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Die Flüchtigkeit des Seins


 
 
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James Blond
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 448
Wohnort: HAMBURG


Beitrag02.09.2016 08:20
Die Flüchtigkeit des Seins
von James Blond
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Die Flüchtigkeit des Seins

Allmählich schien die Welt genau zu wissen,
dass niemand über ihren Wolken thront -
seit kein Vertrauen mehr darunter wohnt,
hat sie die Himmel leise abgerissen.

Wozu soll man noch seine Flagge hissen,
wenn sie kein Lüftchen mehr mit Schwung belohnt?
Was sich vorm Schicksalswind in Mauern schont,
lässt auch die Anmut der Bewegung missen.

Weil nun von absichtsvollem Schein verschlissen
sich Spiegelnde vor Ansichtssachen ziehen,
verstreicht ein letzter Hauch in Bannerkissen,
die alle lebensfrohen Geister fliehen.

Und grübelt man ein Ende auch beflissen,
so ist daraus noch nie ein Sein gediehen.

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llll
Leseratte
L


Beiträge: 121



L
Beitrag04.09.2016 19:38

von llll
Antworten mit Zitat

Ich fürchte, dieses Gedicht hat deshalb noch keinen Kommentar,
weil es soooooo inhaltsreich ist, dass man sich kommentierend nur blamieren kann,
jedenfalls wenn man = ich ist .
Ich kann nur versuchen Zeile für Zeile zu verstehen und zu einigen Zeilen Fragen stellen :

Das Sein ist flüchtig
wie der oben über den Wolken thronende alte Herr mit dem weißen Bart flüchtig ist.....
Schuld daran ist unser flüchtiges bzw. geschwundenes Vetrauen
hier unten auf Erden.
Die Welt scheint es allmählich genau zu durchschauen,
sie reagiert verschämt und hat bereits leise die Himmel-Theater-Kulissen abgebaut.

Niemand mehr zeigt noch Flagge. Wozu auch ?
Kein Lüftchen Idealismus regt sich nirgends mehr.
Man bunkert sich hinter den Mauern des Privatlebens ein
als schütze das gegen den größeren, übers Private hinausgehenden "Schicksalswind" (!)
man lässt sich von keiner Idee mehr in Bewegung versetzen.

Diese "von absichtsvollem Schein verschlissen Sich-Spiegelnden"
sind vermutlich AfD-Leute und Konsorten.... ???
Die "ziehen vor Ansichtssachen" :
Was heißt das ? Was tun die da ???

Jedenfalls jeder lebensfrohe Mensch mit gesundem Menschenverstand meidet deren Bannerkissen,
die in den letzten Zügen liegen, ein letzter Hauch
wärmt die alte braune Suppe zum allerletzten Ma(h)l auf...

Ich grüble beflissen
und werd doch nicht schlau draus,
von meinem flüchtigen Sein im Spätstadium ganz zu schweigen........

Umso mehr bewundere ich die pure Spracharchitektur,
bewundere, wie genial das in ein Sonett gegossen ist !
Zum ganz Verstehn zu blöd
find ich´s formal einfach hinreißend schön !!!
( ganz besonders natürlich die erste glasklare Strophe !!!
  auf die aber noch einiges zu entgegnen wäre... evtl. später....)
llll
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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
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Beitrag05.09.2016 00:31

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Sonette sind tückisch.

Dieses entspricht nicht dem, was ich aufgrund des Titels erwartet hatte.

Es ist nicht flüchtig leicht wie Gas. Es wirkt auf mich eher bemüht und beflissen. Die Reime stechen mir zu sehr ins Auge. Autsch!

"Bannerkissen" tut besonders weh.

Auch ist mir dieses Sonett insgesamt zu argumentative inhaltlich. Es belehrt mich zu sehr, und ich bin an keiner Stelle überrascht.
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Soleatus
Reißwolf


Beiträge: 1000



Beitrag05.09.2016 07:53

von Soleatus
Antworten mit Zitat

Hallo James!

