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"Feminismus" - Regel?

 
 
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Schneewitzchen
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 42
Wohnort: Hinter den sieben Bergen bei meinen Zwergen


Beitrag17.05.2017 11:11
"Feminismus" - Regel?
von Schneewitzchen
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen!

Die Überschrift klingt jetzt etwas doof, aber ich kann es grad nicht besser ausdrücken.
Weiß jemand von euch, wie man diese "Regel", "Quote" oder wie auchimmer nennt, nach der Bücher und Filme beurteilt werden, ob es relevante Hauptdarstellerinnen gibt, die Gespräche führen, die sich nicht nur um Männer drehen und solche Dinge? Es gibt da so einen bestimmten Begriff, und mit meinen Umschreibungen kann ich den nicht ergoogeln...

Nicht dass ich mich jetzt sklavisch daran halten möchte, aber ich hab mal davon gelesen und es spukt mir immer wieder im Kopf herum. Ich fänds mal ganz interessant.
Meine Geschichte hat nur eine Hauptdarstellerin/Heldin. Würde also wahrscheinlich sowieso "unten durch" fallen bei denen, die darauf wert legen. Und ich werd nicht deswegen eine weitere Frau erzwingen, mit der sie dann kluge Gespräche führen kann oder so. Jedenfalls hab ich mir das gedacht, nachdem ich kurz mit dem Gedanken gespielt hatte. Aber vielleicht hab ich diese ganze "Regel"/Beurteilung auch ganz falsch im Hinterkopf.

Also, wenn jemand was weiß, gerne her damit!

Und: Wie haltet ihr es damit?

Lieben Gruß!
Schneewitzchen
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Bananenfischin
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant

Moderatorin

Beiträge: 5339
Wohnort: NRW
Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag17.05.2017 11:15

von Bananenfischin
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Hallo Schneewitzchen,

du meinst sicher den Bechdel-Test.

Liebe Grüße
Bananenfischin


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Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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Corydoras
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 39
Beiträge: 751
Wohnort: Niederösterreich


Beitrag17.05.2017 12:41
Re: "Feminismus" - Regel?
von Corydoras
Antworten mit Zitat

Schneewitzchen hat Folgendes geschrieben:

Und: Wie haltet ihr es damit?


Ich denke über sowas gar nicht nach, sondern verteile Charakteristiken, wie es mir gerade in die Story passt, ungeachtet der Geschlechter jener, die sie bekommen.


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MoL
Geschlecht:weiblichQuelle


Beiträge: 1838
Wohnort: NRW
Das bronzene Stundenglas


Beitrag17.05.2017 13:11

von MoL
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Habe den Test grade mal für Hexenherz durchgeführt - nur mit Männern, *hust*.
Ergebnis: Bestanden! Puh ...

Und jetzt mal ernsthaft: Mach, was Du möchtest, als Autor bist Du Dein eigener Chef. Wink


_________________
NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
----------------------------------
Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021.
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Schneewitzchen
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 42
Wohnort: Hinter den sieben Bergen bei meinen Zwergen


Beitrag17.05.2017 13:49

von Schneewitzchen
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank, ja genau das war es, was ich meinte!

Ich habe grad nicht viel Zeit, daher in aller Kürze:
Ja, prinzipiell weiß ich natürlich, dass ich Cheffe bin. Und dass ich mir nicht von irgendwem irgendwelche Regeln aufdrücken lassen sollte/muss.
Aber es hat mich doch etwas nachdenklich gemacht, der Gedanke.

