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Wort_Los


 
 
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag21.04.2018 22:37
Wort_Los
von Heidi
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Neue Version »

.

Die Kerze flackerte
zwischen ihnen
und sprach
was sie auszusprechen
nicht in der Lage waren

Als er sich entfernte
um einen zu rauchen
holte sie
das Mobiltelefon
aus der Tasche

küsste es

.

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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag22.04.2018 04:03
Re: Wort_Los
von Constantine
Antworten mit Zitat

Liebe Heidi,

einige Anmerkungen zum Sprachlichen, weil mir dein Gedicht an manchen Stellen unnötig umständlich formuliert erscheint:

Heidi hat Folgendes geschrieben:
.

Die Kerze flackerte
zwischen ihnen
<-- würde ich umstellen und "die" in "ein" ändern.
und sprach
was sie auszusprechen <-- ich frage mich, warum du hier die Wortwiederholung tätigst, was auch kürzer ginge, an der Aussage nichts ändern würde und sich mMn runder/schöner lesen würde.
nicht in der Lage waren


Vorschlag:
Zitat:
Zwischen ihnen
flackerte eine Kerze
und sprach aus was sie
nicht in der Lage waren.


Heidi hat Folgendes geschrieben:

Als er sich entfernte <-- klingt für mich vom Wortgebrauch unpassend, anachronistisch, etwas zu gehoben ausgedrückt. Umformulieren. Wenn jemand einen rauchen geht, dann "entfernt" er sich verständlicherweise.
um einen zu rauchen <-- dieses "einen". Da bleibe ich hängen. Einen <...> rauchen gehen, worauf mag sich das beziehen. Vom Substantiv her muss es sich auf ein männliches Substantiv beziehen, denn Zigarette und Zigarre sind weibliche Substantive. Ein Joint? Welche männlichen Substantive kann man rauchen? Für mein Verständnis: "eine" und kann mMn vereinfacht formuliert werden.
holte sie
das Mobiltelefon
aus der Tasche

küsste es

.


Vorschlag:
Zitat:
Als er eine rauchen
ging holte sie
das Mobiltelefon
aus der Tasche

küsste es



Inhaltlich:
Es scheint mir hier um einen zivilisatorischen Kommentar zur Gegenwart der zwischenmenschlichen Kommunikation zu gehen. Menschen kommunizieren per SMS, Whatsapp und Co oder telefonieren, anstelle "live" sich gegenüber sitzend und im romantischem Ambiente/im Privatem sich nichts zu sagen habend. Eine traurig stimmende, zutreffende Beobachtung. Es wurde ja bereits alles mit den Messengerdiensten oder Telefonat kommuniziert und dann trifft man sich, sitzt sich gegenüber und es gibt nichts zu sagen, weil man keinen Gesprächsstoff mehr hat, den man mit dem Mobiltelefon nicht schon kommuniziert hätte. Ein dankbarer Kuss für den "Vermittler", das Mobiltelefon.

Was mir etwas zu gewollt erscheint, ist die Rolle der Kerze. Sie symbolisiert für mich die Zweisamkeit der beiden. Dass die Kerze Dinge "spricht", die die beiden nicht in der Lage waren, sich gegenüber zu sagen, sondern mit dem Mobiltelefon, bekomme ich beim Ende mit dem Kuss fürs Mobiltelefon nicht ganz zusammen. Denn sie ehrt das Mobiltelefon mit einem Kuss, für mich bedeutend, gäbe es das Mobiltelefon (stellvertretend für die digitale Entwicklung, jederzeit Erreichbarkeit und social networking) nicht, würde man entweder gar nicht mehr miteinander kommunizieren und säße sich wortlos gegenüber, was dann aber paradox wäre, weil es vor dem Treffen keine Messages oder Telefonate gegeben hätte und man somit den Gedankenaustausch (wieder) beim persönlichen Sehen/Treffen ausführen kann. Außer, man hat das persönliche Reden verlernt, was mit dem Mobiltelefon und dem Telefonieren nicht zutrifft. Telefonate können sehr emotional, sehr tief, sehr persönlich sein.
Insofern verstehe ich dein Gedicht, dass die Jederzeiterreichbarkeit mehr Fluch als Segen ist.
Wortlos sehe ich die beiden nicht, denn es macht ja den Anschein, dass das Mobiltelefon als Vermittler der zwischenmenschlichen Kommunikation wirkt, woraufhin sie es küsst. Es scheint bereits alles telefonisch/per Messenger kommuniziert worden zu sein. Anders kann ich den Kuss nicht interpretieren.

Beim Titel "Wort_Los" bin ich mir noch nicht sicher, ob er mir gefällt oder ob er für mich zu banal/zu simpel ist.

Danke für den Gedankenanstoß. Gerne gelesen.

LG
Constantine
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gold
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Beiträge: 4937
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Beitrag22.04.2018 07:59

von gold
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Liebe Heidi,

 Shocked Was für ein bitterer Text.Tragikomisch und so wahr.

Hier ein paar Erbsen:

wie wäre es, wenn du "zwischen ihnen" weglässt  und in V3 anstelle von "sprach"  "drückte  aus"  und V4 und V5 etwas umstellst?
Vielleicht so: "was auszusprechen,
                  sie, nicht in der Lage waren"

V1 in S2 kann m.E. bleiben. In V2 würde ich
anstelle von "einen", "eine" setzen (ist geläufiger)
In V3 würde ich anstelle " Mobiltelefon" "Smartphone" setzen (ist geschmeidiger).
V4 ist m.E. redundant.

