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Fort


 
 
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Laugeisos
Geschlecht:männlichErklärbär
L


Beiträge: 3
Wohnort: Erfurt


L
Beitrag05.04.2017 17:34
Fort
von Laugeisos
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

„Ist der Reichtum verloren, ist nichts verloren;
ist die Gesundheit verloren, ist etwas verloren;
ist die Persönlichkeit verloren, ist alles verloren.“

Du bist nicht da.
Ich renne durch die Wohnung. Immer und immer wieder, immer wieder schaue ich in jede Ecke jedes Raumes. Alles ist wüst, die Zettel auf dem Schreibtisch sind wild verstreut, das große Fenster im Wohnzimmer steht weit offen.

Auf dem Balkon steht ein voller Aschenbecher auf dem Tisch, die Stühle sind verrückt, der Tisch schmutzig und der Boden nass. Ich renne zurück ins Wohnzimmer.

„Wo bist du?“, schreie ich – Keine Antwort. „Oh Gott, wo bist du nur?“ – Erneut erhalte ich keine Antwort. Du bist nicht hier, ich kann dich nicht mehr finden, du hast mich verlassen.

In der Küche steht ein Teller mit kleinen Essensresten, ein benutztes Glas, dreckiges Geschirr. Es riecht nach Essen.
Du bist hier gewesen, du hast genau dort gesessen, du kannst nicht lange fort sein. Ich kann dich förmlich noch in diesem Raum sehen und riechen, du bist gerade erst fort.
„Wo bist du nur?“ – Niemand scheint mich zu hören, niemand spürt meine Verzweiflung, niemand schenkt mir eine Antwort. Ich kenne dich nun schon mein ganzes Leben, ich bin noch nie ohne dich gewesen – bis heute; bis ich aufgewacht bin und du nicht da warst; bis ich allein war, zum ersten Mal.

Ich renne erneut durch die Räume der Wohnung. Alles ist voll mit Spuren von dir, Alles ist leer mit dir. Alles von dir ist hier, doch du bist es nicht. Du hast mich noch nie alleine gelassen. Du hast immer gewusst, was zu tun ist. Du warst in jeder Sekunde da, an die ich denken kann. Wir hatten doch nur einander.

Ich habe dich noch nie nicht gefühlt. Ich habe dich noch nie nicht gehört.

Auf dem hellen Fensterbrett liegen einige leere Schachteln deiner liebsten Zigaretten, neben ihnen liegt eine angefangene, nach der ich greife. Ich öffne sie, nehme mir eine Zigarette und gehe auf den Balkon. Ich setze mich, greife nach einer Packung Streichhölzer und rauche eine deiner Zigaretten. Ich weiß, dass du mir gesagt hast, dass dies deine liebsten Zigaretten waren, dass dies die ersten Zigaretten waren, die du jemals geraucht hattest; damals heimlich mit deinen Freunden hinter dem Haus deiner Eltern. Dir hatte das Rauchen sehr viel bedeutet. Es hat dir immer fünf Minuten Ruhe geschenkt; du hast es nie aufgeben wollen. Ich habe dich niemals aufgeben wollen. Ich drücke dich im Aschenbecher aus, puste den Rauch in die Luft, sehe in das leere Wohnzimmer und stehe auf.

Ich bin immer noch auf der Suche nach dir. Ich vermisse dich so sehnsüchtig. Ich fühle mich schrecklich allein. Ich habe Angst. Oh Gott, ich hatte noch nie solche Angst.

Es ist furchtbar kalt in der Wohnung, ich kann mich kaum auf den Beinen halten, mein Herz schlägt schwach in meiner Brust, meine Hände zittern. Oh Gott, wo bist du nur?

