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Die Diktatur der Schreibregeln

 
 
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preusse
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1292
Wohnort: Bayern


Beitrag28.02.2017 11:11
Die Diktatur der Schreibregeln
von preusse
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Für mich ein interessanter Artikel.
Vielleicht deshalb, weil sich meine "Helden" auch an keine Regeln halten, gleich welcher Art. smile
Und irgendwie färbt das wahrscheinlich ab.

http://www.mika-bechtheim.com/single-post/2017/02/27/Die-Diktatur-der-Schreibregeln-Gibt-es-nicht-Warum-Es-gab-nie-Regeln-zum-Schreiben-von-Romanen-und-es-gibt-auch-heute-keine


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BirgitJ
Klammeraffe


Beiträge: 650
NaNoWriMo: 51762
Wohnort: DD


Beitrag28.02.2017 11:44

von BirgitJ
Antworten mit Zitat

Moin,

die "Schreibregeln" habe ich nie als Regeln aufgefasst, ohne deren Einhaltung man verloren ist. Noch in keinem Schreibratgeber - man beachte hier das Wort Ratgeber - habe ich gelesen, dass es in Stein gemeißelte Regeln gibt. Es war eigentlich immer nur die Rede davon, dass sich bestimmte Konventionen entwickelt haben, die dem Schreiben und den Geschichten guttun, aber wenn die eigene Geschichte was anderes verlangt, solle man ohne schlechtes Gewissen alle Konventionen über Bord werfen.

Beim Diskutieren über Texte, im echten Leben und in Foren, ist mir auch noch nie was anderes begegnet. Der Artikel kommt mir daher ziemlich überflüssig vor.

Das Schöne an Schreibratgebern ist, dass sie einem helfen, das eigene Schreiben zu reflektieren. Dass sie Mut machen, wenn man nämlich entdeckt, dass man Ratschläge schon immer und instinktiv befolgt hat. Das gibt eine schöne Bestätigung.

Besten Gruß von BirgitJ


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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 55
Beiträge: 3227
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag28.02.2017 14:30

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Ich sehe "Schreibregeln" als Hinweise, auf was ich sinnvollerweise achten sollte und als etwas, das sich als nützlich oder brauchbar erwiesen hat. Gerade, wenn man noch recht frisch ans Werk geht, ist eine gute Anleitung - an die man sich jedoch nicht sklavisch halten muss - hilfreich, um die ersten Unsicherheiten zu überwinden. Mit mehr Erfahrung und persönlicher (Schreib-)Entwicklung prägt sich der eigene Stil und die eigene Vorgehensweise bei der Planung und Umsetzung. Man wird sicherer, wie eine Geschichte für einen funktioniert.
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Hanna Aden
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Beiträge: 52
Wohnort: Bochum


H
Beitrag28.02.2017 14:48

von Hanna Aden
Antworten mit Zitat

Ich gebe jetzt schon seit einer Reihe von Jahren Schreibkurse, und ja, doch, es gibt Regeln, die Sinn ergeben. Wenn ich daran nicht glauben würde, könnte ich nicht unterrichten.

Es ist für moderne Leser weit angenehmer, wenn Dialoge auftauchen und die Sätze nicht zu lang werden, sondern stattdessen Tempo erzeugt wird. Und ja, auch ein handlungsorientierter Einstieg ist schöner als zwölf Seiten, in denen ein Held durch eine Welt geht, in der nichts passiert. Und ja, es ist schön, wenn ein Charakter keine Schablone ist, sondern sich entwickelt und durch Ereignisse auf die Probe gestellt wird, um sich zu entwickeln und verändern. Und ja, ein Text mit aktiven Verben liest sich flüssiger als einer, in dem Nominalstil vorherrscht. Und ja, eine Szene, in der sich nichts entwickelt und verändert, kann normalerweise gestrichen werden - wenn sich alles in euch dagegen sträubt, findet in ihr vielleicht doch eine Entwicklung statt, die ihr nur vorher nicht gegriffen bekommen habt. Und ja, in jeder Szene sollte es Entwicklung geben, Konflikt spürbar werden und die Figur/en sollten in der einen oder anderen Form charakterisiert werden und irgendetwas Neues über sie enthüllt werden. Und ja, Perspektivmix (von Anfängern mitunter fälschlich als autorial bezeichnet, aber auktorial ist was anderes) nimmt euch die Chance, tiefer in eure Figuren einzudringen und ihnen für einen Leser mehr Tiefe und Plastitzität zu verleihen.

Die Magie, dieses zauberhafte Fünkchen, diesen einen Teil tief in uns, den wir nicht ganz verstehen können, den kann man nicht lernen und auch nicht vermitteln. "Wenn es euch wirklich intensiv danach drängt, es anders zu machen, wenn sich das für euch abgrundtief richtig anfühlt, solltet ihr das in jedem Fall tun. Aber wenn ihr die Regeln brecht, tut es, weil die Alternative euch besser gefällt, nicht, weil ihr einfach keine Ahnung habt, dass solche Regeln existieren", sage ich immer. Und dazu stehe ich.

