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Isabelle34 Klammeraffe
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Beiträge: 567
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I 14.12.2017 21:30 Sexuelle Gewalt von Isabelle34
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Hallo zusammen,
ich bin gerade am Grübeln. Es geht in einem Handlungsstrang meines Romans darum, dass mein Antagonist etwas von meiner Protagonistin möchte. Er konnte sie in seine Gewalt bringen und setzt nun alles daran, zu erfahren, wo sie eben versteckt hat, was er haben möchte.
Eine Szene zwischen den beiden endet in einer angedeuteten sexuellen Nötigung.
Meine Testleser sind beinahe alle entsetzt darüber und der Meinung, dass ich so etwas nicht schreiben könne. Jetzt steh ich da, überlege und überlege und komme seit Tagen keinen Schritt weiter.
Handlung, Charaktere, das alles spricht dafür, es so zu lassen. Ist nicht so, dass ich das meiner Protagonistin unbedingt antun möchte, nur finde ich keine Alternative zu dieser Entwicklung.
Die Frage, die sich mir also stellt, ist, 'darf' ich meine Hauptperson nicht in eine solche Situation bringen?
Wäre das für euch in einem Roman ein Unding oder in Ordnung, wenn das Drumherum passt?
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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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14.12.2017 21:43
von Akiragirl
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Hallo Isabelle,
zu welchem Genre gehört denn dein Roman? Also ich würde sagen in eine leichtherzige Urlaubslektüren-Liebesgeschichte passt so eine Szene definitiv nicht, aber da du ja etwas von "in seine Gewalt bringen" schreibst, schätze ich mal, es geht eher in Richtung Thriller/Krimi? In dem Fall finde ich überhaupt nichts daran auszusetzen. Im Gegenteil, ich finde es manchmal bedenklich, dass sie härtesten Gewaltszenen anscheinend "okay" sind für die meisten Leser und Verlage, sobald es aber in Richtung sexuelle Gewalt (oder auch Gewalt gegen Kinder) geht, hängt da ein großes Tabu, besonders dann, wenn es explizit beschrieben wird.
Natürlich erfordert es ein bisschen Fingerspitzengefühl, das Ganze nicht in Voyeurismus abgleiten zu lassen, aber solange du es aus Opfersicht und mit entsprechendem Feingefühl schilderst, ist das in meinen Augen absolut in Ordnung. Dass deine Testleser entsetzt reagiert haben, ist doch eigentlich gut. Ich meine, das ist eine angemessene Reaktion auf entsetzliche Taten, und damit "macht" dein Buch etwas mit ihnen. Das finde ich wichtig.
LG
Anne
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
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Canyon Leseratte
Alter: 44 Beiträge: 128 Wohnort: Nimmerland
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14.12.2017 23:54 Re: Sexuelle Gewalt von Canyon
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Isabelle34 hat Folgendes geschrieben: |
Meine Testleser sind beinahe alle entsetzt darüber und der Meinung, dass ich so etwas nicht schreiben könne. Jetzt steh ich da, überlege und überlege und komme seit Tagen keinen Schritt weiter.
Handlung, Charaktere, das alles spricht dafür, es so zu lassen. Ist nicht so, dass ich das meiner Protagonistin unbedingt antun möchte, nur finde ich keine Alternative zu dieser Entwicklung.
Die Frage, die sich mir also stellt, ist, 'darf' ich meine Hauptperson nicht in eine solche Situation bringen?
Wäre das für euch in einem Roman ein Unding oder in Ordnung, wenn das Drumherum passt? |
Naja, Alternativen zu sexueller Gewalt gibt es sicherlich, um jemandem ein Geheimnis zu entlocken. Es gibt bestimmt auch andere Androhungen, die deiner Protagonistin ausreichend Angst einjagen würden, oder?
