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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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16.06.2016 08:08 Tränen des Vaterlands von James Blond
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Tränen des Vaterlands
Wie ward der Sprache Schatz vom Internet besudelt!
Der dreisten Schreiber Wut das Edelste am Sein
mit stammelndem Geschwätz gestochen als ein Schwein,
gebrüht im Dreck, was Kot und eitrig Schleim genudelt.
Die Form zu Schrott zerhaun, vom Maße abgekehret,
die Lyrik darbt im Aus, die Reime sind geflohn,
die Dichtung ist dahin, stöhnt in der Werbefron,
und Lüge, Wahn und Wut des Menschen Hass vermehret.
Und durch das Forum hier strömt ständig neues Gift!
Ein jeder sieht, wo sich die Mörderbande trifft,
um mit Euterpes Schild das Unheil zu vollenden.
Viel schlimmer noch: Es stört sie offensichtlich nicht,
dass dort ein wackrer Degen unermüdlich ficht,
denn allzu oft entglitt der Stahl auch seinen Händen.
Weitere Werke von James Blond:
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bamba Eselsohr
Beiträge: 201
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16.06.2016 09:57
von bamba
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James, dies wird für eine Weile mein letzter Kommentar sein im dsfo, ich gehe auf eine Alp und werde keinen Zugang mehr haben zu Internet.
Doch dir schulde ich einen Kommentar, da ich dich doch recht angegriffen habe.
Will feststellen, ich habe mein Urteil etwas revidiert anhand einiger Beiträge von dir in letzter Zeit und anerkenne, da ist einer vertraut mit Lyrik und es geht dir nicht nur um Verriss, wie ich es einst behauptet.
Allerdings an deinem Gedicht kann ich nicht rechten Gefallen finden, die Form find ich schön, klassisch, bin aber im Gegensatz zu dir kein Experte.
Der Inhalt versucht ja etwas zu erzählen, was Bezug nimmt zu Wahrnehmung direkt aus dem Jetzt gegriffen, Nachvollziehbarem, was ich mutig und auch witzig finde, aber eben da sind so viele Worte, welche abwertenden Charakter haben, dass es etwas "würgt" beim Lesen.
besudelt, Wut, stammelndem Geschwätz, Dreck, Kot, Schleim, genudelt, Schrott, Lüge, wieder Wut, Hass.....usw.
Ich bedanke mich aber, dass du eingelöst hast, was ich gefordert in einem "Angriff" auf einen Kommentar von dir und ziehe auch den Hut vor dem Mut,, dich nun auszusetzen mit einem eigenen Gedicht, denn einfach hast du es dir ja nicht gemacht mit deinen teils harten Kritiken.
Hoffe es finden sich auch Lyriker ein, ich bin keiner.
..... toi toi.
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llll Leseratte
L
Beiträge: 121
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L 16.06.2016 10:07
von llll
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Welch formvollendeter Schwanengesang
samt Schreckschuss vor drohendem Untergang....
- es stoppt hier mein Kommentärchen sodann,
da´s leider nicht dichten nur nudeln kann.....
llll
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llll Leseratte
L
Beiträge: 121
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L 16.06.2016 11:16
von llll
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.......
"die Dichtung ist dahin, stöhnt in der Werbefron,"
.......
diese Zeile ist ganz besonders eindringlich hängengeblieben und rotiert im Hinterkopf,
weil sie ganz besonders treffend den seelisch geistigen Zustand signalisiert :
Die Dichtung aller Völker und Zeiten ist ja voll von Loben und Preisen,
aber die erste Geige spielt nun tatsächlich das pure An-preisen
um des baren Mammons willen... und vor allem den Bauch
anstatt Geist und Seele nährend bzw. überredend.....
llll
PS :
auf das Titelwort "Vaterland" reagiert man als Deutscher erst mal voll allergisch und ablehnend
eingedenk der grausigen Kriege in seinem entsetzlichen Namen,
aber es ist ja hier das Vaterland der Muttersprache gemeint....
