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Schauplätze in euren Geschichten

 
 
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ImBanne
Wortedrechsler


Beiträge: 55



Beitrag17.12.2017 16:33
Schauplätze in euren Geschichten
von ImBanne
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Hallo,

mal wieder eine neugierige Frage von mir Razz Es kann sein, dass es eine Frage zu dem Thema schon gibt, jedoch habe ich sie beim schnellen Suchen und Durchscrollen nicht gefunden. Von daher entschuldigt es bitte, wenn ich hier einen Doppelpost öffne Embarassed

Die Frage ist, ob ihr eure Geschichten an Orten spielen lasst, zu denen ihr einen persönlichen Bezug habt (ggf. dort öfters wart oder dort gelebt habt/lebt) oder ihr euch in gänzlich fremde Gefilde wagt? Natürlich weiß ich, dass man auch zu fremden Orten einen engen Bezug haben kann (aus eigener Erfahrung), wenn man sie beispielsweise aus diversen Büchern oder Erzählungen kennt und sich damit irgendwie identifiziert.

Lasst mich die Frage mit einem Beispiel veranschaulichen: Stellt euch einen Schreiberling aus Tirol vor, der Österreich nie verlassen hat. Dennoch hat er stets Fernweh nach dem Meer und lässt daher alle seine Romane an der Nordsee spielen, die er allerdings nur aus Büchern und anderen Medien kennt.

Oder vielleicht noch eine Spur exotischer: Besagter Schreiberling aus Tirol lässt seine Romane allesamt in Thailand spielen, obwohl er das Land nie bereist hat und im Alltag keine Berührungspunkte mit der thailändischen Kultur hat, geschweige denn des Thai mächtig ist.

Wie ist das bei euch? Wagt ihr auch so Experimente oder spielen eure Handlungen gar grundsätzlich in Orten, die ihr noch gar nicht bereist habt? (High-Fantasy-Autoren sind da natürlich wieder eine andere Sache Razz )

Die Frage kam mir auf, da ich neulich wieder einen Karl May zwischen die Finger bekam. Kaum ein anderer Autor schafft mit seinen Büchern ein derartiges "Wild West"-Gefühl wie er. Aber... er war nie in Amerika. Das ist, in meiner Wahrnehmung, der Beweis, dass man auch ohne persönliche Reiseerfahrungen sehr gute und authentische Bücher, die an unbereisten Orten spielen, schreiben kann.

Wie seht ihr das?

Grüße
 Smile
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

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Beitrag17.12.2017 16:50

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

ImBanne hat Folgendes geschrieben:
Die Frage kam mir auf, da ich neulich wieder einen Karl May zwischen die Finger bekam. Kaum ein anderer Autor schafft mit seinen Büchern ein derartiges "Wild West"-Gefühl wie er. Aber... er war nie in Amerika. Das ist, in meiner Wahrnehmung, der Beweis, dass man auch ohne persönliche Reiseerfahrungen sehr gute und authentische Bücher, die an unbereisten Orten spielen, schreiben kann.


Ist das
Zitat:
"Wild West"-Gefühl

authentisch, weil es dem realen Schauplatz entspricht oder eben der – über die Romane von Karl May – tradierten Vorstellung vom Wilden Westen, mit der wir aufgewachsen sind?


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ImBanne
Wortedrechsler


Beiträge: 55



Beitrag17.12.2017 17:14

von ImBanne
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Zitat:
Ist das
Zitat:
"Wild West"-Gefühl

authentisch, weil es dem realen Schauplatz entspricht oder eben der – über die Romane von Karl May – tradierten Vorstellung vom Wilden Westen, mit der wir aufgewachsen sind?


Mit größter Wahrscheinlichkeit Letzteres. Das zeigt aber, dass man den gewählten Schauplatz evtl. gar nicht kennen muss, um seine eigenen Vorstellungen von eben diesen auf seine Leser überstülpen zu können und damit ein authentisches Bild von dem gewählten Ort zu kreieren.
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Klemens_Fitte
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Beitrag17.12.2017 17:19

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

ImBanne hat Folgendes geschrieben:
Mit größter Wahrscheinlichkeit Letzteres. Das zeigt aber, dass man den gewählten Schauplatz evtl. gar nicht kennen muss, um seine eigenen Vorstellungen von eben diesen auf seine Leser überstülpen zu können und damit ein authentisches Bild von dem gewählten Ort zu kreieren.


