|
|
Autor |
Nachricht |
Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3373 Wohnort: bei Freiburg
|
11.05.2021 20:54
von Michel
|
|
|
Ein Hoch auf die selbsthaltende Mutter.
Ach … War nicht gerade Muttertag?
Jüngst, letzten Sonntag, führte ich die Mutter
zum Ort, an dem es lyrisch (und so) schwappt.
Warf mich vor ihr zu Boden. Danach klappt
-e es mit dem Gewinde wie in Butter.
Kein Strauß und keine dunkelrote Rose.
Kein Sohn, der's Lob der Muttertugend singt.
Stattdessen: M-Gewinde, grau verzinkt -
und Kunststoffring. Das geht nie wieder lose.
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
|
Nach oben |
|
|
menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
|
12.05.2021 06:37 Kinderleichte Selbstmontage von menetekel
|
|
|
Und doch! Bereits nach drei, vier Frühlingswochen
entwickelt sich der Kunststoff gegen Null,
und Mamis Liebling hadert, trotz Red Bull:
Die Schraube ist schon wieder durchgebrochen!
In seinen beiden linken Händen liegen
zwei weitre M-Gewinde drehbereit -
und Mutter wartet, denn es naht die Zeit
fürs Abendbrot. Noch gibt sie sich verschwiegen,
um später laut aufs Menschenrecht zu pochen:
Seit Tagen hält sie das verdammte Brett!
Will essen, fernsehn und danach ins Bett -
ach, hätt sie nie dem Kinderwunsch entsprochen!
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
12.05.2021 19:44
von Reimeschreiberin
|
|
|
Die Schraube ist schon wieder durchgebrochen!
Der Junge muss das Bett schnell repariern,
denn heute Abend will er sie verführn,
die Inken, darauf wartet er seit Wochen.
Abends kommt Inken leise rein gekrochen.
Romantische Gefühle sind erwacht.
Das Feuer ist entfacht, bis es laut kracht.
Das Bett ist wieder zusammengebrochen.
Dann hören Sie es an der Türe pochen.
Davor steht die Mutti, vom Lärm erwacht.
Und bei diesem Anblick hat sie gedacht:
Hätt ich doch nie dem Kinderwunsch entsprochen.
|
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
12.05.2021 20:37
von Reimeschreiberin
|
|
|
...und einen frohen Gruß zurück an poetnick
|
|
Nach oben |
|
|
davidmuc Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 711 Wohnort: München
|
13.05.2021 00:31
von davidmuc
|
|
|
Die Sonne hat mich aus dem Bett gezogen,
Der Frühlingshimmel, kaum zu fassen, klart,
im Bus mit Inken auf der Klassenfahrt,
quer über Jacke und SZ gebogen.
Bis Spatzen es in der Toskana tuscheln
Ich sehe es vor mir, tief eingebrannt
Sie kam mir einfach so ans Bein gerannt,
man kann im Leben nicht spontaner kuscheln.
|
|
Nach oben |
|
|
menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
|
13.05.2021 06:55
von menetekel
|
|
|
Süüß, ihr Lieben.
Herr Frank mahnt itzt zum Fortschritt; also wohlan!
Wir eilen zu den kreuzgereimten jambischen Fünfhebern, die weiblich / männlich enden (die Damenwelt ist halt langlebiger), der häufigsten Strophenform des 20. Jahrhunderts. Ich sage nur: Rilke!
Als Beispiel möchte ich hier die Panther-Parodie eines gewissen H. S. (*hüstel) einbringen, die ich ganz besonders mag:
Zitat: |
Sein Blick ist vom Jonglieren vieler Sätze
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob er tausend Sätze wetze,
doch hinter tausend Sätzen kein Entgelt.
...
|
Der Dichter des Obigen ist übrigens öfter mal vor Ort.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
|
Nach oben |
|
|
Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
|
13.05.2021 11:22
von Rainer Zufall
|
|
|
Zitat: | Der Dichter des Obigen ist übrigens öfter mal vor Ort. |
Oh, den würd ich gerne begrüßen. Sehr sehr schön gemacht.
Also los, denn, dass ich mein Gedicht auch loskriege ...
Franz klagt: "Das Dichten macht Poeten brotlos!"
So wurst- und brotos, dass mein Herz erweicht,
ich fisch nach Geld im Tascherl meiner Hos.
"Der Zehner hier, wenns dir fürs Frühstück reicht."
Doch Franz will mehr, er schneidet böse Fratzen,
schwingt Voodoopuppen, droht mit Teufelsmoor,
er reimt so schlimm, dass beinah Katzen platzen,
zu viel, es reicht, den Zehner gibts aufs Ohr.
So langsam frage ich mich, warum meine Dingerchen immer so unernst werden.
|
|
Nach oben |
|
|
Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3373 Wohnort: bei Freiburg
|
13.05.2021 12:10
von Michel
|
|
|
Vielleicht, weil wir hier Kinderreime bis zum Abwinken produzieren?
So wurst- und brotlos essen nur Poeten,
die darbend unterm Dach im Kämmerlein
sich unterm Schirm durch geistig Nahrung töten.
