Die denkwürdigen Abenteuer des Fiete Harms

[Dyrnberg]

Willst Du unbedingt eine Megapointe? Also eine Pointe, die quasi alles nochmal auf den Kopf stellt? Das wird schwierig. Wie wäre es mit den "Klassikern" als Ende bei Kriegsheimkehrern?

Er erschießt Svenja. Oder den Mann an ihrer Seite.

Oder: Svenja hat ein Kind, das das Kind des Heimkehrers sein könnte. Er schaut der Familie aus einem Versteck heraus zu, wie sie ein idyllisches Leben leben - während sein Geist gebrochen ist.

Oder: Er tut etwas völlig Absurdes und Banales am Ende. Er kocht sich Tee oder so was und fängt dabei zu weinen an. Ende. ; )

Oder wie bei "Hurt Locker": Er kann nicht mehr ohne Krieg leben. Er scheitert im Alltag (im Film stresst ihn die Auswahl im Supermarkt), also kehrt er trotz liebevoller Familie lieber in den Krieg zurück. Ende.

[BerndHH]

Hallo Dyrnberg,

herzlichen Dank für Deine Anregungen!
Alles ist eine Überlegung wert!
Fiete hat schon viel Gewalt gesehen und Gewalt ausgeübt. Das der Protagonist das Objekt seiner Begierde tötet, hatte ich schon einmal in einem anderen Manuskript verarbeitet.

Für etwas Großes hat Fiete auch gar keine Kraft mehr.
Oder doch? Er glaubt einer Versprechung, dass drüben in Österreich (die neutrale Schweiz ist zu weit) alles besser sei und kommt auf dem Weg dahin in den tief verschneiten Alpen um.
Aber doll ist das auch nicht. Na ja.

[HansGlogger]

Hallo Bernd
die Lösung kannst nur Du finden. Ich kenne nicht den gesamten Text.

Wenn  Du eine Megapointe (Dyrnberg) findest, dann passe die Geschichte ihr an.
Extremes Beispiel: Die Star-Wars-Lösung: Der Neue von Svenja ist Fietes lange gesuchter Vater oder sein (Halb)bruder. Dann musst Du in der Geschichte halt ein paar Änderungen vornehmen, damit das passt.

Ich meine das nicht als wirklichen Vorschlag, ich will nur zeigen, wie viele Freiheiten sich ergeben, wenn Du den Plot nicht als gegeben hinnimmst.

[BerndHH]

Hallo Hans,

ja,auch eine Variation.
Ich habe mich jetzt erst einmal für folgendes entschieden:

Svenja macht zusammen mit dem neuen Kreisleiter und ihrem neuen Geliebten Schönborn kommunistische Komintern-Schulungen für die Zivilbevölkerung, um eine neue Weltanschauung in die Köpfe zu peitschen.
Schwachsinn - es ist Tag 22 des Dritten Weltkrieges, die Armeen des Warschauer Paktes stehen jetzt am Rhein und es ist dort eine Pattsituation mit der NATO eingetreten. Doch im besetzten Hinterland soll Ruhe einkehren. Die Besatzer versuchen die Verhältnisse der DDR mit der neuen SBZ - Sowj. Besatungszone anzugleichen. Ja, ich weiß, es ist schwierig, sich das alles vorzustellen, auch für mich und klingt daher kräftig nach Schwurbelei.

Tatsache ist natürlich, dass die Rosenheimer sich an die neue Lage anpassen müssen und mit Sicherheit kein Bedarf an Politschulungen haben.

Frustriert setzen sich Fiete und sein Weggefährte Olaf in die „Flötzinger Bräustübl“ - Servus beinand! Heuer kimmt d'Leut z'am und trinken das gute Hefeweizen. Rosenheim hat wenig vom Krieg abbekommen und noch funktioniert hier das Alltagsleben.

Dann hört Fiete das Radio "Stimme des Freien Westens", die aus dem nicht besetzten Innsbruck/AT gesendet wird. Da er vor dem Kriege Radiomoderator war, muss er unbedingt da hin.
Doch auf dem Weg nach Innsbruck erfriert er einsam im hohen Schnee.

Ist auch saublöd, oder?

[Dyrnberg]

Wenn die Reise zu Svenja einen großen, den größten Teil der Geschichte ausmacht, fände ich es besser, wenn die Story dann tatsächlich bei Svenja vor Ort irgendwie endet. So eine Reise über die Alpen, bei der er erfriert, klingt in meinen Ohren irgendwie nach einem "Nachklapp".

Vielleicht stellt sich heraus, "Svenja", zu der er die ganze Zeit wollte, ist in Wahrheit der Schlitten aus seiner Kindheit. ; )

[HansGlogger]

Hallo Bernd
die Grundsatzfrage ist, ob Du ein tragisches Ende oder ein happy end willst. Die Grundierung des Textes muss dazu passen. Für ein tragisches Ende ist das schon brauchbar.