S5 "küsste es" würde ich mit einem "und" versehen und es als V4 setzen.

Es ergibt also folgende Version:

Die Kerze flackerte.
Sie drückte aus,
was sie zu sagen,
nicht in der Lage waren.

Als er sich entfernte,
um eine zu rauchen,
holte sie das Smartphone
und küsste es.

Gern gelesen.

Liebe Grüße
gold


Edit: Zum Inhalt: Die Kerze flackert. Immerhin flackert sie noch, die Beziehung
scheint noch zu existieren, wenn sie auch nicht mehr ruhig brennt. Sie ist sprachlos geworden. Dem lyrischen sie bleibt nur noch übrig, das SM zu küssen, was in diesem Kontext schon einer Verzweiflungstat gleichkommt

Ich finde, es ist dir gelungen, mit wenigen Worten (auch fast wortlos 😁) so viel auszudrücken. Daumen hoch
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gold
Geschlecht:weiblichPapiertiger


Beiträge: 4937
Wohnort: unter Wasser
DSFo-Sponsor


Beitrag22.04.2018 08:28

von gold
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Liebe Heidi,

sehe gerade, m. E. kannst du "um eine" auch streichen. Und nur schreiben:

Als er sich entfernte,
um zu rauchen

LG
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firstoffertio
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Beitrag22.04.2018 22:12

von firstoffertio
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Die Kerze flackerte
zwischen ihnen
und sprach
was sie auszusprechen
nicht in der Lage waren

Als er sich entfernte
um einen zu rauchen
holte sie
das Mobiltelefon
aus der Tasche

küsste es

Ich überlegte erst, ob das Flackern der Kerze ein letztes ist vor dem Ausgehen (der Beziehung). Aber habe mich dagegen entschieden. Er geht ja nur eine/n(?) rauchen. Ich schließe also auf Restaurant, in dem das Ganze stattfindet.
Dann die letzte Zeile: Kommunizieren sie jetzt übers Handy?

Auf jeden Fall lese ich dein Gedicht als Kommentar zur Unfähigkeit direkter Kommunikation im Zeitalter der digitalen.

Zu Zeile vier vielleicht ein Vorschlag:

was sie sich zu sagen ?
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palmer
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Beiträge: 27



P
Beitrag23.04.2018 01:56

von palmer
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Gern gelesen.

Eine Liebeserklärung zum Abstandhalten, ob nun in Form der Fernkommunikation oder schon einer neuen, unerreichbareren Liebe, offen und doch geschlossen.

I like Wink
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Heidi
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Der goldene Durchblick


Beitrag23.04.2018 22:34
Re: Wort_Los
von Heidi
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Lieber Constantine,

vielen Dank für die hilfreichen Anmerkungen. Ich frage mich gerade auch, warum ich teils umständlich formuliert habe.
Andere Augen sehen mehr. Ein Glück.
Ich werde mir deine Vorschläge beim Überarbeiten zu Herzen nehmen.

Wie du den Text interpretierst, gefällt mir. Ich lasse das einfach mal so stehen:

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Es scheint mir hier um einen zivilisatorischen Kommentar zur Gegenwart der zwischenmenschlichen Kommunikation zu gehen. Menschen kommunizieren per SMS, Whatsapp und Co oder telefonieren, anstelle "live" sich gegenüber sitzend und im romantischem Ambiente/im Privatem sich nichts zu sagen habend. Eine traurig stimmende, zutreffende Beobachtung. Es wurde ja bereits alles mit den Messengerdiensten oder Telefonat kommuniziert und dann trifft man sich, sitzt sich gegenüber und es gibt nichts zu sagen, weil man keinen Gesprächsstoff mehr hat, den man mit dem Mobiltelefon nicht schon kommuniziert hätte. Ein dankbarer Kuss für den "Vermittler", das Mobiltelefon.

Was mir etwas zu gewollt erscheint, ist die Rolle der Kerze. Sie symbolisiert für mich die Zweisamkeit der beiden. Dass die Kerze Dinge "spricht", die die beiden nicht in der Lage waren, sich gegenüber zu sagen, sondern mit dem Mobiltelefon, bekomme ich beim Ende mit dem Kuss fürs Mobiltelefon nicht ganz zusammen. Denn sie ehrt das Mobiltelefon mit einem Kuss, für mich bedeutend, gäbe es das Mobiltelefon (stellvertretend für die digitale Entwicklung, jederzeit Erreichbarkeit und social networking) nicht, würde man entweder gar nicht mehr miteinander kommunizieren und säße sich wortlos gegenüber, was dann aber paradox wäre, weil es vor dem Treffen keine Messages oder Telefonate gegeben hätte und man somit den Gedankenaustausch (wieder) beim persönlichen Sehen/Treffen ausführen kann. Außer, man hat das persönliche Reden verlernt, was mit dem Mobiltelefon und dem Telefonieren nicht zutrifft. Telefonate können sehr emotional, sehr tief, sehr persönlich sein.
Insofern verstehe ich dein Gedicht, dass die Jederzeiterreichbarkeit mehr Fluch als Segen ist.
Wortlos sehe ich die beiden nicht, denn es macht ja den Anschein, dass das Mobiltelefon als Vermittler der zwischenmenschlichen Kommunikation wirkt, woraufhin sie es küsst. Es scheint bereits alles telefonisch/per Messenger kommuniziert worden zu sein. Anders kann ich den Kuss nicht interpretieren.