Egal, für Dichtung muss ein Opfer sein!
Sie fischen nach dem Zehnerl in den Taschen,
das längst schon für den Gerstenbrei bezahlt.
Sie suchen in der Dichtermütze Maschen
nach einem Einfall, der im Finstern strahlt.
Sie suchen den Mäzenen zu erpressen
mit Voodoopuppen und mit Teufelsmoor.
Tja: Leider gibt es so nicht viel zu fressen
und nur ein Groschen knallt ihnen ans Ohr.
Da aber naht die gnädige Erleuchtung:
Statt Dichtung - Content! Ja, das wird gekauft!
Jetzt reicht's auch für die Dachgeschossentfeuchtung,
derweil ein andrer nach dem Zehnerl schnauft.
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
|
Nach oben |
|
|
poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 835 Wohnort: nach wie vor
|
13.05.2021 14:08
von poetnick
|
|
|
Rainer Zufall
Zitat: | Oh, den würd ich gerne begrüßen. Sehr sehr schön gemacht. |
Indirekt wohl schon geschehen. Den immer noch Darbenden erfreut, (so wie ich ihn einschätze) der Zuspruch, mehr noch als der scheue Groschen.
Zitat: | Jetzt reicht's auch für die Dachgeschossentfeuchtung, |
Eben, drum haftet es hier.
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
13.05.2021 14:54
von Reimeschreiberin
|
|
|
Wo findet der Poet denn nur Erleuchtung,
wenn eine Schaffenskrise ihn arg quält?
An einem einsamen Ort mit Befeuchtung,
wird hier die Kreativität beseelt?
Naja, einmal kann er es wohl versuchen.
Vielleicht gelingt ihm hier der große Schuss.
Es riecht zwar nicht gerade nach Obstkuchen...
und jetzt noch Nachbars Töne ... nun ist Schluss!
Das sind des Dichters Opfer doch zu viele.
Ein Quäntchen Würde muss man sich bewahrn.
Berühmtheit bleibt vorerst sein heeres Ziele
und er begnügt sich nun mit Fahrrad fahrn.
|
|
Nach oben |
|
|
davidmuc Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 711 Wohnort: München
|
14.05.2021 00:40
von davidmuc
|
|
|
Remix: Früher Apollo (Rilke)
Wo Dichter sind, sind grünbelaubte Reben
weil guter Wein gibt erst dem Geiste Glanz.
Was blieb als Lohn für das geraubte Leben?
Das schöne Leben, es entgleiste ganz.
Wie soll ein Dichter nur Erleuchtung finden,
wo ohne Spaß der Versfuß trocken hinkt,
Wie hier, dank mangelnder Befeuchtung Linden,
Weshalb der Dichter stets beim Hocken trinkt.
Beim Wein, mein Freund, da küsst die Muse dir,
ick habe, herrgott sorry, einen Schwips:
und falls ich grad nich kann, küss du ‘se mir
Ich fresse jetzt zu Spitzenweinen Chips.
|
|
Nach oben |
|
|
menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
|
14.05.2021 07:28 Am Ende von menetekel
|
|
|
Wie haben wir, mit welchem üblen Wimmern,
den Wein erbrochen in der Schüssel Rund,
als jüngst ein Kater saß in allen Zimmern
und rezitierte unsren Lyrikschund;
dies tat er laut. Nur während jener Lesung
beschwor der wiederum den Bacchusgott:
Es stank im ganzen Hause nach Verwesung,
doch kein Poet skandierte: „Weinboykott!“,
indes erwies sich dies als schwerer Fehler
(das Villeroy-Geräusch erklang zu oft);
die Nachbarn schauten stündlich scheel und scheeler,
bis endlich Ruhe ward. - Ganz unverhofft.
("wo ohne Spaß der Versfuß trocken hinkt": Einfach göttlich!)
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
|
Nach oben |
|
|
Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3373 Wohnort: bei Freiburg
|
14.05.2021 12:24
von Michel
|
|
|
die Nachbarn schauten stündlich scheel und scheeler,
derweil Geschrei aus jenem Hause klang.
Bei Gott, dieser unsägliche Krakeeler,
der machte nächtens Nachbars Herz so bang.
Was wollten jene Leute dort mit Fässern
voll Säure und mit Beilen und Benzin,
mit Kohlköpfen und langstieligen Messern?
Der Nachbar fasste Mut und schlich mal hin.
Es stank im ganzen Hause nach Verwesung,
er wähnte graue Leichen überall.
Blut und Erbroch'nes schrien nach Erlösung.
Ein grauenvoller Sinnen-Überfall!
Er schrak, als aus dem Keller übles Wimmern
nach oben drang, und schlich sich sacht hinab.
Wollte sich um das letzte Opfer kümmern.
Das Haus: des Dichters hinterletztes Grab.
So dachte er. Doch stand dort nur der Dichter
und rührte schluchzend in dem Fass voll Kraut:
Die Essigsäure stach. Im Schein der Lichter
erschien die Szene doch eher vertraut.
