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Fridolin Eselsohr
Alter: 85 Beiträge: 304 Wohnort: Fellbach
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31.05.2019 16:08
von Fridolin
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Hi! So nun, mein Werk. Bei meiner ursprünglichen Fassung hatte ich übersehen, dass bei einer Vianelle den fünf Terzinen ein Quartett folgt. Insgesamt sind es also 19 Zeilen, was durchgehende Schüttelreimer eigentlich systembedingt unmöglich macht. Die Nummerierung habe ich zur Erleichterung aus der Vorlage von Renat Golpon übernommen, wobei es mich interessieren würde, warum man nicht einfach fortlaufend zählt A1, A2 usw.
Die Muse flüstert: Vianelle schütteln ...
(A1) Zum feinen Stile Worte rüttelnd schichte,
(b1) für reine Dichtung Sprache hege weiter.
(A2) Mit Steinen, viele, Reime schüttelnd richte.
(a3) Verbindung finde, die Gedanken richte!
(b2) Halt deine Richtung auf dem Wege heiter
(A1) Zum feinen Stile Worte rüttelnd schichte.
(a4) Die Findung binde und zu Ranken dichte.
(b3) Geht’s fortgewunden auch mal hitzig weiter:
(A2) Mit Steinen, viele, Reime schüttelnd richte.
(a5) Der reine Dichter will dich lenken, dichte,
(b4) das Wort gefunden, bleibe witzig, heiter.
(A1) Zum feinen Stile Worte rüttelnd schichte.
(a6) Doch deine Richter sagen: Denken lichte:
(b5) Es keift ein Reim, macht ihn die Welle heiter?
(A2) Mit Steinen, viele, Reime schüttelnd richte.
(A7) Wenn reine Dichter tagen, Denken sichte:
(b6) Es reift ein Keim erst durch die Helle weiter.
(A1) Zum feinen Stile Worte rüttelnd schichte.
(A2) Mit Steinen, viele, Reime schüttelnd richte.
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poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 834 Wohnort: nach wie vor
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31.05.2019 18:20
von poetnick
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Ähem, grad nochmal, der Kittel war eine Hebung zu kurz...
Leicht villanell gekleidet
Ich greife hier zum allerletzten Mittel,
auf weite Strecken leiden sonst die Reime.
Man sieht: die Nähte halten glatt den Kittel
bislang. Alsdann, man bleibt nicht ohne Titel,
léger gewiss, so wie in trautem Heime.
Ich greife hier zum allerletzten Mittel,
kapiert, du Schmock? - Da setzt es nun mal Knittel;
wer will denn Kunst verkleiden? Und ich meine
man sieht: die Nähte halten glatt den Kittel!
So manche werden greinen – auch gekrittel,
leicht unterm Kittel; dass ich nur abfeime.
Ich greife hier zum allerletzten Mittel,
drum schert mich gar kein Überkandidel,
es kleben auch die hausgemachten Leime;
man sieht: die Nähte halten glatt den Kittel.
Schon kühn! Im letzten abgewetzten Drittel
verbräme ich per Rollsaum krause Keime.
Ich greife hier zum allerletzten Mittel,
nun staunt: die Nähte halten glatt zum Kittel.
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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Fridolin Eselsohr
Alter: 85 Beiträge: 304 Wohnort: Fellbach
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01.06.2019 07:47
von Fridolin
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Hi!
Bei meinem Beitrag ist mir ein unbemerkt gebliebener Schreibfehler unterlaufen. Es muss natürlich "Villanelle" heißen statt "Vianelle". Da haben mir meine Augen wieder einen Streich gespielt. Nächsten Freitag habe ich die erste Star-Op, dann wird es hoffentlich besser sein.
Gruß Fridolin
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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01.06.2019 21:53
von firstoffertio
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Habe nun doch eine Villanelle gemacht. Weil sie nicht so ganz hierher passt, hab ich sie hier eingestellt:
http://www.wababbel.de/christine/2019/06/01/muetzen-auf-mein-haupt/
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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02.06.2019 00:57
von Tula
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Hallo
ich habe alle Beiträge schmunzelnd gelesen und will nun auch meinen dazu geben.