Es ist schön, so einen langen Text zu meinem kurzen Text, lesen zu dürfen. Vielen Dank dafür.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Beim Titel "Wort_Los" bin ich mir noch nicht sicher, ob er mir gefällt oder ob er für mich zu banal/zu simpel ist.


Das kann ich verstehen. Ich dachte das auch kurz, dann aber wieder nicht. Er kam mir entgegen und ich wusste, das ist der Titel.
Wortlos sind die beiden vielleicht nicht. Aber es ist ihr Los, so zu handeln, wie sie es tun. Und damit sind sie doch irgendwie wortlos.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Danke für den Gedankenanstoß. Gerne gelesen.


Das freut mich. Danke auch dir für reichlich Input und die detaillierten Worte, die du für den Inhalt des Gedichtes gefunden hast. Es ist immer wieder ein Geschenk, Interpretationen zum eigenen Text lesen zu dürfen.


Liebe gold,

gold hat Folgendes geschrieben:
Shocked Was für ein bitterer Text.Tragikomisch und so wahr.


dankeschön, dass du mich an deinem Innenleben teilhaben lässt. Der Text hat etwas ausgelöst und das zu erfahren ist für mich ein Gewinn.

Ich habe mir deine Vorschläge angeschaut, werde sie noch eingehender betrachten und nach einigen Malen drüber schlafen, versuchen, aus den gesammelten Gedanken hier im Thread, das Beste daraus zu machen.

gold hat Folgendes geschrieben:
anstelle von "einen", "eine" setzen (ist geläufiger)


Hierzu wollte ich aber schon mal erwähnen, dass es für meine Interpretation wichtig ist, dass er einen Joint raucht, auch wenn Zigaretten (vermutlich) häufiger konsumiert werden.
Ich will dieses Mal nicht zu viel davon verraten, welche Gedanken mich beim Schreiben bewegt haben, weil es sonst deine/eure Bilder zerstören könnte.

gold hat Folgendes geschrieben:
Edit: Zum Inhalt: Die Kerze flackert. Immerhin flackert sie noch, die Beziehung
scheint noch zu existieren, wenn sie auch nicht mehr ruhig brennt. Sie ist sprachlos geworden. Dem lyrischen sie bleibt nur noch übrig, das SM zu küssen, was in diesem Kontext schon einer Verzweiflungstat gleichkommt


Auch deine Interpretation lasse ich hier noch mal so stehen und freue mich darüber, dass du dir die Zeit genommen hast, das für mich zu formulieren.


Liebe firstoffertio,

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:

Ich überlegte erst, ob das Flackern der Kerze ein letztes ist vor dem Ausgehen (der Beziehung). Aber habe mich dagegen entschieden. Er geht ja nur eine/n(?) rauchen. Ich schließe also auf Restaurant, in dem das Ganze stattfindet.


Schön, dass du den beiden noch eine Chance gibst.
Das Restaurant habe ich beim Schreiben auch wahrgenommen. Erst hatte ich es sogar als Titel - also schlicht: "Im Restaurant", aber das kam mir dann zu direkt vor bzw. zu sehr mit diesem Ort verwachsen. Im Grunde ist es ja auch egal, wo diese Nicht-Kommunikation stattfindet. Oder ich täusche mich?

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:

Dann die letzte Zeile: Kommunizieren sie jetzt übers Handy?


In meinem Lesen tun sie es nicht. Im Gegenteil. Er hat gar keins, raucht dann einen Joint. Aber ich sehe, ich verrate schon wieder zu viel.

Dankeschön fürs Reingucken und für den Vorschlag für Zeile vier.
(drei Mal "für" in einem Satz, vielleicht bekomme ich heute noch einen für-Preis).


Liebe palmer,

palmer hat Folgendes geschrieben:
Gern gelesen.

Eine Liebeserklärung zum Abstandhalten, ob nun in Form der Fernkommunikation oder schon einer neuen, unerreichbareren Liebe, offen und doch geschlossen.


Ich weiß nicht, wie ich das jetzt ausdrücken soll, aber ich mag deine Interpretation sehr. Das hört sich bestimmt nichtssagend an, weil ich doch alle Interpretationen mag.
Ich sag aber nichst weiter dazu, weil ich denke, dass du irgendwie ahnst, warum ich das hier so schreibe, wie ich es tue.

Zitat:
I like Wink


Das höre ich gerne. Danke fürs Lesen und deine Worte.

Sieh zu, dass du nicht gleich wieder hier abhaust. Oder anders ausgedrückt: Was kann ich dafür tun, dass du diesem wundervollen Forum lange erhalten bleibst?


Euch allen schöne Grüße in eine gute Nacht.

Heidi
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Gast







Beitrag23.04.2018 23:06

von Gast
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H. H. (Hallo Heidi),

du hast jetzt bestimmt schon eine neue Version des Gedichtes verfasst und dich interessiert überhaupt nicht mehr was ich hier noch zu sagen habe ...

Also ich musste lachen. Laut lachen. und muss es immer noch. Ups das klingt jetzt irgendwie böse, als würde ich mich über dich lustig machen.



Zitat:
holte sie
das Mobiltelefon
aus der Tasche


klingt für mich als würde da ein schweratmender sprechen. holte sie (holt luft) das telefon (holt luft) aus der tasche (erschöpft von diesen paar worten)

die "verbesserte" version von gold ist da deutlich besser, aus meiner sicht.

das Gedicht hat mir wegen seiner Einfachheit so gefallen. So eindeutig, klar und deutlich, aber dennoch tiefsinnig. so muss lyrik. ich musste wohl lachen, weil wir jetzt schon so viele lange Gedankengänge miteinander ausgetauscht haben und das Werk so gestellt erschien. Vielleicht ist es aber auch einfach nur ein lustiges Stück Literatur. Skön.