Wird damit der Begriff der Authentizität nicht ziemlich ausgehöhlt?


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ImBanne
Wortedrechsler


Beiträge: 55



Beitrag17.12.2017 17:30

von ImBanne
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
ImBanne hat Folgendes geschrieben:
Mit größter Wahrscheinlichkeit Letzteres. Das zeigt aber, dass man den gewählten Schauplatz evtl. gar nicht kennen muss, um seine eigenen Vorstellungen von eben diesen auf seine Leser überstülpen zu können und damit ein authentisches Bild von dem gewählten Ort zu kreieren.


Wird damit der Begriff der Authentizität nicht ziemlich ausgehöhlt?


Denkst du? Hm, vielleicht etwas. Das sticht vielleicht besonders heraus, wenn du Bücher zweier Autoren vergleichst, die jeweils den gewählten Ort kennen bzw. nicht kennen, bzw. wenn du den gewählten Ort selbst in der Form kennst.

Wenn du aber von einem Protagonisten liest, der durch die Wüste schreitet und von der ersten bis zur letzten Seite dich in diese Wüstengegend hineinversetzen kannst, da alles derart authentisch geschildert ist, du sogar den Sand unter deinen Füßen spürst und Durst während des Lesens bekommst... Ist es dann nicht ganz unabhängig davon authentisch, dass der Verfasser (beispielsweise) seine Hütte in den norwegischen Wäldern nie verlassen hat und nur seine Vorstellungen der Wüste, die er durch diverse Bücher angesammelt hat, in sein Werk einbringt?
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Gerling
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G
Beitrag17.12.2017 17:34

von Gerling
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
ImBanne hat Folgendes geschrieben:
Mit größter Wahrscheinlichkeit Letzteres. Das zeigt aber, dass man den gewählten Schauplatz evtl. gar nicht kennen muss, um seine eigenen Vorstellungen von eben diesen auf seine Leser überstülpen zu können und damit ein authentisches Bild von dem gewählten Ort zu kreieren.


Wird damit der Begriff der Authentizität nicht ziemlich ausgehöhlt?


Der Meinung bin ich auch.
Karl May war niemals in Amerika. Also kann er gar kein authentisches Bild des Landes kreieren. Das kannst du nur dann, wenn du das jeweilige Land wirklich kennst. Er hat ein Abbild seiner Vorstellung davon, wie es dort aussieht und was da so passiert, abgeliefert.
Das ist auch ok.
In meinem neusten Roman spielt ein Teil der Handlung auf Neuseeland.
Ich war noch nie da. Aber Reiseführer, Leute, die dort schon waren, Landkarten etc. halfen mir dabei, zumindest eine Ahnung zu bekommen, wie es dort aussieht. Da der eigentliche Ort keine Bedeutung für die Geschichte hatte, musste ich aber auch nicht ins Detail gehen.
Wäre dies nötig gewesen, hätte ich einen Ort gewählt, den ich kenne.


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Klemens_Fitte
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Beitrag17.12.2017 17:42

von Klemens_Fitte
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ImBanne hat Folgendes geschrieben:
Wenn du aber von einem Protagonisten liest, der durch die Wüste schreitet und von der ersten bis zur letzten Seite dich in diese Wüstengegend hineinversetzen kannst, da alles derart authentisch geschildert ist, du sogar den Sand unter deinen Füßen spürst und Durst während des Lesens bekommst...


So lese ich nicht. Ob ich während des Lesens Durst bekomme oder nicht, schreibe ich selten dem Text zu, den ich lese. Und die Authentizität einer Schilderung bemesse ich nicht daran, ob ich mich gefühlsmäßig vom Feeling her hineinversetzen kann, sondern ob sie mir etwas Wahres über ihren Gegenstand mitteilen kann. Das kann womöglich auch jemand, der diesen Gegenstand nur in vermittelter (oder imaginierter) Form kennt, nur: damit, ob man seine Vorstellungen auf den Leser übertragen kann, hat die Frage der Authentizität mE nichts zu tun. Eine gelungene (unterhaltsame/überzeugende/persuasive) Schilderung ist doch nicht zwangsläufig authentisch und vice versa?