LG
Tula
Jugendwahn
Ist auch das Alter manchmal hundsgemein,
du straffst dich, glänzt ... du schmierst den besten Lack.
Denn du musst immer frisch und munter sein!
Du hältst dich fit und lobst ein schönes Bein.
Die Dame lacht nur: “Wie? Sie kaltes Wrack?”
Das Alter ist mitunter hundsgemein.
So lässt du dich auf die Karriere ein
und nimmst die Überstunden huckepack.
Du willst ja immer frisch und munter sein!
Der Sieg ist nah! Du findest deinen Kain.
Du hast Erfahrung, doch es fehlt Geschmack!
Das mit dem Alter ist schon hundsgemein.
Bei Gucci lässt du deinen letzten Schein
und kaufst dir Turnschuh' und dazu den Frack.
Ja! Du willst gerne fesch und bunter sein!
Der Nachwuchs schleift dir bald den Grabesstein,
und selbst dein Weib beklagt sich “müder Sack!”
Ist auch das Alter durchaus hundsgemein,
bleib' DU! - und immer frisch und munter sein!
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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07.06.2019 17:45
von menetekel
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Wow, David!
Die Stricher-Villanelle ist wiedermal allererste Sahne.
Ich staune oft, wie sich bei dir jedwede Form - und sei sie noch so spröde - in einen Inhalt schmiegt, der meistens todtraurig aber auch mit einem Hauch Tragikomik gesegnet ist. Hier lässt die sich nur anhand der Wiederholungen ahnen ...
Ganz, ganz toll!
Liebe First,
stimmt. Elsabeth Bishop ist immer eine "Reise" wert und Fridolins Jammern berechtigt. Villanellen sind schwierig, und ich habe selber noch nix vorzuweisen - hoffe aber am Wochende fündig zu werden. ---
Deine ergreifende Vilanelle habe ich natürlich gelesen. - Wenn du möchtest, können wir uns per PN dazu austauschen.
Lieber Poetnic,
dein Arbeitskittel kleidet dich durchaus gut. "Wir" Frauen tragen ja lieber Kittelschürzen: reines (!) Perlon und groß geblümt.
Lieber Fridolin,
ich verstehe Frau Golpon nicht immer, finde sie aber in der Regel pädagogisch wertvoll. Villanellentechnisch variiert sie diesmal und folgt nicht dem klassischn Vorbild. Insofern "dürfen" natürlich auch wir ... nä?
Und lieber Tula,
ich kann dir nur von Herzen zustimmen: Weiber sind gemein! Aber sowas von!
Erst ham se euch auf Softie getrimmt, dann wollte keine solch Weichei haben. Dann wollten se euch die Sportschau vermiesen und das saftige Steak ... so geht es immer weiter. Ein einziger Leidensweg!
Und dann verhöhnen die euch noch. Nur weil ihr älter werdet und "Stärkungsmittel" magentechnisch nicht mehr vertragt.
Und überhaupt. Da schämt sich solch ein engelsreines Wesen wie
m.
richtig fremd.
Bis morgen ihr Lieben.
Es war wie immer ein Genuss, all die schönen Beiträge zu konsumieren.
Manchmal denke ich, wir sind eine der letzten Bastionen, worin sich lyrische Qualität mit einem offenen Lachen paart ...
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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08.06.2019 10:40 Ach, könntest du von menetekel
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Ach, könntest du
Eine Villanelle dichtet wer?
Die Antwort scheint dem Epigonen hart,
andrerseits nicht wirklich furchtbar schwer,
glaubt der doch, von seiner Warte her,
des Dylan Thomas‘ kühne Ausdrucksart,
schaffe er mit links und nebenher.
Leider irrt er sich. Und folgenschwer.
Kaum jemand will was er uns offenbart –
lässig wiederholt wie ebender
wahre Dichter, der einst inhaltsschwer
von edler Strophen- und Gestaltungsart,
Vers auf Vers, zart tänzelnd, ringsumher
fügte – Englisch (!) und von ferne her!
Formaler Bezug auf Dylan Thomas' großArtige Villanelle "Do not go gentle into that good night", aus: Collected Poems
https://poets.org/poem/do-not-go-gentle-good-night
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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08.06.2019 21:41
von firstoffertio
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Diese Villanelle von Dylan Thomas finde ich immer wieder ergreifend.
