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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1125
Wohnort: berlin


D
Beitrag26.01.2017 18:51
Treffen
von d.frank
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Treffen

Schlüters hatte langsam und mit dem Löffel gegessen. Schlingen war nicht sein Stil. In Schlüters Vorstellung trennte sich die Welt nicht in gut und böse auf, für ihn gab es nur  richtig oder falsch. Etwas konnte nicht richtig sein, wenn es in Schlüters Vorstellung ganz eindeutig falsch war, und Amanda gehörte ganz eindeutig auf die Seite der falschen Dinge, weil sie jeden Tag diese grellgelben Gummistiefel an seinem Zaun vorbeitrug.
Es war weniger die Farbe des übergroß bemessenen Schuhwerks -gelbe Regenstiefel waren  angemessen, Regenstiefel hatten schließlich die Aufgabe, bei nassgrauem Wetter für trockene Füße und signalprächtige Wirkung zu sorgen- die Schlüters daran störte, als der Umstand, dass die Stiefel bis zum Rand mit Ordnern, Büchern und Heften gefüllt waren, die wie ein wildes Sammelsurium über die Schäfte lappten.
Unerhört hatte Schlüters gedacht, als er andächtig löffelnd über seiner Suppe gesessen und diesem Umstand nachgesonnen hatte, unerhört so ein Kind, und es dann auch noch auf so unerhörte Weise auf den Weg zu schicken.
Also überlegte er, wie man die Dinge wohl ins rechte Licht rücken konnte. Zunächst einmal brauchten sie einen Namen, nur so konnte Schlüters sie in richtig oder falsch einteilen und sie schlussendlich ihrer Bestimmung zuweisen.  Er hatte das Regenstiefel tragende Kind also nach seinem Namen gefragt und war ein bisschen überrascht gewesen. Amanda wollte ihm nicht so ganz passen. In Schlüters Vorstellung mussten Kinder, die ihre Schulutensilien in gelben Regenstiefeln herumtrugen eher Claudelle oder doch wenigstens Virginia  heißen. Aber er hatte das hingenommen und vorläufig unter nicht ganz richtig abgespeichert. Auf seiner gut geplanten Liste stand nun ein bestätigender Regenguss, und um es nicht dem Zufall zu überlassen, verfolgte er aufmerksam die Wettervorhersage. Trotz seiner minutiösen Berechnung blieb das Kind am favorisierten Tage aber verschwunden. Erst tags darauf, als die Pfützen schon wieder getrocknet waren, spazierte es Regenstiefel tragend an Schlüters Zaun vorbei. In seiner plötzlichen Erregung hatte er ihm hinterhergerufen, aber es hatte nicht reagieren wollen.
Und auch an den nächsten Tagen schenkte es ihm keine Beachtung mehr.  So konnte sich Schlüters also auch weiterhin keinen rechten Reim auf die Sache machen und ihm blieb nichts anderes übrig, als aus seiner derzeitigen Unwissenheit, aber geleitet vom Wissen um das Richtig oder Falsch, zu agieren. Er kaufte dem Mädchen einen Schulrucksack. Einen, den er nach gut überlegten Kriterien und hinsichtlich seiner Richtigkeit ausgesucht hatte, wasserabweisend, geräumig, ergonomisch geformt. Schlüters hatte sich den Rucksack einiges kosten lassen.
Ein wirklich guter Rucksack! In zartem Rosé und auch in der schlanken Form sehr passend für ein junges Mädchen. In freudiger Erwartung reichte Schlüters ihn also schon am nächsten Tag über den Zaun, aber das Mädchen ließ keine Freude darüber erkennen. Es nahm den Rucksack mit einem Ausdruck der zynischen Wertschätzung entgegen und auch das erschien Schlüters nicht richtig für ein junges und damit erwartungsgemäß argloses Mädchen.  Bevor er seinem Ärgernis darüber jedoch Ausdruck verleihen konnte, war das seltsame Ding samt Rucksack schon wieder entschwunden.
Ging Schlüters nun davon aus, dass er dem Problem in angemessener Weise beigekommen war, belehrte Amanda ihn eines Besseren. Nur wenige Tage vergingen, da erschien sie an seinem Zaun, an der rechten Seite den Rucksack am ergonomischen Griff getragen, und hievte das Geschenk mit einiger Anstrengung in Höhe der Spitze eines der Schlüters links gelegenen Zaunpfähle.
Den Rucksack dort dann abgehängt und offensichtlich seines Regen abweisenden Deckels beraubt, bekam Schlüters einen perspektivisch umfassenden Blick auf den Inhalt.  
In verschiedenen Brauntönen gehaltene, lockere und saftige Erde, aus deren Masse die jungen Stiele mehrerer blau blühender Veilchen wuchsen. Gerade als er zum Vortrag ansetzen wollte, stellte Amanda sich auf die Zehenspitzen, ergriff den über den Zaun nach dem Rucksack ausgestreckten Arm und hielt ihn, fest und mit sanftem Druck wie etwas Strebendes und Warmes eine glatte Fläche berührt und sah mit den Augen eines Kindes zu ihm auf, offen, in seinem Blick ihm begegnend.

