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Zwei Zeitungen


 
 
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Panda
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 28
Beiträge: 17
Wohnort: Berlin


Beitrag12.05.2018 15:32
Zwei Zeitungen
von Panda
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Zwei Zeitungen

Du sitzt dort und bist stumm.
Man guckt hin, aber schaut weg.
Man telefoniert, man unterhält sich,
man blickt herab und hat Mitleid.

Du sitzt dort und bist stumm.
Manchmal ein Klimpern
und du lächelst mit den Augen
und man blickt herab und hat Mitleid.

Du sitzt dort und träumst stumm,
denn viel mehr als deine Träume
hast du nicht.
Doch du wirkst nicht traurig,
denn zwei Zeitungen
sind auch ein Quadratmeter.

Zwei Zeitungen sind ein Wohnzimmer,
zwei Zeitungen sind ein Bett.
Zwei Zeitungen sind dein eigenes Reich
und wenigstens sind sie nicht so feucht wie der Boden.

Da, wo du herkommst, vermisst man dich
vielleicht.
Auch du hast eine Mutter und einen Vater,
vielleicht eine Tochter oder einen Sohn.
Da, wo du herkommst, hat man dich
vielleicht vergessen.

Du sitzt dort und bist stumm.
Man kennt dich hier und man lächelt dir zu.
Man bringt dir die Zeitung, man gibt dir zu essen,
man blickt herab und hat Mitleid.

Zwei Zeitungen trennen dich
vom Rest der Welt.
Und irgendwann ist es wieder Winter.
Und plötzlich bist du nicht mehr da.

Man hat ein seltsames Gefühl.
Man blickt herab und das Lächeln
bleibt aus.
Wo du gesessen hast liegt nur
der Tagesspiegel, Seite 12.

Keine Titelseite, keine Schlagzeile.
Nur der uninteressante
Lokalteil.

Weitere Werke von Panda:
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1125
Wohnort: berlin


D
Beitrag12.05.2018 15:41

von d.frank
Antworten mit Zitat

Gefällt mir gut!
Eine kleine Geschichte erzählt in lyrischen Versen, über das Alltägliche, das hinter dem großen Ganzen verschwindet, über die Schärfe persönlich empfundenen Leides und was es davon trennt, wirklich persönlich zu sein. Darüber lässt sich gut nachdenken.
Vielleicht ist diese Zeile zu bildlich gehalten:

Zitat:
Wo du gesessen hast liegt nur
der Tagesspiegel, Seite 12.


Und auch, wenn man davon ausgeht, dass hier eine Pflegekraft spricht (was ich tue), dann wird diese nicht einfach so wieder auftauchen und feststellen, dass jemand gegangen ist.

Diese zwei Punkte wären meine Kritik.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Panda
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 28
Beiträge: 17
Wohnort: Berlin


Beitrag12.05.2018 16:20

von Panda
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo d.frank,

danke dir für die schönen Worte. Sehr treffend.

d.frank hat Folgendes geschrieben:

Vielleicht ist diese Zeile zu bildlich gehalten

Hier verstehe ich leider nicht ganz, was du meinst. Zu bildlich, im Sinne von zu unkonkret? Oder wohl eher andersrum - zu konkret?
Tatsächlich habe ich genau das Bild beschrieben, dass ich im Kopf hatte.

d.frank hat Folgendes geschrieben:

Und auch, wenn man davon ausgeht, dass hier eine Pflegekraft spricht (was ich tue), dann wird diese nicht einfach so wieder auftauchen und feststellen, dass jemand gegangen ist.

Das ist wirklich interessant! Zusammen mit dem anderen Kritikpunkt hast du das Gedicht, glaube ich, ganz anders gelesen, als ich vermutet hätte.
Das finde ich aber sehr gut. Ich gebe zu, dass mir diese Interpretation nicht in den Sinn kam und dann auch offene Fragen hinterlässt.

Ich habe nicht drüber nachgedacht, dass man hinter dem lyrischen Ich jemanden vermuten könnte, der in engerer Verbindung zum lyrischen Du steht. Genau genommen habe ich eher die Gesellschaft als eine Art lyrisches Ich gesehen, bzw. das lyrische Ich als unbeteiligten Beobachter Wink

Mir bleibt da also leider nicht viel zu sagen. Nur: guter Punkt. Danke für die Anregung!
Vielleicht noch: "plötzlich bist du nicht mehr da" war für mich eigentlich kein "und dann bist du weggegangen", sondern eher ein "und dann musstest du weggebracht werden". Das hätte man einer Pflegekraft wohl mitgeteilt.


Viele Grüße,

Panda
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