Im Badezimmer liegen deine Uhr, dein Parfum, eines deiner Shirts, deine Zahnbürste. Ich sprühe dein Parfum auf meinen Hals. Ich kann dich riechen. Ich kann dich sehen, wenn ich mich in dem kleinen Raum umsehe. Ich kann dich nicht spüren.
Ich sehe langsam hoch. Vorbei an deiner Zahnbürste, vorbei an deinem Parfum, vorbei an deiner Uhr und geradewegs in den großen Spiegel, in dem ich dich sonst immer gefunden habe. Heute bist du nicht dort. Heute sehe ich deine tiefen, blauen Augen nicht.
Ich sehe in die Augen, die geradewegs in meine zurückstarren, öffne den Mund, greife nach dem Bild vor mir.
 „Oh Gott, wo bist du nur?“

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Night
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
N

Alter: 20
Beiträge: 11



N
Beitrag05.04.2017 20:19

von Night
Antworten mit Zitat

Mich hat dein Text sehr berührt. Er ist sozusagen in mein Herz eingedrungen und hat dort etwas bewegt! Großes Lob dafür!
Du sprichst den Leser mit deinem Text persönlich an und berichtest ihm deine Ängste und Verzweiflung.

Nur wie zeigt sich seine Angst äußerlich und auch innerlich? Weint er? Ist er kurz vor dem Zusammenbrechen? Versetzt es ihm einen Stich ins Herz? Solche Aspekte könntest du noch mit einbringen.


"Auf dem hellen Fensterbrett liegen einige leere Schachteln deiner liebsten Zigaretten, neben ihnen liegt eine angefangene, nach der ich greife. Ich öffne sie, nehme mir eine Zigarette und gehe auf den Balkon. Ich setze mich, greife nach einer Packung Streichhölzer und rauche eine deiner Zigaretten. Ich weiß, dass du mir gesagt hast, dass dies deine liebsten Zigaretten waren, dass dies die ersten Zigaretten waren, die du jemals geraucht hattest; damals heimlich mit deinen Freunden hinter dem Haus deiner Eltern. Dir hatte das Rauchen sehr viel bedeutet. Es hat dir immer fünf Minuten Ruhe geschenkt; du hast es nie aufgeben wollen. Ich habe dich niemals aufgeben wollen. Ich drücke dich im Aschenbecher aus, puste den Rauch in die Luft, sehe in das leere Wohnzimmer und stehe auf. "
Das ist für mich der schwächste Teil deines Textes. Er ist mir zu erklärend. Was fühlt er in diesem Moment? Wie geht er mit der Situation um? Das sind die Fragen, die ich mir in diesem Moment stelle und die beantwortet werden sollten.

Ansonsten hat mir dein Text sehr gut gefallen. Er liest sich flüssig und spricht mich als Leser an. Smile
Danke für das Teilen deines Textes (hat mich wirklich sehr berührt)![/spoiler]
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Chelifera
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 57
Beiträge: 91
Wohnort: an der Mosel


Beitrag05.04.2017 22:28

von Chelifera
Antworten mit Zitat

Berührend und ein wenig verstörend.

Was mir beim Lesen des Textes durch den Kopf geht und klar wird:
Sich selbst verlieren, das muss wohl der absolute Verlust sein.
Das eigene Ich: Etwas, das man als so selbstverständlich betrachtet, dass man gar nicht in Erwägung zieht, es verlieren zu können.

Die Angst vor dem Tod ist im Grunde die Angst vor der Auflösung des Eigenen Ich.
Die Angst, die man verspürt, wenn man das eigene Ich nicht mehr fühlt, muss sich sehr ähnlich anfühlen.

Gruselig, wie, der Prota sich in seinen eigenen Räumen bewegt, seine eigenen, persönlichen Gegenstände benutzt, und  sich dabei doch wie ein Fremder fühlt.

Ein kleiner Zweifel kommt auf, ob der Text wirklich so gemeint war:
Dreimal wird Gott angerufen:
 
Zitat:
Keine Antwort. „Oh Gott, wo bist du nur?“

Zitat:
Ich habe Angst. Oh Gott, ich hatte noch nie solche Angst.