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Rainer Zufall
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 70
Beiträge: 801

Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag27.01.2017 10:00

von Rainer Zufall
Antworten mit Zitat

Hallo d.frank,
gefällt mir sehr, deine kleine Parabel über die Zerbrechlichkeit des Richtig-Falsch-Blicks. Brauchts doch nur einen ungewöhnlichen Blumenkübel, schön, dass es ausgerechnet das Richtig-Gefäß ist, und eine sanfte Berührung, schon gerät die Einteilung ins Wanken. Glaubt und hofft der Leser zumindest bei deinem offenen Ende.

Mir gefällt auch dein Stil vom Prinzip her, die Einschübe, die Komplexität der Sätze, zum Beispiel im zweiten Satz, wenn die Gummistiefel eingeführt werden. Das ein wenig Verschachtelte passt amS zu Inhalt und Schlüterfigur.

Ich habe trotzdem noch ein paar Detaileinwände, wenn du magst, mach ich das noch genauer, was ich meine. Fürs erste nenne ich dir einfach nur mal das Ende und den Anfang.  

Da ist zum Einen das Ende, da bin ich auch genauer, weil ich mir sicherer bin, was amS krumm ist. Die Kinderaugen sind mir da zu viel. ich finde, du kannst dich an der Stelle ruhig auf den Leser verlassen, dass der deine Intention kapiert. So - in der Fülle -  wird es mir zu wuchtig, zu übererklärend. Ich würde einfach nach "eine glatte Fläche berührt" enden. Kinderaugen haben auch schon so oft an solchen Stellen ihre Funktion erfüllt, für mich poersönlich ist das schon ein Klischee. Deine Idee mit der Bewegung und der glatten Fläche, das finde ich so supergut, lass das doch seine Wirkung erfüllen. Die Kinderaugen machen diese tolle Stelle fast wieder ein bisschen kaputt.
Und ich würde den letzten Abschnitt unbedingt durch die Kommasetzung unterstützen, sonst wird es zu schwer verständlich, dass du da einen nebensatz eingeschoben hast (Komma in Klammern heißt nur, muss man nicht setzen, kann man setzen, wenn man will):
Zitat:
Gerade (Komma) als er zum Vortrag ansetzen wollte, stellte Amanda sich auf die Zehenspitzen, ergriff den über den Zaun nach dem Rucksack ausgestreckten Arm und hielt ihn, fest und mit sanftem Druck KOMMA wie etwas Strebendes und Warmes eine glatte Fläche berührt KOMMA und sah mit den Augen eines Kindes zu ihm auf, offen, in seinem Blick ihm begegnend.


Und zum anderen ist das der Beginn, wo ich echt gestolpert bin. Ich finde, da bist du noch nicht so richtig "eingeschrieben", das wirkt noch ein bisschen holprig auf mich, ein wenig redundant. Anders zum Beispiel als in anderen Abschnitten, wo jedes Wörtchen an der richtigen Stelle eingepasst scheint. Aber das müsste ich mir genauer zusammenklamüsern, wenn du magst. Jetzt schaff ich das aus Zeitgründen nicht mehr.

Ansonsten - ein zum Inhalt passender Stil, frische und ungewöhnliche Bilder, köstlich zum Beispiel diese wunderbaren vollgestopften Stiefel, so mag ich das saugern.
Viele Grüße von Zufall
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1125
Wohnort: berlin


D
Beitrag27.01.2017 22:13

von d.frank
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Hallo Rainer,

vielen Dank fürs Lesen, Mitfühlen, Verstehen und das Lob!
Ich war mir nicht so hundertprozentig sicher, ob die kleine Erzählung alle Ansprüche der Textgattung erfüllt: Gleichnis, große und kleine Interpretation, das Rückführen des Lesers auf die Schritte des Autors, aber ich habe die Geschichte erst nachträglich eingeteilt und die Form der Parabel passte dann am besten zu ihr (mir fällt gerade auf, dass auch diese Handhabe sich in den Kontext einfügt, eine Metaebene der Metaebene sozusagen lol2 ) Wikipedia nennt das Selbstreferenzialität, keine Ahnung, ob das passt. wink

Zu den von dir angeführten Punkten muss ich, gebe ich, zähneknirschend und weiters....Recht und so...wink
Auch beim Schreiben dachte ich mir: "Ne, das wird zu niedlich", aber ich hatte tatsächlich Bange, es könnte nicht ankommen. Und natürlich gehören die beiden Kommata da hin!

Zitat:
Und zum anderen ist das der Beginn, wo ich echt gestolpert bin. Ich finde, da bist du noch nicht so richtig "eingeschrieben", das wirkt noch ein bisschen holprig auf mich, ein wenig redundant.


Ja, das merkt man wohl. lol2
Ist eines meiner leidigen Probleme, ich brauche immer etwas, bis es fließt. sad

Zitat:
Aber das müsste ich mir genauer zusammenklamüsern, wenn du magst. Jetzt schaff ich das aus Zeitgründen nicht mehr.


Das musst du nicht. Ich weiß, wie das ist mit der fehlenden Zeit! Und ich denke zu wissen, wo es hakt. Deine Hinweise haben mich in eigenen Unsicherheiten bestätigt.

Vielen Dank, Dir!