Zum Thema sexuelle Nötigung/Vergewaltigung kann ich nur sagen, dass es nun einmal ein sehr sensibles Thema ist. Nicht jeder möchte, oder kann, darüber lesen, besonders wenn es ins Detail geht und ganz besonders dann nicht, wenn es aus Opfersicht geschrieben ist. Es ist nun einmal leider ein Thema, dem viele Menschen, überall auf der Welt, immer wieder am eigenen Leib ausgesetzt sind. Ein Thema, das ein Gefühl von Hilflosigkeit vermittelt. Das Entsetzen kann ich also schon verstehen.
Ich gehöre auch zu denen, die so etwas in Büchern nicht haben wollen, weil es davon einfach schon genug in der richtigen Welt gibt. Aber klar, wie Akiragirl schon schrieb, kommt es natürlich auf das Genre an. Ich meide solche Themenbereiche (Thriller/Krimi) deshalb auch bewusst.
Die Frage ist: Was willst du mir dieser Szene vermitteln? Wenn es tatsächlich Entsetzen und Abscheu gegen den Antagonisten ist, dann hast du deinen Job ja scheinbar gut gemacht. Wenn es dir aber um etwas anderes ging, könntest du ja vielleicht doch nochmal drüber nachdenken, ob dir nicht ein anderer Weg einfällt, wie dein Schurke die Heldin in Bedrängnis bringen kann. Ich kenne ihre Hintergrundgeschichte nicht, aber normalerweise hat ein Mensch mehrere "Schwachpunkte", an denen man ansetzen kann. Der Weg über sexuelle Gewalt ist sicher einer der grausamsten, aber bestimmt nicht der einzige.
_________________ "Du bist, was du warst; und du wirst sein, was du tust."
(Buddha) |
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Nicki Bücherwurm
Alter: 68 Beiträge: 3611 Wohnort: Mönchengladbach
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15.12.2017 00:21
von Nicki
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Zitat: | . . . endet in einer angedeuteten sexuellen Nötigung. |
Wenn diese Szene zum Genre passt, warum denn nicht? Du deutest es ja nur an, schreibst demnach nicht explizit über die genaue Vorgehensweise, also kann sich der Leser nicht geschockt fühlen. In fast jedem Buch gibt es heutzutage Mord, Unfälle, Tod durch Krankheit oder andere Arten von Gewalt. All das ist leider Bestandteil unseres Alltags, es komt halt auf dein Fingerspitzengefühl an, WIE du darüber schreibst.
_________________ MfG
Nicki
"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
"Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." A.Einstein
*Sommerblues* September 2017 Eisermann Verlag
*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
*Gestohlene Jahre* Work in Progress |
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nothingisreal Bücherwurm
Beiträge: 3994 Wohnort: unter einer Brücke
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15.12.2017 00:59
von nothingisreal
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Zitat: | Die Frage, die sich mir also stellt, ist, 'darf' ich meine Hauptperson nicht in eine solche Situation bringen?
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Du darst und du musst, wenn es zu deiner Story passt. Das Entsetzen verstehe ich auch, aber viele sind auch zart besaitet. Dann sollten sie vielleicht dein Buch einfach nicht lesen. Ich kenn natürlich nicht die Passage, aber eine angedeutete sexuelle Nötigung, solange klar erkennbar ist, dass du gegen eine bist, würde ich nicht streichen, nur weil es ein paar Leute stört. Sehe es auch anders. Sie reden darüber, du löst Emotionen aus. Vielleicht ist das für deine Geschichte in diesem Moment auch gut.
_________________ "Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham |
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Isabelle34 Klammeraffe
I
Beiträge: 567
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I 15.12.2017 09:36
von Isabelle34
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Vielen Dank für eure Antworten und Denkanstöße, das hat mir wirklich geholfen.
Zitat: | zu welchem Genre gehört denn dein Roman? Also ich würde sagen in eine leichtherzige Urlaubslektüren-Liebesgeschichte passt so eine Szene definitiv nicht |
Contemporary Fantasy.
