Wie ticken achtzehnjährige Mädchen heute?

[Rainer Prem]

Hallo,

ich bin nun weit aus dem Alter raus, habe auch kein Beispiel im Bekanntenkreis.

Hier ist meine Story: Das Mädchen, um das es geht, betreibt seit frühester Jugend Judo und hat es auch in ihrer Altersklasse bis zu den deutschen Meisterschaften geschafft. Ihr war es immer klar, dass sie eine internationale Sportlerkarriere anstrebt und danach als Trainer weitermachen will. Ihre Schulkarriere war da nur zweitrangig.

Nun hat sie - ein halbes Jahr vor dem Abitur - das Problem, dass sich ihr Körper so entwickelt hat, dass sie sich eingestehen muss, dass es mit ihrer Karriere aus ist.

Was könnte sie sich denn für Gedanken machen, wie es nach dem Abitur weitergehen könnte? Ich weiß zwar schon, dass ich sie zuerst einmal auf eine einjährige Rucksacktour um die Welt schicke; sie weiß das aber noch nicht, also würde sie wohl nach Alternativen grübeln, wie es weitergehen soll.

Tipps werden dankend entgegengenommen.

Grüße
Rainer

[Poolshark]

Hallo Rainer,

junge Sportler, denen der Körper früher versagt als geplant, schlagen oft eine Karriere irgendwo anders in der Sportbranche ein. Als Trainer, (Anleiter, Personal Trainer, Fitnesskauffrau) Animateur (in Clubs oder auf Kreuzfahrschiffen), Sport-Journalist oder Ähnliches ein. Polizei, Bund und Grenzschutz heuern auch gern Sportler an.

Aber da deine Protagonistin eine Weltreise im Sinn hat, scheint sie noch ein wenig reflektieren zu wollen. Überhaupt hab ich die Erfahrung gemacht, dass Sportler recht reflektiert und pragmatisch sind, was ihre Zukunftsplanung angeht. (Trotz der großen Traurigkeit, wenn der Traum platzt) Und tendenziell auch ein bisschen erwachsener als andere Gleichaltrige was ihre Weltsicht angeht.

Diese Eigenschaft überschneidet sich ein bisschen mit der Betreuung, Bevormundung und Fremdorganisation, die jungen Sportlern oft zu Teil wird und die dann plötzlich wegfallen, wenn die Karriere platzt und sie vielleicht sogar ganz mit dem Sport aufhören müssen. Das kann diese jungen Menschen schon mal in ein Loch fallen lassen. Gerade dann, wenn zeitgleich auch die Struktur der Schule nach dem Abitur wegfällt.

Grundsätzlich glaube ich also, dass Sportlerinnen ein klein bisschen anders ticken, als gewöhnliche Achtzehnjährige. Die Bindungen zu Trainer und Trainingskameradinnen sind oft enger, als zur eigenen Familie. (Vor allem dann, wenn die Sportlerinnen zusammen wohnen).
Das Leben ist fremdbestimmt, aber sortiert und diszipliniert. Trotz allem sind sie natürlich auch junge Erwachsene, die sich ausprobieren, auch mal über den Durst trinken, zusammen Blödsinn machen und sich zum ersten Mal das Herz brechen lassen.

Soviel zu meinen Gedanken, die ich mit einer Sportlerin aufgewachsen bin.

Viel Erfolg mit der Story.

[Nicki]

Ich habe zwei Kinder, allerdings Jungs, die beide einige Jahre Judo gemacht haben. Was ich nicht verstehe: was verstehst du unter dieser körperlichen Veränderung? Die normale weibliche Entwicklung mit Busen, Kurven usw. können doch nicht gemeint sein, oder?
Was hält deine Prota vom Sport ab? Und Trainerin könnte sie doch trotzdem noch werden. Lass sie Sport allgemein studieren oder eine ähnliche Karriere anstreben. EIne Trainerlizenz würde sie doch wohl hinkriegen?

[Poolshark]

Oh, entwickelt? Ich hab irgendwie hineingelesen, dass es da eine krankhafte Entwicklung gab. Weibliche Judoka gibt es doch auch? Brüste können doch kein ernsthafter Hinderungsgrund sein.

