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Leseprobe - Das eine Buch


 
 
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Britta Redweik
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Beiträge: 149
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Wohnort: Region Braunschweig/Wolfsburg


Beitrag03.08.2017 14:42
Leseprobe - Das eine Buch
von Britta Redweik
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Huhu ihr Lieben,

nachdem ich die letzten 7 Monate fast Vollzeit geschrieben habe, ist mein Roman in der Rohfassung fertig - auch wenn mir gleich, nachdem ich eine erste Testlesephase anberaumt habe, diverse Dinge einfielen, die ich noch etwas ändern will, bevor ich versuche, einen Verlag zu überreden, ihn zu drucken. Hier die Leseprobe dazu, da mich mal eure Meinung interessieren würde. Gut, auch, weil man als Neuling erst einmal hier zwei Dinge posten muss, aber ob ich das nun hier oder beim Feedback poste ...? lol2

Prolog


Sein Leben lang hatte er Bücher geliebt, aber nie war es genug gewesen, nie das Richtige darunter. Immer hatte er gelesen, Bücher gefunden, die er mochte, sich sogar in manch ein Buch verliebt, es in seine Sammlung aufgenommen und immer wieder gelesen.
Er hatte nie wirklich auf die Genres geachtet. War mit Büchern eingeschlafen und aufgewacht, las im Bett, auf der Toilette, beim Essen und wann immer er nicht arbeitete. Er las, was immer er an Büchern in die Hände kriegen konnte, aber ES war nie dabei gewesen. Er wusste nicht einmal, wonach er suchte, er wusste nur, dass es nach ihm rief. Wenn er nachts in seinem Bett lag, immer in einem anderen Hotel, immer unterwegs auf der endlosen Reise, die sich sein Leben nannte, dann lauschte er in die Dunkelheit hinein und hörte dem Wind zu.
Leise wehte dieser zum immer leicht geöffneten Fenster hinein und säuselte seinen Namen und immer konnte er schwören, dass etwas ihn bat, gefunden zu werden. Ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben, wusste er, dass es ein Buch war, das da nach ihm rief. Sein musste. Nichts Anderes spielte in seinem Leben eine so große Rolle, nichts Anderes hatte je wirklich einen Platz in seinem Leben gehabt, was sollte es also sonst sein? Und so lag er immer da, lauschte dem Flehen, ertappte sich oft dabei, zu antworten, um einen Hinweis zu bitten. Zu erfragen, warum ausgerechnet er gerufen wurde. Und doch kam da nichts, nur die gleichen Worte wie immer. Sein Name und ab und an ein leises "Finde mich".
Doch wenn die Nacht vorbei war, war die Stimme verschwunden und der Wind nur noch Luft. Und jeden Morgen wieder blieb er ohne Antwort zurück, immer weiter getrieben von diesem Gefühl, etwas zu suchen, was er nicht greifen konnte. Etwas, was er aber brauchte, ohne dass er keinen Frieden finden konnte. Das perfekte Buch? Das unmögliche Buch?

Kapitel 1: Das Flüstern in der Nacht


Fianan war umgeben von Büchern aufgewachsen, sie standen in jeder Ecke, lagen auf jedem Tisch, teils als Dekoration, teils abgelegt, um schnellstmöglich wieder aufgenommen und gelesen zu werden. Manche Möbel bestanden sogar aus Büchern, mit einem Sitzkissen darauf für einen Stuhl oder einem Holzbrett, damit sich eine Ablagefläche bildete. Ein Raum ohne Buch ist wie ein Gesicht ohne Lächeln, hatte seine Mutter immer gesagt und dann gleich noch mehr Bücher ins Haus geholt.
Sie war keine besonders herzliche Frau gewesen, die selbst allzu häufig gelächelt hätte, das nicht. Immer war sie seltsam distanziert gewesen, in ihrer eigenen Welt lebend und der wahren Welt abgeneigt. Hatte sich, so oft es ging, irgendwo verkrochen und war nicht gerade das, was man einen mütterlichen Typ genannt hätte. Und doch hatte sie ihm das größte Geschenk gemacht, das zu geben sie in der Lage gewesen war, und auch das größte, das er je hätte erhalten können. Sie hatte ihn in die Welt der Bücher eingeführt und ihm eine Zuflucht gegeben. Wenn sie ihm ein neues Buch vorlas, dann war sie wie eine normale Mutter gewesen und auch, wenn er sie später fragte, welches Buch er denn als nächstes lesen könnte. Dann hatte es sich angefühlt, als wäre es bei ihnen normal. Richtig. Als wären sie eng verbunden.
Auch sein Vater war ähnlich gewesen. Er war ein gutmütiger Mann, aber irgendwie nicht richtig da. Körperlich greifbar, aber doch geistig fort. Erst mit den Jahren hatte Fianan begriffen, warum seine Eltern so waren, so vollkommen anders wirkten als die anderen Eltern, als andere Leute im Allgemeinen. Erst, als kein Kind mit ihm spielen wollte, weil er so seltsam sei, und er deshalb nur noch mehr in seine Verhaltensweisen verfiel. Immer mit der Nase in einem Buch, als wolle er gar kein Teil der wirklichen Welt sein. Das war es also. Er war ein Gefangener der Buchwelt, genau wie seine Eltern. Die wahre Welt hatte ihn tiefer hineingedrängt und bald hatte er nicht mehr richtig hinausgefunden. Hatte sich hier auch wohler gefühlt. Natürlich war die Welt, in der er nun lebte, nur fiktiv, und doch erschien diese ihm so viel wirklicher, so viel besser und lebendiger. Und da begann er, seine Eltern zu verstehen. Wer brauchte schon diese echte Welt, diese ständige Kleinkriege, wer das letzte Stück des Kuchens bekam, wer besser für einen Job qualifiziert war, oder wer die schöneren Schuhe zu einer Hochzeit trug?
Je älter er wurde, je mehr Bücher er las, desto mehr wurde Fianan all das zuwider, was sich sonst um ihn herum abspielte. Was interessierte ihn, welcher angeblich berühmte Mensch nun eine Affäre mit einem anderen angeblich berühmten Menschen hatte? Nein, anstelle von Klatsch las Fianan lieber, welcher Troll welchen Elben jagte, wie mit Magie ein Herz aus Papier zu schlagen begann und so eine Weile lang einen Körper aus Fleisch und Blut am Leben erhielt, und wie es sein konnte, dass ein Zwerg zwei Meter Körpergröße übertraf. Wie Zombies mit Kuscheltieren schmusten und kleine Hamstervampire ihre Zähne in andere Wesen schlugen. Aber nicht nur die Fantasie hatte es ihm angetan. Auch alles andere las er. Von mordenden Clowns bis hin zu mordenden Adligen im Mittelalter, die einst wirklich gelebt hatten. Hauptsache, darin waren Spannung, Abenteuer, Liebe oder wenigstens eine Lektion, die er lernen konnte. Oder das Buch war ein Fenster in eine Welt, die er nie würde beschreiten können, wenn nicht durch Papier und Tinte. In Wälder und Höhlen, in denen er sich verlief und Abenteuer erlebte.
Wen wunderte es da, dass er nach seinem Schulabschluss etwas mit Büchern machen wollte? Nein, wollen war wohl nicht das richtige Wort. Er wollte gar nichts tun, außer lesen. Seine Nase in Bücher stecken und dafür auch noch Geld bekommen. Aber so sehr er sich danach sehnte, völlig in der Buchwelt aufzugehen, so sehr gab es doch einen Zwang der wahren Welt, dem er nicht entkommen konnte. Menschen mussten arbeiten, sich ernähren und ein Dach über dem Kopf haben - und sei es nur, damit die Bücher bei Regen nicht nass wurden.
Doch obwohl er in der Zeit des Internets aufwuchs, im Zeitalter der Blogs und YouTube-Stars, fand er dort nicht seinen Platz. Er wollte Bücher nicht für andere bewerten. Der Großteil der Menschen war in seinen Augen zu ignorant, und sicherlich hätte er es nicht übers Herz gebracht, zu lesen, wie andere seine geliebten Bücher kritisierten. Nein, selbst wenn er zu den wenigen hätte gehören können, die davon leben könnten, glaubte er nicht, dass er es hätte ertragen können.
Als Händler hätte er schnellen Zugang zu neuen Büchern gehabt, natürlich, aber da wären diese vielen Menschen gewesen, mit denen er hätte reden müssen. Verleger? Zu viel Finanzielles zu bedenken, was dann gleich auch noch seine Autoren und Mitarbeiter beeinflusst hätte. Und Bibliothekare mussten wiederum eher Menschen als Bücher versorgen, also blieb ihm nur das Handwerk. Und so begann er, als Buchbinder in die Lehre zu gehen. Er lernte die edle Kunst, wie man Bücher band und sie restaurierte. Lernte, wie man Titel einprägte und auch, wie man es schaffte, sich dabei so selten wie möglich zu verbrennen.
Und dann war seine Lehrzeit vorbei, die Prüfung bestanden. Noch wohnte er in einem über Jahre gemieteten Zimmer in einem Wohnheim. An einem festen Ort, mit festen Regeln, Ritualen und einem Alltag, der planbar war. Aber das sollte sich nun ändern, ohne dass er das so gewollt hätte. Dem Tag seines Abschlusses folgte die Nacht, in der er zum ersten Mal die Stimme nach sich rufen hörte. Gerade war er mit dem neuesten Buch Stephen Kings auf der Brust eingeschlafen, da säuselte jemand seinen Namen. Sofort saß Fianan kerzengerade auf seinem Bett und starrte in die Nacht hinein.
Er konnte niemanden sehen, obwohl der Vollmond hell in sein kleines Zimmer schien, dessen Fenster groß genug war, um den ganzen Raum in bleichem Licht erstrahlen zu lassen. War es nur ein Hirngespenst, ein beginnender Traum gewesen?
Und dennoch hörte er auch jetzt, wach und aufmerksam lauschend, diese Stimme. Aber etwas war seltsam daran. Er hörte sie mehr in seinem Kopf als durch die Ohren.
Fianan stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Nichts. Eine streunende Katze, die ab und an sanft maunzte, lief am Gebäude vorbei, aber sonst war auf den Straßen der verschlafenen Kleinstadt gähnende Leere. Auch auf dem Flur des Hauses hörte er nichts außer dem Schnarchen des Studenten, der das Zimmer neben ihm bewohnte. Und doch war da diese Stimme und ließ sich einfach nicht vertreiben, egal wie viele Kissen der junge Mann sich auf die Ohren drückte.
Das war die Nacht, in der er rastlos geworden war. Seit dem Zeitpunkt hatte er jeden Tag seines Lebens unterwegs verbracht, war von einer Stadt zur nächsten gereist und hatte jeder Buchhandlung, jeder Bibliothek und jedem Sammler seine Dienste angeboten, getrieben von etwas, das er nicht beschreiben konnte und in der Hoffnung, das zu finden, was ihn ruhelos machte. In der Hoffnung, die Stimme verstummen zu lassen.