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Santamaria Eselsohr
Beiträge: 221 Wohnort: Lateinamerika
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16.06.2016 19:52
von Santamaria
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llll hat Folgendes geschrieben: | .......
"die Dichtung ist dahin, stöhnt in der Werbefron,"
.......
diese Zeile ist ganz besonders eindringlich hängengeblieben und rotiert im Hinterkopf,
weil sie ganz besonders treffend den seelisch geistigen Zustand signalisiert :
Die Dichtung aller Völker und Zeiten ist ja voll von Loben und Preisen,
aber die erste Geige spielt nun tatsächlich das pure An-preisen
um des baren Mammons willen... und vor allem den Bauch
anstatt Geist und Seele nährend bzw. überredend.....
llll
PS :
auf das Titelwort "Vaterland" reagiert man als Deutscher erst mal voll allergisch und ablehnend
eingedenk der grausigen Kriege in seinem entsetzlichen Namen,
aber es ist ja hier das Vaterland der Muttersprache gemeint.... |
Auf das Titelwort reagiert "man", also jedermann, allergisch.
Ich nicht. Es ist das Land meiner Urvaeter (bis ins 15. Jahrhundert) und das Land meiner Vaeter und meiner selber.
Was sollte mich daran abstossen?
Das Vaterland, nur reduziert auf das 3.Reich?
Den Mann reduziert nur auf den Penis?
James Blondi, passt die Woertwahl zum schoenen Rhythmus und Versmass?
Innen wie aussen?
Hast du versucht es mal in gebochene Zeilen zu schreiben?
Ich find es zwar witzig, altbackene Thetaersprache zu verwenden (ward der Sprache Schatz) aber gerade daher nicht passend.
Anderseits ist es mal ein netter Versuch.
Also,60 Prozent positiv gesehen.
_________________ Mein Geist leuchtete aufnahmebereit. Und der Haken der Neugier, den ich mit einem guten Wurf gezielt ins Licht zu schlagen gedenke, ist scharf geblieben in all den Jahren. |
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Erman Eselsohr
Beiträge: 486 Wohnort: Erde
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17.06.2016 00:31
von Erman
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Lieber JB,
ich fragte mich die ganze Zeit (neugierig) ; wann gedenkt die heitere Dichterseele (JB) uns mit seinen ersten Strophen zu beglücken?
Ehrlich; ich dachte, jetzt kommt die schöne Rum-Creme-Poesie, überzogen mit Marzipan.
Denkste! Stattdessen soll ich mich mit einem Kokosnüsseklagelied – so nett begnügen. (Frei nach Andreas Gryphius).
Das find ich gemein!
LG Erman
_________________ Ein Lächeln zeigt die einzig ungerade Linie,
die viele Dinge gerade biegen kann. - Erman |
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Mettbrötchen Eselsohr
Alter: 35 Beiträge: 490 Wohnort: Rheinland
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17.06.2016 00:57
von Mettbrötchen
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Das ist fürchterlich. Nicht nur, dass die Sprache an allen Ecken und Enden bis zum Zerbrechen ungekonnt auf Form gebogen wird, sondern auch noch der moralinversauerte, wie von einem Weisheitspodium posaunte Inhalt, der flacher nicht sein könnte, garniert mit einem Titel, der das Ganze zusätzlich pathetisch überhöht. Der Titel bereitet mir fast das größte Unbehagen. Alles sträubt sich in mir gegen diese Verbindung von deutschem Dichtertum und Nationalstolz. Da wird mir speiübel, wenn die Lyrik so einen instrumentellen Charakter zugesprochen bekommt. Ich wäre noch geneigt, das alles ironisch zu lesen, doch das haut auch nicht wirklich hin.
LG Mettbrötchen
_________________ I read somewhere how important it is in life not necessarily to be strong... but to feel strong.
(Christopher McCandless |
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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17.06.2016 07:23 Tränen des Kommentierten von James Blond
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Oh je!