Auf dem Regal saß breitbeinig ein Bacchus,
ein andrer Dichter hackte Holz im Eck.
Ein Kater fragte: ... reimt auf Telemachus?
Der Nachbar staunte.
(Und ging lieber weg.)
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
14.05.2021 16:40
von Reimeschreiberin
|
|
|
Die Nacht war klirrend kalt und auch sehr finster.
Hinter Wolken versteckte sich der Mond.
Und neben Erle, Haselstrauch und Ginster
die alte Eiche über Gräbern thront.
Es waberten gar schauerlich Geräusche.
Ein leises Murmeln tönte zwischendrin
und rezitierte Rilke im Gesträuche.
Die Leichen gaben sich verwesend hin.
|
|
Nach oben |
|
|
menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
|
14.05.2021 18:33
von menetekel
|
|
|
Uns' Michel gibt den Startschuss zur balladesken Moritat,
und du, liebe Reimeschreiberin, läufst sofort zur Hochform auf!
Zitat: |
Es waberten gar schauerlich Geräusche.
Ein leises Murmeln tönte zwischendrin
und rezitierte Rilke im Gesträuche.
Die Leichen gaben sich verwesend hin."
|
ist schon extrem herzergreifend!
----
Vom Schmiedehandwerk
Es stieg der Mond in reinster Übergoldung,
und Rilke sang, dies Murmeln noch im Ohr;
sein Forum schwieg. Nicht wegen der Besoldung,
vielmehr, weil Wandlung ging daraus hervor:
Selbst bei der keuschen, zarten Reimeschmiedin
hörst du den Hall und seiner Worte Klang;
wer mag sich da beim Einkauf noch verlidln?
Fast jeder lauscht: Ein Neuling tönt- von Rang!
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
14.05.2021 20:31
von Reimeschreiberin
|
|
|
Michels Vorlage konnte ich einfach nicht ungenutzt verstreichen lassen. Gräber, Leichen und Verwesung ... wer kann da schon widerstehen.
Und, liebe Menetekel, du hast es geschafft: ich bin sprachlos.
|
|
Nach oben |
|
|
Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3373 Wohnort: bei Freiburg
|
14.05.2021 20:38
von Michel
|
|
|
Danke! Ich selbst fand's ja so lala. Wahrscheinlich habe ich einen schlechten Geschmack.
Es kroch die nasse Kälte aus dem Flusse,
die Leichen gaben sich verwesend hin.
Niemand stirbt ganz vergeblich! Dem Genusse
der Käfer sterben wir von Anbeginn.
... jetzt hör ich aber auf …
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
|
Nach oben |
|
|
Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3373 Wohnort: bei Freiburg
|
14.05.2021 20:41
von Michel
|
|
|
... oder so?
Was andern heilig, ist bei mir morbide.
Was andre pflegen, schmeiß ich in den Dreck.
Denn mein Geschmack ist wirklich sehr solide
verkommen. Weiße Weste? Nee, nur Fleck.
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
|
Nach oben |
|
|
Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
|
14.05.2021 20:46
von Rainer Zufall
|
|
|
Ich glaub das hätt ich gern auf meinem Grabstein!
|
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
14.05.2021 20:51
von Reimeschreiberin
|
|
|
Ich finde sie beide sehr gelungen
|
|
Nach oben |
|
|
davidmuc Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 711 Wohnort: München
|
14.05.2021 23:04
von davidmuc
|
|
|
überaus unterhaltsam, das motiviert:
Ich traue mich nicht mehr ins Freie schielen,
da steht der Tod, sein Beil mit Hohn er senkt.
Wie gestern, als zwei spitze Schreie fielen,
und nebenan hat sich der Sohn erhängt.
Dann lag im Flur, ich zog am Schopf: ein Kalter!
Ich schwitzte, dass ich ihn erwecke, ach!
Doch plötzlich kippt in meinem Kopf ein Schalter,
ein Prinz küsst mich in meiner Ecke wach.
|
|
Nach oben |
|
|
Reimeschreiberin Eselsohr
Beiträge: 220
|
15.05.2021 07:49
von Reimeschreiberin
|
|
|
Lieber davidmuc, auch an deiner tollen Vorlage komme ich nicht vorbei...wo Prinzen in der Ecke wach dich küssen, oder andersrum? Und so schön morbide...
Ein Fröschlein quakte laut vor unserm Garten.
Er saß auf grauem, sonnenwarmem Stein
und konnte es vermutlich kaum erwarten,
bei seiner Froschgeliebten bald zu sein.
Doch würde ich den Frosch statt dessen küssen,
würde zum Prinzen er dann wohl mutiern?
Oder bewürfe er mich bloß mit Nüssen
und würde angewidert teichwärts ziehn?
Jedoch das werden wir niemals erfahren,
denn kaum hatt ich darüber nachgedacht,
kam ein sehr lauter LKW gefahren
und's Fröschlein hat nie mehr ein Quak gemacht.
Ich gehe jetzt erstmal ein Fröschlein suchen und wünsche allen ein schönes Wochenende.
|
|
Nach oben |
|
|
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Buch |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|