Naja, meine Heldin muss sich zwischen den Kerlen halt alleine durchbeissen. Weibliche Nebenrollen hab ich zwar, aber ihre Mutter ist da nicht gerade eine große Hilfe, vorsichtig ausgedrückt, und mit den anderen kann sie leider nicht sprechen, da sie die Sprache noch nicht kennt. Was solls! Laughing


Lieben Gruß!
Schneewitzchen
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Blaubeere
Wortedrechsler


Beiträge: 75
Wohnort: Hessen/Wetteraukreis


Beitrag17.05.2017 14:00

von Blaubeere
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Der Test war mir unbekannt. Was es nicht alles gibt. Cool
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Poolshark
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 42
Beiträge: 827
NaNoWriMo: 8384
Wohnort: Berlin


Beitrag17.05.2017 14:41

von Poolshark
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Ich bin Fan von diesem Test, weil es einem ein grundsätzliches Ungleichgewicht vor Augen führt und Menschen dazu bringt, über das, was sie schreiben nachzudenken. Als eine Regel würde ich das nicht bezeichnen, aber ich kann schon sagen, dass ich seitdem ich von diesem Test weiß, keine Geschichten mehr schreibe, in denen weibliche Charaktere und Beziehungen zwischen weiblichen Charaktere so irrelevant sind, wie in den meisten Büchern und Filmen. Dadurch schreibe ich Geschichten, die näher an der Realität und näher an mir selbst dran sind.

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"But in the end, stories are about one person saying to another: This is the way it feels to me. Can you understand what I'm saying? Does it also feel this way to you?"
-Sir Kazuo Ishiguro
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Schneewitzchen
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 42
Wohnort: Hinter den sieben Bergen bei meinen Zwergen


Beitrag17.05.2017 14:48

von Schneewitzchen
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ja genau, das ist das Gute, was ich daraus ziehen möchte: Über dieses Ungleichgewicht nachdenken und wie man damit umgeht. Aber wenn es am Ende dann doch nicht passt - schreib ich deswegen nicht meine Geschichte um.
Warum fällt es mir schwerer, über weibliche Beziehungen zu schreiben? Das ist eine gute Frage, die mir dabei gekommen ist. Müsste mir doch eigentlich näher liegen...
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3207
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag17.05.2017 14:59

von Taranisa
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Irgendwie achte ich bei meinen Geschichten automatisch auf ein Gleichgewicht zwischen weiblichen und männlichen Charakteren. Meine Protagonistinnen lasse ich nicht nur mit Männern agieren, sondern es sind noch weitere Frauen in ihrem nächsten Umfeld, meist eine "beste" oder auch eine "mütterliche" Freundin.
Ich selbst habe ja auch weibliche und männliche Freunde/Kollegen/Bekannte.
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Poolshark
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 42
Beiträge: 827
NaNoWriMo: 8384
Wohnort: Berlin


Beitrag17.05.2017 15:43

von Poolshark
Antworten mit Zitat

Schneewitzchen hat Folgendes geschrieben:
Warum fällt es mir schwerer, über weibliche Beziehungen zu schreiben? Das ist eine gute Frage, die mir dabei gekommen ist. Müsste mir doch eigentlich näher liegen...

Weil Männer immer noch die Medien dominieren, Geschichten und Beiträge daher oft aus "männlicher Perspektive" geschrieben werden und wir immer noch einer eingestaubten Idee von Männlichkeit nachhängen, die es ausschließt, Frauen als etwas anderes zu sehen, als Trophäen. Ich bin mit Geschichten aufgewachsen, in denen Männer die einsamen Rächer sind und Frauen, die zu erobernden oder zu rettenden Prinzessinnen.
Die gute Nachricht: Es ist viel Raum zum Andersmachen und das ist für Kunstschaffende immer toll. Außerdem bricht, meiner Wahrnehmung nach, gerade die Ära der starken, vielschichtigen Frauencharaktere und der sehr viel verwundbareren, ehrlichen männlichen Charakteren an. Das feiere ich jeden Tag auf's Neue und das vermutlich nur, weil mir immer irgendwas gefehlt hat. Eine Mahlzeit schmeckt umso besser, je hungriger man vorher war.


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Pickman
Geschlecht:männlichPlottdrossel


Beiträge: 2284
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag17.05.2017 18:02

von Pickman
Antworten mit Zitat

Der Test eröffnet eine neue Perspektive, unter der eine Geschichte bewertet werden kann. Der Autor erhält so die Gelegenheit, eine vielleicht unnötiges Ungleichgewicht zu korrigieren, die er möglicherweise unbewusst herbeigeführt hat.

