertraute Bilden  geraten hin und wieder in eine Sur-realität. Dieses Wahrnehmen liegt abseits einer Leichtigkeit, ist uns doch das „unschuldige Sehen der Kinder“ schon längst abhanden gekommen. Es ab und an erneut zu versuchen, ist für mich mehr als eine Übung aus poetischen Gründen.

Du hast mir in deinem Kommentar wunderbar ausführlich gezeigt, was du in meinem Text herausliest. Ich mach es mal genau so und versuche einmal aufzuziegen, was ich aus dem Kommentar herauslese:

Du schreibst:

Zitat:
*Noch mal genauer und in erster Linie für mich selbst:

Zitat:Holunder greift übers Scheunendach, kein Himmel verdarb
den Vers, der zu nichts führen sollte: .................. auf geteerten Planken Mittagslicht

Holunder greift - die Natur wird personalisiert. Das setzt sie in Beziehung zum Sprecher und auch in Beziehung zum von Hand errichteten Dach. Der Himmel verdirbt nichts, er ist nicht trübe und verhangen und verdirbt die Gedanken und damit den Vers. 1) Da spürt also jemand eine Sinnlosigkeit seines Unterfangens und ist froh, ihm ein Mal auch entkommen zu sein. 1)
geteerte Planken - das ist wieder so eine Personalisierung. Planken, das assoziiert man mit Schiffen, mit Weite. Aber auch ein Zaun hat Planken und diese hier sind geteert, von Menschen gemacht, geteert ist für mich hier ein Negativwort. 2)


„Holunder“ und „geteerte Planken“, beide Worte docken an Bilder und Assoziationsräume in dir an und was du assoziierst kann ich nachvollziehen. Was du schlussfolgerst, versuche ich nachzuvollziehen, gelingt nicht so ganz.

Zu 1)Das markierte ist für mich widersprüchlich: frage mich, warum ein Himmel der nichts verdirbt, die Gedanken verdirbt. Daher kann ich wahrscheinlich auch die Folgerung der „Sinnlosigkeit“ und des „Entkommens“ nicht erkennen.

Zu 2) Warum ist geteert „hier“, also im Text, ein Negativwort? Für mich ist TEER erst mal ein Schutz gegen Witterung, ein haltbar machen.
Ich kenne es an Schiffsplanken und auch an den alten Scheunen, die sich beeindruckend schwarz und riesig im freien Feld gegen den Himmel abzeichnen. Ist es diese dunkle Teerfarbe, die dir negativ entgegen kommt?
Mir ist bewusst, dass man hier jeden Vers, wenn man ihn weiterdenket, mit einem positiven und ebenso auch mit einem negativen Vorzeichen versehen kann. Ich würde gerne deine Negativbedeutung des „geteert“ nachvollziehen.


Zitat:
*Zitat:ein Auto hupt, eine Taube fliegt auf, ein Ball rollt über die Straße

Hier brechen dann die Dinge hinein. Sie werden aber nur beobachtet, in relativ schneller Anfolge


Ich versuche mal in den Leser hinein zu spüren: ER empfindet, dass die Dinge hier in ein Hintereinander gesetzt werden, in eine rasche Abfolge, ohne einen Zusammenhang herzustellen, ob es einen gibt, ob die Ereignisse miteinander zu tun haben, bleibt unbenannt. Es wird beobachtet und gesammelt.
So weit so gut.
Den Leser macht es anscheinend unruhig, diese Un-Gewissheit auszuhalten.  Daher geschehen die Dinge nicht nur, sie brechen hinein. Ich spüre da ein unausgesprochenes „gewaltsam“.
Im „aber nur“ spüre ich ein leises Bedauern, eine Mehrerwartung, die der Text erst mal nicht erfüllt. (Lese ich das richtig?)

Zitat:
Zitat:eine Frau bleibt stehen,
hebt die Hand, lässt sie fallen, hebt sie erneut

eine Hand, die in der Luft stehen bleibt

Dann regt sich hier schon das erste Nachsinnen am Ende des Verspaares.


Ich denke mal laut: Der Leser stutzt. Das Nicht-Wissen, warum sie den Arm hebt, das ungewohnte Anhalten der Bewegung, das Verbleiben der Hand in der Luft, als wäre die Hand losgelöst von der Frau, losgelöst von jedem Zusammenhang. Das Bild gerät in eine leicht surreale Anmutung. Ist es das, was der Leser hier vielleicht spürt, was ihn Nachdenklich macht?

Zitat:
Zitat:es ist schwül, ich rieche den Regen

Der Sprecher wird überdrüssig. Ihm wird schwül, er wünscht sich einen baldigen Regen


Ich versuche deine Schlussfolgerung „überdrüssig“ zu verstehen.
Das LI verlässt für einen Vers seine Position als distanzierter Beobachter? Oder bleibt es doch distanzierter Beobachter und verändert nur seine Blickrichtung? Es tritt zum ersten mal als ICH in den Text und zeigt sich in seinen Wahrnehmungen. Der Blick durch die Kamera, jetzt auf sich gerichtet.
Überdruss?? Neujustierung?? Feineinstellung??

Ich finde es ganz spannend, die unterschiedlichen Leseweisen gerade an der Stelle zu registrieren.

Zitat:
Zitat:orangefarbene Plastikstühle, Müll in blauen Säcken
ein runder Tisch, am Ende der Straße ein Baggersee

Das hier ist dann schon mit Verbitterung betrachtet. Es klingt, als ließen die Leute überall ihren Müll rumstehen und auch der See wurde von ihnen einfach in die Gegend gepflanzt.


Du setzt ein negatives Zeichen vor den Vers und folgerst: Verbitterung.

Der Textton bemüht sich um ein neutrales aufsammeln. Was dann im Leser passiert, welche Gefühle da angestoßen werden, ist der Dialog, den der Autor nicht mehr in der Hand hat. In dir entsteht vielleicht das Bild einer wilden Müllhalde irgendwo und der Baggersee ist negativ belegt. Das kann man so lesen.
Durchaus könnte das Bild von Plastikstühlen, einem runden Tisch und Müll (ordentlich) in Säcken verpackt auch ein Ausschnitt einer Baggersee-“Idylle“ (Camping/Pommesbude etc.) sein.
Jeder Vers ist der Anfang von etwas: der Leser fantasiert es auf seinem Erfahrungshintergrund frei, dass ist hier so angelegt.

Die Verbitterung jedoch, die schiebst du hier dem LI unter. Ich hoffe doch sehr, dass mir da keine Verbitterung in den Textton gerutscht ist. Erst mal sind die Dinge so wie sie sind an ihrem Platz und so will das LI sie wahrnehmen und belassen.

Zitat:
Zitat:sie steht breitbeinig, siebt das Wasser

er trägt seine Hände zum Tisch, streichelt die Zeitung
im Becher ohne Henkel Holunderbeerwein

Siebt das Wasser?
Darüber stolpere ich und sehe augenblicklich ein mittelalterliches Bild, das ich nicht eingefügt bekomme. Warum siebt sie das Wasser?
Will sie es nicht natürlich lassen?