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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09.06.2019 09:43
von Tula
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Moin
Ja, solche Wiederholungsgedichte interessant zu machen, ist kein epigonisches Kinderspiel, bin allerdings über unsere kollektive Schöpfungskraft immer wieder erstaunt. Auch diesmal.
Diesen Dylan kannte ich Banause noch gar nicht, auch gern gelesen.
Somit meine Pfingstgrüße in die Runde,
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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09.06.2019 11:45 Terzinen von menetekel
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Danke schöne, ihr Lieben.
Die bekannteste Form der Dreizeiler ist wohl die Terzine, die ich persönlich ganz besonders mag.
Sie hat einen italienischen Background und wurde bereits von Dante als epische Strophenform eingeführt (Divina Commedia).
Hier lege ich euch jedoch Hugo von Hofmannsthal ans Herz. Einen Auszug aus: Ein Traum von großer Magie
Zitat: | EIN TRAUM VON GROSSER MAGIE
(a) Viel königlicher als ein Perlenband
(b) Und kühn wie junges Meer im Morgenduft
(a) So war ein grosser Traum, wie ich ihn fand.
(b) Durch offene Glasthüren ging die Luft
(c) Ich schlief im Pavillon zu ebner Erde
(b) Und durch vier offne Thüren ging die Luft
(c) Und früher liefen schon geschirrte Pferde
(d) Hindurch und Hunde eine ganze Schaar
(c) An meinem Bett vorbei. Doch die Gebärde
... |
Das ganze wunderschöne Gedicht (*schmelz) findet sich beispielsweise hier:
https://www.uni-due.de/lyriktheorie/texte/1896_2hofmannsthal.html
Die Kunst besteht also darin, den umarmenden Vers einer Strophe im folgenden weiterzuverwenden und zu reimen.
aba
bcb
cdc
ded
...
usw., in fortlaufender Kette. Bezüglich der Kadenzen gibt es mehrere Möglichkeiten:
durchgängig weiblich (italienisches Terzinenmetrum)
durchgängig männlich
oder im Wechsel. - Naturgemäß zeigen solche Gedichte häufig erzählenden Charakter, in ihrer Meisterschaft einen Gedanken, der sich, sonettähnlich (These, Antithese, Synthese), entwickeln lässt.
Einfach isses wieder nicht. Trotzdem oder gerade deshalb uns allen
viel Spaß
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 834 Wohnort: nach wie vor
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09.06.2019 22:28
von poetnick
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Danke, M., für den Hinweis mittels dieser runden Villanelle auf Dylan Thomas!
Und schon die nächste Aufgabe im Gepäck...
Allem Rat zum Trotz, geh ich nun gelassen in die Gute Nacht!
Poetnick
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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gold Papiertiger
Beiträge: 4939 Wohnort: unter Wasser
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09.06.2019 23:44
von gold
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Sach mal, menetekel, bist du Lyrikprofessorin? Du wirst mir immer unheimlicher...
Wenn man euch so fachsimpeln hört, könnte man die Flinte ins Korn werfen, ich zumindest ...
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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10.06.2019 01:25
von Tula
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Oh ja ja JAAHH! - Terzinen sind mein Leibgericht!
Ginster
Der Ginster im Gedicht kommt immer gut,
denn Rosenhecken sind heut' démodé,
selbst Rhododendron ist ein alter Hut,
d.h. rein dichterisch, sonst wär's ok,
die zu besingen, als Metonymie
für ein gemaltes Schöngeist-Selbstporträt.
Auch Giersch und Astern nimmst du besser nie,
sonst kommt so'n Arsch und meint, du hast geklaut.
Vertrau' dir selbst und deiner Phantasie
und reim' auf Hahnenfuß und Bilsenkraut.
Beim Ginster geht's auch kundig in Latein:
Hach! Hätte ich Genista nie geschaut!
Er ist wie du, gedeiht auf jedem Stein,
bleibt seinen Blüten treu und unbeirrt.
Fällt dir dann trotzdem mal nichts Neues ein,
schreib' was vom Hades und wie's Ginster wird.