Zitat: | Natürlich erfordert es ein bisschen Fingerspitzengefühl, das Ganze nicht in Voyeurismus abgleiten zu lassen, |
Das auf jeden Fall. Deswegen deute ich auch nur an, was passiert. Zwar unmissverständlich, aber Einzelheiten sind an dieser Stelle kaum notwendig.
Zitat: | Naja, Alternativen zu sexueller Gewalt gibt es sicherlich, um jemandem ein Geheimnis zu entlocken. Es gibt bestimmt auch andere Androhungen, die deiner Protagonistin ausreichend Angst einjagen würden, oder? |
Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Lange. Aber am Ende funktioniert das nicht, wenn beide Charaktere sich treu bleiben sollen. Er kann drohen, sie oder andere, die ihr wichtig sind, zu töten. Das würde er auch machen, das weiß sie. Aber genau so weiß sie, dass das ohnehin passiert und es noch viel mehr treffen wird, wenn sie ihm nachgibt. Deswegen wird sie das nicht tun.
Bei dieser Szene (der auch körperliche Gewalt vorausgegangen ist) ist er an dem Punkt, an dem er einsehen muss, dass er wieder einmal verloren hat. Aber er bringt sie dazu, sich ihm einmal zu unterwerfen, er kann sie einmal beherrschen. Das ist zwar nicht das, was er eigentlich wollte, aber das Nächstbeste und für ihn ein kurzfristiger Sieg.
Zitat: | Die Frage ist: Was willst du mir dieser Szene vermitteln? Wenn es tatsächlich Entsetzen und Abscheu gegen den Antagonisten ist, dann hast du deinen Job ja scheinbar gut gemacht. Wenn es dir aber um etwas anderes ging, könntest du ja vielleicht doch nochmal drüber nachdenken, ob dir nicht ein anderer Weg einfällt, wie dein Schurke die Heldin in Bedrängnis bringen kann. Ich kenne ihre Hintergrundgeschichte nicht, aber normalerweise hat ein Mensch mehrere "Schwachpunkte", an denen man ansetzen kann. Der Weg über sexuelle Gewalt ist sicher einer der grausamsten, aber bestimmt nicht der einzige. |
Das ist schwierig zu beantworten. Das 'Problem' fängt schon bei 'Schurke' und 'Heldin' an. Teil ihrer Geschichte ist beispielsweise, dass sie seinen Vater ermordet hat. Er ist sicher ein grausamer Kerl, aber daran, dass er so ist, wie er ist, hat sie einen großen Anteil. Kurz gesagt ist er nicht grundböse (zumindest war er das nicht immer) und sie nicht grundgut. Beide tun das, was sie für richtig halten. Bis zu diesem Punkt, wo er sich in jeder Hinsicht ins Unrecht setzt. Und genau deswegen brauche ich diese Szene auch, weil sich ein anderer in Folge dessen gegen ihn stellt.
Zitat: | Sie reden darüber, du löst Emotionen aus. Vielleicht ist das für deine Geschichte in diesem Moment auch gut. |
Das hoffe ich. Sie soll ja auch, wie oben geschrieben, einen Bruch in eine der beiden Gruppen bringen.
Ich denke, ich werde die Szene so lassen, wie sie ist. Vielleicht stelle ich sie doch mal in die Werkstatt, habe ich schon ewig und drei Tage nicht mehr gemacht.