Da haut man mal mit barocker Wucht auf die Scheiße und was spritzt heraus? Die alltägliche Einfalt der Mettbrötchen in der Poesis (incl. der Pose) ihrer politischen Rechtschaffenheit!
Soll das hier wirklich ein "Literaturforum" sein? Tatsächlich? Mir scheint es wie die Spiegel in öffentlichen Toilettenräumen: schnell noch ein wenig das Ego nachpudern, dann geht's wieder zurück ins große Blahbah.
Nichts sehen, nichts hören, nichts lesen und vor allem: nichts verstehen - diese Maxime scheint hier erste und einzige Voraussetzung zum Verfassen von Kommentaren zu sein. Kritik geht anders. Ich sehe nicht, dass ich mich zu solcher Billigkeit äußern sollte. Gebt euch mal etwas mehr Mühe, dieses Sonett ist schließlich auch nicht in 30 Sekunden entstanden!
Immerhin:
Gryphius wurde genannt, Sonett wurde angedeutet, "Vaterland" wurde moniert, die Wortwahl wurde bemängelt - doch warum?
Lest doch einfach mal das Original, danach unterhalten wir uns weiter!
Enttäuschte Grüße
JB
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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17.06.2016 08:30 Re: Tränen des Kommentierten von Lorraine
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James Blond hat Folgendes geschrieben: | Oh je!
Da haut man mal mit barocker Wucht auf die Scheiße und was spritzt heraus? Die alltägliche Einfalt der Mettbrötchen in der Poesis (incl. der Pose) ihrer politischen Rechtschaffenheit!
Soll das hier wirklich ein "Literaturforum" sein? Tatsächlich? Mir scheint es wie die Spiegel in öffentlichen Toilettenräumen: schnell noch ein wenig das Ego nachpudern, dann geht's wieder zurück ins große Blahbah.
Nichts sehen, nichts hören, nichts lesen und vor allem: nichts verstehen - diese Maxime scheint hier erste und einzige Voraussetzung zum Verfassen von Kommentaren zu sein. Kritik geht anders. Ich sehe nicht, dass ich mich zu solcher Billigkeit äußern sollte. Gebt euch mal etwas mehr Mühe, dieses Sonett ist schließlich auch nicht in 30 Sekunden entstanden!
Immerhin:
Gryphius wurde genannt, Sonett wurde angedeutet, "Vaterland" wurde moniert, die Wortwahl wurde bemängelt - doch warum?
Lest doch einfach mal das Original, danach unterhalten wir uns weiter!
Enttäuschte Grüße
JB |
Kaum zu fassen, du berufst dich also ausgerechnet auf Gryphius. Der du die im und durchs Internet gequälte deutsche Sprache als Opfer darstellst, dich darauf verlässt, man möge den Titel deines Werks doch bitte mal googeln.
Mit wem du dich weiter unterhalten willst, weiss ich nicht; auch nicht: wen du mit deinem Sonächz unterhalten wolltest, allerdings war auch schon vor deinem Einstand klar, welcher Maxime du kommentierenderweise Frondienst leistest:
James Blond hat Folgendes geschrieben: | Nichts sehen, nichts hören, nichts lesen und vor allem: nichts verstehen - diese Maxime scheint hier erste und einzige Voraussetzung zum Verfassen von Kommentaren zu sein. |
Klar, Kritik geht anders, da brauchts "barocke Wucht". Zum Glück stört da ein bisschen Rokoko nicht, aus welchem Teig einer da nudelt, ist auch wurscht. Hauptsache, er meint, im Recht zu sein damit, man könne mal eben über sämtliche (deutschsprachigen) Dichter trampeln, die seit dem dreissigjährigen Krieg ein Vaterland-Problem hatten, an denen Verrat geübt wurde, den sich ein (Hau?-)Degen wie in deinem Werk nicht einmal vorstellen kann, wie er so stolz und blindwütig, vulgär und giftspritzend irgendwas in ein Gedicht (ein Klanggedicht, wohlgemerkt!) quetscht, nur weil er seine Reim-Schleim-Hausaufgaben gemacht hat?