Stolpern ist immer gut und im Text schlägt man sich ja auch nicht gleich die Knie blutig.
Das Bild wirft Fragen auf und der Text gibt erst einmal keine Antwort. Es sind die Fragen, um die es hier geht. Was öffnen diese Bilder? Welche Möglichkeiten bieten sich in dir an. Du siehst in den anderen Kommentaren, wie unterschiedlich dieses Bild gelesen wird.
IN mir haben beide Bilder, das des Wasser siebens und auch das des Streichelns der Zeitung einen ganz konkreten Ursprung, aber der ist für den Leser und auch für diesen Text nicht wichtig. Ich habe die Bilder nicht wegen der konkreten Ursprungs-Situation hineingenommen. Es sind Bilder, die etwas „neben“ dem Üblichen, neben dem Vertrauten, neben dem Erwartbaren liegen und damit die Welt und uns und unser Sehen eine Sekunde lang ins Schwanken bringen. Wir müssen etwas neu justieren.
Und genau dieses neu justieren, das ist mir wichtig, nicht nur im Gedicht.

Zitat:
*Steht breitbeinig da und zerstört die Harmonie?


Für dich stört breitbeiniges Stehen die Harmonie. Für einen anderen hat es etwas „Bäuerliches, Ländliches, Deftiges, Trampeliges“ an sich.
Für mich ist es einfach nur ein Stehen in einem stabilen Gleichgewicht.

Zitat:
Und er? Er weiß nicht wohin mit seinen Händen, kann sie für nichts anderes mehr nutzen, als mit ihnen die Zeitung zu streicheln.


Ja, das kannst du so lesen. Es ist eine mögliche Leseweise. Und du setzt auch hier eine eher negatives Vorzeichen vor den Vers. Aber ist diese Leseweise  eine Gewissheit des Verses?

„Un-Gewissheit“ ist der Möglichkeitsraum dieser Verse und mit der Zuordnung zu einer einzigen Leseweise, verengst du dir den Möglichkeitsraum.
 
Vielleicht ist er nach dem Zeitungslesen einfach nur ganz bei sich und streichelt gedankenverloren die Zeitung.
Vielleicht ist es sein generell sorgsamer Umgang mit allen Dingen.
Vielleicht ist es sein Zeit haben und auch sein mit sich Alleinsein.

Zitat:
*Der Becher ohne Henkel, natürlich der olle Pappbecher, die blauen Mülltüten und dann trinkt er den Holunder, hat ihn sich zu Wein machen lassen.


Hier in dieser Straße ist eben nichts natürlich (im Sinne von üblich) und der schnelle Rückschuss aufs Übliche, aufs Vermeintliche, versagt sich das LI und im gerät das Deutungssystem erst mal abhanden. Dafür fällt ihm die Vielfalt der Vielleichts, der Un-Gewissheiten zu.

Ich gestehe, es ist nicht einfach, sich diesem Vielleicht so oder auch ganz anders auszusetzen, nicht in der Wirklichkeit und auch nicht in diesem Text. Und so wie der Autor sich beim Schreiben immer wieder in seinen Sehgewohnheiten ertappt hat, so kann sich vielleicht auch der Leser ertappen.

Zitat:
*Insgesamt stehen die Menschen hier als ordinäre Eindringlinge und deshalb fällt dem Erzähler schon in der nächsten Zeile der Lichtfleck, der für mich hier als Lichtblick steht, aus der Hand, die eine schöne Überleitung zum eigenen wirken ist, denn auch der Erzähler tut ja seiner Hände Arbeit, so ist das eben, als Mensch?


Du gehst deinen einmal gefundenen Deutungsfaden konsequent bis ans Ende und mit den von dir gesetzten negativen Vorzeichen, sind die Menschen und ihr „Müll“ Eindringlinge in die „Holunder-Welt“ des Beginns. Das hat eine gewisse Logik.

Die Idee, dass der Lichtfleck, der aus der Hand fällt, eine Überleitung zum Autor und seiner Arbeit ist, gefällt mir als Gedanke gut.
Das LI zeigt sich zum Schluss erneut im Text. Es ist die Straße hinunter gegangen mit einem besonderen Blick, mit einem Wollen, das im  „Nicht-Wollen“ lag. Kein einfaches Unterfangen.
Was es eingesammelt hat, ohne es wertend zu ergreifen, ist wie dieser wandernde Lichtfleck.
Der Lichtfleck wandert, fällt mir aus der Hand. Mit dieser Wahrnehmung beendat das LI den Gang durch die Straße, der Autor beginnt sein Schreiben, sucht dem Ganzen Worte, Ton und Bilder, und damit mischen sich Geist, Denken und alle Ordnungssensoren wieder in seine Arbeit ein.
Und das ist gut so.

d.Frank, dein Kommentar hat mich sehr beschäftigt und mir deine mögliche Leseweise des Textes aufgeklappt. Ich habe dabei einiges (auch über mein Sehen und Denken) entdecken können.

Vielleicht kannst  auch du in meiner Antwort etwas über dein lesen und Denken erfahren.

Es war mir eine wichtige Auseinandersetzung. Liebe Grüße. Aranka


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d.frank
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Beitrag02.06.2018 00:45

von d.frank
Antworten mit Zitat

Hallo Aranka

ich würde das nicht unbedingt so formulieren wollen, dass ich komplett an dir vorbeigelesen habe. Ja, es stimmt, ich habe den Negativpol herausgelesen. Auch jetzt noch muss ich an die Einschätzung einer alten Bekannten denken, die das Schreiben einmal mit ständiger Analyse verglich und allein deshalb mit dem Gedanken spielte, es aufzugeben. Die Bilder, die du malst bleiben tatsächlich zunächst ungewiss, aber dann bekommen sie doch eine Richtung, häufen sich, richten die Waagschale aus. Am Ende und beim zweiten Lesen war ich sicherlich davon besetzt und habe dann jedes Detail in den falschen Kontext gesetzt.
Das tut mir nicht leid und ich fühle mich auch nicht überführt. Vielleicht empfinde ich etwas Scham deinem Text und dir als Autorin gegenüber, weil ich deinen Wünschen an mich als Leserin nicht gerecht geworden bin. Im Endeffekt aber und auch mit deinen Erläuterungen sehe ich noch immer diese Ungewissheit, die ein in Nuancen denkender Mensch sich manchmal wünscht, um die Dinge einfach nehmen zu können, ohne sie mit Bedeutung belegen zu müssen.

Zitat:
Titel und erster Vers sind für dich widersprüchlich und treiben dich um. Ich bewundere deine Ausdauer mit dem Text.



Widersprüchlich war für mich an dieser Stelle kein Negativwort.
Im Gegenteil! Es impliziert ja, dass etwas nicht festgefahren ist.
INMITTEN - ohne Wunsch
Das großgeschriebene Wort legt die Gewichtung fest, obwohl der Bindestrich die Gewichtung austariert. Inmitten ist für mich intensiv, greifbar, ja, vielleicht auch bedrohlich - ohne Wunsch dagegen ist zufrieden, eben wunschlos, unantastbar. Daraus ergibt sich für mich die Widersprüchlichkeit. Davor steht diese Alltagsunternehmung: wie eine Straße hinuntergehen, etwas so Alltägliches, das durch das Wie noch verstärkt wird, weil dadurch ein Vergleich angestellt wird. Das große Wort in der Mitte trennt das Alltägliche vom Gelöstsein und verbindet es gleichzeitig auch, deshalb empfand ich den Titel als widersprüchlich.

Zitat:
Nun habe ich mich in deine Leseeindrücke hinein gespürt und mir begegnete ein Leser, den ich fast als einen Gegenentwurf zu meinem LI empfand.


Ja, das stimmt.