Hier versprechen die ersten sechs Verse mehr, als die folgenden acht halten können. Der Beginn überzeugt, im wesentlichen auch sprachlich; aber da, wo der Text eigentlich "abheben" müsste, verliert er sich in leeren Worten, die vielleicht eine Botschaft vermitteln (obwohl ich denke, dass deren Ermittlung zu mühselig ist), dabei aber blass bleiben und keine Überzeugungskraft haben.

Das liegt, jenseits des Inhalts, sicher auch ander Darstellung - die letzten sieben (!) Verse bieten dem Leser-Hörer am Versschluss eine arg eintönige Kost: immer nur "i" als betonten Vokal gefolgt von der Endung "-en". Die Unterscheidung "kurzes i" / langes "i" reicht da nicht aus, den einschläfernden Eindruck abzuschwächen, und die Aufmerksamkeit des Lesers wird viel weniger gehalten, als wenn die Reimvokale abwechslungsreich sind und die unbetonten Schluss-Silben andere Vokale aufweisen als das "ganz schwache e"; oder das, wenn es schon  da sein muss, nicht ausschließlich in der gleichen Form ("-en") anbieten.

Auch das hast du, im Vergleich, am Beginn besser gelöst!

Noch schlimmer wird alles, weil die "ens" lauter Verbformen sind (Ausnahme: "-kissen"); das vereinförmigt auch den Satzbau.

Schließlich habe ich auch den Eindruck, du hast ein wenig "gefüllt": "nun", 2x "auch", 2x "man" auf Hebungsstellen, bezeichnenderweise alles im hinteren Teil.

Das war jetzt viel Kleinkram, und nichts davon ist für sich genommen wirklich schlimm; aber alles zusammen, und in dieser Häufigkeit: schadet dem Text in deutlich bemerkbarem Maß und erklärt mir, warum er auf mich so leblos wirkt.

Gruß,

Soleatus
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llll
Leseratte
L


Beiträge: 121



L
Beitrag05.09.2016 09:26

von llll
Antworten mit Zitat

Ja dieser Titel ist allerdings eine Falle,
denn diese Flüchtigkeit hier lässt uns nicht fliegen
wie sonst allenthalben üblich ( im Sinne von Leichtigkeit o.ä.)
sondern macht uns vielmehr als flüchtige Vogelsträuße dingfest, die mangels Sand Mauern benützen....
Ich hoffe weiter auf inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gedicht !
llll
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James Blond
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 448
Wohnort: HAMBURG


Beitrag05.09.2016 10:19

von James Blond
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Oha,

erst längeres Schweigen, nun gleich drei Antworten, die mich - jede auf ihre Art - sehr erfreut haben, vor allem, weil darin gehaltvolle Kritik enthalten ist: Schuhe, die ich mir gern anziehe. Immerhin habe ich dieses Sonett ausgewählt, um hier auch einmal ein DSFo-affines dickeres Nüsslein zu präsentieren.

Es stimmt schon, dass ich hier mit einem Sonett ein komplexes Thema auf schwierige Weise angegangen bin und dabei die ästhetischen Aspekte wie auch die Verständlichkeit der Aussage vernachlässigt habe. Dabei sollte der überhäufig wiederkehrende Reim "-issen" eine Gedankenstrenge unterstreichen, die durchaus als unangenehm bis zwanghaft empfunden werden kann. Denn es sind keine leichten Stränge, die hier zusammengereimt werden, sondern starrsinnige und widerspenstige Gedanken, auch wenn sie sich um bildliche Metaphern bemühen.

Das Sonett beginnt mit einem Bild der Flagge unter einem abgerissen Himmel: ein Widerspruch, denn ohne Himmel macht eine Flagge wenig Sinn, die auf den Wind als Himmelsboten angewiesen ist, um sich entfalten zu können. So bleibt sie schlaff am Fahnenmast und wird schließlich durch ein "Bannerkissen" ersetzt, das allerdings eine ganz andere Wirkung entfaltet. Die Antworten scheinen mir zu bestätigen, dass die beiden Quartette leichter zu verstehen und vermutlich auch angenehmer zu rezipieren sind, als der der folgende Teil.