Es gab Unzählige, die ihre Muttersprache mitnahmen ins Exil, durch sie und mit ihr durchhielten oder verzweifelten; wenn sie aber ihre Sprachgewalt, ihre Poesie, ihr Können und ihre Liebe nicht dazu verwendet hätten, unsere Sprache zu bewahren, weiterzuentwickeln; wenn wir niemand gehabt hätten, der uns auch nach alldem, was so viele zum Schweigen gebracht hat, doch noch unsere Sprache nahe, ganz nahe bringen konnte, bis in ein Heute, ein Jetzt ... wie arm wäre ich?
Ich nehme mir heraus, dir zu sagen: Du hast noch einen weiten Weg vor dir, und wenn du noch irgendwas verstehen willst, wenn du dich noch aus deiner Opferhaltung befreien willst, dann solltest du dich beeilen, loszukommen.
Der Degen in deinem Gedicht stochert im eigenen Dreck. Klar, immer schön im Takt. Ich danke jedenfalls höflich für diese Kostprobe. Da weiss man, was man hat. Gute Nacht.
L.
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3416 Wohnort: Heidelberg
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17.06.2016 08:56
von Eredor
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James Blond hat Folgendes geschrieben: |
Da haut man mal mit barocker Wucht auf die Scheiße und was spritzt heraus? |
Was Barockes, nehme ich an.
Sorry, James, für mich ist das - wie Mettbrötchen schon dezidierter ausdrückte - entweder ein unfreiwillig komischer Klagetext oder eine Parodie, die nicht deutlich genug ist.
Gestern hatte ich im Rahmen der Poetikdozentur ein interessantes Gespräch mit Felicitas Hoppe über tradierte Formen, u.a. das Sonett. Sie meinte dazu: "In meiner Studienzeit habe ich viele Sonette geschrieben. Häufig an Tischrunden, abends in der Kneipe, als Teil einer Wette: Meine Kommilitonen gaben mir ein Thema vor, über das ich innerhalb von 10 Minuten ein Sonett schreiben musste. Schaffte ich es nicht, musste ich die Runde bezahlen. Schaffte ich es, bezahlten die anderen für mich mit. --- Ich musste nie bezahlen. Sonette schreiben kann man lernen, und zwar recht schnell, und man kann gute Sonette schreiben. Trotzdem würde ich Sonette nie veröffentlichen. Die ganze Form, These und Antithese, Quartett und Terzett, entspricht nicht mehr unserem heutigen Denkmodell. Wir haben unlängst andere Formen gefunden, und Sonette kann man heute nur noch parodisch schreiben."
In diesem, deinen Fall, muss ich Hoppe zustimmen - weil ich mir dauernd vorstelle, wie sich das, öffentlich einem großen Publikum vorgetragen, wohl anhört (was mich zum Lachen bringt, weil es lächerlich ist - ich kann mir keinen einzigen Menschen vorstellen, der beim Klang dieser Zeilen bedächtig nickt und sagt: "Jap! So isses" - du?). Und das ist das Problem mit Lehrtexten, wenn sie nichts lehren - wenn sie das LI mit dem letzten Terzett auf ein heroisch überhöhtes Podest zerren, ganz nach dem von dir vorgebrachten Spiegel-Beispiel - und nur dazu da sind, etwas anzugreifen, das mit der Form eines Gryphius überhaupt nicht angreifbar ist - da schalt ich auf Durchzug, weil es sehr schnell langweilig wird.
Wenn es deine Intention ist, den Verfall lyrischer Formen zu thematisieren, lohnt sich vielleicht eine Parodie freier Formen. Für eine gute Parodie, die tiefgründige Kritik übt, muss man das Objekt der Kritik nämlich erst mal verstanden haben (Gryphius hingegen nicht). Deine Meinung gegenüber moderner Lyrik interessiert mich durchaus - nur nicht in dieser Form, weil es nicht deine ist. Da fällt es mir schwer, die in deinem Text implizierte Kritik an anderen Formen ernst zu nehmen, wo das LI nicht mal durch seine eigene spricht.