Ganz abgesehen davon, dass es so viele Regeln gibt, dass man niemals alle kennen und gleichzeitig anwenden kann. Manchmal glaubt man, sich an eine Regel zu halten, schreibt etwas, was einem selbst nicht gefällt, weil "die Regeln" es sagen, und versäumt dabei, zu beachten, dass die Szene z. B. eine innere Entwicklung haben sollte. Dass mit Satzaufbau Tempo gezielt gesteuert werden kann. Dass die Figurcharakterisierung nicht vorankommt - oder umgekehr zu viel Dynamik an dieser Stelle rausnimmt. Usw.

Learn the rules to break them ... but learn them.


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nebenfluss
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Beitrag28.02.2017 15:03

von nebenfluss
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Ich kann dem Artikel nur zustimmen.
Leider betrifft die Regel-Sehnsucht, die den Deutschen ja gerne attestiert wird, auch deutsche Autoren - allein in diesem Forum oft anhand unsinniger falsch/richtig-Anfragen zu beobachten.

Allerdings kann es mit der Regel-Freiheit schnell vorbei sein, wenn man an einen Verlag gerät, der nicht nur das Manuskript grob in ein Genre einordnen will, sondern sehr genaue Vorgaben macht, was geht und was nicht.
Ob der Leser wirklich dermaßen "geregelte" Literatur erwartet, sei mal dahingestellt.
Für mich sind jedenfalls Bücher, die in erster Linie versuchen, "Regeln" korrekt zu befolgen, stinklangweilig.


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Hanna Aden
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H


Beiträge: 52
Wohnort: Bochum


H
Beitrag28.02.2017 15:14

von Hanna Aden
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Ich stelle mir gerade einen Roman vor, der ganz rebellisch mit allen Regeln bricht Smile :
(Ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

- Figur entwickelt sich in keinster Weise und ist am Ende genauso wie am Anfang.

- Für die Figur steht nichts auf dem Spiel, sie muss um nichts kämpfen, weder in der Außen- noch in der Innenwelt.

- Alles, was passiert, kommt zufällig daher, hat keinen Bezug zueinander, die Ereignisse perlen ohne innere Kohärenz durch die Handlung.

- Leute erscheinen aus dem Nichts, haben einen Auftritt in der Story, und verschwinden danach, um nie wieder gesehen zu werden.

- Seitenlange Variationen über das Verb "sein" und ansonsten alles, was passiert, im Nominalstil

- Alle haben sich lieb und reden nett miteinander. Ansonsten ist man sich so gleichgültig, dass die anderen genauso gut auch aus der Story verschwinden können, weil sie keinen Einfluss auf das Leben der Figur haben.

- Die Figuren bleiben blass und haben nichts, was in Erinnerung bleibt.

- Die Story springt von einem Kopf in den nächsten und ich weiß nie, wo ich gerade bin.

- Letzteres ist aber nicht schlimm, denn der Autor verrät ohnehin nie, wo sich die Handlung gerade befindet, und lässt Beschreibungen und Hilfen zur räumlichen Orientierung in der Handlung lieber außen vor.

- Die Leute reden nicht miteinander. Wir erfahren maximal über indirekte Rede oder Gesprächszusammenfassungen, was sie gesagt haben - wenn denn überhaupt andere Leute zusammen mit der Hauptfigur aktiv werden und sie nicht bloß die ganze Zeit allein über sich und ihr Leben nachdenkt.

***

Voll krass rebellisch Cool.


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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag28.02.2017 15:21

von Kris
Antworten mit Zitat

Hanna Aden hat Folgendes geschrieben:
...

Es ist für moderne Leser weit angenehmer, wenn Dialoge auftauchen und die Sätze nicht zu lang werden, sondern stattdessen Tempo erzeugt wird. Und ja, auch ein handlungsorientierter Einstieg ist schöner als zwölf Seiten, in denen ein Held durch eine Welt geht, in der nichts passiert. Und ja, es ist schön, wenn ein Charakter keine Schablone ist, sondern sich entwickelt und durch Ereignisse auf die Probe gestellt wird, um sich zu entwickeln und verändern. Und ja, ein Text mit aktiven Verben liest sich flüssiger als einer, in dem Nominalstil vorherrscht. Und ja, eine Szene, in der sich nichts entwickelt und verändert, kann normalerweise gestrichen werden - wenn sich alles in euch dagegen sträubt, findet in ihr vielleicht doch eine Entwicklung statt, die ihr nur vorher nicht gegriffen bekommen habt. Und ja, in jeder Szene sollte es Entwicklung geben, Konflikt spürbar werden und die Figur/en sollten in der einen oder anderen Form charakterisiert werden und irgendetwas Neues über sie enthüllt werden. Und ja, Perspektivmix (von Anfängern mitunter fälschlich als autorial bezeichnet, aber auktorial ist was anderes) nimmt euch die Chance, tiefer in eure Figuren einzudringen und ihnen für einen Leser mehr Tiefe und Plastitzität zu verleihen.
(...)


