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mathis Gänsefüßchen
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Beiträge: 33
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M 08.12.2007 18:30 Kurzgeschichte für einen Literaturwettbewerb, bitte um Bewer von mathis
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Aufstehen, weg von hier, davon, aufstehen. Jemand hat die Gardine offen gelassen, Kinder spielen vor dem Fenster, Kinder, spielen. Spielen. Sie haben einen Ball, springen, hüpfen. Schmerzen, mein Kopf, Tabletten, Tilidin ein paar Tropfen, wärme, Glück. Glück. Der Kopf sinkt auf das weiße Kopfkissen zurück, gleich würde es wieder frisch bezogen werden. Sanft, warm, in den Zehen, und auch im Kopf. Im Kopf. Die Krankenschwester kommt in den Raum, schiebt ein Tablett auf einem kleinen metallenen Wagen heran, hebt das Tablett, auf den Bauch. Tilidin, in meiner Hand, die Schwester, verstecken, unter das Kopfkissen, da sieht sie es nicht. Sieht es nicht. Essen ist auf dem Tablett, eine Karaffe mit Wasser, belegte Brote, Käse und Wurst, Butter. Die Schwester klappt die Bettdecke auf, nackter Körper. Sie beginnt ihn zu waschen, mit einem Waschlappen. Kalt, ruppig, gnadenlos, schnell. Schnell. Nicht am Penis, sie soll ihn nicht anfassen, niemand soll ihn anfassen, ruppig, immer wieder ruppig. Nicht anfassen. Die Schwester ist fertig, klappt die Bettdecke wieder zu, zwingt ihn zu essen, schiebt ihm die Brote in den Mund, sagt ihm er solle immer schön essen, das sei gut für ihn, das brauche er. Er würgt, sie lässt noch ein wenig Wasser hinterher fließen. Becher, Tabletten, nicht die, unerträglich. Nein! Tabletten. Die Schwester verabreicht ihm mit einem weiteren Schluck Wasser die Tabletten, steht von der Bettkante auf, packt die Utensilien zusammen, den Waschlappen, das Tablett, den Becher, in dem die Tabletten waren. Sie geht, verlässt den Raum. Hat das Kopfkissen nicht bezogen, alt. Hat das Kopfkissen nicht bezogen. Arm heben, hoch, rufen, Anstrengung, langsam, unfähig. Unfähig. Weg, sie ist weg, hat das Kopfkissen nicht bezogen. Kann nicht, kann es nicht beziehen, sie muss es beziehen. Sie muss. Hat die Gardine zugezogen als sie gegangen ist, die Kinder, hüpfen, springen. Spielen. Tilidin, ein paar Tropfen, wärme, Glück. Glück. Der Kopf sinkt zurück auf das Kopfkissen, welches heute nicht frisch bezogen wurde. Der Junge liegt da, in dem sterilen Raum der geschlossenen Anstalt, unfähig sich zu rühren, unfähig sich auszudrücken. Reden, will reden, reden mit der Schwester, reden mit jemandem. Angst, wo sind alle, niemand hier. Niemand. Tilidin, ein paar Tropfen, sanft, in den Zehen, und auch im Kopf. Im Kopf. Das Drahtseil der Gardine, Draht, weiß, geschlossen, Mauer, eine Mauer, weiß am Drahtseil. Mauer. Die Tür des kleinen Raumes öffnet sich erneut, eine Frau tritt ein, sie sieht gestresst aus. Mama, meine Mama, sie sind alle gekommen, alle, Mama, jetzt kommt Mama. Sie muss weg, kommt von woanders, muss zurück nach woanders, alle bleiben in woanders, jetzt kommt Mama. Mama bleibt auch in woanders. Irgendwann. Irgendwann. Die Frau sitzt genau eine halbe Stunde neben dem Bett des Jungen, sieht ihn an, sieht auf die Uhr, gibt ihm einen Kuss auf die Stirn, steht auf und geht. Die Tür des Raumes fällt erneut ins Schloss. Gardinen, hat die Gardinen nicht aufgezogen. Hat sie sonst immer getan, hat es heute nicht getan. Drahtseil. Weiß an Drahtseil, eine Mauer. Mauer. Die Kinder, spielen. Hüpfen und Springen. Schmerzen. Tilidin, nur ein paar Tropfen, ein paar Tropfen noch, brauche wärme, Glück, und Glück. Kein Tilidin, leer, die Flasche, leer. Kein Tilidin. Kalt, Schmerzen, kann nichts tun, nichts tun. Kein Tilidin. Muss aus dem Bett, davon, weg, auf und davon. Der Junge zieht sich unter sichtlicher Anstrengung aus dem Bett, die Schmerzen sind, wie in einen Stein, in sein Gesicht gemeißelt, er fällt aus dem Bett, robbt auf dem Boden weiter zur Gardine. Weiß, weiß mit Drahtseil, eine Mauer, davon, will davon. Der Junge hält sich an der Gardine fest, zieht daran, versucht seinen Körper aufzurichten. Die Halterung des Drahtseils reißt aus der Wand heraus, der Junge fällt nach vorn, das Fenster ist offen.