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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davidmuc Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 711 Wohnort: München
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10.06.2019 02:03
von davidmuc
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Holla, Tula,
das ist wirklich allerliebst gezaubert, ist der Ginster doch schon bei Loriot des modernen Dichters Wahl... Sehr erfreulich!
Und natürlich habe ich Heidruns Lob, in dem ich mich heute am sonnigen Ammersee suhlte, für den Klappentext meines Buches kopiert
Und dann : Terzinen - ich widme mich nun schon länger 3fach Schüttelreimen, die sehr schwer zu finden (denn sie drohen ver- zu schwinden) sind. Obs was hilft?
Hofmannsthal hat übrigens aba cbc begonnen, bei den berühmten Terzinen zur Vergänglichkeit, die auch Gernhardt ("...zur Vergesslichkeit") parodiert hat. Dort möchte ich auch ansetzen, aber im gewohnten Schema.
Terzinen über die Vergänglichkeit, angestoßen von Hofmannsthal, selbiges. Teil 1 / 4
Noch spür ich seine Lippen auf den Wangen,
mitsamt dem Duft von Wiesen, Rinden, Blättern:
noch sehe ich uns wippen auf den langen,
noch ungehobelt groben Lindenbrettern,
versteckt in all dem dunklen Schimmern, Zweigen,
am Lagerfeuer, fern von blinden Rettern,
am Teich, wo wirs den besten Schwimmern zeigen,
bis wir beglückt bei Onkel Frieder lagen,
als andre längst in ihren Zimmern schweigen,
noch unsre Köpfe aus dem Flieder ragen.
Ich war fast neun und er war acht - wie sehr,
kann man da lieben, mögen Lieder fragen,
doch keiner küsste mich so sacht wie er.
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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10.06.2019 07:14
von menetekel
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Nee, liebe Gold,
ganz so "schlimm" isses nicht. Habe mir aber im Alter ein wenig Literaturwissenschaft gegönnt. Als Studentin.
Bei unserem jetzigen Marsch durch die deutschen oder eingedeutschten Strophenformen orientiere ich mich am "Handbuch der deutschen Strophenformen" einem Standardwerk von Horst Joachim Frank, wie bereits zu Anfang dieser Periode angemerkt.
Das Beste an dieser Vorgehensweise ist, dass wir erst ca. ein 15tel davon geschafft haben, unser Fortbestand also auf laaange Zeit gesichert ist.
Herzliche Grüße
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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10.06.2019 07:25
von menetekel
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Lieber Tula,
das Bilsenkraut bietet sich wegen seiner angeblichen halluzinatorischen Effekte für einen Poeten geradezu an. Bei einer Überdosis hat es sich allerdings für alle Zeiten ausgedichtet ...
So zeigt halt alles Vor- und Nachteile. Letztere finden sich aber in deiner Terzine nicht.
Und natürlich auch bei David nicht,
der uns eine unvergessene Kinderliebe so durch & durch bezaubernd malt.
Selbstverständlich ist seine Machart ebenso schön und zulässig wie anderes Geterze. Zumal bei ihm die Schwierigkeiten der Reimfindung stets (mindestens) gedoppelt auftreten.
Bei euch2en merkt man deutlich, dass die Geistausschüttung von oben nicht ganz umsonst war.
Schöne Grüße
Heidrun (die sich über ihre Verklappung freut )
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 834 Wohnort: nach wie vor
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10.06.2019 17:56
von poetnick
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Hallo, Tula und David. Wie schnell waren da zwei starke Einstände - jedes für sich ein feines Ding!
Ich greife hier mal das Florale weiter auf - bis ins Tierische...
Grüße - Poetnick
Angegartes
Versuche Dich an Saaten, zarten Kräutern
und presse Dir ein Säftchen aus der Frucht.
Vorbei die Zeiten als man dies aus Eutern
dem Hornvieh nahm, das eingehegt zur Zucht,
die Keulen ließ; aus Tücke bald Methane
zum Himmel blies, damit sie glückt, die Flucht
vom Teller, klimadienlich ins Vegane.
Doch findet auch der Mensch sein Lab im Kraut?