Ich zitiere das nur mal beispielhaft, nicht um Dich persönlich zu kritisieren.

Hier stecken etliche individuelle Präferenzen drin, weshalb ich den Begriff, den die Autorin des verlinkten Artikels anfangs wählt – nämlich Erzählkonvention -, deutlich treffender finde, als das "diktatorisch" anmutende Wort Regeln.  

Auch dieses Mantra-artige "Lerne die Regeln, bevor du sie brichst" – ich weiß nicht, ich weiß nicht. Mir wird das mitunter alles zu dogmatisch.  Wohl dem, dessen eigen(sinnig)e Erzählstimme nicht von zu vielen Regeln/Konventionen/Vorgaben/Erwartungen/... zum Schweigen gebracht wird.

Wenn ich mir überlege, wie unvoreingenommen ich vor meiner Zeit im Forum Bücher gelesen habe... da mögen unsaubere Perspektiven zu einem irritierten Kopfschütteln und Zurückblättern geführt haben, sie konnten mich jedoch nicht von einer spannenden Geschichte ablenken. Inzwischen ist das leider etwas anders.
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

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Beiträge: 3227
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag28.02.2017 15:25

von Taranisa
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@Hanna:
Hm, bei angesagten Promis würde das evtl. sogar funktionieren Laughing
(frei dem Motto: die haben ihre Fans, die alles kaufen Cool )
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Mina Minus
Leseratte
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Beiträge: 173



M
Beitrag28.02.2017 16:48

von Mina Minus
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Hanna Aden hat Folgendes geschrieben:

"Wenn es euch wirklich intensiv danach drängt, es anders zu machen, wenn sich das für euch abgrundtief richtig anfühlt, solltet ihr das in jedem Fall tun. Aber wenn ihr die Regeln brecht, tut es, weil die Alternative euch besser gefällt, nicht, weil ihr einfach keine Ahnung habt, dass solche Regeln existieren", sage ich immer. Und dazu stehe ich.


Dem schließe ich mich an.
Regeln sind für mich wie ein Ausrufezeichen, das über einer Stolperfalle schwebt. Wenn ich die Regel kenne und weiß, wovor sie mich bewahren soll, dann habe ich die Möglichkeit, mir die Textstelle genauer anzusehen und zu überlegen, welche Wirkung ich erzielen will. Vielleicht will ich dann auch mit voller Absicht auf die Falle zurasen, vielleicht auch nur antäuschen und sie doch noch elegant überspringen.
Dieser Punkt kann zu ein enorm wichtigen Bestandteil des kreativen Prozesses werden.
Wenn ich mich aber dem Lernprozess verweigere und Regeln verteufle, dann kann es aber passieren, dass ich die Falle übersehe und hineinstolpere, ohne es zu wollen.

Ich wüsste nicht, inwiefern mich Regeln beschränken sollten. Sie helfen - mehr nicht.
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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1735



Beitrag28.02.2017 17:51

von Stefanie
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Zu jeder Regel gibt es Beispiele von erfolgreichen Bücher, in denen sie gebrochen wurde.
Aber wenn man ein schlechtes Buch liest und sich überlegt, warum es schlecht ist, dann stellt man meistens fest, dass solche altbekannten Regeln missachtet wurden.

Hier ein prima Beitrag von Andreas Eschbach, wie er mit den von der Papyrus Stilanalyse vorgeschlagenen Änderungen umgeht.
http://www.andreaseschbach.de/schreiben/papyrus/stilanalyse/stilanalyse.html
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LeviathanII
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Beiträge: 297



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Beitrag28.02.2017 18:40

von LeviathanII
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Stefanie hat Folgendes geschrieben:
Zu jeder Regel gibt es Beispiele von erfolgreichen Bücher, in denen sie gebrochen wurde.
Aber wenn man ein schlechtes Buch liest und sich überlegt, warum es schlecht ist, dann stellt man meistens fest, dass solche altbekannten Regeln missachtet wurden.