Die Flagge als ein Zeichen für Bekenntnis, Lebensmut, Schicksalsoffenheit und -vertrauen braucht zwar nicht unbedingt Schicksalsstürme, aber zumindest einigen Wind zur Lebensentfaltung, ansonsten bleibt sie ein toter Lappen am Pfahl: Wer etwas vom Leben spüren will, muss Risiken und Unwägbarkeiten in kauf nehmen, er muss auch bereit sein, sich auf Dinge einzulassen und zu handeln, ohne die Folgen zu überblicken. Eigenschaften, die aufgrund einer rationalistischen Weltsicht nicht gefragt sind. Zeittypisch und kompensatorisch zugleich erscheint mir dafür die zunehmende Attraktivität zahlloser riskanter Extremsportarten, die vor allem zur Erzeugung eines unmittelbaren Seinsgefühls ausgeübt werden: Die Flüchtigkeit des Seins - Teil 1

So verlagert sich der Wunsch nach erlebbarer Lebensentfaltung in die Reservate, während in den Zonen existenzsichernder Versorgungstrategien nur die Sicherheitsbestrebungen expandieren. Das Banner, seines Zeichen ein an einer horizontalen Stange aufgehängtes Signum, bedarf keines Windes zur Entfaltung seiner bannenden, d.h. angstreduzierenden Funktion. Es fungiert mittlerweile als "Furzkissen" der Schreibtischtäter, die sich regressiv im veröffentlichten Wettstreit der Meinungen gegenseitig ihres Narzissmus versichern ("spiegeln") und dabei korrupt, verschlissen und somit "fahnenfadenscheinig" agieren.

Die gleiche substanzlose narzisstische Selbstbezogenheit zeigt sich übrigens auch im Selfierausch, wo sich Teilnehmer gegenseitig "im absichtsvollen Schein vor Ansichtssachen zerren". Fazit: Wenn das Leben droht, verliert sich die Welt im eigenen Schein: Die Flüchtigkeit des Seins - Teil 2.

Ich schreibe dies nicht, um die Kritik zu entkräften, aber vielleicht wird es firstoffertio eine neue Sichtweise auf die "Flüchtigkeit des Seins" ermöglichen und ihm auch das "Bannerkissen" weniger schmerzhaft empfinden lassen.

Auch bleiben natürlich die Kritikpunkte einer lyrischen Ästhetik, wie sie Soleatus vorbringt. Das Sonett fängt den Leser zunächst mit gängigen Mitteln ein, um ihm dann anschließend recht trockene Kost vorzusetzen. Das ist zwar nicht so ganz gewollt, doch ob es bei gleicher Aussage vermeidbar wäre, kann ich noch nicht sagen. Ich muss gestehen, dass mir letzten sechs Verse nicht so leicht gefallen sind und dass hier ein inhaltlicher Sprung einsetzt, den der Bildwechsel von der Flagge zum Banner nicht so recht zu verbinden vermag.

Insofern bin ich mit dem Ergebnis eurer Beurteilungen mehr als zufrieden, die Kritiken waren sehr hilfreich - ich danke euch für die Zeit und Mühe. smile

Liebe Grüße
JB
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llll
Leseratte
L