Vielleicht gewinnt die Geschichte durch das Hinzufügen einer zweiten Frau, die mit der ersten spricht und nicht nur Männer im Kopf hat.

Vielleicht auch nicht. Ich habe schon Filme gesehen, bei denen ich mich des Gefühls nicht erwehren konnte, dass da eine Alibi-Frau, ein Alibi-Ausländer, ein Alibi-Wasweißich hineinmontiert wurde.

Meine aktuelle Geschichte ist übrigens durchgefallen. Die zehn Frauen sind durchaus gesprächig und neun davon sind dem Protagonisten mindestens ebenbürtig, aber sie reden nicht miteinander.
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Corydoras
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 39
Beiträge: 751
Wohnort: Niederösterreich


Beitrag17.05.2017 18:54

von Corydoras
Antworten mit Zitat

Wobei ich mich durchaus auch über den Test lustig mache, weil ich zumindest gar nicht so "ein Geschlecht dominierend" schreiben könnte.

Ich hab mal ein Kapitel so begonnen:

"X packte Ys Hand und fühlte sich damit sicher genug, den Blick zu ihrer Fürstin zu heben."

(Drei Frauen, nicht romantisch verbunden, die zufällig aufeinandertreffen in einem Plot, der weder von Männern noch von Frauen dominiert wird)

Ich hab den Satz meiner Testleserin zugeschoben und gemeint: "Schau mal, und die werden jetzt noch dazu nicht über Männer reden. Ich bin feministisch!"
 Laughing

Aber ja, ich lasse meistens eine durch und durch heterogene Gesellschaft (auf mehr Merkmale als nur das Geschlecht bezogen) auftreten. Einfach wie es mir das Leben eben auch zeigt. Ich würde mir glaube ich schwer tun, davon abzuweichen.

Letztes Jahr lief übrigens der Film "Brooklyn" im Kino und bei dem war originellerweise die übliche Rollenverteilung völlig umgekehrt: sämtliche handelnde Personen bis hin zur kleinsten Nebenfigur waren Frauen. Männer tauchten höchstens als Love Interest auf.
War auch mal interessant, aber um ehrlich zu sein nerven mich die Extreme in beide Richtungen.


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Schneewitzchen
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 42
Wohnort: Hinter den sieben Bergen bei meinen Zwergen


Beitrag17.05.2017 19:46

von Schneewitzchen
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Zitat:
und Frauen, die zu erobernden oder zu rettenden Prinzessinnen.


Jau, das ist mir auch aufgefallen - sogar in meiner Geschichte, zumindest letzteres. Und es hat mich genervt. Ist aber gar nicht so einfach, sie "mal eben" stärker zu machen.
Und dann dachte ich mir, was solls, sie IST halt ne kleine Frau, natürlich braucht sie im Laufe ihrer Abenteuer immer mal wieder eine starke Hand. Dafür wächst sie innerlich, wird sehr viel mutiger etc. Vielleicht ist ihre Entwicklung für ihre Verhältnisse sogar sehr fortschrittlich. Wir machen, denke ich, auch manchmal den Fehler, alles durch unsere moderne Brille zu sehen. In einem Mittelalter-Setting kann es schon taff sein, ledig und mit abgeschlossener Ausbildung dazustehen (oder das zu planen).

Und meine Kerle dürfen auch ihre Zweifel und Ängste haben. Der Held der Geschichte muss seine Paranoia überwinden, die ihn in sehr ungesunde Verhaltensmuster treibt. Trotzdem trifft es "einsamer Rächer", ups Laughing

Aber wenigstens werden die beiden kein Paar *puh*

@Corydoras: Laughing tolles Beispiel!

