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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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08.03.2017 15:16 Woran ich mich nicht erinnere I von Ralf Langer
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Der Tod meines Großvaters
Ich schlafe.
Es ist Nacht. Das Telefon klingelt im Wohnungsflur. Davon werde ich wach.
Dann ist da die Stimme meines Vaters: brüchig, verschlafen.
Ich höre nur die Stimme, verstehe nicht die Worte.
Ich bin sieben Jahre alt, und habe keine Sorgen.
Vater öffnet die Tür zum Kinderzimmer. Er will mich wecken, als er sieht das ich wach bin, bleibt er in der Tür stehen und kratzt sich am Hinterkopf.
Er sagt: „Opa ist tot.“
Ich lausche dem Klang der Worte nach. Suche nach einer Antwort.
„Wie lange?“, frage ich.
Dann schlafe ich wieder.
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d.frank Reißwolf
D Alter: 44 Beiträge: 1122 Wohnort: berlin
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Yaouoay Eselsohr
Alter: 22 Beiträge: 243 Wohnort: Berlin
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08.03.2017 19:33
von Yaouoay
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Hallo, Ralf!
Eine wirklich berührende kleine Szene - und feinfühlig beschrieben.
An der Überschrift "Der Tod meines Großvaters" könntest du vielleicht noch feilen ...
Kommt drauf an, was ihr Zweck ein soll.
Und der erste Satz "Ich schlafe." kann m. E. raus.
Dass er schlief wird ja in der nächsten Zeile impliziert.
Ansonsten schließe ich mich meiner Vorrednerin in sämtlichen Punkten an.
Vor allem was die vorletzte Zeile angeht:
"Wie lange?", frage ich.
Wobei ich hier zuerst gedacht habe, dass er "Wie lange bereits?" meint.
Könnte man das vielleicht weniger missverständlich ausdrücken?
LG~Y
_________________ In Liebe – das Leben
(Erzählung) |
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Corydoras Klammeraffe
Alter: 39 Beiträge: 751 Wohnort: Niederösterreich
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08.03.2017 20:24
von Corydoras
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Jetzt kommt ein völlig unqualifizierter Kommentar.
Das erinnert mich nämlich an das Lied "Oblivion Ocean" der schwedischen Band Pain of Salvation, wo ein Kind im Kriegsgebiet fragt:
Zitat: | Nine words create an oblivion ocean: "Dad tell me, will I be dead very long?" |
Die Zeile schnürt mir auch immer die Kehle zu...
_________________ I'm not a king. I am just a bard. |
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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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10.03.2017 15:48
von Ralf Langer
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Hall miteinander,
herzlichen dank für die Worte die ihr unter meiner Miniatur gelassen habt
zum Titel:
Der eigentlich Titel, wenn ich so sagen darf, ist: "Woran ich mich nicht erinnere"
Unter diesem "Aspekt" versuche ich mich an Miniaturen biografischer Natur.
es sind Denkstücke, die ich entweder so nicht erinnere, aber von dritten erzählt bekommen habe, oder Dinge von denen ich weiß das sie geschehen sein müssen, woran sich aber in meinem Umfeld(eingeschlossenmich selbst) niemand mehr erinnert.
In sofern trifft der Titel hier schon den Kern des ich nicht Erinnerns.
Das mit dem Sclafen ist eigentlich nur die erzählerische Klammer, sie hat hier ausschließlich strukturelle Bedeutung.
Der Aspekt : " Wie lange" bzw. "Wie lange noch" oder "Wie lange schon" das will ich ja so ofen gestaltet wissen, damit es - nicht missverständlich - aber doch polyvalent in Bezug auf seine Ausdeutungsmöglichkeiten ist.
Zu " Ich höre nur die Stimme, verstehe nicht die Worte"
Auch hier hoffte ich auf Ambivalenz, denn das "nicht verstehen" kann ja ein akustisches Phänomen sein( aufgrund der geschlossenen Kinderzimmertür), aber eben auch ein Problem des Verstehens aufgrund mangelnden Verstandes über die Thematik des Telefonats sein.