Zitat:
„Oh Gott, wo bist du nur?“


Geht es vielleicht doch eher um den Verlust der Gewissheit, dass Gott existiert? Oder darum, dass beides im Grunde eins sind, Gott und eigene Persönlichkeit?


Ich stimme Night zu, dieser Absatz reißt einen etwas raus, hat Längen:
 
Zitat:
Auf dem hellen Fensterbrett liegen einige leere Schachteln deiner liebsten Zigaretten, neben ihnen liegt eine angefangene, nach der ich greife. Ich öffne sie, nehme mir eine Zigarette und gehe auf den Balkon. Ich setze mich, greife nach einer Packung Streichhölzer und rauche eine deiner Zigaretten. Ich weiß, dass du mir gesagt hast, dass dies deine liebsten Zigaretten waren, dass dies die ersten Zigaretten waren, die du jemals geraucht hattest; damals heimlich mit deinen Freunden hinter dem Haus deiner Eltern. Dir hatte das Rauchen sehr viel bedeutet. Es hat dir immer fünf Minuten Ruhe geschenkt; du hast es nie aufgeben wollen. Ich habe dich niemals aufgeben wollen. Ich drücke dich im Aschenbecher aus, puste den Rauch in die Luft, sehe in das leere Wohnzimmer und stehe auf.



Besser vielleicht so:
Zitat:
Auf dem hellen Fensterbrett liegen einige leere Schachteln deiner liebsten Zigaretten, eine halbvolle. Ich nehme mir eine Zigarette und gehe auf den Balkon. Ich setze mich, greife nach einer Packung Streichhölzer und rauche eine deiner Zigaretten. Dir hatte das Rauchen viel bedeutet. Es hat dir immer fünf Minuten Ruhe geschenkt; du hast es nie aufgeben wollen. Ich habe dich niemals aufgeben wollen.
Ich drücke dich im Aschenbecher aus, puste den Rauch in die Luft, sehe in das leere Wohnzimmer und stehe auf.


Aber insgesamt: sehr beeindruckend, dieser Text!
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Vincent Vice.
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 33
Beiträge: 428
Wohnort: Heute


Beitrag06.04.2017 09:09

von Vincent Vice.
Antworten mit Zitat

Guten Morgen Laugeisos,

mir hat Dein Text ebenfalls gut gefallen.
Aber ich tue mir schwer damit, ihn richtig zu deuten.

Geht es darum, dass der Protagonist, sich selbst nicht wieder findet?
Dafür spricht natürlich das Ende mit dem Spiegel.
Dagegen spricht für mich die Art und Weise wie die Hauptfigur sucht:

Das panische Anflehen zu Gott wirkt für mich unpassend (vielleicht einfach nur ein Versuch, den Leser auf die falsche Fährte zu bringen?).  Vor allem die Tatsache, dass der Prota aufgrund der Essensreste schließt: "Du kannst noch nicht lange fort sein."
So würde man ja nicht denken, wenn man sich selbst sucht.

Also, worum könnte es sonst noch gehen, frage ich mich?
Ist es tatsächlich trivialer?
Ein verschwundener Zwilling, den man im Spiegel wieder erkennt, weil er genauso aussieht, wie der Prota?
Aber waren die dann echt nicht einen Tag getrennt voneinander?
Nee, das passt für mich auch nicht.
Hmmm...

Du hast es sicher schon gemerkt:
Dein Text lässt mich nachdenken.
Gutes Zeichen.

Ich finde ihn zudem gut geschrieben.

Über Deine Gedanken zur Auflösung würde ich mich freuen.