Zitat:
Dieses Wahrnehmen liegt abseits einer Leichtigkeit, ist uns doch das „unschuldige Sehen der Kinder“ schon längst abhanden gekommen. Es ab und an erneut zu versuchen, ist für mich mehr als eine Übung aus poetischen Gründen.


Das habe ich herausgelesen. Für mich war das der Wunsch. Und auch der Titel im Ganzen gelesen ein Wunsch danach.

Zitat:
Zu 1)Das markierte ist für mich widersprüchlich: frage mich, warum ein Himmel der nichts verdirbt, die Gedanken verdirbt. Daher kann ich wahrscheinlich auch die Folgerung der „Sinnlosigkeit“ und des „Entkommens“ nicht erkennen.


Warum fragst du dich das?
Zitat:
Der Himmel verdirbt nichts, er ist nicht trübe und verhangen und verdirbt die Gedanken


Für mich ist da ein weiter, offener Himmel, ein freier Blick. Ein trüber Himmel könnte trübe Gedanken erzeugen, weil er sich auf die Stimmung legt. Die Stimmung, aus der heraus man sich mit den Dingen auseinandersetzt, färbt diese ein, die Worte, die man aus einer trüben Stimmung heraus formt, verderben den Vers. Aber das alles geschieht ja eben nicht..
Es wird aber gesehen und weil hier der Vers als Vers steht, als Anlehnung an jemanden, der sich mit Worten beschäftigt, habe ich hier schon den Autor in der Beschäftigung gesehen.

Zitat:
Zu 2) Warum ist geteert „hier“, also im Text, ein Negativwort? Für mich ist TEER erst mal ein Schutz gegen Witterung, ein haltbar machen.
Ich kenne es an Schiffsplanken und auch an den alten Scheunen, die sich beeindruckend schwarz und riesig im freien Feld gegen den Himmel abzeichnen. Ist es diese dunkle Teerfarbe, die dir negativ entgegen kommt?
Mir ist bewusst, dass man hier jeden Vers, wenn man ihn weiterdenket, mit einem positiven und ebenso auch mit einem negativen Vorzeichen versehen kann. Ich würde gerne deine Negativbedeutung des „geteert“ nachvollziehen.


Ja, Teer ist klebrig, zäh, giftig und schwarz. Es erstickt Dinge unter sich, zum Beispiel die Assoziation der Weite, die sich aus den Planken hervortut.
Jemand wird geteert und gefedert, man teert die eigene Lunge.
Beim Nachsinnen und Recherchieren darüber, warum ich das Wort mit einem Negativ belege, bin ich auf das hier gestoßen:

Zitat:
Das den Bewohnern der Küsten von Nord- und Ostsee (für die der Teer ein unentbehrliches Hilfsmittel beim Schiffbau war) gemeinsame Wort bedeutet eigentlich „der zum Baum Gehörige“ und gehört zu indogermanisch deru- „Eiche, Baum“ (→ engl. tree), worauf auch das germanische Baumnamensuffix -đr[a] –der bzw. –ter (etwa in Flieder, Holunder, Wacholder) zurückgeht.[2]

Quelle https://de.wikipedia.org/wiki/Teer

Dieser Zusammenhang, war der beabsichtigt?
An dieser Stelle regt sich mein Verstehen die Polarität der Verse betreffend. smile

Zitat:
Ich versuche mal in den Leser hinein zu spüren: ER empfindet, dass die Dinge hier in ein Hintereinander gesetzt werden, in eine rasche Abfolge, ohne einen Zusammenhang herzustellen, ob es einen gibt, ob die Ereignisse miteinander zu tun haben, bleibt unbenannt. Es wird beobachtet und gesammelt.
So weit so gut.


Ja, das habe ich auch so empfunden.

Zitat:
Den Leser macht es anscheinend unruhig, diese Un-Gewissheit auszuhalten. Daher geschehen die Dinge nicht nur, sie brechen hinein. Ich spüre da ein unausgesprochenes „gewaltsam“.
Im „aber nur“ spüre ich ein leises Bedauern, eine Mehrerwartung, die der Text erst mal nicht erfüllt. (Lese ich das richtig?)


Nein, überhaupt nicht! Ich habe das eher als eine Wohltat gelesen. Irgendetwas passiert einfach nur. Ich muss nicht darüber nachdenken, warum es passiert, was es mir sagen will, ob ich eine Bedeutung darin erkennen muss. Ich habe die folgende Bedrohung auch aus der Versstellung herausgelesen:

ein Auto hupt, eine Taube fliegt auf, ein Ball rollt über die Straße

eine Frau bleibt stehen,
hebt die Hand, lässt sie fallen, hebt sie erneut


Das alles ist noch reine Beobachtung. Es wird gesehen, registriert, nichts weiter.

eine Hand, die in der Luft stehen bleibt

Hier mischt sich dann das Hinterfragen dazu. Was wird passieren? Die Zeit ist ja nicht angehalten, die Hand wird nicht stehen bleiben.

ein Mädchen in roten Stiefeln lacht, hüpft, geht

sammeln

geht mit großen Schritten

genauer hinsehen, hinterfragen

es ist schwül, ich rieche den Regen

zurück auf sich selbst, Luft holen, der eben noch laue, wolkenlose Sommertag wird schwül (schwül ist hier für mich wieder ein Negativwort, seine positive Bedeutung steht in keinem Zusammenhang zum bis hierher Gelesenem), das Mädchen trägt Stiefel - und auch hier regt sich jetzt mein Verstehen. smile
Und ich finde es interessant, dass gerade die schnelle Abfolge, das analytische Detail trägt!
Huch, ich bin ja schon viel weiter im Text, als du es in deiner Antwort bis hier her warst. Für mich selbst bemerke ich jetzt, dass die Ungeduld mir oft im Wege steht. Embarassed

Zitat:
Ich denke mal laut: Der Leser stutzt. Das Nicht-Wissen, warum sie den Arm hebt, das ungewohnte Anhalten der Bewegung, das Verbleiben der Hand in der Luft, als wäre die Hand losgelöst von der Frau, losgelöst von jedem Zusammenhang. Das Bild gerät in eine leicht surreale Anmutung. Ist es das, was der Leser hier vielleicht spürt, was ihn Nachdenklich macht?


Das habe ich auch getan. wink
Und bin davon ausgegangen, dass auch der Sprecher hier nachdenklich wird. Dass er den Blick abwendet, um das Folgende nicht zu zerdenken. Dass er sich auf das Wie und Warum zentriert, obwohl er gerade eben noch nur gesehen hat, was passiert. Durch das Anhalten, in der Luft stehen, kam für mich Spannung in eine einfache Bewegungsabfolge.

Zitat:
Ich versuche deine Schlussfolgerung „überdrüssig“ zu verstehen.
Das LI verlässt für einen Vers seine Position als distanzierter Beobachter? Oder bleibt es doch distanzierter Beobachter und verändert nur seine Blickrichtung? Es tritt zum ersten mal als ICH in den Text und zeigt sich in seinen Wahrnehmungen. Der Blick durch die Kamera, jetzt auf sich gerichtet.
Überdruss?? Neujustierung?? Feineinstellung??

Ich finde es ganz spannend, die unterschiedlichen Leseweisen gerade an der Stelle zu registrieren.