[Leveret Pale]

[Jenny]

Mich würde es auch interessieren, was du mit der Entwicklung ihres Körpers meinst. Die weiblichen Rundungen hoffentlich nicht, die stören dabei nämlich nicht (wie ich aus eigener Kampfsporterfahrung weiß).

[BirgitJ]

Die körperliche Entwicklung hat mich auch stutzig gemacht. Ich habe kurz an Schwangerschaft gedacht, aber das passt  nicht zur geplanten Weltreise. Fragen über Fragen ...
Besten Gruß von BirgitJ

[Willebroer]

Vielleicht ist hier was zu finden:

https://idw-online.de/de/news446535

[Traumwanderin]

Das mit der Körperumwandlung habe ich auch nicht so verstanden, aber ich kann dir ja mal sagen, wie es mir ging, als ich beschlossen hatte, meinen eigenen Weg einzuschlagen.
Vielleicht zieht sie auch Möglichkeiten wie FSJ, oder Vorklassen auf Trainerscheine in Betracht.

Im Bezug auf die Reise, die sie planen wird:
Ich spreche hier einfach mal aus meiner Erfahrung, als ich 3 Monate nach Indien ging. Gerade wenn man sich neu orientieren will, kommen viele Leute her, die meinen zu wissen, was man tun sollte. Klar ist sie 18, aber das muss nichts heißen. Zwar wirkt es so, als wüsste sie ihr Leben lang, was sie machen wollte, aber falls sie jetzt wirklich etwas Neues wagen will - da werden zumindest die Eltern mit reinreden.
Freunde sind da meistens noch begeistert dabei, weil sie ähnliche Pläne haben und am gleichen Punkt des Lebens stehen. Es wäre also auch denkbar, dass sie Abenteuer mit ihren Freunden plant und in ferne Länder reisen möchte.

Ich glaube, es wäre realistisch, wenn sie sich nach etwas Ähnlichem wie das Trainerdasein umschauen würde. In ihre Gefühlswelt kannst du dich bestimmt hinein versetzen, auch wenn sie jünger als du ist. (Zunächst verzweifelt, aber auch enthusiastisch, wenn es um neue Pläne geht...)
Auf ihrer Reise lernt sie bestimmt auch tolle neue Leute kennen, vielleicht verliebt sie sich ja auch.

Vielleicht helfen dir meine Überlegungen ja ein bisschen, auch wenn ich nicht allzu weit gekommen bin.
Viel Erfolg mit der Geschichte!

[Rainer Prem]

Erst mal Danke für die rege Beteiligung.

Sorry, das mit den "körperlichen Veränderungen" hätte ich klarer sagen müssen

Wenn eine zu große Körperlänge (ja und ein großer Busen) kein Grund sind, eine Sportlerkarriere abzubrechen, muss ich mir etwas Neues überlegen. Es ist nur so, dass ich bei irgendwelchen Judo-Kämpfen immer recht kleingewachsene Frauen sehe, die - so dachte ich - gegenüber großen im Vorteil sind.

Ist das nicht so? Dann bräuchte ich einen anderen Grund, dass sie sich umentscheiden muss. Irgendein körperliches Problem, dass normalerweise nicht auffällt, aber ihr klarmacht, dass sie nie die Weltspitze erreichen kann - was für sie gleichbedeutend mit Versagen ist.

Was ich auch wohl nicht klar genug ausgedrückt habe, ist die Tatsache, dass die Weltreise erst einige Zeit später (als Geschenk eines Onkels zum bestandenen Abitur) kommt und ihr als Vehikel dient, ihre Entscheidung noch einige Zeit aufzuschieben.

Besser verständlich?

Grüße
Rainer

[Rainer Prem]

[Michel]

Hülfe Dir eine Krankheit? So etwas wie eine leicht verlaufende juvenile Polyarthritis zum Beispiel, oder Diabetes?