LG

W


_________________
Wenn der scheiß Berg nicht zum Propheten kommt, fahr ich halt ans Meer.
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Rainer Zufall
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 70
Beiträge: 801

Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag06.04.2017 12:25

von Rainer Zufall
Antworten mit Zitat

Hallo Laugeisos,
ich kann mich mit deinem Text leider nicht anfreunden.
Lass mich die Gründe nennen. Ich finde, du verschenkst hier was. Und zwar ganz gehörig.

Aber erst mal zu einer Sache, die mir auch aufgefallen ist, da schließe ich mich Vincent Vice an. Dein Text wirkt irritierend, man fragt sich, was du genau meinst. Aber anders als die anderen empfinde ich es nicht als positiv nachdenkenswert, sondern wirklich als irritierend, als unausgeführt.
Im Vorspann erwartet man einen Text über den Verlust der eigenen Persönlichkeit. Im eigentlichen Text dann schreibst du, als hätte jemand seinen Zwillingsbruder/schwester verloren.
Durch die mehrmalige Wiederholung von Gottes-Anrufen wirkt es so, als sei der Glaube verloren gegangen.

Ich nehme jetzt einfach mal die Variante, jemand hat wirklich seine Persönlichkeit verloren. Dann finde ich es aber ausgesprochen schade, dass du da nicht weiter in die Tiefe gehst. Wirklich beschreibst und dem nachgehst, was eine/seine Persönlichkeit ausmacht. Das Beschreiben des Verlusts unterstellt eine Kenntnis, ein Bewusstsein des Verlusts, eine andere Seite, die all das, was die Persönlichkeit ausgemacht hat, immer noch weiß. Was ist dann aber verloren gegangen? Es ist ja im Wissen, in der Erinnerung noch da. Also ist auch noch Persönlichkeit da. Merkst du was ich meine? Also ist sie gar nicht verloren gegangen. Worin besteht dann genau der Verlust, das Flüchtige, Fliehende der Persönlichkeit?
Was hat der Mensch denn verloren, was ist es genau, das ihn so besonders gemacht hat? Worin bestand denn seine Persönlichkeit, was ist es genau, das nun weg ist? Soll das wirklich nur die Zigaretten- und Parfümsorte sein? Und wenn du die schon wählst, warum gehst du nicht mehr rein und beschreibst, wie die Zigaretten nun schmecken oder das Parfüm nun riecht? Was genau fehlt? Bei den Zigaretten finde ich das gar nicht falsch, wie du es angefangen hast, nur wirkt es, da hat Vincent Vice Recht, sehr behauptend.  Ich weiß nicht, ob das überhaupt der richtige Weg ist, sich dieser Idee so anzunehmen, dass man über die Sinnlichkeit geht, aber vielleicht erklärt es dir ein bisschen genauer, was mir fehlt.
Im Hauptteil könnte es jedenfalls immer noch ein anderer Mensch sein, der die Hauptperson verlassen hat, nicht man selbst.
Noch was zur Spiegelszene: ich weiß nicht, wie viele Male ich jetzt schon so eine Spiegelszene gelesen habe, wenn Autoren Probleme des Protagonisten mit seiner Identität zeigen wollen. Klar, in der Wirklichkeit fragt man sich ja oft, ob das, was man da im Spiegel sieht, man selbst ist, und wie um alles in der Welt das geschehen konnte smile von daher ist es naheliegend, ein Identitätsproblem so zu schildern. Aber es ist eben auch schon furchtbar abgenutzt. Wenn es in einem Roman vorkäme, fände ich es nicht so schlimm, aber in einem so kurzen Text, bei dem ja jedes Wort wichtig wird und diese Spiegelsituation so prominent wird, da würde ich schon überlegen, ob es nicht was anderes gibt. Ich würde mir was Neues suchen.
Alles, wirklich alles bis auf den Satz
Zitat:
Ich kenne dich nun schon mein ganzes Leben, ich bin noch nie ohne dich gewesen
und die Spiegelszene könnte sich auf einen anderen Menschen beziehen. einzig der dreizeilige Vorspann "deutet" wirklich, was da verlorengegangen ist. Das aber müsste in dem Hauptteil viel stärker aufscheinen. Wie fühlt es sich etwas an, was man verloren hat und was man zum Beschreiben dieses Verlorenen eigentlich braucht. Das ist eine so zerbrochene, widersprüchliche Sache, die sich inhaltlich und meiner Meinung nach auch sprachlich äußern sollte. Du versuchst es auf einem sehr einfachen Weg, der Mensch mit dem Verlust beschreibt das Verlorene so, als sei  es einem anderen Menschen zugehörig gewesen. Das ist für diese gute Idee die denkbar einfachste und leider auch (sei nicht sauer) herkömmlichste und damit langweiligste Weise.

