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PhilipS
Geschlecht:männlichLeseratte


Beiträge: 109



Beitrag07.03.2018 21:09
Romananfang
von PhilipS
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Nachdem ich vor einer Weile mit kleinen aber stetigen Schritten die Arbeit an einem neuen Roman aufgenommen habe, würde ich hier mal gerne die ersten ca. 5 Seiten einstellen. Ich bin mir nicht sicher, ob der Anfang so funktioniert, oder ob ich mehr in die Geschichte hineinspringen sollte. Über Rückmeldungen dazu (aber natürlich nicht nur) freue ich mich.

Die Kutsche holperte den Waldweg entlang und schwankte dabei von einer Seite auf die andere. Leopold von Rothenfels bemühte sich, die aufkommende Übelkeit niederzukämpfen. Das letzte, was er wollte, war, sich zu übergeben.
„Du hättest deine Paradeuniform nicht anziehen sollen“, meinte Ulrich. „Ist eine Schande, das schö­ne Stück zu ruinieren. Außerdem sitzen die an den Schultern doch so eng. Das wird deine Reich­weite einschränken.“

Leopold nahm sein Tabaketui aus der Jackentasche. Es war aus versilbertem Metall mit dem Fami­lienwappen in Gold auf dem Deckel. Ein Geschenk seines Vaters anlässlich der Beförderung zum Ma­jor. Er zündete sich einen Zigarillo an, stieß eine Rauchwolke aus und erwiderte: „Ein Zoll mehr oder weniger. Was macht das schon?.“

Ulrich war nicht überzeugt. „Vielleicht nichts. Vielleicht aber doch. Du hättest die alte Uniform vom Feldzug dreiundsiebzig tragen können. Um die wäre es nicht schade gewesen.“ Leopold schnaub­te. „Ich kann doch schlecht in Lumpen gekleidet antreten, meine Ehre und die des Regiments zu bewei­sen.“ Sein bester Freund grinste flüchtig. „Wäre vielleicht gar nicht schlecht gewesen, die Gebrauchss­puren zu präsentieren.“ „Gebrauchsspuren“ war ein reichlich beschönigender Ausdruck, fand Leopold. Das Ding war ausgebleicht und hatte direkt auf der Schulter einen Flicken, dessen Farb­ton nicht ganz zu dem des Uniformstoffs passen wollte. Und dann waren da noch die Blutflecken, die sich nicht mehr entfernen ließen. Eigentlich bewahrte Leopold das Ding nur noch aus Sentimentalität auf. Als Erinne­rung an sein erstes Kommando.

Im Jahre einundsiebzig hatte er seinen Abschluss an der Militärakademie gemacht und war als Leut­nant zum siebzehnten Dragonerregiment gekommen. Anderthalb Jahre später war es zum Erbfol­gekrieg um das Herzogtum Gerovia gekommen, als der Kaiser von Antelos das Gebiet im Namen von Kron­prinz Stefan, der damals dreizehn gewesen war, beanspruchte. Daraufhin grub Großfürst Ernesto II., Regent über Velian, aus seinen Archiven einen über dreihundert Jahre alten Erbvertrag aus, der ihn angeblich zum Erben von Gerovia machte. Die antelische Armee verfügte jedoch über eine bedeutend größere Schlagkraft als die des Fürstentums, und zum Ende des Jahres dreiundsieb­zig salbte Kaiser Maximilian seinen Sohn zum Herzog von Gerovia, um sich dann selbst zum Statthalter des minderjäh­rigen Herzogs zu ernennen.

Leopold hatte sich kurz vor dem Ende der Kämpfe noch eine Kugel von einem Scharf­schützen eingefangen, daher hatte er die Beförderung zum Hauptmann im Krankenbett entgegenneh­men müssen. Im Nachbarbett hatte Ulrich vom Bruch gelegen, mit dem er seitdem befreundet war.

„Warum sollte ich Gebrauchsspuren präsentieren wollen?“, fragte er diesen nun. Ulrich zuckte mit den Schultern. „Na ja, Harden hat doch immerhin behauptet, ihr hättet euch während des Feldzuges in der Etappe einen faulen Lenz gemacht, während er und seine Leute ihre Hälse riskiert haben. Hättest du deine Fetzen bei der Gelegenheit getragen, hättest du ihn leicht eines Besseren belehren können.“ Zorn kochte in Leopold hoch, als er sich an den Abend im Offizierscasino erinnerte. Sicher, jeder prahlte mal und übertrieb die Leistungen seiner Männer, aber man zog die anderen nicht in den Schmutz. Anderer­seits hatten diese Bürgerlichen alle keine Manieren. Was würde Gero von Rothenfels sagen, wenn er wüsste, dass sein Erstgeborener sich mit dem Sohn eines Tuchhändlers schlug? Aber Harden war nun einmal ein Offizier, also satisfaktionsfähig.

Die Kutsche hielt an. „Da wären wir.“, sagte Ulrich überflüssigerweise. Sie stiegen aus. Es war früh. Die Sonne war gerade aufgegangen, und zwischen den Bäumen hing Herbstnebel. Leopold frös­telte. Er zog sich seinen Mantel über und schnallte den Säbel um. Er warf den Rest seines Zigarillos in den Matsch und sog die kalte Luft ein, in der Hoffnung, seinen Magen zu beruhigen. Lag es daran, dass er nicht gefrühstückt hatte? Oder war er nervös? Er ermahnte sich selber, sich gefälligst zusammenzu­reißen. Er war ein kaiserlich-antelischer Offizier, im Kampfe verwundet, er würde doch vor einem Du­ell keine Angst haben! Er legte die linke Hand auf den Griff seines Säbels. Ulrich warf der Ordonnaz auf dem Kutschbock einen Rudolfstaler zu. „Warten Sie hier auf uns. Sie bekommen nichts mit, ver­standen?“ Der Pfeifendeckel, ein Bursche von kaum achtzehn Jahren, steckte die Goldmünze ein und nickte stumm. Er war bleich und wirkte nervös.

„Da drüben sind sie.“, sagte Ulrich und deutete auf die Wiese am Ende des Feldwegs. Leopold blickte hinüber und sah drei Männer dort stehen. Als sie näher kamen erkannte einen davon als Harden. Sein Kontrahent war ein schmaler Mann mit blasser Haut, wässrigen Augen und schwarzem Haar. Sei­ne Kiefermuskeln traten hervor, als beiße er die Zähne zusammen. Auch sonst schien er angespannt, als er Leopold mit einem angedeuteten Nicken begrüßte. Er trug ebenfalls eine Paradeuniform, die nagel­neu wirkte. Hatte sein Vater die ihm schneidern lassen? Der Mann mit dem Stiernacken und dem fetti­gen braunen Locken musste sein Sekundant sein. Seine Uniform war abgetragen und saß schlecht. Er trug die Rangabzeichen eines Hauptmannes, ebenso wie Harden. Der dritte Mann war Magister Hö­wald, ein Arzt, den ein Offizier aus Ulrichs Regiment empfohlen hatte. Er begrüßte diesen mit festem Handschlag und ernstem Gesicht.

„Mein Sekundant, Hauptmann Preiß.“, stellte Harden seinen Begleiter vor. Einige Augenblicke lang sprach keiner ein Wort. Dann räusperte sich Ulrich. „Nun, sollen wir beginnen?“ Leopold nickte nur, er brachte kein Wort heraus. Harden schien es ähnlich zu gehen. Er ruckte zur Bestätigung mit dem Kopf. Sein Gesicht schien noch bleicher.

Ulrich verkündete: „Wir sind hier, weil Hauptmann Alexander Harden am sechsundzwanzigsten dieses Monats im Offizierscasino der Großfürst-Arnold-Kaserne gewisse Behauptungen machte, die die Ehre des Majors von Rothenfels sowie die seines Regiments aufs Gröbste beleidigten. Major von Rothenfels sah es daraufhin als seine Pflicht an, Hauptmann Harden zum Duell zu fordern, um besagte Ehre wiederherzustellen. Hauptmann Harden nahm die Forderung an und wählte den Säbel als Waffe.“

Nun ergriff Preiß das Wort: „Die Sekundanten haben sich auf folgende Regeln geeinigt: Die Größe des Kampfplatzes wird zehn mal zehn Schritt betragen. Der Kampf gilt als beendet, sobald Blut fließt. Magister Höwald wird zusammen mit den Sekundanten über die Einhaltung der Regeln wachen und die medizinischer Versorgung des Unterlegenen gewährleisten. Es gilt der Grundsatz, dass der Tod des Ver­lierers nicht erstrebenswert ist, aber geschehen mag.“

Beim letzten Satz warf Leopold Harden einen Blick zu. Er wollte den Hauptmann nicht töten. Und umgekehrt? Es war schon vorgekommen, dass jemand ein Duell provoziert hatte, um einen schon vor­her beschlossenen Mord als tragisches Ende eines Ehrenhändels auszugeben. Duelle waren zwar vor zehn Jahren verboten worden, aber niemand, der dieses Verbot übertreten hatte, hatte länger als ein hal­bes Jahr auf seine Begnadigung warten müssen. Er würde einfach gewinnen müssen, dann bestünde auch keine Gefahr, umgebracht zu werden.

Der Kampfplatz war auf der Wiese mit Schnüren markiert, die an vier Eckpflöcken befestigt wa­ren. Weitere acht Holzstäbe, die mit Mustern und Symbolen bedeckt waren, leiteten Magie nach außen ab und verhinderten, dass einer der Duellanten einen Zauber einsetzen konnte. Da Harden kein Talent besaß, betraf diese Einschränkung nur Leopold. Der hatte durchaus nicht vor, sich einen Vorteil zu ver­schaffen, denn das hätte einen schlimmeren Ehrverlust bedeutet als die Niederlage. In der Hitze des Kampfes jedoch konnte es vorkommen, dass ein noch so konzentrierter Militärmagus die Beherrschung verlor.

Leopold bat Ulrich, seinen Mantel zu nehmen und stellte sich in einer Ecke des Areals auf. Schräg gegenüber stand Harden. Sie verbeugten sich kurz voreinander und zogen ihre Waffen. Dann rief Ul­rich: „Im Namen Arlons, beginnt!“

Die beiden Duellanten umkreisten einander einige Zeit lang. Harden schlug als ersten zu, mit ei­nem Hieb, der von oben kam. Leopold parierte ihn ohne große Anstrengung und führte einen geraden Stich, der abgewehrt wurde. Harden war ein passabler Fechter, legte aber zu viel Kraft in seine Angrif­fe. Leopold setzte sich zur Wehr, ohne selber in die Offensive zu gehen. Er wollte Harden sich veraus­gaben lassen und seinen Kampfstil ergründen.

Seine anfängliche Einschätzung bestätigte sich bald. Harden setzte auf Kraft statt Technik. Seine Hiebe waren wuchtig, aber ohne Finesse, und er oft weit aus, um noch heftiger angreifen zu können. Das machte ihn langsamer. Leopold konzentrierte sich weiter darauf, den Angriffen zu entgehen, wobei er die meisten parierte und einigen besonders wilden auswich. Nur selten griff er selber an, um die Re­aktion und Geistesgegenwart seines Kontrahenten zu testen. Leopold trieb ihn ein paar Schritte vor sich her, ließ dann von ihm ab und zog sich zurück. Harden stürmte auf ihn zu und führte eine Reihe von Hieben aus, wohl in der Hoffnung, mit schierer Kraft Leopolds Deckung zu durchbrechen und als er­ster Blut zu vergießen. Leopold schaffte es, rechtzeitig beiseite zu treten. Im Gegensatz zu diesem wü­tenden Hauen war er von kühler Beherrschtheit erfüllt. Er war in jenen Zustand der luziden Konzentra­tion eingetreten, den er im Kampf an einem gewissen Punkt immer erreichte. Alles Denken war ver­stummt, es gab nur noch das Tun. Die Welt schrumpfte auf diesen zehn mal zehn Schritt großen Kampfplatz zusammen. Er sah nichts außer das Gesicht seines Gegners, achtete auf jede Zuckung. Er hörte nichts als Hardens Keuchen, den eigenen schnellen, aber gleichmäßigen Atem und das Scheppern der Klingen, wenn sie aufeinander prallten. Hardens Hiebe waren nicht einfach zu parieren, aber Leo­pold wusste, dass er es schaffen konnte.

Er wusste nicht, wie lange er sich schon zur Wehr gesetzt hatte, als seine Gelegenheit schließlich kam. Harden führte einen schrägen Hieb von rechts oben nach links unten. Leopold stellte den rechten Fuß nach hinten und drehte den Oberkörper. Er hob den Säbel, sodass Hardens Klinge an seiner entlang nach unten glitt. Weil Leopold nicht zurückgewichen war, sondern sich nur gedreht hatte, war er jetzt innerhalb der Deckung seines Gegners. Außerdem hatte er die ganze Kraft des Angriffs seitlich ab­gelenkt. Harden kämpfte darum, den Schwung abzufangen und das Gleichgewicht zu behalten. Dieses Ringen dauerte nur einen kurzen Augenblick, aber das genügte Leopold. Mit einer kleinen Bewegung des Unterarms hob er die Spitze seines Säbels und bohrte sie durch den roten Stoff des Uniformrocks in Hardens rechte Schulter, die dieser ihm beim Angriff entgegen geneigt hatte. Blut quoll heraus, dunkel­te den Stoff ein und färbte den goldenen Rand der Epaulette. Harden stöhnte und ließ den Säbel fallen.

„Halt!“, riefen Magister Höhwald und die beiden Sekundanten unisono. Leopold trat zurück und hob beide Hände, um anzuzeigen, dass er den Ruf gehört hatte.
Preiß und der Magister eilten zu Harden. Der Sekundant half ihm, den Uniformrock auszuziehen, was offenbar nicht schmerzlos vor sich ging. Harden erbleichte und presste die Zähne aufeinander. Während Höhwald in seiner Arzttasche nach einem Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial suchte, kam Ulrich auf Leopold zugeschlendert.

Er grinste breit. „Eine Glanzleistung!“, rief er und schlug Leo­pold auf die Schulter. Diesem wurde plötzlich schwindelig, als die Anspannung und der Rausch des Kampfes von ihm abfielen. Er schwankte ein wenig, und ihm wurde kalt. Ulrich hielt ihn am Oberarm fest und zog mit der anderen Hand einen Flachmann aus der Manteltasche, den er seinem Freund reich­te. „Hier. Für die Nerven.“ Leopold nahm die Flasche entgegen und hielt Ulrich dafür den Säbel hin, um die Hände frei zu haben. Während Ulrich das Blut mit einem Taschentuch abwischte, schraubte Leopold den Deckel ab und nahm einen kräftigen Schluck. Der Branntwein rann heiß durch seine Keh­le und verbreitete Wärme in seinem Magen.

Harden kam nun auf ihn zu. Höwald hatte die Schulter verbunden und den Arm in eine Schlinge gelegt. Den Uniformrock hatte der Hauptmann sich nur umgehängt, darunter war das weiße Hemd zu sehen, dessen Stoff zerrissen und schwarz-rot verkrustet war, wo Leopold zugestoßen hatte. Das Ge­sicht des unterlegenen Duellanten war bleich aber gefasst. Die Schlinge hielt Schulter und Oberarm fest, aber er drehten Arm vom Ellbogen abwärts, um seinem Kontrahenten die Hand zu reichen. Leo­pold ergriff sie und drückte. „Sie sind ein exzellenter Fechter, Hauptmann von Rothenfels.“

„Danke, Hauptmann Harden. Sie sind ein Ehrenmann“, antwortete Leopold und reichte Harden den Flachmann. Dieser nickte dankbar und nahm einen kräftigen Schluck.