Einen großen Interpretationsansatz will ich nicht unbedingt abgeben, könnte ich ihn auf Anhieb doch auch nicht so eloquent und passend formulieren, und sehe ich doch, dass du dir viele Gedanken dahinter gemacht hast, das reicht mir smile

Hat mich irgendwie an Kästners "Sachliche Romanze" erinnert - erschieß mich nicht.

Ein wenig gestelzt vielleicht, wie gesagt, das mit dem Kuss - aber umso amüsanter.

Ich wäre gespannt auf deine verbesserte Version (ich weiß du bist busy, aber vielleicht hast du sie ja schon parat smile )

Üdv,
Peter
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Constantine
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Beitrag23.04.2018 23:33

von Constantine
Antworten mit Zitat

Liebe Heidi,

ich greife für mich die "neuen" Infos auf, aus deiner Antwort an firstoffertio:
Heidi hat Folgendes geschrieben:
Er hat gar keins [Mobiltelefon; Anmerkung von mir], raucht dann einen Joint. Aber ich sehe, ich verrate schon wieder zu viel.

Stimmt, hast viel zu viel verraten. Laughing
Nein, Spaß beiseite.
Die Sache mit dem Joint habe ich vermutet, mich dann aber gefragt, was das impliziert und/oder zu welcher inhaltlichen Konsequenz dies in der Aussage des Gedichts führt, was dies über die Beziehung der beiden zueinander aussagt und ob auch (simples) Zigarettenrauchen in dieser Konstellation den gleichen Effekt hätte.
Noch viel interessanter ist die Info, dass er kein Mobiltelefon besitzt. Woraus ich als Leser deines Gedichts dies schließen soll, weiß ich nicht, außer dass der einzig ersichtliche Unterschied zwischen den beiden darin besteht: Er kifft, sie (anscheinend) nicht. Schwierig dies zu erkennen. Schwierig, was dies für die "Geschichte", die dein Gedicht erzählt, bedeutet:
Beide schweigen sich im Restaurant an.
Er besitzt kein Mobiltelefon und geht zum Rauchen/Kiffen nach draußen.
Sie kifft nicht, besitzt ein Mobiltelefon und küsst es heimlich, genau in dem Moment, als er einen Rauchen geht.

Damit bekommen beide ein Geheimnis angedichtet:
Sein Kiffen könnte sein Geheimnis sein, sie weiß nichts davon, denkt sich vielleicht, er raucht draußen eine Zigarette und befriedigt seine Sucht.
Ihr Mobiltelefon mag vielleicht nicht unbedingt ihr Geheimnis sein, aber ihre Beziehung zum Mobiltelefon hingegen schon, sie küsst es heimlich, das Mobiltelefon als Sucht, davon darf er nichts erfahren.

Dein "Erzähler" ist auktorial, er weiß, was die Kerze spricht, er weiß, dass der Mann kifft und er weiß, dass die Frau ihr Mobiltelefon küsst, was der Mann nicht sieht/nicht sehen darf(?).
Insofern scheint sich dieses "Wort_Los" vielleicht auf die beiden Sucht-Geheimnisse/die Sucht-Geheimniskrämerei der beiden Protagonisten zu beziehen.

LG
Constantine
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firstoffertio
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Beitrag24.04.2018 00:01

von firstoffertio
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Mir kamen ebensolche Fragen wie Constantine nach deiner Antwort, Heidi..

Dass er kein Mobiltelefon hat, erfährt man nicht aus dem Gedicht. (Schon beachtlich, dass man eher annimmt, er habe eins, nicht?) Dass er keins hat, deutet dann zumindest auf unterschiedliche Life styles oder so hin?

Dann wäre die flackernde Kerze doch vielleicht anders zu interpretieren.

Aber mit dieser nachgereichten Information ändert sich meine Leseweise etwas.

Sie könnte zum Schluss mit jemand anderem über das Handy Kontakt haben? Und im Gedicht ginge es doch mehr um die Beziehung als ich annahm.
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Constantine
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Beitrag24.04.2018 00:20

von Constantine
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firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Sie könnte zum Schluss mit jemand anderem über das Handy Kontakt haben? Und im Gedicht ginge es doch mehr um die Beziehung als ich annahm.


Wenn ich mir die Geste der Frau anschaue, sie holt ihr Mobiltelefon hervor und küsst es, dann ist das als Bild schon etwas seltsam. Und wenn es um einen anderen Kontakt ginge, dann finde ich ihre Kuss-Geste noch abstruser. Dass sie es ausgerechnet in dem Moment tut, als ihr Gegenüber aufsteht, um einen Rauchen zu gehen, hat für mich fast etwas Zwanghaftes. Vor allem, sie schreibt keinem Kontakt keine Nachricht, was sie in der Zeit der Abwesenheit ihres Gegenübers rasch hätte machen können, sondern sie küsst das Mobiltelefon.
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firstoffertio
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Beitrag24.04.2018 00:33

von firstoffertio
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Ich gestehe, nicht zu wissen, was Leute alles mit Mobiltelefonen machen. Ich habe selbst keines.
Ich dachte, sie hätte vielleicht  eine Nachricht oder ein Bild erhalten.
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Willebroer
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Beitrag24.04.2018 00:42

von Willebroer
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firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Ich gestehe, nicht zu wissen, was Leute alles mit Mobiltelefonen machen.


