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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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23.03.2017 02:09 landeanflug von Tula
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landeanflug
ein flimmerndes netz wächst aus nächtlicher stille
und zieht uns hinab wie ein magischer sog
umsonst kreischt der vogel aus stahl seine hülle
erzittert im sturz in den gleißenden trog
in steter verzweigung unendlicher fäden
beleben jetzt perlen aus licht das gewebe
umsonst scheint das streben nach irdischem eden
denn über der stadt hängt ein schwert in der schwebe
im funkelnden meer zwischen hoffnung und sorgen
im kreislauf von lieben, verzeihen und rächen
bleibt manches im schatten der herzen verborgen
wird heut' noch der traum eines lebens zerbrechen
im grund von verzweifelt, vergessen, verloren ...
und wird auch ein neuer ins dunkel geboren
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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23.03.2017 19:31 Re: landeanflug von menetekel
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Tula hat Folgendes geschrieben: | landeanflug
ein flimmerndes netz wächst aus nächtlicher stille
und zieht uns hinab wie ein magischer sog
umsonst kreischt der vogel aus stahl seine hülle
erzittert im sturz in den gleißenden trog
in steter verzweigung unendlicher fäden
beleben jetzt perlen aus licht das gewebe
umsonst scheint das streben nach irdischem eden
denn über der stadt hängt ein schwert in der schwebe
im funkelnden meer zwischen hoffnung und sorgen
im kreislauf von lieben, verzeihen und rächen
bleibt manches im schatten der herzen verborgen
wird heut' noch der traum eines lebens zerbrechen
im grund von verzweifelt, vergessen, verloren ...
und wird auch ein neuer ins dunkel geboren |
Hui, Tula,
du traust dich was! Als Einstand ein Sonett, noch dazu ein daktylisches, eine Sonderform, die sich hier vorzüglich an den Inhalt schmiegt.
Inhaltlich geht es um den nächtlichen Anflug auf einen großstädtischen Flughafen, um das Glitzern und Gleißen der Lichter, das noch nach 1000 Landungen entzücken kann ...
Sehr schön auch die Sache mit dem Netz. Ein Netz wird ja normalerweise emporgezogen, hier aber als fantastischer Sog dargestellt, der hinabzieht. Du misst also der Ästhetik eine starke Kraft zu, die mich (unpassenderweise!) an "die Schönheit des Weibes" erinnert, die euch Männer vermeintlich stets hinabzieht und von euren eigentlichen Aufgaben abhält ...
Den Quartetten stellst du Terzette gegenüber, die die andere Seite des Gleißens betrachte, gleichsam seine Schattenseite.
Was wird sein? Liebe? Vergeltung? Die Geburt eines neuen Traumes?
In einer weiteren Lesart lässt sich das Sonett auch als missglückte Anlandung (Absturz) lesen ("umsonst", "umsonst"). Oder, jenseits eines konkreten Fluges, auf der Ebene des menschlichen Lebens (Versagens) schlechthin ...
Kurzum: Ich bin sehr angetan. Auf durchgängige Kleinschreibung hätte ich hier allerdings verzichtet.
Applaudierende Grüße
m.
[Und noch was: Falls du ein lustiges oder witzig-boshaftes Sonett zum Thema "Neid" auf Halde haben solltest, stell es doch in meinem "Kinderreimfaden" (im Trash) ein, der allerdings schon lange ohne Kinder auskommen muss. Derzeit beschäftigen wir uns mit Sonetten. - Und "man" traut sich noch nicht so recht ... ]
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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24.03.2017 02:17
von Tula
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Hallo menetekel
vielen Dank für den ausführlichen und wohlwollenden Kommentar. In der Tat verbindet das Gedicht die Faszination des nächtlichen Landeanflugs und das menschliche Schicksal, die anscheinbare Nichtigkeit des einzelnen (winzigen) Individuums im Vergleich zum 'Ganzen', der modernen Gesellschaft, der großen Stadt usw.
Die Anziehungskraft einer schönen Fischersfrau oder Nixe wäre ja auch ein gutes Thema …
Doch nein, bei den Perlen, die das Netz beleben und sich wie in Ketten an ihren Fäden entlangziehen (also Autos auf den Straßen), denke ich beim Abstieg immer wieder daran, dass jede dieser Perlen mit (mindestens) einem Leben verbunden ist, mit seinen Träumen, Plänen und auch Verzweiflungen. Und auch daran, dass die 'Richtung' und das Streben jedes einzelnen augenscheinlich keinen (besser: kaum einen) Einfluss auf das Netz in seiner Gesamtheit hat. Auch wenn der Einzelne in seinem persönlichen Mikrokosmos Familie glücklich und 'erfüllt' sein kann, trifft ihn hin und wieder ein unerwarteter Schicksalsschlag, wobei das Schwert blind ist und in beide Richtungen (Glück und Unglück) gleichermaßen austeilt.
So in etwa. Die Kleinschreibung sollte in diesem Fall das 'in Gedanken versunken' unterstreichen. Ich gebe aber zu, dass es nicht sein muss und auch keinen Text 'besser macht' als er wirklich ist.
Über die letzten Zeilen werde ich nochmal nachdenken, sie sind mir selbst noch nicht elegant genug.
Deine Einladung, mir etwas zum Thema Neid einfallen zu lassen, nehme ich gern an! - Muss sich mein Narrenköpfchen etwas anstrengen
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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24.03.2017 22:25
von firstoffertio
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Das ist gut. Der Text zieht mich rein.
Du arbeitest nicht nur gut mit Metrum, sondern auch mit Lauten und Bildern.
Ich habe beim Lesen wirklich so ein Gefühl wie vor einer Landung, wenn das Ding so langsam wird, sich dem Boden annähert, und ich die Umgebung wackelig wahrnehme.
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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25.03.2017 01:19
von Tula
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Hallo firstoffertio
vielen Dank, freut mich, dass es auch dir gefällt.
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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