Ich glaube, diese Feststellung war ganz einfach unüberlegt, ja, wie du es beschrieben hast: festgefahren! Ein wichtges Detail ist das Mädchen mit den Stiefeln, dem ich keine Bedeutung zugemessen habe, ich sah die Bedeutung bei den großen Schritten, auch weil sie in den Versen abgetrennt wurden.
Und wieder verstehe ich auch, worauf du hinauswillst:
Das Detail der Stiefel hätte Gewissheit bringen können, aber der Sprecher belegt sie nicht damit, stattdessen riescht er den Regen.

Zitat:
Der Textton bemüht sich um ein neutrales aufsammeln. Was dann im Leser passiert, welche Gefühle da angestoßen werden, ist der Dialog, den der Autor nicht mehr in der Hand hat. In dir entsteht vielleicht das Bild einer wilden Müllhalde irgendwo und der Baggersee ist negativ belegt. Das kann man so lesen.
Durchaus könnte das Bild von Plastikstühlen, einem runden Tisch und Müll (ordentlich) in Säcken verpackt auch ein Ausschnitt einer Baggersee-“Idylle“ (Camping/Pommesbude etc.) sein.
Jeder Vers ist der Anfang von etwas: der Leser fantasiert es auf seinem Erfahrungshintergrund frei, dass ist hier so angelegt.

Die Verbitterung jedoch, die schiebst du hier dem LI unter. Ich hoffe doch sehr, dass mir da keine Verbitterung in den Textton gerutscht ist. Erst mal sind die Dinge so wie sie sind an ihrem Platz und so will das LI sie wahrnehmen und belassen.


Ich verstehe! Aber ich war an dieser Stelle immer noch beschwingt vom lauen Sommertag, dem Holunder, dem Mittagslicht. Zuerst waren es die Menschen, dann sind es die Gerätschaften, die meinen Blick festhalten. Ich sehe ja mit den Augen des Sprechers und von allen möglichen Dingen sieht er die in farblicher Dissonanz stehenden Errungen- und Hinterlassenschaften, die Plastikstühle, die Mülltüten, den Becher ohne Henkel.

Zitat:
Ich habe die Bilder nicht wegen der konkreten Ursprungs-Situation hineingenommen. Es sind Bilder, die etwas „neben“ dem Üblichen, neben dem Vertrauten, neben dem Erwartbaren liegen und damit die Welt und uns und unser Sehen eine Sekunde lang ins Schwanken bringen. Wir müssen etwas neu justieren.
Und genau dieses neu justieren, das ist mir wichtig, nicht nur im Gedicht.


smile

Zitat:
sie steht breitbeinig, siebt das Wasser


Breitbeinig empfinde ich schon als ein sehr spezielles, auch wertendes Wort. Ein stabiles Gleichgewicht wertfrei zu beschreiben, dafür hätte es auch ganz einfach gereicht, von einem stabilen Gleichgewicht zu schreiben: steht stabil, steht im Gleichgewicht. Ich verstehe schon, dass du es offen lassen willst, dass es offen anklingen soll. Aber in seinem Spiel mit dem Vorhergegangenen verliert es diese Offenheit, in meinem Empfinden. Ich als Leser bekomme eine Richtung.

Auch hier:

Zitat:
er trägt seine Hände zum Tisch, streichelt die Zeitung
im Becher ohne Henkel Holunderbeerwein


Natürlich kann man das offener lesen! Aber jedes Wort bedingt das folgende.
Der Autor führt den Leser in dem er ihm zeigt, was er sieht, wie er es sieht.
Zuerst die Gerätschaften, dann die breitbeinige Frau, ein Mann, der seine Hände zum Tisch trägt, kurz darauf eine Zeitung streichelt und aus einem Becher ohne Henkel trinkt.
Da ist eine Absicht hinter den Versen, eine latente, wenn auch diffuse Wertung, die sich für mich aus der Aneinanderreihung von Bildern und Worten ergibt.

Zitat:
Ich gestehe, es ist nicht einfach, sich diesem Vielleicht so oder auch ganz anders auszusetzen, nicht in der Wirklichkeit und auch nicht in diesem Text. Und so wie der Autor sich beim Schreiben immer wieder in seinen Sehgewohnheiten ertappt hat, so kann sich vielleicht auch der Leser ertappen.


Das mag ich sehr. love Aber ich finde, diesen Ansatz im Text nicht immer unbedingt wieder. Mag sein, dass das meine eigene, voreingestellte Ansicht ist, mag aber auch sein, dass du sie zu erzeugen gesucht hast. Ich finde nicht, dass der Autor sich ertappt hat. Ich finde, er wählt seine Worte, die vorgelegten Bilder und deren Zusammenspiel mit Bedacht und relativiert sie nicht.

Zitat:
Das LI zeigt sich zum Schluss erneut im Text. Es ist die Straße hinunter gegangen mit einem besonderen Blick, mit einem Wollen, das im „Nicht-Wollen“ lag. Kein einfaches Unterfangen.


Sicher nicht! Deshalb führte mich das Ganze auch zu der Interpretation hier ginge ein Autor, der sich zu verstecken sucht und am Ende scheitert, weil die Wertung doch in ihn Einzug gehalten hat.

Trotzdem: Es war mir eine Freude und ist es immer noch!

Liebe Grüße
diana


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Aranka
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Beitrag02.06.2018 00:54

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Stimmgabel,

für dein intensives Lesen und dein Mitgehen mit dem LI ein Danke und noch mehr für deine ausführliche Rückmeldung, die ich in mehreren Teilen beantworten werde.

Du bescheinigst der Sprachführung eine Unaufgeregtheit und eine Achtsamkeit gegenüber dem innern Ton der angelegten Bilder. Das freut mich natürlich sehr, wenn ein Leser das empfindet. Ebenso gerne höre ich, dass du dich auf das freust, was der Text dir abverlangen wird, indem er auf ein „Hineinlesen ins Dahinter“ setzt.  Deine Freude, eine gute Startbedingung für den Text-Leser -Dialog. Und so steigst du gleich in den recht komplexen Eingangsvers ein:

Zitat:
*Eröffnet sie das Bild mit der Lebhaftigkeit dieses Holunders, krabbelt er an der “geteerten, geplankten Scheunenwand“ hoch [ reicharm ], in die Höh ... darf er’s, weiß es  / lässt ihn die Himmelsweite diese Freiheit,

setzt hier das Zitat ein:    (kein Himmel) verdarb den Vers, der zu nichts führen sollte ...     , mMn höchst geschickt integriert [ trotz der komplizierten Imperfekt und Konjunktiv-Struktur, trotz des irr_Reals, dass das Zitat selbst einzig fragment-fetzig aus seinem Kontext herausgerissen ist   ].


Du spürst die „Lebhaftigkeit“ des Holunders und die „Freiheit“ unter der Himmelsweite. Das habe ich gerne gelesen, atmet das Einstiegsbild auch für mich die Weite unter einem Himmel und die unbekümmerte Üppigkeit eines wilden Wachsens.

Du findest das Zitat gut integriert: da bist du in der Minderheit, bin gespannt, wie du das begründest und was dir diese ersten Zeilen besagen. Die komplizierte aber spannungsvolle grammatikalische Konstruktion des Zitates hat mich auch einige Zeit beschäftigt, sie enthält für mich ein Paradoxon, dass mich dann sehr gereizt hat.