Eine Fahrt mit der Straßenbahn, und du weißt ALLES über Mobiltelefone. wink
Aber wahrscheinlich gibt es bei euch keine Straßenbahnen.
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firstoffertio
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Beitrag24.04.2018 00:46

von firstoffertio
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Das ist jetzt aber OT. Ich fahre hin und wieder mit dem Zug, deswegen kam mir das Küssen des Handys nicht so abwegig vor.
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Constantine
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Beitrag24.04.2018 07:07

von Constantine
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firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Ich gestehe, nicht zu wissen, was Leute alles mit Mobiltelefonen machen. Ich habe selbst keines.
Ich dachte, sie hätte vielleicht  eine Nachricht oder ein Bild erhalten.

Du hast recht. Das wäre möglich. Danke.

Problematisch für mich: Warum macht der mMn "auktoriale Erzähler" aus dem Kuss und seiner Bedeutung so ein Geheimnis, "erzählt" mir aber zuvor, was die Kerze ausspricht?
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Seraiya
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Beitrag24.04.2018 09:04

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Hallo smile

Constantine hat Folgendes geschrieben:

Wenn ich mir die Geste der Frau anschaue, sie holt ihr Mobiltelefon hervor und küsst es, dann ist das als Bild schon etwas seltsam.



Für mich bedeutet das Mobiltelefon hier etwas, das sie für sich hat und auch etwas, an dem sie sich in diesem Moment festhalten kann. Möglicherweise gibt es einen Kontakt, der nur über das Handy existiert und der ihr die nötige Kraft gibt, während sie ganz allein zurückbleibt.


LG,
Seraiya


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Constantine
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Beitrag24.04.2018 09:27

von Constantine
Antworten mit Zitat

Seraiya hat Folgendes geschrieben:
Hallo smile

Constantine hat Folgendes geschrieben:

Wenn ich mir die Geste der Frau anschaue, sie holt ihr Mobiltelefon hervor und küsst es, dann ist das als Bild schon etwas seltsam.



Für mich bedeutet das Mobiltelefon hier etwas, das sie für sich hat und auch etwas, an dem sie sich in diesem Moment festhalten kann.

Ja, dass sie dankbar ist, es zu haben.

Aber während mir der "Erzähler" in der ersten Strophe erklärt, dass beide nicht miteinander sprechen können - sie sind nicht in der Lage, etwas auszusprechen, was die Kerze ausspricht-, gibt sich die zweite Strophe rein beschreibend und die Frau bringt dem Mobiltelefon eine tiefe Emotion entgegen, eine Dankbarkeit, die im Gegensatz zur ersten Strophe steht.

Wenn ich firstoffertios Gedanken weiterspinne, dass die Frau eine Nachricht/ein Foto von einem Kontakt erhalten haben könnte, sozusagen ein anderes love interest hat, und das Mobiltelefon/die Nachtricht/das Foto küsst, dann handelt es sich hierbei eher um eine ménage à trois und nicht wie ich anfangs annahm, dass es sich allein um die beiden Protagonisten und ihre degenerierte Kommunikation handelt.

LG
Constantine
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Seraiya
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Beiträge: 924



Beitrag24.04.2018 10:07

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Constantine hat Folgendes geschrieben:

Ja, dass sie dankbar ist, es zu haben.

Aber während mir der "Erzähler" in der ersten Strophe erklärt, dass beide nicht miteinander sprechen können - sie sind nicht in der Lage, etwas auszusprechen, was die Kerze ausspricht-, gibt sich die zweite Strophe rein beschreibend und die Frau bringt dem Mobiltelefon eine tiefe Emotion entgegen, eine Dankbarkeit, die im Gegensatz zur ersten Strophe steht.

Wenn ich firstoffertios Gedanken weiterspinne, dass die Frau eine Nachricht/ein Foto von einem Kontakt erhalten haben könnte, sozusagen ein anderes love interest hat, und das Mobiltelefon/die Nachtricht/das Foto küsst, dann handelt es sich hierbei eher um eine ménage à trois und nicht wie ich anfangs annahm, dass es sich allein um die beiden Protagonisten und ihre degenerierte Kommunikation handelt.

In meinem Lesen bedeutet Wort_Los sein zunächst etwas, dem eine tiefe Emotion voran geht. Eine Emotion, die sich durch äussere und innere Umstände verändert und letztendlich zur Wortlosigkeit führt. Die erste Strophe liest sich für mich deswegen als gewisser Schmerz.
Die zweite als ein Festhalten und Hilfe suchen, was hier jeder auf seine Weise macht. Der Mann geht kiffen, was mir wie eine Flucht oder seine Art des Verarbeitens/Abhakens vorkommt. Die Frau bleibt mit der Kerze zurück - was für mich ein sehr einsames Bild ist, und hält sich an etwas oder jemandem fest. Ich spinne den Gedanken in eine andere Richtung, die nichts mit einer Liebschaft der Frau zu tun hat. In einer Zeit, in der das Handy Entfernungen überbrückt und als Fenster zur Aussenwelt gilt, sehe ich es hier eher als Freund, Hilfestellung oder vielleicht sogar Wegweiser, der sie an diesen Tisch geführt hat - letzteres würde mir die tiefe Dankbarkeit erklären. (Aber meine Gedanken gehen jetzt sehr weit)


