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Das Geheimnis der ersten Nacht


 
 
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ricochet
Geschlecht:männlichEselsohr

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Beiträge: 398
Wohnort: Graz


Beitrag19.03.2018 10:39
Das Geheimnis der ersten Nacht
von ricochet
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Rüde drängten sich die Soldaten des Landgrafen durch die Hochzeitsgäste und ergriffen die Braut, um sie auf die Burg zu bringen. Mit einem innigen Kuss verabschiedete sich Margaretha von Ignaz, ihrem Bräutigam, und ergab sich mit viel Contenance in ihr Schicksal. Der Lehnsherr würde wie üblich sein ius primae noctis geltend machen. Ignaz vermochte nur mit Mühe, sich zurückzuhalten. Erst als einer der Soldaten demonstrativ zum Schwert griff, verstummte sein Protest. Während Margaretha zu den Pferden geführt wurde, flüsterte Base Hildegard ihr zu: „Fürchte dich nicht.“
Tatsächlich fügte niemand der jungen Frau auf der Burg Leid zu. Im Gegenteil, sie wurde zuvorkommend behandelt. Sie erhielt einen Ehrenplatz bei Tisch, in unmittelbarer Nähe ihres Grundherren, des Grafen Heinrich von Klamm. Dieser unterhielt sich zwar kaum mit ihr, aber als Gastgeber ließ er sich keineswegs lumpen: Er ließ vorzügliche Fischsuppe auftragen, dann Wildschwein- und Fasanbraten, mit allerlei Naschereien zum Abschluss; Köstlichkeiten, von denen Margaretha bisher bestenfalls gehört hatte. Dazu lieferte der Hofnarr seine ordinären Schwänke. Zur allgemeinen Erheiterung furzte er zwischendurch ausgiebig. Ein Trupp aus vier unerschrockenen Musikern tat ein Übriges, um mit ihren Fress- und Saufliedern, begleitet von Drehleier, Harfe und verschiedenem Schlagwerk, die gute Laune zu fördern. Nach dem Schmaus wurde die Braut im Waschzuber von den Kammerzofen verwöhnt, anschließend mit duftenden Ölen eingerieben.
Bald danach saß sie Graf Heinrich in seiner Kemenate erwartungsvoll gegenüber. Jetzt wurde es ernst. Der betrübliche Teil erwartete die junge Frau. Der Raum wurde von wenigen Kerzen mehr schlecht als recht beleuchtet. An der Nordseite befand sich der offene Kamin, der jetzt, wegen der ohnehin warmen Temperaturen nur mit kleinem Feuer geheizt wurde. Gegenüber stand das Bett mit seinen schweren, teuren Vorhängen. Das also würde der Ort sein, an dem der Graf sein Recht der ersten Nacht ausüben würde. An einer der Wände standen zwei Truhen, die eine aus einem verwitterten Holz, die andere, etwas kleiner, war mit Leder bezogen und kostbaren Beschlägen versehen.
Margaretha sah dem alten Mann mit unverhohlener Ablehnung in seine wasserblauen Augen und sagte verächtlich: „Nehmt meinen Leib, ihr habt das Recht dazu, wie wir beide wissen. Ich hoffe nur, wir haben es bald hinter uns.“
Die Frau war keine der adeligen Damen, sondern eine Bäuerin. Als solche arbeitete sie den halben Tag im Kuhstall, des Sommers brachte sie in der Hitze auf dem Feld die Ernte ein und wenn die Winde aus dem Osten kälter wurden, begab sie sich in den Wald, Brennholz für den Winter zu sammeln. Sie würde zweifellos verkraften, was ihr bevorstand. Einfach Augen schließen und über sich ergehen lassen … Halt! Noch besser: Sich vorstellen, es sei Ignaz!
Indes, Graf Heinrich machte keinerlei Anstalten. Durch das Halbdunkel sah er die junge Frau eine Weile merkwürdig an und entgegnete dann mit gedämpfter Stimme: „Nun ja, meine Liebe, das ist leider nicht so einfach. Ich wünschte, es wäre so. Gerne würde ich deine Schönheit gebührend würdigen. Du musst wissen, wenn wir auf meinen Bettlaken zu einer Umarmung niedersinken, gibt es keinen Grafen und keine Bäuerin mehr, sondern nur Mann und Frau.
Leider siehst du einen alten Mann dir gegenüber. Das Leben fordert seinen Preis, die Kriege und Schlachten erst recht. Alles, was einem das Leben in der Jugend so reichlich zu Füßen legt, alle Freude, allen Übermut, holt es sich im Alter auf irgendeine Weise grausam wieder.“
Mühsam erhob er sich aus seinem Stuhl, hinkte zum Feuer und wärmte sich die gichtgeplagten Hände. An der linken Hand fehlte der kleine Finger. Jaja, die Schlachten, das Plündern und Brandschatzen, das ewige Köpfen und so weiter ... Margaretha kam ein Verdacht: Mag sein, die Kriege hatten mehr gefordert, als nur einen unbedeutenden Finger. Hoffnung machte sich in ihr breit. Allerdings – die Leute ihres Dorfes erwarteten, dass sie als Jungfrau in die Ehe ginge, ansonsten man es an Respekt mangeln lassen würde. Und Ignaz würde man bedauern, dass er mit einer Frau zweiter Wahl vorlieb nehmen musste. Seit der Geschichte mit dem jungen Holzfäller im letzten Sommer jedoch ... War der Abend doch so lauschig gewesen und der Hintern knackig. Außerdem hatte es unglaublich gut getan … Der Landgraf würde hoffentlich nicht auf sein Recht verzichten, oder? In dem Falle hätte sie Ignaz einiges zu erklären. Nüchtern betrachtet war es durchaus in ihrem Sinne, die Tradition zu wahren.