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RememberDecember59
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Wohnort: Franken


Beitrag17.12.2017 21:40

von RememberDecember59
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Gerling hat Folgendes geschrieben:
...Da der eigentliche Ort keine Bedeutung für die Geschichte hatte, musste ich aber auch nicht ins Detail gehen.
Wäre dies nötig gewesen, hätte ich einen Ort gewählt, den ich kenne.


Ja, so würde ich es auch machen. Wichtiger, als die genaue Örtlichkeit finde ich in einem solchen Fall, dass man sich in dem Kulturkreis auskennt und eine Vorstellung davon hat, wie die Menschen dort ticken.

Wenn ein anderer Autor über Orte schreibt, die er selbst nicht kennt, stört mich das nur dann, wenn er oder sie schlecht recherchiert hat und ich mich dort selbst gut genug auskenne, um die Fehler zu erkennen. Bei Karl May war das nicht so und jetzt besteht keine Gefahr mehr, die Schwächen zu sehen, da die Zeit, über die er schreibt, längst vorbei ist.


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Taranisa
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Beitrag18.12.2017 15:55

von Taranisa
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Schreibe ich Gegenwartsliteratur, muss ich mich über den Ort der Handlung schon gut informieren, damit ich mir keine üblen Patzer leiste. Einbinden brauche ich dann ja "nur", was für die Geschichte wichtig ist.

Bezüglich meines Histos kenne ich den Handlungsort seit meiner Kindheit. Da sich natürlich in den letzten 750 Jahren sehr viel verändert hat Smile , recherchierte ich ausführlich, um die Stadt, wie sie im Hochmittelalter gewesen sein müsste, geschichtsnah darstellen zu können.
Zudem beschäftige ich mich schon sehr lange mit dem Mittelalter und meine, mich inzwischen gut in die Denk- und Handlungsweise der Menschen einfühlen zu können. Und gerade das Letzte versuche ich so "authentisch wie möglich" rüberzubringen.

Ich behaupte mal, dass sich die Leserschaft mehr dafür interessiert, was die Charaktere anstellen, als die Angabe, wo welches Geschäft am Markt ist.
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Corey123
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C


Beiträge: 125



C
Beitrag18.12.2017 17:26
Re: Schauplätze in euren Geschichten
von Corey123
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ImBanne hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

Die Frage ist, ob ihr eure Geschichten an Orten spielen lasst, zu denen ihr einen persönlichen Bezug habt (ggf. dort öfters wart oder dort gelebt habt/lebt) oder ihr euch in gänzlich fremde Gefilde wagt? Natürlich weiß ich, dass man auch zu fremden Orten einen engen Bezug haben kann (aus eigener Erfahrung), wenn man sie beispielsweise aus diversen Büchern oder Erzählungen kennt und sich damit irgendwie identifiziert.

Definitiv an Orten, die ich kenne, größtenteils in der Heimat. Zum einen kann ich die Orte viel genauer und realistischer beschreiben, muss weniger recherchieren und kann mich auf die Geschichte und die Charaktere konzentrieren. Zum anderen bin ich mit diesen Orten mehr emotional verbunden, was ich gut in den Geschichten verarbeiten kann. Ich bin nicht der Typ, der große Reisen macht, sondern lieber kleine Spaziergänge vor der Haustür. Natürlich habe ich auch schon Ausnahmen gemacht, das war aber im Fantasybereich.
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Mika
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Beiträge: 1046
Wohnort: NRW


Beitrag18.12.2017 21:08
Re: Schauplätze in euren Geschichten
von Mika
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ImBanne hat Folgendes geschrieben:

Die Frage ist, ob ihr eure Geschichten an Orten spielen lasst, zu denen ihr einen persönlichen Bezug habt (ggf. dort öfters wart oder dort gelebt habt/lebt) oder ihr euch in gänzlich fremde Gefilde wagt? Natürlich weiß ich, dass man auch zu fremden Orten einen engen Bezug haben kann (aus eigener Erfahrung), wenn man sie beispielsweise aus diversen Büchern oder Erzählungen kennt und sich damit irgendwie identifiziert.