LG,
Seraiya


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Constantine
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Beitrag24.04.2018 10:25

von Constantine
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Seraiya hat Folgendes geschrieben:

In meinem Lesen bedeutet Wort_Los sein zunächst etwas, dem eine tiefe Emotion voran geht. Eine Emotion, die sich durch äussere und innere Umstände verändert und letztendlich zur Wortlosigkeit führt. Die erste Strophe liest sich für mich deswegen als gewisser Schmerz.
Die zweite als ein Festhalten und Hilfe suchen, was hier jeder auf seine Weise macht. Der Mann geht kiffen, was mir wie eine Flucht oder seine Art des Verarbeitens/Abhakens vorkommt. Die Frau bleibt mit der Kerze zurück - was für mich ein sehr einsames Bild ist, und hält sich an etwas oder jemandem fest. Ich spinne den Gedanken in eine andere Richtung, die nichts mit einer Liebschaft der Frau zu tun hat. In einer Zeit, in der das Handy Entfernungen überbrückt und als Fenster zur Aussenwelt gilt, sehe ich es hier eher als Freund, Hilfestellung oder vielleicht sogar Wegweiser, der sie an diesen Tisch geführt hat - letzteres würde mir die tiefe Dankbarkeit erklären. (Aber meine Gedanken gehen jetzt sehr weit)

Ich verstehe deine Sicht des Kiffens, auch wenn ich im ersten Lesen nicht an eine Art Flucht, Verarbeiten oder Abhaken gedacht habe, als er raus geht, sondern (einfach) als "Suchtbefriedigung" eingeordnet habe. Die Rolle des Mobiltelefons in Richtung einer anderen Liebschaft sehe ich auch nicht. Dein "als ein Fenster zur Außenwelt", "als ein Freund" kommt meiner geäußerten Vermittler-Rolle nahe, die ich wie das Rauchen/Kiffen versucht habe in einem Zusammenhang zur Sucht zu bringen: Bezugnehmend auf den Titel klappt das Miteinander-reden live 1:1 nicht, aber über das (stellvertretende) Medium Mobiltelefon (umgeachtete dessen, ob er ein Mobiltelefon besitzt oder nicht).

LG
Constantine
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palmer
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Beiträge: 27



P
Beitrag24.04.2018 14:44
Re: Wort_Los
von palmer
Antworten mit Zitat

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
I like Wink


Das höre ich gerne. Danke fürs Lesen und deine Worte.

Sieh zu, dass du nicht gleich wieder hier abhaust. Oder anders ausgedrückt: Was kann ich dafür tun, dass du diesem wundervollen Forum lange erhalten bleibst?



Öh. Weiter so? smile
Danke für die lieben Worte.
Ich merke, dass ich mich jeden Tag freue, zu schauen, was es hier Neues gibt. Auch wieder mehr Lust habe, regelmäßig zu schreiben.

An deinem Gedicht mag ich übrigens am meisten das Ende, das schlichte, unkommentierte "küsste es".

Ansonsten ist glaub ich zu jeder Stelle schon irgendwas gesagt worden, da will ich die Suppe mal in Ruhe köcheln lassen.

Einen guten Dienstag!
p.
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Heidi
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Der goldene Durchblick


Beitrag25.04.2018 21:32

von Heidi
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Lieber Peter,

leider muss ich dich enttäuschen; es gibt noch keine neue Version, du wirst dich also gedulden müssen. Meinst du, das kriegst du hin?

Peter hat Folgendes geschrieben:
Also ich musste lachen. Laut lachen. und muss es immer noch. Ups das klingt jetzt irgendwie böse, als würde ich mich über dich lustig machen.

Zitat:
holte sie
das Mobiltelefon
aus der Tasche


klingt für mich als würde da ein schweratmender sprechen. holte sie (holt luft) das telefon (holt luft) aus der tasche (erschöpft von diesen paar worten)


Warum klingt das so, als würdest du dich über mich lustig machen? Finde ich nicht. Ich freue mich doch, wenn du lachst. Und dann auch noch laut. Ich hör dich bis hierhin. Luftlinie etwa neunhundert Kilometer, nicht schlecht.
Mich amüsiert die Stelle auch, oder na ja, ich kann sie so lesen, dass sie mich amüsiert, aber ich kann sie auch, wie etwa gold, sehr dramatisch lesen.
Erschöpfung und Luftholen ist ein neuer Aspekt, den du mitreinbringst und den ich bisher noch nicht gesehen habe. Ich finde es gut, wenn du mir deine Bilder zeigst, mir erzählst, wie der Text auf dich wirkt. Das ist etwas besonderes, weil man in einen anderen ja für gewöhnlich nicht „reingucken“ kann.

Peter hat Folgendes geschrieben:
die "verbesserte" version von gold ist da deutlich besser, aus meiner sicht.


golds Version finde ich auch gut, aber ich will meine eigene haben. Smile
Der letzte Abschnitt in golds Beispiel, also und vor küsste es, hatte ich in der ersten Version auch, fand das dann aber zu erzählerisch.

Hier noch mal golds Version zum Nachlesen und weil ich sie noch mal würdigen möchte:

gold hat Folgendes geschrieben:
Die Kerze flackerte.
Sie drückte aus,
was sie zu sagen,
nicht in der Lage waren.

Als er sich entfernte,
um eine zu rauchen,
holte sie das Smartphone
und küsste es.