Grüße
diana
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag28.01.2017 09:52

von BlueNote
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Für mich ist deine Geschichte seltsam. In Schlüters Vorstellung trennte sich die Welt nicht in gut und böse auf, für ihn gab es nur richtig oder falsch. Ist es besser, die Welt in "gut" und "böse" aufzuteilen, als in "richtig" oder "falsch"? Alles ist bis aufs Äußerste konstruiert, irgendwie sichtlich um eine große Aussage bemüht, dennoch frage ich mich, welche Gedanken, Moralvorstellungen, Gut und Böse Unterscheidungen will der Autor mir da eigentlich ins Hirn pflanzen? Der Autor überlässt nichts dem Zufall, sondern alles dem Diktat seiner persönlichen Auffassung. Ich habe ja kürzlich die Geschichte geschrieben Was richtig ist (allerdings mit gegenteiligem "Vorzeichen"). Bei deiner Geschichte habe ich das Gefühl, der Autor meint genau zu wissen, was richtig ist und will es uns Leser ganz unmissverständlich sagen. Dass ausgerechnet Rainer der erste Kommentator unter diesem Text ist, der sich angesprochen fühlt, wundert mich dabei nicht. Für mich ist dein Text aber zu bestimmend, zu moralisierend, ohne damit wirklich etwas wesentliches auszusagen. All diese Kinderaugen, blühenden Veilchen, all diese Angemessenheit und Richtigkeit ergibt keinen logischen Sinn, außer dass sie da sind. Und offensichtlich richtig sind. Angeblich.

Richtig ist das, was der Autor mir sagt.
Seltsame Geschichte!

Prosa Feedback! Wieder einmal!
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1125
Wohnort: berlin


D
Beitrag28.01.2017 12:40

von d.frank
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Hallo BlueNote

Wenn du die Geschichte allzu persönlich nimmst, wird sie nicht wirken können..
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2934
Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag28.01.2017 14:02

von Klemens_Fitte
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Dass ausgerechnet Rainer der erste Kommentator unter diesem Text ist, der sich angesprochen fühlt, wundert mich dabei nicht.

Ebenso wenig verwundert es, dass BN auf den Plan tritt und außer – aus meiner Sicht – bratzblöden Vorwürfen Richtung Autor nix, aber auch gar nix zum Text beizutragen hat. Wer aufgrund dieser Aussage über einen Protagonisten:
d.frank hat Folgendes geschrieben:
In Schlüters Vorstellung trennte sich die Welt nicht in gut und böse auf, für ihn gab es nur  richtig oder falsch.

Sorgen wegen invasiver Moralvorstellungen des Autors hat, der sollte sich lieber Gedanken über sein eigenes Lesen machen, statt im Rundumschlag Autor und Leser mit seinen Verdächtigungen zu belästigen.



___





Zum Text: Ich gehe in beiden Punkten, Anfang und Ende, mit Rainer Zufall d'accord. Am Anfang fehlen mir noch ein paar Sätze, vielleicht weitere Einblicke in Schlüters Alltag, um die oben zitierte Aussage in meinem Bild, das ich mir von dieser Figur mache, zu verankern. Denn grundsätzlich wird da Interesse geweckt, es hat nur nicht genug Zeit, sich zu entfalten, bevor ich damit konfrontiert werde, dass etwas Neues in sein Leben eingedrungen ist und seine bequeme Vorstellung durcheinanderwerfen wird.
Was das Ende angeht: der Text lebt ja schon von der Distanz, die er wahrt, von diesem leisen und doch getragenen Ton – da sitzt der letzte Satz noch nicht und hat in der momentanen Fassung das Potential, den Text ein wenig vom Ende her kaputtzumachen, wenn man zu lange auf diesem Bild hängen bleibt oder es übermäßig erklärt. Vielleicht hilft einfaches Kürzen, müsste man ausprobieren; oder eben mit dem Berühren der glatten Fläche enden, das reicht eigentlich schon.
An ein paar Stellen fehlt's noch am sprachlichen Feinschliff, da komme ich aber erst mal nicht zu.
Insgesamt hab ich das gern gelesen. Es hat über weite Strecken einen gelungenen Ton und eine gute Balance aus Nüchternheit und Skurrilität.


_________________
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sleepless_lives
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Beitrag28.01.2017 17:57

von sleepless_lives
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Ich schließe mich zum Text weitgehend Zufall und Klemens an, würde aber noch weiter gehen beim Vorschlag zu verändern. Der Hinweis auf das überstrapazierte Klischee der Kinderaugen wurde ja schon gegeben, was allerdings keineswegs bedeutet, dass du den entwaffnenden Blickkontakt nicht benutzen kannst. Du müsstest aber eine unverbrauchte Art finden, darüber zu sprechen. Das kann ein Vergleich oder Metapher sein - das wird allerdings nicht einfach  - oder ein Gedankengang, der wiederum aber nichts erklären sollte, sondern nur das Gefühl wiedergeben, was mit Schlüters passiert.
 
Was Veränderungen angeht, so würde ich alle Erklärungen herausnehmen, wenn dein Ziel ist, eine zeitgenössische literarische Kurzgeschichte zu schreiben. Es gibt natürlich auch immer noch diese Art von etwas betulicher, moralisierender Parabel, die die Leser in seiner Meinung bestätigen soll und ermahnen, auf dem richtigen Pfad zu bleiben. Hier taucht auch schon ein weiterer Grund auf, warum explizite Erklärungen ein Problem sind: Wenn die Geschichte nahelegt, dass eine binäre Einteilung in 'falsch' und 'richtig' abzulehnen ist, wie kann sie dann selbst etwas empfehlen oder gar vorschreiben? Sie müsste doch dann selbst völlig offen bleiben. Aber vielleicht ist das auch nicht die These, sondern es geht darum, das 'richtige' Falsch-und-Richtig zu finden?