Ich hab mir den "Ort" meiner Handlung damals (als Kind/Teenie ;D) ausgedacht, allerdings in Anlehnung an einen real existierenden Ort. Das Wort "Ort" ist hierbei allerdings etwas irreführend, weil man damit oft eben so etwas wie ein Dorf oder eine kleine Stadt oder so etwas verbindet. In meinem Fall bezeichnet es eher eine Art "Institution", eine Polizeischule.
Ich nehme mal an, dass sich mein damaliger Besuch hier in einer real existierenden Einrichtung in jungen Jahren dermaßen geprägt hat, dass es eben ... einfach so gekommen ist. Ich war allerdings wirklich nur einmal da - und hab mir den Rest fiktiv dazugezimmert. (Mittlerweile kenne ich allerdings tatsächlich jemanden, der mich möglicherweise an diesen realen Ort nochmal mitnehmen könnte, ganz offiziell. Das wäre der Hammer!)

Eigentlich sollte das alles auch auf dieser fiktiven Ebene bleiben, weil ich immer Angst hatte, das sonst nicht ausreichend erklären zu können.
Während meines Lektorats hat sich dann etwas Neues ergeben und ich wurde quasi "gezwungen", den fiktiven Ort in die "Realität" zu verfrachten, einfach, um das alles plausibler und authentischer zu machen.
Ich gebe zu, das hat mich anfangs wirklich Überwindung gekostet und mir einige Magenschmerzen beschert.
Dann hab ich mich mit Atlas, Google Earth und dem Internet hingesetzt und mich in der Welt umgesehen - und mit Norwegen einen perfekten Ort gefunden, an dem ich alles platzieren konnte.

Ich war noch nie dort, hab allerdings das Glück, dass meine Family relativ Skandinavien-verrückt ist und mehr oder weniger mental im Nachbarland Schweden verwurzelt ist - das erleichtert die Sache, sooo unterschiedlich sind sich die Länder zumindest nicht.

Ich musste dann zwangsläufig in dem Zuge meinen Protas auch Nationalitäten aufdrücken, das war sehr spannend. Die ganze Sache hat jetzt zur Folge, dass ein nie gekanntes Fernweh erwacht ist und ich beschlossen habe, in meinem Leben diverse Orte besuchen zu müssen. Durch meine Recherche fühl ich mich zwar mittlerweile so, als wäre ich längst da gewesen, aber es ist wohl natürlich nie dasselbe, das wirklich mal zu sehen.

Also, Kurzform: Ich hab mich mental nach draußen gewagt, viel recherchiert und mir dann meine Kopfwelt an die Gegebenheiten angepasst. Ich bin sehr dankbar dafür, weil es jetzt greifbarer ist als vorher. smile
Und ich bin extrem dankbar für Google Earth. Laughing


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Murmel
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Beitrag19.12.2017 01:17

von Murmel
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Karl May hat sich auf Reiseerzählungen anderer gestützt, die vielleicht in mancher Beziehung ein realeres Bild vom den Vereinigten Staaten damals malten, als es später Hollywood getan hat.

Ein Setting sollte eigentlich  immer für den Plot relevant sein, finde ich. Am liebsten schreibe ich über Orte, die ich selbst kenne. Jeder Ort hat sein eigenes Feeling und wenn der Autor gut ist, transportiert er das in seine Geschichte. Natürlich kann ich, was die Landschaft und das Aussehen der Städte betrifft, mit Google Earth viel ausgleichen, die Probleme fangen an, wenn die Protagonisten keine Deutschen sind.
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preusse
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Beitrag19.12.2017 18:53

von preusse
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Ich muss die Orte sehen, riechen und auch fühlen, über die ich schreibe.
Nur so kann ich dem Leser das Gefühl vermitteln, an der Seite meiner Helden durch Venedig oder Santo Domingo zu schreiten, sich an Bord der Golden Hind zu befinden, im unterirdischen Kerker von Loches zu sitzen.
Mir solche Dinge auszudenken, dazu fehlt mir die Phantasie.
Aber wenn ich selbst in Saint Emilion auf dem Markt vor einem Gasthaus die Beine unter den Tisch gesteckt, eine Pökelzunge gegessen und dazu diverse Weine verkostet habe, dann kann ich das dem Leser vermitteln - auch wenn die Story 800 Jahre früher spielt.
An meine Grenzen stoße ich gerade bei dem gegenwärtigen Roman, weil aus der Zeit, in der er spielt, kaum noch etwas steht.
Aber als ich vor zwei Jahren auf einem Schlachtfeld stand, auf dem sich die Geschichte Europas entschieden hat, da sprang mich die Story regelrecht an und der Wind flüsterte mir zu: Erzähle unsere Geschichte!
Wer bin ich, mich dagegen zu sträuben? Laughing


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Das Herz des Löwen, 06/2011
Das Blut des Löwen, 11/2012
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Beka
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Beiträge: 2378



Beitrag19.12.2017 19:42

von Beka
Antworten mit Zitat

preusse hat Folgendes geschrieben:
Ich muss die Orte sehen, riechen und auch fühlen, über die ich schreibe.