Beiträge: 121



L
Beitrag08.09.2016 00:53

von llll
Antworten mit Zitat

Was soll man daraufhin noch sagen ?
Dennoch bzw. jetzt erst recht beschäftigt mich dieses Gedicht immernoch weiter,
vor allem - wie angedeutet - wegen der ersten Strophe, die so einzigartig leise
und delikat die himmlische Misere bzw. Leere verbildlicht im Gegensatz zu modischen
oft ziemlich plumpen Manifestationen persönlicher Areligiosität, weil das eben chic und up to date ist.
Seh ich nur Gespenster, wenn ich noch mehr religiöse Aspekte in dem Gedicht versteckt finde,
als bisher zugegeben wurde ?
Der Titel "Die Flüchtigkeit des Seins“ impliziert "schnelle Veränderung", aber auch Entfliehen und Verschwinden,
somit "Vergänglichkeit“ und dann taucht im Hinterkopf das alte warnende "memento mori" auf,
womit seit alters vollautomatisch die Besinnung auf Gott und Ewigkeit aktiviert wurde....
Aber stattdessen gesteht die erste Gedichtstrophe dem Leser, dass der Himmel also Gott selbst
inzwischen Opfer der Vergänglichkeit bzw. des Wandels geworden sei.......
Die Klage des Gedichts über Windstille nimmt Bezug auf die  biblische Formulierung,
dass der Geist Gottes weht, wo und wie er will... oder sanft säuselt... es gibt vielerlei solche Bibelzitate.
Die Windstille ist zugleich Funkstille = das Verstummen göttlicher Botschaften.
"Die Flagge als ein Zeichen für Bekenntnis" fungiert ebenfalls als Botschaft und zwar Stellung nehmend,
Zugehörigkeit und Gefolgschaft anzeigend und dafür wird entsprechende Belohnung erwartet :
Historische und akute Verkommenheit von Religion ist hier in eine einzige skeptisch berechnende Frage verpackt.
Und wie an göttlicher Belohnung so wird auch am göttlichen Schutz gezweifelt,
man nimmt nicht mehr passiv wie die Ahnen sein Dasein und sein Schicksal via Wind
aus Gottes Hand entgegen, solch von Belehrungen und angeblich gültigen Botschaften
gelenktes DaSein wird als absichtsvoll manipuliert, als Schein bzw. scheinheilig entlarvt.......
Dank "rationalistischer Weltsicht" nimmt man sein Schicksal lieber selbst in die Hand
und sichert sich umso mehr und besser selber in selbstgebauten Mauern ab.
Jedwede Belehrungen und Botschaften verlieren ihren Gültigkeitsanspruch,
alles wird zur persönlichen "Ansichtssache", die aufgeblasen/aufgeschüttelt auch andre überzeugen soll,
mit der man sich aber auch zurückziehn und sich´s bequem machen kann wie auf einem Kissen.......
Auch die "Sich-Spiegelnden" haben noch weitere Gedankenkreise gezogen :
Das Spiegelbild kann in Bezug gesetzt werden zur einstigen Idee vom Menschenbild,
das nach dem Bilde Gottes geschaffen sei. In diesem Zusammenhang gesehen
erheben die "Sich-Spiegelnden" quasi sich selbst zu ihrem Gott.....
Bewusstwerdung und die Gewissheit von Flüchtigkeit bzw.baldiger Veränderung
und auch das dezente Anklingen fernöstlicher Lebensweisheit im Titel werden zum Hoffnungsschimmer !
Um diese Grübeleien endlich zu beenden nehm ich jetzt schnell die beiden letzten Zeilen wörtlich
und glaube, dass Schlafen im Moment die gedeihlichste Seinsform ist.
llll
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purpur
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Beiträge: 964