„Was macht die Schulter?“, erkundigte sich Leopold.

„Der Magister sagt, es sei eine Fleischwunde, nichts Ernstes. Ich soll sie nähen lassen und den Arm eine Weile lang ruhig halten, dann wird er wieder.“

Leopold nickte. „Gut. Ich hätte es mir selbst nicht verziehen, wenn ich die Schlagkraft der antelischen Armee beeinträchtigt hätte. Erst recht nicht in Zeiten wie diesen.“ Harden brach in lautes Gelächter aus. Leopold war irritiert. Was war an dieser Be­merkung so komisch? Nach einigen Augenblicken endete Hardens Lachanfall.

„Köstlich!“, rief der Hauptmann. „Ich dachte schon, sie meinten es ernst. In Zeiten wie diesen. Grandios!“ Leopolds Ärger und Verwirrung wuchsen. Wie kam Harden auf die Idee, er habe einen Witz gemacht?

Der Hauptmann fuhr fort: „Ich bin überzeugt, dass die Sicherheit des Reiches nicht gefährdet wäre, wenn ich den Dienst wegen einer Verletzung aufgeben müsste. Antelos befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Un­ser Kaiser herrscht seit dem Gerovia-Feldzug über die Mitte des Kontinents. Mit der anstehenden Fer­tigstellung des Hafens in Torenga festigen wir unseren Einfluss im Süden des Grünen Meeres. Das wird dem Handel zu einem nie gekannten Aufschwung verhelfen. Mein Vater verhandelt zur Zeit über Kredite, um in das Geschäft mit Überseewaren einzusteigen. Die Gespräche mit Varisia stehen kurz vor dem Abschluss. Wenn der Beistandspakt einmal unterschrieben ist, sind wir in ein gesamtkarthenisches Bündnissystem integriert, das weitere Kriege unmöglich machen wird.“

Seine Augen leuchteten nun, Begeisterung lag in seiner Stimme, als er weiter sprach: „Tatsächlich trage ich mich mit dem Gedan­ken, das Soldatenleben aufzugeben. Ich könnte mir meinen Erbteil auszahlen lassen und Anteile an Reedereien und Werften kaufen. Alle Bereiche, die mit Schiffen zu tun haben, werden als erste aufblü­hen. In einer Zukunft voller Prosperität und Frieden werden tüchtige Geschäftsmänner mehr gebraucht als tapfere Offiziere.“

Leopold starrte den Hauptmann an und wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Dessen Kurzsich­tigkeit und Naivität entsetzten ihn geradezu. Wusste Harden denn nicht, dass im Lauf der letzten drei Jahre große Summen Geld in die Hände gerovianischer Nationalisten gelangt war? Geld, dessen Ur­sprung nach Velian zurückverfolgt werden konnte, dessen Großfürst auch sechs Jahre nach der Nieder­lage im Erbfolgekrieg nach der Herzogswürde schielte? Geld, das dazu benutzt wurde, gegen die an­gebliche Unterdrückung durch die Anteler zu agitieren?
Das Bündnis mit Varisia würde durchaus Frieden bringen, wie Harden behauptete. Die Bedingung dafür war aber die Aufstockung der Truppen, oder zumindest eine gleichbleibende Stärke. Die Verträge sollten nämlich die beiden Großmächte verpflichten, jedem Staat den Krieg zu erklären, mit dem der jeweils andere im Krieg lag. Von Greben, der antelische Außenminister und Initiator des Abkommens erhoffte sich eine Abschreckungswirkung auf die anderen Mächte Kartheniens, die aber nur gegeben wäre, wenn beide Staaten eine Truppenstärke aufbieten konnten, die jedem potentiellen Agressor als zu gewaltig erscheinen musste.
Leopold fiel ein Satz Gerhard von Weidemanns ein, dessen Abhandlung über Strategie auch nach beinahe hundert Jahren noch an der Militärakademie gründlich studiert wur­den. Die beste Armee ist jene, die nie zu Felde ziehen muss.

Harden mochte auch recht damit haben, dass der Hafenbau in Torenga die Inseln vollständig unter die Herrschaft des Kaisers bringen würde. Leopold wollte aber verdammt sein, wenn die Eisenbahn, die die Merizier durch den Dschungel von Balitor verlegten, nur dazu dienen sollte, Kolonialbeamte schneller in die Sommerfrische schicken zu können. Ihm gefiel die Vorstellung überhaupt nicht, dass die Merizier, die die größte Flotte unter den karthenischen Staaten unterhielten, mit eben dieser den Seeweg zu den antelischen Kolonien abschneiden und gleichzeitig über Land eigene Truppen an deren Grenze in Stellung bringen konnten.

Er stimmte Harden durchaus zu. Dem Kaiserreich und dem ganzen Kontinent stand eine Ära des Friedens bevor. Die träte aber nicht ein, wenn reihenweise Offiziere beschlossen, Zivilisten zu werden. Leopolds ehemalige Kameraden aus der Akademie, von denen einige im Kriegsministerium und dem Generalstab arbeiteten, erzählten alle das Gleiche: Antelos musste seine Herrschaft festigen und seine Position im Spiel der Großmächte behaupten.
Er war versucht, dem Hauptmann das ein oder andere über Weltpolitik beizubringen, aber das hät­te unter Umständen ein weiteres Duell nach sich gezogen. Stattdessen nahm er seinen Säbel von Ulrich und befestigte die Scheide aus schwarz lackiertem Holz an seinem Gürtel.

Dann reichte er Höwald die Hand. „Herzlichen Dank, Magister.“
Der nickte und sagte: „Das ist Ehrensache. Nicht nur für Sie.“ Harden bedankte sich ebenfalls bei dem Arzt. Ein allgemeines Händeschütteln setzte ein. Die Männer verabschiedeten sich voneinander. Harden und Preiß waren zu Pferde gekommen, da sie gegenwärtig in einer Garnison nicht weit entfernt stationiert waren. Leopold beneidete seinen Gegner dennoch nicht um den Ritt mit verletzter Schulter. Höwald schlug Ulrichs Angebot, mit ihnen zurückzufahren höflich aus.

Leopold und Ulrich gingen zur Kutsche zurück, mit der sie gekommen waren. Der Bursche wirk­te, als habe er die ganze Zeit auf dem Bock gesessen. Nun sprang er hinunter und beeilte sich, die Tür zu öffnen. Die beiden Offiziere stiegen ein, und die Kutsche fuhr an.

„Wirklich hervorragend gefochten“, lobte Ulrich noch einmal. „Einen kühlen Kopf bewahren. Nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dann zuschlagen. Genau die richtige Entscheidung.“
„Danke“, sag­te Leopold mit einem leichten Lächeln. Er lehnte sich gegen die Rückwand der Kutsche. Auch wenn er den Rausch des Kampfes und den Kitzel der Gefahr durchaus mochte, war er froh, dass das Duell vor­über war. Es war schlicht eine Verschwendung von Zeit und Blut, wenn Offiziere sich schlugen, nur weil Emporkömmlinge wie Harden sich aufspielen mussten. Dafür hatte er den Willen seines Vaters nicht in den Wind geschlagen. Er wollte dem Kaiser dienen und die Macht des Reiches vergrößern hel­fen. Er wollte etwas Sinnvolles tun. Leopold sah aus dem Fenster. Das Gefährt hielt auf den Waldrand zu. Der Morgennebel hatte sich gelegt, und die Sonne schien auf das dichte Blattwerk, das bereits be­gonnen hatte, sich zu kräftigen Rot- und Gelbtönen zu verfärben. Wie Finger, die nach dem Himmel griffen, stiegen weit hinter dem Waldrand Rauchsäulen empor. Sie kamen aus den Schornsteinen der Häuser und Fabriken Lharins.

Vor Jahrhunderten nicht mehr als eine Burg, deren Besitzer über das Land im Umkreis einiger Dutzend Tausendschritt herrschten, war der Ort zur Hauptstadt eines Reiches geworden, dessen Flagge in die entfernten Winkel der Welt getragen wurde.

Eine Idee schlich sich in Leopolds Gedanken. Er ignorierte sie zunächst, um sie reifen zu lassen und später in Erwägung zu ziehen. Ulrich schlug er vor: „Wollen wir frühstücken gehen? Ich habe einen Bärenhunger.“ „Nicht nur du“, antwortete Ulrich prompt.
„Café Landtgraf?“
„Wo sonst? Ich sage es dem Burschen.“



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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag08.03.2018 21:01

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo PhilippS,

ich habe heute keine Zeit mehr für einen genauen Kommentar, aber ich habe angefangen zu lesen (nicht zu Ende) und lasse Dir mal meinen ersten Eindruck da: Er hat mir recht gut gefallen, der Anfang des Anfangs, und es war kein Problem, einfach in die Geschichte hineingeworfen zu werden.
Ich konnte mir die beiden vorstellen, zwei Bayern, Badener, Württemberger oder Hessen (Leopold), die im 1870/71er Krieg gekämpft hatten (ich dachte, Du hast Dich bei der Jahreszahl vertippt) und nun zu einem Duell fahren.
Dann kam der erste Ländername, die ersten Fürstennamen und ich - für meinen Teil - war sehr enttäuscht. Meine Arthur-Schnitzler-Welt ist zusammengebrochen und ich dachte: Oh, Fantasy, ach so.

Wenn ich das Buch im Geschäft gesehen hätte, hätte ich ja wahrscheinlich am Cover erkannt, dass es Fantasy ist, da hätte es diese Enttäuschung nicht gegeben. Aber hier, wenn man nicht die Kategorien anschaut (was ich häufig nicht mache, selbst schuld), ja, da habe ich wenige Minuten geschwelgt und dann war ich enttäuscht Laughing

Ich hoffe, ich finde bald etwas mehr Zeit, einen würdigen Kommentar für einen Fantasy-Romananfang hier zu lassen Wink

Liebe Grüße
Selanna


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Justadreamer
Geschlecht:männlichLeseratte
J

Alter: 26
Beiträge: 196
Wohnort: Bayern


J
Beitrag08.03.2018 21:59

von Justadreamer
Antworten mit Zitat

Hallo Philip,

ich wage mich mal an den Text:

Zitat:
Im Jahre einundsiebzig hatte er seinen Abschluss an der Militärakademie gemacht und war als Leut­nant zum siebzehnten Dragonerregiment gekommen. Anderthalb Jahre später war es zum Erbfol­gekrieg um das Herzogtum Gerovia gekommen, als der Kaiser von Antelos das Gebiet im Namen von Kron­prinz Stefan, der damals dreizehn gewesen war, beanspruchte. Daraufhin grub Großfürst Ernesto II., Regent über Velian, aus seinen Archiven einen über dreihundert Jahre alten Erbvertrag aus, der ihn angeblich zum Erben von Gerovia machte. Die antelische Armee verfügte jedoch über eine bedeutend größere Schlagkraft als die des Fürstentums, und zum Ende des Jahres dreiundsieb­zig salbte Kaiser Maximilian seinen Sohn zum Herzog von Gerovia, um sich dann selbst zum Statthalter des minderjäh­rigen Herzogs zu ernennen.



Phu. Mir persönlich ist das etwas viel Informationsgetümmel, das man vielleicht nicht ganz so geballt in den Text bringen könnte. Nicht, weil es gekünstelt wirkt! Eher, weil man als Leser, der unterhalten werden will, nicht jedes Wort drei Mal im Mund wendet, bevor man es hinunterschluckt.


Zitat:
„Na ja, Harden hat doch immerhin behauptet, ihr hättet euch während des Feldzuges in der Etappe einen faulen Lenz gemacht, während er und seine Leute ihre Hälse riskiert haben. Hättest du deine Fetzen bei der Gelegenheit getragen, hättest du ihn leicht eines Besseren belehren können.“ Zorn kochte in Leopold hoch, als er sich an den Abend im Offizierscasino erinnerte. Sicher, jeder prahlte mal und übertrieb die Leistungen seiner Männer, aber man zog die anderen nicht in den Schmutz. Anderer­seits hatten diese Bürgerlichen alle keine Manieren. Was würde Gero von Rothenfels sagen, wenn er wüsste, dass sein Erstgeborener sich mit dem Sohn eines Tuchhändlers schlug? Aber Harden war nun einmal ein Offizier, also satisfaktionsfähig.


Eine gelungene Passage, trotz der nachfolgenden Anmerkungen. Sie liest sich extrem gut. Ich habe sie jedoch erst beim zweiten Lesen verstanden. Übe dich in Nachsicht ob deiner unwissenden Leser! Zum Sinn: Harden war "befriedigungsfähig", was dazu führt, dass er schlecht über andere redet? Ob ich das ganz kapiert habe, weiß ich noch nicht ganz...

Zitat:
Die Kutsche hielt an. „Da wären wir.“, sagte Ulrich überflüssigerweise. Sie stiegen aus. Es war früh. Die Sonne war gerade aufgegangen, und zwischen den Bäumen hing Herbstnebel. Leopold frös­telte. Er zog sich seinen Mantel über und schnallte den Säbel um. Er warf den Rest seines Zigarillos in den Matsch und sog die kalte Luft ein, in der Hoffnung, seinen Magen zu beruhigen. Lag es daran, dass er nicht gefrühstückt hatte? Oder war er nervös? Er ermahnte sich selber, sich gefälligst zusammenzu­reißen. Er war ein kaiserlich-antelischer Offizier, im Kampfe verwundet, er würde doch vor einem Du­ell keine Angst haben! Er legte die linke Hand auf den Griff seines Säbels. Ulrich warf der Ordonnaz auf dem Kutschbock einen Rudolfstaler zu. „Warten Sie hier auf uns. Sie bekommen nichts mit, ver­standen?“ Der Pfeifendeckel, ein Bursche von kaum achtzehn Jahren, steckte die Goldmünze ein und nickte stumm. Er war bleich und wirkte nervös.


Hier beweist du, dass du auch anschaulich-verständlich schreiben kannst Laughing  Zwei Mal Wortwahl:  "Sie bekommen nichts mit" klingt unecht. Vielleicht tut es "Sie wissen von nichts" oder "Kein Wort über diese Begebenheit" etc.
Zum "Pfeifendeckel":  Ich kenne diese Bezeichnung für einen "Depp" imm erweiterten Sinn wahrscheinlich von meinem Urururururgroßonkel. An sich ein schönes Wort, wenn du verständlich bleiben willst, muss auch ohne das Wort die Bedeutung klar sein. z.B: Ordonanz. Ich weiß, dass es wohl eine Person auf dem Kutschbock ist. Bei Pfeifendeckel ist nicht klar, welche Konnotation das Wort hat.