Kaum, dass der Ochse käuend etwas plane,
die Steigkraft wurde ihm schon früh verbaut;
denn Fleischeslust sie ruft nach Durchgegartem,
Frau Gans bleibt leberlos entrückt. Man traut
ihm noch nicht ganz, dem karbonfeinen Braten,
aus Pilzen, Unkraut, Pastinak und schaut
zurück. Vermutlich nach Zertifikaten.
Auch darauf haben Manche schon gekaut.
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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10.06.2019 21:44
von firstoffertio
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Das waren jetzt aber drei tolle Werke aus dem Kräuterbüchlein.
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davidmuc Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 711 Wohnort: München
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11.06.2019 00:56
von davidmuc
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Da schließe ich gern an poetnick an, mit Bezug auf Klimawandel und Umwelt. Und auf die Terzinen über die Vergänglichkeit, vgl. selbiges von
von Hofmannsthal, Teil 2.
Der jeweilige Textbezug ist übrigens hier zu finden:
https://de.wikisource.org/wiki/Terzinen_%C3%BCber_Verg%C3%A4nglichkeit_(I%E2%80%93IV)
“Die Stunden, wo wir auf das große Blauen
des müllverseuchten Meeres starren,” rege
ich mich mal wieder auf: “das bloße Grauen!”
Die Möwen hören nichts, sie scharren träge,
doch du weckst unsre müden Glieder, rennst…
Ein Mädchenkreis singt zu Gitarren schräge,
das Repertoire der alten Lieder grenzt
an alles, was noch in dem Elend schwirrt,
ans weite Meer, das rot im Ried erglänzt,
wie Haut, beim Sonnenbrand sich schälend wird:
da wird der Fotograf beim Zoomen blind!
Wer da noch meint, der Brand sei schwelend, irrt.
(Sie singen: Sag mir wo die Blumen sind...)
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davidmuc Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 711 Wohnort: München
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11.06.2019 23:54
von davidmuc
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Terzinen über die Vergänglichkeit, vgl. selbiges von
von Hofmannsthal, Teil 3 / 4
Wie Träume sind auch wir aus hellen Stoffen,
klebt auch der hohle Himmel schwarz an Teer.
Auch ich will noch auf helle Stellen hoffen,
als wenn das Lämpchen eines Starts an wär.
Ja, führe ich im Traum die Braut zu Lüsten,
tu ich mich nicht als Spargeltarzan schwer.
Sich gegen einen Tag, der blaut, zu rüsten
und seinen zwingenden Verlauf zu kehren
ist eher schon ein Grund, sich laut zu brüsten,
als nur die Welt im Ausverkauf zu leeren,
weil man die schönsten Räume nicht besteuert -
euch brauche ich da wohl kaum aufzuklären,
selbst wenn wer sagt: sind Träume nicht bescheuert?
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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12.06.2019 11:27
von menetekel
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Das glaub ich jetzt nicht!
Die Klimakatastophe in den Bereich der Flatulenz geschoben - mit der sie ja tatsächlich zu tun hat.
Ob Greta sich des Themas (noch) detaillierter annehmen wird? -
David findet zu Recht einen Bezug zur Vergänglichkeit, nicht ohne uns einen Schimmer Hoffnung zu lassen.
Alle Werke sind in meinen Augen absolut druckreif.
Jetzt versuche ich mal mein Glück ... draußen schüttet es wie aus Eimern und das Vergängliche jedweden Seins drängt sich geradezu auf.
Bis dann
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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12.06.2019 12:32 "In dieser Frage noch unentschlossen ..." von menetekel
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Vergangenes muss ich nicht ständig preisen
und nicht das Paradies, den Garten Eden,
von mir aus mag dies Jammertal entgleisen
wenn ich bloß viel Profit - und zwar jedweden,
erbeuten kann mit Hilfe meiner Leute,
die niemals mir ein Wort zuwider reden.
Sie ahnen, dass sie als bezahlte Meute
das Maul geflissentlich zu halten haben.
Sonst kann es sein, vielleicht sogar noch heute,
dass sie sich finden, tief im Armutsgraben -
und ihr Sozialstaat wird gern assistieren -
versickernd in der Vielzahl milder Gaben.
Der Starke, Schlaue wird sympathisieren
mit mir und meinen kühnen Wachstumsträumen,
wird Glyphosat als harmlos definieren
und Öko-Scheiß beherzt beiseite räumen!
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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