Beitrag12.09.2016 06:44

von purpur
Antworten mit Zitat

Guten Morgen Very Happy lieber James Blond,

mir gefällt dein Sonett-deine Gedanken! Trost spendend!
Interpretiere, transformiere es in "meine Welt".
Hier, an diesem Ort, verliere ich aber gerade den Glauben
an die technischen Möglichkeiten, denn eine stabile
Internetverbindung ist ausgeschlossen. Daher habe ichs
abgespeichert und kann den Text zumindest nochmals
lesen. Nun hoffe ich,  nach mehrfachen vergeblichen
Versuchen, wenigstens einen "Bruchteil" meines
Feedbacks senden zu können.
Danke, sehr gern gelesen!
 Kommt noch was?
HerzlichePpGrüße
Pia
... Juhuu, es hat funktioniert... Laughing
... Noch...
Das "Flagge-Bild"  finde ich interessant...
Flagge zeigen, unter "einem Himmel"
um Himmels Willen, Windrichtung inbegriffen,
dass woher-wohin weht der Wind, halte ich
mein "Fähnchen" in den Wind? Richte/richtige Wink ich es
nach ihm... viele Fragen tun sich auf...
Die Weite, zwischen Angriff und Verteidigung...
Da Surprised zwischen ein weites Feld, wo ist "nur"das
"Wohlwollen"
... Oh Gott...
... Oh Mensch...
?


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James Blond
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 448
Wohnort: HAMBURG


Beitrag12.09.2016 09:08

von James Blond
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Liebe Pia,

Dankeschön für deine Überlegungen und die Hinweise auf die sprachlichen Verwendungen. Häufig werden 'Fahnen' und 'Flaggen' synonym verwendet, doch gibt es für die 'Tücher im Wind' je nach Bedeutung verschiedene Bezeichnungen, insbesondere die Fahne wurde zum Ausgangspunkt einiger übertragener Bedeutungen  (wie Rauchfahne) und Redensarten (die Fahne nach dem Wind hängen).

Liebe llll,

ich freue mich sehr über Deine vertiefenden Gedanken, die der 'Flüchtigkeit des Seins' so reichlichen zusätzlichen Gehalt bescheren. Das Sein lässt sich in viele Richtungen hin  auslegen, wobei Sein und Sinn über die phonetische Ähnlichkeit hinaus eine tiefere gegenseitige Abhängigkeit aufweisen, der hier nachgegangen wird: Der Sinn (v)erklärt das Sein wie das Sein den Sinn.

Sicherlich wird fast jedes religiöse Bekenntnis auch von pragmatischen Hoffnungen auf Belohnung getragen, insbesondere bei den monotheistischen Religionen spielt das exklusive Bekenntnis zu dem einen Gott die entscheidende Rolle für die göttliche Gunst.
 
Andererseits stellt das zur Schau gestellte Bekenntnis auch eine Herausforderung an das Schicksal dar. So ist 'Flagge zeigen' eben 'kein Fähnlein nach dem Wind hängen', sondern dokumentiert die Bereitschaft, sich an den eigenen Werten auch messen zu lassen, dafür Risiken oder Nachteile in kauf zu nehmen.

Kennzeichnend für die Flagge ist ihre Schicksalsoffenheit. Sich dem Wind als einem Vertreter unbekannter Willkür ausliefernd, gerät sie in ein Wechselspiel, das mehr ist als nur ein passives Erdulden. Der Mensch setzt sein Zeichen gegen die Willkür des Schicksals und entfaltet dadurch im Dialog und in der Auseinandersetzung mit fremden Mächten die Anmut seiner Existenz: 'Die Flüchtigkeit des Seins' meint auch die Bewegung durch den  fliehenden Wind.

Sehr treffend finde ich deinen Hinweis auf die Verlagerung des Spiegels: vom Spiegelbild Gottes zur Selbstbespiegelung. Der Mensch übernimmt nun selbst die Rolle des sich Spiegelnden und macht sich so zu einem virtuellen Wesen. Doch göttlich wird er dadurch nicht, sondern eher das Opfer seiner eigenen Inszenierung.

Liebe Grüße
JB
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purpur
Klammeraffe


Beiträge: 964



Beitrag12.09.2016 09:34

von purpur
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Hallo Very Happy lieber James Blond,

ja, schön ist's...
das "leb Very Happy endige" "Wunder"
Sprache/sprechen/verstehen,
Zeit dafür zu haben, sie zu
"begreifen"
... immer wieder neu...
zu interpretieren...
 Kommt noch was?
Bilder sagen mehr als 1000 Worte?!? Laughing
PpG
Pia

... Tüchleinmalerei...


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