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Solarium


 
 
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Günter Leitenbauer
Geschlecht:männlichWortedrechsler
G

Alter: 58
Beiträge: 99
Wohnort: Gunskirchen


G
Beitrag12.01.2018 19:11
Solarium
von Günter Leitenbauer
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Solarium

"Wohin geht's im Urlaub?"

Ich muss den Karli das einfach fragen. Nicht, dass es mich auch nur im Geringsten interessiert, aber sowas gehört sich unter Stammtischbrüdern einfach, wenn der Sommer kommt und die anderen Gesprächsthemen alle schon gegangen sind. Nicht, dass wir unbedingt Gespräche bräuchten, wir können auch stundenlang schweigen bei unserem Bier sitzen und uns trotzdem köstlich amüsieren, aber ... naja!

"Thailand", sagt Karli mit einem Anflug von Stolz in seinen Zügen.

"Du Sau!"

"Nein, nicht so wie du denkst. Ich fahre mit meiner Frau!"

"Du blöde Sau!"

Wir lachen. Er kennt mich, und ich kenne ihn. Wir drücken uns halt auf diese Weise gerne unsere tiefe Freundschaft aus, das verstehen Außenstehende nicht.

"Sag mal - hast du da gar keine Angst, dass du mit deiner hellen Haut einen Sonnenbrand bekommen könntest?", will ich jetzt wissen. Der Karli schaut nämlich aus wie eine Bandenwerbung vom Schärdinger.

"Nein", sagt er, "ich gehe ja vorher sechs Wochen lang ins Solarium. 'Basisbräune brauchst schon!' sagt meine Alte. Kostet zwar jedes Mal so viel wie vier Bier, aber ... ja mei!"

Eigentlich eine gute Idee, finde ich. Sollte ich auch machen. Schließlich ist mein Sommerurlaub im Himalaya schon gebucht, und da auf den Bergen oben - na, das Ozonloch ist nicht zu unterschätzen! Ich fange an zu lachen, was Karli zu der Unvorsichtigkeit verleitet, mich zu fragen, was denn so lustig sei.

"Ach, mir fiel nur ein alter Witz ein. Weißt du, warum der Bischof Krenn nach seinem Tod nicht in dem Himmel kam?"

"Hä? Nein!"

"Weil er mit dem Arsch nicht durchs Ozonloch passte."

Wir lachen, bis wir merken, dass das Bierglas schon wieder leer ist, was uns schlagartig auf den rustikalen Eichenboden der wirtshäuslichen Realität zurückholt.

"Maria!"

"Das letzte heit, es zwa Bsuff", schallt es aus der Küche zurück, "mir ham glei Sperrstund." Wir nicken, was Maria nicht sehen kann und setzen unsere angeregte Unterhaltung schweigend fort, bis das letzte Bier auch weg ist.

Am nächsten Tag, also Samstag, fahre ich auch schon in die Stadt. Ins Solarium. Topmodernes Fitnesscenter, sage ich euch! Aber mir geht es nicht um Schweiß und Muskeln, mir geht es um eine elegante, olivfarbene Bräunung meiner straffen Haut. Ja, ja, straff vor allem am Bauch, spart euch das!

"Grüß Gott", sage ich eine Spur zu laut. Der sei gerade nicht da, keift die Dame an der Rezeption - ja, Rezeption, nicht einfach nur Empfang, ist ein feines Fitnesscenter - zurück. Ob sie was für mich tun könne? Ich sehe sie mir an. Tief gebräunt, ich schätze sie auf etwa 45 bis 85, bei der Lederhaut kann man das kaum enger eingrenzen. Ihre Nase spitz genug, um einen Holzklotz zu spalten, die Augen tief in den Höhlen.

"Nein, lieber nicht, danke.", antworte ich, und es schüttelt mich. "Ich möchte eigentlich nur das Solarium."

Sie hat die Anspielung nicht mitbekommen. Gott sei Dank! "Wie lange", knarrt es von irgendwo dort, wo andere Frauen die Stimmbänder haben, wo man bei ihr aber nur Hautlappen sieht, die mich augenblicklich an einen zu langen Wohnzimmervorhang erinnern.

Ich erörtere ihr, dass ich keine Ahnung hätte, was da normal sei. Stunde? Zwei? Sie lacht. Ich muss beim Anblick ihrer Zähne an den Film "American Werewolf" denken. Ich sollte mal mit zehn Minuten anfangen, schlägt sie vor. Sonst würde ich nachher aussehen wie ein Grillhähnchen.

Nein, das wolle ich allerdings nicht. Ein schöner, olivfarbener Teint wäre absolut ausreichend, ja? Warum lacht Ötzi schon wieder? Ah - ob ich gleich einen Zehnerblock wolle? Wäre 15% günstiger und - nichts für ungut - bis zu einer gebräunten Haut würde ich die zehn Applikationen brauchen.

