Ausgebrannt

[nebenfluss]

Hallo Inko,

wenn ich das richtig verstanden habe, führt hier Goethe ein Zwiegespräch mit seiner Muse, die ihm als Spiegelbild seinerselbst erscheint und ihm  - bei dieser, vielleicht letzten 'Begegnung' - schließlich die Idee zum zweiten Teil des Faust eingibt.
Mir scheint der Dialog in erster Linie darauf hingeschrieben, dem Leser dies stückweise zu enthüllen. Einem zweiten, 'wissenden' und kritischeren Blick hält der Text amS nur teilweise stand. Für das Rätselraten gehen ganz schön (zu) viele Sätze drauf. Und ob sich Goethe, in diesem Alter geistig nach völlig auf der Höhe, erst mühsam an seine eigenen Werke erinnern musste? Dass er seiner Muse mehrfach 'begegnet' ist, dürfte ihm auch im Gedächtnis geblieben sein. Soweit ich weiß, hat Goethe insbesondere Frauen als sehr inspirierend empfunden.
Ob er Werther selbst abwertend als "selbstmitleidigen Jüngling" bezeichnet hätte, wage ich zu bezweifeln.
Der lapidare Tonfall ist weniger ein Problem - schließlich ist es im Prinzip ein, möglicherweise sogar stummes, Selbstgespräch. Aber ein bisschen mehr Anpassung an die Sprache des frühen 19. Jahrhunderts hätte ich mir schon gewünscht.

Dieser Text hat es nicht in meine Top 10 geschafft.

[lilli.vostry]

Hallo,

aus Zeitgründen nur eine kurze Antwort zu Deinem Text (später gerne mehr), um mit befedern, bewerten zu können.

Du wählst die Dialogform, ein ausgebrannter Autor im Gespräch mit seinem Helfer, Muse, Ideengeber... Schöne Idee und witzig zu lesender Gedanken-Austausch, den jeder der schreibt so ähnlich kennt (aber meist stumm). Hier wird es sichtbar und auch noch anhand eines großes Dichtergenies erzählt.
Um wen es sich handelt, war mir schnell klar, hätte nicht der weiteren, deutlichen Hinweise gebraucht. Als ob der Autor sich nicht sicher ist.

Doch die Spannung lies dann nach, mangels weiterer zündender Gedankenblitze und am Schluss ist man so schlau wie am Anfang bzw. geht das Ganze von vorne los.

Du stehst auf meiner Top12-Liste.

Ich geb Dir 5 Punkte.

Viele Grüße,
Lilli

[Sam Violett]

Eine sehr nette und schöne Geschichte.

[Uwe Helmut Grave]

Dass ich als reiner Unterhaltungsautor bei einem „Wettstreit“ mit lauter echten Literaten – viele Beiträge verstehe ich nicht einmal (der Drittplatzierte ist für mich beispielsweise ein einziges großes böhmisches Dorf) – auf dem 20sten Platz von 26 gelandet bin, erscheint mir wie ein Ritterschlag. Danke!
Bei allen (!) Geschichten hat mich vor allem fasziniert, wie viele krass unterschiedliche Meinungsäußerungen sie auslösen. Ich habe mir vorhin die Mühe gemacht, einige Kommentar-Ausschnitte zu meinem eigenen Text gegeneinanderzuhalten – das Ergebnis folgt sogleich, vielleicht hat ja jemand Freude am Lesen.

Themenumsetzung
„Eine sehr interessante Umsetzung des Themas.“
„Leider kann ich deiner Umsetzung des Themas Niemandsland nicht folgen, sehe es für mich nicht hinreichend umgesetzt.“
„… und dass dann das nächste Schaffenswerk auch wieder in dieselbe Krise führt und letztendlich zum nächsten Werk … interessante Umsetzung des Themas.“
„Darüber hinaus überzeugt mich das Niemandsland nicht und auch nicht der Neubeginn.“
„Thema: Sehe ich im übertragenden Sinne umgesetzt.“
„Motto: … umgesetzt. Inhalt: Mehrschichtigkeit … umgesetzt.“
„Das Thema und Motto gut umgesetzt.“
„Das Motto ist da, allein, ist eine Fortsetzung ein Neubeginn?“
„Klasse Idee, auch die Umsetzung gefällt mir wirklich sehr gut.“
„Die Umsetzung des Themas und des Mottos ist dir dagegen sehr gut gelungen, du hast dir Gedanken darum gemacht … einer der wenigen Texte, in denen die Vorgaben klar enthalten sind und man sie nicht mit der Interpretationslupe suchen muss.“

Dialogform
„Ich finde die Dialogform sehr ermüdend.“
 „Der Dialog erweckte mein Interesse und konnte es bis zur ungefähren Mitte problemlos aufrechterhalten. Dann empfand ich ihn, als wäre er unnötig in die Länge gezogen.“
„Die Geschichte besteht komplett aus Dialogen, das bringt eine gewisse Spannung und Lebendigkeit.“
„Ein Endlos-Dialog … nur noch grob überflogen … bis zum Ende gezwungen.“
„Interessante Idee, ebenso, sie komplett als Dialog umzusetzen.“
„Der reine Dialog macht für mich das Ganze eintönig.“
„Die Idee des Selbstdialogs finde ich zum Thema passend.“
„Sehr anstrengender Dialog mit Goetheschen Motiven.“
„Ich mag ja Dialoge. Das hier gefällt mir leider nicht … dem mag ich nicht folgen.“
„Das ist wahnsinnig anstrengend zu lesen, dieser lange Dialog.“
„Das Experimentelle hier besteht darin, eine Geschichte nur aus direkter Rede bestehend zu erzählen.“
„Keine Punkte, weil das für mich nicht unter E-Literatur fällt.“
„Geschickter Schachzug, Herrn Goethe mit Herrn Goethe kommentieren zu lassen.“

Zitate
„Durch die Zitate wirkt dein Text bemüht.“
„Die Anspielungen und Zitate auf Goethes Werke wirken nicht aufgesetzt, sondern passen zum Kontext des Gespräches mit sich selbst.“
„Hier kommt ein bisschen zu sehr der Erklärbär durch. Du musst nicht alles auf dem Silbertablett servieren, was sich der Leser schon lange gedacht hat.“
„Um wen es sich handelt, war schnell klar, hätte nicht der weiteren deutlichen Hinweise gebraucht.“
„Goethe plant eine Fortsetzung des Faust. (?)“
„Die Faust-Zitate bieten sich ja sehr an beim Motto.“
„Mein Geist wird angeregt, ich fühle mich richtig gut, dass ich die darin enthaltene Aussage wahrzunehmen beginne. Eine Herausforderung für meinen Intellekt.“
„Amüsant, mit ganz originellen Anspielungen, aber weiter geht das nicht, will das auch gar nicht, so mein Eindruck.“

[hobbes]