Margaretha sagte: „Ich verstehe Euch. Dennoch seid Ihr der Held mancher Schlachten und habt mit dem König gegen die Hunnen gekämpft. Man erwartet von Euch, dass Ihr die alten Rechte wahrt. Ihr habt einen Ruf zu verlieren. Mitnichten bin ich Euch böse deswegen. Ich bitte euch nur, mir nicht weh zu tun und keine Begeisterung von mir zu verlangen.“
Der Graf legte zwei Buchenscheite in die Flammen, bevor diese endgültig verloschen. Er fuhr fort: „Ich weiß. Um ehrlich zu sein: Ginge es nach mir, würde ich das Recht der ersten Nacht schon lange nicht mehr ausüben. Das Leben zeichnet, ich sagte es schon ... Außerdem haben die Kriege mehr gefordert, als nur diesen unbedeutenden Finger an meiner Linken oder mein Knie. Aber ich kann mir das nicht leisten, der Spott und Hohn hier am Hofe wären mir sicher. Seit Jahren lauert alles nur darauf, dass ich verkünde, meine Herrschaft abzugeben, um mich auf einen kleinen Alterssitz, irgendwo in der Einöde zurückzuziehen. Oder allenfalls in einen Nebentrakt der Burg, als Nachbar der Dienerschaft. Ganz besonders wartet mein Herr Schwiegersohn darauf, meine Ländereien zu übernehmen. Und das am besten noch zu meinen Lebzeiten. Es ist durchaus in meinem Sinne, die Tradition einzuhalten.“
Er setzte sich zu Margaretha. Geraume Weile sprach keiner der beiden ein Wort. War da etwa guter Rat teuer? Endlich rang sich Heinrich auf und sprach leise weiter: „Ich mache dir folgenden Vorschlag. Wir tun so, als ob und lassen es dabei bewenden. Ich habe meinen Ruf gewahrt und du deine Jungfernschaft. Du und dein Ehemann, ihr müsst eben Stillschweigen bewahren. Lass uns in diesem Geheimnis verbunden sein. Was hältst du davon?“
„Reicht es nicht, wenn Ihr morgen herumerzählt, wie Ihr …?“
„Pssssst, oh nein ...“ Der Graf deutete mit dem Kopf zur Tür.
Margaretha verstand. Offenbar waren auch in der Burg hier der Klatsch und Tratsch die wahren Herrscher.
„Ihr seid sehr weise, mein Graf“, stimmte Margaretha zu und nickte deutlich mit dem Kopf. Ignaz einzuweihen war hingegen das Letzte, was ihr in den Sinn gekommen wäre.
Graf Heinrich von Klamm und Jungbäuerin Margaretha hoben nun ein Konzert der Leidenschaft an. Heinrich brüllte sich beinahe heiser, Margaretha seufzte ärger als der Herbstwind im Dachgebälk. Heinrich schob die kleinere der Truhen geräuschvoll hin und her. Als er darob ins Schwitzen kam, übernahm Margaretha diese anstrengende Tätigkeit. Die Kammerzofen vor der Türe waren ganz beeindruckt. Manch eine fraß ein wenig der Neid. Nach einer Viertelstunde derlei Getöses wurde es ruhig im Zimmer.
Der alte Graf in seinem Stuhl lächelte glücklich, wie ein übermütiger Junge, dem ein besonderer Streich gelungen war. Auch Margaretha war zufrieden. Bald war der Graf von einem Moment zum anderen auf seinem Stuhl eingeschlafen. Der Wein am Abend, die viele Mühe des Ächzens und Stöhnens, und fortgeschritten war die Nacht ohnehin ...
Die junge Bäuerin betrachtete ihren „Liebhaber“ im Schein des Mondes, der als Zeuge des Treibens nachsichtig durch die Fensteröffnung äugte. Ohne Zweifel musste Heinrich früher einmal ein stattlicher Mann gewesen sein. Er war auch verheiratet gewesen, bis die Geburt seiner dritten Tochter das Leben der Mutter gefordert hatte. Alle Welt wusste, wie schwer ihn das getroffen hatte. In der Tat, das Leben hatte ihn gezeichnet ...
Gegen Morgengrauen wachte Margaretha auf. Das Nachthemd Heinrichs war zur Seite gerutscht und gab den Blick auf seinen Körper frei. Das linke Knie in der Schlacht zu Haidenburg zertrümmert, vernarbte Stich- und Schnittverletzungen, soweit sie sehen konnte, Beweise einer ruhmreichen Vergangenheit. Und angesichts des Umstandes, dass er schlicht und einfach alt geworden war, hatte der berühmte Krieger diese Nacht um seinen Ruf gekämpft, um seine Ehre als Mann. Machte ihn das weniger zum Mann? Immerhin wusste er einen Mangel durch taktisches Geschick auszugleichen.
Auch seine Männlichkeit lag frei. Und siehe da! Ein Wunder war geschehen, denn sie war erstarkt ... In ihrer bodenständigen Art legte Margaretha Hand an, und setzte sich darauf, damit nicht endgültig verkomme, was sich wider allen Erwartens noch als rüstig erwiesen hatte ... Der Graf selbst rührte sich nicht. Ruhig ging weiterhin sein Atem. Selbst am erfolgreichen Ende ihrer Bemühungen blieben die Augen des Grafen geschlossen. Täuschte es die Braut oder lächelte der Graf tatsächlich spitzbübisch? Schwer zu sagen, bei dem Licht der aufkommenden Dämmerung. Wie einfach war es gewesen, einem alten Mann eine harmlose Freude zu bereiten ... Nein, sie war Heinrich nicht mehr böse, dass er sie um die erste Nacht mit ihrem Ehemann gebracht hatte.
Am nächsten Vormittag geleiteten drei berittene Soldaten  Margaretha in ihr Dorf zurück. Zwischen den ersten Häusern kehrten sie wortlos um. Als erstes begegnete ihr Base Hildegard auf dem Weg zur Feldarbeit. Sie hatte letzten April ihre erste Nacht beim Grafen hinter sich gebracht. Fragend sah ihr Hildegard entgegen. Margaretha nickte verschmitzt, worauf sich ein erleichtertes Lächeln auf Hildegards Gesicht breit machte. Geheimnisse verbinden, ganz besonders dann, wenn sie nicht ausgesprochen werden.
Als Margaretha Anfang des nächsten Jahres mit einer kerngesunden Tochter niederkam, hatte diese wasserblaue Augen.