Durchaus interessante Thematik, für mich aber an der falschen Stelle angesetzt.
LG Dennis
_________________ "vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel |
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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17.06.2016 08:59
von James Blond
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Guten Morgen, liebe Lorraine!
Vielen Dank - deine Auslassungen sind sicher hochinteressant, allerdings erkenne ich jenseits der Stichwörter "Gryphius", "Barock" und "Vaterland" keinen Bezug zu meinem Text.
Da du aber nicht weißt, wen ich und mit wem ich mich hier (weiter) unterhalten möchte, denke ich, dass du es vermutlich nicht bist.
Grüße
JB
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llll Leseratte
L
Beiträge: 121
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L 17.06.2016 09:11 Tränen des Vaterlands von llll
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Danke für den Hinweis aufs "Original",
so dass ich auch den Titel akzeptieren kann
wie ich auch ausdrücklich sagen will,
dass ich den erweiterten Wortschatz Deines Gedichts
und seine wahrhaft kunstvolle Verwendung
sehr hoch schätze, obwohl Du beides als ein
wütender verzweifelter Verteidiger des "MuttersprachVaterlands"
zu einer deftigen Philippika verwendest.
Getroffne Hunde bellen notorisch und ich staune, wie billig,
unbegründet und pauschal hier dieses Sonett als Geächz
und noch Schlimmeres niedergemacht wird.
Bleibt zu vermuten, dass blanker Neid zugrunde liegt,
was echt traurig ist :-((
llll
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Stimmgabel Papiertiger
Beiträge: 4370 Wohnort: vor allem da
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17.06.2016 09:13
von Stimmgabel
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Sonetttisch und Lachsack auf Holzstuhl
Trotz Ja zum Nein im Fickgemach / gemach
gemach klagt Retrowürmchen ach, bin ich
doch unverstanden der, der hier in Schmach
und Schand vom lyrischen Podest ins Licht
der Kläglichdichtenei verrückt; verrückt
nenn’ mich die Narren. Haremsweiber Keif.
Gereift. Auf Gryph'us Beinchen Leb gepflückt,
mein Schwänzchen angefeilt bis Raureifschweif
durch All und Zeit für alle Zeit nem Strul-
lovert entspricht. Echt Zeit gekost / um euch
Kanonen mal den Unterschied von Null
mal Null in euren Nanoapparat bewusssten,
bewussten schon die Alten, Kauderzeuch
und Skarabäusknödel aufzuplusten [ Kuss ].
--------------------------------------
Gruß Stimmgabel ...
-
_________________ Gabel im Mund / nicht so hastig... |
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llll Leseratte
L
Beiträge: 121
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L 17.06.2016 09:35
von llll
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"gute Parodie, die tiefgründige Kritik übt"
hat Dennis zur Aufgabe gestellt !
llll
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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17.06.2016 10:00
von James Blond
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Herzlich willkommen in meinem Einstandsfaden, lieber Eredor!
Du bist der erste, der sich hier mit der Frage einer möglichen Sonett-Parodie auseinandersetzt, und das zaubert mir zumindest ein Lächeln aufs Gesicht. Denn wer hier nach dem Lesen sein "Jap - so isses" verlauten lässt, hat sich leider im Topf geirrt, denn das ist es sicher nicht.
Eredor hat Folgendes geschrieben: |
Sonette kann man heute nur noch parodisch schreiben.