Zitat:
*will der Text diesen Einstieg:

Holunder greift übers Scheunendach, kein Himmel verdarb
den Vers, der zu nichts führen sollte:  ..................auf geteerten Planken Mittagslicht


Ja, der Text will diesen Einstieg, genau die Komponenten, die das Einstiegsbild freigibt und zusammenfügt: Der Holunder, der Himmel, die geteerten Planken, das Mittagslicht: die Dinge unter sich und bei sich und dazu gesellt sich die Zitataussage: ein Vers, der zu nichts führen sollte.

Zitat:
*Braucht’s nun ein genaues Lesen, was hier tatsächlich intoniert ist, sein will, zumal mit dem Doppelpunkt direkt hinter dem Zitat vor der Bezugs-Sequenz:  auf geteerten Planken Mittagslicht.    / wird hier die Freiheit des Holunders ein gleichbedeutender Wert dieses “Himmels“ , liegt die Freiheit im Ding selbst,  ist das Ding, wie es ist ...


Das blau markierte schaut gut hinter meine Gedanken. Das Ding, in seinem SO_SEIN. Wenn wir es in dieser seiner Freiheit wahrnehmen können, ohne es in unser Denken und Deuten und Zuordnen einzuengen.

Zitat:
*sucht der Text den Blick im ersten Schritt. Das Ding erfassen, was es freigibt. Lass dich auf das Unbekannte, Fremde ein [ auf das IST ], kann die denk_Axt immer noch, danach, dazwischen hacken ... "verderben"   / mMn genau die Intention des gesamten Textes.  LI's Reise durch diese Straße in ihrerselbst_Gesicht  / im Gleichsinn der Zitat-Sequenz:  ... der zu nichts führen sollte , quasi die Freiheit des ersten Hinschauens. Wird nun dieses zitate "sollte" zu einem Wollen, was LI im Text einzig will, eben sich einlassen auf diese Straße ihrerselbst.


Die Freiheit des ersten Hinschauens, diese Formulierung gefällt mir. Ich nenne das auch gerne die Unschuld des ersten Blicks. Glaube, wir meinen da beide das gleiche. Deine „Denk-Axt“ als das, was diesen ersten Blick, der zu nichts führen soll, verderben kann, gefällt mir ebenfalls.
Ich formuliere mal mit meinen Worten und denke, dich richtig verstanden zu haben:
Diesen freien unverdorbenen ersten Blick macht das LI zu seinem Wollen. Sich einlassen auf die Dinge, auf die Freiheit des Hinschauens, wie du sagst, wird sein WOLLEN. Oder anders: Das „Zu-nichts-führen-SOLLENDE“, wird zum WOLLEN. Genau diese Paradoxie steckte für mich in dem „SOLLTE“ des Zitates.

Zitat:
*Ist da der Doppelpunkt. Wird nun der Vers:  "auf geteerten Planken Mittagslicht“  in den IST-Mittelpunkt seinerselbst gerückt.  Ist:  Mittagslicht, Holzplanken, geteert ... LI’s Ausgangspunkt, seine/ihre Empathie-Reise zu beginnen. Die Straße hin, entlang  / auf ihr, mit ihrerselbst_Gesicht begehen, lässt sich LI ein.


Wer diesen Eingangsvers in seiner Holunder-Freiheit und Scheunen-Festigkeit erspüren kann wie du, der erspürt auch, dass man aus diesem Bild heraus starten kann, eine Straße hinunter gehen kann – mit nichts als diesem ersten Blick, der die Dinge ins Un-Gewisse rückt. Ein Wagnis. Hier haben sicher auch meine „geteerten Planken“ ihren Ursprung.

Zitat:
*Für mich ein Hineinschauen in ein Stillleben, darf ich als Leser mitgehen, LI's Straßensplitter durch LI's Augen mit auflesen  / Dinge, Menschen, sich agierende Menschen und Dinge im Gesicht dieser Straße ; wird der Text zu einer IST-Collage, die ihre Bildteile selbst anordnet. Da ist kein Hinzu, kein Wegnehmen, kein Kaschieren


Ich mag dir hier sehr gerne folgen, freue mich über die „IST_COLLAGE“. Das trifft das Gemachtsein des Textes gut.

Zitat:
*... der dahinrollende Ball hat natürlich eine Ursache
... die Frau weiß natürlich, warum sie ihre Hand hebt und wieder sinken lässt, wieder hebt
... warum das rot-gestiefelte Kind mit großen Schritten geht, ist ihm bewusst

... zeigt sich die Straße ihrerselbst in ihrem un_Geschmink, IST_farbig [ Plastikstühle, Müll, ein runder Tisch ], sieht LI einen belassenen Grund ohne Scham,


Ohne Scham! Ich hätte das jetzt nicht so gesagt, aber es trifft zu.
Ja, dieser unschuldige erste Blick ist einer ohne Scham.
Er lässt den Dingen ihre Ursachen, ihren Grund.

Aber vielleicht willst du noch mehr damit besagen, mit dem belassenen Grund. Bin da nicht sicher, ob ich dich verstehe.

Morgen geht es weiter. Liebe Grüße. Aranka


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Beitrag02.06.2018 09:05

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Diana,

du hast dir viel Zeit genommen, um auf meine Antwort einzugehen und hast mich ein wenig genauer in deine Lesehintergründe schauen lassen. So kann ich deinen Kommentar besser einordnen und vieles besser nachvollziehen.

Besonders deine Überlegungen zu "geteert" und den link dazu finde ich interessant.

Deine ersten Sätze, machen mich nachdenklich und ich möchte dazu noch etwas sagen. Du schreibst:

Zitat:
Hallo Aranka

ich würde das nicht unbedingt so formulieren wollen, dass ich komplett an dir vorbeigelesen habe. Ja, es stimmt, ich habe den Negativpol herausgelesen. 1)
Auch jetzt noch muss ich an die Einschätzung einer alten Bekannten denken, die das Schreiben einmal mit ständiger Analyse verglich und allein deshalb mit dem Gedanken spielte, es aufzugeben. Die Bilder, die du malst bleiben tatsächlich zunächst ungewiss, aber dann bekommen sie doch eine Richtung, häufen sich, richten die Waagschale aus. Am Ende und beim zweiten Lesen war ich sicherlich davon besetzt und habe dann jedes Detail in den falschen Kontext gesetzt. 2)
Das tut mir nicht leid und ich fühle mich auch nicht überführt. Vielleicht empfinde ich etwas Scham deinem Text und dir als Autorin gegenüber, weil ich deinen Wünschen an mich als Leserin nicht gerecht geworden bin.3)
 Im Endeffekt aber und auch mit deinen Erläuterungen sehe ich noch immer diese Ungewissheit, die ein in Nuancen denkender Mensch sich manchmal wünscht, um die Dinge einfach nehmen zu können, ohne sie mit Bedeutung belegen zu müssen.


zu 3) Was sollte dir leid tun müssen? Dass du deine Leseweise gefunden hast, die du bis zum Ende im Text gefunden hast? Ich habe als Autor nur den einen Wunsch, dass vielleicht der ein oder andere Text einen Leser findet, dem er etwas sagen kann, der Lust hat in ihn einzusteigen und sich mit ihm auseinander zu setzen. Was ich gedacht habe, was Auslöser war, was mein Ursprung für die Bilder war ist für den Lesevollzug nicht unbedingt relevant und was ich glaube in den Text hineingelegt zu haben, ist: a) ein Prozess, der abgeschlossen ist, b) immer nur ein beschränktes Feld, das der Leser beleben und weiten sollte.
Insofern ist da keine Scham angesagt und ein Vorbei-Lesen an mir kann es nicht geben, denn der Text gehört jetzt dem Leser und der sollte nicht fragen: Was hat der Autor gewollt, sondern, was sagt der Text mir. Und das hast du mit einer für dich relevanten Logik gemacht. Das du die Verse generell mit einem "Negativvorzeichen" gedeutet hast ist mir halt nur aufgefallen. Ich wollte dich nur auf die Un-Gewissheit und damit auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Versöffnung aufmerksam machen. Es gibt in diesen Versen für mich keinen "einen Leseweg", ich belasse Ihnen diese Ungewissheit und daher war deine stringente Leseweise für mich interessant und erstaunlich zu gleich.
zu 2) Nachdem du auf "deiner Deutungsspur" warst, hast du die Details in DEINEN Kontext gesetzt, nicht in einen FALSCHEN.
In dieser einordnenden Leseweise sah ich einen Gegenentwurf zum LI: Da sieht einer die Dinge auf einer bestimmten Denk- und Empfindungsfolie und führt gesehenes in einen Zusammenhang. Das war nur eine Feststellung von mir.

