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poetnick
Klammeraffe
 Alter: 61 Beiträge: 830 Wohnort: nach wie vor
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Dmitrij
Wortedrechsler
 Alter: 49 Beiträge: 78 Wohnort: von der Zivilisation abgeschnitten in Wien-Umgebung
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 08.11.2016 13:36 Re: Nirgend Land von Dmitrij
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Lieber Holger,
nach einigen Wiederholungen und Überlegungen, äußere ich nun meine Eindrücke:
poetnick hat Folgendes geschrieben: |
tausend mal
1000 |
Es sieht sehr originell aus "tausend mal 1000". Ich nehme an, damit wurden 1000000 Leute bzw. denkfähige Einheiten gemeint.
poetnick hat Folgendes geschrieben: |
an geh-
fährten
die dichter sind | Warum schreibst du nicht direkt "im glauben an dichter?"
Für mich schaut es nach einem geschickt zusammengewürfelter Aussage: Zuerst kommt ganz starker Satz "volle reife der granatäpfel zieht durch mark und bein" . Danach entsteht die Leere, die durch 1000 belebt wird und am Schluss taucht das wichtigste Wort "Eden-bürtigkeit", welches das Ende symbolisiert.
Verstehe ich richtig, dass die Reife sich auf dem Weg zum fiktiven Paradies befindet?
Ich tendiere eher zu glauben, dass in diesem Gedicht der alleinige Gesamteindruck zur Geltung kommen muss und der Sinn die zweitrangige Stellung einnimmt. Ist es ein Mantra?
Liebe Grüße,
Dima
_________________ Selbst wenn du ein überzeugter Optimist bist, unterschätze niemals all die pessimistisch denkenden Menschen;-) |
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poetnick
Klammeraffe
 Alter: 61 Beiträge: 830 Wohnort: nach wie vor
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 09.11.2016 20:17
von poetnick
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Lieber Dima,
Du bist mit Deinen Deutungen spürbar in die Nähe der Textidee gekommen.
Zitat: | Es sieht sehr originell aus "tausend mal 1000". Ich nehme an, damit wurden 1000000 Leute bzw. denkfähige Einheiten gemeint. |
Hier handelt es sich in der Tat um Menschen. Tausend haben vielleicht noch ein Gesicht, erkennbar auf Bildern, vorstellbar. Mal 1000 werden sie zu einer Zahl, zur Masse.
Nun da die 'Granatäpfel' in voller Reife sind (zwischen September und Dezember), setzen sich die Menschen in Bewegung - sie flüchten. Denn dort wo die Granatapfelfrucht zur Reife gelangt, just in diesen Ländern platzen zur Zeit die Bomben und Granaten.
Zitat: | an geh-
fährten
die dichter sind
Warum schreibst du nicht direkt "im glauben an dichter?"
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Es ist ein Wortspiel, vielleicht eines zuviel...Gefährten einerseits, Geh-fährten andererseits, zu uns hin, die wir Dichter sind an Edenbürtigkeit, mit einem Versprechen, dass jeder Mensch unbeschadet so leben kann, wie es seiner Vorstellungen entspricht (mit einem umfassenden Toleranzgebot).
Eden ist so ein ideeller Ort und eine Fläche für viele Vorstellungen und Wünsche. Eden als historischer Ort liegt im Bereich der heutigen Granatapfelreife. 'Sündenfall', Vertreibung, Exodus - ein Schicksalsscharnier?
So treffen sie auf uns, die wir heute mehr und mehr um 'unser' Eden, dem der Ideen, der Aufklärung ringen müssen; das schreibt sich nicht leicht an einem (weiteren) Entscheidungstag, wie er sich heute nach der 'grossen Wahl' darstellt.
Es sind viele - und mehr und mehr - unterwegs, die ihr Fersengeld verlaufen.
Es freut mich, dass Du hereingeschaut hast um Deine Gedanken zu diesem Text zu teilen.