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Ich störe mich zwar an dem "nur", doch wenn Du das so siehst, dann könnte/sollte es dir auch gelingen, zu erkennen, wogegen hier die Ironie eingesetzt wird. Für eine tatsächliche, tiefgründige Kritik an der zeitgenössischen Dichtung ist es, wie du ja selbst schreibst, zu oberflächlich. Und du hast auch bemerkt, dass beim öffentlichen Vortrag, sofern er entsprechend erfolgt, höchstwahrscheinlich Gelächter entstehen wird. Und du hast auch ganz richtig erkannt, dass sich hier ein als Gryphius-Klon gebärdender Dichter (ein LI gibt es hier nicht) im letzten Terzett selbst noch in vorgetäuschter Bescheidenheit auf ein Podest stellt.
Schade:
Du hast das alles richtig erkannt - und doch für dich keinen Schluss daraus ziehen können. Dabei liegt es doch auf der Hand: Was hätte Gryphius wohl gedichtet, würde er, in die Gegenwart katapultiert, mit zeitgenössischer Lyrik konfrontiert? Dieses Sonett versucht, darauf eine Antwort zu geben, um daraus eine gehörige Dosis Humor zu gewinnen und auch ein wenig über die Gegenwart zu spotten.
Das klappt bei uns theorielastigen, problembewussten und leider auch schon verbildeten Bundesbürgern nicht so gut. Auch Gernhardt stieß mit seinen ironischen "Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs" zunächst auf Unverständnis, viele verstanden es tatsächlich als Kritik an der Sonettform, dabei war ihm ein genialer Transfer des 68er-Jargons in die alte Form geglückt!
Ich will und kann mich mit Gernhardt nicht vergleichen, aber er bleibt mein großes Vorbild, nicht nur in Fragen des Humors. Und wenn ich auf solche fetten Aussagen stoße, wie ...
Eredor hat Folgendes geschrieben: |
Die ganze Form, These und Antithese, Quartett und Terzett, entspricht nicht mehr unserem heutigen Denkmodell. Wir haben unlängst andere Formen gefunden, und Sonette kann man heute nur noch parodisch schreiben."
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... dann muss ich lächeln und es juckt mir gleich die Feder!
Als ob die Bierdeckel-Dichter bei ihren Sonetttrinkrunden auf das "heutige Denkmodell" gestoßen wären - das ist schon ein komisches Sonett wert. An anderer Stelle.
Dankeschön für die Auseinandersetzung mit dem Text und die Anregungen!
Grüße
JB
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2837
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R 17.06.2016 10:17 Versuch einer Interpretation von Rübenach
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Bereits mit dem Titel "Tränen des Vaterlands" steckt der Verfasser das semantische Feld ab, welches er mit seinem Sonett zu beackern beabsichtigt. Tränen des Vaterlands, wer denkt da nicht an Gryphius beredte Klage über den Tod und das Elend, welches der dreißigjährige Krieg über Mitteleuropa gebracht hat.
Bereits in der ersten Zeile der Kontrast.
Wie ward der Sprache Schatz vom Internet besudelt!
Es sind nicht mehr die Pest, die sinnlose Zerstörung des Landes, der Krieg, die uns bedrohen, nein! Der Sprache Schatz ist es, um den es dem Verfasser dieser herrlichen Zeilen geht. Wird sie verheeret, wie das Vaterland im barocken Vorbild? Nein! Besudelt wird sie. Und das ist ungleich schlimmer. Besudeln meint ja im Kontext ein entehrendes Beschmutzen. Ein entehrtes Vaterland, fürwahr, das ist schlimmer als ein verheertes. Wie viele teutsche Recken haben sich verzweifelt umgebracht, weil sie mit der Schande ihrer Entehrung nicht weiterleben konnten.
Beeindruckend auch die Selbstreferentialität in Vers drei. Hier zeigt sich, der Schöpfer dieses Gedichts ist ein Kind der Postmoderne. Diese leise (Selbst)Ironie, das muss man nicht nur können, das muss man sich auch trauen.
Elegant auch die Rekursion im ersten Verspaar des zweiten Quartetts. (Oder sollte ich Quartettes schreiben?) Wenn auch nicht namentlich erwähnt, so erinnert der Verfasser uns doch an den unseligen Klopstock, derjenige, der die reimlosen Gedichte in unserem Vaterland in Mode brachte, an die Kulturzerstörer Goethe und Schiller, welche mit ihren Distichen das schändliche Werk des Herrn Klopstock weiterführten, an Trakl und Stramm (August), die dieses bereits vor über hundert Jahren vollendeten.