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Jenny
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Beitrag03.08.2017 14:58

von Jenny
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Huh, schwierig da jetzt ein Feedback drauf zu geben, jedenfalls für mich. Denn fast der gesamte Teil, den du gepostet hast, besteht aus nichts als Informationen über den Protagonisten, der mich erstmal noch gar nicht interessiert, weil ja nichts mit ihm passiert (ist), was irgendwie interessant wäre.

Ganz ernsthaft gemeint:

Lies dir mal die verschiedenen Threads oder auch Artikel im Internet zu "Infodump" durch.

So viele Informationen, die für den Leser/die Leserin keinerlei Rolle für den Anfang spielen, verschrecken viele vom Weiterlesen. Informationen sollten häppchenweise gegeben werden, nicht volle Dröhnung.

Und der erste Absatzs des eigentlichen Kapitels wiederholt dann nur noch einmal, was davor auch schon drin stand: Dass der Protagonist Büchernarr ist und Bücher für ihn wichtig sind.

Das ist in dem Moment aber nicht mehr interessant - schon bekannt - sondern dann nur noch langweilig.

Für einen Autor/eine Autorin ist es natürlich wichtig, zu wissen, was noch so passiert etc. Und daher ist der Infodump am Anfang sogar praktisch - da hat man selbst dann gleich alles auf der Reihe. Der sollte aber nach und nach abgebaut werden und der Einstieg sollte ein Einstieg in die standfindende Story sein, nicht in die Lebensgeschichte des Protagonisten, egal, wie spannend man selbst sie beim Schreiben gefunden hat.

Ich habe es bei meinem Roman auch so gemacht. Ca. 10 Seiten Infodump, bis ich erfahren habe, dass das für das Interesse der Leser/innen tödlich ist. Also alles umschreiben? Hab ich geflucht ... Aber: Das Manuskript hat dadurch extrem gewonnen.

Und wenn du in gut geschriebene Bücher reinliest, wird dir sicher auffallen, dass die wenigsten solche Informationsmengen an den Anfang packen.

In Buchseiten würde es bei dir 5,5 (!!) Seiten dauern, ehe die eigentliche Handlung einsetzt. Bis dahin hast du deine Leser/innen entweder komplett verloren oder sie blättern vor, um zu schauen, ob denn irgendwann auch noch mal etwas passiert.


Ich hoffe, du wertest diese doch eher harsche Kritik nicht als Angriff auf dich selbst und dein Werk, sondern als Anstoß, dich noch einmal um deinen Anfang zu kümmern.

Schöne Grüße aus Österreich,
Jenny


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Britta Redweik
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Beitrag03.08.2017 15:07

von Britta Redweik
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Nein nein, ich find das nicht harsch.

Wobei ich zugebe, dass ich da geschrieben habe, wie ich es gern selbst lese. Mich nervt es nämlich in Büchern tatsächlich, wenn man sich erst durch 50 Seiten blättern muss, bevor man weiß, ob ein Charakter einen überhaupt interessiert. Ich lerne Leute gern gleich am Anfang kennen, um zu wissen, ob sie mir sympathisch sind. Wenn nicht, kann mich das Buch nie fesseln, sondern macht mich sogar oft aggressiv.

Aber vielleicht bin ich da ein Sonderfall?


(Edit: Oh, und tatsächlich mag ich gern ruhige Geschichten. Nicht zuuu wenig Handlung, aber eben auch nicht überstürzt und nur actionreich. Ich stehe total auf Charakterstudien.)
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Jenny
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Beitrag03.08.2017 15:14

von Jenny
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Viel erfahren am Anfang ist nicht verkehrt, aber es zu erzählen, das macht es langatmig.

Kennst du "Show, don't tell"?

Das besagt im Grunde: Lass deine Leser/innen etwas selbst sehen, erzähl es ihnen nicht.

ZB. könnte dein Protagonist etwas von so einem Büchermöbelstück herunternehmen, woraufhin es ins Wanken kommt oder so und du thematisieren kannst, dass es aus Büchern besteht, ohne es "erzählen" zu müssen.

Du kannst sicher die meisten der Infos auf den ersten 10 - 20 Seiten unterbringen, aber verteil sie. Lass ein wenig Aktion da sein, mach den Leser/die Leserin erst einmal mit deinem Protagonisten bekannt!

Wir erfahren gerade sehr viel über einen Menschen, der empfindungsgemäß noch gar nicht mit uns in einem Raum ist, wenn du weißt, was ich meine.
Stell dir vor, jemand erzählt dir erst einmal 2 Stunden von all den Sachen, die der Mensch, den du gerade UNBEDINGT sofort kennenlernen möchtest, so macht und erlebt hat, während du dich fragst, ob er überhaupt noch auftaucht.
Oder ob das jetzt alles war - du hast von ihm erzählt bekommen und das wars, obwohl du ihn eigentlich kennenlernen wolltest, ihn selbst kennenlernen wolltest, nicht vorgekäut von jemand anderen.

Je mehr du erzählst und nicht zeigst, desto mehr drängst du den Leser/innen auch auf, wie sie etwas zu deuten haben, wie sich etwas vorzustellen haben etc.

Vielleicht kannst du damit mehr anfangen Wink


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Britta Redweik
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Beitrag03.08.2017 15:19

von Britta Redweik
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Hehe, eigentlich mach ich das wirklich. Ich google Menschen vorher immer. Aber gut, wie gesagt, ich bin wohl ein Sonderfall.

Puh, wird schwer, weil es in Kapitel 2 dann so richtig losgeht, aber eben diese 5 Jahre Leiden unter den nächtlichen Störungen als Erklärung nötig sind, warum sein Leben plötzlich Kopf steht, aber irgendwie kriege ich das hin.
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Jenny
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Beitrag03.08.2017 15:41

von Jenny
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Das dachte ich zuerst auch: Wie soll das gehen - wenn sie nicht die Infos haben, dann verstehen sie doch gar nicht, worum es da geht!

Tja, und hier fängt dann die Erzählkunst an Cool


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Yorinde
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Beitrag03.08.2017 16:14

von Yorinde
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Hallo Britta,
herzlich Willkommen im Forum! Smile
Einiges, vor allem zum Thema Infodump, wurde ja schon gesagt, da wiederhole ich mich jetzt nicht. Aber das "Show, don't tell"-Prinzip würde ich dir auch ans Herz legen. Wenn dir wichtig ist, das Leiden durch schlaflose Nächte gleich dem Leser mitzugeben, dann schlüpfe doch in den Kopf deines Protas und lass ihn und den Leser erleben, wie er leidet, anstatt es mir nur zu erzählen.
Wenn die Charakterzüge der Eltern nicht schon direkt zu Beginn superwichtig sind, dann lass sie einfach später einfließen und schon entschlackst du deinen Text enorm.
Grundsätzlich finde ich hat der Text vom Stil her Potential. Du kannst gut mit Wörtern umgehen und wenn die Szene für den Leser dann noch etwas lebendiger wird... Daumen hoch²
Eins allerdings finde ich etwas unpassend. Du beginnst dein Buch im Plusquamperfekt, eine eher unschön zu lesende Zeitform, da sich sehr viele "hatte" und "war gewesen" einschleichen. Zuerst dachte ich, ist halt der Prolog, aber es kommt im ersten Kapitel gleich noch mal. Das kannst du sicher noch besser formulieren.
Ich wünsche dir viel Freude und Erfolg beim Um- und Weiterschreiben, aber nicht vergessen: Alles kann, nichts muss. Es ist dein Werk, was du am Ende mit den Hinweisen anfängst ist deine Entscheidung. Smile
Viele Grüße, Yorinde


_________________
Es heißt, das Leben schreibe die besten Geschichten. Hin und wieder sollten wir dem Leben aber auch einen Stift leihen.
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Traumwanderin
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Beiträge: 22



Beitrag03.08.2017 16:43

von Traumwanderin
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Hey Britta,
es wurde schon ganz viel gesagt, ich wollte nur noch ergänzen. (;
Das Thema an sich mag ich und auch deinen flüssigen Schreibstil. Ich glaube schon, dass es Leser gibt, die erstmal mehr über die Figuren erfahren möchten. Allerdings vermute ich, dass die meisten lieber gleich in das Geschehen einbezogen werden und "nebenbei" mehr erfahren.