Ich find es sehr erfrischend, sich darüber auszutauschen. Und so nebenbei ist mir aufgefallen, dass ich einen bislang nur vage existenten Nebencharakter gut weiblich besetzen und stärker ausbauen könnte... hm Cool

Trotzdem will ich mich nicht von einer "Quote" künstlich gängeln lassen, aber als Denkanstoß ist der Bechdel-Test (hoffentlich kann ich mir den Namen merken) ganz gut.

Danke für eure Gedanken!

LG Schneewitzchen
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Slaavik
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 509



Beitrag17.05.2017 19:48

von Slaavik
Antworten mit Zitat

Poolshark hat Folgendes geschrieben:
und der sehr viel verwundbareren, ehrlichen männlichen Charakteren an. Das feiere ich jeden Tag auf's Neue und das vermutlich nur, weil mir immer irgendwas gefehlt hat. Eine Mahlzeit schmeckt umso besser, je hungriger man vorher war.


Ich interpretiere da vermutlich auf die Schnelle viel zu viel hinein. Aber muss ein "ehrlicher" männlicher Charakter, wirklich immer über seine Verwundbarkeit definiert werden? Confused


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czil
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Alter: 63
Beiträge: 399
Wohnort: Dachau


C
Beitrag17.05.2017 23:29

von czil
Antworten mit Zitat

Zitat:
Außerdem bricht, meiner Wahrnehmung nach, gerade die Ära der starken, vielschichtigen Frauencharaktere und der sehr viel verwundbareren, ehrlichen männlichen Charakteren an.

Echt?
Ist die Grey-S/M-Romantik schon wieder vorbei?
Hab neulich erst mal in einem Blog gelesen, dass die Mädels das Zeug immer noch verschlingen wie blöd und sich dabei nicht blöd vorkommen?
Und die Bloggerin hat sich da drüber beklagt, dass ihre Geschlechtsgenossinen das eben auch noch gut finden.

Ich bin mir nicht sicher, ob ein verwundbarer Mann ehrlicher ist. Will man diese weinerlichen Typen wirklich lesen?
(Da lob ich mir Sir Lanzelot und King Arhtur - das waren verletzliche Männer und ehrlich und trotzdem Ritter)

Der Test war mir dann auch neu.
Supergirl als Paradebeispiel?
Die redet dauernd mit anderen Frauen! Die ist eine starke Heldin!
Äh, aber doch irgendwie auch manchmal ein wenig seicht.
Ich denke, dass die Kritiker da mehr als recht haben.
Da sind mir Heldinnen wie sie Kai Meyer konstruiert schon viel lieber.


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Poolshark
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 42
Beiträge: 827
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Wohnort: Berlin


Beitrag18.05.2017 14:03

von Poolshark
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich interpretiere da vermutlich auf die Schnelle viel zu viel hinein. Aber muss ein "ehrlicher" männlicher Charakter, wirklich immer über seine Verwundbarkeit definiert werden?

Muss nicht. Aber auch Männer haben Zweifel, Ängste und Kummer. Das wird oft nicht abgebildet. Das meine ich mit verwundbar. Der alte Archetyp des unerschütterlichen, resoluten Mannes ist nicht nur lahm, sondern richtet auch ordentlich Schaden an. Männer arbeiten sich in unserer Gesellschaft tot, teilen sich oft nicht mit, wenn es ihnen schlecht geht, bitten nicht um Hilfe, gehen nicht rechtzeitig zum Arzt und bringen sich um, wenn sie ihre Karriere als gescheitert betrachten. Dafür mache ich die alte Narrative des Übermannes verantwortlich.

Zitat:
Echt?
Ist die Grey-S/M-Romantik schon wieder vorbei?

Ich denke, die wird es immer geben. So wie es wohl immer Leute geben wird, die sich von schwarzweißen Geschlechterrollen angezogen fühlen.
Aber mir fällt auf, dass besonders in den Serien der großen Streamingdienste immer komplexere weibliche (und männliche) Charaktere im Zentrum des Geschehens stehen. In der populäreren Fantasy-Literatur ist es ähnlich, auch wenn man da ein bisschen länger danach suchen muss.