Ich auch!
Ich muss das Licht sehen, die Landschaft riechen. Ich muss die Gebäude sehen und erleben, die ich beschreibe. Genua, enge Gassen, riesige Palazzi - und ich kann mir vorstellen, wie laut die Stadt schon vor 200 Jahren gewesen sein muss. Schweden, das kühle blaue nordische Licht, - uglaublich klar -so ganz anders als die weichen gelb-orange Töne der Toskana.
Kein Beschreibung kann mir das Gefühl vermitteln, vor einem 2000 Jahre alten, riesigen Sequoia zu stehen und sich vorzukommen, wie ein Zwerg.

Bisher war ich immer zweimal an den entsprechenden Orten. Einmal, bevor ich anfange zu Schreiben, für die erste Recherche - das zweite Mal während des Schreibens, weil ich dann erst merke, nach was ich noch alles gucken und fragen muss. lol

Für den Roman, der auch in Schweden spielt, hatte ich mir zunächst über Google Earth und Streetview einen Ort ausgesucht. Irgendwann habe ich gemerkt, es funktioniert nicht, ich muss da hin und es sehen. Es stellte sich heraus, dass dieser Ort überhaupt nicht das war, was ich mir vorgestellt hatte. Wir sind dann die westschwedische Küste von Norden nach Süden gefahren, und der letzte Ort auf unserer Route war genau das, was ich Kopf hatte, und sogar seine Geschichte passte perfekt.


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Gerling
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G
Beitrag20.12.2017 16:09

von Gerling
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Ken Follet (den ich sehr schätze) hat in einem seiner früheren Werke sinngemäß folgenden Satz geschrieben (die Handlung spielte in Österreich):

Er/sie watete durch ein Meer aus Edelweiß.

Wäre Follet jemals dort gewesen, hätte er gewusst, dass das gar nicht möglich ist. Das Zeug wächst da ja nicht wie Unkraut ...


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Selanna
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Beitrag20.12.2017 16:41

von Selanna
Antworten mit Zitat

Wundert mich sehr, dass so ein Fehler ausgerechnet Ken Follet unterlaufen ist. Ich dachte, der hätte eine Mannschaft an Redakteuren und Fachleuten parat, die seine Texte auf Korrektheit prüfen Shocked Oder war das aus seiner frühen Zeit als Schriftsteller?

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Schmiezi
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Beitrag27.12.2017 23:23

von Schmiezi
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Für meinen Roman habe ich als Region meine Wahlheimat Nordfriesland ausgesucht. Allerdings habe ich mir die Freiheit genommen, nach Norden quasi anzubauen, und habe nördlich von Niebüll noch einen größeren Ort hinzu erfunden, in dem der Roman spielt.

In einem ganz frühen Entwurf spielte die Handlung noch im Bergischen Land, wo ich geboren wurde.
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Weltenbastler
Geschlecht:männlichLeseratte
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Beiträge: 152



W
Beitrag29.12.2017 18:14
Re: Schauplätze in euren Geschichten
von Weltenbastler
Antworten mit Zitat

ImBanne hat Folgendes geschrieben:


Die Frage ist, ob ihr eure Geschichten an Orten spielen lasst, zu denen ihr einen persönlichen Bezug habt (ggf. dort öfters wart oder dort gelebt habt/lebt) oder ihr euch in gänzlich fremde Gefilde wagt?


Fremde Gefilde, aber ich bemerke dann auch die fehlende Erfahrung und das ich deutlich mehr Recherche betreiben muss.
Bevor ich zum Beispiel neue Planeten, Völker und Raumschiffe erfinde, interessieren mich auch die Meinungen von Biologen und Forschern aus Luft und Raumfahrt.
Was mir persönlich sehr geholfen hat, waren Artikel über Terra Forming und Interviews mit Astronauten und Piloten.