Applikation? Bin ich im Computerladen? Anwendungen, erklärt sie. Ja, ich wüsste schon, was eine Applikation sei, kontere ich. Sie zeigt mit ihrem Ötziarm in Richtung der Boxen. Die ist Veganerin, jede Wette. Und mit Sicherheit laktoseintolerant, allergisch auf alles, was Kalorien hat und zudem Antialkoholikerin. Mir sind ja laktoseintolerante Leute generell fast so suspekt wie Antialkoholiker. Säugetiere, die keine Milch vertragen? Geht's noch? Aber seit ich mal eine Dame im Bioladen gefragt habe, ob sie angesichts ihrer vielen Erbschäden das Gefühl hätte, dass Gott wollte, dass sie lebt, sag ich das lieber nicht mehr. Wenn ich laktoseintolerant wäre, würde ich wie ein richtiger Mann einen Doppelliter Milch auf Ex runterkippen und dann aus Protest in den Reformladen kotzen, bevor ich mit Stil abtrete. Jawohl!

"Box drei bitte. Rufen Sie, wenn sie bereit sind. Möchten Sie nachher eventuell eine Hautpflege auftragen lassen?"

Ich weiß, es ist nicht nett von mir, das abzulehnen. Aber ich glaube, es liegt nicht primär an der Ablehnung an sich, eher an der Art, wie ich es ablehne, dass sie jetzt ein finsteres Gesicht macht. Habt ihr schon mal Ötzi mit finsterer Miene gesehen? Kein schöner Anblick! Ach ja - was sage ich?

"Nein, danke, keine Pflege. Ich sehe ja, was diese Lederpolitur alles anrichten kann."

Ich betrete die Box, ziehe mich aus und lege mich hin. Dann rufe ich, dass ich bereit sei: "Einmal Ober- und Unterhitze bitte!" Das blaue Licht geht an. Blendet ziemlich, aber wenn so viele Leute das machen, kann es nicht gefährlich sein. Und in der Tat tut das nach kurzer Zeit richtig gut auf der Haut, und ich ... schlafe ein.

Als sie dann die Tür auf- und mich damit aus dem Schlaf reißen, fühlt sich mein Körper irgendwie heiß an.

"Mann, wie lange liegen Sie da jetzt?", fragt mich eine junge Frau. Ötzi ist nirgends zu sehen.

Ich sehe auf die Uhr. Doch eine gute Stunde. Ötzi hat es sich also anders überlegt. Irgendwie geht es mir nicht gut. Meine Augen brennen auch so komisch, und ich sehe unscharf. Aber die Brandblasen sehe ich. Ich will wissen, ob das dazugehöre?

"Um Gottes Willen, nein! Eine Stunde! Und das bei dieser Stufe!"

Nein, ich habe sie nicht verklagt. Und nach zwei Wochen im Luftbett konnte ich ja auch schon wieder in einem normalen Bett liegen. Dafür schenkten sie mir übrigens ein Dreijahresabo für das Solarium. Und im Urlaub am Himalaya traf ich den Reinhold Messner. Tatsache! Der erzählt jetzt zwar nicht mehr, dass er den Yeti gesehen hätte, aber dafür verbreitet er die Mär, einen lebenden Ötzi getroffen zu haben.



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Günter
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Beitrag13.01.2018 01:36

von purpur
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Hallo Günter Leitenbauer,

der Titel Deines Textes hat mich gereizt, da ich noch nie ein Solarium aufgesucht habe.
Nun weiß ich, dass ich alles richtig bedacht&gemacht habe! und auch
niemals ein Solarium besuchen werde! AbSchrecKend war's, ging "unter die Haut ".
Deinen Text hab ich gern gelesen!
 Kommt noch was?
HerzlichePpGrüße
Pia


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Günter Leitenbauer
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Beitrag14.01.2018 11:54

von Günter Leitenbauer
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Hallo Pia,

Ich übrigens auch nicht.
Also Solarium, meine ich.

Aber so stellt Klein-Günter (nach etwas Recherche) sich das vor.

LG


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purpur
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Beiträge: 964



Beitrag14.01.2018 12:19

von purpur
Antworten mit Zitat

Guten Morgen Günter,

ja, all die im Laufe der Zeit "gesichteten Bräunungsspezialisten" haben mir
leider immer nur den eher traurigen Sachverhalt per "nonverbalerKörper-&Blicksprache"
vermitteln können, dass sie den gezielten Weg zu "konzentrierter" Geborgenheit,
Zärtlichkeit und Zuwendung aufsuchen/eingeschlagen hatten.
Ich weiß auch nicht so genau!?! Wird mir wohl auch ein Rätsel bleiben.
Unsere Sonne reicht mir!
 Kommt noch was?
Einen schönen SonneSonntag wünsche ich!
HerzlichePpGrüße
Pia


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