Es gibt noch eine unangenehme Interpretation der Geschichte, die dir wahrscheinlich nicht mal bewusst ist. Konventionen werden in Frage gestellt, ein Schuh als Rucksack benutzt, ein Rucksack als Blumentopf. Gleich am Anfang der Geschichte wird eine Verbindung zwischen moralischen Kategorien und diesen Konventionen des Gebrauchs hergestellt. Wenn falsch und richtig nicht bestimmt werden können, dann kann auch nicht entschieden werden, was moralisch falsch und richtig ist (es sei denn man nimmt an, es beruht nicht auf Konventionen, sondern ist im Wesen des Menschen begründet). Und hier haben wir einen erwachsenen Mann, der mit einem kleinen Mädchen Kontakt aufnimmt. Das ist eine gefährliche Allee aus guten Absichten, die die Geschichte da hinuntergeht.

Was die Sprache angeht, hast du eine Vorliebe für Partizipialkonstruktionen. Mein Fall sind die nicht so, aber es scheint für deinen Stil, deine Stimme wesentlich zu sein. Allerdings musst du darauf achten, nicht das zu produzieren, was im Englischen "dangling participle" genannt wird. Ein Beispiel hier:
Zitat:
Den Rucksack dort dann abgehängt und offensichtlich seines Regen abweisenden Deckels beraubt, bekam Schlüters einen perspektivisch umfassenden Blick auf den Inhalt.  

Da das Subjekt in den beiden Teilsätzen nicht überstimmt, klingt das schief. Man kann das schon machen, die Regel brechen, aber es sollte sehr gut motiviert sein. Wie wär es mit "Der Rucksack" und später "gewährte Schlüters"?

Die Bild
Zitat:
als der Umstand, dass die Stiefel bis zum Rand mit Ordnern, Büchern und Heften gefüllt waren, die wie ein wildes Sammelsurium über die Schäfte lappten

finde ich übrigens auch schief. Zum einen ist doch die Beschreibung  von "Ordnern, Büchern und Heften" schon ein Sammelsurium, also kann man es doch recht schlecht damit vergleichen. Zum anderen warum sollte "ein wildes Sammelsurium" in besonderer Weise über die Schäfte quellen? Der Begriff schließt doch keine räumliche Anordnung oder große Menge ein. Übrigens, ist das Verb "lappen" einem Dialekt entlehnt? Im Duden hab ich es nicht gefunden, was aber nichts heißen soll.

Noch was zum Anfang: Schlüters isst mit dem Löffel und, wie man später erfährt, eine Suppe. Aber kann man eine Suppe schlingen? Ich würde nie zu jemand sagen: 'Schling deine Suppe nicht so runter'. Aber vielleicht wird das unterschiedlich gebraucht. Wenn nicht allerdings, wird mit dem "Schlingen" beim Leser das falsche Bild erzeugt und muss später korrigiert werden.

Ich stell mir die Geschichte jetzt mal ohne den zweiten und den dritten Satz vor, dafür mit einer Charakterisierung von Schlüters durch seine Handlungen und mache damit ausnahmsweise mal direkt Werbung für 'Show, don't tell'. Und dann mit einem anderen Ende, eines, das den Lesern erlaubt, selbst Schlüsse zu ziehen, wiederum eher durch eine Handlung von Schlütters die Richtung vorgebend und die Konsequenzen vielleicht sogar offen lassend, also nicht vorschreibend, was man davon halten soll. Sagen wir, er geht zurück ins Haus und legt den Löffel beiseite und isst seine tägliche Suppe mit einer Gabel.


_________________
Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright)
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d.frank
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Beitrag28.01.2017 22:34

von d.frank
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Hallo Klemens smile

Auch Dir vielen Dank für deine Zeit!
Ich denke, wenn man etwas hier einstellt, das nicht vordergründig nur dem Ziel der Unterhaltung dient, macht man sich doch sehr angreifbar. Eine Diskussion um die Person hinter dem Text muss deshalb sehr feinfühlig  geführt bis ganz ausgelassen werden. Ist man zu besetzt von den Vorstellungen, die man sich zum Autor macht oder gemacht hat,  fehlt der objektive Blick und das Einfühlungsvermögen.  Sicherlich sind BlueNotes Einwände nicht komplett an den Haaren herbeigezogen, aber aus ihnen spricht vor allem eine resolute Ablehnung und die fällt dann für mich tatsächlich unter die Allegorie eines Herrn Schlüters, der hier unter anderem als eine Form des reinen, unanfechtbaren Meinens und Wissens auftreten soll. Dass mir dieses mitunter abhanden geht, dürfte ich im Laufe meines Forum abhängigen Auftretens schon mehrmals bewiesen haben, deshalb bin ich dir dankbar, dass du Partei für den Text ergreifst!

Leider scheint er seine Ebenen einzubüßen, das liegt vielleicht ja auch an der gestrengen Einteilung, dem moralisierenden Zeigefinger, der mit der Klassifizierung erhoben wird. Beim Suchen nach dem richtigen Begriff bin ich aber eben an der Parabel hängen geblieben.