Zitat:

„Da drüben sind sie.“, sagte Ulrich und deutete auf die Wiese am Ende des Feldwegs. Leopold blickte hinüber und sah dort drei Männer dort stehen stehen. Als sie näher kamen Komma erkannte einen davon als Harden. Sein Kontrahent war ein schmaler Mann mit blasser Haut, wässrigen Augen und schwarzem Haar. Sei­ne Kiefermuskeln traten hervor, als beiße er die Zähne zusammen. Auch sonst schien er angespannt, als er Leopold mit einem angedeuteten Nicken begrüßte. Er trug ebenfalls eine Paradeuniform, die nagel­neu wirkte. Hatte sein Vater die ihm schneidern lassen? (Wirkt unnötig wertend.) Der Mann mit dem Stiernacken und dem den fetti­gen Komma braunen Locken musste sein Sekundant sein. Seine Uniform war abgetragen und saß schlecht. Er trug  die Rangabzeichen eines Hauptmannes, ebenso wie Harden. Der dritte Mann war Magister Hö­wald, ein Arzt, den ein Offizier aus Ulrichs Regiment empfohlen hatte. Er begrüßte diesen mit festem Handschlag und ernstem Gesicht.


Zitat:
„Wir sind hier, weil Hauptmann Alexander Harden am sechsundzwanzigsten dieses Monats im Offizierscasino der Großfürst-Arnold-Kaserne gewisse Behauptungen machte aufstellte,


Zitat:
Der Kampfplatz war auf der Wiese mit Schnüren markiert, die an vier Eckpflöcken befestigt wa­ren. Weitere acht Holzstäbe, die mit Mustern und Symbolen bedeckt waren, leiteten Magie nach außen ab und verhinderten, dass einer der Duellanten einen Zauber einsetzen konnte.


Die Existenz von Magie gut in Szene gesetzt! Falls du Feintuning betreiben willst, mag diese Stelle geeignet für Feinschliffe sein, ich kann jedoch mit keiner besseren Fassung dienen.


Zitat:
Harden schlug als ersten Erster zu, mit ei­nem Hieb, der von oben kam. Leopold parierte ihn ohne große Anstrengung und führte einen geraden Stich, der ebenfalls abgewehrt wurde. Harden war ein passabler Fechter, legte aber zu viel Kraft in seine Angrif­fe. Leopold setzte sich zur Wehr, ohne selber selbst in die Offensive zu gehen. Er wollte Harden sich veraus­gaben lassen und seinen Kampfstil ergründen. Er wollte, dass Harden sich verausgabte. Außerdem half diese Taktik Leopold, den Kampfstil seines Gegners zu ergründen


Hier wirkt es etwas unsauber. Kampfszenen am Ende der Arbeit nochmals zu überarbeiten, bringt viel - vor Allem, da es hier nur um Stilistik geht.

Die anfängliche Unsicherheit nimmt jedoch mit fortschreitender Kampfhandlung ab. Hier hast du ein Wort vergessen:
Zitat:
und er HOLTE oft weit aus,

Das Ende des Kampfes ist gut. Einziger Kritikpunkt: Man wusste von vorn herein, wie der Kampf ausgeht! Wenn du die wichtige Information (Harden als kraftvoll, aber unüberlegt) hinten anstellst, wird es spannender.


Zitat:
Den Uniformrock hatte sich der Hauptmann sich nur umgehängt
Diese unschöne Satzstellung benutzt du (glaube ich) öfter. Achte bei reflexiven Verben auf die Satzstellung!

Zitat:

„Was macht die Schulter?“, erkundigte sich Leopold.

„Der Magister sagt, es sei eine Fleischwunde, nichts Ernstes. Ich soll sie nähen lassen und den Arm eine Weile lang ruhig halten, dann wird er wieder.“

Leopold nickte. „Gut. Ich hätte es mir selbst nicht verziehen, wenn ich die Schlagkraft der antelischen Armee beeinträchtigt hätte. Erst recht nicht in Zeiten wie diesen.“ Harden brach in lautes Gelächter aus. Leopold war irritiert. Was war an dieser Be­merkung so komisch? Nach einigen Augenblicken endete Hardens Lachanfall.

„Köstlich!“, rief der Hauptmann. „Ich dachte schon, sie meinten es ernst. In Zeiten wie diesen. Grandios!“ Leopolds Ärger und Verwirrung wuchsen. Wie kam Harden auf die Idee, er habe einen Witz gemacht?

Der Hauptmann fuhr fort: „Ich bin überzeugt, dass die Sicherheit des Reiches nicht gefährdet wäre, wenn ich den Dienst wegen einer Verletzung aufgeben müsste. Antelos befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Un­ser Kaiser herrscht seit dem Gerovia-Feldzug über die Mitte des Kontinents. Mit der anstehenden Fer­tigstellung des Hafens in Torenga festigen wir unseren Einfluss im Süden des Grünen Meeres. Das wird dem Handel zu einem nie gekannten Aufschwung verhelfen. Mein Vater verhandelt zur Zeit über Kredite, um in das Geschäft mit Überseewaren einzusteigen. Die Gespräche mit Varisia stehen kurz vor dem Abschluss. Wenn der Beistandspakt einmal unterschrieben ist, sind wir in ein gesamtkarthenisches Bündnissystem integriert, das weitere Kriege unmöglich machen wird.“


Diese Überleitung finde ich brilliant. Nimm sie als Paradebeispiel für andere Szenen, wie zB. die mit der Einführung der Magie und der aus meinem ersten Zitat.

Zitat:
Prosperität
  Dieses Wort fällt in die Kategorie "zu hochgestochen". Hier musst du eine Gradwanderung zwischen plump und aufgetakelt hinlegen. Faustregel: Wenn es wirklich direkte Übertragungen gibt, benutze diese.
Zitat:
agitieren
passt wohl auch in diese Sparte.

Zitat:
Leopold starrte den Hauptmann an und wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Dessen Kurzsich­tigkeit und Naivität entsetzten ihn geradezu. Wusste Harden denn nicht, dass im Lauf der letzten drei Jahre große Summen Geld in die Hände gerovianischer Nationalisten gelangt war? Geld, dessen Ur­sprung nach Velian zurückverfolgt werden konnte, dessen Großfürst auch sechs Jahre nach der Nieder­lage im Erbfolgekrieg nach der Herzogswürde schielte? Geld, das dazu benutzt wurde, gegen die an­gebliche Unterdrückung durch die Anteler zu agitieren?
Das Bündnis mit Varisia würde durchaus Frieden bringen, wie Harden behauptete. Die Bedingung dafür war aber die Aufstockung der Truppen, oder zumindest eine gleichbleibende Stärke. Die Verträge sollten nämlich die beiden Großmächte verpflichten, jedem Staat den Krieg zu erklären, mit dem der jeweils andere im Krieg lag. Von Greben, der antelische Außenminister und Initiator des Abkommens erhoffte sich eine Abschreckungswirkung auf die anderen Mächte Kartheniens, die aber nur gegeben wäre, wenn beide Staaten eine Truppenstärke aufbieten konnten, die jedem potentiellen Agressor als zu gewaltig erscheinen musste.
Leopold fiel ein Satz Gerhard von Weidemanns ein, dessen Abhandlung über Strategie auch nach beinahe hundert Jahren noch an der Militärakademie gründlich studiert wur­den. Die beste Armee ist jene, die nie zu Felde ziehen muss.  


Diesen Teil kann man auf die Hälfte kürzen. Falls nicht - ein bisschen verstreuen. Hier wurde es mir Mal wieder kurz zu viel.
Zitat:

Er wollte dem Kaiser dienen und helfen, die Macht des Reiches zu vergrößern hel­fen.
Bei manchen Verben,wie gesagt, aufpassen smile


Insgesamt kann ich nur sagen, dass deine Geschichte lesenswert und authentisch ist. Pass auf, dass du mit der "Magie" nicht in Rollenspiele oder Klischées abweichst und versuche, die Ganze Sache theoretisch möglich zu machen. Nach dem Motto "Eine gute Lüge ist nah an der Wahrheit".
Mir gefällt jedoch dein Mix zwischen realen Militärdarstellungen und Fantasy. Ich wünsche dir deshalb viel Glück, das Ganze zu verbinden. Mich erinnert das Ganze etwas an den "Fullmetal Alchemist".

Vielleicht kannst du ja was damit anfangen! Eine schne Woche und frohes Schreiben!

Tobid

PS: Wenn ich so schnell eigene Texte wie Kommentare verfassen könnte, dann hätte ich ausgesorgt. Rolling Eyes
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Selanna
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Wohnort: Süddeutschland


Beitrag09.03.2018 13:17

von Selanna
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Hallo PhilipS,

Zitat:
Die Kutsche holperte den Waldweg entlang und schwankte dabei von einer Seite auf die andere. Leopold von Rothenfels bemühte sich, die aufkommende Übelkeit niederzukämpfen. Das letzte, was er wollte, war, sich zu übergeben.
„Du hättest deine Paradeuniform nicht anziehen sollen“, meinte Ulrich. „Ist eine Schande, das schöne Stück zu ruinieren. Außerdem sitzen die an den Schultern doch so eng. Das wird deine Reichweite einschränken.“ Ulrichs Pragmatismus finde ich erstaunlich. Er meint also, Leopold soll seine Ehre wieder herstellen, in dem er zu dem Duell in einem fleckigen, abgetragenen Fetzen antritt? Shocked Bin ganz auf der Seite von Leopold und finde Ulrich etwas – zu pragmatisch

Leopold nahm sein Tabaketui aus der Jackentasche. Es war aus versilbertem Metall mit dem Familienwappen in Gold auf dem Deckel. Ein Geschenk seines Vaters anlässlich der Beförderung zum Major. die Sätze vor meiner Anmerkung sind ein bisschen arg kurz und das in Kette Er zündete sich einen Zigarillo an, stieß eine Rauchwolke aus und erwiderte: „Ein Zoll mehr oder weniger. Was macht das schon?.“

Ulrich war nicht überzeugt. das sehe ich an seiner Antwort Wink „Vielleicht nichts. Vielleicht aber doch. Du hättest die alte Uniform vom Feldzug dreiundsiebzig tragen können. Um die wäre es nicht schade gewesen.“ Leopold schnaubte. „Ich kann doch schlecht in Lumpen gekleidet antreten, meine Ehre und die des Regiments zu beweisen.“ Ha! Seh ich genauso! Sein bester Freund grinste flüchtig. „Wäre vielleicht gar nicht schlecht gewesen, die Gebrauchsspuren zu präsentieren.“ „Gebrauchsspuren“ war ein reichlich beschönigender Ausdruck, fand Leopold. Das Ding war ausgebleicht und hatte direkt auf der Schulter einen Flicken, dessen Farbton nicht ganz zu dem des Uniformstoffs passen wollte Das „wollte“ ist von Dir wahrscheinlich gezielt gesetzt und eine Stilfrage. Aber Du bist Dir sicher bewusst, dass es das Wörtchen nicht braucht Wink . Und dann waren da noch die Blutflecken, die sich nicht mehr entfernen ließen Warum? Hat er seine Uniform falsch (=mit warmen Wasser) gewaschen? Ansonsten sind Blutflecken keine schwer entfernbaren Flecken. Du willst wahrscheinlich damit seine Heldenhaftigkeit andeuten, aber auf mich wirkt es wie ein Kniff und Leopold wie ein Waschlaie oder mit einer schlechten Haushälterin. Eigentlich bewahrte Leopold das Ding nur noch aus Sentimentalität auf. Als Erinnerung an sein erstes Kommando.

Im Jahre einundsiebzig hatte er seinen Abschluss an der Militärakademie gemacht und war als Leutnant zum siebzehnten Dragonerregiment gekommen. Anderthalb Jahre später war es zum Erbfolgekrieg um das Herzogtum Gerovia gekommen, als der Kaiser von Antelos das Gebiet im Namen von Kronprinz Stefan, der damals dreizehn gewesen war, beanspruchte. Daraufhin grub Großfürst Ernesto II., Regent über Velian, aus seinen Archiven einen über dreihundert Jahre alten Erbvertrag aus, der ihn angeblich zum Erben von Gerovia machte einsetzte?. Die antelische Armee verfügte jedoch über eine bedeutend größere Schlagkraft als die des Fürstentums, und zum Ende des Jahres dreiundsiebzig salbte Kaiser Maximilian seinen Sohn zum Herzog von Gerovia, um sich dann selbst zum Statthalter des minderjährigen Herzogs zu ernennen.

Entschuldige, aber das ist wirr und ein bisschen unlogisch (imho). Warum gibt es einen Erbfolgekrieg um Gerovia? Gibt es in Gerovia keinen legitim eingesetzten Erben? Scheint so. Er wird nicht erwähnt. In der Regel läuft/lief es ja häufig so, dass es einen im Land selbst vorgesehenen Erben gab, aber der wurde von den Nachbarstaaten einfach nicht anerkannt und dann kam es zu Kämpfe zwischen den Anhängern des eingesetzten Erben und den Angreifern von außen. Darüber hinaus ist es unlogisch, einen Kronprinzen von Land x zum Herzog von Land y zu machen, denn sobald er die Herrschaft in Land x antritt (Kronprinz = Thronfolger), wäre die Herrscherposition in Land y ja wieder vakant. Realistischer wäre, dass entweder Antelos sich Gerovia einverleibt und dort einen Statthalter einsetzt oder aber man führt eine Sekundogenitur ein, das heißt, nicht der Kronprinz (=Thronfolger), sondern dessen Bruder Prinz z wird Herzog von Land y. Dritte Möglichkeit: Der Kaiser regiert Antelos und Gerovia in Personalunion.
Insgesamt könntest Du diesen Absatz auch kürzen, es geht doch nur darum, dass Antelos Velian im gerovianischen Erbfolgekrieg schlug und ein Antelianer als Herzog eingesetzt wurde.
Und weil ich grad am Rummeckern bin Wink  : Ulrich und Leopold sind sehr süddeutsch/österreichische Namen – Gerovia/Antelos klingt mediterran (Ernesto zB passt gut). Aber es ist ja Fantasy Wink

Zitat:
Leopold hatte sich kurz vor dem Ende der Kämpfe noch eine Kugel von einem Scharfschützen eingefangen, daher hatte er die Beförderung zum Hauptmann im Krankenbett entgegennehmen müssen Beförderung entgegennehmen habe ich so noch nicht gehört. Man nimmt sie an, man erhält sie, man wird befördert, aber entgegennehmen? . Im Nachbarbett hatte Ulrich vom Bruch gelegen, mit dem er seitdem befreundet war.

„Warum sollte ich Gebrauchsspuren präsentieren wollen?“, fragte er diesen nun. Ulrich zuckte mit den Schultern. „Na ja, Harden hat doch immerhin behauptet, ihr hättet euch während des Feldzuges in der Etappe einen faulen Lenz gemacht, während er und seine Leute ihre Hälse riskiert haben. Hättest du deine Fetzen bei der Gelegenheit getragen, hättest du ihn leicht eines Besseren belehren können.“ Zorn kochte in Leopold hoch, als er sich an den Abend im Offizierscasino erinnerte. Sicher, jeder prahlte mal und übertrieb die Leistungen seiner Männer, aber man zog die anderen nicht in den Schmutz. Andererseits hatten diese Bürgerlichen alle keine Manieren. Was würde Gero von Rothenfels sagen, wenn er wüsste, dass sein Erstgeborener sich mit dem Sohn eines Tuchhändlers schlug? Aber Harden war nun einmal ein Offizier, also satisfaktionsfähig.