Zitat:
Ich bin mir nicht sicher, ob ein verwundbarer Mann ehrlicher ist. Will man diese weinerlichen Typen wirklich lesen?

Das ist genau das Problem. Wir interpretieren verwundbar mit weinerlich.
Das mag natürlich auch daran liegen, dass ich meine Definition des Begriffes nicht erläutert habe. Für mich bedeutet verwundbar nicht schwerdepressiv und selbstmitleidig. Sondern ein Held, der wie jeder andere Held eine gewisse Stärke mitbringen sollte, aber nicht die unerschütterliche Stärke eines Supermannes, sondern die eines gewöhnlichen Menschen. Ich bin zum Beispiel Fan der Marvel-Serie Daredevil. Daredevil ist eigentlich an klassischer hypermaskuliner Superheld, der aber öfter mit sich selbst kämpft, als gegen ein gesichtsloses Böses, wie das in diesem Genre oft der Fall ist. Er zweifelt an sich, leidet darunter, dass er seine Freunde für seinen scheinbar gerechten Kampf vernachlässigt und in Gefahr bringt und hadert mit seinem eigenen Gewissen. Noch dazu bringt es ihn ein paar mal fast um, weil er den einsamen Rächer spielt, den wir sonst in unserer Gesellschaft so glorifizieren.

Mir persönlich geht es gar nicht darum, ständig zerbrechliche Männer zu sehen. Ich will einfach eine realistischere Abbildung von Menschen, selbst wenn sie in Superheldenkostümen über Dächer springen. Und es gibt einige Serien und Buchreihen, die zeigen, dass das geht und auch enormen Erfolg hat.


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Rainer Prem
Geschlecht:männlichReißwolf
R

Alter: 66
Beiträge: 1271
Wohnort: Wiesbaden


R
Beitrag19.05.2017 06:02

von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

Poolshark hat Folgendes geschrieben:

...
 
Aber mir fällt auf, dass besonders in den Serien der großen Streamingdienste immer komplexere weibliche (und männliche) Charaktere im Zentrum des Geschehens stehen. In der populäreren Fantasy-Literatur ist es ähnlich, auch wenn man da ein bisschen länger danach suchen muss.

...


Aktuelle Urban Fantasy-Schreiber übertreiben es in der Beziehung manchmal. Ich kenne einige Romane und Serien, die fast komplett ohne Männer oder wenn, dann nur in der Rolle als Stichwortgeber und "Love Interest" auftreten.

Auch habe ich manchmal das Gefühl, hier wird tatsächlich nach dem aktuellen Hype geschrieben und Männer- und Frauenrollen einfach durch "Suchen und Ersetzen" von Namen und Pronomen ausgetauscht.

Grüße
Rainer
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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag19.05.2017 08:02

von Lapidar
Antworten mit Zitat

Mir fielen beim Lesen des Threads diverse Serien ein, die ich über die Jahre angeguckt habe. Meist amerkanische.
Um da eine "Ausgewogenheit" rein zu bringen, mussten es immer vier Protas sein. Zwei männlich, zwei weiblich und das bitte farblich sortiert: Latino, schwarz, weiß und mongolisch (sagt man so?).
Bei ein oder zwei Serien fand ich es gut, denn da war es "natürlich" aber dann fand ich es irgendwann nervig. Denn es kam mir so aufgesetzt vor. Wenn die heute Pipi Langstrumpf verfilmen würden, dann müsste Annika und ihr Bruder jeweils einer andren ethischen Gruppe angehören und sie müssten noch jemanden dazu erfinden, um die letzte ethnische Gruppe abzudecken (in dem Fall männlich)
Ebenso bei den vier Freunden (wobei ich denke, da haben sie schon).

Bei meinem einem Krimi, überleg ich stark, ob ich den "Mann an ihrer Seite", demnächst einen interessanten Tod sterben lasse, denn er nervt mich schon seit dem ersten Band.