Allerdings: Zum einem fällt mir kein großes Werk ein, welche nicht das typische gebrochen hätte, kein großer Schriftsteller, der wie die Anderen geschrieben hätte und wie man sollte, der nicht mit dem ganz eigenem Stil, der eigenen Sprache und Erzählweise ganz natürlich und vollkommen automatisch solche Regelwerke missachtet hätte.
Zum anderem kenne ich kein schlechtes Werk, welches sich mit der Einhaltung allgemeiner Regeln sich über die Mediokrität hätte erheben können. Und diese ist die wahre Hölle.
Solche Regeln (und mögen sie auch Halbregeln sein) verleugnen den Werdegang von Autoren und die Größe, die die Literatur erreicht hat: Der Stil beginnt ja schon da, wo sich der Lesegeschmack bildet - Man lernt Regeln, aber nicht allumgreifende literarische Regeln, sondern die Regeln der Autoren, die man schätzt, verehrt, vergöttert. Diese sollte man studieren oder begreifen, bewusst oder unterbewusst nachahmen um sich von deren Regeln zu trennen, keinen Anderen. (Dass das durchaus eine unterbewusste Sache ist beweist sich ja schon durch die unfreiwillige Nachahmung, vor der in der Literaturwissenschaft zuweilen gewarnt wird - Aber der mögliche eigene Stilbruch, der mit dem Lesen eines großen Werkes einhergehen kann dürfte unter uns Autoren wohl bekannt sein)
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nothingisreal
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Beiträge: 3994
Wohnort: unter einer Brücke


Beitrag28.02.2017 18:50

von nothingisreal
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Stefanie hat Folgendes geschrieben:
Zu jeder Regel gibt es Beispiele von erfolgreichen Bücher, in denen sie gebrochen wurde.
Aber wenn man ein schlechtes Buch liest und sich überlegt, warum es schlecht ist, dann stellt man meistens fest, dass solche altbekannten Regeln missachtet wurden.

Hier ein prima Beitrag von Andreas Eschbach, wie er mit den von der Papyrus Stilanalyse vorgeschlagenen Änderungen umgeht.
http://www.andreaseschbach.de/schreiben/papyrus/stilanalyse/stilanalyse.html


Da würde ich eher den Artikel hier verlinken:

http://www.andreaseschbach.de/schreiben/phantastisch/folge5/folge5.html


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Hanna Aden
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Wohnort: Bochum


H
Beitrag28.02.2017 20:06

von Hanna Aden
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Kris hat Folgendes geschrieben:
Hanna Aden hat Folgendes geschrieben:
...

Es ist für moderne Leser weit angenehmer, wenn Dialoge auftauchen und die Sätze nicht zu lang werden, sondern stattdessen Tempo erzeugt wird. Und ja, auch ein handlungsorientierter Einstieg ist schöner als zwölf Seiten, in denen ein Held durch eine Welt geht, in der nichts passiert. Und ja, es ist schön, wenn ein Charakter keine Schablone ist, sondern sich entwickelt und durch Ereignisse auf die Probe gestellt wird, um sich zu entwickeln und verändern. Und ja, ein Text mit aktiven Verben liest sich flüssiger als einer, in dem Nominalstil vorherrscht. Und ja, eine Szene, in der sich nichts entwickelt und verändert, kann normalerweise gestrichen werden - wenn sich alles in euch dagegen sträubt, findet in ihr vielleicht doch eine Entwicklung statt, die ihr nur vorher nicht gegriffen bekommen habt. Und ja, in jeder Szene sollte es Entwicklung geben, Konflikt spürbar werden und die Figur/en sollten in der einen oder anderen Form charakterisiert werden und irgendetwas Neues über sie enthüllt werden. Und ja, Perspektivmix (von Anfängern mitunter fälschlich als autorial bezeichnet, aber auktorial ist was anderes) nimmt euch die Chance, tiefer in eure Figuren einzudringen und ihnen für einen Leser mehr Tiefe und Plastitzität zu verleihen.
(...)


Ich zitiere das nur mal beispielhaft, nicht um Dich persönlich zu kritisieren.

Hier stecken etliche individuelle Präferenzen drin, weshalb ich den Begriff, den die Autorin des verlinkten Artikels anfangs wählt – nämlich Erzählkonvention -, deutlich treffender finde, als das "diktatorisch" anmutende Wort Regeln.  

Auch dieses Mantra-artige "Lerne die Regeln, bevor du sie brichst" – ich weiß nicht, ich weiß nicht. Mir wird das mitunter alles zu dogmatisch.  Wohl dem, dessen eigen(sinnig)e Erzählstimme nicht von zu vielen Regeln/Konventionen/Vorgaben/Erwartungen/... zum Schweigen gebracht wird.

Wenn ich mir überlege, wie unvoreingenommen ich vor meiner Zeit im Forum Bücher gelesen habe... da mögen unsaubere Perspektiven zu einem irritierten Kopfschütteln und Zurückblättern geführt haben, sie konnten mich jedoch nicht von einer spannenden Geschichte ablenken. Inzwischen ist das leider etwas anders.