Die Kutsche hielt an. „Da wären wir. kein Punkt“, sagte Ulrich überflüssigerweise ja, die wörtliche Rede samt Inquit-Formel ist überflüssig. Wenn Du sie trotzdem nicht streichst, dann kürze wenigstens das überflüssig heraus und stoß mich nicht mit der Nase drauf, dass ich als Leser gerade etwas überflüssiges lese Laughing . Sie stiegen aus. Es war früh. zu kurze Sätze Die Sonne war gerade aufgegangen, und zwischen den Bäumen hing Herbstnebel. Leopold fröstelte. Er zog sich seinen Mantel über und schnallte den Säbel um. Er warf den Rest seines Zigarillos in den Matsch und sog die kalte Luft ein, in der Hoffnung, seinen Magen zu beruhigen. Lag es daran, dass er nicht gefrühstückt hatte? Oder war er nervös? Er ermahnte sich selber, sich gefälligst zusammenzureißen. Er war ein kaiserlich-antelischer Offizier, im Kampfe verwundet, das hast Du gerade ausführlich erklärt, ich hab’s noch nicht vergessen Wink er würde doch vor einem Duell keine Angst haben! Er legte die linke Hand auf den Griff seines Säbels. Ulrich warf der Ordonnaz Tippfehler: Ordonnanz. Also ein Offiziersbursche, der Diener Leopolds. Der braucht eigentlich kein Trinkgeld auf dem Kutschbock einen Rudolfstaler zu. „Warten Sie hier auf uns. Sie bekommen nichts mit, verstanden?“ Der Pfeifendeckel, ein Bursche von kaum achtzehn Jahren, steckte die Goldmünze ein und nickte stumm. Er war bleich und wirkte nervös.

„Da drüben sind sie. kein Punkt“, sagte Ulrich der arme Ulrich, der muss immer die Dinge sagen, die offensichtlich sind – überleg Dir, ob Leopold nicht einfach so hinüberblickt, ohne Ulrichs Rede und deutete auf die Wiese am Ende des Feldwegs. Leopold blickte hinüber und sah drei Männer dort stehen. Als sie näher kamen Komma erkannte einen davon als Harden. Sein Kontrahent war ein schmaler Mann mit blasser Haut, wässrigen Augen und schwarzem Haar. Seine Kiefermuskeln traten hervor, als beiße er die Zähne zusammen. Auch sonst schien er angespannt, als er Leopold mit einem angedeuteten Nicken begrüßte. Er trug ebenfalls eine Paradeuniform, die nagelneu wirkte. Hatte sein Vater die ihm schneidern lassen? Der Mann mit dem Stiernacken und dem fettigen braunen Locken musste sein Sekundant sein. Seine Uniform war abgetragen und saß schlecht. Ich persönlich, also rein subjektiv, mag es nicht, wenn die Bösen automatisch schlechter aussehen Er trug die Rangabzeichen eines Hauptmannes, ebenso wie Harden. Der dritte Mann war Magister Höwald, ein Arzt, den ein Offizier aus Ulrichs Regiment empfohlen hatte. Er begrüßte diesen mit festem Handschlag und ernstem Gesicht.

„Mein Sekundant, Hauptmann Preiß. kein Punkt“, stellte Harden seinen Begleiter vor. Einige Augenblicke lang sprach keiner ein Wort. Dann räusperte sich Ulrich. „Nun, sollen wir beginnen?“ Absatz nach wörtlicher Rede Leopold nickte nur, er brachte kein Wort heraus. Harden schien es ähnlich zu gehen. Er ruckte zur Bestätigung mit dem Kopf. Sein Gesicht schien noch bleicher. sehr kurze Sätze, das mindert das Sprachniveau

Ulrich verkündete: das ist nicht elegant gelöst mit dieser Inquit-Formel „Wir sind hier, weil Hauptmann Alexander Harden am sechsundzwanzigsten dieses Monats im Offizierscasino der Großfürst-Arnold-Kaserne gewisse Behauptungen machte Behauptungen aufstellte, die die Ehre des Majors von Rothenfels sowie die seines Regiments aufs Gröbste beleidigten. Major von Rothenfels sah oder: betrachtete es ... es daraufhin als seine Pflicht an, Hauptmann Harden zum Duell wenn man in diesem Kontext ein Duell will, reicht es, jmdn. zu fordern Wink Wahrscheinlich würde er nicht einmal das sagen, sondern einfach nur „Satisfaktion verlangen“. Dann könntest Du den Nachsatz mit der Ehrwiederherstellung streichen zu fordern, um besagte Ehre wiederherzustellen. Hauptmann Harden nahm die Forderung an Natürlich ist Fantasy Fantasy, aber real-historisch wäre das wahrscheinlich kürzer abgelaufen, er nimmt an, oder besser: Er akzeptiert und wählte den Säbel als Waffe.“ Du erklärst hier in großer Serviceleistung viel für den Leser. Aber der soll sich ruhig anstrengen. Der Kontext ist klar, die Leute sollen reden, wie es Kontext und Zeit angemessen ist, der Leser versteht das schon Wink

Nun ergriff Preiß das Wort: es ist nicht die schönste Lösung, wörtliche Rede mit einer Standard-Inquit-Formel und Doppelpunkt einzuleiten Wink „Die Sekundanten haben sich auf folgende Regeln geeinigt: Die Größe des Kampfplatzes wird zehn mal zehn Schritt betragen. Der Kampf gilt als beendet, sobald Blut fließt. Magister Höwald wird zusammen mit den Sekundanten über die Einhaltung der Regeln wachen und die medizinischer medizinische Versorgung des Unterlegenen gewährleisten. Es gilt der Grundsatz, dass der Tod des Verlierers nicht erstrebenswert ist, aber geschehen mag.“

Beim letzten Satz warf Leopold Harden einen Blick zu. Er wollte den Hauptmann nicht töten. Und umgekehrt? Es war schon vorgekommen, dass jemand ein Duell provoziert hatte, um einen schon vorher beschlossenen Mord als tragisches Ende eines Ehrenhändels „händel“ klingt zwar auch schön, aber im Deutschen und historisch gesehen ist es ein Ehrenhandel Wink auszugeben. Duelle waren zwar vor zehn Jahren verboten worden, aber niemand, der dieses Verbot übertreten hatte, hatte länger als ein halbes Jahr auf seine Begnadigung warten müssen. Er würde einfach gewinnen müssen, dann bestünde auch keine Gefahr, umgebracht zu werden.


Der Kampfplatz war auf der Wiese mit Schnüren markiert, die an vier Eckpflöcken befestigt waren. Weitere acht Holzstäbe, die mit Mustern und Symbolen bedeckt waren, leiteten Magie nach außen ab und verhinderten, dass einer der Duellanten einen Zauber einsetzen konnte. Da Harden kein Talent besaß, betraf diese Einschränkung nur Leopold. Der hatte durchaus nicht vor, sich einen Vorteil zu verschaffen, denn das hätte einen schlimmeren Ehrverlust bedeutet als die Niederlage. In der Hitze des Kampfes jedoch konnte es vorkommen, dass ein noch so konzentrierter Militärmagus die Beherrschung verlor.

Leopold bat Ulrich, seinen Mantel zu nehmen und stellte sich in einer Ecke des Areals auf. Schräg gegenüber stand Harden. Sie verbeugten sich kurz voreinander und zogen ihre Waffen. Dann rief Ulrich: „Im Namen Arlons, beginnt!“

Die beiden Duellanten umkreisten einander einige Zeit lang Das ist ein langweiliger erster Satz für ein Duell, besonders durch den Zusatz „einige Zeit lang“. Harden schlug als ersten erster zu, mit einem Hieb, der von oben kam. Leopold parierte ihn ohne große Anstrengung und führte einen geraden Stich, der abgewehrt wurde. Harden war ein passabler Fechter, legte aber zu viel Kraft in seine Angriffe. Leopold setzte sich zur Wehr, ohne selber in die Offensive zu gehen. Er wollte Harden sich verausgaben lassen und seinen Kampfstil ergründen. das ist nicht böse gemeint, aber die Fechtszene klingt so gar nicht mitreißend, da musst Du mehr Bewegung reinbringen

Seine anfängliche Einschätzung bestätigte sich bald. Harden setzte auf Kraft statt Technik. Seine Hiebe waren wuchtig, aber ohne Finesse, und er holte oft weit aus, um noch heftiger angreifen zu können. Das machte ihn langsamer. Leopold konzentrierte sich weiter darauf, den Angriffen zu entgehen, wobei er die meisten parierte und einigen besonders wilden auswich. Nur selten griff er selber an, um die Reaktion und Geistesgegenwart seines Kontrahenten zu testen. Leopold trieb ihn ein paar Schritte vor sich her, ließ dann von ihm ab und zog sich zurück. Harden stürmte auf ihn zu und führte eine Reihe von Hieben aus, wohl in der Hoffnung, mit schierer Kraft Leopolds Deckung zu durchbrechen und als erster Blut zu vergießen. Leopold schaffte es, rechtzeitig beiseite zu treten. im Gegensatz zu diesem wütenden Hauen war er von kühler Beherrschtheit erfüllt Das hast Du ausführlich geschildert, dass musst Du nicht noch einmal zusammenfassen Wink . Er war in jenen Zustand der luziden Konzentration eingetreten, den er im Kampf an einem gewissen Punkt immer erreichte. Alles Denken war verstummt, es gab nur noch das Tun wenn man konzentriert ist, hat das meistens schon mit Denken zu tun. Wenn man nur noch handelt, ist das vor allem Instinkt und nicht Konzentration. Du widersprichst Dir hier. Die Welt schrumpfte auf diesen zehn mal zehn Schritt großen Kampfplatz zusammen. Er sah nichts außer das Gesicht seines Gegners, achtete auf jede Zuckung. Er hörte nichts als Hardens Keuchen, den eigenen schnellen, aber gleichmäßigen Atem und das Scheppern der Klingen, wenn sie aufeinander prallten. Hardens Hiebe waren nicht einfach zu parieren, aber Leopold wusste, dass er es schaffen konnte.

Bisher klang es so, als täte sich Leopold schlafwandlerisch leicht. Und insgesamt leider nach wie vor: Es ist leider kein spannender Kampf. Dazu braucht es mehr Schnelligkeit, mehr Bewegung, mehr riskante Momente etc. Du beschreibst es so rasant wie ein Schachspiel und selbst das kann spannender sein (ist nicht böse gemeint).
Ich habe noch nie eine Kampfszene geschrieben, aber ich stelle mir das eher so vor: Harden griff an, Leopold parierte, wurde erneut von links attackiert und wich zurück. Harden trieb ihn vor sich her und drosch auf ihn ein, immer schneller, immer heftiger, Leopold ließ es zu, schätzte ihn ein und blockte Hieb um Hieb, tänzelte rückwärts, seitwärts und wartete auf den Moment, den einen Moment, in dem er die Deckung durchbrechen konnte. – das ist jetzt auch nicht toll Laughing ich weiß schon, aber siehst Du, dass ich sehr viel längere Sätze habe? Möglichst unverbunden, nur von Kommata abgetrennt? Mehr Bewegungsverben, die Konfrontationen kommen erklärungslos in schneller Folge.
Außerdem beschreibst Du eine schon sehr oft da gewesene Situation: der überlegene, zurückhaltende Fechter gegen den kraftmeierischen Haudrauf. Natürlich gewinnt der Zurückhaltende, der auf seinen Moment wartet

Zitat:
Er wusste nicht, wie lange er sich schon zur Wehr gesetzt hatte, als seine Gelegenheit schließlich kam. Harden führte einen schrägen Hieb von rechts oben nach links unten. Leopold stellte den rechten Fuß nach hinten und drehte den Oberkörper. Er hob den Säbel, sodass Hardens Klinge an seiner entlang nach unten glitt. Weil eine alte, vllt überholte Regel, aber eigtl. soll man keine Sätze mit „weil“ beginnen, das gilt als schlechter Stil Leopold nicht zurückgewichen war, sondern sich nur gedreht hatte, war er jetzt innerhalb der Deckung seines Gegners. Außerdem hatte er die ganze Kraft des Angriffs seitlich abgelenkt So Sätze wie der vorhergehende verlangsam die Dramatik, sie bremsen sie aus. Du beschreibst zu viel. Nicht nur dass er sich gedreht hatte und in der Deckung war, nein, Du erklärst auch noch, dass er die Kraft seitlich abgelenkt hat. So viele Details, Zusatzinfos und Erklärungen machen das Duell für den Leser zäh. Harden kämpfte darum, den Schwung abzufangen und das Gleichgewicht zu behalten. Dieses Ringen dauerte nur einen kurzen Augenblick, aber das genügte Leopold. Mit einer kleinen Bewegung des Unterarms hob er die Spitze seines Säbels und bohrte sie durch den roten Stoff des Uniformrocks in Hardens rechte Schulter, die dieser ihm beim Angriff entgegen geneigt hatte. Blut quoll heraus, dunkelte den Stoff ein und färbte den goldenen Rand der Epaulette. Harden stöhnte und ließ den Säbel fallen.

„Halt!“, riefen Magister Höhwald und die beiden Sekundanten unisono. Leopold trat zurück und hob beide Hände, um anzuzeigen, dass er den Ruf gehört hatte.
Preiß und der Magister eilten zu Harden. Der Sekundant half ihm, den Uniformrock auszuziehen, was offenbar nicht schmerzlos vor sich ging. Harden erbleichte und presste die Zähne aufeinander. Während Höhwald in seiner Arzttasche nach einem Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial suchte, kam schlenderte Ulrich auf Leopold zugeschlendert.

Er grinste breit. „Eine Glanzleistung!“, rief er und schlug Leopold auf die Schulter. Diesem wurde plötzlich schwindelig, als die Anspannung und der Rausch des Kampfes von ihm abfielen. Er schwankte ein wenig, und ihm wurde kalt. Ulrich hielt ihn am Oberarm fest und zog mit der anderen Hand einen Flachmann aus der Manteltasche, den er seinem Freund reichte. „Hier. Für die Nerven.“ 2mal wörtliche Reden ohne Inquit-Formeln: klingt so viel eleganter! Sehr gut! Leopold nahm die Flasche entgegen und hielt Ulrich dafür den Säbel hin, um die Hände frei zu haben. Während Ulrich das Blut mit einem Taschentuch abwischte, schraubte Leopold den Deckel ab und nahm einen kräftigen Schluck. Der Branntwein rann heiß durch seine Kehle und verbreitete Wärme in seinem um nicht zweimal „seine/m“ in einem Satz zu haben: im Magen Magen.

Harden kam nun auf ihn zu. Höwald hatte die Schulter verbunden und den Arm in eine Schlinge gelegt. Den Uniformrock hatte der Hauptmann sich nur umgehängt, darunter war das weiße Hemd zu sehen, dessen Stoff zerrissen und schwarz-rot verkrustet Es dauert schon eine ganze Weile, bis Blut verkrustet. Lass es noch getränkt sein, also feucht war, wo Leopold zugestoßen hatte. Das Gesicht des unterlegenen Duellanten war bleich Komma aber gefasst. Die Schlinge hielt Schulter und Oberarm fest, aber er drehten drehte den? Arm vom Ellbogen abwärts, um seinem Kontrahenten die Hand zu reichen. Leopold ergriff sie und drückte. „Sie sind ein exzellenter Fechter, Hauptmann von Rothenfels.“

„Danke, Hauptmann Harden. Sie sind ein Ehrenmann“, antwortete Leopold und reichte Harden den Flachmann. Dieser nickte dankbar und nahm einen kräftigen Schluck.