Danke für den erneuten Einblick in deine Lesespur. Der Text gehört den Lesern. Das sehe ich wirklich so. Und ich freue mich einfach, dass mir so ein Forum die Chance bietet, etwas von deren Weg mit dem Text zu erfahren.

Wir lesen und hören uns bestimmt weiterhin. Liebe Grüße Aranka


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Stimmgabel
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Beitrag02.06.2018 10:13

von Stimmgabel
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-

Hallo Aranka,

vielen Dank für deinen mehrebnigen Dialog von meiner text_Empfindung zu deiner und zum Text selbst  / ist es nunmal ein Text, mMn, der den Leser in seiner text_Eigenwilligkeit herausfordert; eben die eigene Sichtweise mit sich, einhergehend mit der, wie sich LI auf diese Straße einlässt  / ist ja hier letztlich die Straße selbst der Hauptakteur.

Zu deiner angedeuteten Frage zu Ende deines Antwortkommentars:

Stimmgabel hat Folgendes geschrieben:

... zeigt sich die Straße ihrerselbst in ihrem un_Geschmink, IST_farbig [ Plastikstühle, Müll, ein runder Tisch ], sieht LI einen belassenen Grund ohne Scham,
.

Aranka hat Folgendes geschrieben:

Ohne Scham! Ich hätte das jetzt nicht so gesagt, aber es trifft zu.
Ja, dieser unschuldige erste Blick ist einer ohne Scham.
Er lässt den Dingen ihre Ursachen, ihren Grund.

Aber vielleicht willst du noch mehr damit besagen, mit dem belassenen Grund. Bin da nicht sicher, ob ich dich verstehe.
.



MMn  / diese Straße, die Straße allgemein hat sicherlich keine Scham sich in ihrem IST-Zustand zu zeigen ... tut es geradezu frech und nackt  Wink , haben wir die Möglichkeit 'sie' in ihrem Selbst zu sehen, lassen wir es vor unseren Augen zu;

zumindest lässt 'sie' sich mMn belassen und gelassen in ihrem IST, braucht keine blend_Kaschade ihres ICH's selbst [ wie z. B. wir Menschen fast immer (an)scheinbar und selbst-initiierend ]; sie, die Straße ist, wie sie für diesen Moment ist ... und steht/liegt vor allem dazu da, breit, frech und so nackt.

Umso mehr assoziativ tricki, mMn von dir gerade diesen Hauptakteur 'Straße' ins text_Bild zu setzen, Hach hach  Wink ... ist ja die Straße auch immer ein zeitgleiches Abbild über uns Menschen, wie wir mit unseren Um und mit uns selbst umgehen ...

und klar, war dieser denk_Blick zu Null die Hauptintention dieses Textes; dennoch als verwegener Weitetrip sehe ich ihn schon anparallelt, hi hi ...


Aranka, erst mal wieder ein Tschüss dir,  Stimmgabel ... und, was für ein weitwehender und weiter wehender Text, Hach


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Beitrag02.06.2018 10:21

von Aranka
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Stimmgabel, kurz ein Danke:

Zitat:
die Straße allgemein hat sicherlich keine Scham sich in ihrem IST-Zustand zu zeigen ... tut es geradezu frech und nackt Wink , haben wir die Möglichkeit 'sie' in ihrem Selbst zu sehen, lassen wir es vor unseren Augen zu;

zumindest lässt 'sie' sich mMn belassen und gelassen in ihrem IST, braucht keine blend_Kaschade ihres ICH's selbst [ wie z. B. wir Menschen fast immer (an)scheinbar und selbst-initiierend  Wink ]; sie, die Straße ist, wie sie für diesen Moment ist ... und steht/liegt vor allem dazu da, breit, frech und so nackt.


Kann ich genau so sehen. Nackt und frech, gelassen und belassen, das ist doch mal eine Gangart, auch eine für den Spaziergang durchs Leben.

Bis gleich im 2. Teil. Aranka


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Beitrag02.06.2018 11:12

von Aranka
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Teil 2  /

 Hallo Stimmgabel;,

weiter geht es in deiner interessanten Lesereise:

Zitat:
*... eine ’SIE’ steht breitbeinig da, siebt Wasser [ was für ein Vorgang, Wasser sieben ... vielleicht dem Innen des Dings auf diese Weise näher kommen ]

... ein ’ER’ streichelt seine Zeitung ... neben, ein Becher voll Holunderbeerwein [ schließt sich vielleicht mit diesem Bild, das freie Streben des hochkrabbelnden Holunders übers Dach und doch sensibel, ungierig, als würde auch der Holunder das Holz, das Dach streicheln ]


Das ist ein wunderbare Leseweise, ein Fragen nach dem „VIELLEICHT“ des Verses und eine ganz persönliche, behutsame Berührweise der Bilder und eine vorsichtige „Als-würde-Näherung“. Die durchscheinende Denkweise in deiner Leseweise, ist die des Lyrikes, die einer Stimmgabel.
Du eröffnest auch mir hier eine weitere Textfassette.

Zitat:
*... lässt sich LI auf diese Sehweise ein, kein Hinzu, kein Wegnehmen, kein Kaschieren ... passiert Leben in seinerselbst Laute, still im außen_Auge  / für mich genau dieses Dual Stillleben.  ... zweimal gibt dann doch Li Empfindungen, Reflektionen wider: greift für einen Moment ich-personal ins Geschehen ein.


Ja, diese Sehweise ganz ohne ein Hinzufügen, still im außen-Auge (gefällt mir als Formulierung) ist eine kontrollierte Sehweise, die den Dingen ihr „stilles/inneres“ Dasein belässt, diese Sehweise fordert das LI heraus und weist sein Selbst erst einmal zurück.

(eine Frage am Rande: du erwähnst zum zweiten Mal das Stillleben, in das du blickst. Mich würden da deine Gedanken zu interessieren.
Ich bevorzuge für mich die Übersetzung: „unbewegtes Dasein“. Und denke ich an die Malerei, so sind es  (äußerlich) leblose Dinge, die da zusammengefügt werden zu einem stillen Miteinander, einem stillen Dasein/Leben.
Nun zeigen sich hier die Menschen ja in ihren Bewegungen, in ihrem äußeren Tun. Ist es hier das Belassen der Dinge in ihrem So-Sein, dass nicht von außen erfolgende Denk-Beleben der Dinge, die dich zu dem Sehen eines Stilllebens führen? Wenn du magst, kannst du mir dazu noch ein paar deiner Gedanken dalassen.)