Ich hatte eigentlich erwartet, dass dein Text durch das viele Hintergrundwissen zu langatmig werden würde - das war bei mir dann jedoch gar nicht der Fall.

Was ich sagen will: In deinem Fall finde ich es jetzt nicht so schlimm, dass du so beginnst, weil man locker durchfliegt. Trotzdem ist "Show, don't tell" (wie bereits erwähnt) etwas, das du zumindest an einigen Stellen bringen könntest, damit das erste Kapitel etwas lebendiger wird.

Ich wünsche dir viel Erfolg beim Überarbeiten und Finden eines tollen Verlags. smile
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Britta Redweik
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Beitrag03.08.2017 16:46

von Britta Redweik
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Vielen Dank, Traumwandlerin.

Ja, langsam hab ich so eine Idee. Ich sammel aber erstmal gleich das Feedback von euch plus meinen drei bisherigen Testlesern und überarbeite in einem Rutsch, damit die drei nicht meckern, dass es schon wieder Änderungen gibt. lol2

edit: Huch, Yorinde ganz überlesen, entschuldige bitte.

Also gleich danke an alle drei smile
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A.F. Daring
Gänsefüßchen


Beiträge: 20
Wohnort: Deutschland


Beitrag04.08.2017 12:36

von A.F. Daring
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Liebe Britta,

auch ich habe mir Deinen Text durchgelesen. Ich mag das Thema ungemein und würde definitiv ein Buch lesen wollen in dem der Protagonist von einem geheimnisvollen Buch gerufen wird. Bin schon ganz gespannt darauf, mehr davon zu lesen.

Allerdings liest es sich für mich, momentan noch, wie ein erster Entwurf (jedenfalls lesen sich meine ersten Entwürfe so), bei dem Du die Gedanken, die Du dem Leser vermitteln möchtest, auf verschiedene Art und Weise beschreibst.

Dadurch entstehen für mich zu viele Wiederholungen. Als Autor geht es mir selbst häufig so, dass ich mich manchmal frage: War das jetzt zu viel Information? Zu viel Redundanz? Aber, wenn ich es verkürze, versteht dann überhaupt noch jemand was ich sagen will?

Bei Deinem Text, dachte ich mir häufig: "Ja, ich habe verstanden, dass er Bücher liebt." Du sagst mir das im ersten Satz schon. Und dann habe ich das Gefühl, mich durch viele verschiedene Formulierungen durchzukämpfen, die alle auf dem selben Punkt hinauswollen.

Ich markiere hier mal was ich meine:

Britta hat Folgendes geschrieben:
Sein Leben lang hatte er Bücher geliebt, aber nie war es genug gewesen, nie das Richtige darunter. Immer hatte er gelesen, Bücher gefunden, die er mochte, sich sogar in manch ein Buch verliebt, es in seine Sammlung aufgenommen und immer wieder gelesen.
Er hatte nie wirklich auf die Genres geachtet. War mit Büchern eingeschlafen und aufgewacht, las im Bett, auf der Toilette, beim Essen und wann immer er nicht arbeitete. Er las, was immer er an Büchern in die Hände kriegen konnte, aber ES war nie dabei gewesen. Er wusste nicht einmal, wonach er suchte, er wusste nur, dass es nach ihm rief. Wenn er nachts in seinem Bett lag, immer in einem anderen Hotel, immer unterwegs auf der endlosen Reise, die sich sein Leben nannte, dann lauschte er in die Dunkelheit hinein und hörte dem Wind zu.
Leise wehte dieser zum immer leicht geöffneten Fenster hinein und säuselte seinen Namen und immer konnte er schwören, dass etwas ihn bat, gefunden zu werden. Ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben, wusste er, dass es ein Buch war, das da nach ihm rief. Sein musste. Nichts Anderes spielte in seinem Leben eine so große Rolle, nichts Anderes hatte je wirklich einen Platz in seinem Leben gehabt, was sollte es also sonst sein? Und so lag er immer da, lauschte dem Flehen, ertappte sich oft dabei, zu antworten, um einen Hinweis zu bitten. Zu erfragen, warum ausgerechnet er gerufen wurde. Und doch kam da nichts, nur die gleichen Worte wie immer. Sein Name und ab und an ein leises "Finde mich".
Doch wenn die Nacht vorbei war, war die Stimme verschwunden und der Wind nur noch Luft. Und jeden Morgen wieder blieb er ohne Antwort zurück, immer weiter getrieben von diesem Gefühl, etwas zu suchen, was er nicht greifen konnte. Etwas, was er aber brauchte, ohne dass er keinen Frieden finden konnte. Das perfekte Buch? Das unmögliche Buch?

Kapitel 1: Das Flüstern in der Nacht


Fianan war umgeben von Büchern aufgewachsen, sie standen in jeder Ecke, lagen auf jedem Tisch, teils als Dekoration, teils abgelegt, um schnellstmöglich wieder aufgenommen und gelesen zu werden. Manche Möbel bestanden sogar aus Büchern, mit einem Sitzkissen darauf für einen Stuhl oder einem Holzbrett, damit sich eine Ablagefläche bildete. Ein Raum ohne Buch ist wie ein Gesicht ohne Lächeln, hatte seine Mutter immer gesagt und dann gleich noch mehr Bücher ins Haus geholt.


Ich denke, Du hast da tolle Formulierungen dabei, aber man könnte sehr viel herauskürzen. Zum Beispiel finde ich den Satz, den Finians Mutter immer gesagt hat, toll. Und er sagt eigentlich schon alles.

Ansonsten sind mir auch Wortwiederholungen negativ aufgefallen. Durch die Wiederholungen wurde meine Aufmerksamkeit auf diese Worte gelenkt und haben mich aus der Geschichte herauskatapultiert.

An Deiner Stelle würde ich Deinen Text auf die Worte "immer", "wieder", "Welt" kontrollieren und einige davon löschen.

Ansonsten würde mich wirklich interessieren, wie alt Fianan wohl ist. Und hier kommt der Grund meiner Neugier:

Das Gefühl, das Du beschreibst, dass man nicht zu dieser "oberflächlichen Welt da draußen "hinzugehören möchte, und sich lieber in die eigene "Kopfwelt" zurück zieht, kennen bestimmt viele, ich auch.
Für mich, kommt Finian aber leider reichlich arrogant bei seinen Überlegungen dazu rüber, so dass er mich an einen "edgy" Teenager erinnert, der sich für eine ganz besondere Schneeflocke und für viel besser hält als alle anderen.

Andererseits hat Finian seine Ausbildung abgeschlossen und sollte aus dem Edgy-Teenager-Alter raussein.

Für mich macht ihn das ein bisschen unsympathisch und ich habe deshalb weniger Lust, ihm als Protagonisten zu folgen oder mich mit ihm zu identifizieren, da er mich ja beinahe mitbeleidigt.

Ich finde, man kann sehr wohl Schwierigkeiten haben, sich in der "wahren Welt" -- wie Du es nennst -- einzufinden, aber gleichzeitig würde es einem gut stehen weniger arrogant zu sein, die anderen nicht als schlechter zu beurteilen. Im Gegenteil, man könnte sogar neidisch auf die vorgelebte "Leichtigkeit" der anderen sein.

Das ist jetzt natürlich mein persönlicher Geschmack und ich hoffe ich war nicht zu streng mit Finian. Es ist für mich, neben den Wiederholungen, der einzige Knackpunkt, der mich am Weiterlesen hindern würde. Aber es ist Dein Buch und Dein Finian und Du musst natürlich wissen, wer er ist und wie Du ihn haben willst.

Ich hoffe, Du kannst etwas mit meinem Feedback anfangen,
würde mich freuen, mehr über Finian und seine Welt zu erfahren (insbesondere sein Alter),

LG
A.F.
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Britta Redweik
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Beitrag04.08.2017 13:16

von Britta Redweik
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Zu der Zeit seiner Jobwahl ist er 18, wie die meisten nach dem Abi. Zur Zeit, in der das Buch spielt, 26 (wobei er ziemlich lange reisen muss, da muss ich vielleicht noch einen Geburtstag reinarbeiten).

Zu den Wiederholungen, war eigentlich genau das der Wunsch. Es ist ein bisschen an 'Ein Buchladen zum Verlieben' angelehnt und versucht, genau das Gefühl nachzuahmen. Dass die Buchliebe allgegenwärtig ist und dich wie eine warme Decke beim Lesen umschließt und erst einmal beruhigt. Dich in die Welt entführt, wo alles um dich herum einfach perfekt und buch-verrückt ist. Auch, um zu beschreiben, wie ruhig er aufgewachsen ist, wie weltfremd, ohne je eigene Abenteuer erlebt zu haben.

Einerseits ist das daraus entstanden, dass ich selbst diese buchverrückte Atmosphäre besonders mag und Bücher teilweise nur kaufe, weil sie mir das versprechen, andererseits aber auch, um den Leser erst den Kontrast zur Ruhelosigkeit im Jetzt und dann die Überforderung in der Zukunft spüren zu lassen, weil sein Leben ab Kapitel 2 vollkommen auf den Kopf gestellt wird und er nicht mehr zurück in diese warme, gemütliche Bücherwelt der positiven Langeweile und Abgeschiedenheit zurück kann.  Und auch, weil es wichtig ist, um zu erklären, wie er zu dem Gefühl kommt, dass die Stimme, die nach ihm ruft, zwangsläufig ein Buch sein muss. In seiner Welt gibt es einfach nichts Anderes.