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Stefanie
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Beitrag19.03.2018 13:48

von Stefanie
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Das fällt dann wohl unter Altherrenfantasie.
Dass eine Frau, die keine sexuelle Erfahrung hat, sich auf diese Weise mit einem alten Mann entjungfert, obwohl zuhause der geliebte Ehemann wartet, íst komplett unrealistisch.
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ricochet
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Beitrag19.03.2018 14:43

von ricochet
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Du hast den Holzfäller überlesen; sie ist keine Jungfrau mehr (was ihr Problem ist).

rico


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RememberDecember59
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Beitrag19.03.2018 15:31

von RememberDecember59
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Hallo ricochet,
als ich im ersten Abschnitt gesehen habe, dass es um das Recht der ersten Nacht geht, wollte ich schon abbrechen, weil ich damit gerechnet habe, dass sich gleich jemand literarisch daran ergötzen wird, wie eine arme, junge (und bestimmt wunderschöne, zerbrechliche) Frau ihr erstes Mal mit einem unerbittlichen und groben Fremden erleben muss, während zuhause der sanftmütige, liebevolle Ehemann Höllenqualen erleidet. (Wieso gibt's hier keinen Kotz-Smiley?! Laughing)

Zum Glück kam es dann doch anders. Deine Geschichte hat mich überrascht, und zwar gleich an mehreren Stellen, das finde ich schon mal gut.