[BerndHH]

Guten Morgen Ihr beiden,

Dankeschön für die Beiträge!
Ja, ich stehe da wirklich richtig auf dem Schlauch und habe vor einiger Zeit einfach planlos so darauf losgeschrieben, ohne mir jemals ernsthaft Gedanken um das Ende machen zu müssen/wollen. Das letzte Kapitel ist eher etwas lästiges, da die Luft ja schon längst raus ist.
Svenja ist eine absolute Opportunistin, sie hat ihr Leben längst an den neuen Verhältnissen ausgerichtet, der neuen Normalität im Sozialismus angepasst. Neuer Kerl - Funktionär in der Sowjetischen Besatzungszone und Fiete kommt darin einfach nicht vor. Er hat nicht nur ausgedient, sondern ist sogar ein störendes Relikt aus der gemeinsamen Zeit in Kiel.

Ja, natürlich soll es ein tragisches Ende werden, bei mir gibt es prinzipiell keine Happy Ends.
Ich würde "Die denkwürdigen Abenteuer des Fiete Harms" gerne zu Ende bringen, da ich gedanklich schon stark bei der neuen Germanensaga bin.
Vielleicht ist es das Beste, das Ende im Schnee zu schreiben, dann Deckel zu und irgendwann nach einem halben, einem Jahr wieder ausgraben, nochmal komplett überarbeiten und dann ab in den Druck.

Viele Grüße

[Selanna]

Hallo Bernd,

lass Fiete doch einfach vom Treffen mit Svenja weggehen, er streunt ziellos und niedergeschlagen durch die Gegend um Rosenheim und da begegnet er dann einer anderen Frau. Zum Beispiel fährt eine Bäuerin auf dem Traktor vorbei und fragt ihn, ob sie ihn ein Stück mitnehmen kann. Oder in der Kneipe, von der Du schreibst, lächelt ihn vom Tisch gegenüber eine Frau an.
Punkt aus. Die Kontaktaufnahme mit einer anderen Frau ist der Schlusspunkt.

Und, ganz nebenbei (aber ich weiß ja, Du schreibst das wahrscheinlich ohnehin noch 3-4mal um ) zu Deinem baierischen Satz:
Du hast geschrieben, dass sich dieses Jahr (="heuer") Menschen treffen. Du meinst wohl eher "heute". Und es würde hier "kimma" heißen, nicht "kimmt". In Rosenheim trinkt man außerdem Hefeweißbier, kein Hefeweizen
Viel Erfolg mit der Ende-Findung!
Liebe Grüße
Selanna

[BerndHH]

Hi Selanna,

hey, auch ein sehr hübscher Gedanke, gefällt mir.

Passt aber leider nicht so ideal zu der Situation, die sowieso schon schwer vorstellbar ist. Die Sowjetarmee steht am Rhein, die BRD ist besetzt und es wird gerade mit DDR-Kaderpersonal ein kommunistisches Regime errichtet. Das bedeutet: die ganze Bevölkerung ist im Überlebensmodus.
Frauen lassen sich für bestimmte Dienste bezahlen, um etwas zu Essen zu bekommen, gleichwohl mit dem Wissen, dass es sich die Männer auch mit Gewalt holen könnten, also keine gute Gemengelage.
Da gibt es die, die sich schnell anpassen wie z.B. Svenja. Oder diejenigen, deren Weltanschauung komplett in Trümmern liegt wie Fiete.
Ich weiß nicht, ob die Leute dann so in Flirtlaune sind ... oder vielleicht gerade dann, weil sich das Leben und die Liebe immer einen Weg suchen. Da muss ich wirklich darüber nachdenken.

Ist die Idee, dass Fiete jetzt die letzten Reserven mobilisiert, um über die Alpen von Rosenheim rüber nach Innsbruck zu "machen", weil es dort diesen Freiheitssender gibt, zu abwegig?
Fiete hat "Radiomachen" über alles geliebt. Und da will er unbedingt wieder hin. Flotte Sendung, Madonna "Like a Virgin", etc.

Hey, ich glaube ich hab's! Es ist kein Radiomoderator von FSdW - Freie Stimme des Westens, sondern eine Moderatorin mit richtig sexy italienischem Timbre, die nicht nur ein dynamisches Programm macht, sondern auch sofort seine Sehnsüchte weckt, da sie nicht so eiskalt rational ist wie Svenja sondern belebend anregend anders. Zumindest ist sie in seiner Phantasie so, ist halt eine Projektion, wie es wirklich ist ... dafür müsste er dann nach Innsbruck.

Und gerade in den Kriegszeiten lechzen die Menschen vielleicht ja nach etwas Positivem, um den Alltag durchzustehen.
Aber irgendwie auch wieder zu viel Friede, Freude, Eierkuchen ... am Rande der ganzen Leichenberge, die dieser militärische Konflikt in Mitteleuropa gekostet hat.

Grüße zurück!