Du merkst schon, ich finde deine lohnende Idee für einen Kurzprosatext gut, aber die Umsetzung eben viel zu schnell gestrickt.
Ich kann mir vorstellen, dass es sehr schwer ist, den Text anders zu schreiben, weiß nicht, ob mir das auch  nur ansatzweise gelingen würde, aber so finde ich es halt nun mal sehr herkömmlich und den reizvollen Widerspruch, der in deiner Idee steckt, nicht wirklich ausnutzend.

Viele Grüße von Zufall
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NinaK
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 53
Beiträge: 39
Wohnort: Düsseldorf


Beitrag20.04.2017 18:38

von NinaK
Antworten mit Zitat

Hallo Laugeisos,
ich finde die Idee interessant, die Umsetzung aber noch verbesserungswürdig.

Hier schließe ich mich Rainer Zufall an. Dass dem Protagonisten seine Persönlichkeit verloren geht, versteht man durch das vorangestellte Stichwort. Der Text würde gewinnen, wenn der Leser ihn auch ohne dieses Stichwort richtig versteht.

Das bedeutet, dass Du sprachlich und inhaltlich mehr in die Tiefe gehen musst. Vielleicht auch, indem Du andeutest, wie die Persönlichkeit verloren ging. Habe ich zum Beispiel immer gedacht, ich bin ein offener, ehrlicher Mensch, und in dieser bestimmten Situation habe ich ohne Zögern schrecklich gelogen oder bin einem Vorurteil aufgesessen, so dass ich nun mich selbst nicht mehr kenne? Nicht mehr in den Spiegel sehen kann?
Es gibt ja durchaus unterschiedliche Szenarien, die dazu führen können, dass man sich selbst nicht mehr erkennt, sich selbst fremd wird.
Diesem Aspekt würde ich mehr Tiefe widmen. Dann kannst Du Dir auf der anderen Seite einige Redundanzen sparen. Das wiederholte
Zitat:
rennen
durch die Wohnung zeigt keine Entwicklung. Weder findet die Person, was sie sucht, noch versteht sie, warum es verloren gegangen ist.

Der wiederholte Gottesanruf irritiert. Hat er für Dich einen Sinn?  

Ich könnte mir vorstellen, dass der Text durch eine Überarbeitung gewinnt. Die Problematik, dass die Beschreibung eines Identitätsproblems "abgenutzt" ist, wie Rainer Zufall bemerkt, besteht dennoch. Die Frage ist, wie sehr einen das als Autor abschrecken muss. Die Tatsache, dass seit Jahrhunderten Liebesromane geschrieben werden, führt auch nicht zu der Einsicht auf Autorenseite, dass man davon nun genug hat. Ich tendiere daher eher dazu: Wenn Dich das Thema wirklich interessiert, dann schöpf es aus. Geh in die Tiefe. Mach es zu deinem Thema und zu deiner Geschichte.