Dass sie ein bisschen den von Stefanie genannten „Altherrenfantasie“-Touch hat und nicht sehr realistisch erscheint, würde ich zwar auch sagen, aber ich sehe das nicht wirklich tragisch. Es gibt haufenweise Erotikliteratur, die speziell für Frauen geschrieben wurde, warum also nicht auch sowas.
Was ich nicht ganz gelungen fand, bzw. wo man vielleicht ansetzen könnte: An manchen Stellen wirken die Personen ein bisschen widersprüchlich auf mich. Du schreibst, in Margaretha keimt Hoffnung auf, als sie den Verdacht hegt, dass der Graf impotent sein könnte. Ein paar Sätze weiter kommt dann, dass es ja doch in ihrem Sinne wäre, mit ihm zu schlafen. Der Gedanke, dass ihr das zugutekommt, weil sie dadurch ihre Holzfäller-Geschichte verschleiern kann, müsste ihr doch schon lange gekommen sein, deshalb verstehe ich ihre Hoffnung nicht. Und auch, dass sie dem Grafen am Anfang so viel Ablehnung entgegenbringt, wundert mich ein bisschen, weil sie später dann ja einen recht pragmatischen Eindruck macht und kein großes Problem mit der Sache zu haben scheint.
(Man könnte vielleicht auch die einmalige Sache mit dem Holzfäller etwas erweitern, sie vielleicht nicht ganz so einmalig erscheinen lassen, dann würde man ihr die Nummer am Ende eher abnehmen, denn die löste bei mir schon irgendwie ein Schmunzeln und ein amüsiertes "Jaja, schon klar" aus. Laughing )

So, ich hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen was anfangen. Alles in allem hat mir die Geschichte ganz gut gefallen.


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Nicki
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Beitrag19.03.2018 15:36

von Nicki
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ricochet hat Folgendes geschrieben:
Du hast den Holzfäller überlesen; sie ist keine Jungfrau mehr (was ihr Problem ist).

rico

Und warum will sie dann vom Grafen noch einmal "entjungfert" werden? Sie ist doch eh schon keine Jungfrau mehr, ob vom Holzfäller oder Grafen, dürfte Ignaz wohl kaum merken.
Irgendwie erscheint mir das unlogisch. Oder habe ich etwas überlesen?


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RememberDecember59
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Beitrag19.03.2018 15:46

von RememberDecember59
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Nicki hat Folgendes geschrieben:
Und warum will sie dann vom Grafen noch einmal "entjungfert" werden? Sie ist doch eh schon keine Jungfrau mehr, ob vom Holzfäller oder Grafen, dürfte Ignaz wohl kaum merken.
Irgendwie erscheint mir das unlogisch. Oder habe ich etwas überlesen?


Ignaz denkt ja, dass sie noch Jungfrau ist. Er weiß nichts von der Holzfäller-Geschichte. Die Sache mit dem Grafen ist für Margarethe eine praktische "Ausrede", um erklären zu können, weshalb sie keine Jungfrau mehr ist, wenn sie das erste Mal mit ihrem Mann schläft.


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Klemens_Fitte
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Beitrag19.03.2018 15:51

von Klemens_Fitte
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RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:
Nicki hat Folgendes geschrieben:
Und warum will sie dann vom Grafen noch einmal "entjungfert" werden? Sie ist doch eh schon keine Jungfrau mehr, ob vom Holzfäller oder Grafen, dürfte Ignaz wohl kaum merken.
Irgendwie erscheint mir das unlogisch. Oder habe ich etwas überlesen?


Ignaz denkt ja, dass sie noch Jungfrau ist. Er weiß nichts von der Holzfäller-Geschichte. Die Sache mit dem Grafen ist für Margarethe eine praktische "Ausrede", um erklären zu können, weshalb sie keine Jungfrau mehr ist, wenn sie das erste Mal mit ihrem Mann schläft.


Dafür muss sie aber nicht mit dem Grafen schlafen bzw. darauf hoffen, dass er mit ihr schläft.


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RememberDecember59
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Beitrag19.03.2018 16:00

von RememberDecember59
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:

Dafür muss sie aber nicht mit dem Grafen schlafen bzw. darauf hoffen, dass er mit ihr schläft.