Die Frage zur Betonung auf den Satz:
"Er will mich wecken, als er sieht das ich wach bin, bleibt er in der Tür stehen und kratzt sich am Hinterkopf."
kann ich nicht wirklich beantworten.
Off Topic:
Ich denke ich werde hier unter diesem Titel in loser Reihenfolge einige biografische Miniaturen hinterlassen.
Eigentlich, meinem eigenen Selbstverständnis nach, begreife ich mich eher als Lyriker, und ein großer Teil meiner Gedichte entwickeln sich aus biografischen Vergangenheiten, die ich erinnere und für mich verstanden habe, zumindest verstanden genug um sie auf meine Art zu verdichten.
Vieles aber begreife ich von mir selbst nicht.
Diese Miniaturen sollen der Versuch sein, dem dahinterliegenden Gedanken der mir noch verborgen ist, habhaft zu werden.
Euch einen lieben Gruß
Ralf
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Muskat Eselsohr
Beiträge: 343
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10.03.2017 17:31 Woran ich mich erinnere von Muskat
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Hallo Ralf,
Die Miniatur gefällt mir gut. Natürlich drückt der Inhalt mir die Tränen in die Augen, dennoch liest es sich schön.
In der Prosa fühle ich mich doch sicherer als in der Lyrik. Daher habe ich mich getraut, dein Werk ein wenig zu kürzen. Schau mal, ob es dir gefällt. Wenn nicht, dann lass es, wie es ist. Es ist ja schön erzählt.
Zitat: | Der Tod meines Großvaters
Das Telefon klingelt im Wohnungsflur. Davon werde ich wach.
Dann ist da die Stimme meines Vaters: brüchig, verschlafen, ich verstehe nicht die Worte.
Vater öffnet die Tür zum Kinderzimmer. Er will mich wecken, als er sieht, dass ich wach bin, bleibt er in der Tür stehen und kratzt sich am Hinterkopf.
Er sagt: „Opa ist tot.“
Ich lausche dem Klang der Worte nach. Suche nach einer Antwort.
„Wie lange?“, frage ich. |
Ich weiß, dass nun die Klammer fehlt und weiß nicht, ob dir das zusagt.
Gerade lese ich, dass es eine autobiographische Erinnerung ist. Es gefällt mir gut, wie du sie erzählst.
Liebe Grüße
Muskat
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18344
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19.04.2017 19:08
von MosesBob
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Moin Ralf!
Jetzt will ich mich hier auch endlich mal zu Wort melden. Mir gefällt, dass deine Texte – die Prosa wie die Lyrik – sprachlich ohne ein Gramm Fett auskommen und gerade dadurch enorm an Gewicht gewinnen. Damit bedienst du eine meiner beiden Lieblingsfacetten des Schreibens: Einerseits habe ich ein Faible für wortgewaltige Prosa, andererseits kann ich mich genauso für eine aufs Allerwesentliche verschlankte Prosa begeistern, was wiederum nicht bedeutet, dass mir alles, was dazwischen liegt, nicht gefällt. Authentizität reizt mich, in der Geschichte selbst wie in der Sprache. Damit fängst du mich ein. Hier auch.
Beste Grüße,
Martin
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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24.04.2017 10:54
von Ralf Langer
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Hallo Muskat,
danke für deine Statement. Hm deine Verkürzung meiner Miniatur gefällt mir.
ich muß darüber nachdenken.
Es ist eigentlich noch prägnanter in Bezug auf die Aussage des Kindes.
Andererseits die Klammer
werde mal in mich gehen
Lg Ralf
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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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24.04.2017 10:56
von Ralf Langer
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Hallo Martin,
schön dich bei mir zu lesen.
Wenn das , was du sagst, bei dir so ankommt, dann freut mich das sehr.
Authentizität und Präzision ist für mich ein wichtiges Ziel bei meinen Texten, sei es inder Lyrik oder in der Prosa
lg
Ralf
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