Ich hoffe, man versteht, wie ich das meine. lol2

Deshalb hatte ich ja den etwas mysteriösen Prolog davor gesetzt, um ein wenig Rätsel aufkommen zu lassen, dieses kleine, nagende Gefühl 'Was ruft denn da? Hä?', um den Leser erst etwas anzufüttern, bevor ich ihn in Fianans Lebenswelt einführe und die dann auch noch vor seinen Augen zerstöre.

Und ja, er ist anders. Ein Außenseiter. Genau die soll es ja ansprechen. Nicht die hippen Teenies, sondern die Bücherwürmer, die so vollkommen abseits der normalen Welt leben und oft von Normalos eher belacht sind. Das ist schon ein wenig zielgruppengerichtet. Quasi vor allem für die, die du in der aktiven Buchszene findest.
Mag aber sein, dass das zu sehr eingrenzt.

Wobei er auch noch ein bisschen wie ein Teenager ist, über das Buch hinweg. Weil er eben auch in seinem Job eher ein Fachidiot wird, der keine Ahnung von der echten Welt hat. (Gut, die 'echte' Welt beinhaltet Magie, aber auch das weiß er noch nicht.) Er ist trotz seines Alters sehr bald eher der kleine Schuljunge, dem auch noch von allen erst einmal gesagt wird, was er machen soll, bevor er endlich selbst denken darf.

Keine Sorge, ich finde das gar nicht streng. Im Gegenteil. Ich habe anfangs nur geschrieben, was ich selbst gerne lesen würde, und immer wieder geändert und geändert, bis es dem Leser und Buchblogger in mir besser gefiel. Bis es mehr oder weniger das perfekte Buch für MICH wurde.

Aber ich hab nie wirklich drüber nachgedacht, WARUM ich das so empfinde und warum genau ich was wie geschrieben habe. Ich weiß nicht, ob ich viel ändern werde. Aber selbst wenn nicht, hat mir selbst das mehr Einblick in mein Buch gegeben, als ich vorher hatte. smile

Vielen Dank dafür.
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Ruyi
Geschlecht:weiblichLeseratte


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Beitrag04.08.2017 13:21

von Ruyi
Antworten mit Zitat

Hallo Britta,

ich hätte da noch ein paar Anmerkungen zu deinem Text. Nimm dir einfach, was du brauchen kannst, und ignorier’ den Rest lol2

Prolog
Der liest sich sehr verträumt, leicht geheimnisvoll und erinnert mich vom Thema und von der Atmosphäre her ein bisschen an „Der Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafón (ein Buch, das mir sehr gefiel. Auch dort „wartet das richtige Buch“ auf den Protagonisten, wenn ich mich recht erinnere). Allerdings erfahren wir alle wichtigen Punkte direkt in der nächsten Szene noch mal (F. ist ein Büchernarr, er hat keinen festen Wohnsitz mehr, er sucht nach dem einen Buch, das ihn ruft). Es ist fraglich, ob diese beiden Textstellen wirklich nötig sind (zumal sie ja auch direkt hintereinander stehen) oder ob nicht eine von beiden genügen würde.
Zitat:
Er las, was immer er an Büchern in die Hände kriegen (1) konnte, aber ES (2) war nie dabei gewesen.

(1) kriegen: klingt mir für deinen sonstigen Stil zu salopp. Vielleicht besser „bekommen“?
(2) ES: Aber unten schläft er doch mit einem Stephen King ein und liest von mordenden Clowns lol2 Vielleicht könntest du „es“ durch eine andere Formulierung betonen, z.B. „aber dieses eine war nie darunter gewesen“.
Zitat:
Wenn er nachts in seinem Bett lag, immer in einem anderen Hotel, immer unterwegs auf der endlosen Reise, die sich sein Leben nannte, dann lauschte er in die Dunkelheit hinein und hörte dem Wind zu.

Zitat:
Doch wenn die Nacht vorbei war, war die Stimme verschwunden und der Wind nur noch Luft.

Ganz toll, die beiden!

Kapitel 1
Dieser Teil wiederholt hauptsächlich, was wir schon aus dem Prolog wissen, und zeigt die Eltern noch etwas genauer. Der ganze Teil ist kompletter Infodump, wie auch schon meine Vorschreiber angemerkt haben. Allerdings liest sich der Text durch deinen Stil sehr flüssig, so dass es mich jetzt nicht so sehr gestört hat. Falls du es noch nicht kennst, kannst du zum Vergleich/zur Anregung ja mal bei Amazon in „Der Schatten des Windes“ reinlesen. Da bekommen wir auf den ersten Seiten auch viele Hintergrundinformationen zu Lebenssituation und Familie, aber gleichzeitig eben auch eine lebendige Szene mit agierenden Personen.
Zitat:
Ein Raum ohne Buch ist wie ein Gesicht ohne Lächeln, hatte seine Mutter immer gesagt und dann gleich noch mehr Bücher ins Haus geholt.

Das gefällt mir und könnte ich mir z.B. gut als Einstiegssatz für das erste Kapitel vorstellen.

Die Eltern – normal oder nicht?
Mir gefällt es zwar, wie du die Eltern beschreibst und wie er in die Welt der Bücher hineingezogen wird, aber richtig rund wirkt die Stelle auf mich noch nicht, da mir scheint, du würdest die einzelnen Punkte in der falschen Reihenfolge erzählen. Runder wäre es für mich von der Chronologie her so:
- Seine Eltern sind distanziert, leben nur auf, wenn sie ihm vorlesen (für F. der Normalzustand, Eltern als Vorbild – und da er nicht viel mit anderen Kindern spielt, wird er auch nicht viel Kontakt/Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Müttern haben, oder?)
- Dadurch erwacht in F. ebenfalls die Liebe zu Büchern, er versinkt in seinen Bücherwelten, distanziert sich ebenfalls von den anderen und ihrer langweiligen Welt (und versteht das Verhalten seiner Eltern)
- Andere Kinder wollen nicht mit ihm spielen – er merkt, dass er und seine Eltern offensichtlich „nicht normal“ sind, es ist ihm aber egal/er kapselt sich immer mehr ab
Zitat:
Er war ein Gefangener der Buchwelt, genau wie seine Eltern. Die wahre Welt hatte ihn tiefer hineingedrängt und bald hatte er nicht mehr richtig hinausgefunden. Hatte sich hier auch wohler gefühlt. Natürlich war die Welt, in der er nun lebte, nur fiktiv, und doch erschien diese ihm so viel wirklicher, so viel besser und lebendiger.

Durch die markierten Ausdrücke wirkt die Stelle auf mich sehr oberflächlich und wenig konkret. Was für eine Buchwelt? (Jedes Buch hat ja seine eigene Welt) Warum erscheint sie ihm besser, warum lebendiger? Wenn du hier konkreter werden würdest, könntest du F. glaube ich auch ganz gut charakterisieren. Es macht ja z.B. einen Unterschied, ob man jetzt gern auf einem Piratenschiff ein blutiges Abenteuer erlebt oder mit den Freunden aus Bullerbü durch den Wald spaziert. Weiter unten schreibst du z.B., er möchte Spannung, Abenteuer, Liebe – das würde ich hier schon aufgreifen und statt Buchwelt z.B. ein konkretes Setting wählen, und für besser und lebendiger ein Beispiel oder einen Vergleich anführen.
Zitat:
Was interessierte ihn, welcher angeblich berühmte Mensch nun eine Affäre mit einem anderen angeblich berühmten Menschen hatte?

Hm, aber ist dieser Klatsch in den Medien nicht auch eine Form von Geschichtenerzählen? (Und das Thema Liebe interessiert ihn in Büchern auch) Thematisch findet sich so was ja auch in vielen Romanen wieder. Ein Beispiel aus seinem konkreten Leben fände ich glaube ich nachvollziehbarer, wie oben das mit dem Kuchen usw., weil man dem Promi-Mist ja ziemlich gut aus dem Weg gehen kann (z.B. statt Promis „was interessierte ihn, mit wem die B. aus der Parallelklasse neuerdings ausging“ oder so – also Klatsch, der noch näher an seinem Leben dran ist, es noch stärker bedroht, noch kleiner und unbedeutender ist).
Zitat:
Aber nicht nur die Fantasie hatte es ihm angetan.

Meinst du Fantasy? Fantasie sollte jedes Buch haben, Fantasy nur die aus bestimmten Genres wink
Zitat:
und ein Dach über dem Kopf haben - und sei es nur, damit die Bücher bei Regen nicht nass wurden.

Haha, passt gut zu seinem Charakter.
 
Zitat:
Doch obwohl er in der Zeit des Internets aufwuchs, im Zeitalter der Blogs und YouTube-Stars, fand er dort nicht seinen Platz.

Warum ist das ein Gegensatz? Außerdem will er doch lesen und nicht schreiben oder Videos schauen.
Zitat:
Und so begann er, als Buchbinder in die Lehre zu gehen.