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Selanna Reißwolf
Beiträge: 1146 Wohnort: Süddeutschland
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15.12.2017 11:05
von Selanna
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Hallo Isabelle34,
ich kenne zwar die Geschichte nicht, aber auf der Basis der Infos, die Du hier gibst, finde ich gut, dass Du die Szene lässt, wie sie ist. Wenn die Charaktere nunmal sind, wie sie sind, und die Geschichte sich Szene um Szene daraufhin entwickelt und von dort gut weiterentwickelt, darf man das nicht mit Gewalt in eine bekömmlichere Richtung biegen. Ich habe ein Romanmanuskript (schon fast zwei Jahrzehnte her), in dem sich am Schluss der Protagonist umbringt und alle Freunde, die es lasen, fanden das "so schade", "so unnötig tragisch" und wollten unbedingt ein Happy End. Ich habe für sie ein anderes Ende geschrieben, aber ich finde, man erkennt genau den Knick in der Geschichte, an dem man merkt, dass ich mit Gewalt auf Happy End umgeschrieben habe.
Das klingt jetzt böse, obwohl es eigentlich nicht so gemeint ist, aber bei Freunden, die testlesen, habe ich manchmal den Eindruck, dass sie nicht nur den Text beurteilen, sondern auch persönliche Wünsche einbringen, um eine individuell beeinflussbare, schöne Wohlfühl-Geschichte lesen zu können. Angefangen von "Warum muss der blond sein? Glattrasiert fänd ich ihn besser." bishin zu in Deinem Fall "so was will ich doch in keinem Buch am Feierabend lesen, das kann die Isabelle doch umschreiben" (zumindest vermute ich das mal ganz dreist)
Bleib dabei, wenn es stimmig ist.
Liebe Grüße
Selanna
_________________ Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham |
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Canyon Leseratte
Alter: 44 Beiträge: 128 Wohnort: Nimmerland
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15.12.2017 11:48
von Canyon
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Isabelle34 hat Folgendes geschrieben: |
Zitat: | Die Frage ist: Was willst du mir dieser Szene vermitteln? Wenn es tatsächlich Entsetzen und Abscheu gegen den Antagonisten ist, dann hast du deinen Job ja scheinbar gut gemacht. Wenn es dir aber um etwas anderes ging, könntest du ja vielleicht doch nochmal drüber nachdenken, ob dir nicht ein anderer Weg einfällt, wie dein Schurke die Heldin in Bedrängnis bringen kann. Ich kenne ihre Hintergrundgeschichte nicht, aber normalerweise hat ein Mensch mehrere "Schwachpunkte", an denen man ansetzen kann. Der Weg über sexuelle Gewalt ist sicher einer der grausamsten, aber bestimmt nicht der einzige. |
Das ist schwierig zu beantworten. Das 'Problem' fängt schon bei 'Schurke' und 'Heldin' an. Teil ihrer Geschichte ist beispielsweise, dass sie seinen Vater ermordet hat. Er ist sicher ein grausamer Kerl, aber daran, dass er so ist, wie er ist, hat sie einen großen Anteil. Kurz gesagt ist er nicht grundböse (zumindest war er das nicht immer) und sie nicht grundgut. Beide tun das, was sie für richtig halten. Bis zu diesem Punkt, wo er sich in jeder Hinsicht ins Unrecht setzt. Und genau deswegen brauche ich diese Szene auch, weil sich ein anderer in Folge dessen gegen ihn stellt.
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Dann machst du es meiner Meinung nach genau richtig. Für mich gibt es nichts Schlimmeres, als Schwarz-Weiß-Denken in Geschichten (egal, ob Bücher oder Filme). Der Eine tut dies, weil er nun mal böse ist, der andere stellt sich ihm entgegen, weil er eben gut ist. Dieses typische Hollywood-Klischee. Ganz furchtbar.
Indem du aber deinen Charakteren persönliche Gründe für ihr Verhalten erlaubst, kannst du im Prinzip alles rechtfertigen, egal wie grausam es ist. Für den Leser wird es nachvollziehbar sein, was da passiert.
Vielleicht war diese Nachvollziehbarkeit sogar der Grund, aus dem deine Testleser so entsetzt waren.