Peter hat Folgendes geschrieben:
das Gedicht hat mir wegen seiner Einfachheit so gefallen. So eindeutig, klar und deutlich, aber dennoch tiefsinnig. so muss lyrik. ich musste wohl lachen, weil wir jetzt schon so viele lange Gedankengänge miteinander ausgetauscht haben und das Werk so gestellt erschien. Vielleicht ist es aber auch einfach nur ein lustiges Stück Literatur. Skön.


Gestellt? Damit gibst du mir was zum Denken mit. Eigentlich will ich authentisch schreiben.
Auf alle Fälle finde ich es bemerkenswert, wie sehr dich das Stück Literatur amüsiert. Ich (bzw. Text) schaffe es also Emotionen in dir hervorzurufen. Das ist klasse. Deshalb leih ich mir mal eben palmers Ausdruck: I like Wink
Auch die Worte tiefsinnig, eindeutig, klar. Und: So muss Lyrik.
Ich merke, ich bin gerade dabei, eingebildet zu werden. Danke Peter.

Peter hat Folgendes geschrieben:
Hat mich irgendwie an Kästners "Sachliche Romanze" erinnert - erschieß mich nicht.


Mist, jetzt muss ich diese Romanze lesen, um zu verstehen, wie du das meinst.
Erschießen tu ich dich nicht. Ich bin ein friedliebendes Mädchen. Du müsstest mich schon ziemlich ärgern, damit es soweit kommt (in einer Form, die fast ausschließlich deutsche Bürokratie zustande bringt) – dann aber würde ich mich mit Schussfarbe an dir austoben. Ich habe klar vor Augen, wie das aussehen könnte.

Peter hat Folgendes geschrieben:
Ich wäre gespannt auf deine verbesserte Version (ich weiß du bist busy, aber vielleicht hast du sie ja schon parat  )


Die kommt noch. Geh spazieren, ein paar Tage und Nächte lang. Betrachte den Mond und berichte mir, wie er sich verändert. Dann irgendwann kommt sie. Und noch anderes.

Ich hab Üdv gegoogelt. Dann sag ich mal auch Üdv, vielleicht sollte ich am Ende nur noch Üdv sagen.


Lieber Constantine, liebe firstoffertio und liebe Seraiya,

zunächst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass ihr euch hier so zahlreich gemeldet und diesen Text intensiv diskutiert habt. Das hätte ich niemals erwartet. Ich freue mich sehr darüber.
Ich versuche mal auf eure Beiträge gesammelt einzugehen, weil sie doch stark miteinander zusammenhängen. Mal sehen, ob ich das hinkriege.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Die Sache mit dem Joint habe ich vermutet, mich dann aber gefragt, was das impliziert und/oder zu welcher inhaltlichen Konsequenz dies in der Aussage des Gedichts führt, was dies über die Beziehung der beiden zueinander aussagt und ob auch (simples) Zigarettenrauchen in dieser Konstellation den gleichen Effekt hätte.


Ich finde, dass es einen sehr großen Unterschied macht, ob sich jemand eine psychoaktive Droge zuführt oder eine die auf das Nervensystem eine erregende oder lähmende Wirkung hat (Infos von Wikipedia zu Tetrahydrocannabinol und Nikotin). Auch darüber, was die Beziehung der beiden betrifft.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Noch viel interessanter ist die Info, dass er kein Mobiltelefon besitzt. Woraus ich als Leser deines Gedichts dies schließen soll, weiß ich nicht, außer dass der einzig ersichtliche Unterschied zwischen den beiden darin besteht: Er kifft, sie (anscheinend) nicht. Schwierig dies zu erkennen. Schwierig, was dies für die "Geschichte", die dein Gedicht erzählt, bedeutet:
Beide schweigen sich im Restaurant an.
Er besitzt kein Mobiltelefon und geht zum Rauchen/Kiffen nach draußen.
Sie kifft nicht, besitzt ein Mobiltelefon und küsst es heimlich, genau in dem Moment, als er einen Rauchen geht.


Im Grunde hab ich etwas verraten, was ich nicht verraten habe. Weil es im Gedicht auch nicht vorkommt. Es ist nicht die Rede davon, dass er ein Mobiltelefon besitzt. Er geht nur einen Rauchen. Und genau das nicht weiter zu thematisieren halte ich für wichtig, weil wenn ich im Text erklären würde, dass er keins besitzt, dann würde diese Info den Leser einschränken und die Interpretationsmöglichkeit, die von dir kam überhaupt nicht zulassen. Mir war auch ein gesellschaftskritischer Ansatz wichtig. Also, dass der Text auch in die Richtung denkbar ist. Die Flucht der Frau „ins“ Mobiltelefon. Aber eben nicht ausschließlich. Durch deine und firstoffertios Leseart habe ich eine völlig neue Sichtweise erlangt. Ich habe in meiner Interpretation das Handy als ebenfalls-Flucht gesehen, aber eben anders. Du und first – ihr habt die Kommunikation der beiden durch eure Fantasie anders geformt und das Mobiltelefon erschaffen, von dem nie die Rede war. Darauf wäre ich nicht gekommen. Dass die beiden möglicherweise übers Handy kommunizieren, während sie am Tisch sitzt und er einen raucht, finde ich nicht weniger interessant als die Gedanken, die mir während des Schreibens durch den Kopf gingen, weil da sehr viel Wahres dran ist. Dinge die vermutlich bereits geschehen. Gerade kommuniziere ich auch technisch.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Dein "Erzähler" ist auktorial, er weiß, was die Kerze spricht, er weiß, dass der Mann kifft und er weiß, dass die Frau ihr Mobiltelefon küsst, was der Mann nicht sieht/nicht sehen darf(?).
Insofern scheint sich dieses "Wort_Los" vielleicht auf die beiden Sucht-Geheimnisse/die Sucht-Geheimniskrämerei der beiden Protagonisten zu beziehen.