Sonst werden Büchernarren ja schon gern Händler oder Bibliothekare – gefällt mir gut, dass er sich wegen Menschen gerade etwas anderes aussucht.
Zitat:
Er lernte die edle Kunst, wie man Bücher band und sie restaurierte. Lernte, wie man Titel einprägte und auch, wie man es schaffte, sich dabei so selten wie möglich zu verbrennen.
Und dann war seine Lehrzeit vorbei, die Prüfung bestanden. Noch wohnte er in einem über Jahre gemieteten Zimmer in einem Wohnheim. An einem festen Ort, mit festen Regeln, Ritualen und einem Alltag, der planbar war. Aber das sollte sich nun ändern, ohne dass er das so gewollt hätte.

Was ist mit dem Lesen in dieser Zeit? Hat er noch Zeit dazu? Ärgert er sich, dass er nicht mehr so viel Zeit dafür hat, oder erfüllt ihn die Buchbinderei so sehr? Was ist mit den festen Regeln, dem planbaren Alltag – früher fand er das doch langweilig und hat sich extra deswegen in die Bücherwelten geflüchtet? Wie steht er jetzt dazu? Warum will er plötzlich nicht mehr, dass sich die Situation ändert?
Zitat:
Auch auf dem Flur des Hauses hörte er nichts außer dem Schnarchen des Studenten, der das Zimmer neben ihm bewohnte.

Hier finde ich es gut, dass du dem Studenten keinen Namen gegeben hast. Das zeigt gut die Distanz zwischen F. und den anderen.

Fazit
Idee wie Schreibstil gefällt mir. Dein Text hat mich durchaus neugierig gemacht, wie es weitergeht, und beinhaltet einige wirklich schöne Passagen. Allerdings finde ich die Kombination von Prolog und erstem Kapitel unnötig, da beide in etwa denselben Inhalt haben. Ich würde daher einen Teil streichen – dadurch würden auch viele Dopplungen rausfliegen und der Anfang nicht mehr ganz so infodumplastig erscheinen.

Tut mir leid, dass es so lang geworden ist. Wollte eigentlich wirklich nur ein paar Worte loswerden ...

LG
Ruyi
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Britta Redweik
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Beitrag04.08.2017 13:45

von Britta Redweik
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Ach, DESHALB liebt meine Mutter das Buch so sehr. Also Zafón. Es liegt hier noch herum, aber mein eigener SUB ist noch 220 Bücher hoch, weshalb ich es trotz ihrer Empfehlung noch nicht gelesen hatte. Jetzt sollte ich es wohl meinen mal vorziehen. Danke für die Empfehlung. (Und: Oh Gott, hoffentlich habe ich nicht unbewusst genau seine Idee aufgegriffen ... )

Ich LIEBE die meisten deiner Punkte. Auf viele der Ideen wäre ich nicht mal gekommen.

Stimmt, an ES und Stephen King hab ich nicht mal gedacht. (Lese King nicht, ich wollte nur noch ein weiteres Genre reinbringen.) Ja, auch wenn es irgendwie lustig ist, sollte ich das definitiv umschreiben.

Zu Fantasie: Damn, das passiert, wenn man mit denen zu tun hat, die das Genre Phantasie nennen, man selbst aber Fantasy vorzieht. Da hat mein Kopf Mischmasch draus gemacht und es ist der Rechtschreibprüfung und mir selbst nicht mal aufgefallen, weil das Wort ja auch existiert. Dankeschön!

Bezüglich Internetzeitalter: Es ging darum, Jobs zu finden, die mit Büchern zu tun haben. Vielleicht sollte ich das noch verständlicher da schreiben, dass auch bei dem Gedankengang eher Booktube oder Jobs bei Bookriot und Co., also den großen Blogs, gemeint waren und nicht das Internet als solches. smile

Zitat:
Zitat:

Er lernte die edle Kunst, wie man Bücher band und sie restaurierte. Lernte, wie man Titel einprägte und auch, wie man es schaffte, sich dabei so selten wie möglich zu verbrennen.
Und dann war seine Lehrzeit vorbei, die Prüfung bestanden. Noch wohnte er in einem über Jahre gemieteten Zimmer in einem Wohnheim. An einem festen Ort, mit festen Regeln, Ritualen und einem Alltag, der planbar war. Aber das sollte sich nun ändern, ohne dass er das so gewollt hätte.


Was ist mit dem Lesen in dieser Zeit? Hat er noch Zeit dazu? Ärgert er sich, dass er nicht mehr so viel Zeit dafür hat, oder erfüllt ihn die Buchbinderei so sehr? Was ist mit den festen Regeln, dem planbaren Alltag – früher fand er das doch langweilig und hat sich extra deswegen in die Bücherwelten geflüchtet? Wie steht er jetzt dazu? Warum will er plötzlich nicht mehr, dass sich die Situation ändert?


Nein nein, gegen den planbaren Ablauf hatte er vorher auch nichts. Nur gegen die Art, wie die Leute darin lebten. Nicht aber, dass er genau wusste, wann er aufstehen musste, nach hause kam, lesen konnte. Er mochte es, diese Sicherheit zu haben und nur durch das Eintauchen in Bücher da raus zu kommen, nicht aber echte Abenteuer zu erleben.
Irgendwie klingt es jetzt immer noch nicht verständlicher, oder? lol2
Eben diese Geborgenheit und Sicherheit, die einem eine feste Struktur gibt. Dass nie etwas Unvorhersehbares passiert, und man selbst etwas Spannendes aus dem weichen Sessel hinaus erleben kann und nie in echte Gefahr kommt. Er mochte das Leben immer simpel.

Soll ich das noch besser erklären? Dann könnte es im schlimmsten Fall aber ein noch längerer Anteil an Infos werden. *Kopf kratz*


Bei allem, wozu ich nichts gesagt habe, stimme ich dir ohne auch nur das Bedürfnis, was dazu zu sagen, zu. Also ... das ignorier ich nicht, bitte nicht falsch verstehen. Da habe ich nur nicht das Gefühl, noch zu erklären, dass etwas keine Absicht war, o. Ä. lol2
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Britta Redweik
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Beitrag16.08.2017 18:22

von Britta Redweik
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Ich habe mich jetzt mal daran versucht (und hab von meinen Testlesern gleich Ärger bekommen, weil sie tatsächlich mit der bisherigen Version zufrieden waren) und ... Bin ehrlich gesagt nicht glücklich.

Ich habe versucht, zu kürzen, und gleichzeitig etwas zu 'emotionalisieren', ohne die Infos zu verlieren (weil sie einfach an den Stellen nötig sind und nicht später eingebracht werden können, weil Kapitel 2 gleich den Umbruch in die Handlung selbst bietet und da wieder alles anders wird). Habe versucht, den Prolog mehr als Appetizer herauszuarbeiten, der genug Interesse wecken soll, damit man dann auch das ruhige Einleiten in die Geschichte aushält.

Aber irgendwie finde ich, dass es damit nicht nur aus irgendeinem Grund statt kürzer länger geworden ist, sondern auch charakterloser. Also ... als würde es sich nicht mehr nach mir anhören, sondern nach einem beliebigen Buch eines beliebigen Autors. Dabei habe ich versucht, alle Tipps, die mir sinnvoll erschienen, umzusetzen. Aber irgendwie ... gefällt es mir nicht. Es scheint nicht mehr so zielführend und prägnant, und hilfreich, um Fianans Hintergrund zu verstehen, sondern eher zäh und überemotional, viel zu sehr auf den Charakter und zu wenig auf die Handlung gemünzt.
Bin ich da alleine?

(Hab's der Lesbarkeit halber diesmal in Blocksatz gesetzt. Irgendwie finde ich die Formatierung hier im Forum sehr anstrengend zu lesen.)

__________________________________________


Prolog

Sein Leben lang hatte er Bücher geliebt und das hatte ihm gereicht, um glücklich zu sein. Immer hatte er gelesen, Bücher gefunden, die er mochte, sich sogar in manch ein Buch verliebt, es in seine Sammlung aufgenommen und immer wieder gelesen. Es gab ihn und die Geschichten und mehr brauchte er im Leben nicht, bis zu dieser einen schicksalhaften Nacht. Danach aber war es nie wieder genug gewesen, nie war das richtige Buch unter denen, die er las.
Dabei achtete er nicht einmal auf Genres, schränkte sich nicht ein. Er schlief mit seinen Büchern ein und wachte mit ihnen auf, las im Bett, auf der Toilette, beim Essen und wann immer er nicht arbeitete. Er las, was immer er an Büchern in die Hände bekommen konnte. Früher nur, weil er Bücher liebte, aber es wurde mehr und mehr zum Zwang, um es zu finden, das eine Buch, das ihn vorantrieb. Er wusste nicht einmal genau, wonach er suchte, er wusste nur, dass etwas nach ihm rief und ihm keine Ruhe ließ.
Wenn er nachts in seinem Bett lag, immer in einem anderen Hotel, immer unterwegs auf der endlosen Reise, die sich nun sein Leben nannte, dann lauschte er in die Dunkelheit hinein und hörte dem Wind zu.
Leise wehte dieser zum immer leicht geöffneten Fenster hinein und säuselte seinen Namen. Noch bevor weitere Worte hinzugekommen waren, hatte etwas in Fianan gewusst, dass das Flüstern in der Nacht ihn bat, von ihm gefunden zu werden. Dass er etwas suchen musste.
Ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben, wusste er, dass es ein Buch war, das da nach ihm rief. Dass es ein Buch sein musste! Nichts Anderes spielte in seinem Leben eine so große Rolle, nichts Anderes hatte je wirklich einen Platz in seinem Leben gehabt, was sollte es also sonst sein?
Und so lag er immer da, jede Nacht aufs Neue. Er lauschte dem Flehen, ertappte sich oft dabei, höflich zu antworten und um einen Hinweis zu bitten. Zu erfragen, warum ausgerechnet er gerufen wurde. Warum er um den Schlaf gebracht und von den immer gleichen Worten weiter und weiter vorangetrieben wurde. Warum man ihn nicht endlich in Ruhe ließ. Ob er nicht wenigstens eine Nacht mal schlafen durfte. Und doch kam keine Antwort, nur die gleichen Worte wie bisher. Sein Name und mit der Zeit auch hin und wieder ein leises "Finde mich".
Er hatte alles versucht, in den langen Jahren der Qual. Nicht nur alles getan, um die Stimme dazu zu bringen, mit ihm zu sprechen, sondern auch, um sie einfach nicht mehr hören zu müssen. Aber es nützte nichts, das Kissen auf die Ohren zu drücken. Auch Ohrenstöpsel konnten die Stimme nicht abmildern und selbst der Fernseher konnte zwar die Straßen draußen, aber nicht das Rufen übertönen.
Fünf lange Jahre erging es ihm mittlerweile schon so und belastete Fianan mehr und mehr. So lag er bald in mancher Nacht da und zitterte nur noch, weil ihm die Kraft fehlte, den Ruf zu ignorieren, er aber auch nicht wusste, wie er ihm noch folgen sollte. Er flehte, die Stimme würde endlich verstummen. Oder sich zu erkennen geben. Es möge wenigstens irgendetwas geschehen, völlig egal was.
Doch wenn die Nacht vorbei war, war die Stimme verschwunden und der Wind nur noch Luft. Und jeden Morgen wieder blieb er müde und ohne Antwort zurück, immer weiter getrieben von diesem Gefühl, etwas zu suchen, was er nicht greifen konnte. Etwas, was er aber brauchte, ohne dass er keinen Frieden finden konnte. Immer mit dem Gefühl, dass er ein Buch suchte. Doch was für eines? Das perfekte Buch? Das unmögliche Buch? 