Ich denke, um "authentisch" schreiben zu können, sollte man sich nicht zu sehr verkopfen. Wenns passt, dann ist es ok, wenns nicht passt, dann wirkt es aufgesetzt.
 Laughing


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"Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym.
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Slaavik
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 509



Beitrag19.05.2017 17:40

von Slaavik
Antworten mit Zitat

Poolshark hat Folgendes geschrieben:

Muss nicht. Aber auch Männer haben Zweifel, Ängste und Kummer. Das wird oft nicht abgebildet.


Da muss ich jetzt aber noch einmal nachhacken, wo in welchen Geschichten wird das nicht abgebildet? Denn diese Behauptung kann ich so, mit Blick auf meinen Bücherschrank, nicht bestätigen.

Poolshark hat Folgendes geschrieben:

Der alte Archetyp des unerschütterlichen, resoluten Mannes ist nicht nur lahm,


Nun, wenn das bereits die gesamte gezeigte Persönlichkeit darstellt, wäre dies nicht lahm, sondern einfach nur flach.

Poolshark hat Folgendes geschrieben:

sondern richtet auch ordentlich Schaden an. Männer arbeiten sich in unserer Gesellschaft tot, teilen sich oft nicht mit, wenn es ihnen schlecht geht, bitten nicht um Hilfe, gehen nicht rechtzeitig zum Arzt und bringen sich um, wenn sie ihre Karriere als gescheitert betrachten. Dafür mache ich die alte Narrative des Übermannes verantwortlich.


Also ich würde dafür ja eher die geschlechtsspezifischen Unterschiede der Gehirne verantwortlich machen. Mann und Frau nehmen Informationen, nun einmal unterschiedlich auf, und reagieren auch unterschiedlich auf sie.

Wobei ich übrigens fehlende Frauen in Geschichten nun nicht überbewerten würde. Mir persönlich fällt es doch recht schwer authentische Frauencharaktere zu schreiben. Als Nebencharakter ja. Als Unterstützender Hauptcharakter, mit weiblicher Unterstützung auch ja. Aber als tatsächlicher Protagonist? Nein, ich habe es mal versucht, aber das Ergebnis war wirklich nicht gut. Und bevor ich nun einen weiblichen Protagonisten verwende, der sich eher anfühlt wie ein rasierter Mann mit Brüsten und langen Haaren, als wie eine Frau, lasse ich Frauen doch lieber als Charaktere auftauchen, deren Rolle nicht der Hauptrolle entspricht, die sich aber zumindest auch glaubwürdig lesen.


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Poolshark
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 42
Beiträge: 827
NaNoWriMo: 8384
Wohnort: Berlin


Beitrag19.05.2017 18:12

von Poolshark
Antworten mit Zitat

Zitat:
Da muss ich jetzt aber noch einmal nachhacken, wo in welchen Geschichten wird das nicht abgebildet? Denn diese Behauptung kann ich so, mit Blick auf meinen Bücherschrank, nicht bestätigen.

Zweidimensionale klischeehafte Helden sind dir neu?

Zitat:
Also ich würde dafür ja eher die geschlechtsspezifischen Unterschiede der Gehirne verantwortlich machen. Mann und Frau nehmen Informationen, nun einmal unterschiedlich auf, und reagieren auch unterschiedlich auf sie.

Zu dem Thema gibt es Trillionen verschiedene Studien und ich kann daraus nicht schließen, dass wir grundsätzlich verschieden sind. Ganz im Gegenteil. Die meisten Unterschiede treten eher durch kulturelle Prägung auf. Grundlegende Charaktermerkmale sind zwischen den Geschlechtern ziemlich gleichmäßig verteilt. Klar, kommt auch immer drauf an, wessen Studien man liest, aber unterm Strich kommt doch meist raus, dass wir alle nach den gleichen Regeln funktionieren und dass uns mehr vereint, als trennt.