Dein Antagonist besitzt eine menschliche Tiefe, die ihm durch sein Schicksal auch Sympathie, oder zumindest Verständnis, einbringen kann. Vielleicht hätten sie ihm ein solches Verhalten einfach nicht zugetraut. Oder sie haben erkannt, dass jeder zu solchen Grausamkeiten fähig sein kann, wenn er in die passende Situation gelangt. Auch sie selber. Geschichten können oftmals ein Spiegel für das eigene Verhalten sein. Und manche mögen es nicht, wenn sie in diesen Spiegel blicken müssen.
_________________ "Du bist, was du warst; und du wirst sein, was du tust."
(Buddha) |
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Isabelle34 Klammeraffe
I
Beiträge: 567
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I 15.12.2017 14:56
von Isabelle34
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Zitat: | Das klingt jetzt böse, obwohl es eigentlich nicht so gemeint ist, aber bei Freunden, die testlesen, habe ich manchmal den Eindruck, dass sie nicht nur den Text beurteilen, sondern auch persönliche Wünsche einbringen, um eine individuell beeinflussbare, schöne Wohlfühl-Geschichte lesen zu können. |
Nein, das finde ich gar nicht böse, sondern einfach realistisch. Meine Testleser sind auch keine Freunde, die ich gebeten habe, mal mein Manuskript zu lesen. Es waren 'Fremde', die ich darum gebeten habe, worüber sich im Laufe der Jahre mit einigen durchaus eine Freundschaft entwickelt hat.
Zitat: | Dann machst du es meiner Meinung nach genau richtig. smile Für mich gibt es nichts Schlimmeres, als Schwarz-Weiß-Denken in Geschichten (egal, ob Bücher oder Filme). Der Eine tut dies, weil er nun mal böse ist, der andere stellt sich ihm entgegen, weil er eben gut ist. Dieses typische Hollywood-Klischee. Ganz furchtbar.
Indem du aber deinen Charakteren persönliche Gründe für ihr Verhalten erlaubst, kannst du im Prinzip alles rechtfertigen, egal wie grausam es ist. Für den Leser wird es nachvollziehbar sein, was da passiert.
Vielleicht war diese Nachvollziehbarkeit sogar der Grund, aus dem deine Testleser so entsetzt waren.
Dein Antagonist besitzt eine menschliche Tiefe, die ihm durch sein Schicksal auch Sympathie, oder zumindest Verständnis, einbringen kann. Vielleicht hätten sie ihm ein solches Verhalten einfach nicht zugetraut. Oder sie haben erkannt, dass jeder zu solchen Grausamkeiten fähig sein kann, wenn er in die passende Situation gelangt. Auch sie selber. Geschichten können oftmals ein Spiegel für das eigene Verhalten sein. Und manche mögen es nicht, wenn sie in diesen Spiegel blicken müssen. |
Oh, ja. Mit 'Gut' gegen 'Böse' kann ich auch nicht viel anfangen. Deswegen habe ich auch viel Zeit, Schweiß und Nerven darin investiert, meine Antagonisten für den Leser (be-)greifbar zu machen. Er hat bei dem ein oder anderen Leser auch tatsächlich anfangs mehr Punkte gesammelt, als meine eigentliche Protagonistin, die teilweise durchaus als 'kalt' und 'unnahbar' bezeichnet wurde. Sogar noch in dieser Szene, die dann aber halt diese Wendung genommen hat.
Ich mag ja - nebenbei erwähnt - die Star-Trek-Classic-Folge 'Kirk:2' sehr, in der doch sehr simpel, aber sehr deutlich, klargemacht wird, dass kein Mensch nur gut sein kann, ohne auch 'böse' Charakterzüge zu haben. Die Frage ist halt, wie wir mit dieser Seite in uns umgehen. Da stimme ich dir zu, dass es auch immer eine Rolle spielt, mit welchen Situationen wir konfrontiert werden und in welcher Gesellschaft wir leben. Das beste Beispiel ist doch immer noch das Dritte Reich. Wie viele von denen, die zu Tätern wurden, wären im 'Normalfall' zu Mördern geworden? Macht über andere fördert oft genug nicht die besten Eigenschaften in uns zutage.