Kapitel 1: Das Flüstern in der Nacht

Dabei hatte es so ruhig und harmlos angefangen. Bücher waren nur Freunde gewesen, immer für ihn da. Ein Raum ohne Buch ist wie ein Gesicht ohne Lächeln, hatte seine Mutter  immer gesagt und dann gleich noch mehr Bücher ins Haus geholt.
Sie war keine besonders herzliche Frau gewesen, die selbst allzu häufig gelächelt hätte, das nicht. Immer war sie seltsam distanziert gewesen, in ihrer eigenen Welt lebend und der Realität gegenüber abgeneigt, die sich draußen vor der Tür abspielte. Sie hatte sich, so oft es ging, irgendwo verkrochen und war dabei nicht gerade das, was man einen mütterlichen Typ genannt hätte. Und doch hatte sie ihm das größte Geschenk gemacht, das zu geben sie in der Lage gewesen war, und auch das größte, das er je hätte erhalten können. Sie hatte ihn in die Welt der Bücher eingeführt und ihm eine Zuflucht gegeben.
Wenn sie ihm ein neues Buch vorlas, dann war sie wie eine normale Mutter gewesen. Er hatte sich als kleines Kind in ihrem Schoß eingerollt und sie gebeten, ihm vorzulesen. Dann hatte sich eine warme Hand streichelnd auf ihn gelegt, während seine Mutter ihn ins Reich der Fantasie entführte. Und wenn er sie später fragte, welches Buch er denn als nächstes lesen könnte, war da dieses Blitzen in ihren Augen gewesen. Stolz und Liebe für ihren Sohn. Dann hatte es sich angefühlt, als wäre es bei ihnen normal. Richtig. Als wären sie eng verbunden.
Auch sein Vater war ähnlich gewesen. Er war ein gutmütiger Mann, aber irgendwie nicht richtig da. Körperlich greifbar, aber doch geistig oft weit fort. Und auch er las Buch um Buch und brachte immer wieder neue nach hause.
So kam es, dass Bücher letztlich überall um sie herum waren. Sie standen in jeder Ecke, lagen auf jedem Tisch, teils als Dekoration, teils abgelegt, um schnellstmöglich wieder aufgenommen und gelesen zu werden. Fianan und sein Vater hatten sogar manche Möbel aus Büchern gebaut. Das waren die Momente, in denen Vater und Sohn sich einander nahe fühlten.
Er erinnerte sich noch genau, wie er Buch um Buch gestapelt hatte, zu zwei gleich hohen Türmen. Dann hatte er sie leicht angestoßen, um sicher zu gehen, dass sie robust genug waren. Erst, als sie sich da sicher waren, legte sein Vater ein Holzbrett als Tischplatte darauf. Der Schreibtisch, der so entstand, war sogar mit schnellen Handgriffen höhenverstellbar. Sein Vater hatte so begeistert ausgesehen, so voller Liebe und in solchen Momenten wirklich da und nicht weit weg, wie sonst.
Und wenn einmal ein Stuhl fehlte, konnte auch das mit einigen Büchern und einem Sitzkissen schnell korrigiert werden. Wenig hatte dem kleinen Fianan mehr Spaß gemacht, als sein Zimmer immer neu zu gestalten, nur mit Hilfe der Bücher. Da war er genau wie seine Eltern. Und je älter er wurde, desto mehr fand man ihn auch mit der Nase in einem Buch.
Für ihn war das völlig normal. Er kannte es zunächst nicht einmal anders. Aber in der Schule bemerkte er, dass andere Eltern nicht so waren. Manche trieben ihre Kinder zu Höchstleistungen an und andere spielten ausgelassen mit ihnen. Er wusste nicht, ob er eifersüchtig sein sollte. Aber die anderen Kinder lachten ihn oft aus, wenn er wieder las und auch deren Eltern beäugten ihn komisch.
Als das mit den Jahren immer schlimmer wurde und die anderen Fianan mehr und mehr ausgrenzten, begriff er, warum seine Eltern so vollkommen anders wirkten, als andere Erwachsene. Er bemerkte, wie er selbst sich immer weiter in seine Bücher zurück zog, immer öfter versuchte, der Realität zu entfliehen. Er wurde ein Gefangener der Bücher, genau wie seine Eltern es waren. Das wahre Leben hatte ihn mit jeder weiteren Zurückweisung tiefer hineingedrängt und bald hatte er nicht mehr richtig hinausgefunden. Hatte sich hier auch immer wohler gefühlt. Er lebte nun viel mehr in einem Reich der Fantasie und Träume und wusste, dass nichts davon echt war. Alles, woran er sich festklammerte, war Fiktion. Und doch erschien diese ihm so viel wirklicher, so viel besser und lebendiger als das Leben, das er dafür zurückließ.
Fianan begann, seine Eltern besser zu verstehen und spätestens jetzt beneidete er seine Mitschüler nicht mehr. Er redete sich ein, gar nicht zu wollen, was sie hatten. Wer brauchte schon diese echte Welt, diese ständige Kleinkriege, wer das letzte Stück des Kuchens bekam, wer besser für einen Job qualifiziert war, oder wer die schöneren Schuhe zu einer Hochzeit trug?
Je älter er wurde, je mehr Bücher er las, desto mehr wurde Fianan all das zuwider, was sich sonst um ihn herum abspielte. Was interessierte ihn, welcher angeblich berühmte Mensch nun eine Affäre mit einem anderen angeblich berühmten Menschen hatte? Nein, anstelle von Klatsch las Fianan lieber, welcher Troll welchen Elben jagte, wie mit Magie ein Herz aus Papier zu schlagen begann und so eine Weile lang einen Körper aus Fleisch und Blut am Leben erhielt, und wie es sein konnte, dass ein Zwerg zwei Meter Körpergröße übertraf. Wie Zombies mit Kuscheltieren schmusten und kleine Hamstervampire ihre Zähne in andere Wesen schlugen. Aber nicht nur die Fantasy hatte es ihm angetan. Auch alles andere las er. Von mordenden Clowns bis hin zu mordenden Adligen im Mittelalter, die einst wirklich gelebt hatten. Hauptsache, darin waren Spannung, Abenteuer, Liebe oder wenigstens eine Lektion, die er lernen konnte. Oder das Buch war ein Fenster in eine Welt, die er nie würde beschreiten können, wenn nicht durch Papier und Tinte. In Wälder und Höhlen, in denen er sich verlief und Abenteuer erlebte.
Er hasste die anderen nicht, kam mit Hilfe all der Helden, von denen er las, sogar über die alten Verletzungen hinweg, die sie ihm zugefügt hatten. Aber dennoch lebte er, so oft er konnte, in seiner eigenen Fantasie und kam nur dann zurück in die Realität, wenn es sein musste. Er hatte seinen Platz gefunden. Bücher gaben ihm Halt und machten ihn glücklich.
Wen wunderte es da, dass er nach seinem Schulabschluss etwas mit bedrucktem Papier machen wollte? Nein, wollen war wohl nicht das richtige Wort. Er wollte gar nichts tun, außer lesen. Seine Nase in Bücher stecken und dafür auch noch Geld bekommen. Aber so sehr er sich danach sehnte, völlig in dieser Traumwelt aufzugehen, so sehr gab es doch einen Zwang des wahren Lebens, dem er nicht entkommen konnte. Menschen mussten arbeiten, sich ernähren und ein Dach über dem Kopf haben - und sei es nur, damit die Bücher bei Regen nicht nass wurden.
Fianan überlegte lange, wie er sein Geld mit dem verdienen konnte, was er liebte und machte sich die Entscheidung nicht leicht. Es gab so viele Möglichkeiten. Doch obwohl er in der Zeit des Internets aufwuchs, im Zeitalter der Blogs und YouTube-Stars, fand er dort nicht seinen Platz. Hier hätte er mit etwas Glück sein Geld tatsächlich mit dem Lesen von Büchern verdienen können. Wenn er sie denn spannend rezensiert und sie anderen nahegebracht hätte. Aber er wollte Bücher nicht für andere bewerten. Der Großteil der Menschen war in seinen Augen zu sehr in der Wirklichkeit verwurzelt und der Fantasie gegenüber zu ignorant. Und sicherlich hätte er es auch nicht übers Herz gebracht, zu lesen, wie Andere in den Kommentaren seine geliebten Bücher kritisierten. Nein, selbst wenn er zu den wenigen hätte gehören können, die davon wirklich leben konnten, so wäre das noch das gewesen, was er gewollt hätte.
Auch den Beruf eines Buchhändlers schloss er schnell für sich aus. Als Händler hätte er schnellen Zugang zu neuen Büchern gehabt, natürlich, aber da wären diese vielen Menschen gewesen, mit denen er hätte reden müssen. Vielleicht hätte auch da jemand seine Lieblingsbücher abfällig kommentiert und damit auch ihn verletzt.
Verleger? Dabei gab es zu viel Finanzielles zu bedenken, was dann gleich auch noch seine Autoren und Mitarbeiter beeinflusst hätte. Und Bibliothekare mussten wiederum eher Menschen als Bücher versorgen, also blieb ihm nur das Handwerk.
Und so ging er als Buchbinder in die Lehre. Fianan lernte die edle Kunst, wie man neue Bücher band und alte Werke restaurierte. Lernte, wie man Titel einprägte und auch, wie man es schaffte, sich dabei so selten wie möglich zu verbrennen. Er lernte Bücher von einer völlig neuen Seite kennen, als kleine Kunstwerke in der Herstellung. Es war die richtige Wahl gewesen. War er vorher schon glücklich gewesen, wann immer er sich in einen Roman hatte zurückziehen können, war er nun auch dann glücklich, wenn er nicht las. Er durfte acht Stunden am Tag mehr darüber erfahren, wie Bücher hergestellt wurden und es selbst ausprobieren, und abends dann in ihnen lesen und bewundern, wie viel Arbeit Leute wie er in sie investiert hatten. Es war eine herrliche Zeit.
Die drei Jahre verflogen schnell und schon bald war seine Lehrzeit vorbei, die Prüfung bestanden. Noch wohnte er in einem über diese Zeit gemieteten Zimmer in einem Wohnheim. An einem festen Ort, mit festen Regeln, Ritualen und einem Alltag, der planbar war und ihm so Sicherheit gab. Aber das sollte sich nun ändern, ohne dass er das so gewollt hätte.
Dem Tag seines Abschlusses folgte die Nacht, in der er zum ersten Mal die Stimme nach sich rufen hörte und sein Martyrium begann. Gerade war er mit dem neuesten Buch Stephen Kings auf der Brust eingeschlafen, da säuselte jemand seinen Namen. Sofort saß Fianan kerzengerade auf seinem Bett und starrte in die Nacht hinein.
Er konnte niemanden sehen, obwohl der Vollmond hell in sein kleines Zimmer schien, dessen Fenster groß genug war, um den ganzen Raum in bleichem Licht erstrahlen zu lassen. War es nur ein Hirngespenst, ein beginnender Traum gewesen?
Und dennoch hörte er auch jetzt, wach und aufmerksam lauschend, diese Stimme. Aber etwas war seltsam daran. Er hörte sie mehr in seinem Kopf als durch die Ohren.
Fianan stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Nichts. Eine streunende Katze, die ab und an sanft maunzte, lief am Gebäude vorbei, aber sonst war auf den Straßen der verschlafenen Kleinstadt gähnende Leere. Auch auf dem Flur des Hauses hörte er nichts außer dem Schnarchen des Studenten, der das Zimmer neben ihm bewohnte. Und doch war da diese Stimme und ließ sich einfach nicht vertreiben, egal wie viele Kissen der junge Mann sich auf die Ohren drückte.
Das war die Nacht, in der er rastlos geworden war. Seit diesem Zeitpunkt vor fünf Jahren hatte er jeden Tag seines Lebens auf Reisen verbracht. Er war von einer Stadt zur nächsten gereist und hatte jeder Buchhandlung, jeder Bibliothek und jedem Sammler seine Dienste angeboten, getrieben von etwas, das er nicht beschreiben konnte und in der Hoffnung, das zu finden, was ihn ruhelos machte. In der Hoffnung, sein Leben zurück zu gewinnen und Bücher wieder nur als Bücher zu sehen und lieben zu können. Verzweifelt, die Stimme endlich verstummen zu lassen.
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Rainer Prem
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Beitrag17.08.2017 05:33