„Was macht die Schulter?“, erkundigte sich Leopold.

„Der Magister sagt, es sei eine Fleischwunde, nichts Ernstes. Ich soll sie nähen lassen und den Arm eine Weile lang ruhig halten, dann wird er wieder.“

Leopold nickte. „Gut. Ich hätte es mir selbst nicht verziehen, wenn ich die Schlagkraft der antelischen Armee beeinträchtigt hätte. Erst recht nicht in Zeiten wie diesen.“ Harden brach in lautes Gelächter aus. Leopold war irritiert. Was war an dieser Bemerkung so komisch? nach einigen Augenblicken endete Hardens Lachanfall.


Ich hab mal nach grob 2.000 Wörtern aufgehört Wink

Gut! Du steigst mit einer interessanten Episode in die Geschichte ein, sie macht neugierig und man liest gerne weiter. Du schreibst anschaulich, ich konnte mich gut in die Geschichte hineindenken, mir alles vorstellen und mich zurechtfinden.
Pass auf, dass Harden und sein Sekundant nicht zu sehr klischeehaft werden (nicht der Gute, deshalb nicht der Attraktive, deshalb auch nicht der Sieger, deshalb auch nicht der Adelige etc.)
Du setzt sehr viele kurze Rückblenden. Ich denke, viele davon müssten nicht sein. Wo Leopold Ulrich kennengelernt hat und wann er auf der Akademie war – das ist nicht wirklich wichtig und ich habe im Forum gelernt, dass Rückblenden gleich zu Anfang kritisch gesehen werden. Aber, da Du sie so wohldosiert setzt und gut in den Text einbindest, haben sie mich nicht gestört, rein von meiner bescheidenen Seite kannst Du das gerne so belassen.
Wie gesagt, Du beschreibst sehr anschaulich, das ist gut fürs Hineinkommen als Leser, nur das Duell würde ich sprachlich stark beschleunigen. Im Gegensatz dazu könntest Du viele sehr kurze Sätze eher miteinander verbinden, zwei- oder drei-Wort-Sätze solltest Du nur gezielt und mit Absicht setzen, nicht grundlos aneinanderreihen, das liest sich nicht geschliffen.

Liebe Grüße
Selanna

P.S.: Justadreamers Kommentar habe ich mir jetzt auch noch durchgelesen, er ist ja auch sehr detailliert auf viele hilfreiche Aspekte eingegangen. Ich möchte Dir aber zeigen, dass ich bei drei Dinge - mit allem Respekt gegenüber Justadreamer (nicht dass es hier zum Duell kommt Shocked )- anderer Meinung bin: Satisfaktionsfähig ist korrekt und drückt mit einem Wort den ganzen Status aus, das kannst Du stehen lassen. Pfeifendeckel ist zwar veraltet, aber da sich in Deiner Geschichte Offiziere mit goldenen Epauletten an der Uniform mit Säbeln duellieren, darf man zeitangemessene (veraltete) Ausdrücke verwenden. Ordonnanz ist ein übliches Wort, besonders im militärischen Umfeld, in dem Dein Roman ja spielt. Ich (subjetiv) würde alle diese Wörter lassen, wenn ich SciFi lese oder einen Roman über Golf, muss ich auch Wörter nachschlagen und verlange nicht vom Autor, dass er in einem auf jeden zugeschnittenen Wortschatz schreibt Wink


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PhilipS
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Beitrag09.03.2018 16:50

von PhilipS
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Hallo ihr zwei, danke für die Anmerkungen. @Selanna: ich bedaure, Dich beim ersten Lesen enttäuscht zu haben. Tatsächlich denke ich bei Antelos die ganze Zeit an das k.u.k. Österreich, die Bemerkung über die "Arthur-Schnitzler-Welt nehme ich daher als Kompliment. Smile

Danke für die Hinweise bezüglich des Erbfolgekriegs angeht. Ich werde sehen, dass ich das anpasse, ohne eine ausufernde Rückblende zu schreiben.

Was die Terminolgie angeht: justadreamer hat schon recht damit, dass nicht jeder weiß, was "staisfaktionsfähig" bedeutet. Ich würde darauf nur ungern verzichten, weil ich glaube, dass allein die Benutzung dieses Ausdrucks viel über die betreffende Gesellschaft aussagt. Daran hängen unter anderem Militarismus, Ehren- und Männlichkeitskult, Standesunterschiede ... Ich könnte vielleicht schreiben "aber Harden war Offizier, daher imstande, Genugtuung zu geben (leisten?)." Jedoch: warum ein Nebensatz, wenn ein Adjektiv reicht?

"Pfeifendeckel" war meiner Recherche zufolge tatsächlich im k.u.k. Österreich ein verbreiteter Ausdruck für Ordonannzen oder Offiziersburschen. Muss man nicht wissen, klar. Ich hatte aber gehofft, der Kontext sei eindeutig genug, um klarzumachen, dass Leopolds Bursche gemeint ist.

Kampfszenen sind in der Tat nicht meine Stärke. Ich werde versuchen, das Duell spannender zu machen. Auch die Klischees werde ich versuchen, zu vermeiden.

Zu den Rückblenden bzw. Erläuterungen: da habt Ihr vermutlich recht. Ich wollte klarmachen, dass die politische Lage viel Sprengkraft bietet. Die Unterhaltung zwischen Leopold und Harden ist vielleicht nicht die Gelegenheit, das so ausführlich zu machen. Es gibt einige Möglichkeiten, das später nachzuholen.

Erneut, vielen Dank! Ich hoffe, in den nächsten Tagen eine zweite Fassung des Anfangs einzustellen.


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PhilipS
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Beitrag18.03.2018 13:19

von PhilipS
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So, ich habe mich jetzt mal hingesetzt und den Anfang überarbeitet. Ein kurzer Überblick zu den Änderungen:
- Ulrich ist jetzt tatsächlich Hauptmann vom Bruch und nicht mehr Captain Obvious.
- Die Sache mit der alten, zerschlissenen Uniform ist als Scherz gemeint.
- Das Duell ist (hoffentlich) spannender, Harden ein ebenbürtiger Gegner. (Ich glaube aber, hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen geschrieben.)
- Der Infodump über die politische Großwetterlage ist gekürzt, der Rest wird später eingeflochten. Außerdem habe ich mir eine (hoffentlich) plausible Geschichte für den Erbfolgekrieg ausgedacht, die auch später erklärt wird. (Achtung, Politik und Staatsrecht:) Die gerovianische Verfassung sieht vor, dass der Nachfolger des Herzogs vom Adelskonvent bestätigt werden muss. Das ist für gewöhnlich nur eine Formsache, weil der Herzog seinen Erben vorschlägt, der dann abgenickt wird. Der letzte Herzog ist aber überraschend verstorben und konnte keinen Erben vorschlagen. Da jedes Mitglied im Konvent das Recht hat, einen Kandidaten vorzuschlagen, der mit dem vorangegangenen Herzog verwandt ist, haben einige Kronprinz Stefan von Antelos ins Spiel gebracht. (Natürlich haben die mehreren Zehntausend antelische Taler, die kurz darauf an sie gezahlt wurden, überhaupt nichts damit zu tun smile extra
Der Großfürst von Velian war überhaupt nicht begeistert von der Aussicht, dass Antelos und Gerovia bald in Personalunion regiert würden, weil die velianisch-antelische Grenze dadurch de facto statt einigen wenigen Meilen mehrere hundert lang würde. Er wollte Gerovia als Puffer erhalten. Er fand einige gerovianische Adelige, die ebenfalls nicht vom antelischen Kaiser regiert werden wollten und versprach ihnen Unterstützung, sollten sie die Ernennung des Kronprinzen zum neuen Herzog nicht anerkennen. Weil die Verfahrensregeln des Adelskonvents zum Großteil aus Gewohnheitsrecht bestehen und daher nicht kodifiziert sind, konnten sie formalrechtliche Gründe anbringen, die Wahl nicht anzuerkennen. Die antelische Armee marschierte daraufhin in Gerovia ein, um den rechtmäßigen Anspruch des Kronprinzen und Herzogs durchzusetzen. Unter der Behauptung, die gerovianische Souveränität gegen den wachsenden Machthunger des Kaiserreichs zu verteidigen, unterstützte Großfürst Ernesto die Oppositionellen.


Ich würde mich freuen, zu lesen, was Ihr von der neuen Fassung haltet.

Die Kutsche holperte den Waldweg entlang und schwankte dabei von einer Seite auf die andere. Leopold von Rothenfels bemühte sich, die aufkommende Übelkeit niederzukämpfen. Das letzte, was er wollte, war, sich zu übergeben.
„Ist das die neue Paradeuniform? Sieht fesch aus“, meinte Ulrich. „Die Ehre des Regiments verteidigen und dabei noch eine gute Figur machen – so gehört sich das. Nur kommt es mir vor, als säße sie ein wenig eng an den Schultern. Das wird deine Reich­weite einschränken.“

Leopold nahm das Tabaketui, das sein Vater ihm anlässlich der Beförderung zum Ma­jor geschenkt hatte, aus der Jackentasche. Es war aus versilbertem Metall mit dem Fami­lienwappen in Gold auf dem Deckel. Er zündete sich einen Zigarillo an, stieß eine Rauchwolke aus und erwiderte: „Ein Zoll mehr oder weniger. Was macht das schon?“

„Vermutlich hast du recht“, gestand Ulrich ein. Dann lachte er und sagte scherzhaft: „Du hättest die alte Uniform vom Feldzug dreiundsiebzig tragen können. Um die wäre es nicht schade gewesen. Außerdem hättest du Gelegenheit gehabt, die Gebrauchss­puren zu präsentieren.“ Leopold lachte ebenfalls und wurde für einen Moment von dem bevorstehenden Duell abgelenkt. „Gebrauchsspuren“ war ein reichlich beschönigender Ausdruck, fand er. Das Ding war ausgebleicht und zerschlissen und hatte direkt auf der Schulter einen Flicken, dessen Farb­ton nicht ganz zu dem des Uniformstoffs passte. Eigentlich bewahrte Leopold das Ding nur noch aus Sentimentalität auf. Als Erinne­rung an sein erstes Kommando.

Im Jahre einundsiebzig hatte er seinen Abschluss an der Militärakademie gemacht und war als Leut­nant zum siebzehnten Dragonerregiment gekommen. Anderthalb Jahre später war es zum Erbfol­gekrieg um das Herzogtum Gerovia gekommen, als ein Teil des Adelskonventes die Einsetzung des damals dreizehnjährigen Erben des antelischen Kaisertums zum Nachfolger des verstorbenen Herzogs, nicht anerkannt hatte. Großfürst Ernesto II., Regent über das angrenzende Velian, hatte diese Fraktion unterstützt und Truppen nach Gerovia entsandt. Die antelische Armee verfügte jedoch über eine bedeutend größere Schlagkraft als die des Fürstentums und der Opposition, und zum Ende des Jahres dreiundsieb­zig hatte der oberste gerovianische Priester des Sedor Kronprinz Stefan zum Herzog von Gerovia gesalbt, um dann Kaiser Maximilian zum Statthalter des minderjäh­rigen Herzogs zu ernennen.

Leopold hatte sich kurz vor dem Ende der Kämpfe noch eine Kugel von einem Scharf­schützen eingefangen, daher hatte er die Beförderung zum Hauptmann im Krankenbett erhalten. Im Nachbarbett hatte Ulrich vom Bruch gelegen, mit dem er seitdem befreundet war.

„Diese Gebrauchsspuren hätten Hardens Kampfgeist vielleicht einen Dämpfer verpasst“, stimmte er schmunzelnd zu. Ulrich nickte. „Harden hat ja behauptet, ihr hättet euch während des Feldzuges in der Etappe einen faulen Lenz gemacht, während er und seine Leute ihre Hälse riskiert haben. Hättest du deine Fetzen bei der Gelegenheit getragen, hättest du ihn leicht eines Besseren belehren können.“ Zorn kochte in Leopold hoch, als er sich an den Abend im Offizierscasino erinnerte. Sicher, jeder prahlte mal und übertrieb die Leistungen seiner Männer, aber man zog die anderen nicht in den Schmutz. Anderer­seits hatten diese Bürgerlichen alle keine Manieren. Was würde Gero von Rothenfels sagen, wenn er wüsste, dass sein Erstgeborener sich mit dem Sohn eines Tuchhändlers schlug? Aber Harden war nun einmal ein Offizier, also satisfaktionsfähig.

Die Kutsche hielt an, und sie stiegen aus. Es war früh. Die Sonne war gerade aufgegangen, und zwischen den Bäumen hing Herbstnebel. Leopold frös­telte. Er zog sich seinen Mantel über und schnallte den Säbel um. Er warf den Rest seines Zigarillos in den Matsch und sog die kalte Luft ein, in der Hoffnung, seinen Magen zu beruhigen. Lag es daran, dass er nicht gefrühstückt hatte? Oder war er nervös? Er ermahnte sich selber, sich gefälligst zusammenzu­reißen. Er würde doch vor einem Du­ell keine Angst haben! Er legte die linke Hand auf den Griff seines Säbels. Ulrich warf der Ordonnaz auf dem Kutschbock einen Rudolfstaler zu. „Warten Sie hier auf uns. Kein Wort über diese Angelegenheit, ver­standen?“ Der Pfeifendeckel, ein Bursche von kaum achtzehn Jahren, steckte die Goldmünze ein und nickte stumm. Er war bleich und wirkte nervös.

Stimmen aus einiger Entfernung weckten Leopolds Aufmerksamkeit. Er blickte zur Wiese am Ende des Feldwegs und sah dort drei Männer stehen. Als sie näher kamen erkannte einen davon als Harden. Sein Kontrahent war ein schmaler Mann mit blasser Haut und schwarzem Haar. Er wirkte nicht schmächtig, sondern vielmehr drahtig und flink, was in einem Fechtkampf von Vorteil wäre. Er hatte ein fein geschnittenes Gesicht, das geeignet war, Damen jeden Alters und Standes schwach werden zu lassen. Sei­ne Kiefermuskeln traten hervor, als beiße er die Zähne zusammen. Auch sonst schien er angespannt, als er Leopold mit einem angedeuteten Nicken begrüßte. Er trug ebenfalls eine Paradeuniform, die nagel­neu wirkte.
Der Mann mit dem Stiernacken und dem fetti­gen braunen Locken musste sein Sekundant sein. Seine Uniform war abgetragen und saß schlecht. Er trug die Rangabzeichen eines Hauptmannes, ebenso wie Harden. Der dritte Mann war Magister Hö­wald, ein Arzt, den ein Offizier aus Ulrichs Regiment empfohlen hatte. Er begrüßte diesen mit festem Handschlag und ernstem Gesicht.

„Mein Sekundant, Hauptmann Preiß.“, stellte Harden seinen Begleiter vor. Einige Augenblicke lang sprach keiner ein Wort. Dann räusperte sich Ulrich. „Nun, sollen wir beginnen?“
Leopold nickte nur, er brachte kein Wort heraus. Harden schien es ähnlich zu gehen. Er ruckte zur Bestätigung mit dem Kopf. Sein Gesicht schien noch bleicher.