Ich würde hier nicht von individuellen Präferenzen reden, sondern von Begründungen für die einzelnen Regeln (die man wie alle Regeln nie blind befolgen, sondern verstehen sollte, warum sie existieren - siehe "rote Ampel" und so). Das, was ich hier soft formuliert hingeschrieben habe, sind m. E. keine individuellen Präferenzen, sondern die Essenz von über zehn Jahren, in denen ich immer wieder versucht habe, herauszufinden, was gute Storys jetzt eigentlich ausmacht und wie man es hinbekommt, welche zu schreiben. Intuition allein bringt einen nur bis an einen bestimmten Punkt, früher oder später braucht man auch Handwerkszeug/Regeln/Richtlinien/Guidelines/Konventionen/Blah.

Zitat:
Es ist für moderne Leser weit angenehmer, wenn Dialoge auftauchen und die Sätze nicht zu lang werden, sondern stattdessen Tempo erzeugt wird.


Regel: Achte auf das Tempo deiner Erzählung und überprüfe beim Überarbeiten, ob deine Sätze genug Drive entwickeln!

Zitat:
Und ja, auch ein handlungsorientierter Einstieg ist schöner als zwölf Seiten, in denen ein Held durch eine Welt geht, in der nichts passiert.


Regel: Schreibe Szenen, in denen etwas passiert, was die Lesenden in die Handlung hineinzieht. Vor allem, aber nicht nur, am Anfang!

Zitat:
Und ja, es ist schön, wenn ein Charakter keine Schablone ist, sondern sich entwickelt und durch Ereignisse auf die Probe gestellt wird, um sich zu entwickeln und verändern.


Regel: Erschaffe mehrdimensionale Charaktere, deren tiefere Charakterschichten durch die Handlungen und Ereignisse in deiner Story auf die Probe gestellt und Stück für Stück enthüllt und bloßgelegt werden.

Zitat:
Und ja, ein Text mit aktiven Verben liest sich flüssiger als einer, in dem Nominalstil vorherrscht.


Regel: Vermeide Nominalstil. Achte bewusst auf dynamische Verben.

Zitat:
Und ja, eine Szene, in der sich nichts entwickelt und verändert, kann normalerweise gestrichen werden - wenn sich alles in euch dagegen sträubt, findet in ihr vielleicht doch eine Entwicklung statt, die ihr nur vorher nicht gegriffen bekommen habt.


Regel: Achte bei jeder Szene, die du schreibst, darauf, dass sich etwas - innerlich oder äußerlich - in ihr verändert, sodass die Story sich dynamisch entwickeln kann.

Zitat:
Und ja, in jeder Szene sollte es Entwicklung geben, Konflikt spürbar werden und die Figur/en sollten in der einen oder anderen Form charakterisiert werden und irgendetwas Neues über sie enthüllt werden.


Regel: Achte darauf, dass in jeder Szene irgendeine Art von Konflikt stattfindet, dass sich etwas verändert/entwickelt und du etwas über die Figur oder andere Figuren zeigst (gern auch Kleinigkeiten), was vorher noch nicht bekannt war.

Zitat:
Und ja, Perspektivmix (von Anfängern mitunter fälschlich als autorial bezeichnet, aber auktorial ist was anderes) nimmt euch die Chance, tiefer in eure Figuren einzudringen und ihnen für einen Leser mehr Tiefe und Plastitzität zu verleihen.


Regel: Entscheide dich für eine (oder wechselnde) Perspektiven. Ziehe sie sauber durch und achte idealerweise auch darauf, einen einzigartigen Sprachduktus zu finden, der etwas über die Erzählfigur oder den auktorialen Erzähler verrät.

Zitat:
"Wenn es euch wirklich intensiv danach drängt, es anders zu machen, wenn sich das für euch abgrundtief richtig anfühlt, solltet ihr das in jedem Fall tun. Aber wenn ihr die Regeln brecht, tut es, weil die Alternative euch besser gefällt, nicht, weil ihr einfach keine Ahnung habt, dass solche Regeln existieren", sage ich immer. Und dazu stehe ich.


Regel: Wenn es nicht in dir brennt und du eine gute Story schreiben willst, mit der du über alles hinauswachsen kannst, was andere dir beigebracht haben, nützen die Regeln dir auch nichts Wink .

***

Alles Regeln, die zu kennen m. E. jedem Schreibenden guttut, auch wenn ich sie wahlweise als Regeln oder Empfehlungen formulieren kann. Die genaue Wortwahl ändert nichts am Inhalt oder daran, dass diese Dinge funktionieren und Storys verbessern. Keine dieser "Regeln" führt bei alleiniger sklavischer Befolgung zum Bestseller oder auch nur Verlagsvertrag, aber die absichtliche oder aus mangelndem Wissen resultierende Missachtung davon allein macht einen jetzt auch nicht zum Literaten oder Nobelpreisträger, ehrlich gesagt. Zumal Literatur, die bleibt, auch keine dieser Regeln verletzt, wenn ihr mal darauf achtet - bis auf die Sachen mit Nominalstil und Tempo, die früher von Lesenden anders wahrgenommen und erlebt wurden.