Nein, dafür muss es nur den Anschein haben, dass sie das getan hat. Damit ist sie ja anfangs auch zufrieden. Dass sie es am Ende tatsächlich aber doch noch tut (obwohl sie nicht müsste), ist ja dann freiwillig. Der Graf scheint nicht so impotent zu sein, wie er dachte - tja, da macht sie ihm halt diese Freude. Scheint ja ein netter Kerl zu sein. Was liegt da näher? Laughing


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Klemens_Fitte
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Beitrag19.03.2018 16:03

von Klemens_Fitte
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RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:
Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:

Dafür muss sie aber nicht mit dem Grafen schlafen bzw. darauf hoffen, dass er mit ihr schläft.


Nein, dafür muss es nur den Anschein haben, dass sie das getan hat.


Wieso?


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RememberDecember59
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Beitrag19.03.2018 16:18

von RememberDecember59
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Häh? Also, so schwer zu verstehen ist die Idee hinter der Geschichte doch nicht wirklich, oder?

Ich lese sie so: Margaretha macht sich Sorgen, dass es ihrem Mann auffallen könnte, dass sie keine Jungfrau mehr ist, wenn sie das erste Mal mit ihm schläft. Dadurch, dass sie beim Grafen war und jeder davon ausgeht, dass der sein Recht eingefordert hat, ist sie es in seinen Augen auch nicht mehr, also würde er sich wohl nicht wundern, wenn sie z.B. nicht blutet, Schmerzen hat oder was auch immer.

Oder verstehe ich hier was falsch?


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Beitrag19.03.2018 16:21

von Klemens_Fitte
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RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:
Ich lese sie so: Margaretha macht sich Sorgen, dass es ihrem Mann auffallen könnte, dass sie keine Jungfrau mehr ist, wenn sie das erste Mal mit ihm schläft. Dadurch, dass sie beim Grafen war und jeder davon ausgeht, dass der sein Recht eingefordert hat, ist sie es in seinen Augen auch nicht mehr, also würde er sich wohl nicht wundern, wenn sie z.B. nicht blutet, Schmerzen hat oder was auch immer.


Richtig. Weshalb hofft sie dann, dass der Graf mit ihr schlafen wird?

Margarethas innerer Monolog hat Folgendes geschrieben:
Der Landgraf würde hoffentlich nicht auf sein Recht verzichten, oder?


Wenn eh jeder davon ausgeht, dass der Graf sein Recht eingefordert hat, ist doch scheißegal, ob er's auch tut oder sein lässt.


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Nicki
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Beitrag19.03.2018 16:26

von Nicki
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:


Wenn eh jeder davon ausgeht, dass der Graf sein Recht eingefordert hat, ist doch scheißegal, ob er's auch tut oder sein lässt.

Genauso habe ich das auch verstanden. Sie hätte sich am Morgen einfach davonschleichen können und ihrem Ignaz sagen können: Der Graf war's. Ohrenzeugen gab es ja genug wink


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RememberDecember59
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Beitrag19.03.2018 16:34

von RememberDecember59
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Ja, das ist nicht der einzige Punkt, wo die Personen ein bisschen widersprüchlich handeln/denken (denn sie ist ja dann doch zufrieden damit, dass sie erstmal nur vortäuschen). Aber nichts, was sich nicht leicht beheben lässt.

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Stefanie
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Beitrag19.03.2018 18:00

von Stefanie
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ricochet hat Folgendes geschrieben:
Du hast den Holzfäller überlesen; sie ist keine Jungfrau mehr (was ihr Problem ist).

rico

Ok, habe ich übersehen.
Erklärt aber auch nichts. Der Holzfäller war ja offenbar attraktiv, wie der knackige Hintern vermuten lässt.
Wogegen du den alten Mann ja als sehr unattraktiv beschreibst und sie anfangs abgestoßen ist.
Dieser Sinneswandel ist für mich nicht nachvollziehbar.
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Willi Wamser
Gänsefüßchen


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Beitrag19.03.2018 18:36

von Willi Wamser
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Uh, eine richtig altväterliche Schnurre aus dem Decamerone mit viel  Augengezwinker und einem alten Adligen, der seinen Mann steht. Das Gerumpel ist zunächst nur - so wissen wir - ein Fiktionssignal. Dann aber tritt die Wirklichkeit ein. Und so ist die fiktive Geschichte - man bedenke, wie sich alles spiegelt - wohl tatsächlich die Präsentation einer Wunschwirklichkeit durch einen Autor, der sich als erfindungsreich versteht.
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ricochet
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Wohnort: Graz