Allein, aber hier mag das mangelnde Verständnis des Rezensenten eine Rolle spielen, allein der Bezug zum Internet wird ihm nicht ganz klar.
Zur Sprachkritik gesellt sich in Vers drei dann auch noch (vielleicht etwas unvermittelt und zu plötzlich) Kritik an der Gesellschaft beziehungsweise an deren Wirtschaftsordnung. Werbung als pars pro toto für das kapitalistische System, dieses Sprachbild ist erfrischend neuartig.
Geradezu revolutionär dann die Terzette. Dienten sie im petrarcaschen Sonett noch der Synthesis, so wagt der Dichter hier den Schritt vom Allgemeinen ins Konkrete. Es ist die Sprache nicht allein, die ihm am Herzen liegt, es geht um wesentlicheres. Litt Gryphius noch an dem, was ärger als der Tod / Was grimmer denn die Pest / so greift Blond das Thema seines ersten Verses noch mal auf. Nicht mehr ums Internet im allgemeinen geht's ihm, nein, um das Forum - unser Forum - im besonderen. Hier wird auch nicht mehr ge- und besudelt, hier geht es um handfesteres, um Gift und Mörderbanden. Auch die Umdeutung Euterpes ist gelungen. Nicht mehr mit der Flöte umgibt sie sich, dem Sinnbild von Poesie und Musik. Vom Kriegsgott Ares hat sie sich den Schild entliehn. Jedoch, nicht um die teutsche Sprache zu beschützten nutzt sie den Schild, nein, sie hat ihn den Mörderbanden überlassen, die marodierend durch das Forum ziehen. Da muss dann selbst ein wackrer (Hau)Degen passen, bei so viel Gift muss der Stahl seinen Händen entgleiten.
Eine erschütternde Verbindung von tradierter Form mit modernsten Inhalten. Nur das resignierende Ende stört den Rezensenten. Mir sei verziehen, wenn ich zum Ende dieser kurzen Gedichtbetrachtung pathetisch werde, aber, fürwahr, ich kann nicht anders.
Lieber Don QuiJames de la Blonda: Kämpf weiter! Wir schaffen das!
_________________ "Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams |
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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17.06.2016 10:30 Re: Versuch einer Interpretation von James Blond
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Rübenach hat Folgendes geschrieben: |
Lieber Don QuiJames de la Blonda: Kämpf weiter! Wir schaffen das! |
Dank dir für deine Zuversicht, mein treuer Sancho Rübenpans!
Die erste Windmühle ist schon genommen!
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llll Leseratte
L
Beiträge: 121
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L 17.06.2016 11:07
von llll
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Bitte stilecht Don QuiJoan
lieber Sancho Rübenpans !
Den ersten Orden
für die erste Windmühle
dürft ihr euch brüderlich teilen !!
llll
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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17.06.2016 11:53
von James Blond
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Stimmgabel hat Folgendes geschrieben: | -
Sonetttisch und Lachsack auf Holzstuhl
[...] [ Kuss ].
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Gruß Stimmgabel ...
- |
Liebe Stimmgabel,
danke für deinen Inhalt, den du hier in eine alte Form abgekippt hast - so haben wir eine interessante Gegenüberstellung von historisierendem und modernem Sprachgebrauch - und vermutlich auch Sprachgefühl.
Ich weiß zwar nicht, wie es den anderen geht, aber ich kann mich glücklich schätzen, dass mir derartige Formulierungen noch nicht zugeflogen sind. Das letzte Mal, dass sich diese Art eines Glücksgefühls bei mir meldete, war beim Lesen des Böhmermannschmähs, als ich erkennen konnte, dass ein gewisses sprachliches Unvermögen bei der Produktion von Leerlauf zum Notablass eines überhitzen Dampfkessels durchaus von Vorteil sein kann.