[Jenny]

[Ruyi]

Vielleicht ein kaputtes Gelenk? Ich kannte mal eine, die deswegen mit asiatischem Kampfsport (weiß nicht mehr, welcher) aufhören musste.

[Ruby Smith]

Die Schwester meines Freundes hat große Brüste, ist 180 m groß und hat trotzdem bei Wettkämpfen im Judo alle Gegner in Grund und Boden gestampft. Sie ist immer noch besser als mein Freund und das obwohl sie nicht mehr trainiert seit 10 Jahren.
Also musst du dir wirklich was anderes überlegen, Rainer.

Pfeifferisches Drüsenfieber finde ich persönlich zu unrealistisch als Grund aufzuhören. Selbst wenn es chronisch werden würde. Sportler lassen sich von sowas nicht aus der Bahn werfen. Es müsste schon eher was sein, dass sie wirklich behindert (und Knochenbrüche ziehen bei Judo leider auch nicht  [mein Freund hat sich jeden Finger gebrochen und trotzdem weiter gemacht]).

Ich kann ihn aber gerne mal fragen, was ein Grund für das Ende einer Sportlerkarriere im Bereich Judo sein könnte.

[Jenny]

Sie ist ja noch ziemlich jung und wir wissen ja nicht, wie ernst sie es mit der Karriere meint. Vielleicht ist sie sich selbst noch gar nicht sicher, ob sie diesen Weg einschlagen möchte und würde dann eventuell schon von ein paar Monaten Zwangspause zum Überlegen angehalten werden.

Was Knochenbrüche angeht, stimme ich voll und ganz zu Als ich noch Kung Fu gemacht habe, habe ich das Training auch mit Knietrümmerbruch fortgesetzt, sobald ich die Erschütterungen im Körper schmerzfrei aushalten konnte. Dann habe ich beim Training eben auf einem Barren gesessen
Da war ich eh ein bisschen crazy drauf, bin sogar mit Krücken Bergsteigen gegangen ... Nun gut. Also bei einer leidenschaftlichen Sportlerin sollte es etwas "Ernsteres" als ein simpler Bruch sein.

[Michel]

Das käme auf den Bruch an. Mediziner hier?
Ich arbeite z.T. mit Patienten nach schweren Verletzungen (z.B. schwerster Motorradunfall) - die sind froh, wenn sie nach zwei Jahren ohne Krücken gehen können. Von den chronifizierten Schmerzen mal abgesehen.
Aber die würden dann auch nicht mehr nach Indien reisen.
Deshalb kam ich weiter oben auf eine mögliche chronische Erkrankung, die einen nicht völlig unbeweglich macht, aber sehr ungnädig auf Überlastung reagiert, mit dicken Gelenken, Schmerzen, Steifigkeit u.v.a.m.

[Traumwanderin]

Meine Cousine hatte Pfeifferisches Drüsenfieber und es hat ganze 2 Jahre gedauert, bis sie wieder Sport machen konnte. Ist zwar bei jedem unterschiedlich, aber ich wollte nur mal kurz zeigen, dass es sehr wohl ein Ausstieg bedeuten könnte.

Ich bin spontan auf diesen Artikel gestoßen: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/vancouver-wie-eine-schwer-verletzte-ballerina-wieder-tanzen-lernte-a-1093225.html

Da bricht sich eine Ballerina nicht nur eine Sache und lernt danach wieder tanzen. Schön finde ich die letzten Sätze:
Ihre Leidenszeit bezeichnet die Tänzerin als Segen. "Vor dem Unfall wusste ich nicht, was Leben bedeutet. Ich war immer in Eile und machte mir über alles Gedanken. Jetzt genieße ich jede Sekunde meines Lebens."

Ist vielleicht nochmal ein Anhaltspunkt, was alles schief gehen kann und wie sich danach die Einstellung ändert.

[Rübenach]

Also ich finde plötzliches Längenwachstum im Leistungsjudo kann durchaus ein Grund sein, von Ambitionen auf eine internationale Karriere abzusehen. Judokas sind (zumindest in den kleineren Gewichtklassen) eher kompakt, das heißt, sie haben realtiv viel Muskelmasse im Verhältnis zum Körpergewicht. Wer also 10 cm wächst, muss ungefähr 10 kg an Körpergewicht (Muskelmasse) zulegen, um in der Leistungsspitze weiter mithalten zu können.