Zitat:
*Einmal in der text_Mitte: es ist schwül, ich rieche den Regen

... eine Deutung fällt mir hier schwer  / eine Unterbrechung LI’s Reise auf dieser Straße. Vielleicht ja ein solcher quer_Moment in LI, sich dem inneren quäl_Geist zur Wehr zu setzen, ihn bändigen; sich selbst von ihm abzulenken ... greift zudem der Text diese Bilder “Schwüle“ und “Regen“ nicht mehr auf, stehen sie einerseits ohne konkreten Halt im Text da, vielleicht eine zwischen-wehende Mahnung?


Unterbrechung! quer_Moment! Abwehr des inneren Quälgeists!
Wow! Das ist ja mal eine Nuance, die schon berührend ins unbewusste Schreibmoment greift. Auch ich kann diese Zeile nicht deuten, kann nur erzählen, wie sie in den Text geriet und wie sie an diese Position in der Textmitte gelangte. Letzteres war eine bewusste Entscheidung des Autors.

(Nach erstem Sammeln standen da mit den Leerzeilen, die diese Verse verlangten, an die 30 Zeilen auf dem Papier. Irgendwo dazwischen auch:
es ist schwül, ich rieche den Regen
Ich war mit dem LI gegangen und irgendwann hat es sich gezeigt, hatte das Bedürfnis, sich dem Leser als ein ICH zu zeigen. Nur kurz, um dann wieder in seine Beobachtungen zu verschwinden.
Ich habe dann Zeilen gestrichen. Vorschrift halt. Aber diese Zeile hat sich dem Streichungs-Prozess beharrlich widersetzt und ich wusste: das ist so eine Zeile, die will der Text, diese Stolperstelle, dieses kurze Hineinplatzen, ist wie eine Justierung, die das LI für sich vornimmt, die es braucht und ich gab ihm diese Zeile, tat es gerne.
In die Mitte habe ich sie dann erst später und ganz bewusst geschoben, auch in Verbindung mit dem INMITTEN aus dem Titel.
Das weder „Regen“, noch das „schwül“ im Text verankert sind, habe ich so belassen, bewusst, das LI-Selbst platzt hier herein, dieser Akt ordnet sich nicht ein, steht ohne Text-Halt wie du sagst, bleibt Fremdkörper.
Und das sollte so sein sagte mir der Text. Es werden sich auch hier viele Deutungs-Vielleicht anbieten. DU spürst eine zwischen-wehende Mahnung? Ich kann diese Fassette meinen vielen Vielleichts gut hinzufügen.

Zitat:
*Dann ein zweites ich_Einlassen am text_Ende :  ein Lichtfleck wandert, fällt mir aus der Hand    ...

auch hier personalisiert LI einen Moment auf der Straße, spricht von  ’einem’ Lichtfleck. Greift dieser Lichtfleck in LI's Bewusstsein  / frage ich mich natürlich warum gerade dieser unbestimmte “ein Lichtfleck“ ... und nicht “der Lichtfleck“ ... würde ich kongruent hier jenes Mittagslicht vom text_Beginn wieder aufgreifen. Hat sich mittlerweile weiterbewegt [ gleichwie LI selbst ].


Diese letzte Zeile habe ich dann bei der Überarbeitung bewusst als einen Schlusspunkt gesetzt. Habe sogar über einen „Punkt“ am Ende der Zeile nachgedacht und das steht immer noch auf meiner Fragezeichen-Liste.
Diese Überlegung ob ein oder der Lichtfleck war durchaus in mir vorhanden und ich habe den Artikel mehrfach ausgetauscht. Daher interessant, hier deine Meinung zu hören.
Am Ende wollte ich nicht zwangsweise die Verbindung zum Mittagslicht herstellen, sie jedoch möglich machen. Ich könnte den Lichtfleck auch weiter fassen. Hier jedoch mein zweites Fragezeichen auf meiner Liste.

Zitat:
Haben sich im Zeitverstrich die Dinge konsequent verändert [ wie auch LI selbst ], erkennt LI, dass mit diesem Gedankeneinschub die stilllebende Reise damit beendet ist ... unterbräche sich die Situation selbst, die Begegnung mit LI  / mMn LI's vorab_Wissen. eine Reise, die sich selbst bestimmt, also auch ihr Ende.


Auch hier ein WOW: Eine Reise, die sich selbst bestimmt, bestimmt auch ihr Ende. Besser könnte ich das nicht sagen und auch nicht denken. Genauso die nun folgende Ausführung: eine Straße: ein Irgendwo (ohne näheres Ziel), aber mit einem „dort weit hinten“. Ich zitiere her nur noch deine Gedanken:

Zitat:
*Greife ich dbzgl nochmal die bei_Erwähnung auf, führt die Straße zum Baggersee, dort weit hinten, zu diesem geformten Formlos [ am Ende der Straße ein Baggersee ] und das Einstiegsbild der “geteerten Planken“. Sehe ich nun als zwei_Bild dafür, lägen von der Scheune aus geteerte Weg-Planken in ein Irgendwohin [ ohne näheres Ziel ] ausgelegt,

Eine sehr feine Vorstellung. Wie intensiv muss der Leser dieser Straße folgen, um die Planken zu spüren, die an ein "weit hinten" führen, Planken unterm Asphalt und unterm Sand.

*der Beginn LI’s kleiner Reise ... hinüber die Straße und doch ohne Ziel [ ein Ziellos, kein Wahllos ], LI’s Einlassen auf das Drin –und Drumherum dieser Straße, mMn schon im Titel bedeutet:

wie eine Straße hinuntergehen - INMITTEN - ohne Wunsch


Du gehst im Folgenden auf den Titel ein und ich habe da schon in einem anderen Kommentar gesagt, das ich hier vielleicht zu viel reinlegen wollte, einfach sicher gehen wollte, dass der Leser von vorneherein mit dem LI mitgeht. Ich habe da nicht dem Text vertraut, dass er das auch ohne das Anhängsel „ohne Wunsch“ schafft.
Bleibt die Frage, ist es hilfreich, diese Einstimmung im Vorhinein, oder hinderlich. Du siehst, es sammelt sich so einiges auf meiner Liste der offenen Fragen für eine Überarbeitung.

Zitat:
*Will LI inmitten der Straße sein  / ’sie’ in ihrerselbst erleben, das Eigenleben ’Straße’ begehen ... da sein und sehen, spüren. Intoniert mir das Anhängsel “ohne Wunsch“ diesen Fakt außerdem, wobei für mich persönlich ein Unnötig, kündigt ja schon das “wie“  [ quasi, als ob ] jenen anders_Weg von LI an, mMn.


Für dich ein Unnötig. Das habe ich bei mir vermerkt.

Erst mal wieder eine Pause. LG Aranka


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Beitrag02.06.2018 12:50

von Aranka
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Stimmgabel! Auf zum letzten Teil!

Zitat:
*zur sprachlichen Umsetzung  _________________________ :

bleibt der erzähl_Duktus konsequent in der Ebene des Sehens, Wahrnehmens und Beschreibens ohne auch nur einen Moment die innere Lebendigkeit der einzelnen Sequenzen auszusparen  / ganz im Gegenteil, toniert mMn gerade dieser unaufgeregte Stil die still-lebende Lebendigkeit jener Straße so nah wider. Werden die einzelnen Szenen sich selbst überlassen [ genau ihr Grund, eben so zu sein ].