Wenn man das Gesellschaftsmodel unserer Geschlechterrollen trotzdem als gegeben betrachtet, sollte man nicht vergessen, dass es auch durchaus Matriarchate gab und gibt, in denen die sozialen Verantwortlichkeiten umgekehrt sind. In unserer christlich geprägten Welt mit göttlichen Vätern, Gottessöhnen, männlichen Propheten und weiblichen Sünderinnen, waren Allmachtfantasien und das Märtyrergehabe mancher Männer quasi vorprogrammiert, aber sicher nicht in Stein gemeißelt. Alles in unserer Welt hat eine lange Vorgeschichte. "Is halt so" find ich als Argument immer ungenügend.

Zitat:
Wobei ich übrigens fehlende Frauen in Geschichten nun nicht überbewerten würde.

Wenn man sich nur ansatzweise mit Ungleichheit, Sexismus, Gewalt und Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Geschlechtern beschäftigt, dann kann man die Geschichten, die wir erzählen nicht so lax betrachten.

Zitat:
Mir persönlich fällt es doch recht schwer authentische Frauencharaktere zu schreiben. Als Nebencharakter ja. Als Unterstützender Hauptcharakter, mit weiblicher Unterstützung auch ja. Aber als tatsächlicher Protagonist? Nein, ich habe es mal versucht, aber das Ergebnis war wirklich nicht gut. Und bevor ich nun einen weiblichen Protagonisten verwende, der sich eher anfühlt wie ein rasierter Mann mit Brüsten und langen Haaren, als wie eine Frau, lasse ich Frauen doch lieber als Charaktere auftauchen, deren Rolle nicht der Hauptrolle entspricht, die sich aber zumindest auch glaubwürdig lesen.

Mich macht das immer ein bisschen traurig und, ehrlich gesagt, auch besorgt, wenn Menschen keinen Zugang zu Frauen haben, als wären wir eine mysteriöse Spezies, die man nicht ergründen kann. Im Grunde genommen wollen wir alle das gleiche: einen Platz in der Welt und einen gewissen Grad an Sicherheit, Gemeinschaft und Identität. Was das im Detail bedeutet, ist für jedes Individuum anders. Ich würde nie auf die Idee kommen, dort zwischen meinen Charakteren eine Trennlinie aufgrund ihres Geschlechts zu ziehen.

Natürlich sind wir auch alle unterschiedlich großgeworden, deshalb kann man es niemandem zum Vorwurf machen, wenn der Bezug zu Frauen fehlt. Aber dass man als schreibender Mensch so gar kein Interesse daran hat, wie sich die Welt für die Hälfte der Bevölkerung so darstellt, versteh ich einfach nicht.


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Soleatus
Klammeraffe


Beiträge: 998



Beitrag19.05.2017 19:56

von Soleatus
Antworten mit Zitat

Rainer Prem hat Folgendes geschrieben:
Auch habe ich manchmal das Gefühl, hier wird tatsächlich nach dem aktuellen Hype geschrieben und Männer- und Frauenrollen einfach durch "Suchen und Ersetzen" von Namen und Pronomen ausgetauscht.


Ob das so einfach geht? -> Ich bin deine Mutter, Leia
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Slaavik
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 509



Beitrag19.05.2017 19:58

von Slaavik
Antworten mit Zitat

Poolshark hat Folgendes geschrieben:

Natürlich sind wir auch alle unterschiedlich großgeworden, deshalb kann man es niemandem zum Vorwurf machen, wenn der Bezug zu Frauen fehlt. Aber dass man als schreibender Mensch so gar kein Interesse daran hat, wie sich die Welt für die Hälfte der Bevölkerung so darstellt, versteh ich einfach nicht.


Mutter, Großmutter, zwei Tanten, zwei Schwestern und ich in einem Haus. Aber ja, mache ruhig aus meinem Geständnis, dass ich mich außerstande sehe, einen glaubwürdigen weiblichen Hauptcharakter zu erschaffen, die Tatsache, dass ich weder einen Bezug zu Frauen, noch Interesse daran habe, wie sich die Welt für die weibliche Hälfte der Bevölkerung darstellt. Und damit bin ich auch schon wieder raus aus der Diskussion. Du hast recht und ich meine Ruhe, werde damit glücklich.


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