Zitat:
eine gute Balance aus Nüchternheit und Skurrilität


Ich habe mich an der Verwandlung von Kafka orientiert. Schön, dass der distanzierte Ton in diesem Kontext funktioniert und du ihn nicht als unpassend empfindest.
Dass hier noch etliche Schwachstellen aufzudecken sind, ja leider. Aber wie will man lernen, wenn nicht darüber, dass man eben schreibt und ausprobiert. Du hast die Geschichte nicht als vollkommen misslungen empfunden, ich bin also auf dem richtigen Weg. smile
Sie steht übrigens im Feedback (an BlueNote), weil ich im Hintergrund an ganz anderen Dingen arbeite, so also auch nicht mehr sonderlich viel Zeit in diesen Text hier stecken kann. Er hat sich gerade so dazwischen geschoben, wollte raus und bewundert oder eben verschmäht werden. wink
Ich freue mich, dass sich Leser hier eingefunden und kommentiert haben!

Danke dir nochmals für´s Auseinandersetzen damit, Klemens. smile
Grüße
diana
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BlueNote
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Beitrag29.01.2017 09:33

von BlueNote
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Zitat:

... bratzblöden Vorwürfen ...Sorgen wegen invasiver Moralvorstellungen des Autors hat, der sollte sich lieber Gedanken über sein eigenes Lesen machen, statt im Rundumschlag Autor und Leser mit seinen Verdächtigungen zu belästigen.

Kann man sich gegen diese Klemens Schlüter Richtig/Falsch-Kommentarbewertungen denn nicht wehren, dieses Umbiegen der Intention, das Verkehren ins Gegenteil, das Propagieren des Über/Untereinanders des Richtigen und nicht des Nebeneinanders von Selbigem (= ausgrenzend und nicht integrativ)? Setzt sich dein Text denn nicht genau dafür ein, diese richtig/falsch Sicht aufzugeben? Aber, inkonsequenterweise, mit den Mitteln, die er eigentlich kritisieren will: dem Einteilen in richtig und falsch (nur eben andersherum, d.h die richtig/falsch Rollen werden lediglich umverteilt). Im Sinne des Textes oder seiner "Aussage" wäre es z.B., wenn er zu dem Ergebnis käme, dass viele Meinungen, Sichtweisen, Lebensauffassungen nebeneinander existieren könnten und nicht dass er das, was er verurteilt (das Einteilen in richtig und falsch), letztendlich selber praktiziert.

Intoleranz durch Intoleranz zu bekämpfen funktioniert nicht. Intoleranz durch Toleranz schon eher. Aber das tut weder dein Text, noch der obig zitierte Kommentar.
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
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D
Beitrag29.01.2017 15:02

von d.frank
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Hallo BlueNote

der Titel wurde nicht aus dem Blauen heraus gewählt...
Und der Text endet mit einer Annäherung.
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Rainer Zufall
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Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag29.01.2017 18:37

von Rainer Zufall
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@ Bluenote,

Zitat:
Bei deiner Geschichte habe ich das Gefühl, der Autor meint genau zu wissen, was richtig ist und will es uns Leser ganz unmissverständlich sagen. Dass ausgerechnet Rainer der erste Kommentator unter diesem Text ist, der sich angesprochen fühlt, wundert mich dabei nicht.

Und du der zweite. Gelle? Und was sagt uns das? Klingt nach einem ziemlich bläulichen Eigentor.
Das wars auf die Lustige. Und jetzt ernsthaft, unterlass doch bitte einfach alle Anspielungen oder Spitzen mir gegenüber. Okay? Wenn du mir was zu sagen hast, schreib eine PM. Und nimm doch bitte deine eigenen Toleranzideale selbst mal ernst.
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d.frank
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Alter: 44
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D
Beitrag29.01.2017 20:08

von d.frank
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Hallo sleepless_lives

Vielen Dank für´s Lesen!

Zitat:
Der Hinweis auf das überstrapazierte Klischee der Kinderaugen wurde ja schon gegeben, was allerdings keineswegs bedeutet, dass du den entwaffnenden Blickkontakt nicht benutzen kannst. Du müsstest aber eine unverbrauchte Art finden, darüber zu sprechen. Das kann ein Vergleich oder Metapher sein - das wird allerdings nicht einfach  - oder ein Gedankengang, der wiederum aber nichts erklären sollte, sondern nur das Gefühl wiedergeben, was mit Schlüters passiert.


Du könntest wohl recht haben. Für die Aussage des Textes könnte es tragend sein, doch noch mehr ins Detail zu gehen. Die Kinderaugen sind aber wirklich unheimlich kitschig!
Sicherlich wäre es besser, den Fokus auf Schlüters zu richten und auf die Veränderung, die Amanda in ihm provoziert.

Zitat:
Was Veränderungen angeht, so würde ich alle Erklärungen herausnehmen, wenn dein Ziel ist, eine zeitgenössische literarische Kurzgeschichte zu schreiben. Es gibt natürlich auch immer noch diese Art von etwas betulicher, moralisierender Parabel, die die Leser in seiner Meinung bestätigen soll und ermahnen, auf dem richtigen Pfad zu bleiben
.

Zeitgenössische literarische Kurzgeschichte? Nein, das war nicht mein Ziel. Unter dieser Klassifizierung müsste man sie doch auch vollkommen umwerfen oder nicht?
Eine einfache Erzählung?  Würde das den Nagel treffen?

Zitat:
Hier taucht auch schon ein weiterer Grund auf, warum explizite Erklärungen ein Problem sind: Wenn die Geschichte nahelegt, dass eine binäre Einteilung in 'falsch' und 'richtig' abzulehnen ist, wie kann sie dann selbst etwas empfehlen oder gar vorschreiben? Sie müsste doch dann selbst völlig offen bleiben. Aber vielleicht ist das auch nicht die These, sondern es geht darum, das 'richtige' Falsch-und-Richtig zu finden?