Bei jeder einzelnen dieser Merksätze bin ich froh, dass ich sie für mich gelernt habe und (zumindest ansatzweise) anzuwenden weiß.


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preusse
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Beitrag28.02.2017 20:30

von preusse
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Herr im Himmel, was habe ich da nur angestoßen? Rolling Eyes

Und jetzt gestehe ich einmal: Ich habe bisher sieben Romane geschrieben, ohne je zuvor einen Schreibratgeber gelesen oder eine dieser Regeln gekannt zu haben.
Nicht, dass ich mich damit rühmen will, Gott bewahre.
Aber mir würde schon schlicht und ergreifend die Zeit fehlen, um mich damit auseinanderzusetzen.
Ich schreibe, wie mir der Schnabel gewachsen ist, und gut.
Und daran habe ich auch nicht vor etwas zu ändern und auch nicht das Gefühl, dass der Verlag das erwartet.
(Mein Anspruch ist es aber auch nicht, mit Günther Grass in einem Atemzug genannt zu werden. Laughing )


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Willebroer
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Beitrag28.02.2017 20:30

von Willebroer
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Regeln sind Werkzeug(e). Ich würde ungern auf einen Hammer verzichten. Aber kein Hammer wird mir vorschreiben, welchen Nagel ich einschlage.
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Tjana
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Beitrag28.02.2017 20:51

von Tjana
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Danke an preusse, Stefanie und N.I.R für die Links.
Ich finde alle drei Artikel interessant und hilfreich, vor allem für Neulinge hier bei uns, solche, die noch unsicher sind.

Als ich vor Jahren ins Forum kam, war ich Neuling. Nicht, was das Schreiben generell betraf, dafür umso mehr, was „Schreibregeln“ für einen Roman betraf. Ich kannte Sol Stein, das wars. Hier traf ich viele, die ich bewunderte, weil sie schon publiziert hatten. So lauschte ich ehrfürchtig den vielen No-Gos und den ebenso vielen Must-Haves, die zu berücksichtigen seien, damit eine Veröffentlichung überhaupt denkbar werden könne.
Ich verglich die „Regeln“ mit meinem damals halb fertigen Roman und war entsetzt, was ich alles falsch gemacht hatte. Nicht mit einem Traum oder dem Wetter beginnen, möglichst keine langen Sätze, Perspektivwechsel allerhöchstens kapitelweise und bloß keine frühe Rückblende.
Ich schrieb eine lange Passage um – und sie gefiel mir gar nicht mehr.

Was ich damit sagen will, ist, dass ich Schreibern, die ihrem Stil noch nicht trauen, wünsche, diese Artikel früh zu finden und zu lesen, um dadurch besser einschätzen zu können, in welchen Fällen (gezieltes Genre-Schreiben z.B.) es vorteilhaft ist, sich an Konventionen zu halten, und, und das vor allem, dass es nicht FALSCH  ist, die eine oder andere nicht zu befolgen. Natürlich rede ich nicht vom Handwerk an sich, und natürlich sollte auch das Brechen von „Regeln“ beabsichtigt und gekonnt erfolgen.
Aber es dauert halt eine Weile, bis man in einem so großen Forum wie diesem die jeweiligen Kommentatoren und die Übertragbarkeit ihrer Ratschläge auf seine eigenen Werke einschätzen lernt. Hätte ich die Artikel damals gekannt, wären die Tipps immer noch hilfreich gewesen, doch die Bestürzung über meine Schreibe wäre mir in großen Teilen erspart geblieben. Laughing


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BlueNote
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Beitrag28.02.2017 21:20

von BlueNote
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Zitat:

Ich verglich die „Regeln“ mit meinem damals halb fertigen Roman und war entsetzt, was ich alles falsch gemacht hatte. Nicht mit einem Traum oder dem Wetter beginnen, möglichst keine langen Sätze, Perspektivwechsel allerhöchstens kapitelweise und bloß keine frühe Rückblende.

Ich finde solche Regeln immer reichlich beknackt. In den Büchern, die ich lese, werden diese jedenfalls nicht befolgt.