von Rainer Prem
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Hallo,

Du hast einen sehr angenehm zu lesenden Schreibstil und der Mangel an Rechtschreib- (*) und Grammatikfehlern ist sehr wohltuend. Aber denk mal dran, was der typische Amazon-Kunde denkt, wenn es das hier als Leseprobe kriegt...

Ich fasse den Text mal zusammen: "Fianan stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Nichts."

Das sind jetzt locker zweieinhalbtausend Wörter, in denen *gar nichts* geschieht. Zweieinhalbtausend Wörter sind länger als manche Kurzgeschichte. Ich weiß nach diesem Text, wie das Leben von "Fianan" war, bevor dein Buch anfängt, aber nicht, warum mich das Leben des Kerls interessieren sollte.

Grundvorschlag: Streich erst einmal alles am Anfang eines Buches weg, bis etwas geschieht, was den Leser fesselt. Danach kannst du den *relevanten* Teil der Hintergrundstory folgen lassen, damit der Leser die Handlungen deines Protagonisten verstehen kann.

Grüße
Rainer

(*) einen hab ich noch gefunden: nach hause => nach Hause.
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Britta Redweik
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Beitrag17.08.2017 09:23

von Britta Redweik
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Sehr schwer. Weil ab Kapitel 2 schon alles anders ist und man dafür das Verständnis der beiden vorigen Abschnitte braucht, um zu verstehen, warum ihn das so aus den Latschen wirft. (Keine Sorge, so umgangssprachlich habe ich das im Roman nicht geschrieben Laughing .)

Aber ich muss auch zugeben, dass alles in mir sich dagegen wehrt. Denn Bücher, die gleich mit Action anfangen, leg ich sofort wieder weg. Ich HASSE so einen Schreibstil von ganzem Herzen und schließe Autoren, die das machen, sofort für mich aus. Ich will zunächst eine Welt und einen Charakter lieben lernen, bevor man mir mit zu viel Handlung kommt. Leicht anfüttern ja, aber erst ruhige Beginne.
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Ruby Smith
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Beitrag17.08.2017 10:18

von Ruby Smith
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Man kann einen Charakter auch lieben lernen, indem man ihn durch Abenteuer begleitet. wink
Zumindest geht das, denke ich, den meisten Lesern so, dass man sich mit einem Charaktere schneller identifizieren kann, wenn man mit ihm gemeinsam etwas erlebt (denn so lernt man ihn am schnellsten und am persönlichsten kennen).

Zum Beispiel könnte man deinen Fianan (ist das die richtige Schreibweise? Die anderen bezeichneten ihn immer als Finian) dabei erleben, wie er diese Stimme hört und nicht wie du nacherzählst, dass er immer diese Stimme hörte (klassisches Telling):

"Finde mich!"
Fianan schreckte von seinem Buch auf, das er gerade gelesen hatte. Da war sie wieder. Diese Stimme. Die ihn nun seit geraumer Zeit verfolgte und von der er glaubte, dass es nur die Stimme eines Buches sein konnte. Er schaute sich in seinem Zimmer um, welches voller Bücherregale und Stapeln von Büchern bestand.
"Finde mich!"
Erneut erschallte diese seltsame Stimme, doch Fianan wusste, dass sie von keinem seiner Bücher stammen konnte. Diese hatte er alle schon so oft gelesen und kannte ihren ganz eigenen Ton.


Damit ziehst du den Leser direkt in die Geschichte hinein, denn es passiert etwas aktiv, aber du gibst ihm auch die wichtigen Informationen, die er für den weiteren Verlauf braucht (klassisches Showing).


_________________
I'd like to add some beauty to life. I don't exactly want to make people know more... though I know that is the noblest ambition, but I'd love to make them have a pleasanter time because of me... to have some little joy or happy thought that would never have existed if I hadn't been born.

(Anne Shirley - Anne of Green Gables, Lucy Maud Montgomery)
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Britta Redweik
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Beitrag17.08.2017 10:33

von Britta Redweik
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Aber andere Bücher sprechen ja gar nicht zu ihm.  wink Nur das eine, weil sie eben in Wirklichkeit gar kein Buch ist - zumindest nicht gebürtig.

Neee. Ich weiß nicht. Ich gebe auf. Ich kann nicht so schreiben, dass es gleichzeitig mir und Anderen gefällt, aber mein Grund zu schreiben ist nicht der Zwang, damit Geld zu machen. Sondern, dass kein anderer so schreibt, wie ich es gern lesen würde.

Und ich bin gern der unabhängige Beobachter, der eben nicht zu eng an den Charakter herangezwungen wird. Der nicht mit Emotionen überladen wird, sondern sich vor allem anhand von Informationen durch die Geschichte hangelt. So etwas lese ich gern. Nicht das, was heute in Massen verkauft wird.