Ulrich räusperte sich. „Wir sind hier, weil Hauptmann Alexander Harden am sechsundzwanzigsten dieses Monats im Offizierscasino der Großfürst-Arnold-Kaserne gewisse Behauptungen aufstellte, die die Ehre des Majors von Rothenfels sowie die seines Regiments aufs Gröbste beleidigten. Major von Rothenfels sah es daraufhin als seine Pflicht an, Hauptmann Harden zu fordern. Hauptmann Harden nahm an und wählte den Säbel.“

Nun ergriff Preiß das Wort. „Die Sekundanten haben sich auf folgende Regeln geeinigt: Die Größe des Kampfplatzes wird zehn mal zehn Schritt betragen. Der Kampf gilt als beendet, sobald Blut fließt. Magister Höwald wird zusammen mit den Sekundanten über die Einhaltung der Regeln wachen und die medizinische Versorgung des Unterlegenen gewährleisten. Es gilt der Grundsatz, dass der Tod des Ver­lierers nicht erstrebenswert ist, aber geschehen mag.“

Beim letzten Satz warf Leopold Harden einen Blick zu. Er wollte den Hauptmann nicht töten. Und umgekehrt? Es war schon vorgekommen, dass jemand ein Duell provoziert hatte, um einen schon vor­her beschlossenen Mord als tragisches Ende eines Ehrenhandels auszugeben. Duelle waren zwar vor zehn Jahren verboten worden, aber niemand, der dieses Verbot übertreten hatte, hatte länger als ein hal­bes Jahr auf seine Begnadigung warten müssen. Er würde einfach gewinnen müssen, dann bestünde auch keine Gefahr, umgebracht zu werden.

Der Kampfplatz war auf der Wiese mit Schnüren markiert, die an vier Eckpflöcken befestigt wa­ren. Weitere acht Holzstäbe, die mit Mustern und Symbolen bedeckt waren, leiteten Magie nach außen ab und verhinderten, dass einer der Duellanten einen Zauber einsetzen konnte. Da Harden kein Talent besaß, betraf diese Einschränkung nur Leopold. Der hatte durchaus nicht vor, sich einen Vorteil zu ver­schaffen, denn das hätte einen schlimmeren Ehrverlust bedeutet als die Niederlage. In der Hitze des Kampfes jedoch konnte es vorkommen, dass ein noch so konzentrierter Militärmagus die Beherrschung verlor.

Leopold bat Ulrich, seinen Mantel zu nehmen und stellte sich in einer Ecke des Areals auf. Schräg gegenüber stand Harden. Sie verbeugten sich kurz voreinander und zogen ihre Waffen. Dann rief Ul­rich: „Im Namen Arlons, beginnt!“

Harden schlug als Erster zu, mit ei­nem Hieb, der von oben kam. Leopold parierte ihn ohne große Anstrengung und führte einen geraden Stich, der abgewehrt wurde. Er wollte nachsetzen, aber da kam schon der nächste Schlag, schnell wie eine zubeißende Schlange. Dieses Mal gelang ihm die Parade deutlich knapper. Harden war ein guter Fechter, der seine Stärken kannte und sich zu Nutze machte. Leopold setzte sich verbissen zur Wehr, ging zunächst aber selber nicht in die Offensive. Er wollte Hardens Kampfstil besser einschätzen und sehen, ob er seine Schwächen auch so gut kannte.

Seine anfängliche Einschätzung bestätigte sich bald. Harden war schnell und wendig. Seine Hiebe kamen so schnell, dass es schien, als sei er an mehreren Orten gleichzeitig. Leopold erkannte, dass er durch überlegene Technik gewinnen musste. Er würde geschickte sein und Harden ausmanövrieren müssen. Nun griff er selber an, um die Re­aktion und Geistesgegenwart seines Kontrahenten zu testen. Leopold trieb ihn ein paar Schritte vor sich her, und führte einige gewagte Finten. Er riskierte, seine Deckung zu öffnen, aber er wollte sehen, ob Harden beim Verteidigen auch so schnell war.

Wie sich zeigte, war er das. Seine Geschwindigkeit rettete ihn immer im letzten Augenblick, aber die Paraden waren unsauber. Leopold ließ von ihm ab und zog sich zurück. Harden stürmte auf ihn zu und führte eine Reihe von Hieben aus, wohl in der Hoffnung, mit ein wenig Glück Leopolds Deckung zu durchbrechen und als Er­ster Blut zu vergießen. Leopold schaffte es, rechtzeitig beiseite zu treten. Er war von kühler Beherrschtheit erfüllt und in jenen Zustand eingetreten, den er im Kampf an einem gewissen Punkt immer erreichte. Alles Denken war ver­stummt, es gab nur noch das Tun. Die Welt schrumpfte auf diesen zehn mal zehn Schritt großen Kampfplatz zusammen. Er sah nichts außer das Gesicht seines Gegners, achtete auf jede Zuckung. Er hörte nichts als Hardens Keuchen, den eigenen schnellen, aber gleichmäßigen Atem und das Scheppern der Klingen, wenn sie aufeinander prallten. Hardens Hiebe waren nicht einfach zu parieren, aber Leo­pold wusste, dass er es schaffen konnte.

Er wusste nicht, wie lange er sich schon zur Wehr gesetzt hatte, als seine Gelegenheit schließlich kam. Harden führte einen schrägen Hieb von rechts oben nach links unten. Leopold bemerkte, dass sein Gegner in der Eile den falschen Fuß belastete. Er wehrte ab und drückte mit seiner Klinge gegen Hardens. Dessen unsicherer Stand rächte sich nun. Er taumelte zurück. Leopold sprang hinterher und war jetzt innerhalb der Deckung seines Gegners. Harden kämpfte darum, den Schwung abzufangen und das Gleichgewicht zu behalten. Dieses Ringen dauerte nur einen kurzen Augenblick, aber das genügte Leopold. Mit einer kleinen Bewegung des Unterarms hob er die Spitze seines Säbels und bohrte sie durch den roten Stoff des Uniformrocks in Hardens rechte Schulter, die dieser ihm beim Angriff entgegen geneigt hatte. Blut quoll heraus, dunkel­te den Stoff ein und färbte den goldenen Rand der Epaulette. Harden stöhnte und ließ den Säbel fallen. „Halt!“, riefen Magister Höhwald und die beiden Sekundanten unisono. Leopold trat zurück und hob beide Hände, um anzuzeigen, dass er den Ruf gehört hatte.

Preiß und der Magister eilten zu Harden. Der Sekundant half ihm, den Uniformrock auszuziehen, was offenbar nicht schmerzlos vor sich ging. Harden erbleichte und presste die Zähne aufeinander. Während Höhwald in seiner Arzttasche nach einem Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial suchte, schlenderte Ulrich auf Leopold zu. Er grinste breit. „Eine Glanzleistung!“, rief er und schlug Leo­pold auf die Schulter. Diesem wurde plötzlich schwindelig, als die Anspannung und der Rausch des Kampfes von ihm abfielen. Er schwankte ein wenig, und ihm wurde kalt. Ulrich hielt ihn am Oberarm fest und zog mit der anderen Hand einen Flachmann aus der Manteltasche, den er seinem Freund reich­te. „Hier. Für die Nerven.“ Leopold nahm die Flasche entgegen und hielt Ulrich dafür den Säbel hin, um die Hände frei zu haben. Während Ulrich das Blut mit einem Taschentuch abwischte, schraubte Leopold den Deckel ab und nahm einen kräftigen Schluck. Der Branntwein rann heiß durch seine Keh­le und verbreitete Wärme im Magen.

Harden kam nun auf ihn zu. Höwald hatte die Schulter verbunden und den Arm in eine Schlinge gelegt. Den Uniformrock hatte der Hauptmann sich nur umgehängt, darunter war das weiße Hemd zu sehen, dessen Stoff zerrissen und schwarz-rot verkrustet war, wo Leopold zugestoßen hatte. Das Ge­sicht des unterlegenen Duellanten war bleich aber gefasst. Die Schlinge hielt Schulter und Oberarm fest, aber er drehten Arm vom Ellbogen abwärts, um seinem Kontrahenten die Hand zu reichen. Leo­pold ergriff sie und drückte. „Sie sind ein exzellenter Fechter, Hauptmann von Rothenfels.“
„Danke, Hauptmann Harden. Sie sind ein Ehrenmann“, antwortete Leopold und reichte Harden den Flachmann. Dieser nickte dankbar und nahm einen kräftigen Schluck.
„Was macht die Schulter?“, erkundigte sich Leopold.
„Der Magister sagt, es sei eine Fleischwunde, nichts Ernstes. Ich soll sie nähen lassen und den Arm eine Weile lang ruhig halten, dann wird er wieder.“
Leopold nickte. „Gut. Ich hätte es mir selbst nicht verziehen, wenn ich die Schlagkraft der antelischen Armee beeinträchtigt hätte. Erst recht nicht in Zeiten wie diesen.“
Harden brach in lautes Gelächter aus. Leopold war irritiert. Was war an dieser Be­merkung so komisch?
„Köstlich!“, rief der Hauptmann. „Ich dachte schon, sie meinten es ernst. In Zeiten wie diesen. Grandios!“
Leopolds Ärger und Verwirrung wuchsen. Wie kam Harden auf die Idee, er habe einen Witz gemacht?
Der Hauptmann fuhr fort: „Ich bin überzeugt, dass die Sicherheit des Reiches nicht gefährdet wäre, wenn ich den Dienst wegen einer Verletzung aufgeben müsste. Antelos befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Un­ser Kaiser herrscht seit dem Gerovia-Feldzug über die Mitte des Kontinents. Mit der anstehenden Fer­tigstellung des Hafens in Torenga festigen wir unseren Einfluss im Süden des Grünen Meeres. Das wird dem Handel zu einem nie gekannten Aufschwung verhelfen. Mein Vater verhandelt zur Zeit über Kredite, um in das Geschäft mit Überseewaren einzusteigen. Die Gespräche mit Varisia stehen kurz vor dem Abschluss. Wenn der Beistandspakt einmal unterschrieben ist, sind wir in ein gesamtkarthenisches Bündnissystem integriert, das weitere Kriege unmöglich machen wird.“ Seine Augen leuchteten nun, Begeisterung lag in seiner Stimme, als er weiter sprach: „Tatsächlich trage ich mich mit dem Gedan­ken, das Soldatenleben aufzugeben. Ich könnte mir meinen Erbteil auszahlen lassen und Anteile an Reedereien und Werften kaufen. Alle Bereiche, die mit Schiffen zu tun haben, werden als erste aufblü­hen. In einer Zukunft voller Wohlstand und Frieden werden tüchtige Geschäftsmänner mehr gebraucht als tapfere Offiziere.“
Leopold starrte den Hauptmann an und wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Dessen Kurzsich­tigkeit und Naivität entsetzten ihn geradezu. Das Bündnis mit Varisia würde durchaus Frieden bringen, wie Harden behauptete. Die Bedingung dafür war aber die Aufstockung der Truppen, oder zumindest eine gleichbleibende Stärke. Die Verträge sollten nämlich die beiden Großmächte verpflichten, jedem Staat den Krieg zu erklären, mit dem der jeweils andere im Krieg lag. Von Greben, der antelische Außenminister und Initiator des Abkommens erhoffte sich eine Abschreckungswirkung auf die anderen Mächte Kartheniens, die aber nur gegeben wäre, wenn beide Staaten eine Truppenstärke aufbieten konnten, die jedem potentiellen Agressor als zu gewaltig erscheinen musste.
Leopold fiel ein Satz Gerhard von Weidemanns ein, dessen Abhandlung über Strategie auch nach beinahe hundert Jahren noch an der Militärakademie gründlich studiert wur­den. Die beste Armee ist jene, die nie zu Felde ziehen muss.
Er stimmte Harden durchaus zu. Dem Kaiserreich und dem ganzen Kontinent stand eine Ära des Friedens bevor. Die träte aber nicht ein, wenn reihenweise Offiziere beschlossen, Zivilisten zu werden. Leopolds ehemalige Kameraden aus der Akademie, von denen einige im Kriegsministerium und dem Generalstab arbeiteten, erzählten alle das Gleiche: Antelos musste seine Herrschaft festigen und seine Position im Spiel der Großmächte behaupten.
Er war versucht, dem Hauptmann das ein oder andere über Weltpolitik beizubringen, aber das hät­te unter Umständen ein weiteres Duell nach sich gezogen. Stattdessen nahm er seinen Säbel von Ulrich und befestigte die Scheide aus schwarz lackiertem Holz an seinem Gürtel. Dann reichte er Höwald die Hand. „Herzlichen Dank, Magister.“
Der nickte und sagte: „Das ist Ehrensache. Nicht nur für Sie.“
Harden bedankte sich ebenfalls bei dem Arzt. Ein allgemeines Händeschütteln setzte ein. Die Männer verabschiedeten sich voneinander. Harden und Preiß waren zu Pferde gekommen, da sie gegenwärtig in einer Garnison nicht weit entfernt stationiert waren. Leopold beneidete seinen Gegner dennoch nicht um den Ritt mit verletzter Schulter. Höwald schlug Ulrichs Angebot, mit ihnen zurückzufahren höflich aus.
Leopold und Ulrich gingen zur Kutsche zurück, mit der sie gekommen waren. Der Bursche wirk­te, als habe er die ganze Zeit auf dem Bock gesessen. Nun sprang er hinunter und beeilte sich, die Tür zu öffnen. Die beiden Offiziere stiegen ein, und die Kutsche fuhr an.
„Wirklich hervorragend gefochten“, lobte Ulrich noch einmal. „Einen kühlen Kopf bewahren. Nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dann zuschlagen. Genau die richtige Entscheidung.“
„Danke“, sag­te Leopold mit einem leichten Lächeln. Er lehnte sich gegen die Rückwand der Kutsche. Auch wenn er den Rausch des Kampfes und den Kitzel der Gefahr durchaus mochte, war er froh, dass das Duell vor­über war. Es war schlicht eine Verschwendung von Zeit und Blut, wenn Offiziere sich schlugen, nur weil Emporkömmlinge wie Harden sich aufspielen mussten. Dafür hatte er den Willen seines Vaters nicht in den Wind geschlagen. Er wollte dem Kaiser dienen und hel­fen die Macht des Reiches zu vergrößern. Er wollte etwas Sinnvolles tun. Leopold sah aus dem Fenster. Das Gefährt hielt auf den Waldrand zu. Der Morgennebel hatte sich gelegt, und die Sonne schien auf das dichte Blattwerk, das bereits be­gonnen hatte, sich zu kräftigen Rot- und Gelbtönen zu verfärben. Wie Finger, die nach dem Himmel griffen, stiegen weit hinter dem Waldrand Rauchsäulen empor. Sie kamen aus den Schornsteinen der Häuser und Fabriken Lharins. Vor Jahrhunderten nicht mehr als eine Burg, deren Besitzer über das Land im Umkreis einiger Dutzend Tausendschritt herrschten, war der Ort zur Hauptstadt eines Reiches geworden, dessen Flagge in die entfernten Winkel der Welt getragen wurde.
Eine Idee schlich sich in Leopolds Gedanken. Er ignorierte sie zunächst, um sie reifen zu lassen und später in Erwägung zu ziehen. Ulrich schlug er vor: „Wollen wir frühstücken gehen? Ich habe einen Bärenhunger.“ „Nicht nur du“, antwortete Ulrich prompt.
„Café Landtgraf?“
„Wo sonst? Ich sage es dem Burschen.“


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Schreibt die Texte, die Ihr selber gerne lesen möchtet.
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Nils Oelfke
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Beitrag20.04.2018 16:02

von Nils Oelfke
Antworten mit Zitat

Hallo PhilipS,

ich habe mir deine überarbeitete Version durchgelesen. In meiner Kritik werde ich Bezug nehmen auf die Struktur deines Romananfangs.