Deshalb bin ich dir überaus dankbar, dass du hier für die Verdeutlichung des Unterschieds von Spiel und Spielerei zu letzterem in didaktischer Stringenz einen unverzichtbaren Beitrag geleistet hast.
[Küsschen]
JB
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Santamaria Eselsohr
Beiträge: 221 Wohnort: Lateinamerika
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17.06.2016 13:47
von Santamaria
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Bei allem Verstaendnis fuer die Verteidigung des eigenen Textes (ich las das Original) bleibt meine Frage weiter unbeantwortet:
James Blondi, passt die Woertwahl zum schoenen Rhythmus und Versmass?
Innen wie aussen?
Die Deftigkeit deiner Begriff uebertreffen ja das Original. Legitim.
Aber die strenge Fuehrung des Textes steht fuer mich im Widerspruch zur herausgespuckten Wortwahl.
_________________ Mein Geist leuchtete aufnahmebereit. Und der Haken der Neugier, den ich mit einem guten Wurf gezielt ins Licht zu schlagen gedenke, ist scharf geblieben in all den Jahren. |
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Poolshark Klammeraffe
Alter: 42 Beiträge: 827 NaNoWriMo: 8384 Wohnort: Berlin
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17.06.2016 13:59
von Poolshark
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Stimmgabel hat Folgendes geschrieben: | -
Sonetttisch und Lachsack auf Holzstuhl
Trotz Ja zum Nein im Fickgemach / gemach
gemach klagt Retrowürmchen ach, bin ich
doch unverstanden der, der hier in Schmach
und Schand vom lyrischen Podest ins Licht
der Kläglichdichtenei verrückt; verrückt
nenn’ mich die Narren. Haremsweiber Keif.
Gereift. Auf Gryph'us Beinchen Leb gepflückt,
mein Schwänzchen angefeilt bis Raureifschweif
durch All und Zeit für alle Zeit nem Strul-
lovert entspricht. Echt Zeit gekost / um euch
Kanonen mal den Unterschied von Null
mal Null in euren Nanoapparat bewusssten,
bewussten schon die Alten, Kauderzeuch
und Skarabäusknödel aufzuplusten [ Kuss ].
--------------------------------------
Gruß Stimmgabel ...
- |
*malt die Punzen mit Buntstift aus*
_________________ "But in the end, stories are about one person saying to another: This is the way it feels to me. Can you understand what I'm saying? Does it also feel this way to you?"
-Sir Kazuo Ishiguro |
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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17.06.2016 14:32
von James Blond
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Santamaria hat Folgendes geschrieben: |
James Blondi, passt die Woertwahl zum schoenen Rhythmus und Versmass?
Innen wie aussen?
Die Deftigkeit deiner Begriff uebertreffen ja das Original. Legitim.
Aber die strenge Fuehrung des Textes steht fuer mich im Widerspruch zur herausgespuckten Wortwahl. |
Sorry, dass ich so spät und erst durch Nachhaken auf diese Frage zurückkomme:
Ich finde, sie passt sogar ausgezeichnet: 6-hebige Jamben mit einer Zäsur in der Mitte nennt man auch Alexandriner und ich stelle sie mir als ein wuchtiges Langschwert vor - nichts anderes macht Gryphius auch, bei ihm kommt auch das "vom Blut fette Schwert" vor, er ist nicht gerade zimperlich in seiner Wortwahl, denn mittelalterlich drastisch geht es auch bei ihm zu, was angesichts des 30-jährigen Krieges auch kein Wunder ist.
Meine Parodie kann leider nur mit einem leichten Degen aufwarten, aber sie versucht, vieles von der Wucht des Vorbildes zu übernehmen. Um dies zu prüfen, empfehle ich lautes, getragenes Zitieren. Darin sollte der große Zorn über die geschändete Sprache anklingen. Und man wird sehen: Es klingt - schön und groß.
Grüße
JB
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