Beitrag20.03.2018 09:43

von ricochet
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@ alle,

danke fürs Lesen, liebe Leute, ich werde die Glaubwürdigkeit der Handlungen meiner Charaktere noch etwas überdenken. Im Wesentlichen geht es mir in diesem Text darum, zwei Menschen zu zeigen, die kaum unterschiedlicher sein könnten, und die sich aus ebenso unterschiedlichen Gründen zusammentun, um die gesellschaftliche Konvention zu hintertreiben. Dabei finden sie sogar noch Vergnügen. Und ja - ich habe das Decamerone mit viel Genuss gelesen.

@ RememberDecember59,

ich wünschte, jede/r hätte die KG so gut verstanden wie du. Eigentlich dachte ich, so schwer zu verstehen sei die Idee hinter der Geschichte doch nicht.

@ Stefanie,

der Sinneswechsel, der dir so unerklärlich ist, resultiert daraus, dass Margaretha einen widerlichen Wüstling erwartet hat, aber einen letztlich sympathischen alten Mann vorgefunden hat. Und weil sie nicht prüde ist ... (Okay, den Punkt sollte ich vielleicht etwas vertiefen)

@ Willi Wamser,

ich habe über deinen Kommentar ja soooowas von gelacht (ehrlich, nicht ironisch gemeint!). Brilliant formuliert übrigens, ein Genuss zu lesen. Trotzdem möchte ich dich einladen, bei der Lektüre eines Textes nicht sofort auf den Autor rückzuschließen. Ich frage mich, ob du die Anspielung mit der Wunschwirklichkeit auch ohne Info über mein Alter gemacht hättest. Du musst auf diesen Punkt jetzt nicht explizit eingehen: ist nur eine Randbemerkung. Also bitte nicht überbewerten.
Persönlich liebe ich es, mich über Texte zu unterhalten, der Mensch dahinter interessiert mich außer in echten Ausnahmefällen nicht einmal dann, wenn er Günter Grass, Ingeborg Bachmann oder Max Frisch heißt. Entweder ein Text lebt aus sich heraus, oder er tut es eben nicht.

rico


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Willi Wamser
Gänsefüßchen


Beiträge: 47



Beitrag20.03.2018 14:28

von Willi Wamser
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Naja, aus dem Bewusstsein des Autors, seinen mentalen Bildern und Obsessionen fließt nun mal das, was der Leser zur Imagination vorgesetzt bekommt.

Diese Art der Nähe lässt sich nur schwer und  nicht so richtig leugnen oder als fiktional charakterisieren. Old Shatterhand+Karl+May lässt/lassen grüßen.



ww
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Beka
Geschlecht:weiblichExposéadler


Beiträge: 2378



Beitrag21.03.2018 16:38

von Beka
Antworten mit Zitat

Ich musste auch gleich ans Decamerone denken smile und ich finde in diesem Stil die Geschichte auch sehr nett.  Beim zweiten Mal lesen fand ich Margaretha auch gar nich mehr so unglaubwürdig - wenn man weiß, worauf es hinausläuft, wirkt manches anders.

Dieser Satz passt allerdings gar nicht.
Zitat:
Hoffnung machte sich in ihr breit


Mal was anderes. Ich habe es gerne gelesen. smile


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Pickman
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Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag24.03.2018 22:13

von Pickman
Antworten mit Zitat

Lieber ricochet,

eigentlich ist schon alles gesagt, aber loben kann man nie genug.

Besonders gefallen hat mir die sorgfältige Konstruktion der Geschichte mit der überraschenden Wendung. Sich an das Decamerone anzulehnen (Sujet, Länge, Redundanz), war auch kein Fehler.

Etwaige Inkonsistenzen bei der Motivation Deiner Prota lassen sich ausbügeln: Mitleid, Komplizenschaft, Ehrgeiz, Lust, ...

Ich bin gespannt auf die nächsten neunundneunzig Geschichten.

Liebe Grüße

Pickman


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Pickman
Geschlecht:männlichPlottdrossel


Beiträge: 2284
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag24.03.2018 22:23

von Pickman
Antworten mit Zitat

Liebe RememberDecember59,

ich bewundere Dich als Geschichtenversteherin. Schade, dass Du nur so wenige Geschichten selbst einstellst.

Liebe Grüße

Pickman


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