Ich habe auf http://www.schriftsteller-werden.de/kreatives-schreiben/die-perfekte-szene-teil-1/ kennengelernt, wie man ein Kapitel strukturieren könnte. Man kann ein Kapitel mithilfe der Scene-Sequel-Struktur spannend aufbauen. Grob vereinfacht schreibst du eine Scene und danach eine Sequel. In der Scene passiert die äußere Handlung, in der Sequel die innere Handlung. Am Anfang hat die Figur ein Ziel, was sie unbedingt erreichen möchte. Allerdings kann sie dieses Ziel nicht erreichen, denn es gibt Konflikte, die in einem Desaster enden. Dies ist die äußere Handlung (Sequel). Jetzt kommt die innere Handlung. Dort wird die Reaktion der Figur auf die Katastrophe gezeigt. Anschließend will sie eine Lösung, aber es gibt keine gute Lösung, weil jede Lösung ein neues Problem mit sich bringt. Die Figur steckt in einem Dilemma. Schließlich trifft sie eine Entscheidung. Damit ist die Sequel zuende.
Dieses Muster für ein Kapitel bringt Spannung, weil es Konflikte gibt über die sich die Figur ärgert. Spannung entsteht durch Konflikte und eine Emotion der Figur darauf.

Warum schreibe ich das Ganze? Weil ich bei deinem Text eine strukturelle Überarbeitung vornehmen würde. Potential für Spannung ist allemal vorhanden, sie muss nur noch ausgeschöpft werden.
Meine Beobachtungen nach der ersten Runde waren folgende:
- ersten zwei Seiten sind langweilig
- immer wieder schöne Beschreibungen des Kampfes
- Kampf gefüllt zu lange, ein wenig langatmig
- die ganze Politik-, Regierung- und Reichinfos interessieren mich nicht, überfliege ich nur
- überraschende Wendung, dass sich die beiden Kontrahenten nach dem Kampf die Hände geben (=spannend)
- kein Cliffhanger, warum soll ich das nächste Kapitel lesen?

Soviel zu meinen Beobachtungen des ersten Lesens: Danach habe ich den Text mithilfe der Scene-Sequel-Struktur analysiert. Hier die einzelnen Elemente dieser Struktur:
Ziel: Leopold soll Kampf gegen Harden gewinnen. Dies ist das Ziel, aber ich werde emotional nicht mitgenommen, dass er dies schaffen soll. Es gibt eine kurze Rückblende, wo ich erfahre, dass Harden ihn beleidigt hat. Wahrscheinlich werde ich nicht emotional nicht mitgenommen, weil nur beschrieben wird, was Harden getan hat, aber seine Leopolds Emotionen darauf nur wenig beschrieben werden.
Konflikt: Es gibt keinen großen Konflikt: Harden zwar ein guter Fechter, aber in Bedrängnis kommt Leopold nicht. Man merkt Leopold seine Überlegenheit an, ich weiß das er den Kampf sicher gewinnen wird. Beispiel: "ohne große Anstrengung", "wollte Hardens Kampfstil besser einschätzen". Gerade zweites Beispiel zeigt seine Überlegenheit. Er ist soviel stärker, dass er sich Zeit lassen kann, bis er angreift und darüber hinaus sich noch eine Taktik überlegen kann. Er sollte schwitzen und um seinen Sieg zittern, mehr noch ihn nicht für möglich halten!
Desaster: Kein Desaster. Er kommt nicht in Bedrängnis.
Reaktion: Gewinnt Kampf, auf ein Desaster muss er nicht reagieren. Ich will als Leser nicht an seinem mühelos erwarteten Sieg teilhaben, sondern ihn lieber ihn in ein Desaster treten sehen, um seine Reaktion auf sein Dilemma zu erfahren.
Dilemma: Es gibt keine schlechten Lösungen.
Entscheidung: Folglich gibt es kein Entscheidung.
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Nils Oelfke
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Beitrag20.04.2018 16:28

von Nils Oelfke
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Was sind die Konsequenzen aus der Analyse:

1. Fast die ganzen Regierungs- und Politikinfos sollten raus. Rückblenden sind anfangs schwierig und sollten vermieden werden. Da hier der Kampf das Entscheidende im Kapitel ist, lass doch dieses Infodumping weg.

Ich würde "Die Kutsche...Reichweite einschränken" stehen lassen. Danach könnte bis "Die Kutsche hielt an, und sie stiegen aus." alles weg. Der auszulassende Teil war im ersten Durchgang lesen nicht nur schwer bis gar nicht verständlich, sondern dazu noch langweilig.
Daneben streiche "Leopold nickte...Nicht nur für Sie." Ich weiß, ist ein großer Teil, aber anfangs interessiert den Leser der Charakter und nicht die Politik, es sei denn du schreibst einen Politikthriller.

2. Cliffhanger einbauen. Am Ende braucht es etwas Spannendes, Unerwartetes, eine Entscheidung, usw. damit ich umblättern muss.

3. Nun zur Scene-Sequel-Struktur.
Ziel: Stärker ausarbeiten, die Wichtigkeit, dass das Ziel erreicht wird (Kampf gewinnen), muss dem Leser unter die Haut gehen.
Konflikt: Baue die Konflikte stärker aus. Und baue soviel Hindernisse für deinen Helden ein wie möglich. Lass ihn Muskelkater haben, einen schmerzenden Zeh, Kopfschmerzen und mach vor allem den Gegner Harden stärker. Harden kann ihm doch das Schwert aus der Hand schlagen. Er kann schneller und technisch versierter sein als Leopold. Harden (der Konflikt) kann viel stärker sein und damit auch das Desaster. Damit würde der vom Textstil schön geschriebene Kampf spannender werden. Wichtig bei einer möglichen Überarbeitung: Emotionen Leopolds rein.
Desaster: Baue ein Desaster ein. Vielleicht, dass Leopold nicht gewinnen kann.
Reaktion: Darauf kann er wunderbar reagieren. Angst, Wut, Verzweiflung, ....
Dilemma: Nun da er verliert, muss er eine Entscheidung treffen. Z.B. könnte er verlieren, aber er will nicht verlieren. Oder er setzt Magie ein, was allerdings einen Ehrverlust nach sich ziehen würde. Schon haben wir ein Dilemma. Spannung also vorprogrammiert.
Entscheidung: Wofür wird er sich entscheiden?
Meinetwegen danach ein Abspann, Kampf geht zu ende, aber es muss einen Cliffhanger geben!

4. Letzter Verbesserungsvorschlag ist, dass du Leopolds innere Welt mehr zeigst. Nicht was passiert, sondern wie der Held darauf reagiert ist interessant.


Dies war meine strukturelle Kritik am Text. Ich habe nicht auf Logikfehler oder deinen Schreibstil geachtet. Solltest du meine Kritikpunkte so sehen wie ich und wenn du den Text nochmal verbesserst, würde ich ihn mir wieder durchlesen, dann auch auf Logik und Schreibstil.
Hoffentlich hilft dir meine Kritik weiter. Ich freue mich über ein Feedback zu der Kritik.
Als letztes will ich betonen, dass dein Text schlecht ist, nur weil ich viel Negatives genannt habe. In deinem Text sind bereits Konflikte und du schreibst bereits Leopolds Reaktionen auf diese. Ich glaube nur, dass der Text besser wird, wenn du in noch schärfer machst, mit mehr Konflikten und mehr Informationen sowie Konzentration auf das Wesentliche.

Liebe Grüße
Nils
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ernst.niki
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Beitrag22.04.2018 18:43

von ernst.niki
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Zitat:
Als letztes will ich betonen, dass dein Text schlecht ist, nur weil ich viel Negatives genannt habe.....


Gemäss meiner Interpretation von Nils' Evaluation zu Pilip'S Revision, fehlt als 9. Wort ein "nicht".

Falls nicht: Nach dem "schlecht ist" ein Punkt und den zweiten Teilsatz streichen Cool
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Nils Oelfke
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Beitrag22.04.2018 20:21

von Nils Oelfke
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Danke ernst.niki.
Es fehlt ein "nicht".

Richtig heißt der Satz: Als letztes will ich betonen, dass dein Text nicht schlecht ist, nur weil ich viel Negatives genannt habe.....

Liebe Grüße
Nils
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Selanna
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Beitrag23.04.2018 09:49

von Selanna
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Hallo PhilippS,

schön, dass Du eine überarbeitete Version eingestellt hast! Sehr sympathisch Smile

Zitat:
Die Kutsche holperte den Waldweg entlang und schwankte dabei von einer Seite auf die andere. Leopold von Rothenfels bemühte sich, die aufkommende Übelkeit niederzukämpfen. Das letzte, was er wollte, war, sich zu übergeben.
„Ist das die neue Paradeuniform? Sieht fesch aus“, meinte Ulrich. „Die Ehre des Regiments verteidigen und dabei noch eine gute Figur machen – so gehört sich das. Nur kommt es mir vor, als säße sie ein wenig eng an den Schultern. Oder, da mE etwas lebendiger: Sitzt (halt) ein wenig eng um die Schultern, was? – Wie Du siehst, frage ich mich auch, ob etwas an oder um etwas eng sitzt. Meine Mutter wüsste so etwas, ich hab ihr zu wenig zugehört, wenn sie früher an meiner Kleidung herumgezupft hat Embarassed Laughing Das wird deine Reichweite einschränken.“

Leopold nahm das Tabaketui Ich habe keine Ahnung, darum eine Frage: In einer Tabakdose ist Tabak, darum Tabakdose. Ein Etui, in dem Zigarillos sind, ist ein Zigarillo- oder Zigarettenetui, oder? Weil ja kein Tabak im engerem Sinne darin ist, das sein Vater ihm anlässlich der Beförderung zum Major geschenkt hatte, aus der Jackentasche Soll ich, soll ich? Ja, heute bin ich ultrapingelig: Es ist ein Rock, ein Uniformrock, also holt er es aus der Rocktasche Wink . Es war aus versilbertem Metall mit dem Familienwappen in Gold auf dem Deckel. Er zündete sich einen Zigarillo an, stieß eine Rauchwolke aus und erwiderte: „Ein Zoll mehr oder weniger. Was macht das schon?“

„Vermutlich hast du recht“, gestand Ulrich ein. Dann lachte er und sagte scherzhaft: die eine Inquitformel mit „gestand“ ist Geschmackssache, aber eine zweite gleich darauf folgen zu lassen, ist ein bisschen viel, finde ich (imho) „Du hättest die alte Uniform vom Feldzug dreiundsiebzig tragen können. Um die wäre es nicht schade gewesen. Außerdem hättest du Gelegenheit gehabt, die Gebrauchsspuren zu präsentieren.“ Hier ein Absatz, da der Fokus von Ulrich auf Leopold schwenkt Leopold lachte ebenfalls und wurde für einen Moment von dem bevorstehenden Duell von dem Gedanken an das bevorstehende Duell, oder? Außerdem denkt er eigentlich gar nicht an die Zukunft, sondern an die Vergangenheit, er denkt an seine Uniform daheim im Schrank und an vergangene Schlachten. Dein Satz passt inhaltlich nicht abgelenkt. „Gebrauchsspuren“ war ein reichlich beschönigender Ausdruck, fand er. Das Ding war ausgebleicht und zerschlissen und hatte direkt auf der Schulter einen Flicken, dessen Farbton nicht ganz zu dem des Uniformstoffs passte. Eigentlich bewahrte Leopold das Ding nur noch aus Sentimentalität auf. Als Erinnerung an sein erstes Kommando. Gut gekürzt

Im Jahre einundsiebzig hatte er seinen Abschluss an der Militärakademie gemacht und war als Leutnant zum siebzehnten Dragonerregiment Das sind feststehende Namen, die man nicht ausschreibt. Es ist das 17. Dragonerregiment oder das Dragonerregiment Nr. 17. gekommen. Anderthalb Jahre später war es zum Erbfolgekrieg um das Herzogtum Gerovia gekommen, als ein Teil des Adelskonventes die Einsetzung des damals dreizehnjährigen Erben des antelischen Kaisertums zum Nachfolger des verstorbenen Herzogs, nicht anerkannt hatte. Großfürst Ernesto II., Regent über das angrenzende Velian, hatte diese Fraktion unterstützt und Truppen nach Gerovia entsandt. Die antelische Armee verfügte jedoch über eine bedeutend größere Schlagkraft als die des Fürstentums und der Opposition, und zum Ende des Jahres dreiundsiebzig hatte der oberste gerovianische Priester des Sedor Kronprinz Stefan zum Herzog von Gerovia gesalbt, um dann Kaiser Maximilian zum Statthalter des minderjährigen Herzogs zu ernennen.

Ein paar Anmerkungen: Ich würde eher Erbe des Kaiserreichs oder der Kaiserkrone schreiben, aber nicht des Kaisertums, habe ich so noch nie gehört. Der Satz ab „Anderthalb“ ist insgesamt sehr lang und sehr kompliziert, mach zwei Sätze daraus oder kürze Wörter heraus. Ist es an dieser Stelle wichtig, dass der Adelskonvent der Grund war? Musst Du „Einsetzung“ drin haben, oder reicht, dass der Erbe einfach nicht anerkannt wurde? Wird man nicht ALS Nachfolger eingesetzt statt – wie Du schreibst – zum Nachfolger? Ich muss gestehen, wenn ich nicht von der ersten Version wüsste, was Du meinst, ich verstünde den Satz nicht. Und nach wie vor finde ich Deine Lösung unrealistisch (siehe meinen letzten Kommentar), aber das weißt Du ja Wink Überleg Dir doch einmal, ob Du die ganze Politik hier nicht streichst und weiter hinten im Roman einfügst, jetzt geht es doch vor allem um Ulrich und Leopold, die zum Duell fahren. Die alte Uniform war schon ein Exkurs, der Leopolds Charakterisierung aber dient, der Leser weiß, es gab einen Krieg. Warum, wieso und wer gegen wen ist an dieser Stelle gar nicht so wichtig. Lass den Leser doch erst einmal neugierig werden.

Zitat:
Leopold hatte sich kurz vor dem Ende der Kämpfe noch eine Kugel von einem Scharfschützen eingefangen, daher hatte er die Beförderung zum Hauptmann im Krankenbett erhalten. Im Nachbarbett hatte Ulrich vom Bruch gelegen, mit dem er seitdem seit der Beförderung? Nein, ich weiß, wie Du es meinst, aber Du musst zugeben, dass es legitim wäre, es auch anders zu lesen befreundet war.