Was die Wortlosigkeit betrifft, finde ich, hat Seraiya viele neue Aspekte mit in die Diskussion gebracht, auf die ich gleich noch mal zu sprechen komme.
Für die Titelwahl war mir die Trennungsmöglichkeit der Begriffe wichtig. Der Begriff Wort hinter dem ich die vielen unausgesprochenen Worte empfinde (wie du bei deinem ersten Beitrag, ich glaube der wars, auch sagtest, also, dass die beiden doch irgendwie kommunizieren) und das Los – deren Schicksal. Ist es das Schicksal der beiden, dort zu sitzen und sich nicht begegnen zu können? Ob das ein Gespräch mit ausgesprochenen Worten ist, oder eins, das auf einer anderen Ebene stattfindet bzw. nicht stattfindet, ist eigentlich egal. Zusammen liest sich Wort_Los dann als wortlos. Daraus ergeben sich drei Möglichkeiten und jetzt hab ich wirklich zu viel erklärt. Das ist nicht gut. Ich höre wie jemand aus dem Off den Kopf schüttelt.

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Sie könnte zum Schluss mit jemand anderem über das Handy Kontakt haben? Und im Gedicht ginge es doch mehr um die Beziehung als ich annahm.


Das könnte sie. Genauso wie sie mit ihm Kontakt haben könnte (wenn man sich für ihn ein Telefon dazudenkt) oder eben ganz andere Dinge auf dem Handy macht. Seraiya hat später einige davon angeführt, es gibt aber noch unzählige weitere Möglichkeiten.
Und ich finde auch, wie Constantine, dass man ihre Handlung zwanghaft sehen könnte. Wie eine Gegenreaktion zu seinem Handeln.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Vor allem, sie schreibt keinem Kontakt keine Nachricht, was sie in der Zeit der Abwesenheit ihres Gegenübers rasch hätte machen können, sondern sie küsst das Mobiltelefon.


Den Kuss kann ich in zweierlei Form sehen. Als reales Tun, also sie küsst das Smartphone, oder ich erlebe es als Bild, für das, was das Smartphone für sie bedeutet (wie von Seraiya interpretiert).
Ersteres wäre für mich eine sehr materielle Kuss-Form, letzteres eher seelischer Natur.
Und, wie firstoffertio später erzählt, kann auch ich mir vorstellen, dass jemand tatsächlich sein Handy küsst. Obwohl es ein groteskes Bild abgibt.

Die folgende Diskussion zwischen dir Seraiya und dir Constantine, lasse ich erst mal so stehen. Ich möchte aber diese Interpretation noch mal hier einfügen, weil sie schön ist zwischen Ausdruck, Inhalt und überall sonst.

Seraiya hat Folgendes geschrieben:
In meinem Lesen bedeutet Wort_Los sein zunächst etwas, dem eine tiefe Emotion voran geht. Eine Emotion, die sich durch äussere und innere Umstände verändert und letztendlich zur Wortlosigkeit führt. Die erste Strophe liest sich für mich deswegen als gewisser Schmerz.
Die zweite als ein Festhalten und Hilfe suchen, was hier jeder auf seine Weise macht. Der Mann geht kiffen, was mir wie eine Flucht oder seine Art des Verarbeitens/Abhakens vorkommt. Die Frau bleibt mit der Kerze zurück - was für mich ein sehr einsames Bild ist, und hält sich an etwas oder jemandem fest. Ich spinne den Gedanken in eine andere Richtung, die nichts mit einer Liebschaft der Frau zu tun hat. In einer Zeit, in der das Handy Entfernungen überbrückt und als Fenster zur Aussenwelt gilt, sehe ich es hier eher als Freund, Hilfestellung oder vielleicht sogar Wegweiser, der sie an diesen Tisch geführt hat - letzteres würde mir die tiefe Dankbarkeit erklären. (Aber meine Gedanken gehen jetzt sehr weit)


Danke auch dir palmer, dass du noch mal vorbeigeschaut hast.

palmer hat Folgendes geschrieben:
An deinem Gedicht mag ich übrigens am meisten das Ende, das schlichte, unkommentierte "küsste es".


Ich werde kein und einfügen, um den Satz zu verbinden, sondern schlicht bleiben. Auch mir gefällt der Schluss in der jetzigen Form gut.

Dann gucken wir mal nach einigem Köcheln, ob aus der Suppe noch ein vernünftiger Zaubertrank wird. Ich mixe bald die Zutaten zusammen und lasse das Gebräu ordentlich durchziehen. Wenn alles fertig ist, dürft ihr probieren.

Vielen Dank an alle Beitragenden, für die anregende Diskussion, in der, wie palmer sagte, wohl alle Textteile intensiv behandelt wurden. Eine inhaltliche Diskussion zu einem Text von mir, hatte ich noch nie. Und ich freue mich darüber.

Liebe Grüße
Heidi
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag01.05.2018 21:02

von Heidi
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Das Flackern
der Kerze erzählte
was sie für sich
behielten bis
er ging um einen
zu rauchen

Den Blick auf
die Stille gerichtet
holte sie das
Mobiltelefon aus
der Tasche

küsste es


.
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