Vielleicht sollt man mal ganz deutlich sagen, dass diese "Regeln", die hier immerzu in aller Munde sind, ausschließlich für Unterhaltungsliteratur gelten und Unterhaltungsliteratur die Literatur insgesamt nur zum Teil repräsentiert. OK, wenn man Unterhaltungsliteratur schreiben will, soll man die Beknackt-Regeln befolgen. Aber sind solche Regeln nicht auch ziemlich armselig: Bloß nicht mit dem Wetter beginnen, bloß keine frühe Rückblende! Genau wegen solcher lächerlichen "Vorgaben" und Schreibschablonen halte ich von Unterhaltungsliteratur relativ wenig, bzw. von Autoren umso mehr, die einfach gute Bücher schreiben, ohne sich an diese kleinkarierten Mainstreamregeln zu halten.
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Beitrag28.02.2017 21:31

von nebenfluss
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:

Vielleicht sollt man mal ganz deutlich sagen, dass diese "Regeln", die hier immerzu in aller Munde sind, ausschließlich für Unterhaltungsliteratur gelten und Unterhaltungsliteratur die Literatur insgesamt nur zum Teil repräsentiert.

Das betrifft ja aber wiederum nur die Wahrnehmung der entsprechenden Lehrinhalte als "Regel", die der Artikel von Mika Bechtheim ja geraderücken will.
Beispiel für eine solche wäre: Show don't tell.
Auch, wenn ich E schreiben will, kann ich aus der Reflektion der "Regel" doch meine Schlüsse ziehen: Es gibt also ein Show und ein Tell, zwei verschiedene Erzähl-Strategien und Szenarien, in denen das eine oder das andere besser passt. Das macht einem das eigene Schreiben bewusster, finde ich.


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Beitrag01.03.2017 01:58

von sleepless_lives
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Hanna Aden hat Folgendes geschrieben:
Zumal Literatur, die bleibt, auch keine dieser Regeln verletzt, wenn ihr mal darauf achtet - bis auf die Sachen mit Nominalstil und Tempo, die früher von Lesenden anders wahrgenommen und erlebt wurden.

Abgesehen davon, dass Literatur, die bleibt, nicht nur aus Prosa besteht, hält sie sich nicht mehr an diese Regeln als an andere, schon deshalb, weil, alle ihre Werke zusammen genommen, kaum etwas Gemeinsames gefunden werden kann. Bestimmte Muster tauchen auf - hier und da - und zeitlich begrenzt bilden sich identifzierbare Stile heraus - manchmal - aber der Versuch, die Gesamtheit der Werke in Regelmäßigkeiten zu fixieren, endet entweder in trivialen Allgemeinheiten ohne Aussagekraft oder im Versuch, ein Perpetuum mobile für die Literatur zu konstruieren aus dem Verlangen heraus, dass es doch irgendwie ein gültiges Prinzip (Erfolgsrezept) einfach geben muss. Literatur, die bleibt, ist aber so vielfältig wie die menschliche Kultur und Kulturen über Zeit und Raum hinweg und schließt die ganze Breite menschlicher Erfahrung ein, übersteigt sie sogar gelegentlich, und das lässt sich trotz bestimmter Universalien im wahrsten Sinne des Wortes schwerlich (und vielleicht sogar wesentlich überhaupt nicht) 'fassen'.   

Allein das hier
Hanna Aden hat Folgendes geschrieben:
Es ist für moderne Leser weit angenehmer, wenn Dialoge auftauchen und die Sätze nicht zu lang werden, sondern stattdessen Tempo erzeugt wird.

wird so gründlich in vielen Werken der Literatur auch der letzten hundert Jahre anders gehandhabt, dass es sich noch nicht mal als Faustregel eignet.

Wenn man das Ganze ein paar Drehungen runterschraubt und dem nachgeht, wie individuelle Autoren in einzelnen Werken gearbeitet haben, wie sie bestimmte Wirkungen erzielt haben, und das tut, ohne die Absicht allgemeine Regeln destillieren zu wollen, dann entwickelt sich etwas ganz Anderes. Man tritt sozusagen in einen offenen Dialog mit dem Werk und kann davon profitieren, d. h. lernen, auch wenn die Ergebnisse, weil nur speziell gültig, sich nicht eignen, als Punkte auf einer Empfehlungsliste zu erscheinen. Sicher wird man bestimmte Dinge häufiger finden, aber der Tendenz, eine Regel aus solch statistischen Häufigkeiten abzuleiten, ist zu widerstehen, es ignoriert den unterschiedlichen Kontext und zerstört die Offenheit des Dialogs.


_________________
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Murmel
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Beitrag01.03.2017 03:30

von Murmel
Antworten mit Zitat

Ich verstehe überhaupt nicht, warum immer von  Regeln geredet wird. Wer stellt die auf? Gibt es ein Gericht oder eine Institution, die sich mit Schreibregeln, die über Rechtschreibung und Grammatik hinausgehen, befasst?

Nein. Es handelt sich hier um Empfehlungen, um Erfahrungswerte, um Handwerkszeug.

Nicht mehr, nicht weniger.

Ich kann die Ratschläge befolgen - oder auch nicht. Der Leser wird entscheiden, ob es mir gelungen ist. Es gibt Sterne für das Gesamte, keine Noten.

Meine Meinung.