„Diese Gebrauchsspuren hätten Hardens Kampfgeist vielleicht einen Dämpfer verpasst“, stimmte er schmunzelnd zu. Absatz, da hier der Fokus von Leopold auf Ulrich wechselt Ulrich nickte. „Harden hat ja behauptet und wenn Du das lebendiger, weniger rückblickend für den Leser erzählend formulierst? A la: Der Hund, prahlt, er und seine Leute ... während ihr ... , ihr hättet euch während des Feldzuges in der Etappe einen faulen Lenz gemacht, während er und seine Leute ihre Hälse riskiert haben. Hättest du deine Fetzen bei der Gelegenheit getragen, hättest du ihn leicht eines Besseren belehren können.“ Absatz, da Schwenk auf Leopold Zorn kochte in Leopold hoch, als er sich an den Abend im Offizierscasino erinnerte. Sicher, jeder prahlte mal und übertrieb die Leistungen seiner Männer, aber man zog die anderen nicht in den Schmutz. Andererseits hatten diese Bürgerlichen alle keine Manieren. Was würde Gero von Rothenfels sagen, wenn er wüsste, dass sein Erstgeborener sich mit dem Sohn eines Tuchhändlers schlug? Aber Harden war nun einmal ein Offizier, also satisfaktionsfähig.

Die Kutsche hielt an, und sie stiegen aus. Es war früh. Die Sonne war gerade aufgegangen, und zwischen den Bäumen hing Herbstnebel. Leopold fröstelte. Er zog sich seinen Mantel über und schnallte den Säbel um. Er Du fängst den dritten Satz in Folge mit Leopold als Subjekt an, das ist langweilig warf den Rest seines Zigarillos in den Matsch und sog die kalte Luft ein, in der Hoffnung, seinen Magen zu beruhigen. Lag es daran, dass er nicht gefrühstückt hatte? Oder war er nervös? Er ermahnte sich selber, sich gefälligst zusammenzureißen. Er würde doch vor einem Duell keine Angst haben! Er wieder immer ein „Er“ am Satzanfang legte die linke Hand auf den Griff seines Säbels. Ulrich warf der Ordonnaz Wie in der ersten Version: Rechtschreibfehler: Ordonnanz auf dem Kutschbock einen Rudolfstaler zu. „Warten Sie hier auf uns. Kein Wort über diese Angelegenheit, verstanden?“ Der Pfeifendeckel, ein Bursche von kaum achtzehn Jahren, steckte die Goldmünze ein und nickte stumm. Er war bleich und wirkte nervös.

Stimmen aus einiger Entfernung weckten Leopolds Aufmerksamkeit. Er blickte zur Wiese am Ende des Feldwegs und sah dort drei Männer stehen. Als sie näher kamen Komma erkannte er einen davon davon ist etwas eher Sächliches. Einen von ihnen als Harden. Sein Kontrahent war ein schmaler Mann mit blasser Haut und schwarzem Haar. Er wirkte nicht schmächtig, sondern vielmehr drahtig und flink, was in einem Fechtkampf von Vorteil wäre. Er hatte ein fein geschnittenes Gesicht, das geeignet war, Damen jeden Alters und Standes schwach werden zu lassen. Seine Kiefermuskeln traten hervor, als beiße er die Zähne zusammen. Auch sonst schien er angespannt, als er Leopold mit einem angedeuteten Nicken begrüßte. Er trug ebenfalls eine Paradeuniform, die nagelneu wirkte. Finde ich gut, dass Du Harden nicht mehr von vornherein als fiesen Verlierertypen darstellst! Schön!
Der Mann mit dem Stiernacken und dem den fettigen braunen Locken musste sein Sekundant sein. Seine Uniform war abgetragen und saß schlecht. Er trug die Rangabzeichen eines Hauptmannes, ebenso wie Harden. Der dritte Mann war Magister Höwald, ein Arzt, den ein Offizier aus Ulrichs Regiment empfohlen hatte. Er Wer ist „er“? Höwald oder Ulrich oder „ein Offizier“? Der Bezug ist hier unklar begrüßte diesen der Bezug ist unklar mit festem Handschlag und ernstem Gesicht.

„Mein Sekundant, Hauptmann Preiß. kein Punkt“, stellte Harden seinen Begleiter vor. Einige Augenblicke lang sprach keiner ein Wort. Wie gesagt, wegen des Fokuswechsels und der Einleitung einer neuen, von einem anderen gesprochenen wörtlichen Rede: Absatz dann räusperte sich Ulrich. „Nun, sollen wir beginnen?“ Hier beschreibst Du die Szene sehr gut
Leopold nickte nur, er brachte kein Wort heraus. Harden schien es ähnlich zu gehen. Er ruckte zur Bestätigung mit dem Kopf. Sein Gesicht schien noch bleicher.

Ulrich räusperte sich. „Wir sind hier, weil Hauptmann Alexander Harden am sechsundzwanzigsten dieses Monats im Offizierscasino der Großfürst-Arnold-Kaserne gewisse Behauptungen aufstellte, die die Ehre des Majors von Rothenfels sowie die seines Regiments aufs Gröbste beleidigten. Major von Rothenfels sah es daraufhin als seine Pflicht an, Hauptmann Harden zu fordern. Hauptmann Harden nahm an und wählte den Säbel.“

Nun ergriff Preiß das Wort. „Die Sekundanten haben sich auf folgende Regeln geeinigt: Die Größe des Kampfplatzes wird zehn mal zehn Schritt betragen. Der Kampf gilt als beendet, sobald Blut fließt. Magister Höwald wird zusammen mit den Sekundanten über die Einhaltung der Regeln wachen und die medizinische Versorgung des Unterlegenen gewährleisten. Es gilt der Grundsatz, dass der Tod des Verlierers nicht erstrebenswert ist, aber geschehen mag.“

Beim letzten Satz warf Leopold Harden einen Blick zu. Er wollte den Hauptmann nicht töten. Und umgekehrt? Es war schon vorgekommen, dass jemand ein Duell provoziert hatte, um einen schon vorher beschlossenen Mord als tragisches Ende eines Ehrenhandels auszugeben. Duelle waren zwar vor zehn Jahren verboten worden, aber niemand, der dieses Verbot übertreten hatte, hatte länger als ein halbes Jahr auf seine Begnadigung warten müssen. Er würde einfach gewinnen müssen, dann bestünde auch keine Gefahr, umgebracht zu werden.

Der Kampfplatz war auf der Wiese mit Schnüren markiert, die an vier Eckpflöcken befestigt waren. Weitere acht Holzstäbe, die mit Mustern und Symbolen bedeckt waren, leiteten Magie nach außen ab und verhinderten, dass einer der Duellanten einen Zauber einsetzen konnte. Da Harden kein Talent besaß, betraf diese Einschränkung nur Leopold. Der hatte durchaus nicht vor, sich einen Vorteil zu verschaffen, denn das hätte einen schlimmeren Ehrverlust bedeutet als die Niederlage. In der Hitze des Kampfes jedoch konnte es vorkommen, dass ein noch so konzentrierter Militärmagus die Beherrschung verlor.

Leopold bat Ulrich, seinen Mantel zu nehmen und stellte sich in einer Ecke des Areals auf. Schräg gegenüber stand Harden. Sie verbeugten sich kurz voreinander und zogen ihre Waffen. Dann rief Ulrich: „Im Namen Arlons, beginnt!“

Harden schlug als Erster zu, mit einem Hieb , der von oben kam. Leopold parierte ihn ohne große Anstrengung und führte einen geraden Stich, der abgewehrt wurde. Er wollte nachsetzen, aber da kam schon der nächste Schlag, schnell wie eine zubeißende Schlange. Dieses Mal gelang ihm die Parade deutlich knapper. Harden war ein guter Fechter, der seine Stärken kannte und sich zu Nutze machte. Leopold setzte sich verbissen zur Wehr, ging zunächst aber selber nicht in die Offensive. Er wollte Hardens Kampfstil besser einschätzen und sehen, ob er seine Schwächen auch so gut kannte.

Seine anfängliche Einschätzung bestätigte sich bald. Harden war schnell WW und wendig. Seine Hiebe kamen so schnell WW, dass es schien, als sei er an mehreren Orten gleichzeitig. Leopold erkannte, dass er durch überlegene Technik gewinnen musste. Er würde geschickte Du hast ein r vergessen sein und Harden ausmanövrieren müssen. Nun griff er selber an, um die Reaktion und Geistesgegenwart seines Kontrahenten zu testen. Leopold trieb ihn ein paar Schritte vor sich her, und führte einige gewagte Finten. Er riskierte, seine Deckung zu öffnen, aber er wollte sehen, ob Harden beim Verteidigen auch so schnell WW war.

Wie sich zeigte, war er das. Seine Geschwindigkeit rettete ihn immer im letzten Augenblick, aber die Paraden waren unsauber. Leopold ließ von ihm ab und zog sich zurück. Harden stürmte auf ihn zu und führte eine Reihe von Hieben aus, wohl in der Hoffnung, mit ein wenig Glück Leopolds Deckung zu durchbrechen Hoffnung und Glück? Im Absatz davor stand doch, dass Leopold auf volles Risiko ging und ihm die Deckung fast öffnete. Da braucht Harden doch jetzt kein Glück. Das widerspricht sich und als Erster Blut zu vergießen. Leopold schaffte es, rechtzeitig beiseite zu treten lass ihn springen. Treten ist lahm. Er war von kühler Beherrschtheit erfüllt und in jenen Zustand eingetreten, den er im Kampf an einem gewissen Punkt immer erreichte. Alles Denken war verstummt, es gab nur noch das Tun. Die Welt schrumpfte auf diesen zehn mal zehn Schritt großen Kampfplatz zusammen. Er sah nichts außer das Gesicht seines Gegners, achtete auf jede Zuckung. Er hörte nichts als Hardens Keuchen, den eigenen schnellen, aber gleichmäßigen Atem und das Scheppern der Klingen, wenn sie aufeinander prallten. Hardens Hiebe waren nicht einfach zu parieren, aber Leopold wusste, dass er es schaffen konnte.

Er wusste nicht, wie lange er sich schon zur Wehr gesetzt hatte, als seine Gelegenheit schließlich kam. Harden führte einen schrägen Hieb von rechts oben nach links unten. Leopold bemerkte, dass sein Gegner in der Eile den falschen Fuß belastete. Er wehrte ab und drückte mit seiner Klinge gegen Hardens. Dessen unsicherer Stand rächte sich nun. Er taumelte zurück. Leopold sprang hinterher und war jetzt innerhalb der Deckung seines Gegners. Harden kämpfte darum, den Schwung abzufangen und das Gleichgewicht zu behalten. Dieses Ringen dauerte nur einen kurzen Augenblick, aber das genügte Leopold. Mit einer kleinen Bewegung des Unterarms hob er die Spitze seines Säbels und bohrte sie durch den roten Stoff des Uniformrocks in Hardens rechte Schulter, die dieser ihm beim Angriff entgegen geneigt hatte. Blut quoll heraus, dunkelte den Stoff ein und färbte den goldenen Rand der Epaulette. Harden stöhnte und ließ den Säbel fallen. „Halt!“, riefen Magister Höhwald und die beiden Sekundanten unisono. Leopold trat zurück und hob beide Hände, um anzuzeigen, dass er den Ruf gehört hatte.

Du solltest den Kampf kürzen, das ist zu lang. Du hast das Tempo schon sehr verbessert und auch viele mehr Dynamik, Spannung und Überraschung hineingebracht, aber insgesamt ist es so lang, dass es trotz des Tempos langweilig wird.

Zitat:
Preiß und der Magister eilten zu Harden. Der Sekundant half ihm, den Uniformrock auszuziehen, was offenbar nicht schmerzlos vor sich ging. Harden erbleichte und presste die Zähne aufeinander. Während Höhwald in seiner Arzttasche nach einem Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial suchte, schlenderte Ulrich auf Leopold zu. Er grinste breit. „Eine Glanzleistung!“, rief er und schlug Leopold auf die Schulter. Diesem wurde plötzlich Stil schwindelig, als die Anspannung und der Rausch des Kampfes von ihm abfielen Anspannung kann abfallen, ja. Aber kann ein Rausch von jemandem abfallen? . Er schwankte ein wenig, und ihm wurde kalt. Ulrich hielt ihn am Oberarm fest und zog mit der anderen Hand einen Flachmann aus der Manteltasche, den er seinem Freund reichte. „Hier. Für die Nerven.“ Leopold nahm die Flasche entgegen und hielt Ulrich dafür den Säbel hin, um die Hände frei zu haben. Während Ulrich das Blut mit einem Taschentuch abwischte, schraubte Leopold den Deckel ab und nahm einen kräftigen Schluck. Der Branntwein rann heiß durch seine Kehle und verbreitete Wärme im Magen.

Harden kam nun auf ihn zu. hier würde ich eher ein Komma anstatt einen Punkt setzen, die Sätze gehören inhaltlich eng zusammen, Leopold sieht ihn mit verbundener Schulter auf sich zukommen, das ist eine Einheit Höwald hatte die Schulter verbunden und den Arm in eine Schlinge gelegt. Den Uniformrock hatte der Hauptmann sich nur umgehängt, darunter war das weiße Hemd zu sehen, dessen Stoff zerrissen und schwarz-rot verkrustet wie gesagt, ich weiß nicht wie sich Dein Blut verhält, meines verkrustet wohl langsamer als Deines. Aber Dein Text, Deine Welt, Deine Entscheidung war, wo Leopold zugestoßen hatte. Das Gesicht des unterlegenen Duellanten war bleich Komma aber gefasst. Die Schlinge hielt Schulter und Oberarm fest, aber er drehten Arm vom Ellbogen abwärts, um seinem Kontrahenten die Hand zu reichen. Leopold ergriff sie und drückte. „Sie sind ein exzellenter Fechter, Hauptmann von Rothenfels.“
„Danke, Hauptmann Harden. Sie sind ein Ehrenmann“, antwortete Leopold und reichte Harden den Flachmann. Dieser nickte dankbar und nahm einen kräftigen Schluck.
„Was macht die Schulter?“, erkundigte sich Leopold.
„Der Magister sagt, es sei eine Fleischwunde, nichts Ernstes. Ich soll sie nähen lassen und den Arm eine Weile lang ruhig halten, dann wird er wieder.“
Leopold nickte. „Gut. Ich hätte es mir selbst nicht verziehen, wenn ich die Schlagkraft der antelischen Armee beeinträchtigt hätte. Erst recht nicht in Zeiten wie diesen.“
Harden brach in lautes Gelächter aus. Leopold war irritiert. Was war an dieser Bemerkung so komisch?
„Köstlich!“, rief der Hauptmann. „Ich dachte schon, sie Sie als Anrede großgeschrieben. Es ist zu überlegen, ob Du nicht eher „Ihr“ als altertümliche Anrede nimmst meinten es ernst. In Zeiten wie diesen. Grandios!“
Leopolds Ärger und Verwirrung wuchsen. Wie kam Harden auf die Idee, er habe einen Witz gemacht?


Deine Überarbeitung hat dem Text sehr gut getan, er hat viel mehr Schwung, Dynamik und Natürlichkeit erhalten.
Leider solltest Du den eigentlich Kampfteil noch ein wenig mehr eindampfen, er ist noch immer zu lang und damit wirkt er langweilig, was er doch nicht soll. (Was nicht heißt, dass Du da nicht schon einiges bewirkt hast, die neue Version des Duells ist um Längen besser!)

Liebe Grüße
Selanna


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Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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