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VickieLinn Wortedrechsler
Beiträge: 81 NaNoWriMo: 61650 Wohnort: Berlin
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15.12.2017 22:46
von VickieLinn
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Generell spricht nichts gegen eine adäquate Darstellung von Übergriffen oder Misshandlungen. Sie muss halt in den Roman passen.
Wenn man einen Roman wie Twilight liest, wäre man auch entsetzt, wenn in einer Szene aller Ausführlichkeit beschrieben wird, wie eine Person grausam gefoltert und vergewaltigt wird. Wenn man von vornherein weiß, dass man eine düsteren Roman wie Das Lied von Eis und Feuer liest, dann akzeptiert man solche Szenen und findet sie ggf. passend zur Geschichte.
Wenn deine Testleser es allesamt schrecklich finden, kannst du dich selbst fragen, ob du am Anfang eine falsche Erwarungshaltung geweckt hat. Vielleicht ist der Ton deiner Geschichte zu hübsch. Contemporary Fantasy kann alles sein; welche Personengruppe würde deinen Roman besonders gern lesen? Mit welchem anderen Roman würdest du deinen Vergleichen?
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6367 Wohnort: USA
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15.12.2017 23:26
von Murmel
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VickieLinn hat Folgendes geschrieben: |
Wenn deine Testleser es allesamt schrecklich finden, kannst du dich selbst fragen, ob du am Anfang eine falsche Erwarungshaltung geweckt hat. Vielleicht ist der Ton deiner Geschichte zu hübsch. Contemporary Fantasy kann alles sein; welche Personengruppe würde deinen Roman besonders gern lesen? Mit welchem anderen Roman würdest du deinen Vergleichen? |
Das ist auch meine Meinung. Ich denke, deine Leser haben etwas anderes erwartet. Das heißt nun nicht, dass du nicht schreiben kannst, was du willst, aber es heißt sicher, dass du in Gefahr läufst, deine Zielgruppe zu enttäuschen. Irgendwo musst du den Hebel ansetzen, soll dein Buch erfolgreich werden. Entweder du passt Ton und Plot an die Leserschaft an, oder du versuchst, eine andere Zielgruppe anzusprechen (durch Titel, Klappentext, und Cover).
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Isabelle34 Klammeraffe
I
Beiträge: 567
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I 16.12.2017 15:14
von Isabelle34
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Hm, das gibt mir jetzt doch zu denken.
Ich selbst kann es natürlich schwer beurteilen, man ist doch immer auch ein Stückweit betriebsblind, deswegen habe ich ja Testleser. Allerdings denke ich nicht, dass ich falsche Erwartungen geweckt habe. Ja, ich gebe mir redlich Mühe, meinen Antagonisten auch (be-)greifbar zu machen. Er ist charmant (wenn er will), gebildet und sehr gutaussehend. Allerdings 'darf' der Leser schon im zweiten Kapitel beim ersten Mord dabei sein und kurz darauf wird klar, dass mein Antagonist eine Affäre mit der Tochter seines besten Freundes hat, wovon der natürlich nichts weiß. Auch aus seinen Zielen macht er keinen Hehl und die kann nun wirklich niemand gut finden. Von daher denke ich nicht, dass ich, was ihn oder den 'roten Faden' betrifft, falsche Erwartungen geweckt habe.
Vielleicht bin ich das Problem und meine Testleser haben zu sehr meine bisherigen Romane im Kopf, die sich deutlich von diesem unterscheiden. Nicht nur dem Genre nach. Die wurden bislang immer von dem unterschwelligen Wissen getragen, dass der Protagonist es schon irgendwie schafft. Das ist dieses Mal gewollt nicht so. Kann aber natürlich sein, dass ich mit diesem Tiefpunkt über das Ziel hinausgeschossen bin.