Viele Grüße Nina
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Zeitenträumer
Geschlecht:männlichLeseratte
Z

Alter: 44
Beiträge: 123



Z
Beitrag20.04.2017 20:44

von Zeitenträumer
Antworten mit Zitat

Moin,

inhaltlich schließe ich mich Rainer an: da war mehr drin. Erstens die von ihm angesprochene Konkretisierung (was genau ist verloren gegangen, wie kam es dazu, wie genau äußert es sich bzw. wie spürt der Protagonist den Verlust usw.).
Wirklich gelungen fände ich den Text, wenn der Leser erst nach und nach merkte, dass der Protagonist seine eigene Persönlichkeit verloren hat, bzw. wenn man sich nie ganz sicher sein könnte.

Da dies bereits ausführlich behandelt wurde, will ich kurz zum Sprachlichen sagen, was mir auf die Schnelle aufgefallen ist:

1) Du benutzt einige unnötige Füllwörter. Wie Rainer sagte, ist in einem so kurzen Text jedes Wort wichtig, daher würde ich unbedingt versuchen, sie zu vermeiden. Ein Beispiel:

Zitat:
Du bist hier gewesen, du hast genau dort gesessen, du kannst nicht lange fort sein. Ich kann dich förmlich noch in diesem Raum sehen und riechen, du bist gerade erst fort.


2)Besonders aufgefallen ist mir, dass du eine Anapher an die andere reihst. Ich mag Anaphern, aber so ist es eintönig und verliert schnell die verstärkende Wirkung, die Anaphern haben können. Beispiel:

Zitat:
„Wo bist du nur?“ – Niemand scheint mich zu hören, niemand spürt meine Verzweiflung, niemand schenkt mir eine Antwort. Ich kenne dich nun schon mein ganzes Leben, ich bin noch nie ohne dich gewesen – bis heute; bis ich aufgewacht bin und du nicht da warst; bis ich allein war, zum ersten Mal.

Ich renne erneut durch die Räume der Wohnung. Alles ist voll mit Spuren von dir, Alles ist leer mit dir. Alles von dir ist hier, doch du bist es nicht. Du hast mich noch nie alleine gelassen. Du hast immer gewusst, was zu tun ist. Du warst in jeder Sekunde da, an die ich denken kann. Wir hatten doch nur einander.


Das ist zu einfach und zu viel, meiner Meinung nach. Benutze die Anaphern sparsam, um einzelne, besonders wichtige Passagen hervorzuheben.

Ich als Psychologe finde deinen Text vom Ansatz her interessant, aber auch mir fehlt das Besondere, der echte Tiefgang. Ist natürlich nur meine Meinung.

Beste Grüße,

David
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manon
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 57
Beiträge: 111



Beitrag05.05.2017 21:13

von manon
Antworten mit Zitat

Du hast mich gepackt mit der Hilflosigkeit deiner Figur. Sehr schön.

Ein Mann wurde verlassen und ist auf der Suche.
Allerdings weiß ich nicht, wonach. Anfangs dachte ich, dass man denken soll, dass der Freund / die Freundin gesucht wird und hinterher kommt eine Pointe und es war der Hausfloh oder so. Aber das konnte dann nicht mehr sein.

Auch steigerte sich dein Text nicht, was mich stutzig machte. Deshalb las ich interessiert weiter, weil ich auf die Auflösung wartete oder aber, eine Wendung. Aber das kam auch nicht. Oder ist der Schlusssatz ein Hinweis darauf? Aber wenn er seinen Glauben verloren hat, ergibt es ja auch keinen Sinn, weil dieser weder raucht noch isst. Smile

Am Anfangs schreibst du von fehlender Persönlichkeit, aber äußert sich das so, das man wie eine zweite Figur daneben steht und schaut, was man selbst vorher gemacht hat? Sollte es die Persönlichkeit sein, hättest du einen interessanten Ansatz gewählt, um das zu zeigen. Allerdings hätte ich (!) noch mehr Hinweise gebraucht, obwohl man das Ende mit dem Gesicht vielleicht so deuten könnte.

Wolltest du so viele Fragezeichen beim Leser auslösen?

Viele Grüße
manon
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