Wenn alles klappt, darf ich nächstes Jahr zum ersten mal in einer Zentrifuge sitzen. Shocked

Zitat:

Die Frage kam mir auf, da ich neulich wieder einen Karl May zwischen die Finger bekam. Kaum ein anderer Autor schafft mit seinen Büchern ein derartiges "Wild West"-Gefühl wie er. Aber... er war nie in Amerika. Das ist, in meiner Wahrnehmung, der Beweis, dass man auch ohne persönliche Reiseerfahrungen sehr gute und authentische Bücher, die an unbereisten Orten spielen, schreiben kann.

Wie seht ihr das?


Woher willst Du denn wissen, dass sein erzeugtes "Wild West" Gefühl authentisch ist? Ist es nicht eher so, dass ein Teil der Leser, nun eher einen "falschen" Eindruck vom wilden Westen haben?
Passend dazu ein Artikel: "Wenn Winnetou das wüsste" http://www.zeit.de/2012/12/DOS-Apachen
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AchimS
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Beitrag30.12.2017 11:05

von AchimS
Antworten mit Zitat

Hi ihr,

ich hab jetzt nicht den ganzen Thread gelesen, mich aber trotzdem inspiriert gefühlt, was reinzugeben.

Auf der Buchmesse hab ich Dieter Aurass gehört, der einen Vortrag über Authentizität hielt. Er meinte, im Krimibereich gibt es viele Autoren, die immer noch Begriffe wie "Halfter" benutzen, um den Haltegurt für Pistolen (also eigentlich "Holster") zu bezeichnen. Und dennoch verkaufen sich auch solche Bücher wie warme Semmeln.

Es ist also nicht so wichtig, dass alles 100% der Wahrheit entspricht. Es kommt nur drauf an, dass es glaubhaft gemacht wird.

LG
Achim
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Weltenbastler
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Beiträge: 152



W
Beitrag30.12.2017 11:52

von Weltenbastler
Antworten mit Zitat

Zitat:
Es ist also nicht so wichtig, dass alles 100% der Wahrheit entspricht. Es kommt nur drauf an, dass es glaubhaft gemacht wird.


Naja, etwas mehr Anspruch sollten Autoren vielleicht schon haben.

Über den "Halfter" oder das klonen schlechter Angewohnheiten, wie das persönliche identifizieren von Leichen, am Besten noch frisch aus dem Tiefkühler mit Zettel am Zeh,
lässt sich vielleicht noch drüber hinweg sehen. Aber wenn angeblich gute Krimiautoren noch nicht mal den Unterschied zwischen einem Pathologen und einem Rechtsmediziner kennen,
muss man sich schon fragen weshalb sie darauf keinen Wert legen.

Dies hat für mich persönlich auch nichts mehr mit freier Kunst zutun, sondern mit schlechter Recherche.
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AchimS
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 46
Beiträge: 51
Wohnort: Bayreuth


Beitrag01.01.2018 14:21

von AchimS
Antworten mit Zitat

Weltenbastler hat Folgendes geschrieben:
Dies hat für mich persönlich auch nichts mehr mit freier Kunst zutun, sondern mit schlechter Recherche.


Ich hab mich da unpräzise ausgedrückt. Persönlich finde ich es schon wichtig - mich würde die Verwechslung von Halfter und Holster tatsächlich eher stören - aber alles halt mit Maß und Ziel. Am Ende ist mir bei Belletristik die Unterhaltung wichtiger, als die faktische Genauigkeit. Es muss halt alles als glaubwürdig empfunden werden können.

Für einen Autor bedeutet das, dass er sich selbst entscheiden muss, wie wichtig ihm und seinen Lesern diese Genauigkeit ist.
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Willebroer
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Wohnort: OWL


Beitrag01.01.2018 15:09

von Willebroer
Antworten mit Zitat

Es ist auch eine Frage des Erzählers und seiner Rolle. Wenn er den allwissenden Fachmann markiert, sind die Bedingungen strenger, als wenn er das aus Sicht eines nur zufällig Beteiligten schildert. Dann kann eine allzu präzise Sprache sogar zu dem Eindruck führen, er hätte das vielleicht gar nicht selbst erlebt, sondern sich eine Geschichte zurechtgelegt.

Wir neigen halt alle dazu, eher auf Betrug hereinzufallen, je genauer die Zahlenangaben sind scheinen und je gestelzter die Fachausdrücke klingen.
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