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BlueNote
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Beitrag01.03.2017 08:28

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Zitat:

Gibt es ein Gericht oder eine Institution, die sich mit Schreibregeln, die über Rechtschreibung und Grammatik hinausgehen, befasst?

Es gibt zumindest das DSFopedia, das immer wieder die Muss-Regeln für uns alle unmissverständlich in Stein meiseln möchte bzw. in unser aller Köpfe hämmern. Zumindest war mein Empfinden so, als ich mal einen Artikel überarbeiten/ergänzen wollte/sollte und bemerkt habe, dass dieser fordernde Stil (in jenem Regelwerk) doch sehr rigide ist, aber offensichtlich unerbittlich konsequent von den hiesigen Romanautoren gelebt und befolgt wird. Schon damals hab ich nen Verantworlichen geschrieben: Mir wäre es viel lieber, im DSFOpedia zusammenzufassen, was in der Literatur vorzufinden ist oder was sein kann und nicht, was sein MUSS, wobei mein damaliger Gesprächspartner (nach meinem Empfinden) die Einstellung hatte: es muss sein, was sein muss! Und das schreiben wir so hin!

Meistens werden von den Regelhungrigen Punkte wie "zu viele Adjektive/zu viele Füllwörter" pauschal und fast reflexartig als Fehler angekreidet, ohne sich über ein "vielleicht doch" bei diesem bestimmten Werk Gedanken zu machen. Ich würde behaupten, dass von vielen dieses Regelwerk (das in irgendwelchen ominösen Schreibratgebern oder Kursen verbreitet wird) nicht als Empfehlungen, Erfahrungswerte oder Handwerkszeug gesehen wird. Die Absicht dagegen, allgemeine Regeln destillieren zu wollen, sehe ich sehr wohl (vor allem in diesem Forum), was oft den offenen Dialog mit dem Werk verhindert. Die Kommentare, die ich zuletzt in diesem thread gelesen habe, machen mich zuversichtlich, erlebt habe ich in den letzten Jahren in Kommentaren, Kritiken, Meinungsäußerungen etwas anderes.

Schön, wenn endlich ein Umdenken einsetzt.
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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag01.03.2017 09:19

von Kris
Antworten mit Zitat

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:

(...)
Wenn man das Ganze ein paar Drehungen runterschraubt und dem nachgeht, wie individuelle Autoren in einzelnen Werken gearbeitet haben, wie sie bestimmte Wirkungen erzielt haben, und das tut, ohne die Absicht allgemeine Regeln destillieren zu wollen, dann entwickelt sich etwas ganz Anderes. Man tritt sozusagen in einen offenen Dialog mit dem Werk und kann davon profitieren, d. h. lernen, auch wenn die Ergebnisse, weil nur speziell gültig, sich nicht eignen, als Punkte auf einer Empfehlungsliste zu erscheinen. Sicher wird man bestimmte Dinge häufiger finden, aber der Tendenz, eine Regel aus solch statistischen Häufigkeiten abzuleiten, ist zu widerstehen, es ignoriert den unterschiedlichen Kontext und zerstört die Offenheit des Dialogs.


Danke, das fasst mein Unbehagen dem Begriff der "Regeln" gut zusammen.

@Hanna Aden

Auch Deine ergänzenden Ausführungen bleiben für mich individuelle Präferenzen.

Ich verknappe mal bewusst: Jeder Satz soll "Drive" entwickeln (was immer das bedeuten mag). In jeder Szene soll ein Konflikt stattfinden (polemisch gefragt: keine Lösungen?). Jedes Verb sollte dynamisch sein (was immer das ist und wie auch immer undynamische Verben aussehen). Bloß keine Einstiege, in denen der Held über 12 Seiten lang durch eine Welt wandert, in der nichts passiert. Warum nicht, wenn dieser Einstieg mir auf diese (vielleicht sogar kontemplative) Weise die Welt in der Geschichte und Held stattfinden näherbringt? Etc. pp.

Wie gesagt, mir geht es wirklich nicht darum, Dich jetzt persönlich und im Besondern anzugehen. Ich tue mich nur mit diesen Schema-F-so-und-nicht-anders-schreibt-man-ein-gutes-Buch-Ratgebern schwer, die den kreativen Umgang mit Texten an sich und Romanen im Speziellen allzu schnell abwürgen.

Und ja, ich schließe mich denen an, die anmerken, dass Textarbeit gerade auch hier im Forum leider zu oft genau nach diesem Schema F vonstatten geht.

Bin kein Fan von der Trennung U- und E-Literatur. Aber ich fürchte, mit solchen Ratschlägen fördert man nur die U-Literatur, die eins zu eins nach genau solchen Mustern geschrieben wird - bis eines Tages Algorithmen eben tatsächlich in der Lage sind, diese Arbeit besser zu erledigen als wir.  Wink
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