Also ich empfinde sie als offen. Zwei gegensätzliche Sachebenen treffen sich und  finden zu einer Annäherung. Sicherlich sorgen die mitgelieferten Erklärungen für einen zu einseitigen Blickwinkel. Schlüters bekommt den negativen Einfluss aufgebrummt, Amanda tänzelt leicht und flatterhaft daher.  Aber Schlüters war für mich greifbarer, in seiner Personifikation bodenständiger. Ich gebe dir aber recht, dass er Amanda letztendlich zu stark unterliegt und deshalb ein Missverstehen provoziert.

Zitat:
Es gibt noch eine unangenehme Interpretation der Geschichte, die dir wahrscheinlich nicht mal bewusst ist. Konventionen werden in Frage gestellt, ein Schuh als Rucksack benutzt, ein Rucksack als Blumentopf. Gleich am Anfang der Geschichte wird eine Verbindung zwischen moralischen Kategorien und diesen Konventionen des Gebrauchs hergestellt. Wenn falsch und richtig nicht bestimmt werden können, dann kann auch nicht entschieden werden, was moralisch falsch und richtig ist (es sei denn man nimmt an, es beruht nicht auf Konventionen, sondern ist im Wesen des Menschen begründet). Und hier haben wir einen erwachsenen Mann, der mit einem kleinen Mädchen Kontakt aufnimmt. Das ist eine gefährliche Allee aus guten Absichten, die die Geschichte da hinuntergeht.


Nein, diese war mir ganz und gar nicht bewusst! Für mich sind Schlüters und Amanda Personifikationen zweier Sachebenen. Man könnte die Geschlechter auch beliebig verteilen, aus Herrn Schlüters eine Frau Schlüters, aus Amanda einen Amando machen, aber die Kombination: alter und dem faktischen Wissen zugetaner Mann, freigeistiges, der Intuition verschriebenes Mädchen, spiegelten für mich am treffendsten die Ebenen, auf die ich hinauswollte. Dass man das durchaus so, wie von dir angemahnt, interpretieren kann, finde ich nahezu gruselig!
Ich hoffe doch, nicht allein diese Achtlosigkeit meinerseits hat dich zu einem Kommentar veranlasst!?

Zitat:
Was die Sprache angeht, hast du eine Vorliebe für Partizipialkonstruktionen. Mein Fall sind die nicht so, aber es scheint für deinen Stil, deine Stimme wesentlich zu sein.


Empfindest du das tatsächlich als allgemeingültig für meinen Stil? Du liest das sicher auch meinen sonstigen Kommentaren im Forum ab!?

Zitat:
Allerdings musst du darauf achten, nicht das zu produzieren, was im Englischen "dangling participle" genannt wird. Ein Beispiel hier:
Zitat:
Den Rucksack dort dann abgehängt und offensichtlich seines Regen abweisenden Deckels beraubt, bekam Schlüters einen perspektivisch umfassenden Blick auf den Inhalt.  

Da das Subjekt in den beiden Teilsätzen nicht überstimmt, klingt das schief. Man kann das schon machen, die Regel brechen, aber es sollte sehr gut motiviert sein. Wie wär es mit "Der Rucksack" und später "gewährte Schlüters"?


Darüber lässt sich streiten. Du sagst, es sollte sehr gut motiviert sein. Meine Motivation dabei:
Den Fokus auf Schlüters zu richten, der über den Rucksack (weswegen dieser im Satz natürlich nicht fehlen darf, aber keine  Hauptrolle erhält) einen perspektivisch umfassenden Blick bekommt. Der Rucksack ist nur ein Objekt, das schlussendlich von Amanda dort abgehängt wurde. Nicht das Objekt gewährt den Blick, sondern Amanda, die es zweckentfremdet und Schlüters vor Augen geführt hat.


Zitat:
Die Bild
Zitat:
als der Umstand, dass die Stiefel bis zum Rand mit Ordnern, Büchern und Heften gefüllt waren, die wie ein wildes Sammelsurium über die Schäfte lappten

finde ich übrigens auch schief. Zum einen ist doch die Beschreibung  von "Ordnern, Büchern und Heften" schon ein Sammelsurium, also kann man es doch recht schlecht damit vergleichen. Zum anderen warum sollte "ein wildes Sammelsurium" in besonderer Weise über die Schäfte quellen? Der Begriff schließt doch keine räumliche Anordnung oder große Menge ein. Übrigens, ist das Verb "lappen" einem Dialekt entlehnt? Im Duden hab ich es nicht gefunden, was aber nichts heißen soll.