Ich lese das hier einmal als ein Kompliment an der Text und freue mich über die bescheinigte Konsequenz der Wahrnehmungsebene und über das Gelingen, die inneren Lebendigkeit der Straße einzufangen.

Zitat:
Das Warum? ist nicht das Thema dieses lyrischen Textes. Wird quasi die Straße selbst zum Autoren dieses Textes;  zeichnet ihr Gesicht, lässt LI einen Blick darauf  / erzählt uns LI davon ... darf der Leser mitgehen.


Will ich gerne unterschreiben.

Zitat:
Noch erwähnenswert für mich der geschickte benenn_Wechsel der Personen, Dinge  / einesteils unbestimmt in Form: ’ein, eine, einer’ hin zu konkreten Bennungen wie ’der, die, das’ bis hin zu dritte-Person Personalisierungen wie ’er, sie’ . Sicher ein tragendes Duktus-Element dieses Textes, eben die Straße sich in ihrerselbst erzählen zu lassen.


Schön, dass du es erwähnst. Dieser Wechsel war ein Akt zwischen sich im Schreiben ergeben und kontrolliertem So-Belassen bis hin zum bewusstem Setzen. Es hat eine merkbare Wirkung auf den Text, was ich durchaus laut lesend erfahren habe.

So wie du gerne im Text mitgegangen bist, so bin ich gerne deinen vielfältigen und fein ziselierten Gedanken gefolgt. Über deine Einschätzung des Textes freue ich mich sehr.

Demnächst in anderen Texten. LG Aranka


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Beitrag02.06.2018 16:45

von Aranka
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Hallo Heidi,

du gehst hier noch einmal auf ein paar interessante Dinge im Text ein und lässt mich sehr detailliert in dein Lesen schauen. Wann hat ein Autor schon mal eine solche Chance.

Ich nehme einfach einmal ein paar deiner Anmerkungen heraus und gebe noch mal meine Gedanken hinzu.

Zitat:
*... ich meinte damit Bilder, die eine verfremdete Realität zeigen. Dein Text vermittelt solche Bilder, da Hände (also nur die Hände gesondert betrachtet) nicht fallen gelassen werden können, auch in der Luft können sie nicht stehen bleiben - sie sind ja an den Armen dran und die sind am Rumpf dran.
… weil ich gerade die Hand-Bilder, auch in dieser Häufung spannend fand und dann einen kleinen Gedankenausflug unternommen habe, mir bewusst gemacht habe, dass ich eben diesen Hang in mir trage, real-verfremdete Bilder zu mögen.
 

Du sprichst hier die Surrealität der entstehenden Bilder an: du suchst nach Erklärungen. Eine könnte das Anhalten der Bewegungen sein, die isolierte Betrachtung, das Abkoppeln von Ursachen und Zusammenhängen, diese Zeitlupen-Wirkung. Alles wird dazu beitragen. Einfach der veränderte Blick, das Herausholen der Dinge aus ihren Begründungszusammenhängen und unseren Vertrautheiten, liegt dicht neben der Surrealität.

Ich mag solche Bilder auch, mag Magrittes Gemälde und lese die Texte von Ror Wolf sehr gerne. Sie hebeln mir die gewohnten Wahrscheinlichkeit aus und verlangen ein anderes Denken.

Zum Un-Gewissen sagst du folgendes:

Zitat:
Der neutrale Erzähler wirft mich aber auf mich selbst zurück, die Emotionen kommen nicht so direkt. Das ist vielleicht der Grund, warum ich die Un-Gewissheit nicht greifen konnte. 
Das LI ist zwar als LI im Text vorhanden, dann aber doch wieder nicht, weil es es sich nur einmal zu erkennen gibt. Das ist gewagt (ich meine das positiv), weil innerlich ein Perspektivwechsel vollzogen wird, der bei mir erst mal sehr unbewusst stattgefunden hat. Der Titel hat mich dann darauf hingewiesen. 


Das sich ein Text, ein  LI erst mal „verweigert“, mich der Text auf mich selbst zurückwirft und ggf. auch irritiert, das kenne ich beim Lesen und mag es eigentlich sehr. Du nennst es positiv gewagt. Mag sein. Muss ich drüber nachdenken.
Ich mag es nicht, wenn ein LI sich aufdrängt, mir seine Meinung, seine Emotion allzu offenkundig entgegenhält: dann wird es mir schnell zu eng in einem Text. Ich muss mich dann immer selbst überreden, fein brav und unaufgeregt dem Text zu folgen.

 Vielleicht auch daher meine immer neuen Versuche eines unauffälligen Aneinanderreihens der Dinge.

Zitat:
… Und ich bekomme auch Lust darauf, es mal damit zu versuchen, neutral zu erzählen. 


Solltest du machen. Es ist jedenfalls eine spannende und vielleicht sogar fruchtbringende Übung.

Danke für deine vielen und spannenden Gedanken. LG Aranka


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Beitrag02.06.2018 19:22

von Stimmgabel
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Aranka hat Folgendes geschrieben:


(eine Frage am Rande: du erwähnst zum zweiten Mal das Stillleben, in das du blickst. Mich würden da deine Gedanken zu interessieren.
Ich bevorzuge für mich die Übersetzung: „unbewegtes Dasein“. Und denke ich an die Malerei, so sind es  (äußerlich) leblose Dinge, die da zusammengefügt werden zu einem stillen Miteinander, einem stillen Dasein/Leben.
Nun zeigen sich hier die Menschen ja in ihren Bewegungen, in ihrem äußeren Tun. Ist es hier das Belassen der Dinge in ihrem So-Sein, dass nicht von außen erfolgende Denk-Beleben der Dinge, die dich zu dem Sehen eines Stilllebens führen? Wenn du magst, kannst du mir dazu noch ein paar deiner Gedanken dalassen.)

.



Hallo Aranka,

mal meine Gedanken zu meinem Bild 'Stillleben' ... bezogen auf diesen deinen Text ... bzgl eines anderen Textes oder Ereignisses [ z. B. eine Malerei oder oder ] könnte das natürlich nuanciert in seinem Grund doch anders aussehen Wink

Sind es hier zwei Punkte, die mich jenen Wert Stillleben empfinden lassen, ja quasi in eine ganz eigene Bewegung verführen. Zum einen, wie es LI selbst auf seinem sich einlassenden Trip über die Straße [ bzgl der Straße ] erfährt und meine quasi Kohärenz, dass mich LI in gleichem Tenor mitnimmt ...

und zum anderen gönne ich mir parallel [ natürlich dennoch ], also auch einen gelassenen (denk)Blick auf, während meines mit_Trips mit LI auf LI's Reise;

mag sich vielleicht widersprüchlich anhören, ist es aber genau so, was mich zur Empfindung eines Stilllebens verführt. Hat mMn jedes deiner aufgeführten text_Bilder für sich alleine [ auch ohne meinen insistierenden quer_Geist ] eine quasi innere, schweigende Lebendigkeit, Bewegung  / vielleicht ja gerade wegen des sich Einlassens auf ... vielleicht ja deswegen umso intensiver in dieser Art der Berührstille.

Aranka, ich hoffe, ich klinge nicht zu verworren  Wink

du, dir wieder ein fröh_Tschüss, Stimmgabel ...

-


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