Liebe Grüsse - Holger
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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Dmitrij
Wortedrechsler
 Alter: 49 Beiträge: 78 Wohnort: von der Zivilisation abgeschnitten in Wien-Umgebung
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 09.11.2016 23:04 "zieht durch mark und bein" von Dmitrij
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Lieber Holger,
das hätte ich mir denken müssen. Entschuldige, im Angesicht der globalen Massenverdämmlichung, wird man leider an die leichte Kost gewohnt und übersieht das Offensichtliche.
poetnick hat Folgendes geschrieben: |
Nun da die 'Granatäpfel' in voller Reife sind (zwischen September und Dezember), setzen sich die Menschen in Bewegung - sie flüchten. Denn dort wo die Granatapfelfrucht zur Reife gelangt, just in diesen Ländern platzen zur Zeit die Bomben und Granaten. |
In dem Sinne wird sich der hinterlassene Eindruck noch tiefer in mein Gedächtnis einprägen. Zum Glück habe ich dich gefragt! Vielen Dank für die Aufklärung.
poetnick hat Folgendes geschrieben: | im glauben
an geh-
fährten
die dichter sind
an eden-
bürtigkeit |
In diesem Satz verstehe ich "im glauben an edenbürtigkeit". In Wirklichkeit, wenn ich den Kern deiner Aussage richtig verstanden habe, meinst du eher "im glauben an dichter der edenburtigkeit. Dieser "an edenbürtigkeit" führt mich zur Verwirrung.
Mit Respekt und Solidarität,
Dima
_________________ Selbst wenn du ein überzeugter Optimist bist, unterschätze niemals all die pessimistisch denkenden Menschen;-) |
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poetnick
Klammeraffe
 Alter: 61 Beiträge: 830 Wohnort: nach wie vor
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 10.11.2016 18:52 Lieber Dima, von poetnick
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Lieber Dima,
ich glaube die 'Verwirrung' ist hier einer Doppeldeutigkeit geschuldet. Die 'dichter sind an Edenbürtigkeit'
- bedeutet in der Kleinschreibung, dass diese Gefährten, also wir näher der Edenbürtigkeit sind.
Zugleich - hier die verwirrende Doppelbeutung - sind wir Dichter von Edenbürtigkeit. 'Wir' wollen die Werte der Edenbürtigkeit,
mindestens der Ebenbürtigkeit aller vertreten wissen.
Ich vermute es ist in dem Text der doppelten Bedeutung und des Wortspiels etwas zuviel.
Gleichzeitig zeigt die Doppeldeutung, dass unsere Gesellschaft sich in manchen Fragen in einem Dilemma befindet. Wie weit
reicht der Gedanke an Eden/Ebenbürtigkeit und welche Handlungen leiten sich z.B. daraus ab.
Zitat: | im glauben
an geh-
fährten
die dichter sind
an eden-
bürtigkeit
In diesem Satz verstehe ich "im glauben an edenbürtigkeit". In Wirklichkeit, wenn ich den Kern deiner Aussage richtig verstanden habe, meinst du eher "im glauben an dichter der edenburtigkeit. Dieser "an edenbürtigkeit" führt mich zur Verwirrung.
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Ich werde in späteren Formen versuchen eine direktere Anschauung zu finden.
Dein Dranbleiben hat mir die Augen für einige Schwachstellen des Textes, die deutlich zu chiffriert sind, geöffnet.
Dafür danke ich Dir!
Liebe Grüsse - Holger
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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menetekel
Exposéadler
 Alter: 103 Beiträge: 2407 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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 11.11.2016 08:40
von menetekel
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Hallo Holger,
ein interessantes Gedicht, das vor allem durch seine Form besticht.
Und ich mag es auch deswegen, weil es einen aktuellen Bezug zur "Großwetterlage" zeigt, ohne aufdringlich zu wirken oder gar den Zeigefinger zu nutzen.
Ein kleine Schwierigkeit (Verständnis) stellt für mich das "vergehen" in
Zitat: | ihr fersengeld
ver-
gehen
... |
dar. Denn "Fersengeld geben" heißt Flucht. Und das ist es ja, was du meinst.