Das will nicht jede/r und ist auch nicht so schnell möglich, zumindest nicht ohne anabole Unterstützung.

Hinzu kommt, dass ein Verband pro Gewichtsklasse nur einen Sportler zu internationalen Wettbewerben schicken kann. Wenn der Heldin in der neuen Gewichtsklasse bereits auf nationaler Ebene eine Weltklasseathletin im Weg steht, dann könnte auch das eine Rolle spielen.

Was ich nicht beurteilen kann ist, ob solch ein Wachstumsschub in dem Alter noch realistisch ist. Bei Jungs defintiv, aber bei Mädelz?

[Jenny]

Also 10 cm in dem Alter? Sehr unwahrscheinlich.

Normalerweise sind Frauen mit ca. 16 größenmäßig so gut wie ausgewachsen.

http://www.wissen-info.de/tabelle/wachstum.php

Der Link zeigt eine Wachstumstabelle, wo gut zu sehen ist, bis zu welchem Alter noch Wachstum stattfindet und in welcher Geschwindigkeit.

http://www.grosswuchs.de/WachstumTabelleM.htm

Dieser Link zeigt noch einmal eine Wachstumstabelle, die bei 1,80 m endet und deutlich zeigt, dass die letzten 10 cm in einem Zeitraum von ca. 6 Jahren gewachsen werden. Das ist jetzt nicht sooo schnell.

[Rainer Prem]

Hallo,

danke euch allen für die Ideen. Das mit dem Pfeiffer gefällt mir weniger, weil sie dann ja auch innerhalb der Geschichte sehr viel kürzer treten müsste, als ich geplant habe.

Was gut passt, ist die Erkenntnis, nur die Zweitbeste zu sein. Daraufhin Schluss zu machen (mit dem Leistungssport) passt zu ihrer Art. Vielleicht könnte ich auch noch die Verletzung einbauen, allerdings wohl eher bei ihrer besten Freundin, weil s.o. sie selbst eigentlich fit sein muss.

Grüße
Rainer

PS: Wobei meine eigentliche Frage ja nach den Gedanken war, die sich eine Achtzehnjährige so macht, wenn die primär geplante Karriere den Bach runter geht.

[IQ Dino]

Macht doch nicht so ein körperliches Brimborium mit Krankheiten oder anderen unnötigen Hemmnissen draus. Da bekomme ich ja Mitleid mit der Protagonistin .

Die eigene veränderte Entwicklung kann schlichtweg daher resultieren, dass sich mit dem Einsetzen der Pubertät und den durch diese so anderen den Körper flutenden Hormone veränderten Gefühlswelten die eigenen Wünsche verändern.

Ob nun Junge oder Mädchen. Ich habe beides als Kinder. Da passiert nicht nur die "pubertäre Deformierung" (der Körperbau bei Jungs und Mädchen verändert sich oft radikal und die Stimme sowieso).

Auch die mit dieser Veränderung einher gehenden geistigen Veränderungen verändern radikal die eigenen Wünsche. Kindliche Naivität verschwindet oder verändert sich, der potentielle Leistungssportler will jetzt vielleicht ein dröges Studium der BWL machen, die Prinzessin jetzt Marketingmanager werden.

Diese beiden Beispiele habe ich bei meine beiden Großen so erlebt.

Die Prinzessin war die erste Phase, dann ging es über Autorin zu Modeschöpferin zu "irgendwie Abitur machen" letztlich zum ausgeprägten Wunsch, im Modebereich den Manager zu machen.

Mein Sohn war da was jungstypischer phlegmatischer. Vom reichlich gegebenen genetischen Geschenk, unglaublich gut im Sport zu sein kam irgendwann die andere eher pragmatische Zielrichtung einen planbaren Weg zu gehen hinzu.

Lass die Arme nicht eine vollkommen vermeidbare Krankheit bekommen. Lass sie doch einfach erwachsen werden .