Hmm, lass mich überlegen. Ordner, Bücher und Hefte definieren doch nicht automatisch ein Sammelsurium. Würdest du einen auf einem Schulpult ordentlich nach Größe sortierten Stapel aus verschiedenen Unterrichtsmaterialien tatsächlich treffend als Sammelsurium bezeichnen?
Das andere muss man sehr umständlich auseinanderpuzzeln.
Der Satz ohne das wilde Sammelsurium würde so aussehen: dass die Stiefel bis zum Rand mit Ordnern, Büchern und Heften gefüllt waren, die über die Schäfte lappten. Ein Komma würde Abhilfe schaffen?
Das wilde Sammelsurium ist vor meinen Augen ein Bild aus unordentlich zusammengewürfelten Materialien. Zugegeben das Adjektiv wild ist eine Dopplung, die den Zustand des Sammelsuriums beschreiben soll: zerfleddert, voller Eselsohren, seinem Zweck nach aber trotzdem noch brauchbar.
Das Wort lappen ist eine eigene Wortschöpfung, die vom Wort überlappen abgeleitet ist. Ich gebe zu, sie existiert nicht, weder im Duden noch in der Mundart. Ich mache das manchmal. Quellen wollte mir nicht passen, weil die Ordner und Bücher quadratisch/rechteckige Flächen sind und quellen so ins Runde geht. Überlappen hätte sich unschön in den Satzbau gefügt. Also habe ich ganz frech etwas Eigenes kreiert...wink

Zitat:
Noch was zum Anfang: Schlüters isst mit dem Löffel und, wie man später erfährt, eine Suppe. Aber kann man eine Suppe schlingen? Ich würde nie zu jemand sagen: 'Schling deine Suppe nicht so runter'. Aber vielleicht wird das unterschiedlich gebraucht. Wenn nicht allerdings, wird mit dem "Schlingen" beim Leser das falsche Bild erzeugt und muss später korrigiert werden.


Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Eine Suppe lässt sich nicht schlingen? Weil sie zu heiß ist? Weil man den Löffel mit ihr nicht übermäßig beladen kann? Kannst du das noch ein wenig genauer erläutern?


Zitat:
Ich stell mir die Geschichte jetzt mal ohne den zweiten und den dritten Satz vor, dafür mit einer Charakterisierung von Schlüters durch seine Handlungen und mache damit ausnahmsweise mal direkt Werbung für 'Show, don't tell'.

Also ohne: Schlingen war nicht sein Stil. In Schlüters Vorstellung trennte sich die Welt nicht in gut und böse auf, für ihn gab es nur  richtig oder falsch.
Ich gehe damit konform. Hier hat es auch den zu negativen Aspekt, der Schlüters ab da an anhaftet.

Zitat:
Und dann mit einem anderen Ende, eines, das den Lesern erlaubt, selbst Schlüsse zu ziehen, wiederum eher durch eine Handlung von Schlütters die Richtung vorgebend und die Konsequenzen vielleicht sogar offen lassend, also nicht vorschreibend, was man davon halten soll. Sagen wir, er geht zurück ins Haus und legt den Löffel beiseite und isst seine tägliche Suppe mit einer Gabel.


Klingt nach einem guten Ansatz, so auf die Schnelle hingedacht. smile


Vielen Dank also auch für die vielen und überdachten Anregungen!

Grüße
diana
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Frank D. Badenius
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
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Beitrag01.03.2017 15:01

von Frank D. Badenius
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Hi.

Ich weiß, nicht jeder mag's.... Aber ich redigiere nun mal gerne. Vielleicht, weil ich dann meine Ideen zu einem Text uneingeschränkt umsetzen kann. Und weil ich dann Unstimmigkeiten besser erkenne und ausmerzen kann. Deshalb habe ich den Text mal nach meinem persönlichen Geschmack umgemodelt. Vielleicht lässt sich daraus die eine oder andere Verbesserung ableiten. Wenn nicht: auch nicht schlimm. Einen versuch war's wert. ;o)

Also:

Treffen

Schlüters aß langsam. So gehörte es sich. Seine Welt trennte sich nicht in Gut und Böse auf. Für ihn gab es nur Richtig oder Falsch. War etwas in Schlüters Vorstellung ganz eindeutig falsch, dann konnte es nicht richtig sein, nicht einmal ansatzweise.

Amanda gehörte eindeutig auf die Seite der falschen Dinge, denn: Sie trug jeden Tag diese grellgelben Gummistiefel an seinem Zaun vorbei. Es war weniger die Farbe des übergroß bemessenen Schuhwerks, als der Umstand, dass die Stiefel bis zum Rand mit Ordnern, Büchern und Heften gefüllt waren. Das war …: Unerhört! So geht das nicht!, hatte Schlüters nach reiflicher Überlegung festgestellt. Unerhört so ein Verhalten.

Er überlegte, wie man die Dinge ins rechte Licht rücken konnte. Dinge brauchten zunächst einen Namen. Nur so konnte Schlüters sie in Richtig oder Falsch einteilen um sie dann ihrer Bestimmung zuzuweisen. Er hatte das Kind also nach seinem Namen gefragt. Die Antwort hatte ihn überrascht: Amanda wollte ihm nicht so ganz passen. In Schlüters Vorstellung mussten Kinder, die ihre Schulutensilien in gelben Regenstiefeln herumtrugen, eher Claudelle oder doch wenigstens Virginia heißen. Der unpassende Name wurde ordnungsgemäß unter „falsch“ abgespeichert.

Auf seiner gut geplanten Liste stand als nächster Schritt ein notwendiger Regenguss. Er verfolgte aufmerksam die Wettervorhersage. Der Regen kam pünktlich. Aber das Kind blieb aus. Eindeutig Falsch. Erst tags darauf, als die Pfützen schon wieder getrocknet waren, spazierte es, Regenstiefel tragend, an Schlüters Zaun vorbei. Aufgeregt hatte er ihm hinterhergerufen, aber es hatte nicht reagieren wollen.