Mal sehen, ob ich schlauer bin, wenn die Fragebögen zu den letzten Kapiteln zurückkommen und die bisherigen werde ich mir wohl auch nochmal genauer anschauen.
Ach ja, die Zielgruppe. Ich denke, das der Roman einige Harry-Potter-Leser ansprechen könnte. Der ersten Generationen, weil die meisten Leser wohl älter als fünfundzwanzig wären. Meine Protagonistin ist Ende vierzig.
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amigawriter Gänsefüßchen
Alter: 59 Beiträge: 38 Wohnort: Berlin
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10.01.2018 20:43 ... von amigawriter
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Hi Isabelle34,
ich habe dir zu diesem Thema hier eine PM gesendet
LG ... AmigaWriter ...
_________________ „Was leicht zu lesen ist, ist schwer geschrieben“
Auszug aus: Stephen King. „Basar der bösen Träume.“ |
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Codalé Vende Gänsefüßchen
Beiträge: 15
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10.01.2018 21:02
von Codalé Vende
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Hallo Isabelle34,
auch ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Für mein Dafürhalten ist es absolut legitim, eine solche Szene in den Roman mit einfließen zu lassen, selbst wenn sie für einige schockierend ist. So soll es de facto ja auch sein. Du verfolgst mit dieser Darstellung ja ein Ziel, eine klare Wirkung - die du angesichts der Reaktionen deiner Testleser nicht verfehlt hast.
Solange du es andeutest und es nicht in eine voyeuristischen Perspektive oder gar eine Legitimierung umschlägt, vollkommen in Ordnung.
Ich habe mich stellenweise auch schon schwergetan mit Szenen, wo Bekannte mir gesagt haben "Wie schrecklich ist das denn? Der kann doch jetzt nicht sterben!" und Ähnliches... aber ich glaube, das scheint ein weit verbreitetes Phänomen zu sein.
Viel Spaß beim Weiterschreiben und liebe Grüße,
Codalé
_________________ "Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit." (Schiller) |
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annaavi Gänsefüßchen
Beiträge: 37 Wohnort: München
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14.01.2018 17:33
von annaavi
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Hallo Isabelle34,
Also ich finde auch: Generell darf man dass sicher.
Kennst du das Buch Cupido von Jillian Hoffman? Die startet gleich zu beginn ihres Thrillers mit einer echt üblen Beschreibung einer Vergewaltigung... ich hab danach tatsächlich erst Mal ein Harry Potter Kapitel gelesen um überhaupt einschlafen zu können.
Und soweit ich weiß war das ein Bestseller.
Und du sagst ja du deutest es nur an. Also ja, geht.
Das du aber sagst die Zielgruppe die Harry Potter mag würde dass auch mögen macht mich dann doch stutzig... in einem Harry Potter oder ähnlich würde ich so was jetzt auch nicht erwarten.
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amigawriter Gänsefüßchen
Alter: 59 Beiträge: 38 Wohnort: Berlin
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19.01.2018 13:34 ... von amigawriter
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Huhu Isabelle34,
die nächste PM ist ja schon unterwegs.
Das Thema ist ein schweres Thema. Aber auch ich habe in meinem Roman genau diesen Sachverhalt zu beschreiben und nicht nur anzudeuten. Es ist sogar der Hauptbestandteil der Geschichte.
Das man sich mit der Thematik intensiv auseinander setzen muss, ist sicherlich bedeutsam und klar. Wenn auch nicht einfach. Es sei denn, man kennt jemanden, der dieses Leid erfahren musste und sich einem anvertraut.
So erging es mir jedenfalls. Aus diesem Grund habe ich diese Thematik aufgenommen und versucht ernsthaft zu verarbeiten.
Aber genau dieses Thema, sollte in der heutigen Gesellschaft viel mehr angesprochen werden. Sei es in einer Kurzgeschichte oder in einem Roman.