Ich könnte mir hier eine winzige Wortänderung vorstellen, die die Sache klarer, aber nicht hässlicher (unlyrischer, gequälter ...) machte:
Zitat: | Nirgend Land
volle reife
der granatäpfel
zieht durch
mark und bein
auf dem weg
wo
tausend mal
1000
ihr (trotz ?) fersengeld
ver-
gehen
im glauben
an geh-
fährten
die dichter sind
an eden-
bürtigkeit
|
Was meinst du (Trotz und wo sind auch klanglich schöne Pendants)?
Deine schöne Form behalt natürlich bei, die ließ sich eben nur nicht kopieren!
Sehr gut gefällt mir die Sache mit den Granatäpfeln und der Edenbürtigkeit. Denn im ganzen Derzeitelend wird oft vergessen, was wir den arabischen Ländern zu verdanken haben, in mathematischer, in lyrischer in fast jeder kulturellen Hinsicht)
Herzliche Grüße
m.
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poetnick
Klammeraffe
 Alter: 61 Beiträge: 830 Wohnort: nach wie vor
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 11.11.2016 23:58
von poetnick
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Liebe Menetekel,
es freut mich, dass Dich Thematik und Form des Gedichtes ansprechen.
Dein Hinweis auf das 'Fersengeld' ist berechtigt und gibt mir zu denken.
Dieses 'trotz' einzufügen würde sofort die Ungenauigkeit der Formulierung aufheben.
Eine weitere Möglichkeit, auf die ich durch Deinen Kommentar gekommen bin, wäre 'vergehen' durch 'vergeben' zu ersetzen.
Hier würde noch ein Anklang von 'Vergeblich' mit einstimmen und der Tatsache von Fluchtgeldern, Schleusertum, etc. Rechnung tragen.
Was die Tragik des Geschehens anbelangt, setzen die beiden Begriffe allerdings doch sehr verschiedene Grössenordnungen.
Was meinst Du?
Dieses Gedankenpäckchen werde ich mit in den Westerwald nehmen, den ich morgen früh -offline-
für einige Tage aufsuchen möchte. Werde mich ab Mitte nächster Woche mit hoffentlich frischen Einsichten wieder zurückmelden.
Vielen Dank für Deine übermittelten Gedanken und Hinweise!
Liebe Grüsse - Holger
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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menetekel
Exposéadler
 Alter: 103 Beiträge: 2407 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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 12.11.2016 11:36
von menetekel
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Hallo Holger,
wenn sie "trotz Fersengeld" vergehen, heißt das ja eigentlich schon,
dass es sich um Flüchtlinge handelt, indes "fersengeld" parallel für Schleusergebühren stehen kann. Das war nämlich auch mein Gedanke bzgl. des "trotz" ...
"Vergeben" zöge dir zudem das schöne Wortspiel mit "geh" aus dem Gedicht.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob jemand der unter so schwierigen, grausamen Umständen aus seiner Heimat fliehen muss, auf "Vergebung" gestimmt ist. (Viel) später vielleicht ...
Dir ein schönes Wochenende
m.
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poetnick
Klammeraffe
 Alter: 61 Beiträge: 830 Wohnort: nach wie vor
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 17.11.2016 20:58
von poetnick
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Hallo Menetekel,
zurückgekehrt, von des Waldes Wanderpfaden, wende ich mich noch mal den 'gehfährten' des Textes zu.
Zitat: | Was meinst du (Trotz und wo sind auch klanglich schöne Pendants)? |
Ja, habe diesen Vorschlag von Dir gerne übernommen, auch weil er letztlich zu mehr Klarheit führt.
Danke dafür und liebe Grüsse - Poetnick
Nirgend Land
volle reife
der granatäpfel
zieht durch
mark und bein
auf dem weg
wo
tausend mal
1000
trotz fersengeld
ver-
gehen
im glauben
an geh-
fährten
die dichter sind
an eden-
bürtigkeit
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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