Auch an den nächsten Tagen schenkte es ihm keine Beachtung. So konnte sich Schlüters keinen rechten Reim auf die Sache machen. Ihm blieb nichts Anderes übrig, als aus seiner derzeitigen Unwissenheit, geleitet vom Wissen um das Richtig oder Falsch, zu agieren. Er kaufte dem Mädchen einen Schulrucksack. Einen, den er nach gut überlegten Kriterien und hinsichtlich seiner Richtigkeit ausgesucht hatte: wasserabweisend, geräumig, ergonomisch geformt. Schlüters hatte sich den Rucksack einiges kosten lassen. Ein wirklich guter Rucksack! In zartem Rosé und auch in der schlanken Form sehr passend für ein junges Mädchen.
In freudiger Erwartung reichte Schlüters ihn am nächsten Tag über den Zaun. Das Mädchen ließ keine Freude darüber erkennen. Es nahm den Rucksack mit einem Ausdruck der zynischen Wertschätzung entgegen und auch das erschien Schlüters nicht richtig für ein junges und damit erwartungsgemäß argloses Mädchen. Bevor er seinem Ärger darüber jedoch Ausdruck verleihen konnte, war das seltsame Ding samt Rucksack schon wieder entschwunden.

Ging Schlüters nun davon aus, dass er dem Problem in angemessener Weise beigekommen war, belehrte Amanda ihn eines Besseren. Wenige Tage später erschien sie an seinem Zaun, an der rechten Seite den Rucksack am ergonomischen Griff getragen, und hievte das Geschenk mit einiger Anstrengung auf die Spitze eines Zaunpfahls. Das war ganz sicher Falsch!

Den Rucksack seines Regen abweisenden Deckels beraubt, bekam Schlüters einen perspektivisch umfassenden Blick auf den Inhalt: In verschiedenen Brauntönen gehaltene, lockere und saftige Erde, aus deren Masse die jungen Triebe blau blühender Veilchen wuchsen. Gerade als er zum Vortrag ansetzen wollte, stellte Amanda sich auf die Zehenspitzen, ergriff den über den Zaun nach dem Rucksack ausgestreckten Arm und hielt ihn fest, mit sanftem Druck. So wie etwas Strebendes und Warmes eine glatte Fläche berührt. Sie sah mit den Augen eines Kindes zu ihm auf, offen, in seinem Blick ihm begegnend. Das war …, das war …


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D
Beitrag01.03.2017 19:19

von d.frank
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Ok, ähm.....danke für die Auseinandersetzung mit meinem Text!

Er hat dich jedenfalls beschäftigt, das ist doch auch schon ein Kompliment. wink

Zu deiner Version:

Du hast aus meinem Text Deinen Text gemacht, wie ich finde.
Du hast ihn gekürzt und an einigen Stellen den, von mir durchaus beabsichtigten, Fluss und Fingerzeig rausgenommen. Nun gut, der Text wird dadurch klarer, da bin ich bei dir, aber er verliert eben auch an seiner "Ganzheit", der persönlichen Note wink Oder dem, was Klemens als leisen und doch getragenen Ton beschrieben hat.
Wenn ich jetzt da raufguck, ist es einfach nicht mehr mein Text... Crying or Very sad
Wobei ich nicht finde, dass du das, von den anderen Kommentatoren angemerkte, Problem unbedingt gelöst hättest.

Ich weiß nicht, vielleicht melden die sich ja auch noch mal zu Wort und dementieren oder bestätigen mein Empfinden?

Was mir wirklich gut gefallen hat, auch wenn es die Sprache des Textes ebenfalls mindert:

Zitat:
Der Regen kam pünktlich. Aber das Kind blieb aus. Eindeutig Falsch.



Was mir wirklich fehlt:

Original:...da erschien sie an seinem Zaun, an der rechten Seite den Rucksack am ergonomischen Griff getragen, und hievte das Geschenk mit einiger Anstrengung in Höhe der Spitze eines der Schlüters links gelegenen Zaunpfähle.

Zitat:
an der rechten Seite den Rucksack am ergonomischen Griff getragen, und hievte das Geschenk mit einiger Anstrengung auf die Spitze eines Zaunpfahls. Das war ganz sicher Falsch!



Ich weiß, ich bin ziemlich eigensinnig. lol2
Aber ich habe mich wirklich sehr gefreut, dass du dem Text deine Zeit gegönnt hast!

Grüße
diana


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Beitrag02.03.2017 11:08

von Frank D. Badenius
Antworten mit Zitat

Hi diana,

nebenbei: irgendwie komisch, meine Frau heißt auch Diana. Und dann die beiden "Franks"... ;o)  

Anyway: Wenn Du etwas aus "meiner" Version übernehmen magst, bedien Dich. Ansonsten: Für mich waren halt einige Textstellen etwas unübersichtlich. Deshalb habe ich hauptsächlich gestrafft. Und aus meiner Sicht überflüssige Infos entfernt. Aber ich verstehe, dass es damit eventuell Deinen persönlichen Ton nimmt.

Nimm's als Anregung. Mehr sollte es eh nicht sein.

Beste Grüße,
Frank D. (sic)


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Beitrag02.03.2017 12:15

von d.frank
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Frank.D...d.frank,

also einer von uns beiden muss sich jetzt nach einem neuen Pseudonym umsehen wink lol2


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Frank D. Badenius
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Beitrag02.03.2017 12:21

von Frank D. Badenius
Antworten mit Zitat

lol

Also ich wurde so getauft...

Du bist dran!


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