LG---AmigaWriter---
_________________ „Was leicht zu lesen ist, ist schwer geschrieben“
Auszug aus: Stephen King. „Basar der bösen Träume.“ |
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graefin13 Schneckenpost
G Alter: 79 Beiträge: 10 Wohnort: Bad Kissingen
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G 17.09.2018 22:56 ->Selbsthilfe-> Plot, Handlung und Spannungsaufbau von graefin13
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Mein erstes Buch handelt von Gewalt in der Ehe und sexueller Hörigkeit. Obwohl ich ganz bestimmte Vorgänge nicht bis ins Detail beschrieben habe, machte ich die Erfahrung, Menschen die mich kennen, reagierten teilweise geschockt. Leser die mich nicht persönlich kennen, reagieren vielleicht doch weniger sensibel.
Vielleicht wäre es besser gewesen, es nicht als Erlebnisbericht zu schreiben, sondern so zu tun, als hätte ich alles erfunden.
_________________ Mein Leben findet heute statt, das Gestern hab ich überlebt, und morgen ist wieder heute. |
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RememberDecember59 Klammeraffe
Beiträge: 507 Wohnort: Franken
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18.09.2018 05:59 Re: ->Selbsthilfe-> Plot, Handlung und Spannungsaufbau von RememberDecember59
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graefin13 hat Folgendes geschrieben: | Obwohl ich ganz bestimmte Vorgänge nicht bis ins Detail beschrieben habe, machte ich die Erfahrung, Menschen die mich kennen, reagierten teilweise geschockt. |
Hallo Graefin13,
das ist nicht wirklich überraschend, die meisten Menschen, die einen "kennen", kennen eben nur das von uns, was wir ihnen zeigen, und dann noch ein bisschen was, was sie sich selbst zusammenreimen. Jedenfalls ist es nicht viel, nur ein winziger Ausschnitt, und das trifft selbst auf die zu, die uns nahe stehen. Man kann mit jemandem sogar zusammenwohnen und trotzdem (völlig unabsichtlich!) alles übersehen, was derjenige mit sich rumschleppt. Das ist das, was mich als Angehöriger und Freund am meisten schockieren würde und mich schon mehrfach schockiert hat, wenn sich Mitmenschen geöffnet haben - mehr noch als das Erlebte an sich (von dem man ja weiß, dass solche Sachen passieren, nur eben immer anderen).
Ob man traumatische Erlebnisse als Erfahrungsbericht veröffentlicht, ist schon eine gewichtige Entscheidung, man sollte sich die möglichen Konsequenzen vor Augen führen und gut abwägen, ob man damit leben kann. Ich hoffe, du hast dich richtig entschieden!
_________________ Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."
Bartimäus I (Jonathan Stroud) |
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graefin13 Schneckenpost
G Alter: 79 Beiträge: 10 Wohnort: Bad Kissingen
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G 03.10.2018 07:36 Selbsthilfe von graefin13
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Was ich in dem Buch erlebte, war vor dreißig Jahren.
Doch Gewalt in der Ehe ist auch heute kein seltenes Phänomen. Es gibt Leserinnen, von denen die einen begeistert sind, weil es so spannend geschrieben ist, die anderen aber wieder sagten, sie musste das Buch weglegen, konnten es nicht fertig lesen.
Sicher wird von Personen, die mein Kind und mich nicht kennen, der Inhalt des Buches anders aufgenommen.
Mein Gedanke beim Schreiben war, anderen Frauen aufzuzeigen, schon nach dem ersten Schlag das Feld zu räumen.
Gerne würde ich das Buch hier mal vorgestellt, weiß aber noch nicht, wie ich das machen muss. Werde mir Hilfe holen.
_________________ Mein Leben findet heute statt, das Gestern hab ich überlebt, und morgen ist wieder heute. |
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