Und dann schreibe ich lieber nur noch für mich alleine, wenn mein Stil nicht das ist, was Andere gerne lesen. Das ist mir lieber, als am Ende mit etwas da zu stehen, was jeder andere genau so geschrieben hätte und was nichts mehr mit mir zu tun hat.

Danke euch allen für euer Feedback. smile Aber ich habe, glaube ich, vor allem daraus mitgenommen, dass ich weder als Leser noch als Autor wirklich meinen Platz am Buchmarkt finden kann.


_________________
Ich schreibe nur, weil kein Anderer mir die Bücher schreibt, die ich gerne lesen würde. Würde ein anderer Autor die Geschichten schreiben, wie mein Kopf sie mir erzählt, in einer Art, wie ich sie gerne lese, würde ich nicht mehr schreiben müssen.
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Graven
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Beitrag17.08.2017 10:42

von Graven
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Britta Redweik hat Folgendes geschrieben:


Neee. Ich weiß nicht. Ich gebe auf. Ich kann nicht so schreiben, dass es gleichzeitig mir und Anderen gefällt, aber mein Grund zu schreiben ist nicht der Zwang, damit Geld zu machen. Sondern, dass kein anderer so schreibt, wie ich es gern lesen würde.



Nur nicht so schnell aufgeben, Britta.
Dein Schreibstil gefällt mir, und einige der Sätze und Beschreibungen in Deiner ersten Version gefallen mir richtig gut. Es gibt unzählige Arten, zu schreiben, und ich habe schon Bücher gelesen und toll gefunden, die die gängigen Regeln völlig außer Acht ließen.
Vielleicht würde es helfen, wirklich ganze Absätze wegzustreichen oder später Häppchenweise einzusetzen. Der Anfang eines Buches ist eh immer schwierig zu schreiben, zumindest für mich.

Stelle doch ein späteres Kapitel ein. Da kann man vielleicht sehen, wie das Buch wirklich wird. Und denk daran: Kritik kommt immer. Sie tut weh. Aber sie bringt, zumindest mich, weiter. Und allen wird Dein Buch eh nicht gefallen. Muss/soll auch nicht.
Liebe Grüße
Graven
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Elster
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E
Beitrag17.08.2017 11:03

von Elster
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Aufgeben? Find ich doof.

Ich hab nur die alte Version gelesen, weil du ja selber geschrieben hast, dass dir die Neue nicht so gefällt. Und ich finde die ehrlich gesagt ganz gut. Es gibt unterschiedliche Geschichten und unterschiedliche Arten, eine Geschichte zu erzählen. Und Schreibregeln wie "Show don´t tell" sind nicht allgemein gültig.

Du deutest ja schon an, was noch passieren wird, bzw. dass etwas passieren wird, dass es um eine Suche geht, usw.
Trotzdem gibt es ein paar Stellen, da wird es mir zu viel, da könntest du ein bisschen streichen. Zum Beispiel brauchst du nicht erklären, warum er bestimmte Berufe nicht ergriffen hat (Verleger, Händler). Es reicht mir, zu wissen, was für einen Beruf er hat.
Oder dass er sich nicht für Klatsch und Tratsch interessiert. Das tun viele Leute nicht, dass ist nichts besonderes.
Das sind ein paar Stellen, wo du an Erklärungen sparen könntest.

Ansonsten gefällt mir dein Erzählton. Und wie Graven schon schreibt: Allen kannst du es nicht recht machen.

LG Elster
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Ruyi
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Beitrag17.08.2017 12:41

von Ruyi
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Oh je, da habe ich heute morgen deinen Text gelesen, den ganzen Tag darauf gewartet, dass ich ihn kommentieren kann, und nun das. Und dann sehe ich auch noch jetzt erst, dass du mir auf meinen Kommentar geantwortet hast ... Sad

Ich denke, es ist nur natürlich, dass vor allem der Anfang einer Geschichte am meisten zerfleischt wird. Erstens ist das meistens der Teil, der in Foren landet, zweitens probiert man sich hier oft noch aus, schreibt sich warm, hat sich vielleicht noch nicht ganz in die Art zu schreiben gefunden, in der man den Roman schreiben will. Meine eigenen Anfänge werfe ich auch tausendmal komplett über den Haufen, weil ich sie selber meistens nicht gut finde. Das ist bestimmt kein Grund, den Kopf hängen zu lassen!

Ich mochte deinen Schreibstil und deine Idee ja, könnte mir aber vorstellen, dass du im Moment eine zu enge Sicht auf deine Geschichte hast. Irgendwo hast du erwähnt, dass du eine Figur erst kennen lernen und sie in ihrer normalen Umgebung zeigen willst, bevor du sie ins Abenteuer wirfst. Das ist ja auch gut so. Aber: Zeigst du uns F. überhaupt in seinem normalen Leben? Du stellst deine Figur zwar vor, aber erzählst ausführlich von seinen Eltern, seiner Kindheit, seiner Berufswahl. Dabei ist er doch längst von zu Hause ausgezogen, die Kindheit ist vorbei, die Ausbildung gerade zu Ende. Das wirklich Wichtige hast du stattdessen in deiner Antwort zu meinem Kommentar erwähnt:
Zitat:
Eben diese Geborgenheit und Sicherheit, die einem eine feste Struktur gibt. Dass nie etwas Unvorhersehbares passiert, und man selbst etwas Spannendes aus dem weichen Sessel hinaus erleben kann und nie in echte Gefahr kommt. Er mochte das Leben immer simpel.

Genau diese Sicherheit, die ihm die Routine gibt, müsstest du im ersten Kapitel besser betonen, damit ich als Leser später den Bruch besser nachvollziehen kann. Ich habe beim Lesen deines Textes ja eher gedacht, dass er genau diese Routine eher langweilig findet. Statt davon zu lesen, wie ihm seine Eltern früher vorgelesen haben, fände ich es reizvoller, ihn im Jetzt zu erleben. Vielleicht kommt er von seiner Arbeit nach Hause, z.B. ein paar Tage vor seinem Abschluss, geht wie jeden Abend den WG-Mitbewohnern aus dem Weg und verschanzt sich stattdessen wie immer in seinem gemütlichen Zimmer hinter einem Buch. Statt mit seinen Eltern ausführlich einen Tisch aus Büchern zu bauen, könntest du ganz nebenbei erwähnen, wie er seine Kaffeetasse auf einem Stapel Bücher abstellt. Natürlich könntest du in diese Szene auch Infos zu seinen Eltern (rufen sie ihn an, vermisst er sie? eine Erinnerung aus seiner Kindheit etc.) oder zur Berufswahl einfließen lassen. Und dann legt er sich schlafen und wird von dem Buch gerufen.

Nur ein unverbindlicher Vorschlag natürlich, um dir zu zeigen, dass ich nicht deinen Schreibstil oder deine Perspektive als Problem sehe, sondern eher den Aufbau des Anfangs. Du verschenkst einfach zu viel Potenzial, wenn du in zwei Szenen (Prolog und 1. Kapitel) inhaltlich so ähnlich bleibst. Deinen zauberhaften Prolog in Verbindung mit einer Szene, die F. in jetziger, normaler Umgebung zeigt, fände ich nicht schlecht. Aber zuletzt musst natürlich du dich mit deinem Text wohlfühlen.

Gib nicht auf. Dein Schreibstil und deine Idee haben mir gefallen und dein ursprünglicher Prolog war wirklich zauberhaft. Außerdem gefällt doch auch deinen Testlesern die Geschichte und allen kannst du es ohnehin nie recht machen.

LG
Ruyi

PS: Gib bloß nicht zu viel auf Kommentare, die wir im Forum so schreiben. Das sind doch alles nur Vorschläge und Leseeindrücke. Nimm dir davon, was dir sinnvoll erscheint, und lass dich vom Rest nicht entmutigen. Aber es ist mMn hilfreich zu wissen, wie ein Text auf andere wirkt, wo evtl. doch nachgebessert werden sollte, und auch bei verschiedenen Herangehensweisen bzgl. Handlungsbögen, Szenenaufbau oder auch Handwerklichem zu Schreibtipps lohnt es sich, das wenigstens mal kennengelernt zu haben. Was für dich passt und was nicht, entscheidest aber am Ende immer du selbst.
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Rainer Prem
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Alter: 66
Beiträge: 1271
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R
Beitrag18.08.2017 06:49

von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

Britta Redweik hat Folgendes geschrieben:
Sehr schwer. Weil ab Kapitel 2 schon alles anders ist und man dafür das Verständnis der beiden vorigen Abschnitte braucht, um zu verstehen, warum ihn das so aus den Latschen wirft. (Keine Sorge, so umgangssprachlich habe ich das im Roman nicht geschrieben Laughing .)

...


Das fällt bei mir unter die Kategorie "die Intelligenz des Lesers unterschätzen." Wer meint, man müsse dem Leser in einem ellenlangen Prolog eine Hintergrundgeschichte eintrichtern, damit er die Handlung des ersten (in deinem Fall sogar erst zweiten) Kapitels versteht, verspielt bei vielen Lesern den vorhandenen Anfangskredit ohne dafür eine Gegenleistung zu liefern.

Du magst jemand sein, dem "in medias res" nicht gefällt. Objektiv gesehen gehörst du damit zu einer Minderheit. Wahrscheinlich zu der, die sich auch wundert, warum anglo-amerikanische Schriftsteller häufig erfolgreicher sind als Deutsche.

Grüße
Rainer
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