Warm, warm auch in den Zehen, kein Tilidin, keine Schwester, Mama kann jetzt in woanders bleiben. Warm, warm im Kopf, auch im Kopf. Im Kopf. Nur im Kopf. Davon, davon, springen, schweben. Davon, auf und davon. Warm im Kopf, sanft im Kopf, nur im Kopf. Im Kopf. Glückseligkeit.
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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08.12.2007 19:02
von Enfant Terrible
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Mal eine Frage vorab: Welcher Wettbewerb, welches Thema, welche Bedingungen? Das müssen wir wissen, um richtig urteilen zu können.
(du solltest auch darauf achten, ob die Texte immer "unveröffentlicht" sein müssen, dann darfst du das hier schon mal nicht einsenden - es gilt auch im Internet als "veröffentlicht")
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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mathis Gänsefüßchen
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Beiträge: 33
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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08.12.2007 19:11
von Enfant Terrible
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Erst einmal etwas zum Stil: Nimm es mir nicht übel, aber ich finde ihn recht anstrengend zum Lesen. Zu viele Aufzählungen, die manchmal auch ein bisschen zusammenhanglos wirken. Sicherlich: Wohldosiert schaffen sie eine tolle, spannende, atemlose Wirkung. Aber was ich hier sehe, ist zu viel des Guten.
Kannst du damit etwas anfangen?
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ASP
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mathis Gänsefüßchen
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Beiträge: 33
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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08.12.2007 19:18
von Enfant Terrible
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Alles. Es wirkt wie eine riesengroße Aufzählung, und da merkt man nicht mehr, was Gedanken sind und was Beschreibungen. Ich meine: Die Idee, die Gedanken so darzulegen, ist nicht übel, aber es stört auf Dauer massiv.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
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ASP
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mathis Gänsefüßchen
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Beiträge: 33
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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08.12.2007 19:22
von Enfant Terrible
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Aber gerne doch!
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
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christof Gänsefüßchen
Alter: 60 Beiträge: 18 Wohnort: Halle
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13.02.2008 18:09
von christof
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Finde Deinen Text sehr bewegend. Wenn man erst mal in dieser Mischung aus Lyrik und Prosa drinnen ist, fließt es. Nur manchmal bricht's etwas, und zwar dort, wo Du scheinbar aus dem Jungen heraustrittst. Das finde ich etwas irritierend. (wie zum Beispiel: Der Junge zieht sich unter sichtlicher Anstrengung aus dem Bett). Bis dahin hatte ich meistens das Gefühl, in dem Jungen zu stecken und alle Dinge mit seinen Augen zu sehen, die Wand und das Drahtseil ... Vielleicht braucht's diese Perspektivenänderung nicht so hart.
Ansonsten, gefällt´s mir sehr.
Viele Grüße
Christof
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